Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 1288/69
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Einstufung in die Leistungsgruppe II der Angestellten setzt auch bei einem Mittelbetrieb eine umfassende und abgeschlossene Berufsausbildung, eine herausgehobene Gehaltsregelung und eine eingeschränkte Dispositionsbefugnis voraus, die über den Rahmen der geleiteten Abteilung hinausgeht. Hierfür gibt die Rangordnung innerhalb der Betriebsleitung konkrete Anhaltspunkte für die Abgrenzung nach oben und unten.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 3. Dezember 1969 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1910 geborenen Kläger bezieht wegen "schweren Herzmuskel- und Rhytmusstörung bei früher nicht erkennbarem Herzklappenfehler mit Zeichen einer Herzmangelleistung” durch Neufeststellungsbescheid nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 7. Dezember 1967 Rente nach einem medizinischen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit MdE von 80 v.H., der wegen besonderen beruflichen Betroffenseins auf 90 v.H. erhöht worden ist.
Am 10. Januar 1967 stellte er beim Versorgungsamt Darmstadt Antrag auf Berufsschadensausgleich. Zu seinem beruflichen Werdegang gab er an, nach Besuch der Volksschule das Fleischerhandwerk erlernt, die Gesellenprüfung bestanden, als Geselle gearbeitet und ab 1932 bis 1936 selbständig einen Großhandel für Fleischwaren und Lebensmittel geführt zu haben. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten im Hinblick auf die Fleischkontigentierung sei er dann als kaufmännischer Angestellter in die Firma C.-C. eingetreten. Nach dem Kriege habe er von 1945 bis 1948 zunächst unselbständig als Metzger, dann als freier Vertreter und ab 1951 wieder als kaufmännischer Angestellter bei der Firma C.-C. in D. gearbeitet. Seit Oktober 1966 sei er wegen der Verschlimmerung seiner Schädigungsfolgen zunächst arbeitsunfähig krank und später erwerbsunfähig geworden. Als Frührentner habe er ein erhebliches Mindereinkommen. Zum Beweise seiner Angaben reichte er eine Bescheinigung der Firma G. D. vom 28. November 1967 und eine Ablichtung seines Rentenbescheides vom 23. Oktober 1967 ein.
Mit Bescheid vom 8. Dezember 1967 gab das Versorgungsamt Darmstadt seinem Antrag in der Form statt, daß es ihn in die Leistungsgruppe III der kaufmännischen Angestellten im Wirtschaftsbereich Nahrungs- und Genußmittelindustrie einstufte und ab 1. November 1966 Berufsschadensausgleich zahlte, soweit das anzurechnende Einkommen es zuließ.
Das Widerspruchsverfahren, in dessen Verlauf der Kläger vortrug, wegen seiner früheren leitenden Position mit Teilprokura gebühre ihm Eingruppierung in die Leistungsgruppe II des Wirtschaftsbereiches Brauerei und Mälzerei, blieb erfolglos. Durch Widerspruchsbescheid vom 20. August 1968 wurde der angefochtene Bescheid bestätigt.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt hat der Kläger zusätzlich ausgeführt, er habe 1951 die Firma G. in D. gründen und aus ihren Anfängen heraus bis zu ihrer heutigen Größe aufbauen helfen. Von Anfang an sei er dort in leitender Position tätig gewesen. Das gehe aus der Bescheinigung dieser Firma vom 18. September 1968 hervor. Sein Gehalt würde heute 1.750,– DM monatlich betragen, wie seine ehemalige Arbeitgeberin am 22. Mai 1969 angegeben habe. Die Mitteilung des Hess. Statistischen Landesamtes vom 11. Juli 1969 bestätige seine Auffassung, daß der Wirtschaftszweig "Brauerei und Mälzerei” für die Einstufung in Betracht komme.
Nachdem der Beklagte dieses Begehren des Klägers am 6. Oktober 1969 anerkannt hatte (Ausführungsbescheid vom 19.1.1970), hat das Sozialgericht mit Urteil vom 3. Dezember 1969 die nur noch auf Eingruppierung in die Leistungsgruppe II der kaufmännischen Angestellten im einschlägigen Wirtschaftsbereich gerichtete Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, diese Einstufung komme nicht in Betracht, weil der Kläger keine umfassende Berufsausbildung besitze. Auch hätten ihm keine kaufmännischen Angestellten unterstanden. Die ihm von seiner Arbeitgeberin bescheinigte Dispositionsbefugnis sei keine solche, wie sie für die Leistungsgruppe II gefordert werde.
Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 17. Dezember 1969 zugestellt worden ist, richtet sich seine am 29. Dezember 1969 beim Hess. Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 3. Dezember 1969 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 8. Dezember 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 1968 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 19. Januar 1970 zu verurteilen, Berufsschadensausgleich in gesetzlicher Höhe unter Einstufung in die Leistungsgruppe II der kaufmännischen Angestellten im einschlägigen Wirtschaftsbereich zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung am 12. August 1970 hat der Senat den Kläger persönlich angehört und den Kaufmann E. Sch. als Zeugen gehört. Wegen der Angaben des Klägers und der Bekundungen des Zeugen im einzelnen wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Die Akten des Versorgungsamtes Darmstadt mit der Grdl. Nr. haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 8. Dezember 1967 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 20. August 1968 und der Bescheid vom 19. Januar 1970 sind nicht rechtswidrig.
Rechtsgrundlage ist § 30 Abs. 3 und 4 BVG i.d.F. des 2. und 3. NOG, wonach Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen um monatlich mindestens 75,– DM oder überhaupt gemindert ist (Einkommensverlust), nach Anwendung des § 30 Abs. 2 BVG einen Berufsschadensausgleich in Höhe von vier Zehntel des Verlustes, höchstens jedoch 400,– DM bzw. 500,– DM monatlich erhalten (§ 30 Abs. 3 BVG). Einkommensverlust ist dabei der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, welcher der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte. Allgemeine Vergleichsgrundlage zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die amtlichen Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet und die jeweils geltenden beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes (§ 30 Abs. 4 BVG). Gemäß § 30 Abs. 7 BVG ist die Bundesregierung ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist. Nach § 3 der Verordnungen zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG (DVO) vom 30. Juli 1964 und vom 28. Februar 1968 ist Durchschnittseinkommen der durchschnittliche Bruttoverdienst, der aufgrund des Gesetzes über die Lohnstatistik vom 18. Mai 1956 vom Statistischen Bundesamt für das Bundesgebiet laufend ermittelt wird. Maßgebend sind bei Angestellten in Industrie und Handel die in Betracht kommenden Wirtschaftsgruppen (Wirtschaftszweige), Beschäftigungsarten und die Leistungsgruppen II bis V (§ 3 Abs. 1 DVO). Zu dieser Vorschrift hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung am 25. Oktober 1960 (BVBl. S. 151) ein nach Auffassung des Senats mit der Rechtsordnung in Einklang stehendes Rundschreiben erlassen, das die Merkmale der Leistungsgruppen enthält und voneinander abgrenzt. Die Leistungsgruppe II umfasst hiernach u.a. kaufmännische Angestellte mit besonderen Erfahrungen und selbständigen Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis, die Angestellte anderen Tätigkeitsgruppen einzusetzen und verantwortlich zu unterweisen haben, Angestellte mit umfassenden kaufmännischen Kenntnissen und solche, die als Obermeister etc. mit hohem beruflichen Können und besonderer Verantwortung großen Werkstätten oder Abteilungen vorstehen. Unter die Leistungsgruppe III fallen kaufmännische Angestellte mit mehrjähriger Berufserfahrung oder besonderen Fachkenntnissen und Fähigkeiten bzw. mit Spezialtätigkeiten, die nach allgemeiner Anweisung selbständig arbeiten, jedoch keine Verantwortung für die Tätigkeit anderer tragen.
Von den angegebenen gesetzlichen Vorschriften und Richtlinien ausgehend vermochte der Senat nicht festzustellen, daß das Begehren der Klägers auf Eingruppierung in die Leistungsgruppe II der kaufmännischen Angestellten im Wirtschaftsbereich "Brauerei und Mälzerei” gerechtfertigt ist.
Zwar hat die Beweisaufnahme ergeben, daß ihm in seiner Tätigkeit als Verkaufsleiter bei der Firma G.-D. außer Verkaufsfahrern, die als gewerbliche Arbeitnehmer geführt werden, auch Tourenleiter unterstanden haben, welche nach der Gruppe K 4 des einschlägigen Gehaltstarifvertrages bezahlt werden. Diese hat er eingesetzt und wohl auch verantwortlich zu unterweisen gehabt. In diesem Punkt entspricht die Auffassung des Sozialgerichts, daß nur von Untergebenen auszugehen sei, die in der Arbeiterrentenversicherung versichert waren, nicht den Tatsachen. Dennoch war seiner Entscheidung im Ergebnis insbesondere deshalb beizutreten, weil der Kläger nicht die in Leistungsgruppe II vorausgesetzte eingeschränkte Dispositionsbefugnis besessen hat. Diese darf sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats nämlich nicht nur auf die geführte Abteilung beziehen, die vorliegend, was zur Abrundung zu erwähnen ist, auch nicht als "groß” im Sinne des Satzes 3 der Merkmale für die begehrte Leistungsgruppe bezeichnet werden kann, sondern muß sich auf den Gesamtbetrieb erstrecken. Das hat das Bundessozialgericht in einer ganzen Anzahl von Entscheidungen zur Frage des Berufsschadensrechts verdeutlicht, indem es ausgesprochen hat, die Tätigkeit eines nach Leistungsgruppe II einzustufenden Angestellten müsse geeignet sein, auf den Bestand, den Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung seiner Arbeitgeberfirma Einfluß zu nehmen (vergl. Urteil des erkennenden Senats vom 26. Juni 1968 – Az.: L-5/V-1245/67 und die dort angegebenen Zitate sowie Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Oktober 1967, Az.: 9 R V 182/67). Eine Dispositionsbefugnis solcher Art und dieses Umfangs hat der Kläger nach den Bekundungen des Zeugen Sch. indessen nicht besessen. Denn der Aufbau der Geschäftsleitung zeigt, daß er der sog. "vierte Mann” gewesen ist, vor dem rangmäßig zunächst der Hauptbuchhalter stand, über welchem dann der Geschäftsführer eingestuft war, der als einziger Angestellter der Firma G. D. Handlungsvollmacht besitzt. Betriebssichernde und – ausbauende Entscheidungen größerer wirtschaftlicher Bedeutung behält sich darüber hinaus der derzeitige Koplementär H. allein vor. Als dieser Rangstufung erhellt die Überzeugung des Senats, daß eine Eingruppierung des Klägers in die Leistungsgruppe II nicht in Betracht kommen konnte, da er kein leitender Angestellter nach deren Merkmalen gewesen ist. Daß er Verkaufsfahrer selbst einstellen und entlassen durfte, genügt für die Annahme des Gegenteils nicht. Abgesehen davon, daß sich diese seine Tätigkeit in formloser Art vollzog und die Abwicklung dann von der Hauptbuchhaltung vorgenommen wurde, die wiederum von dem Komplementär sanktioniert wurde, ging sie über den Rahmen der Verkaufsabteilung nicht hinaus und bezog sich überdies lediglich auf gewerbliche Arbeitnehmer. Alle diese Kriterien ergeben daher für sich allein oder insgesamt betrachtet noch keine Dispositionsbefugnis, wie die Leistungsgruppe II sie verstanden wissen will.
Ein weiteres Indiz, das gegen das klägerische Begehren sprach, ist der berufliche Werdegang des Klägers, der keine abgeschlossene Fachausbildung als Kaufmann besitzt, sondern nur sechs Wochen lang als C.-C.-Vertriebsfachmann geschult, also angelernt worden ist. Das genügt nach ständiger Rechtsprechung des Senats ebenfalls nicht für eine Einstufung in die Leistungsgruppe II. Da schon die Eingruppierung in die Leistungsgruppe IV u.a. den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzt, muß von einem in die Leistungsgruppe II gehörenden kaufmännischen Angestellten grundsätzlich das gleiche, wenn nicht mehr erwartet werden. Die besonderen Erfahrungen und selbständigen Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit verlangen angesichts des Gruppierungsschemas, das dem das Berufsschadensrecht beherrschenden Grundgedanken der Generalisierung und Pauschalierung, welcher zwangsläufig eine Nivellierung beinhaltet, entspricht, eine gründliche und umfassende Ausbildung im einschlägigen Beruf. Zwar dürfte in diesem Zusammenhang auch die Größe der Arbeitgeberfirma in dem Sinne von Bedeutung sein, daß bei Klein- und Mittelbetrieben grundsätzlich geringere Anforderungen an den Ausbildungsgang zu stellen sein werden. Denn akademisch vorgebildete Kaufleute, insbesondere solche mit Hochschuldiplom, pflegen ihre Arbeitsplätze insbesondere bei Großfirmen zu suchen und zu finden, während Betriebe von dem Umfang und der Art der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers wohl regelmäßig geringere Anforderungen stellen. Dennoch genügt diese einschränkende Betrachtungsweise vorliegend nicht, dem Begehren des Klägers zum Erfolg zu verhelfen, da ihm schon eine abgeschlossene Grundausbildung i.S. einer kaufmännischen Lehre fehlt.
Auch seine Entlohnung spricht gegen die Eingruppierung in die Leistungsgruppe II. Denn er war, abgesehen von den rechtlich nicht bedeutsamen unstabilen Einkommensteilen wie Provision und Spesen, in das Gehaltstarifsschema eingebaut und wurde nach K 5 bezahlt. Dorthin gehören kaufmännische Angestellte, die zwar selbständig arbeiten und umfangreiche Spezialkenntnisse besitzen, nicht aber solche, die Disponenten sind. Diesem Personenkreis gebührt die Gruppe K 6. Spezialtätigkeiten – die entsprechende Kenntnisse voraussetzen – werden indessen in Form der Einstufung in die Leistungsgruppe III gewertet. Auch hieraus geht mithin die Richtigkeit der vom Beklagten getroffenen Entscheidung hervor.
Nach allem war der Berufung der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1910 geborenen Kläger bezieht wegen "schweren Herzmuskel- und Rhytmusstörung bei früher nicht erkennbarem Herzklappenfehler mit Zeichen einer Herzmangelleistung” durch Neufeststellungsbescheid nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 7. Dezember 1967 Rente nach einem medizinischen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit MdE von 80 v.H., der wegen besonderen beruflichen Betroffenseins auf 90 v.H. erhöht worden ist.
Am 10. Januar 1967 stellte er beim Versorgungsamt Darmstadt Antrag auf Berufsschadensausgleich. Zu seinem beruflichen Werdegang gab er an, nach Besuch der Volksschule das Fleischerhandwerk erlernt, die Gesellenprüfung bestanden, als Geselle gearbeitet und ab 1932 bis 1936 selbständig einen Großhandel für Fleischwaren und Lebensmittel geführt zu haben. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten im Hinblick auf die Fleischkontigentierung sei er dann als kaufmännischer Angestellter in die Firma C.-C. eingetreten. Nach dem Kriege habe er von 1945 bis 1948 zunächst unselbständig als Metzger, dann als freier Vertreter und ab 1951 wieder als kaufmännischer Angestellter bei der Firma C.-C. in D. gearbeitet. Seit Oktober 1966 sei er wegen der Verschlimmerung seiner Schädigungsfolgen zunächst arbeitsunfähig krank und später erwerbsunfähig geworden. Als Frührentner habe er ein erhebliches Mindereinkommen. Zum Beweise seiner Angaben reichte er eine Bescheinigung der Firma G. D. vom 28. November 1967 und eine Ablichtung seines Rentenbescheides vom 23. Oktober 1967 ein.
Mit Bescheid vom 8. Dezember 1967 gab das Versorgungsamt Darmstadt seinem Antrag in der Form statt, daß es ihn in die Leistungsgruppe III der kaufmännischen Angestellten im Wirtschaftsbereich Nahrungs- und Genußmittelindustrie einstufte und ab 1. November 1966 Berufsschadensausgleich zahlte, soweit das anzurechnende Einkommen es zuließ.
Das Widerspruchsverfahren, in dessen Verlauf der Kläger vortrug, wegen seiner früheren leitenden Position mit Teilprokura gebühre ihm Eingruppierung in die Leistungsgruppe II des Wirtschaftsbereiches Brauerei und Mälzerei, blieb erfolglos. Durch Widerspruchsbescheid vom 20. August 1968 wurde der angefochtene Bescheid bestätigt.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt hat der Kläger zusätzlich ausgeführt, er habe 1951 die Firma G. in D. gründen und aus ihren Anfängen heraus bis zu ihrer heutigen Größe aufbauen helfen. Von Anfang an sei er dort in leitender Position tätig gewesen. Das gehe aus der Bescheinigung dieser Firma vom 18. September 1968 hervor. Sein Gehalt würde heute 1.750,– DM monatlich betragen, wie seine ehemalige Arbeitgeberin am 22. Mai 1969 angegeben habe. Die Mitteilung des Hess. Statistischen Landesamtes vom 11. Juli 1969 bestätige seine Auffassung, daß der Wirtschaftszweig "Brauerei und Mälzerei” für die Einstufung in Betracht komme.
Nachdem der Beklagte dieses Begehren des Klägers am 6. Oktober 1969 anerkannt hatte (Ausführungsbescheid vom 19.1.1970), hat das Sozialgericht mit Urteil vom 3. Dezember 1969 die nur noch auf Eingruppierung in die Leistungsgruppe II der kaufmännischen Angestellten im einschlägigen Wirtschaftsbereich gerichtete Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, diese Einstufung komme nicht in Betracht, weil der Kläger keine umfassende Berufsausbildung besitze. Auch hätten ihm keine kaufmännischen Angestellten unterstanden. Die ihm von seiner Arbeitgeberin bescheinigte Dispositionsbefugnis sei keine solche, wie sie für die Leistungsgruppe II gefordert werde.
Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 17. Dezember 1969 zugestellt worden ist, richtet sich seine am 29. Dezember 1969 beim Hess. Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 3. Dezember 1969 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 8. Dezember 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 1968 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 19. Januar 1970 zu verurteilen, Berufsschadensausgleich in gesetzlicher Höhe unter Einstufung in die Leistungsgruppe II der kaufmännischen Angestellten im einschlägigen Wirtschaftsbereich zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung am 12. August 1970 hat der Senat den Kläger persönlich angehört und den Kaufmann E. Sch. als Zeugen gehört. Wegen der Angaben des Klägers und der Bekundungen des Zeugen im einzelnen wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Die Akten des Versorgungsamtes Darmstadt mit der Grdl. Nr. haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 8. Dezember 1967 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 20. August 1968 und der Bescheid vom 19. Januar 1970 sind nicht rechtswidrig.
Rechtsgrundlage ist § 30 Abs. 3 und 4 BVG i.d.F. des 2. und 3. NOG, wonach Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen um monatlich mindestens 75,– DM oder überhaupt gemindert ist (Einkommensverlust), nach Anwendung des § 30 Abs. 2 BVG einen Berufsschadensausgleich in Höhe von vier Zehntel des Verlustes, höchstens jedoch 400,– DM bzw. 500,– DM monatlich erhalten (§ 30 Abs. 3 BVG). Einkommensverlust ist dabei der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, welcher der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte. Allgemeine Vergleichsgrundlage zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die amtlichen Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet und die jeweils geltenden beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes (§ 30 Abs. 4 BVG). Gemäß § 30 Abs. 7 BVG ist die Bundesregierung ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist. Nach § 3 der Verordnungen zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG (DVO) vom 30. Juli 1964 und vom 28. Februar 1968 ist Durchschnittseinkommen der durchschnittliche Bruttoverdienst, der aufgrund des Gesetzes über die Lohnstatistik vom 18. Mai 1956 vom Statistischen Bundesamt für das Bundesgebiet laufend ermittelt wird. Maßgebend sind bei Angestellten in Industrie und Handel die in Betracht kommenden Wirtschaftsgruppen (Wirtschaftszweige), Beschäftigungsarten und die Leistungsgruppen II bis V (§ 3 Abs. 1 DVO). Zu dieser Vorschrift hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung am 25. Oktober 1960 (BVBl. S. 151) ein nach Auffassung des Senats mit der Rechtsordnung in Einklang stehendes Rundschreiben erlassen, das die Merkmale der Leistungsgruppen enthält und voneinander abgrenzt. Die Leistungsgruppe II umfasst hiernach u.a. kaufmännische Angestellte mit besonderen Erfahrungen und selbständigen Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis, die Angestellte anderen Tätigkeitsgruppen einzusetzen und verantwortlich zu unterweisen haben, Angestellte mit umfassenden kaufmännischen Kenntnissen und solche, die als Obermeister etc. mit hohem beruflichen Können und besonderer Verantwortung großen Werkstätten oder Abteilungen vorstehen. Unter die Leistungsgruppe III fallen kaufmännische Angestellte mit mehrjähriger Berufserfahrung oder besonderen Fachkenntnissen und Fähigkeiten bzw. mit Spezialtätigkeiten, die nach allgemeiner Anweisung selbständig arbeiten, jedoch keine Verantwortung für die Tätigkeit anderer tragen.
Von den angegebenen gesetzlichen Vorschriften und Richtlinien ausgehend vermochte der Senat nicht festzustellen, daß das Begehren der Klägers auf Eingruppierung in die Leistungsgruppe II der kaufmännischen Angestellten im Wirtschaftsbereich "Brauerei und Mälzerei” gerechtfertigt ist.
Zwar hat die Beweisaufnahme ergeben, daß ihm in seiner Tätigkeit als Verkaufsleiter bei der Firma G.-D. außer Verkaufsfahrern, die als gewerbliche Arbeitnehmer geführt werden, auch Tourenleiter unterstanden haben, welche nach der Gruppe K 4 des einschlägigen Gehaltstarifvertrages bezahlt werden. Diese hat er eingesetzt und wohl auch verantwortlich zu unterweisen gehabt. In diesem Punkt entspricht die Auffassung des Sozialgerichts, daß nur von Untergebenen auszugehen sei, die in der Arbeiterrentenversicherung versichert waren, nicht den Tatsachen. Dennoch war seiner Entscheidung im Ergebnis insbesondere deshalb beizutreten, weil der Kläger nicht die in Leistungsgruppe II vorausgesetzte eingeschränkte Dispositionsbefugnis besessen hat. Diese darf sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats nämlich nicht nur auf die geführte Abteilung beziehen, die vorliegend, was zur Abrundung zu erwähnen ist, auch nicht als "groß” im Sinne des Satzes 3 der Merkmale für die begehrte Leistungsgruppe bezeichnet werden kann, sondern muß sich auf den Gesamtbetrieb erstrecken. Das hat das Bundessozialgericht in einer ganzen Anzahl von Entscheidungen zur Frage des Berufsschadensrechts verdeutlicht, indem es ausgesprochen hat, die Tätigkeit eines nach Leistungsgruppe II einzustufenden Angestellten müsse geeignet sein, auf den Bestand, den Ausbau und die wirtschaftliche Entwicklung seiner Arbeitgeberfirma Einfluß zu nehmen (vergl. Urteil des erkennenden Senats vom 26. Juni 1968 – Az.: L-5/V-1245/67 und die dort angegebenen Zitate sowie Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Oktober 1967, Az.: 9 R V 182/67). Eine Dispositionsbefugnis solcher Art und dieses Umfangs hat der Kläger nach den Bekundungen des Zeugen Sch. indessen nicht besessen. Denn der Aufbau der Geschäftsleitung zeigt, daß er der sog. "vierte Mann” gewesen ist, vor dem rangmäßig zunächst der Hauptbuchhalter stand, über welchem dann der Geschäftsführer eingestuft war, der als einziger Angestellter der Firma G. D. Handlungsvollmacht besitzt. Betriebssichernde und – ausbauende Entscheidungen größerer wirtschaftlicher Bedeutung behält sich darüber hinaus der derzeitige Koplementär H. allein vor. Als dieser Rangstufung erhellt die Überzeugung des Senats, daß eine Eingruppierung des Klägers in die Leistungsgruppe II nicht in Betracht kommen konnte, da er kein leitender Angestellter nach deren Merkmalen gewesen ist. Daß er Verkaufsfahrer selbst einstellen und entlassen durfte, genügt für die Annahme des Gegenteils nicht. Abgesehen davon, daß sich diese seine Tätigkeit in formloser Art vollzog und die Abwicklung dann von der Hauptbuchhaltung vorgenommen wurde, die wiederum von dem Komplementär sanktioniert wurde, ging sie über den Rahmen der Verkaufsabteilung nicht hinaus und bezog sich überdies lediglich auf gewerbliche Arbeitnehmer. Alle diese Kriterien ergeben daher für sich allein oder insgesamt betrachtet noch keine Dispositionsbefugnis, wie die Leistungsgruppe II sie verstanden wissen will.
Ein weiteres Indiz, das gegen das klägerische Begehren sprach, ist der berufliche Werdegang des Klägers, der keine abgeschlossene Fachausbildung als Kaufmann besitzt, sondern nur sechs Wochen lang als C.-C.-Vertriebsfachmann geschult, also angelernt worden ist. Das genügt nach ständiger Rechtsprechung des Senats ebenfalls nicht für eine Einstufung in die Leistungsgruppe II. Da schon die Eingruppierung in die Leistungsgruppe IV u.a. den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzt, muß von einem in die Leistungsgruppe II gehörenden kaufmännischen Angestellten grundsätzlich das gleiche, wenn nicht mehr erwartet werden. Die besonderen Erfahrungen und selbständigen Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit verlangen angesichts des Gruppierungsschemas, das dem das Berufsschadensrecht beherrschenden Grundgedanken der Generalisierung und Pauschalierung, welcher zwangsläufig eine Nivellierung beinhaltet, entspricht, eine gründliche und umfassende Ausbildung im einschlägigen Beruf. Zwar dürfte in diesem Zusammenhang auch die Größe der Arbeitgeberfirma in dem Sinne von Bedeutung sein, daß bei Klein- und Mittelbetrieben grundsätzlich geringere Anforderungen an den Ausbildungsgang zu stellen sein werden. Denn akademisch vorgebildete Kaufleute, insbesondere solche mit Hochschuldiplom, pflegen ihre Arbeitsplätze insbesondere bei Großfirmen zu suchen und zu finden, während Betriebe von dem Umfang und der Art der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers wohl regelmäßig geringere Anforderungen stellen. Dennoch genügt diese einschränkende Betrachtungsweise vorliegend nicht, dem Begehren des Klägers zum Erfolg zu verhelfen, da ihm schon eine abgeschlossene Grundausbildung i.S. einer kaufmännischen Lehre fehlt.
Auch seine Entlohnung spricht gegen die Eingruppierung in die Leistungsgruppe II. Denn er war, abgesehen von den rechtlich nicht bedeutsamen unstabilen Einkommensteilen wie Provision und Spesen, in das Gehaltstarifsschema eingebaut und wurde nach K 5 bezahlt. Dorthin gehören kaufmännische Angestellte, die zwar selbständig arbeiten und umfangreiche Spezialkenntnisse besitzen, nicht aber solche, die Disponenten sind. Diesem Personenkreis gebührt die Gruppe K 6. Spezialtätigkeiten – die entsprechende Kenntnisse voraussetzen – werden indessen in Form der Einstufung in die Leistungsgruppe III gewertet. Auch hieraus geht mithin die Richtigkeit der vom Beklagten getroffenen Entscheidung hervor.
Nach allem war der Berufung der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
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