Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 43 AS 8106/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 729/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2007 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I. Der Antragsteller, der seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – bezieht, bewohnte zusammen mit seiner Ehefrau und seiner am 1989 geborenen Tochter seit Mai 2002 eine 68,97 m2 große Zweieinhalbzimmerwohnung. Im Oktober 2005 zog die Ehefrau aus der gemeinsamen Wohnung aus. Der Antragsgegner trug die Kosten der Unterkunft und Heizung in gleicher Höhe weiter (zunächst 376,88 Bruttokaltmiete, ab 1. Februar 2006 438,95 EUR Bruttowarmmiete, ab 1. Mai 2006 532,88 EUR Bruttowarmmiete). Ab 1. Juni 2006 erfolgt die Mietzahlung direkt an den Vermieter. Am 2. Januar 2006 bestanden Mietschulden in Höhe von 1.643,41 EUR, die in der Folgezeit anwuchsen. Mit Versäumnisurteil vom 3. August 2006 wurden der Antragsteller und seine Ehefrau gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Vermieterin 3.412,64 EUR nebst Zinsen sowie die auf 1.259,20 EUR bezifferten Verfahrenskosten zu zahlen und die Wohnung zu räumen. Den Antrag, diese Kosten zu übernehmen, lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 mit der Begründung ab, Mietrückstände könnten nur dann übernommen werden, wenn der Wohnraum angemessen sei. Die Miete überschreite jedoch die Höchstgrenze von 444,00 EUR um 88,00 EUR monatlich. Darüber hinaus könnten Mietrückstände und Gerichtskosten bis maximal 2.500 EUR übernommen werden. Die vom Antragsteller geltend gemachten Beträge überstiegen jedoch diesen Betrag bei Weitem. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchbescheid vom 1. März 2007 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller am 2. April 2007 Klage erhoben (SG Berlin S 43 AS 8106/07). Am 24. April 2007 hat er beantragt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, umgehend die Mietrückstände zu übernehmen. Mit Beschluss vom 26. April 2007 hat das Sozialgericht diesen Antrag abgewiesen. Es hat ausgeführt, dem Antragsteller stehe ein Anspruch nach § 22 Abs. 5 SGB II auf Übernahme der Mietschulden als Darlehen nicht zu. Eine Leistung zur Sicherung einer nicht angemessenen Unterkunft sei nicht gerechtfertigt. Als angemessen für einen Zwei-Personen-Haushalt sei eine Bruttowarmmiete von 444 EUR anzusehen. Die Miete des Antragstellers liege deutlich über dieser Angemessenheitsgrenze. Gegen den am 4. Mai 2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 8. Mai 2007 eingegangene Beschwerde. Der Antragsteller macht geltend, er bewohne die Wohnung gemeinsam mit der schulpflichtigen Tochter. Sie könne nicht mitten in der Schulzeit auf die Straße gesetzt werden. Es solle auch die Ursache des Mietrückstandes berücksichtigt und dabei die Stellungnahme des Bezirksamtes Cvom 30. August 2006 (Frau N) einbezogen werden. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 12. Mai 2005 1 BvR 596/05 – sei die Übernahme der Mietschulden gerechtfertigt und vertretbar. Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Es besteht kein Anordnungsanspruch hinsichtlich des Anspruchs auf Übernahme der Mietschulden. Nach § 22 Abs. 5 SGB II in der seit dem 1. April 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 558) können auch Schulden übernommen werden. Voraussetzungen sind, dass Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und die Übernahme der Schulden zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Die Schulden sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Diese Voraussetzungen liegen hier – insgesamt – nicht vor. Grundsätzlich trägt der Antragsgegner die laufenden Kosten der Unterkunft des Antragstellers. Es droht auch Wohnungslosigkeit, weil bereits ein Räumungsverfahren läuft. Die Übernahme der Schulden ist jedoch nicht gerechtfertigt. Grundsätzlich werden vom Träger der Grundsicherung keine Mietschulden übernommen, denn dies entspricht einer Leistung für die Vergangenheit oder wie im Fall des Antragstellers – einer Doppelleistung, die nicht vorgesehen sind. Ausnahmsweise werden jedoch Mietschulden übernommen. Dies insbesondere dann, wenn damit der Lebensmittelpunkt erhalten werden kann. Dies muss aber auch dauerhaft möglich sein. Daran fehlt es, wenn die Wohnung weil, sie insgesamt unangemessen teuer und eine andere Senkung der Mietkosten nicht möglich ist, sowieso demnächst aufgegeben werden muss (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. August 2006 – L 7 SO 2938/06 zum insoweit gleichlautenden § 34 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII ). Es ist nicht gerechtfertigt, den Verbleib in einer Wohnung zu sichern, wenn das baldige Verlassen der Wohnung von Gesetzes wegen anzustreben ist. Die Leistungen des SGB II haben immer nur die Zielrichtung der Sicherung des Lebensunterhaltes der erwerbsfähigen Arbeitslosen und ihrer Bedarfsgemeinschaft, nicht aber der Tilgung von Schulden. Die Sicherung der wirtschaftlichen Interessen des Vermieters spielt bei der Entscheidung über die Übernahme von Mietschulden keine Rolle. Dass die Kosten der Wohnung nicht angemessen sind, ist dem Antragsteller mehrfach ausgeführt worden. Es ist deshalb vorliegend auch nicht von Bedeutung, aus welchem Grund die Mietschulden entstanden sind. Der Kläger trägt insoweit unterstützt vom Bezirksamt Cvor, die Mietschulden seien durch die durch den Auszug der Ehefrau des Antragstellers entstandenen Probleme aufgelaufen. Dadurch mag sich die Problematik verschärft haben, es müssen aber schon vorher Schulden bestanden haben. Anders lässt sich das Mietsaldenkonto des Antragstellers nicht deuten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bis Mai 2006 die volle Miete für die Wohnung erhalten, aber nicht an den Vermieter gezahlt hat. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I. Der Antragsteller, der seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – bezieht, bewohnte zusammen mit seiner Ehefrau und seiner am 1989 geborenen Tochter seit Mai 2002 eine 68,97 m2 große Zweieinhalbzimmerwohnung. Im Oktober 2005 zog die Ehefrau aus der gemeinsamen Wohnung aus. Der Antragsgegner trug die Kosten der Unterkunft und Heizung in gleicher Höhe weiter (zunächst 376,88 Bruttokaltmiete, ab 1. Februar 2006 438,95 EUR Bruttowarmmiete, ab 1. Mai 2006 532,88 EUR Bruttowarmmiete). Ab 1. Juni 2006 erfolgt die Mietzahlung direkt an den Vermieter. Am 2. Januar 2006 bestanden Mietschulden in Höhe von 1.643,41 EUR, die in der Folgezeit anwuchsen. Mit Versäumnisurteil vom 3. August 2006 wurden der Antragsteller und seine Ehefrau gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Vermieterin 3.412,64 EUR nebst Zinsen sowie die auf 1.259,20 EUR bezifferten Verfahrenskosten zu zahlen und die Wohnung zu räumen. Den Antrag, diese Kosten zu übernehmen, lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 mit der Begründung ab, Mietrückstände könnten nur dann übernommen werden, wenn der Wohnraum angemessen sei. Die Miete überschreite jedoch die Höchstgrenze von 444,00 EUR um 88,00 EUR monatlich. Darüber hinaus könnten Mietrückstände und Gerichtskosten bis maximal 2.500 EUR übernommen werden. Die vom Antragsteller geltend gemachten Beträge überstiegen jedoch diesen Betrag bei Weitem. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchbescheid vom 1. März 2007 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller am 2. April 2007 Klage erhoben (SG Berlin S 43 AS 8106/07). Am 24. April 2007 hat er beantragt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, umgehend die Mietrückstände zu übernehmen. Mit Beschluss vom 26. April 2007 hat das Sozialgericht diesen Antrag abgewiesen. Es hat ausgeführt, dem Antragsteller stehe ein Anspruch nach § 22 Abs. 5 SGB II auf Übernahme der Mietschulden als Darlehen nicht zu. Eine Leistung zur Sicherung einer nicht angemessenen Unterkunft sei nicht gerechtfertigt. Als angemessen für einen Zwei-Personen-Haushalt sei eine Bruttowarmmiete von 444 EUR anzusehen. Die Miete des Antragstellers liege deutlich über dieser Angemessenheitsgrenze. Gegen den am 4. Mai 2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 8. Mai 2007 eingegangene Beschwerde. Der Antragsteller macht geltend, er bewohne die Wohnung gemeinsam mit der schulpflichtigen Tochter. Sie könne nicht mitten in der Schulzeit auf die Straße gesetzt werden. Es solle auch die Ursache des Mietrückstandes berücksichtigt und dabei die Stellungnahme des Bezirksamtes Cvom 30. August 2006 (Frau N) einbezogen werden. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 12. Mai 2005 1 BvR 596/05 – sei die Übernahme der Mietschulden gerechtfertigt und vertretbar. Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Es besteht kein Anordnungsanspruch hinsichtlich des Anspruchs auf Übernahme der Mietschulden. Nach § 22 Abs. 5 SGB II in der seit dem 1. April 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 558) können auch Schulden übernommen werden. Voraussetzungen sind, dass Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und die Übernahme der Schulden zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Die Schulden sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Diese Voraussetzungen liegen hier – insgesamt – nicht vor. Grundsätzlich trägt der Antragsgegner die laufenden Kosten der Unterkunft des Antragstellers. Es droht auch Wohnungslosigkeit, weil bereits ein Räumungsverfahren läuft. Die Übernahme der Schulden ist jedoch nicht gerechtfertigt. Grundsätzlich werden vom Träger der Grundsicherung keine Mietschulden übernommen, denn dies entspricht einer Leistung für die Vergangenheit oder wie im Fall des Antragstellers – einer Doppelleistung, die nicht vorgesehen sind. Ausnahmsweise werden jedoch Mietschulden übernommen. Dies insbesondere dann, wenn damit der Lebensmittelpunkt erhalten werden kann. Dies muss aber auch dauerhaft möglich sein. Daran fehlt es, wenn die Wohnung weil, sie insgesamt unangemessen teuer und eine andere Senkung der Mietkosten nicht möglich ist, sowieso demnächst aufgegeben werden muss (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. August 2006 – L 7 SO 2938/06 zum insoweit gleichlautenden § 34 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII ). Es ist nicht gerechtfertigt, den Verbleib in einer Wohnung zu sichern, wenn das baldige Verlassen der Wohnung von Gesetzes wegen anzustreben ist. Die Leistungen des SGB II haben immer nur die Zielrichtung der Sicherung des Lebensunterhaltes der erwerbsfähigen Arbeitslosen und ihrer Bedarfsgemeinschaft, nicht aber der Tilgung von Schulden. Die Sicherung der wirtschaftlichen Interessen des Vermieters spielt bei der Entscheidung über die Übernahme von Mietschulden keine Rolle. Dass die Kosten der Wohnung nicht angemessen sind, ist dem Antragsteller mehrfach ausgeführt worden. Es ist deshalb vorliegend auch nicht von Bedeutung, aus welchem Grund die Mietschulden entstanden sind. Der Kläger trägt insoweit unterstützt vom Bezirksamt Cvor, die Mietschulden seien durch die durch den Auszug der Ehefrau des Antragstellers entstandenen Probleme aufgelaufen. Dadurch mag sich die Problematik verschärft haben, es müssen aber schon vorher Schulden bestanden haben. Anders lässt sich das Mietsaldenkonto des Antragstellers nicht deuten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bis Mai 2006 die volle Miete für die Wohnung erhalten, aber nicht an den Vermieter gezahlt hat. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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