Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 1189/69
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Einstufung in die Leistungsgruppe II der technischen Angestellten setzt eine leitende Position voraus, zu der gehört, daß sie Gelegenheit gibt, auf den Bestand, den Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung des Arbeitgeberbetriebes Einfluß zu nehmen, was es erforderlich macht, daß der sich hierauf Berufende über eine umfassende und abgeschlossene Berufsausbildung verfügen muß. Bei einem Konstrukteur reicht dazu eine Ausbildung als Feinmechaniker nicht aus.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 22. Oktober 1969 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1909 geborene Kläger erlernte nach dem Besuch der Volks- und Aufbauschule von 1915 bis 1926 bei den optischen Werken C. Z. J., den Beruf des Feinmechanikers und legte darin 1930 die Gesellenprüfung ab. Bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst im Jahre 1942 arbeitete er weiterhin bei dieser Firma, und zwar ab 1. Oktober 1936 als Konstrukteur. Am 1. Oktober 1939 ist er mit einem monatlichen Grundgehalt von 194,– RM und mit einem Zuschlag von 12 % in das Beamtenverhältnis übernommen worden. Nach 1945 bis 1950 hat der Kläger wiederum im Konstruktionsbüro der Firma C. Z. J. gearbeitet und ist nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik mit stundenweise Beschäftigungen als Konstrukteur bei verschiedenen Darmstädter Firmen tätig gewesen. Seit 1. Mai 1959 ist er als Konstrukteur bei der Firma H. K. mit einem monatlichen Gehalt von 150,– DM tätig. Ab 1. August 1962 bezog er außerdem eine Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit, die am 31. Juli 1966 monatlich 243,80 DM betrug.
Mit Bescheid vom 20. Juni 1951 erhielt der Kläger wegen "Restfolgen einer Hirnentzündung nach wolhynischem Fieber” eine Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H., die mit Bescheid vom 20. Februar 1967 ab 1. Mai 1960 nach einer MdE um 60 v.H. gezahlt wird.
Er beantragte am 19. Juni 1964 Berufsschadensausgleich und gab dazu an, ohne die Schädigungsfolgen wäre er als Gruppenleiter von Teilkonstrukteuren und technischen Zeichnern tätig.
Mit Bescheid vom 26. April 1967 gewährte das Versorgungsamt Darmstadt Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung des Berufs als Konstrukteur im Bereich Investitionsgüterindustrie der Wirtschaftsgruppe Feinmechanik mit der Leistungsgruppe III. Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe bereits vor der Einberufung zum Wehrdienst als Konstrukteur an maßgeblicher Stelle mitgewirkt und dabei eine große Verantwortung getragen. Die in dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegte Leistungsgruppe III berücksichtigte die vorgenannten Tätigkeitsmerkmale nicht ausreichend. Bereits sein Vater habe als technischer Beamter in den Z.-Werken eine leitende Funktion innegehabt, was auch bei seinem Bruder der Fall gewesen sei. Sein Sohn sei heute als Ingenieur in den Z.-Werken in J. mit der Konstruktion der Planeatien für Raumflugprojekte beschäftigt.
Der Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 1967 führte dazu aus, der Berufsweg des Klägers lasse die Annahme einer höherwertigen Tätigkeit im Rahmen der Leistungsgruppe II nicht zu. Das für 1941 nachgewiesene Einkommen von 291,– RM sei weit niedriger als das in Ansatz gebrachte Durchschnittseinkommen.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt hat der Kläger unter Hinweis auf das Schreiben der Personalabteilung der Firma C. Z., O. vom 11. Oktober 1967 und eines Auszugs aus den "Blättern zur Berufskunde” vorgetragen, er habe eine Tätigkeit als Leiter einer Konstruktionsabteilung angestrebt. Wie aus dem Schreiben der Firma C. Z. vom 11. Oktober 1967 hervorgehe, sei er auf Grund seiner Fälligkeiten und Kenntnisse in Leistungsgruppe II einzuordnen.
Demgegenüber hat der Beklagte ausgeführt, eine Ausbildung als Konstrukteur habe der Kläger nicht gehabt. Es sei daher nicht wahrscheinlich, daß er bei gesunder Rückkehr aus dem Kriege eine Stellung eingenommen hätte, für die die Tätigkeitsmerkmale der Leistungsgruppe II infrage kämen.
Mit Urteil vom 22. Oktober 1969 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Beklagte habe den Kläger bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs gemäß § 30 Abs. 3 und 4 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) mit Leistungsgruppe III richtig eingestuft und damit der mutmaßlichen beruflichen Entwicklung Rechnung getragen. Die Leistungsgruppe II setze eine leitende Position voraus, die der Kläger auf Grund seiner Ausbildung vor 1942 nicht erreicht habe und in die er nach 1945 auch nicht gelangt wäre. In diese seien allenfalls Fachschulingenieure und Diplomingenieure einzureihen. Der Kläger habe jedoch nur die Ausbildung eines gelernten Feinmechanikers gehabt.
Gegen das an den Kläger mittels eingeschriebenen Briefes am 3. November 1969 abgesandte Urteil ist die Berufung am 27. November 1969 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen, zu deren Begründung er ausführt, Konstrukteure mit eigenen patentierten Konstruktionen und Erfindungen übten auf den Bestand, Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens einen besonderen Einfluß aus, so daß für ihn allein die Leistungsgruppe II infrage komme. Daß er über eine besondere Qualifikation verfügt habe, werde durch die Übernahme in das Beamtenverhältnis im Jahre 1939 verdeutlicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 22. Oktober 1969 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 26. April 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 1967 den Beklagten zu verurteilen, Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, die Tarifgruppe T 4 sei nicht der Leistungsgruppe II gleichzusetzen, da diese eine leitende Position voraussetze, zu der es gehöre, daß sie Gelegenheit gebe, auf den Bestand, den Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens Einfluß zu nehmen.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Versorgungsakte mit der Grundlisten-Nr. , die Akte der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit dem Az.: – und die Akte des Sozialgerichts Darmstadt Az.: S 8 An 159/63 haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid vom 26. April 1967, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 1967 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG), ist zu Recht ergangen.
Rechtsgrundlage ist § 30 Abs. 3 u. 4 BVG in der Fassung des 2. und 3. Neuordnungsgesetzes (NOG), wonach Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen um monatlich mindestens 75,– DM oder überhaupt gemindert ist (Einkommensverlust), nach Anwendung des § 30 Abs. 2 BVG einen Berufsschadensausgleich in Höhe von vier Zehntel des Verlustes, höchstens jedoch 400,– DM bzw. 500,– DM, ab 1. Januar 1970 560,– DM und ab 1. Januar 1971 612,– DM monatlich erhalten (§ 3) Abs. 3 BVG). Einkommensverlust ist dabei der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, welcher der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte. Allgemeine Vergleichsgrundlage zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die amtlichen Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet und die jeweils geltenden beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes (§ 30 Abs. 4 BVG). Gemäß § 30 Abs. 7 BVG ist die Bundesregierung ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist. Nach § 3 der Verordnungen zur Durchführung des § 30 Abs. 3 zu 4 BVG (DVO).
Zu dieser Vorschrift hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung am 25. Oktober 1960 (BVBl. S 151) ein nach Auffassung des Senats mit der Rechtsordnung in Einklang stehendes Rundschreiben erlassen, das die Merkmale der Leistungsgruppen enthält und voneinander abgrenzt. Die Leistungsgruppe II umfaßt hiernach u.a. kaufmännische und technische Angestellte mit besonderen Erfahrungen und selbständigen Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis, die Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen einzusetzen und verantwortlich zu unterweisen haben, Angestellte mit umfassenden Kenntnissen und solche, die als Obermeister etc. mit hohem beruflichen Können und besonderer Verantwortung großen Werkstätten oder Abteilungen vorstehen. Unter die Leistungsgruppe III fallen kaufmännische Angestellte mit mehrjähriger Berufserfahrung oder besonderen Fachkenntnissen und Fähigkeiten bzw. mit Spezialtätigkeiten, die nach allgemeiner Anweisung selbständig arbeiten, jedoch keine Verantwortung für die Tätigkeit anderer tragen.
Von den angegebenen gesetzlichen Vorschriften und Richtlinien ausgehend, vermochte der Senat ebenso wie schon das Sozialgericht nicht festzustellen, daß das Begehren des Klägers auf Eingruppierung in die Leistungsgruppe II der technischen Angestellten, Wirtschaftsbereich Investitionsgüter-Industrien der Wirtschaftsgruppe Feinmechanik und Optik gerechtfertigt ist.
Daß der Kläger ohne die Schädigungsfolgen als Konstrukteur mit den Tätigkeitsmerkmalen der Leistungsgruppe II arbeiten würde, ist nämlich nicht wahrscheinlich im Sinne der im Versorgungsrecht geltenden Kausalitätsnorm. Denn die Leistungsgruppe II setzt eine leitende Position voraus, zu der gehört, daß sie Gelegenheit gibt, auf den Bestand, den Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung des Arbeitgeberbetriebes Einfluß zu nehmen, was es erforderlich macht, daß der sich hierauf Berufende über eine umfassende und abgeschlossene Berufsausbildung zumindest die eines Ingenieurs oder eines Diplomingenieurs verfügen muß (vgl. Hess. LSG – Urteil v. 12.8.1970 – Az.: L 5/V 1288/69 –). Soweit Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen eingesetzt und verantwortlich unterwiesen werden, muß es sich um solche handeln, die sich selbst schon in einer gehobenen Position befinden (BSG-Urt. v. 17.10.1967 – Az.: 9 BV 182/67 –, ebenso Hess. LSG – Urteil v. 26.6.1968 – Az.: L 5/V 1245/67 –). Eine Dispositionsbefugnis solcher Art und dieses Umfangs hat der Kläger vor 1942 weder besessen, noch würde er auf Grund seiner Ausbildung, die ihn über den Feinmechaniker zum angelernten Konstrukteur geführt hat, eine solche im Jahre 1964 innegehabt haben. Das folgt eindeutig aus dem Schreiben der Personalabteilung der Firma C. Z. vom 11. Oktober 1967, die auf Grund der Kenntnisse und früheren Tätigkeiten des Klägers davon ausgeht, er hätte mit Sicherheit die Stellung eines selbständigen Konstrukteurs mit entsprechenden Weisungsbefugnissen erreicht. Eine solche Funktion schließe Verantwortlichkeit für die Konstruktion, die Fertigungsunterlagen und für die Arbeiten der beigegebenen Mitarbeiter – Techniker und Zeichenkräfte – ein. Der Kläger wäre in die Tarifgruppe 4, die technische Tätigkeiten von erhöhter Schwierigkeit oder größerer Wichtigkeit, die in weitgehender selbständiger und entsprechender Verantwortlichkeit erledigt würden, einzuordnen. Wenn darin weiter davon gesprochen wird, daß er – so nach Auffassung der Firma C. Z. – der Leistungsgruppe II zuzuordnen sei, so wird diese Folgerung bereits durch den Tarifvertrag widerlegt. Denn die Tätigkeitsmerkmale T 4, in die der Kläger auch nach Ansicht der Firma C. Z. nur einzustufen wäre, entsprechen nicht denen der Leistungsgruppe II, was lediglich für die Merkmale der Gruppe T 5 zutrifft. Diese Tätigkeiten sind in T 5 dahingehend umschrieben, daß die Angestellten dieser Gruppe, die im Rahmen der Betriebserfordernisse selbständig arbeiten, verantwortliche technische Tätigkeiten mit Dispositionsbefugnissen und höchstwertige Tätigkeiten, zu denen besonders theoretische Fachkenntnisse und längere Erfahrungen erforderlich sind, die über die Merkmale von T 4 hinausgehen, zu verrichten haben. Diese aufgeführten Tätigkeitsmerkmale sind damit auf den Kläger auch nach Ansicht der Firma C. Z. nicht anzuwenden, was es nicht ermöglicht, unter Berücksichtigung der früher ausgeübten Tätigkeit und der Kenntnisse als Konstrukteur eine Einstufung in die Leistungsgruppe II vorzunehmen, die im Rahmen der technischen Angestellten lediglich der Gruppe T 5 vorbehalten ist, die allein die Gelegenheit gibt, auf den Bestand, den Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung des Arbeitgeberbetriebes Einfluß zu nehmen. Das trifft jedoch auf den Konstrukteur der Gruppe T 4 nicht zu, was selbst dann gilt, wenn er über eigene Konstruktionen verfügt, die für die Firma bedeutend sein können.
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1909 geborene Kläger erlernte nach dem Besuch der Volks- und Aufbauschule von 1915 bis 1926 bei den optischen Werken C. Z. J., den Beruf des Feinmechanikers und legte darin 1930 die Gesellenprüfung ab. Bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst im Jahre 1942 arbeitete er weiterhin bei dieser Firma, und zwar ab 1. Oktober 1936 als Konstrukteur. Am 1. Oktober 1939 ist er mit einem monatlichen Grundgehalt von 194,– RM und mit einem Zuschlag von 12 % in das Beamtenverhältnis übernommen worden. Nach 1945 bis 1950 hat der Kläger wiederum im Konstruktionsbüro der Firma C. Z. J. gearbeitet und ist nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik mit stundenweise Beschäftigungen als Konstrukteur bei verschiedenen Darmstädter Firmen tätig gewesen. Seit 1. Mai 1959 ist er als Konstrukteur bei der Firma H. K. mit einem monatlichen Gehalt von 150,– DM tätig. Ab 1. August 1962 bezog er außerdem eine Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit, die am 31. Juli 1966 monatlich 243,80 DM betrug.
Mit Bescheid vom 20. Juni 1951 erhielt der Kläger wegen "Restfolgen einer Hirnentzündung nach wolhynischem Fieber” eine Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H., die mit Bescheid vom 20. Februar 1967 ab 1. Mai 1960 nach einer MdE um 60 v.H. gezahlt wird.
Er beantragte am 19. Juni 1964 Berufsschadensausgleich und gab dazu an, ohne die Schädigungsfolgen wäre er als Gruppenleiter von Teilkonstrukteuren und technischen Zeichnern tätig.
Mit Bescheid vom 26. April 1967 gewährte das Versorgungsamt Darmstadt Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung des Berufs als Konstrukteur im Bereich Investitionsgüterindustrie der Wirtschaftsgruppe Feinmechanik mit der Leistungsgruppe III. Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe bereits vor der Einberufung zum Wehrdienst als Konstrukteur an maßgeblicher Stelle mitgewirkt und dabei eine große Verantwortung getragen. Die in dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegte Leistungsgruppe III berücksichtigte die vorgenannten Tätigkeitsmerkmale nicht ausreichend. Bereits sein Vater habe als technischer Beamter in den Z.-Werken eine leitende Funktion innegehabt, was auch bei seinem Bruder der Fall gewesen sei. Sein Sohn sei heute als Ingenieur in den Z.-Werken in J. mit der Konstruktion der Planeatien für Raumflugprojekte beschäftigt.
Der Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 1967 führte dazu aus, der Berufsweg des Klägers lasse die Annahme einer höherwertigen Tätigkeit im Rahmen der Leistungsgruppe II nicht zu. Das für 1941 nachgewiesene Einkommen von 291,– RM sei weit niedriger als das in Ansatz gebrachte Durchschnittseinkommen.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt hat der Kläger unter Hinweis auf das Schreiben der Personalabteilung der Firma C. Z., O. vom 11. Oktober 1967 und eines Auszugs aus den "Blättern zur Berufskunde” vorgetragen, er habe eine Tätigkeit als Leiter einer Konstruktionsabteilung angestrebt. Wie aus dem Schreiben der Firma C. Z. vom 11. Oktober 1967 hervorgehe, sei er auf Grund seiner Fälligkeiten und Kenntnisse in Leistungsgruppe II einzuordnen.
Demgegenüber hat der Beklagte ausgeführt, eine Ausbildung als Konstrukteur habe der Kläger nicht gehabt. Es sei daher nicht wahrscheinlich, daß er bei gesunder Rückkehr aus dem Kriege eine Stellung eingenommen hätte, für die die Tätigkeitsmerkmale der Leistungsgruppe II infrage kämen.
Mit Urteil vom 22. Oktober 1969 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Beklagte habe den Kläger bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs gemäß § 30 Abs. 3 und 4 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) mit Leistungsgruppe III richtig eingestuft und damit der mutmaßlichen beruflichen Entwicklung Rechnung getragen. Die Leistungsgruppe II setze eine leitende Position voraus, die der Kläger auf Grund seiner Ausbildung vor 1942 nicht erreicht habe und in die er nach 1945 auch nicht gelangt wäre. In diese seien allenfalls Fachschulingenieure und Diplomingenieure einzureihen. Der Kläger habe jedoch nur die Ausbildung eines gelernten Feinmechanikers gehabt.
Gegen das an den Kläger mittels eingeschriebenen Briefes am 3. November 1969 abgesandte Urteil ist die Berufung am 27. November 1969 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen, zu deren Begründung er ausführt, Konstrukteure mit eigenen patentierten Konstruktionen und Erfindungen übten auf den Bestand, Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens einen besonderen Einfluß aus, so daß für ihn allein die Leistungsgruppe II infrage komme. Daß er über eine besondere Qualifikation verfügt habe, werde durch die Übernahme in das Beamtenverhältnis im Jahre 1939 verdeutlicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 22. Oktober 1969 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 26. April 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 1967 den Beklagten zu verurteilen, Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, die Tarifgruppe T 4 sei nicht der Leistungsgruppe II gleichzusetzen, da diese eine leitende Position voraussetze, zu der es gehöre, daß sie Gelegenheit gebe, auf den Bestand, den Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens Einfluß zu nehmen.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Versorgungsakte mit der Grundlisten-Nr. , die Akte der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit dem Az.: – und die Akte des Sozialgerichts Darmstadt Az.: S 8 An 159/63 haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid vom 26. April 1967, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 1967 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG), ist zu Recht ergangen.
Rechtsgrundlage ist § 30 Abs. 3 u. 4 BVG in der Fassung des 2. und 3. Neuordnungsgesetzes (NOG), wonach Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen um monatlich mindestens 75,– DM oder überhaupt gemindert ist (Einkommensverlust), nach Anwendung des § 30 Abs. 2 BVG einen Berufsschadensausgleich in Höhe von vier Zehntel des Verlustes, höchstens jedoch 400,– DM bzw. 500,– DM, ab 1. Januar 1970 560,– DM und ab 1. Januar 1971 612,– DM monatlich erhalten (§ 3) Abs. 3 BVG). Einkommensverlust ist dabei der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, welcher der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte. Allgemeine Vergleichsgrundlage zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die amtlichen Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet und die jeweils geltenden beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes (§ 30 Abs. 4 BVG). Gemäß § 30 Abs. 7 BVG ist die Bundesregierung ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist. Nach § 3 der Verordnungen zur Durchführung des § 30 Abs. 3 zu 4 BVG (DVO).
Zu dieser Vorschrift hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung am 25. Oktober 1960 (BVBl. S 151) ein nach Auffassung des Senats mit der Rechtsordnung in Einklang stehendes Rundschreiben erlassen, das die Merkmale der Leistungsgruppen enthält und voneinander abgrenzt. Die Leistungsgruppe II umfaßt hiernach u.a. kaufmännische und technische Angestellte mit besonderen Erfahrungen und selbständigen Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis, die Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen einzusetzen und verantwortlich zu unterweisen haben, Angestellte mit umfassenden Kenntnissen und solche, die als Obermeister etc. mit hohem beruflichen Können und besonderer Verantwortung großen Werkstätten oder Abteilungen vorstehen. Unter die Leistungsgruppe III fallen kaufmännische Angestellte mit mehrjähriger Berufserfahrung oder besonderen Fachkenntnissen und Fähigkeiten bzw. mit Spezialtätigkeiten, die nach allgemeiner Anweisung selbständig arbeiten, jedoch keine Verantwortung für die Tätigkeit anderer tragen.
Von den angegebenen gesetzlichen Vorschriften und Richtlinien ausgehend, vermochte der Senat ebenso wie schon das Sozialgericht nicht festzustellen, daß das Begehren des Klägers auf Eingruppierung in die Leistungsgruppe II der technischen Angestellten, Wirtschaftsbereich Investitionsgüter-Industrien der Wirtschaftsgruppe Feinmechanik und Optik gerechtfertigt ist.
Daß der Kläger ohne die Schädigungsfolgen als Konstrukteur mit den Tätigkeitsmerkmalen der Leistungsgruppe II arbeiten würde, ist nämlich nicht wahrscheinlich im Sinne der im Versorgungsrecht geltenden Kausalitätsnorm. Denn die Leistungsgruppe II setzt eine leitende Position voraus, zu der gehört, daß sie Gelegenheit gibt, auf den Bestand, den Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung des Arbeitgeberbetriebes Einfluß zu nehmen, was es erforderlich macht, daß der sich hierauf Berufende über eine umfassende und abgeschlossene Berufsausbildung zumindest die eines Ingenieurs oder eines Diplomingenieurs verfügen muß (vgl. Hess. LSG – Urteil v. 12.8.1970 – Az.: L 5/V 1288/69 –). Soweit Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen eingesetzt und verantwortlich unterwiesen werden, muß es sich um solche handeln, die sich selbst schon in einer gehobenen Position befinden (BSG-Urt. v. 17.10.1967 – Az.: 9 BV 182/67 –, ebenso Hess. LSG – Urteil v. 26.6.1968 – Az.: L 5/V 1245/67 –). Eine Dispositionsbefugnis solcher Art und dieses Umfangs hat der Kläger vor 1942 weder besessen, noch würde er auf Grund seiner Ausbildung, die ihn über den Feinmechaniker zum angelernten Konstrukteur geführt hat, eine solche im Jahre 1964 innegehabt haben. Das folgt eindeutig aus dem Schreiben der Personalabteilung der Firma C. Z. vom 11. Oktober 1967, die auf Grund der Kenntnisse und früheren Tätigkeiten des Klägers davon ausgeht, er hätte mit Sicherheit die Stellung eines selbständigen Konstrukteurs mit entsprechenden Weisungsbefugnissen erreicht. Eine solche Funktion schließe Verantwortlichkeit für die Konstruktion, die Fertigungsunterlagen und für die Arbeiten der beigegebenen Mitarbeiter – Techniker und Zeichenkräfte – ein. Der Kläger wäre in die Tarifgruppe 4, die technische Tätigkeiten von erhöhter Schwierigkeit oder größerer Wichtigkeit, die in weitgehender selbständiger und entsprechender Verantwortlichkeit erledigt würden, einzuordnen. Wenn darin weiter davon gesprochen wird, daß er – so nach Auffassung der Firma C. Z. – der Leistungsgruppe II zuzuordnen sei, so wird diese Folgerung bereits durch den Tarifvertrag widerlegt. Denn die Tätigkeitsmerkmale T 4, in die der Kläger auch nach Ansicht der Firma C. Z. nur einzustufen wäre, entsprechen nicht denen der Leistungsgruppe II, was lediglich für die Merkmale der Gruppe T 5 zutrifft. Diese Tätigkeiten sind in T 5 dahingehend umschrieben, daß die Angestellten dieser Gruppe, die im Rahmen der Betriebserfordernisse selbständig arbeiten, verantwortliche technische Tätigkeiten mit Dispositionsbefugnissen und höchstwertige Tätigkeiten, zu denen besonders theoretische Fachkenntnisse und längere Erfahrungen erforderlich sind, die über die Merkmale von T 4 hinausgehen, zu verrichten haben. Diese aufgeführten Tätigkeitsmerkmale sind damit auf den Kläger auch nach Ansicht der Firma C. Z. nicht anzuwenden, was es nicht ermöglicht, unter Berücksichtigung der früher ausgeübten Tätigkeit und der Kenntnisse als Konstrukteur eine Einstufung in die Leistungsgruppe II vorzunehmen, die im Rahmen der technischen Angestellten lediglich der Gruppe T 5 vorbehalten ist, die allein die Gelegenheit gibt, auf den Bestand, den Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung des Arbeitgeberbetriebes Einfluß zu nehmen. Das trifft jedoch auf den Konstrukteur der Gruppe T 4 nicht zu, was selbst dann gilt, wenn er über eigene Konstruktionen verfügt, die für die Firma bedeutend sein können.
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
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