Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 316/07 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 68/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs auch feststellen, wenn die Behörde sie missachtet (Anschluss an LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.01.2004 - L 11 B 17/03 KA ER – Breithaupt 2004, 263, zitiert nach juris Rdnr. 17).
2. Die Klage gegen einen Bescheid über die Feststellung eines sog. sonstigen Schadens hat nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nicht nach § 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V.
2. Die Klage gegen einen Bescheid über die Feststellung eines sog. sonstigen Schadens hat nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nicht nach § 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V.
1. Es wird festgestellt, dass die am 10.04. unter Datum vom 05.04.2007 erhobene Klage gegen den Beschluss des Beschwerdeausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen Hessen vom 05.03.2007 aufschiebende Wirkung hat.
2. Die Verfahrenskosten hat die Antragsgegnerin zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 14.459,78 EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Regressbescheid.
Die Antragstellerin ist als Kieferorthopädin zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in B-Stadt zugelassen. Am 30.03.2003 bat der BKK Landesverband Hessen um Prüfung und ggf. Feststellung eines sonstigen Schadens. Es sei bei Durchsicht der Behandlungsfälle aufgefallen, dass zum einen die Material- und Laborkosten erheblich überschritten worden seien. Darüber hinaus seien Leistungen abgerechnet worden, für die der Antragstellerin keinerlei Genehmigung vorgelegen habe. Ferner erschienen die Abrechnungen der Bema-Position Ä 1 nicht in jedem Fall gerechtfertigt, da neben einer Sonderleistung eine Abrechnung zusätzlich einer 01 im selben Quartal ausgeschlossen sei. Zu vermuten sei, dass diese Ungereimtheit auch in weiteren Quartalen vorkomme. Beigefügt war dem Schreiben eine Patientenliste mit 27 Namen. Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen – Hessen – führte am 18.10.2006 eine Prüfsitzung durch, an der der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin teilnahm. Mit Bescheid vom 18.10.2006 setzte der Prüfungsausschuss eine Honorarberichtigung, vorbehaltlich der bei Verbuchung des Bescheides zu berücksichtigenden HVM- und Degressionseinbehalte, in Höhe von insgesamt 46.582,77 EUR in zehn Behandlungsfällen der BKK Sancura fest.
Hiergegen legte die Antragstellerin am 02.02.2007 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, sie habe alle Leistungen und Diagnosen ausreichend dokumentiert. Dies gelte auch für Befunde bzw. Ausfertigungen. Die Vorschriften der Röntgenverordnung habe sie beachtet. Soweit Röntgenbilder angefertigt worden seien, seien diese im Rahmen der medizinischen Behandlung auch notwendig gewesen. Fest sitzende Apparaturen auf Milchzähnen seien nur in Ausnahmefällen durchgeführt worden. Die medizinische Indikation habe vorgelegen. Im Vorfeld einer Behandlung lasse sich die erforderliche Mitarbeiter und die gute Mundhygiene nicht feststellen. Die Geräte setze sie selbst ein. Lediglich in Fällen, in denen die Patienten trotz mehrfacher Erinnerung nicht in der Praxis erschienen seien, habe sie letztlich die Geräte von Verwandten abholen lassen oder sie per Post verschickt. Nur auf diese Weise habe sie eine weitere Verzögerung bzw. Gefährdung des Behandlungserfolges verhindern können. Auch die Häufigkeit, mit der Apparaturen hergestellt würden, sei ihr nicht anzulasten. Hintergrund sei regelmäßig eine fehlende Mitarbeit bzw. sonstiges Verschulden der Patienten. Gleiches gelte hinsichtlich der teilweise vorgenommenen frühzeitigen Entfernung der fest sitzenden Apparaturen. Die meisten der geprüften Behandlungsfälle stammten aus Anfang der 90er Jahre. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben. Ferner nahm sie zu den Einzelfällen Stellung.
Der Beschwerdeausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen führte am 05.03.2007 eine weitere Prüfsitzung durch, an der wiederum der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin teilnahm.
Mit Beschluss vom 18.10.2006, ausgefertigt am 20.03. und der Antragstellerin am 22.03.2007 zugestellt, wies die Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin in acht Fällen zurück und gab ihm in zwei Behandlungsfällen teilweise statt. Dem Widerspruch des BKK Landesverbandes gab er in einem Fall statt und wies ihn in neun Fällen zurück. Hiergegen legte der BKK Landesverband Hessen am 11.12.2006 Widerspruch ein.
Der Beschwerdeausschuss führte in den Bescheidgründen aus, im Ergebnis habe er festgestellt, dass in Behandlungsfällen wie J. W. und S. G. keine komplette Fehlbehandlung, wie vom Prüfungsausschuss angenommen, vorgelegen habe, mit der Folge, dass eine Komplettabsetzung nicht habe aufrecht erhalten werden können. Bei der Patientin C. sei ein sonstiger Schaden festgestellt worden, es habe deshalb eine Komplettabsetzung erfolgen müssen. Die Verjährungseinrede greife nicht. Es existiere nur eine vierjährige Ausschlussfrist. Diese beginne mit Erstellung der Abschlussbescheinigung nach § 29 Abs. 3 SGB V bzw. mit der letzten Abrechnung über die KZV zu laufen. Es lägen in allen Behandlungsfällen erhebliche Dokumentationsmängel vor. Die Leistung Ä 1 "Beratung eines Kranken", die während einer kieferorthopädischen Behandlung nur abrechnet werden könne, wenn sie anderen als kieferorthopädischen Zwecken diene, sei vielfach nicht hinreichend dokumentiert worden und auch ohne dezidierte Begründung abgerechnet worden. In allen Karteikartendokumentationen hätten die erforderlichen Befunde im Zusammenhang mit der Leistung nach Position 01 gefehlt. Es fehle eine schriftliche Auswertung der OPG-Aufnahmen, ebenso der Leistung "Modellanalyse" nach Position 117. Die Vorschriften der Röntgenverordnung seien mit Blick auf die strenge Indikationsstellung bei Kindern unzureichend beachtet worden, was die auffallend hohe Anzahl von Röntgenbildern zeige. Eine Systematik bei den kieferorthopädischen Behandlungen lasse sich bereits anhand der Karteikarteneintragungen und vor allem mit Blick auf die Anfangsdiagnostik nicht erkennen. So würden Fernröntgenseitenaufnahmen nicht zeitnah mit anderen diagnostischen Maßnahmen erbracht werden. Auffallend häufig würden Apparaturen hergestellt werden. Es würden Geräte angefertigt und nicht von der Antragstellerin persönlich eingesetzt werden, vielmehr von Verwandten abgeholt oder per Post verschickt werden. Die fest sitzenden Apparaturen seien häufig in den Behandlungen zu früh entfernt und diese Form der Therapiemöglichkeit nicht voll ausgenutzt worden, was ebenfalls eine Kostenerhöhung durch die nun angefertigten herausnehmbaren Apparaturen zur Folge habe. Milchzähne seien mit fest sitzenden Apparaturen (Brackets) im Rahmen einer fest sitzenden Therapie beklebt worden, was medizinischen Grundsätzen grob widerspreche. Vor einer Behandlung mit Multiband müsse abgeklärt werden, ob die Indikation für eine fest sitzende Therapie aufgrund der dafür erforderlichen Mitarbeit des Patienten gesichert und die erforderliche Mundhygiene gegeben sei. Dies sei bei der Antragstellerin generell nicht der Fall. Teilweise seien Modelle falsch eingesockelt worden. Die Position 126 sei standardisiert 24mal berechnet worden. Sie sei auch für Zähne abgerechnet worden die mundphysisch weder als Milch- noch als bleibende Zähne vorhanden gewesen seien. Die Häufigkeit der aufgetretenen Fälle lasse sich nicht durch Zufälligkeit erklären. In allen zehn Behandlungsfällen sei die Behandlung nicht vertragsgerecht durchgeführt worden. Der Beschwerdeausschuss begründete ferner im Einzelnen die Absetzungen der zehn Behandlungsfälle.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 10.04.2007 die Klage zum Aktenzeichen S 12 KA 114/07 vor der Kammer erhoben. Die Klage ist bisher nicht begründet worden.
Am 19.07.2007 hat die Antragstellerin den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Zur Begründung trägt sie vor, die Antragsgegnerin habe mittlerweile 40.000,00 EUR von fällig gewordenen Honoraren einbehalten. Zunächst sei mit Schreiben vom 23.03.2007 der Einbehalt in Höhe von 20.000,00 EUR angekündigt worden. Weitere 20.000,00 EUR seien mit der nächsten fälligen Honorarabrechnung einbehalten worden. Es sei zunächst § 86a Abs. 1 Nr. 1 SGG zu beachten. Danach hätten Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung, es sei denn, es sei durch Bundesgesetz etwas anderes geregelt. Nach § 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V habe die Klage gegen eine vom Beschwerdeausschuss im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung festgesetzten Honorarkürzung keine aufschiebende Wirkung. Keine Regelungen fänden sich jedoch zu Arzneimittelregressen, Rückforderungen aus Plausibilitätsprüfungen, nachträglich sachlich rechnerischen Berichtigungen sowie Festsetzungen eines sonstigen Schadens. Folglich sei in diesen Fällen nach dem Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck des Gesetzes eine aufschiebende Wirkung der Klage gegeben, mit der Folge, dass der betreffende Arzt den in dem Streit stehenden Geldbetrag erst nach endgültiger Klärung des Rechtsstreits – bei negativem Ausgang – zu zahlen habe. Bei dem streitgegenständlichen Regress handele es sich aber um die Geltendmachung eines sonstigen Schadens, wie sich allein aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 23.03.2007 ergebe.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 05.04.2007 Az.: S 12 KA 114/07 – anzuordnen sowie die Vollziehung des Ausgangsbescheides vom 18.10.2006 in Form des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2007 aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, fraglich sei zunächst, ob sie überhaupt als Antragsgegnerin in Betracht komme. Der Vortrag sei unschlüssig, als ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bestätigt werde, in der Begründung selbst jedoch argumentativ bereits ein Vorliegen der aufschiebenden Wirkung behauptet werde. Zutreffend habe sie Einbehalte vorgenommen. Bezogen auf die Restzahlung des Quartals IV/06 seien Einbehalte in Höhe von 15.000,00 EUR vorgenommen worden. Im Schreiben vom 23.03.2007 habe sie die Antragstellerin hierüber informiert und angekündigt, die monatlichen Abschlagszahlungen in Höhe von 15.000,00 EUR künftig auf 10.000,00 EUR zu reduzieren. Diese Reduzierung sei beginnend mit der zweiten und dritten Abschlagszahlung im Quartal I/07 erfolgt. Der auf dem Abrechnungskonto verbliebene Differenzbetrag sei buchhalterisch später als Honorareinbehalt in Höhe von 10.000,00 EUR erfasst worden. Im Quartal II/07 seien alle drei monatlichen Abschläge nur in einer Höhe von 10.000,00 EUR ausbezahlt worden. Buchhalterisch sei im Rahmen der Restzahlungsermittlung am Quartalsende ein ansprechender Honorareinbehalt in Höhe von 50.000,00 EUR vorgenommen worden. Die aufschiebende Wirkung der Klage entfalle gemäß § 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V. Die Prüfgremien seien für die Feststellung des sonstigen Schadens zuständig. Die Anwendung des § 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V werde durch das System der gesetzlichen Regelung gestützt. Die Vorschrift diene nach der Gesetzesbegründung dazu, die finanzielle Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Leistungserbringung nicht zu gefährden. Dies müsse zwangsläufig auch für Rückzahlungsbeträge aufgrund der Feststellung eines sonstigen Schadens gelten. Die Feststellungen im angefochtenen Beschluss basierten auch auf Beanstandungen, die originär dem Bereich der Wirtschaftlichkeit zuzuordnen seien. Die Behandlungsweise sei durch ein signifikant unwirtschaftliches Vorgehen geprägt gewesen. Die Beanstandungen wiesen eindeutig auf Problematiken hin, die dem originären Kernbereich einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zuzuordnen seien. Die Einbehalte seien in angemessenen Teilbeträgen erfolgt. Eine Existenzgefährdung der Antragstellerin sei nicht zu befürchten. Die Einbehalte seien auch im Interesse der Antragstellerin, weil bei dem Beschwerdeausschuss noch weitere Verfahren anhängig seien, denen der Prüfungsausschuss bislang Rückforderungen bis hin zu 400.000,00 EUR ausgesprochen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verfahrensakte mit Aktenzeichen S 12 KA 114/07 nebst der ebf. beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist grundsätzlich zulässig.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs auch feststellen, wenn die Behörde sie missachtet (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.01.2004 - L 11 B 17/03 KA ER – Breithaupt 2004, 263, zitiert nach juris Rdnr. 17). Der Antrag war daher dahingehend auszulegen, dass die Antragstellerin die Feststellung der aufschiebenden Wirkung begehrt.
Die Klage der Antragstellerin hat nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Die Antragsgegnerin geht aber irrtümlich davon aus, dies sei nicht der Fall. Die Antragsgegnerin ist auch die richtige Antragsgegnerin, da sie die Einbehalte vornimmt und hierfür auch zuständig ist, solange die Antragstellerin zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen ist.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch begründet.
Die Klage der Antragstellerin hat nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nicht nach § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V. Danach haben Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung keine aufschiebende Wirkung.
Unter "Honorarfestsetzung" ist nur die Festsetzung des Honorars, insbesondere auch ihre Änderung oder Aufhebung zu verstehen. Bescheide über die Honorarfestsetzung sind neben der vorläufigen und endgültigen Honorarfestsetzung auch die sachlich-rechnerische Richtigstellung und die hierauf fußende Honorarrückforderung einschließlich der Verrechnung solcher Forderungen mit dem Honoraranspruch. Allen diesen Entscheidungen ist gemeinsam, dass eine Regelung über die Honorierung von Art und Umfang der vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen im Rahmen der Verteilung der Gesamtvergütung getroffen wird (vgl. § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Indem der Gesetzgeber den Rechtsbehelfen gegen solche Entscheidungen die aufschiebende Wirkung versagt hat, wollte er die finanzielle Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Leistungserbringung gewährleisten. Insbesondere im Fall massenhaft erhobener Widersprüche gegen Regelungen in Bewertungs- oder Honorarverteilungsmaßstäben könnte es andernfalls zu Liquiditätsengpässen kommen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, aaO., juris Rdnr. 39 f.). Regressbescheide fallen hierunter nicht.
Die aufschiebende Wirkung entfällt auch nicht nach § 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V. Danach hat die Klage gegen eine vom Beschwerdeausschuss festgesetzte Honorarkürzung keine aufschiebende Wirkung. Der Gesetzgeber hat diese Regelung ausdrücklich auf eine "Honorarkürzung" beschränkt. Damit werden nur Honorarberichtigungen aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung der vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen erfasst, nicht aber Bescheide über Arzneimittelregresse oder eines sonstigen Schadens (vgl. Engelhard, in: Hauck/Haines, SGB V, § 106, Rdnr. 631). Der Gesetzgeber hätte andernfalls eine aufschiebende Wirkung für alle Klagen gegen Entscheidungen oder Beschlüsse des Beschwerdeausschusses ausschließen müssen. Die Beschränkung auf die Kürzungen der vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen korreliert insofern mit § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V, als auf unwirtschaftliche Leistungen kein Honoraranspruch besteht und der Honoraranspruch zunächst allein auf Angaben des Vertrags(zahn)arztes beruht. Stellt eine Behörde fest, dass dieser Honoraranspruch nicht oder nicht in voller Höhe besteht, so mutet es der Gesetzgeber dem Vertrags(zahn)arzt zu, den strittigen Betrag erst nach einer bestandskräftigen Honorarfestsetzung bzw. erfolgreichen Klage zu erhalten. Anders ist dies bei Regressbescheiden, bei denen ein Schadensersatz durch Verwaltungsakt geltend gemacht wird. In diesen Fällen soll ein Vertrags(zahn)arzt offensichtlich nicht schlechter gestellt werden als die übrigen Bürger.
Bei der Festsetzung des Regressbetrages im Beschluss des Beschwerdeausschusses vom 18.10.2006 handelt es sich um einen Regress wegen eines sonstigen Schadens. Hierauf hat bereits der BKK Landesverband Hessen in seinem Schreiben vom 30.03.2003 abgestellt. Der Prüfungsausschuss hält sich für die Feststellung eines sonstigen Schadens auf Seite 2 seines Beschlusses ausdrücklich für zuständig. Der Antragsgegner stellt ebf. fest, er habe bei der Patientin G. einen sonstigen Schaden festgestellt (vgl. Beschluss Seite 4). Grundlage seiner Festsetzung war auch nicht die Unwirtschaftlichkeit der Behandlung, sondern die nicht vertragsgerechte Durchführung der Behandlung (vgl. Beschluss Seite 5). Entsprechend werden bei den einzelnen Absetzungen die Mängel der Behandlung erläutert und erfolgt auch eine Absetzung der Sachkosten.
Angesichts der von der Antragsgegnerin nicht beachteten aufschiebenden Wirkung der Klage kommt es auf einen Anordnungsgrund nicht mehr an. An das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sind dann nur minimale Anforderungen zu stellen. Eine Einkommensminderung in Höhe der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Honorareinbehalte ist nicht unerheblich.
Nach allem war dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.
Für das Klage- und Antragsverfahren gilt das Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718, da der Antrag nach dem 30.06.2004 anhängig wurde (vgl. § 72 Nr. 1 GKG).
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Im Hinblick auf das einstweilige Anordnungsverfahren war von einem Drittel des strittigen Regressbetrages in Höhe von 43.379,35 Euro auszugehen. Dies ergab den festgesetzten Wert.
2. Die Verfahrenskosten hat die Antragsgegnerin zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 14.459,78 EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Regressbescheid.
Die Antragstellerin ist als Kieferorthopädin zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in B-Stadt zugelassen. Am 30.03.2003 bat der BKK Landesverband Hessen um Prüfung und ggf. Feststellung eines sonstigen Schadens. Es sei bei Durchsicht der Behandlungsfälle aufgefallen, dass zum einen die Material- und Laborkosten erheblich überschritten worden seien. Darüber hinaus seien Leistungen abgerechnet worden, für die der Antragstellerin keinerlei Genehmigung vorgelegen habe. Ferner erschienen die Abrechnungen der Bema-Position Ä 1 nicht in jedem Fall gerechtfertigt, da neben einer Sonderleistung eine Abrechnung zusätzlich einer 01 im selben Quartal ausgeschlossen sei. Zu vermuten sei, dass diese Ungereimtheit auch in weiteren Quartalen vorkomme. Beigefügt war dem Schreiben eine Patientenliste mit 27 Namen. Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen – Hessen – führte am 18.10.2006 eine Prüfsitzung durch, an der der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin teilnahm. Mit Bescheid vom 18.10.2006 setzte der Prüfungsausschuss eine Honorarberichtigung, vorbehaltlich der bei Verbuchung des Bescheides zu berücksichtigenden HVM- und Degressionseinbehalte, in Höhe von insgesamt 46.582,77 EUR in zehn Behandlungsfällen der BKK Sancura fest.
Hiergegen legte die Antragstellerin am 02.02.2007 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, sie habe alle Leistungen und Diagnosen ausreichend dokumentiert. Dies gelte auch für Befunde bzw. Ausfertigungen. Die Vorschriften der Röntgenverordnung habe sie beachtet. Soweit Röntgenbilder angefertigt worden seien, seien diese im Rahmen der medizinischen Behandlung auch notwendig gewesen. Fest sitzende Apparaturen auf Milchzähnen seien nur in Ausnahmefällen durchgeführt worden. Die medizinische Indikation habe vorgelegen. Im Vorfeld einer Behandlung lasse sich die erforderliche Mitarbeiter und die gute Mundhygiene nicht feststellen. Die Geräte setze sie selbst ein. Lediglich in Fällen, in denen die Patienten trotz mehrfacher Erinnerung nicht in der Praxis erschienen seien, habe sie letztlich die Geräte von Verwandten abholen lassen oder sie per Post verschickt. Nur auf diese Weise habe sie eine weitere Verzögerung bzw. Gefährdung des Behandlungserfolges verhindern können. Auch die Häufigkeit, mit der Apparaturen hergestellt würden, sei ihr nicht anzulasten. Hintergrund sei regelmäßig eine fehlende Mitarbeit bzw. sonstiges Verschulden der Patienten. Gleiches gelte hinsichtlich der teilweise vorgenommenen frühzeitigen Entfernung der fest sitzenden Apparaturen. Die meisten der geprüften Behandlungsfälle stammten aus Anfang der 90er Jahre. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben. Ferner nahm sie zu den Einzelfällen Stellung.
Der Beschwerdeausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen führte am 05.03.2007 eine weitere Prüfsitzung durch, an der wiederum der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin teilnahm.
Mit Beschluss vom 18.10.2006, ausgefertigt am 20.03. und der Antragstellerin am 22.03.2007 zugestellt, wies die Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin in acht Fällen zurück und gab ihm in zwei Behandlungsfällen teilweise statt. Dem Widerspruch des BKK Landesverbandes gab er in einem Fall statt und wies ihn in neun Fällen zurück. Hiergegen legte der BKK Landesverband Hessen am 11.12.2006 Widerspruch ein.
Der Beschwerdeausschuss führte in den Bescheidgründen aus, im Ergebnis habe er festgestellt, dass in Behandlungsfällen wie J. W. und S. G. keine komplette Fehlbehandlung, wie vom Prüfungsausschuss angenommen, vorgelegen habe, mit der Folge, dass eine Komplettabsetzung nicht habe aufrecht erhalten werden können. Bei der Patientin C. sei ein sonstiger Schaden festgestellt worden, es habe deshalb eine Komplettabsetzung erfolgen müssen. Die Verjährungseinrede greife nicht. Es existiere nur eine vierjährige Ausschlussfrist. Diese beginne mit Erstellung der Abschlussbescheinigung nach § 29 Abs. 3 SGB V bzw. mit der letzten Abrechnung über die KZV zu laufen. Es lägen in allen Behandlungsfällen erhebliche Dokumentationsmängel vor. Die Leistung Ä 1 "Beratung eines Kranken", die während einer kieferorthopädischen Behandlung nur abrechnet werden könne, wenn sie anderen als kieferorthopädischen Zwecken diene, sei vielfach nicht hinreichend dokumentiert worden und auch ohne dezidierte Begründung abgerechnet worden. In allen Karteikartendokumentationen hätten die erforderlichen Befunde im Zusammenhang mit der Leistung nach Position 01 gefehlt. Es fehle eine schriftliche Auswertung der OPG-Aufnahmen, ebenso der Leistung "Modellanalyse" nach Position 117. Die Vorschriften der Röntgenverordnung seien mit Blick auf die strenge Indikationsstellung bei Kindern unzureichend beachtet worden, was die auffallend hohe Anzahl von Röntgenbildern zeige. Eine Systematik bei den kieferorthopädischen Behandlungen lasse sich bereits anhand der Karteikarteneintragungen und vor allem mit Blick auf die Anfangsdiagnostik nicht erkennen. So würden Fernröntgenseitenaufnahmen nicht zeitnah mit anderen diagnostischen Maßnahmen erbracht werden. Auffallend häufig würden Apparaturen hergestellt werden. Es würden Geräte angefertigt und nicht von der Antragstellerin persönlich eingesetzt werden, vielmehr von Verwandten abgeholt oder per Post verschickt werden. Die fest sitzenden Apparaturen seien häufig in den Behandlungen zu früh entfernt und diese Form der Therapiemöglichkeit nicht voll ausgenutzt worden, was ebenfalls eine Kostenerhöhung durch die nun angefertigten herausnehmbaren Apparaturen zur Folge habe. Milchzähne seien mit fest sitzenden Apparaturen (Brackets) im Rahmen einer fest sitzenden Therapie beklebt worden, was medizinischen Grundsätzen grob widerspreche. Vor einer Behandlung mit Multiband müsse abgeklärt werden, ob die Indikation für eine fest sitzende Therapie aufgrund der dafür erforderlichen Mitarbeit des Patienten gesichert und die erforderliche Mundhygiene gegeben sei. Dies sei bei der Antragstellerin generell nicht der Fall. Teilweise seien Modelle falsch eingesockelt worden. Die Position 126 sei standardisiert 24mal berechnet worden. Sie sei auch für Zähne abgerechnet worden die mundphysisch weder als Milch- noch als bleibende Zähne vorhanden gewesen seien. Die Häufigkeit der aufgetretenen Fälle lasse sich nicht durch Zufälligkeit erklären. In allen zehn Behandlungsfällen sei die Behandlung nicht vertragsgerecht durchgeführt worden. Der Beschwerdeausschuss begründete ferner im Einzelnen die Absetzungen der zehn Behandlungsfälle.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 10.04.2007 die Klage zum Aktenzeichen S 12 KA 114/07 vor der Kammer erhoben. Die Klage ist bisher nicht begründet worden.
Am 19.07.2007 hat die Antragstellerin den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Zur Begründung trägt sie vor, die Antragsgegnerin habe mittlerweile 40.000,00 EUR von fällig gewordenen Honoraren einbehalten. Zunächst sei mit Schreiben vom 23.03.2007 der Einbehalt in Höhe von 20.000,00 EUR angekündigt worden. Weitere 20.000,00 EUR seien mit der nächsten fälligen Honorarabrechnung einbehalten worden. Es sei zunächst § 86a Abs. 1 Nr. 1 SGG zu beachten. Danach hätten Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung, es sei denn, es sei durch Bundesgesetz etwas anderes geregelt. Nach § 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V habe die Klage gegen eine vom Beschwerdeausschuss im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung festgesetzten Honorarkürzung keine aufschiebende Wirkung. Keine Regelungen fänden sich jedoch zu Arzneimittelregressen, Rückforderungen aus Plausibilitätsprüfungen, nachträglich sachlich rechnerischen Berichtigungen sowie Festsetzungen eines sonstigen Schadens. Folglich sei in diesen Fällen nach dem Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck des Gesetzes eine aufschiebende Wirkung der Klage gegeben, mit der Folge, dass der betreffende Arzt den in dem Streit stehenden Geldbetrag erst nach endgültiger Klärung des Rechtsstreits – bei negativem Ausgang – zu zahlen habe. Bei dem streitgegenständlichen Regress handele es sich aber um die Geltendmachung eines sonstigen Schadens, wie sich allein aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 23.03.2007 ergebe.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 05.04.2007 Az.: S 12 KA 114/07 – anzuordnen sowie die Vollziehung des Ausgangsbescheides vom 18.10.2006 in Form des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2007 aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, fraglich sei zunächst, ob sie überhaupt als Antragsgegnerin in Betracht komme. Der Vortrag sei unschlüssig, als ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bestätigt werde, in der Begründung selbst jedoch argumentativ bereits ein Vorliegen der aufschiebenden Wirkung behauptet werde. Zutreffend habe sie Einbehalte vorgenommen. Bezogen auf die Restzahlung des Quartals IV/06 seien Einbehalte in Höhe von 15.000,00 EUR vorgenommen worden. Im Schreiben vom 23.03.2007 habe sie die Antragstellerin hierüber informiert und angekündigt, die monatlichen Abschlagszahlungen in Höhe von 15.000,00 EUR künftig auf 10.000,00 EUR zu reduzieren. Diese Reduzierung sei beginnend mit der zweiten und dritten Abschlagszahlung im Quartal I/07 erfolgt. Der auf dem Abrechnungskonto verbliebene Differenzbetrag sei buchhalterisch später als Honorareinbehalt in Höhe von 10.000,00 EUR erfasst worden. Im Quartal II/07 seien alle drei monatlichen Abschläge nur in einer Höhe von 10.000,00 EUR ausbezahlt worden. Buchhalterisch sei im Rahmen der Restzahlungsermittlung am Quartalsende ein ansprechender Honorareinbehalt in Höhe von 50.000,00 EUR vorgenommen worden. Die aufschiebende Wirkung der Klage entfalle gemäß § 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V. Die Prüfgremien seien für die Feststellung des sonstigen Schadens zuständig. Die Anwendung des § 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V werde durch das System der gesetzlichen Regelung gestützt. Die Vorschrift diene nach der Gesetzesbegründung dazu, die finanzielle Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Leistungserbringung nicht zu gefährden. Dies müsse zwangsläufig auch für Rückzahlungsbeträge aufgrund der Feststellung eines sonstigen Schadens gelten. Die Feststellungen im angefochtenen Beschluss basierten auch auf Beanstandungen, die originär dem Bereich der Wirtschaftlichkeit zuzuordnen seien. Die Behandlungsweise sei durch ein signifikant unwirtschaftliches Vorgehen geprägt gewesen. Die Beanstandungen wiesen eindeutig auf Problematiken hin, die dem originären Kernbereich einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zuzuordnen seien. Die Einbehalte seien in angemessenen Teilbeträgen erfolgt. Eine Existenzgefährdung der Antragstellerin sei nicht zu befürchten. Die Einbehalte seien auch im Interesse der Antragstellerin, weil bei dem Beschwerdeausschuss noch weitere Verfahren anhängig seien, denen der Prüfungsausschuss bislang Rückforderungen bis hin zu 400.000,00 EUR ausgesprochen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verfahrensakte mit Aktenzeichen S 12 KA 114/07 nebst der ebf. beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist grundsätzlich zulässig.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs auch feststellen, wenn die Behörde sie missachtet (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.01.2004 - L 11 B 17/03 KA ER – Breithaupt 2004, 263, zitiert nach juris Rdnr. 17). Der Antrag war daher dahingehend auszulegen, dass die Antragstellerin die Feststellung der aufschiebenden Wirkung begehrt.
Die Klage der Antragstellerin hat nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Die Antragsgegnerin geht aber irrtümlich davon aus, dies sei nicht der Fall. Die Antragsgegnerin ist auch die richtige Antragsgegnerin, da sie die Einbehalte vornimmt und hierfür auch zuständig ist, solange die Antragstellerin zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen ist.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch begründet.
Die Klage der Antragstellerin hat nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nicht nach § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V. Danach haben Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung keine aufschiebende Wirkung.
Unter "Honorarfestsetzung" ist nur die Festsetzung des Honorars, insbesondere auch ihre Änderung oder Aufhebung zu verstehen. Bescheide über die Honorarfestsetzung sind neben der vorläufigen und endgültigen Honorarfestsetzung auch die sachlich-rechnerische Richtigstellung und die hierauf fußende Honorarrückforderung einschließlich der Verrechnung solcher Forderungen mit dem Honoraranspruch. Allen diesen Entscheidungen ist gemeinsam, dass eine Regelung über die Honorierung von Art und Umfang der vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen im Rahmen der Verteilung der Gesamtvergütung getroffen wird (vgl. § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Indem der Gesetzgeber den Rechtsbehelfen gegen solche Entscheidungen die aufschiebende Wirkung versagt hat, wollte er die finanzielle Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Leistungserbringung gewährleisten. Insbesondere im Fall massenhaft erhobener Widersprüche gegen Regelungen in Bewertungs- oder Honorarverteilungsmaßstäben könnte es andernfalls zu Liquiditätsengpässen kommen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, aaO., juris Rdnr. 39 f.). Regressbescheide fallen hierunter nicht.
Die aufschiebende Wirkung entfällt auch nicht nach § 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V. Danach hat die Klage gegen eine vom Beschwerdeausschuss festgesetzte Honorarkürzung keine aufschiebende Wirkung. Der Gesetzgeber hat diese Regelung ausdrücklich auf eine "Honorarkürzung" beschränkt. Damit werden nur Honorarberichtigungen aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung der vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen erfasst, nicht aber Bescheide über Arzneimittelregresse oder eines sonstigen Schadens (vgl. Engelhard, in: Hauck/Haines, SGB V, § 106, Rdnr. 631). Der Gesetzgeber hätte andernfalls eine aufschiebende Wirkung für alle Klagen gegen Entscheidungen oder Beschlüsse des Beschwerdeausschusses ausschließen müssen. Die Beschränkung auf die Kürzungen der vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen korreliert insofern mit § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V, als auf unwirtschaftliche Leistungen kein Honoraranspruch besteht und der Honoraranspruch zunächst allein auf Angaben des Vertrags(zahn)arztes beruht. Stellt eine Behörde fest, dass dieser Honoraranspruch nicht oder nicht in voller Höhe besteht, so mutet es der Gesetzgeber dem Vertrags(zahn)arzt zu, den strittigen Betrag erst nach einer bestandskräftigen Honorarfestsetzung bzw. erfolgreichen Klage zu erhalten. Anders ist dies bei Regressbescheiden, bei denen ein Schadensersatz durch Verwaltungsakt geltend gemacht wird. In diesen Fällen soll ein Vertrags(zahn)arzt offensichtlich nicht schlechter gestellt werden als die übrigen Bürger.
Bei der Festsetzung des Regressbetrages im Beschluss des Beschwerdeausschusses vom 18.10.2006 handelt es sich um einen Regress wegen eines sonstigen Schadens. Hierauf hat bereits der BKK Landesverband Hessen in seinem Schreiben vom 30.03.2003 abgestellt. Der Prüfungsausschuss hält sich für die Feststellung eines sonstigen Schadens auf Seite 2 seines Beschlusses ausdrücklich für zuständig. Der Antragsgegner stellt ebf. fest, er habe bei der Patientin G. einen sonstigen Schaden festgestellt (vgl. Beschluss Seite 4). Grundlage seiner Festsetzung war auch nicht die Unwirtschaftlichkeit der Behandlung, sondern die nicht vertragsgerechte Durchführung der Behandlung (vgl. Beschluss Seite 5). Entsprechend werden bei den einzelnen Absetzungen die Mängel der Behandlung erläutert und erfolgt auch eine Absetzung der Sachkosten.
Angesichts der von der Antragsgegnerin nicht beachteten aufschiebenden Wirkung der Klage kommt es auf einen Anordnungsgrund nicht mehr an. An das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sind dann nur minimale Anforderungen zu stellen. Eine Einkommensminderung in Höhe der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Honorareinbehalte ist nicht unerheblich.
Nach allem war dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.
Für das Klage- und Antragsverfahren gilt das Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718, da der Antrag nach dem 30.06.2004 anhängig wurde (vgl. § 72 Nr. 1 GKG).
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Im Hinblick auf das einstweilige Anordnungsverfahren war von einem Drittel des strittigen Regressbetrages in Höhe von 43.379,35 Euro auszugehen. Dies ergab den festgesetzten Wert.
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