Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 770/68
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1). Die Durchführungsverordnungen zu § 30 Abs. 3 u. 4 BVG von 1964 und 1968 konnten die Berechnung des Durchschnittseinkommens auf die Besoldungsordnung A BBesG auch für Unselbständige beschränken (im Anschluß an BVerfG Bd. 26 S. 16 ff., das dies für Selbständige festgestellt hat).
2). Auch wenn der Arbeitgeber keine Anteile für Beiträge zur Angestelltenversicherung gezahlt hat, gehört die Angestelltenrente gemäß § 9 Abs. 2 Ziff. 2 DVO zu § 30 Abs. 3 u. 4 BVG in der Fassung von 1964 wie auch von 1968 zu den „Einnahmen aus früherer unselbständiger Tätigkeit”.
3). § 9 Abs. 2 Ziff. 2 DVO zu § 30 Abs. 3 u. 4 BVG in der Fassung von 1964 wie auch von 1968 hält sich in Rahmen der Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG
2). Auch wenn der Arbeitgeber keine Anteile für Beiträge zur Angestelltenversicherung gezahlt hat, gehört die Angestelltenrente gemäß § 9 Abs. 2 Ziff. 2 DVO zu § 30 Abs. 3 u. 4 BVG in der Fassung von 1964 wie auch von 1968 zu den „Einnahmen aus früherer unselbständiger Tätigkeit”.
3). § 9 Abs. 2 Ziff. 2 DVO zu § 30 Abs. 3 u. 4 BVG in der Fassung von 1964 wie auch von 1968 hält sich in Rahmen der Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 27. Juni 1968 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1898 geborene Kläger wurde im Jahre 1917 nach einer Verwundung oberschenkelamputiert. Seine Gesundheitsstörungen, hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 Bundesversorgungsgesetztes (BVG) wurden im Rahmen eines Klageverfahrens mit dem Ziel einer Rentenerhöhung wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG, das erfolglos blieb, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 v.H. nach dem Bescheid des Versorgungsamts Frankfurt/M. vom 21. Mai 1965 wie folgt bezeichnet:
"Verlust des rechten Beines im Oberschenkel und Verspannung der Rückenmuskulatur und statischer Auswirkung auf die Wirbelsäule sowie Verschleißschaden im linken Kniegelenk”.
In Dezember 1964 beantragte der Kläger die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs. Er behauptete, er habe zwar als Jurist eine qualifizierte Tätigkeit in der Industrie erreicht durch seine Oberschenkelamputation sei er jedoch am weiteren beruflichen Aufstieg gehindert worden. Er legte abschriftlich eine Urkunde vom 11. April 1921 über die Verleihung der Würde eines Doktors der Rechte vor, in der er als Referendar bezeichnet wird.
Mit Bescheid vom 9. August 1965 legte das Versorgungsamt F. der Berechnung des Berufsschadensausgleichs das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 zugrunde, das ab 1. Januar 1964 etwa um 650,– DM und ab 1. Oktober 1964 etwa um 700,– DM unter dem Bruttoeinkommen des Klägers aus Ruhegehalt und Angestelltenrente blieb, weil es um 25 v.H. gekürzt wurde, da der Kläger das 65. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Das Versorgungsamt begründete diese Berechnung damit, daß der Kläger nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen ohne seine Schädigung wahrscheinlich als Jurist und Wirtschaftsprüfer unselbständig in der privaten Wirtschaft bis zur Erreichung der Altersgrenze Tätigkeit gewesen wäre und lehnte die Gewährung von Berufsschadensausgleich ab.
Dem Widerspruch, mit dem begehrt wurde, ein Durchschnittseinkommen nach der Besoldungsordnung B zugrunde zu legen und notfalls Härteausgleich nach § 89 Abs. 1 BVG zu gewähren, half das Landesversorgungsamt Hessen mit Bescheid vom 22. November 1965 nicht ab, da ein besonderes berufliches Betroffensein nach § 30 Abs. 2 BVG bei dem Kläger verneint worden sei. Außerdem übersteigte sein Einkommen die "höchstzulässige Besoldungsgruppe A 16” mit 2.559,– DM, hiervon 75 % = 1919,25 DM um Rund 230,– DM. Die Ablehnung des Antrages stelle eine besondere Härte im Sinne des § 89 Abs. 1 BVG nicht dar. Im Klageverfahren behauptete der Kläger unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Vereins Deutscher M. A. e.V. an das Landesversorgungsamt Hessen vom 15. Dezember 1965, bei diesem Verband sei er in seiner letzten Tätigkeit vor seiner Zurruhesetzung im Jahre 1963 deshalb nicht Geschäftsführer geworden und lediglich dessen Stellvertreter geblieben, weil er infolge seiner Oberschenkelamputation der Tätigkeit eines Geschäftsführers mit körperlicher erheblicher Beanspruchung nicht gewachsen gewesen sei. Der Kläger bezweifelte die Gesetzmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit verschiedener Bestimmungen der Durchführungsverordnung zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG (im folgenden DVO genannt) und beantragte erneut zu prüfen, ob ein Härteausgleich gemäß § 89 Abs. 1 BVG zu gewähren sei.
Mit Urteil vom 27. Juni 1968 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist es zu dem Ergebnis gekommen das die von dem Kläger angegriffenen Vorschriften der DVO rechtmäßig seien. Es hat besonders herausgestellt, daß wie bei der Rente nach dem BVG, so auch beim Berufsschadensausgleich der Gesichtspunkt einer individuellen Entschädigung zugunsten eines generalisierten oder pauschalen Schadensausgleichs zurücktreten müsse. Auch besteht keine Veranlassung, die Sache zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der DVO dem Bundesversorgungsgericht vorzulegen. Es seien auch keine Umstände erkennbar, welche die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs im Härtewege (§ 89 Abs. 1 BVG) begründen könnten.
Dieses Urteil wurde an den Kläger mit eingeschriebenem Brief zugestellt, der am 9. Juli 1968 zur Post ausgeliefert wurde. Seine Berufung ging am 6. August 1968 beim Hess. Landessozialgericht ein. Er ist der Auffassung, die in § 30 Abs. 7 Buchstabe a BVG ausgesprochene Ermächtigung für die Bundesregierung, eine DVO zu erlassen, sei nicht genügend klar bestimmt. Dem Verordnungsgeber sei nicht das Recht eingeräumt worden, aus der Berechnung des Durchschnittseinkommens die Besoldungsgruppe B auszuschalten. Diese beiden Gesichtspunkte seien vom Sozialgericht nicht geprüft worden. Es verstoße gegen den Gleichsbehandlungsgrundsatz der Art. 3 GG, das durch Artikel 12 GG garantierte Recht auf freie Berufsausübung und die Rechts- und Sozialstaatsklauseln des GG (Art. 1 und 20), daß die Wirtschaftsjuristen, zu denen der Kläger zählte, nicht als eine besondere Berufsgruppe mit einem eigenen Durchschnittseinkommen vom Verordnungsgeber herausgestellt seien. Auch § 9 Abs. 2 DVO sei gesetzeswidrig, weil der Verordnungsgeber den im Gesetz formulierten Begriff "Einkommen aus früherer Tätigkeit” nicht auf Einkommen anderer Art wie die Rente des Klägers aus der Angestelltenversicherung habe ausdehnen dürfen. Wenn aber die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich sei, so hätte im Wege des Härteausgleichs nach § 89 eine "Regelung auf mittlerer Basis gefunden werden können.” Da das BVG kein Fürsorgegesetz sei, dürfe eine Härte nicht lediglich nach dem Maßstab der Bedürftigkeit gesehen werden. Es sei zweckmäßig, wenn eine Entscheidung gemäß § 80 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht eingeholt werden.
In der mündlichen Verhandlung herrschte zwischen dem Kläger und dem beklagten Land darüber Einigkeit, daß in diesem verfahren die Gewährung von Berufsschadensausgleich im Wege des Härteausgleichs nach § 89 BVG nicht vom Senat entschieden werden kann. Der Kläger hielt seien entsprechenden Antrag aber aufrecht und bat den Beklagten, hierüber alsbald eine Entscheidung zu treffen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 27. Juli 1968 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 9. August 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 1965 zu verurteilen, ihm Berufsschadensausgleich ab 1. Januar 1964 nach der Besoldungsgruppe B 7 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zu gewähren,
hilfsweise:
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zu Hilfsantrag stellt er keinen Antrag.
Zur Begründung für die Rechtmäßigkeit der DVO weist das beklagte Land auf das angefochtene Urteil und die Rechtsprechung des BSG hin. Außerdem ist es der Ansicht, es sei nicht nachgewiesen, daß der Kläger durch seine Kriegsbeschädigung an einem weiteren beruflichen Aufstieg gehindert gewesen sei, zumal er seine Tätigkeit nach den vorgelegten Zeugnissen stets vorbildlich ausgeführt habe.
Auf den Inhalt der Streitakten des vorliegenden Verfahrens in beiden Rechtszügen, der Streitakten S – 1/V – 143/64 des Sozialgerichts Frankfurt/M. und der 4 Bände Versorgungsakten Grdl.Nr. XXXXXX, der auszugsweise in der mündlichen Verhandlung zum Vortrag gelangte, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht erhoben (§§ 113, 148 Ziff. 3, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetzes – SGG–). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Einlieferungstag bei der Zustellung des Urteils an den Kläger ist auf dem Poststempel zwar nicht hinreichend deutlich zu erkennen. Aus der Tatsache, daß das Urteil am 10. Juli 1968 dem – wie gerichtsbekannt – im Nachbarhaus neben dem Sozialgericht Frankfurt/M. untergebrachten Landesversorgungsamt Hessen zugestellt wurde, kann jedoch auf eine Posteinlieferung an den Kläger am 9. Juli 1968 geschlossen werden.
Nach § 30 Abs. 7 Buchstabe a BVG ist die Bundesregierung ermächtigt worden durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes bei der Berechnung des nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG zu gewährenden Berufsschadensausgleichs heranzuziehen ist. Dies gilt sowohl für die Fassung, die das BVG im Rahmen des 2. Neuordnungsgesetztes zur Kriegsopferversorgung (2. NOG) für die Zeit ab 1. Januar 1964 wie auch für die Fassung, die das BVG durch das 3. NOG für die Zeit ab 1. Januar 1967 gefunden hat. Für diese Ermächtigung in der Fassung des 2. NOG hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 14. Mai 1969 – 1 BvR 615/67 und 303/68 – (SGG 1969 Seite 348, BVerfGE Bd. 26 Seite 16 ff.) entschieden, daß die erteilten Ermächtigungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Es ist somit kein Raum mehr, um gemäß § 80 des Gesetztes über das Bundesverfassungsgericht in Verb. mit Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Soweit Bedenken in der Richtung vorhanden wären, ob einzelne Bestimmungen der DVO verfassungskonform sind, ist eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ohnehin nicht möglich, da sich die Normenkontrolle des Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG nur auf Gesetzte im formellen Sinn bezieht (vgl. Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 2. Aufl. Anm. I A 2).
Nach § 30 Abs. 3 BVG in der Fassung des 2 NOG erhält derjenige Schwerbeschädigte, der durch die Schädigungsfolgen beruflich insoweit besonders betroffen ist, als er einen Einkommensverlust von monatlich mindestens 75,– DM hat oder dessen Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 4/10 des Verlustes jedoch höchstens 400,– DM monatlich, der nach dem 3. NOG 500,– beträgt. Einkommensverlust ist dabei der Unterschiedsbetrag zwischen der derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früheren Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, welcher der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und den bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte. Allgemeine Vergleichsgrundlage zum Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamts für das Bundesgebiet und die jeweils geltenden beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes (§ 30 Abs. 4 BVG). Gemäß § 30 Abs. 7 BVG ist die Bundesregierung ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist.
§ 2 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 (Bundesgesetzblatt I S. 574) und vom 28. Februar 1968 (BGBl. I S. 194) bestimmt, daß das Durchschnittseinkommen dann, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich in der privaten Wirtschaft unselbständig tätig wäre, nach § 3 DVO ermittelt wird.
Das Sozialgericht Frankfurt/M. hat im Ergebnis richtig herausgestellt, daß das Durchschnittseinkommen des Klägers für die Berechnung des Berufsschadensausgleichs nur in Höhe des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 14 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) ermittelt werden kann, das um 25 % wegen der Erreichung des 65. Lebensjahres des Klägers zu kürzen ist (§ 3 Abs. 5 DVO). Bei dem Kläger hat es sich während seiner Berufstätigkeit als Wirtschaftjurist gemäß § 3 Abs. 4 DVO (Verordnung zur Durchführung des § 3 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964), die im Rahmen des 2. NOG gilt, um einen unselbständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulbildung gehandelt als dessen Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 einschließlich des Ortszuschlags nach Stufe 2 und Ortsklasse A des Bundesbesoldungsgesetzes für die Berechnung des Berufsschadensausgleichs anzunehmen ist. Die gleiche Berechnung ist im Geltungsbereich des 3. NOG nach der hier geltenden DVO vorzunehmen (Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3. und 4 BVG vom 28. Februar 1968). Der zwischen beiden Fassungen bestehende Unterschied, daß dieses Durchschnittseinkommen erst vom vollendeten 47. bzw. 45. Lebensjahr an anzunehmen ist, spielt für den vorliegenden Fall keine Rolle.
Die Ansicht des Klägers, daß der Versorgungsgeber die Begrenzung des höchstzulässigen Durchschnittseinkommens nach der DVO nicht auf die Besoldungsordnung A beschränken durfte, ist nicht zutreffend. Der Verordnungsgeber hätte nach der ihm § 30 Abs. 7 BVG erteilten Ermächtigung zwar die Besoldungsordnung B mitheranziehen können. Daß er dies nicht getan hat, läßt aber die in Frage kommenden Bestimmungen der DVO nicht verfassungswidrig oder als gegen eine sonstige Rechtsnorm verstoßend erscheinen. Das Sozialgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, daß nicht nur beim Berufsschadensausgleich, sondern auch bei den im BVG geregelten Rentenleistungen der Gesichtspunkt einer individuellen Entschädigung zugunsten eines generalisierten und pauschalierten Schadensausgleichs zurückzutreten muß, was auch von dem erkennenden Senat und dem Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung herausgestellt worden ist. Der Verordnungsgeber hat deshalb die verschiedensten Berufe zu Berufsgruppen zusammengefaßt und trotz unterschiedlichen Einkommens in den einzelnen Berufszweigen gleichwohl ein Durchschnittseinkommen für die gesamte Berufsgruppe festgesetzt.
In seinem oben erwähnten Beschluss vom 14. Mai 1969 hat das Bundesverfassungsgericht z.B. angesprochen, daß es mit dem Grundgesetz vereinbar ist und es sich im Rahmen der Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG hält, wenn § 5 Abs. 1 DVO alle selbständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulbildung zu einer Berufsgruppe zusammengefaßt und ihr als Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 BBesG zuordnet. Bei den selbständig Tätigen dürften die erzielten Einkommenshöhen aber weit mehr auseinanderklaffen, als dies bei den unselbständig Tätigen der Fall ist; man denke nur an die zum Teil mehrere Millionen im Jahr betragenden Verdienste selbständiger Unternehmer in der Wirtschaft. Wenn das Bundesverfassungsgericht diese Regelung für die wirtschaftlich Selbständigen nicht beanstandet hat, so kann auch unter den von dem Kläger aufgeführten Gesichtspunkten die Regelung für die wirtschaftlich Unselbständig mit abgeschlossener Hochschulbildung nicht als im Widerspruch zu unserer Rechtsordnung stehend, angesehen werden. Weder die in ihrem Inhalt unklare Sozialstaatsklausel des Art. 20 GG in Verb. mit Art. 1 Abs. 3 GG noch das Recht auf freie Ausübung eines Berufs nach Art. 12 GG stehen dieser Regelung entgegen. Artikel 12 GG garantiert lediglich das Recht auf freie Wahl des Berufs, wobei die Berufsausübung sogar noch durch Gesetze geregelt (=eingeschränkt) werden kann. Eine Garantie von Einkommen aus irgendeinem Beruf ist hierin jedoch nicht enthalten.
Schließlich kann auch über die Vorschrift des § 2 letzter Satz DVO 1964 und DVO 1968 (hier § 2 Abs. 3 letzter Satz), daß ein durch die Schädigung verhinderter Aufstieg im Beruf zu berücksichtigen ist, ein höheres Durchschnittseinkommen als es in der DVO vorgesehen ist, nicht zum Zuge kommen. Daß im Wege der Ausfüllung eines Gesetzeslücke ein höheres Durchschnittseinkommen unter dem Gesichtspunkt des verhinderten Berufsaufstiegs nicht angekommen werden kann, hat das Bundessozialgericht ausdrücklich in seinem Urteil vom 26. November 1968 – 9 – RV – 724/66 (KOV 1969 S. 29 wie auch in seinem Urteil vom 22. Oktober 1968 – 9 – RV/230/68 – festgestellt und auch darauf hingewiesen, daß eine Verletzung des Grundgesetzes der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG durch die §§ 4 bis 6 DVO in der Begrenzung des höchstzulässigen Durchschnittseinkommens nach A 14 bzw. A 16 BBesG nicht gesehen werden kann.
Es bestehen auch dagegen keine Bedenken, daß das beklagte Land gemäß § 9 Abs. 2 Ziff. 2 DVO 1964 und DVO 1968 die Angestelltenrente des Klägers als Einkommen angerechnet hat. Die Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG erstreckt sich in ihrem Buchstaben a ausdrücklich darauf zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist und in ihrem Buchstaben c darauf, welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden. Letzteres beinhaltes zugleich auch die Umkehrung, daß die Bundesregierung das zu berücksichtigende Einkommen in der Verordnung bezeichnet kann.
Wenn demgemäß § 9 Abs. 2 Ziff. 2 DVO ganz die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung als "Einnahmen aus früherer unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit” bezeichnet (DVO 1968), so bildet hierbei auch der Fall des Klägers keine Ausnahme. Die DVO 1964 hat die Renten aus der Rentenversicherung ganz allgemein als Einnahmen i.S. des Abs. 1 bezeichnet, zu denen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert aus einer früheren oder gegenwärtiger unselbständigen Tätigkeit zählen. Dies ist in der DVO 1968 lediglich auch auf Einnahmen aus früherer selbständiger Tätigkeit ausgedehnt worden. Selbst wenn der Kläger mit seinem Arbeitseinkommen stets über der Versicherungspflichgrenze in der Angestelltenversicherungs gelegen hat und er deshalb möglicherweise von seinen Arbeitgebern auch nicht etwa auf freiwilliger Basis d.h. ohne gesetzlichen Zwang aufgrund vertraglicher Vereinbarung Zuschüsse zu den geleisteten Beiträgen zur Bundesversicherungsanstalt der Angestellten bekommen haben sollte, so ist doch zu berücksichtigen, daß das in der Wirtschaft für leitende Angestellte im allgemeinen gezahlte höhere Entgelt gegenüber vergleichbaren Behördensangestellten oder Beamten unter anderem auch damit begründet wird daß der in der Wirtschaft Tätige mit einem Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze für seine Altersversorgung selbst sorgen muß. Es ist deshalb durchaus gerechtfertigt, Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung als aus früherer Tätigkeit stammend ohne Rücksicht darauf zu bezeichnen, ob etwa der Arbeitgeber wie in der Regal üblich, einen Teil der Versicherungsbeiträge im Zuge der Vergütung der Arbeitskraft übernommen hatte oder ob er im Hinblick auf das Fehlen solcher zusätzlichen Arbeitgeberleistungen von vornherein bei der Festsetzung der Vergütungshöhe berücksichtigt hat, daß der betreffende Angestellte für seine Altersversorgung selbst aufkommen muß. Auch § 1 Abs. 3 Ziffer 3 DVO zu § 33 BVG rechnet "Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen” ganz allgemein zu den Einkünften, die nach Abzug von Freibeträgen auf die Ausgleichsrente anzurechnen sind.
Nach alledem ist es nicht zu beanstanden, daß dem tatsächlichen Einkommen des Klägers für die Berechnung des Berufsschadensausgleichs lediglich 75 % des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 14 BBesG gegenübergestellt worden sind und der Kläger daher keinen Berufsschadensausgleich erhalten konnte. Es kann deshalb unerörtert bleiben, ob der Kläger wirklich durch seine Schädigungsfolgen an einem weiteren beruflichen Aufstieg gehindert worden und ob Voraussetzung für die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs die Bejahung eines besonderen beruflichen Betroffenseins im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG ist.
Über den vom Kläger gestellten Antrag, eine Entscheidung im Wege des Härteausgleichs nach § 89 BVG zu treffen, braucht der Senat nicht zu entscheiden, da sich das beklagte Land und der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darüber einig waren, daß in diesem Verfahren eine Entscheidung nicht getroffen werden kann und der Beklagte hierüber noch einmal entscheiden will.
Dem Antrag des Klägers, die Revision zuzulassen, konnte der Senat nicht entsprechen, da die angesprochenen und für die Entscheidung wesentlichen Rechtsprobleme bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts geklärt sind und der Senat von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen ist (vgl. § 162 Abs. 1 Ziffer 2 SGG).
Die Kostenentscheidung wurde aus § 193 SGG gewonnen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1898 geborene Kläger wurde im Jahre 1917 nach einer Verwundung oberschenkelamputiert. Seine Gesundheitsstörungen, hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 Bundesversorgungsgesetztes (BVG) wurden im Rahmen eines Klageverfahrens mit dem Ziel einer Rentenerhöhung wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG, das erfolglos blieb, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 v.H. nach dem Bescheid des Versorgungsamts Frankfurt/M. vom 21. Mai 1965 wie folgt bezeichnet:
"Verlust des rechten Beines im Oberschenkel und Verspannung der Rückenmuskulatur und statischer Auswirkung auf die Wirbelsäule sowie Verschleißschaden im linken Kniegelenk”.
In Dezember 1964 beantragte der Kläger die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs. Er behauptete, er habe zwar als Jurist eine qualifizierte Tätigkeit in der Industrie erreicht durch seine Oberschenkelamputation sei er jedoch am weiteren beruflichen Aufstieg gehindert worden. Er legte abschriftlich eine Urkunde vom 11. April 1921 über die Verleihung der Würde eines Doktors der Rechte vor, in der er als Referendar bezeichnet wird.
Mit Bescheid vom 9. August 1965 legte das Versorgungsamt F. der Berechnung des Berufsschadensausgleichs das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 zugrunde, das ab 1. Januar 1964 etwa um 650,– DM und ab 1. Oktober 1964 etwa um 700,– DM unter dem Bruttoeinkommen des Klägers aus Ruhegehalt und Angestelltenrente blieb, weil es um 25 v.H. gekürzt wurde, da der Kläger das 65. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Das Versorgungsamt begründete diese Berechnung damit, daß der Kläger nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen ohne seine Schädigung wahrscheinlich als Jurist und Wirtschaftsprüfer unselbständig in der privaten Wirtschaft bis zur Erreichung der Altersgrenze Tätigkeit gewesen wäre und lehnte die Gewährung von Berufsschadensausgleich ab.
Dem Widerspruch, mit dem begehrt wurde, ein Durchschnittseinkommen nach der Besoldungsordnung B zugrunde zu legen und notfalls Härteausgleich nach § 89 Abs. 1 BVG zu gewähren, half das Landesversorgungsamt Hessen mit Bescheid vom 22. November 1965 nicht ab, da ein besonderes berufliches Betroffensein nach § 30 Abs. 2 BVG bei dem Kläger verneint worden sei. Außerdem übersteigte sein Einkommen die "höchstzulässige Besoldungsgruppe A 16” mit 2.559,– DM, hiervon 75 % = 1919,25 DM um Rund 230,– DM. Die Ablehnung des Antrages stelle eine besondere Härte im Sinne des § 89 Abs. 1 BVG nicht dar. Im Klageverfahren behauptete der Kläger unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Vereins Deutscher M. A. e.V. an das Landesversorgungsamt Hessen vom 15. Dezember 1965, bei diesem Verband sei er in seiner letzten Tätigkeit vor seiner Zurruhesetzung im Jahre 1963 deshalb nicht Geschäftsführer geworden und lediglich dessen Stellvertreter geblieben, weil er infolge seiner Oberschenkelamputation der Tätigkeit eines Geschäftsführers mit körperlicher erheblicher Beanspruchung nicht gewachsen gewesen sei. Der Kläger bezweifelte die Gesetzmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit verschiedener Bestimmungen der Durchführungsverordnung zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG (im folgenden DVO genannt) und beantragte erneut zu prüfen, ob ein Härteausgleich gemäß § 89 Abs. 1 BVG zu gewähren sei.
Mit Urteil vom 27. Juni 1968 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist es zu dem Ergebnis gekommen das die von dem Kläger angegriffenen Vorschriften der DVO rechtmäßig seien. Es hat besonders herausgestellt, daß wie bei der Rente nach dem BVG, so auch beim Berufsschadensausgleich der Gesichtspunkt einer individuellen Entschädigung zugunsten eines generalisierten oder pauschalen Schadensausgleichs zurücktreten müsse. Auch besteht keine Veranlassung, die Sache zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der DVO dem Bundesversorgungsgericht vorzulegen. Es seien auch keine Umstände erkennbar, welche die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs im Härtewege (§ 89 Abs. 1 BVG) begründen könnten.
Dieses Urteil wurde an den Kläger mit eingeschriebenem Brief zugestellt, der am 9. Juli 1968 zur Post ausgeliefert wurde. Seine Berufung ging am 6. August 1968 beim Hess. Landessozialgericht ein. Er ist der Auffassung, die in § 30 Abs. 7 Buchstabe a BVG ausgesprochene Ermächtigung für die Bundesregierung, eine DVO zu erlassen, sei nicht genügend klar bestimmt. Dem Verordnungsgeber sei nicht das Recht eingeräumt worden, aus der Berechnung des Durchschnittseinkommens die Besoldungsgruppe B auszuschalten. Diese beiden Gesichtspunkte seien vom Sozialgericht nicht geprüft worden. Es verstoße gegen den Gleichsbehandlungsgrundsatz der Art. 3 GG, das durch Artikel 12 GG garantierte Recht auf freie Berufsausübung und die Rechts- und Sozialstaatsklauseln des GG (Art. 1 und 20), daß die Wirtschaftsjuristen, zu denen der Kläger zählte, nicht als eine besondere Berufsgruppe mit einem eigenen Durchschnittseinkommen vom Verordnungsgeber herausgestellt seien. Auch § 9 Abs. 2 DVO sei gesetzeswidrig, weil der Verordnungsgeber den im Gesetz formulierten Begriff "Einkommen aus früherer Tätigkeit” nicht auf Einkommen anderer Art wie die Rente des Klägers aus der Angestelltenversicherung habe ausdehnen dürfen. Wenn aber die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich sei, so hätte im Wege des Härteausgleichs nach § 89 eine "Regelung auf mittlerer Basis gefunden werden können.” Da das BVG kein Fürsorgegesetz sei, dürfe eine Härte nicht lediglich nach dem Maßstab der Bedürftigkeit gesehen werden. Es sei zweckmäßig, wenn eine Entscheidung gemäß § 80 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht eingeholt werden.
In der mündlichen Verhandlung herrschte zwischen dem Kläger und dem beklagten Land darüber Einigkeit, daß in diesem verfahren die Gewährung von Berufsschadensausgleich im Wege des Härteausgleichs nach § 89 BVG nicht vom Senat entschieden werden kann. Der Kläger hielt seien entsprechenden Antrag aber aufrecht und bat den Beklagten, hierüber alsbald eine Entscheidung zu treffen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 27. Juli 1968 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 9. August 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 1965 zu verurteilen, ihm Berufsschadensausgleich ab 1. Januar 1964 nach der Besoldungsgruppe B 7 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zu gewähren,
hilfsweise:
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zu Hilfsantrag stellt er keinen Antrag.
Zur Begründung für die Rechtmäßigkeit der DVO weist das beklagte Land auf das angefochtene Urteil und die Rechtsprechung des BSG hin. Außerdem ist es der Ansicht, es sei nicht nachgewiesen, daß der Kläger durch seine Kriegsbeschädigung an einem weiteren beruflichen Aufstieg gehindert gewesen sei, zumal er seine Tätigkeit nach den vorgelegten Zeugnissen stets vorbildlich ausgeführt habe.
Auf den Inhalt der Streitakten des vorliegenden Verfahrens in beiden Rechtszügen, der Streitakten S – 1/V – 143/64 des Sozialgerichts Frankfurt/M. und der 4 Bände Versorgungsakten Grdl.Nr. XXXXXX, der auszugsweise in der mündlichen Verhandlung zum Vortrag gelangte, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht erhoben (§§ 113, 148 Ziff. 3, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetzes – SGG–). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Einlieferungstag bei der Zustellung des Urteils an den Kläger ist auf dem Poststempel zwar nicht hinreichend deutlich zu erkennen. Aus der Tatsache, daß das Urteil am 10. Juli 1968 dem – wie gerichtsbekannt – im Nachbarhaus neben dem Sozialgericht Frankfurt/M. untergebrachten Landesversorgungsamt Hessen zugestellt wurde, kann jedoch auf eine Posteinlieferung an den Kläger am 9. Juli 1968 geschlossen werden.
Nach § 30 Abs. 7 Buchstabe a BVG ist die Bundesregierung ermächtigt worden durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes bei der Berechnung des nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG zu gewährenden Berufsschadensausgleichs heranzuziehen ist. Dies gilt sowohl für die Fassung, die das BVG im Rahmen des 2. Neuordnungsgesetztes zur Kriegsopferversorgung (2. NOG) für die Zeit ab 1. Januar 1964 wie auch für die Fassung, die das BVG durch das 3. NOG für die Zeit ab 1. Januar 1967 gefunden hat. Für diese Ermächtigung in der Fassung des 2. NOG hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 14. Mai 1969 – 1 BvR 615/67 und 303/68 – (SGG 1969 Seite 348, BVerfGE Bd. 26 Seite 16 ff.) entschieden, daß die erteilten Ermächtigungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Es ist somit kein Raum mehr, um gemäß § 80 des Gesetztes über das Bundesverfassungsgericht in Verb. mit Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Soweit Bedenken in der Richtung vorhanden wären, ob einzelne Bestimmungen der DVO verfassungskonform sind, ist eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ohnehin nicht möglich, da sich die Normenkontrolle des Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG nur auf Gesetzte im formellen Sinn bezieht (vgl. Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 2. Aufl. Anm. I A 2).
Nach § 30 Abs. 3 BVG in der Fassung des 2 NOG erhält derjenige Schwerbeschädigte, der durch die Schädigungsfolgen beruflich insoweit besonders betroffen ist, als er einen Einkommensverlust von monatlich mindestens 75,– DM hat oder dessen Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 4/10 des Verlustes jedoch höchstens 400,– DM monatlich, der nach dem 3. NOG 500,– beträgt. Einkommensverlust ist dabei der Unterschiedsbetrag zwischen der derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früheren Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, welcher der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und den bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte. Allgemeine Vergleichsgrundlage zum Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamts für das Bundesgebiet und die jeweils geltenden beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes (§ 30 Abs. 4 BVG). Gemäß § 30 Abs. 7 BVG ist die Bundesregierung ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist.
§ 2 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 (Bundesgesetzblatt I S. 574) und vom 28. Februar 1968 (BGBl. I S. 194) bestimmt, daß das Durchschnittseinkommen dann, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich in der privaten Wirtschaft unselbständig tätig wäre, nach § 3 DVO ermittelt wird.
Das Sozialgericht Frankfurt/M. hat im Ergebnis richtig herausgestellt, daß das Durchschnittseinkommen des Klägers für die Berechnung des Berufsschadensausgleichs nur in Höhe des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 14 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) ermittelt werden kann, das um 25 % wegen der Erreichung des 65. Lebensjahres des Klägers zu kürzen ist (§ 3 Abs. 5 DVO). Bei dem Kläger hat es sich während seiner Berufstätigkeit als Wirtschaftjurist gemäß § 3 Abs. 4 DVO (Verordnung zur Durchführung des § 3 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964), die im Rahmen des 2. NOG gilt, um einen unselbständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulbildung gehandelt als dessen Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 einschließlich des Ortszuschlags nach Stufe 2 und Ortsklasse A des Bundesbesoldungsgesetzes für die Berechnung des Berufsschadensausgleichs anzunehmen ist. Die gleiche Berechnung ist im Geltungsbereich des 3. NOG nach der hier geltenden DVO vorzunehmen (Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3. und 4 BVG vom 28. Februar 1968). Der zwischen beiden Fassungen bestehende Unterschied, daß dieses Durchschnittseinkommen erst vom vollendeten 47. bzw. 45. Lebensjahr an anzunehmen ist, spielt für den vorliegenden Fall keine Rolle.
Die Ansicht des Klägers, daß der Versorgungsgeber die Begrenzung des höchstzulässigen Durchschnittseinkommens nach der DVO nicht auf die Besoldungsordnung A beschränken durfte, ist nicht zutreffend. Der Verordnungsgeber hätte nach der ihm § 30 Abs. 7 BVG erteilten Ermächtigung zwar die Besoldungsordnung B mitheranziehen können. Daß er dies nicht getan hat, läßt aber die in Frage kommenden Bestimmungen der DVO nicht verfassungswidrig oder als gegen eine sonstige Rechtsnorm verstoßend erscheinen. Das Sozialgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, daß nicht nur beim Berufsschadensausgleich, sondern auch bei den im BVG geregelten Rentenleistungen der Gesichtspunkt einer individuellen Entschädigung zugunsten eines generalisierten und pauschalierten Schadensausgleichs zurückzutreten muß, was auch von dem erkennenden Senat und dem Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung herausgestellt worden ist. Der Verordnungsgeber hat deshalb die verschiedensten Berufe zu Berufsgruppen zusammengefaßt und trotz unterschiedlichen Einkommens in den einzelnen Berufszweigen gleichwohl ein Durchschnittseinkommen für die gesamte Berufsgruppe festgesetzt.
In seinem oben erwähnten Beschluss vom 14. Mai 1969 hat das Bundesverfassungsgericht z.B. angesprochen, daß es mit dem Grundgesetz vereinbar ist und es sich im Rahmen der Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG hält, wenn § 5 Abs. 1 DVO alle selbständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulbildung zu einer Berufsgruppe zusammengefaßt und ihr als Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 BBesG zuordnet. Bei den selbständig Tätigen dürften die erzielten Einkommenshöhen aber weit mehr auseinanderklaffen, als dies bei den unselbständig Tätigen der Fall ist; man denke nur an die zum Teil mehrere Millionen im Jahr betragenden Verdienste selbständiger Unternehmer in der Wirtschaft. Wenn das Bundesverfassungsgericht diese Regelung für die wirtschaftlich Selbständigen nicht beanstandet hat, so kann auch unter den von dem Kläger aufgeführten Gesichtspunkten die Regelung für die wirtschaftlich Unselbständig mit abgeschlossener Hochschulbildung nicht als im Widerspruch zu unserer Rechtsordnung stehend, angesehen werden. Weder die in ihrem Inhalt unklare Sozialstaatsklausel des Art. 20 GG in Verb. mit Art. 1 Abs. 3 GG noch das Recht auf freie Ausübung eines Berufs nach Art. 12 GG stehen dieser Regelung entgegen. Artikel 12 GG garantiert lediglich das Recht auf freie Wahl des Berufs, wobei die Berufsausübung sogar noch durch Gesetze geregelt (=eingeschränkt) werden kann. Eine Garantie von Einkommen aus irgendeinem Beruf ist hierin jedoch nicht enthalten.
Schließlich kann auch über die Vorschrift des § 2 letzter Satz DVO 1964 und DVO 1968 (hier § 2 Abs. 3 letzter Satz), daß ein durch die Schädigung verhinderter Aufstieg im Beruf zu berücksichtigen ist, ein höheres Durchschnittseinkommen als es in der DVO vorgesehen ist, nicht zum Zuge kommen. Daß im Wege der Ausfüllung eines Gesetzeslücke ein höheres Durchschnittseinkommen unter dem Gesichtspunkt des verhinderten Berufsaufstiegs nicht angekommen werden kann, hat das Bundessozialgericht ausdrücklich in seinem Urteil vom 26. November 1968 – 9 – RV – 724/66 (KOV 1969 S. 29 wie auch in seinem Urteil vom 22. Oktober 1968 – 9 – RV/230/68 – festgestellt und auch darauf hingewiesen, daß eine Verletzung des Grundgesetzes der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG durch die §§ 4 bis 6 DVO in der Begrenzung des höchstzulässigen Durchschnittseinkommens nach A 14 bzw. A 16 BBesG nicht gesehen werden kann.
Es bestehen auch dagegen keine Bedenken, daß das beklagte Land gemäß § 9 Abs. 2 Ziff. 2 DVO 1964 und DVO 1968 die Angestelltenrente des Klägers als Einkommen angerechnet hat. Die Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG erstreckt sich in ihrem Buchstaben a ausdrücklich darauf zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist und in ihrem Buchstaben c darauf, welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden. Letzteres beinhaltes zugleich auch die Umkehrung, daß die Bundesregierung das zu berücksichtigende Einkommen in der Verordnung bezeichnet kann.
Wenn demgemäß § 9 Abs. 2 Ziff. 2 DVO ganz die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung als "Einnahmen aus früherer unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit” bezeichnet (DVO 1968), so bildet hierbei auch der Fall des Klägers keine Ausnahme. Die DVO 1964 hat die Renten aus der Rentenversicherung ganz allgemein als Einnahmen i.S. des Abs. 1 bezeichnet, zu denen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert aus einer früheren oder gegenwärtiger unselbständigen Tätigkeit zählen. Dies ist in der DVO 1968 lediglich auch auf Einnahmen aus früherer selbständiger Tätigkeit ausgedehnt worden. Selbst wenn der Kläger mit seinem Arbeitseinkommen stets über der Versicherungspflichgrenze in der Angestelltenversicherungs gelegen hat und er deshalb möglicherweise von seinen Arbeitgebern auch nicht etwa auf freiwilliger Basis d.h. ohne gesetzlichen Zwang aufgrund vertraglicher Vereinbarung Zuschüsse zu den geleisteten Beiträgen zur Bundesversicherungsanstalt der Angestellten bekommen haben sollte, so ist doch zu berücksichtigen, daß das in der Wirtschaft für leitende Angestellte im allgemeinen gezahlte höhere Entgelt gegenüber vergleichbaren Behördensangestellten oder Beamten unter anderem auch damit begründet wird daß der in der Wirtschaft Tätige mit einem Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze für seine Altersversorgung selbst sorgen muß. Es ist deshalb durchaus gerechtfertigt, Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung als aus früherer Tätigkeit stammend ohne Rücksicht darauf zu bezeichnen, ob etwa der Arbeitgeber wie in der Regal üblich, einen Teil der Versicherungsbeiträge im Zuge der Vergütung der Arbeitskraft übernommen hatte oder ob er im Hinblick auf das Fehlen solcher zusätzlichen Arbeitgeberleistungen von vornherein bei der Festsetzung der Vergütungshöhe berücksichtigt hat, daß der betreffende Angestellte für seine Altersversorgung selbst aufkommen muß. Auch § 1 Abs. 3 Ziffer 3 DVO zu § 33 BVG rechnet "Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen” ganz allgemein zu den Einkünften, die nach Abzug von Freibeträgen auf die Ausgleichsrente anzurechnen sind.
Nach alledem ist es nicht zu beanstanden, daß dem tatsächlichen Einkommen des Klägers für die Berechnung des Berufsschadensausgleichs lediglich 75 % des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 14 BBesG gegenübergestellt worden sind und der Kläger daher keinen Berufsschadensausgleich erhalten konnte. Es kann deshalb unerörtert bleiben, ob der Kläger wirklich durch seine Schädigungsfolgen an einem weiteren beruflichen Aufstieg gehindert worden und ob Voraussetzung für die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs die Bejahung eines besonderen beruflichen Betroffenseins im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG ist.
Über den vom Kläger gestellten Antrag, eine Entscheidung im Wege des Härteausgleichs nach § 89 BVG zu treffen, braucht der Senat nicht zu entscheiden, da sich das beklagte Land und der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darüber einig waren, daß in diesem Verfahren eine Entscheidung nicht getroffen werden kann und der Beklagte hierüber noch einmal entscheiden will.
Dem Antrag des Klägers, die Revision zuzulassen, konnte der Senat nicht entsprechen, da die angesprochenen und für die Entscheidung wesentlichen Rechtsprobleme bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts geklärt sind und der Senat von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen ist (vgl. § 162 Abs. 1 Ziffer 2 SGG).
Die Kostenentscheidung wurde aus § 193 SGG gewonnen.
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