Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AL 1998/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 677/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2003 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in keiner Gerichtsinstanz zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosengeld nebst Versicherungsbeiträgen im Streit, welches die Beklagte in der Zeit vom 19.08.1999 bis 30.05.2000 dem früheren Arbeitnehmer der Klägerin B. R. (AN) gezahlt hat.
Der am 19.08.1941 geborene AN war seit dem 06.05.1968 bei der Klägerin beschäftigt, zuletzt als Werkstatthelfer. Das Arbeitsverhältnis endete durch Auflösungsvertrag zum 28.12.1997. Nach Ablauf einer Sperrzeit bewilligt die Beklagte AN Arbeitslosengeld vom 27.07.1998 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 30.05.2000. Anschlussarbeitslosenhilfe bezog AN nicht. Seit dem 01.09.2001 bezog AN eine Altersrente für Schwerbehinderte.
In seinem Antrag auf Arbeitslosengeld gab AN an, seine Vermittlungsfähigkeit sei eingeschränkt. Demgegenüber gab er in seiner Stellungnahme zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses an, gesundheitliche Gründe für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses hätten nicht vorgelegen. In der von der Klägerin erteilten Arbeitsbescheinigung ist keine Unterbrechung des Bezugs von Arbeitsentgelt mit einer Dauer von mehr als 4 Wochen vermerkt. In den Jahren 1990 bis 1992 bezog der Kläger indes mehrfach für mehrere Wochen Krankengeld. Der Beklagten lag ein Attest des Hausarztes S. S. vom 18.12.1997 vor, wonach bei dem Kläger eine Alkoholkrankheit bei Abstinenz seit 1981, eine äthylische Leberzirrhose, chronische Pankreatitis, ein chronisches degeneratives WS-Syndrom mit ausgeprägter Kyphose und Spondylose, eine Coxarthrose beidseits, ein Verdacht auf eine rheumatoide Oligoarthritis, ein Zustand nach Urolithiasis 1988 sowie eine benigne Prostatahyperplasie vorliegen. Es bestehe eine MdE um 50%.
Ab dem 27.01.1998 war AN im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthaltes arbeitsunfähig. Er meldete sich am 06.02.1998 wieder arbeitsfähig. Der von der Beklagten hinzugezogene Amtsarzt Dr. H. stellte in seinem Gutachten vom 16.02.1998 fest, dass aus medizinischer Sicht die Arbeitsaufgabe nicht berechtigt gewesen sei. Der Kläger könne mit den festgestellten Befunden, wozu Dr. H. auf das hausärztliche Attest verwies, noch vollschichtig in Tag- sowie Früh- und Spätschicht leichte Arbeiten im Stehen, Sitzen oder Gehen sowie zeitweise mittelschwere Arbeiten verrichten. Auszuschließen seien lediglich Arbeiten mit häufigem Bücken sowie Arbeiten in Zwangshaltungen. AN habe die letzte Tätigkeit als Werkstatthelfer mit leichter körperlicher Arbeit im Wechsel zwischen Sitzen und Gehen beschrieben. Er habe Material ausgegeben, Botengänge erledigt und Kleinteile mit einem Lastenfahrrad befördert. Häufiges Treppenlaufen sei nicht nötig gewesen, da er Aufzüge benutzt habe.
AN teilte der Beklagten auf Anfrage mit Schreiben vom 08.01.2001 mit, dass er in den letzten zwei Jahren seines Beschäftigungsverhältnisses keine krankheitsbedingten Fehlzeiten gehabt habe. Er habe in dieser Zeit auch weder Krankengeld, Versorgungskrankengeld oder Verletztengeld bezogen. Gesundheitliche Gründe seien für die Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses nicht maßgeblich gewesen. Eine Weiterbeschäftigung auf dem letzten Arbeitsplatz sei möglich gewesen. Dementsprechend seien auch keine weiteren haus-, fach-, oder betriebsärztlichen Feststellungen getroffen worden. Die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses sei ihm auch nicht ärztlich empfohlen worden. Auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses habe er weder Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Rente für Bergleute, Altersrente oder sonstige ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art beantragt.
Mit Schreiben vom 08.01.2001 hörte die Beklagte daraufhin die Klägerin im Hinblick auf die Erstattungspflicht des Arbeitgebers gem. § 128 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) an und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. In der Zeit vom 19.08.1999 bis zum 30.05.2000 seien Leistungen in Höhe von insgesamt 31.506,76 DM (Arbeitslosengeld zzgl. Sozialversicherungsbeiträgen) erbracht worden. Nachdem die Klägerin sich hierzu nicht geäußert hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 20.02.2001 die Erstattungspflicht bezüglich des festgestellten Betrages wegen der mit AN geschlossenen Aufhebungsvereinbarung fest. Umstände, die nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 oder Abs. 2 Nr. 1 oder 2 AFG den Nichteintritt der Erstattungspflicht rechtfertigten, seien weder vorgetragen noch nach Aktenlage erkennbar.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, über den Gesundheitszustand des AN seit seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis keine Angaben machen zu können, und bat um das Ruhendstellen des Verfahrens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2001 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat über ihre Bevollmächtigten am 20.04.2001 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und gleichzeitig das Ruhen des Verfahrens beantragt. Es werde weiterhin die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift des § 128 AFG insgesamt verfassungswidrig sei. Im Hinblick auf anhängige Musterverfahren sei das Ruhen zweckmäßig. Die Beklagte trat dem Ruhen entgegen und verwies darauf, dass ihrer Auffassung nach die maßgeblichen Rechtsfragen durch das Bundessozialgericht (BSG) geklärt seien.
Das SG hat mit dem Einverständnis des AN den Hausarzt S. S. angehört. In dessen sachverständiger Zeugenaussage vom 01.10.2001 ist angegeben, dass bei AN aufgrund der mitgeteilten Befunde ein chronisches Schmerzbild vorgelegen habe, welches während der regelmäßigen Arztbesuche nicht explizit angesprochen worden sei. Wäre im August 1999 die Einschätzung nach der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt notwendig gewesen, hätte er AN eine vorzeitige Berentung empfohlen. Die Beklagte teilte mit, dass sie die von dem Hausarzt S. S. im Nachhinein genannten Zeiten von Arbeitsunfähigkeit vom 07.01. bis zum 12.01.2000, vom 05.04. bis zum 14.04.2000 und vom 11.05. bis zum 20.05.2000 als Unterbrechungszeiten berücksichtigt und aus der geltend gemachten Erstattungsforderung herausgenommen habe, wozu sie auf ihren entsprechenden Änderungsbescheid vom 29.11.2001 verwies. In diesem Bescheid wird der Erstattungsbetrag wegen der neu mitgeteilten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit auf insgesamt 29.540,59 DM reduziert.
Der ergänzend vom SG gehörte Hausarzt S. S. teilte am 08.05.2002 mit, dass sich die von ihm mitgeteilte Einschränkung der Leistungsfähigkeit des AN auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bezogen habe. Die geringe Anzahl von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von lediglich 38 Tagen in den letzten beiden Beschäftigungsjahren führe er auf die positive Arbeitseinstellung des AN trotz der ausgeprägten Beschwerden zurück. Dem Schreiben des Hausarztes waren weitere Arztbriefe beigefügt, auf die Bezug genommen wird.
Mit Urteil vom 24.04.2003 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2001 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.11.2001 aufgehoben. Zwar bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 128 AFG als solche (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 03.12.1998 – B 7 AL 110/97 R –). Allerdings könne nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass der Ausschlussgrund des § 128 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. AFG (anderweitige Sozialleistungsberechtigung) im streitbefangenen Zeitraum vorliege. Der behandelnde Arzt S. S. hätte nach eigener Aussage eine vorzeitige Berentung empfohlen, wenn er im Erstattungszeitraum danach gefragt worden wäre. Auch auf nochmalige Nachfrage habe der Arzt S. S. an dieser Einschätzung aufgrund der chronischen Erkrankungen des AN festgehalten und insbesondere ausgeführt, dass die im Vergleich geringen Fehlzeiten im Beschäftigungsverhältnis im Wesentlichen auf der positiven Einstellung des AN gegenüber seiner Arbeit beruht hätten, jedoch nicht mit seinem Gesundheitszustand im Einklang gestanden hätten. Die Kammer sei zwar nicht der Überzeugung, dass sicher vom Bestehen eines Erwerbsminderungsrentenanspruches ausgegangen werden könne. Das Gegenteil könne jedoch ebenso wenig sicher ausgeschlossen werden. Im Zweifelsfall habe jedoch die Beklagte die Beweislast dafür zu tragen, dass keine anderweitige Sozialleistungsberechtigung bestanden habe. Dieser Nachweis habe zur Überzeugung der Kammer nicht geführt werden können. Das Urteil des SG wurde der Beklagten am 12.05.2003 zugestellt.
Die Beklagte hat am 26.05.2003 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die bloße Aussage des Hausarztes S. S., dass er gegebenenfalls eine Rente wegen Erwerbsminderung empfohlen hätte, könne nicht zum Ausschluss der Erstattungspflicht führen. Das SG habe eine Überprüfung dieser Empfehlung nicht vorgenommen, obwohl diese Aussagen erstmalig im Klageverfahren vorgetragen worden seien. Während des Zeitraums der Leistungsgewährung habe die Beklagte zu keinem Zeitpunkt Veranlassung gehabt, anzunehmen, dass sich die Leistungsfähigkeit des AN wesentlich verschlechtert habe. Im Gegenteil habe AN noch am 08.01.2001 erklärt, er hätte seine letzte Beschäftigung auch weiterhin ausüben können.
Die Klägerin übersandte daraufhin eine Beschreibung des Arbeitsplatzes, an dem AN zuletzt tätig gewesen ist. Es habe sich um die Materialbereitstellung für Montagebänder, wie z. B. Drehmomentschlüssel, Arbeitskleidung und Schreibutensilien gehandelt. Die Arbeiten seien in Werkhallen und geschlossenen Räumen in Tagschicht als überwiegend leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten ausgeführt worden. Überwiegend sei die Arbeit im Stehen verrichtet worden. Als besondere Belastungen hätten Staub, Rauch, Gase und Dämpfe sowie Lärm und das Heben und Tragen von Lasten bis zu 15 kg vorgelegen. Als Hilfsmittel habe dem AN ein Transportwagen zur Verfügung gestanden.
Das Landessozialgericht hat daraufhin den Internisten Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In dem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 10.09.2004 sind folgende Befunde angegeben: Inaktive Leberzirrhose, Fettleber (sonographisch), Neigung zu Pankreatitis (letztmalig 1998) ohne Hinweis auf chronische Pankreatitis oder Pankreasinsuffizienz im Zeitraum 19.08.1999 bis 30.05.2000 oder auch später, Neigung zu Gastritis, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie der Hüftgelenke ohne Hinweise auf ein diesbezüglich begründbares quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen im Bereich leichter körperlicher Arbeiten. Eine relevante organische Herzerkrankung habe ausgeschlossen werden können. Die genannten Gesundheitsstörungen hätten im Leistungsbereich leichter körperlicher Arbeiten keine rentenrelevanten Auswirkungen gehabt. AN sei in der Lage gewesen, sowohl auf dem letzten Arbeitsplatz bei der Klägerin als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine leichte Tätigkeit vollschichtig auszuüben. Auch mittelschwere körperliche Arbeiten im Gehen oder Stehen oder im Sitzen unter Vermeidung von häufigem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg seien möglich gewesen. Mittelschwere körperliche Arbeiten seien in Belastungsspitzen von weniger als 3 Stunden arbeitstäglich zumutbar gewesen. Arbeiten mit Einwirkung von Kälte oder Nässe seien auszuschließen gewesen.
Ergänzend teilte auf Nachfrage der Klägerin der Gutachter am 02.12.2004 mit, dass bei AN ein Leistungsvermögen für leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten vorgelegen habe. Das Heben oder Tragen von Lasten habe sich dabei auf die vollschichtige Ausübung leichter körperlicher Arbeiten bezogen. Im Rahmen der Belastungsspitzen mit Verrichtung mittelschwerer körperlicher Arbeiten hätten auch Lasten über 15 kg angehoben werden können.
Anschließend wurde das Berufungsverfahren wegen der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren mit den Aktenzeichen 1 BvR 620/01 und 1 BvR 846/02 zum Ruhen gebracht. Am 07.02.2007 hat die Klägerin das Verfahren unter den aktuellen Aktenzeichen wieder angerufen.
Die Beklagte ist der Auffassung, das SG habe unzureichend Beweis erhoben. Durch das vom Landessozialgericht eingeholte Gutachten des Dr. S. sei nun nachgewiesen, dass ein Ausnahmetatbestand für die Erstattungspflicht der Beklagten nicht vorliege.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Das vom Landessozialgericht eingeholte Gutachten des Dr. S. sei in sich widersprüchlich und nicht überzeugend. Vielmehr sei von der Richtigkeit der Ausführungen des Hausarztes S. S. auszugehen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Akten des SG und die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist begründet. Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Rechtsgrundlage der Erstattungspflicht ist § 128 AFG in der bis zum 31.03.1997 gültig gewesenen Fassung. Diese Vorschrift ist vorliegend gem. § 431 SGB III in Verbindung mit §§ 242 x Abs. 6 AFG auch nach Inkrafttreten des AFRG am 01.04.1997 und nach Außerkrafttreten des AFG ab 01.01.1998 weiter anzuwenden, denn AN war innerhalb der Rahmenfrist mehr als 360 Kalendertage vor dem 01.04.1997 bei der Klägerin beitragspflichtig beschäftigt.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 128 AFG als solche bestehen nach gefestigter Rechtsprechung des BSG nicht, dies gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 99, 202) zur Erstattungspflicht bei einer Konkurrenzklausel (SozR 3-4100 § 128 Nr 12; vgl. auch BSG, Urteil vom 13.07.2006 - B 7a AL 32/05 R -, SozR 4-4100 § 128 Nr. 5).
Der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs. 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, erstattet der Bundesanstalt vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage (§ 128 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz AFG).
Diese positiven Erstattungsvoraussetzungen sind erfüllt. AN ist weitaus mehr als 720 Kalendertage in den letzten vier Jahren vor dem 29.12.1997, an dem nach Eintritt seiner Arbeitslosigkeit die grundsätzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt gewesen sind, beitragspflichtig bei der Klägerin beschäftigt gewesen. Er hat am 19.08.1999 sein 58. Lebensjahr vollendet.
Die negativen Erstattungsvoraussetzungen des § 128 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. AFG sind nicht erfüllt. Die Erstattungspflicht tritt hiernach nicht ein, wenn das Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 56. Lebensjahres des Arbeitslosen beendet worden ist oder der Arbeitslose die Voraussetzungen für eine der in § 118 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 AFG genannten Leistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt.
AN hat im Erstattungszeitraum keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 AFG gehabt. Er hat auch kein Arbeitslosengeld nach § 105 b AFG bezogen, welches der Sache nach als Krankengeld anzusehen ist (hierzu Pawlak in Hennig, SGB III, § 147a Rz. 171 ff.). Die Anhörung des AN und die weitergehenden Ermittlungen des SG durch Anhörung des Hausarztes S. S. haben ergeben, dass über die von der Beklagten mit Änderungsbescheid vom 29.11.2001 berücksichtigen Zeiten hinausgehend keine Krankheitszeiten vorgelegen haben.
Anspruch auf Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit (§ 118 Abs. 1 Nr. 3 AFG) hat AN genauso wenig gehabt wie auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Auch dies folgt aus seinen Angaben, den vom SG getätigten medizinischen Ermittlungen sowie aus dem vom Landessozialgericht eingeholt Gutachten des Dr. S ... Danach konnte AN die von ihm zuletzt für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Werkstatthelfer und in der Materialausgabe im streitgegenständlichen Zeitraum noch vollschichtig ausüben, was die Gewährung von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum ausschloss.
Der Senat hält das ausführliche Gutachten des Dr. S. für schlüssig und überzeugend. Zwar hat das Gutachten des Dr. S. zunächst hinsichtlich der Fähigkeit des AN, Lasten bis zu 15 kg Gewicht tragen zu können, zumindest eine Ungenauigkeit enthalten, worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat. Denn nach dem Gutachten sollte das Tragen von Lasten über 10 kg vermieden werden, obwohl am Arbeitsplatz des AN Hebelasten von bis zu 15 kg anfielen. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 02.12.2004 jedoch klargestellt, dass bei AN ein Leistungsvermögen für leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten auch unter Einschluss von Hebelasten über 15 kg vorgelegen habe, weil bei Belastungsspitzen mit Verrichtung mittelschwerer körperlicher Arbeiten auch Lasten über 15 kg hätten angehoben werden können.
Damit ist das Gutachten insofern deckungsgleich mit dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten. Die Ausführungen des Hausarztes S. S. sind demgegenüber äußerst vage und außerdem auch deswegen zweifelhaft, weil er eine tatsächliche Berentung - entgegen seinem späteren medizinischen Standpunkt - gar nicht empfohlen hat.
Besondere Bedeutung misst der Senat darüber hinaus auch der Tatsache bei, dass AN selbst noch im Jahr 2001 – also nach dem streitgegenständlichen Zeitraum – die Auffassung vertreten hat, dass er weiterhin seine Arbeit bei der Klägerin hätte ausüben können.
Auch Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Alters (§ 118 Abs. 1 Nr. 4 AFG) haben AN nicht zugestanden. AN bezieht erst seit dem 01.09.2001 Altersrente für Schwerbehinderte, zu einem frühren Zeitpunkt hat er keinen Rentenanspruch gehabt.
Schließlich greifen auch weitere Befreiungstatbestände nicht ein. Auf die Tatbestände der Nr. 1 bis 7 des § 128 Abs. 1 Satz 2 AFG beruft sich die Klägerin nicht; das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Tatbestände ist auch sonst nicht ersichtlich. Auch die Voraussetzungen von § 128 Abs. 2 und 3 AFG sind nicht erfüllt.
Die Beklagte macht die Erstattung für die Zeit vom 19.08.1999 bis zum 30.05.2000 (abzüglich der 38 Tage Arbeitsunfähigkeit, die mit dem Änderungsbescheid vom 29.11.2001 berücksichtigt wurden) geltend. Der maximale Erstattungszeitraum von 624 Tagen nach § 128 AFG ist mithin nicht überschritten. Die Höhe der Erstattungsforderung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Erstattungspflicht umfasst nur die dem Arbeitslosen objektiv zustehenden Leistungen (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr. 5). Die Beklagte hat AN Arbeitslosengeld dem Grund und der Höhe nach zutreffend gezahlt. Die Beklagte hat insbesondere berücksichtigt, dass AN erst am 19.08.1999 das 58. Lebensjahr vollendet hat. Die Erstattungspflicht bezüglich der Beiträge für Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung ergibt sich aus § 128 Abs. 4 AFG. Hier ist die Beklagte von den zutreffenden Beitragssätzen ausgegangen und hat den Erstattungsbetrag richtig errechnet. Fehler in der Berechnung des Arbeitslosengeldes, der von der Beklagten gezahlten Beiträge und der Erstattungsforderung insgesamt sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Hierzu nimmt der Senat auf die letzte Darstellung der Berechnung im Änderungsbescheid vom 29.11.2001 Bezug.
Der angefochtene Bescheid ist auch nicht aus formellen Gründen rechtswidrig, insbesondere ist ihm eine ordnungsgemäße Anhörung vorausgegangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG findet vorliegend noch keine Anwendung (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGG-Änderungsgesetz).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind in keiner Gerichtsinstanz zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosengeld nebst Versicherungsbeiträgen im Streit, welches die Beklagte in der Zeit vom 19.08.1999 bis 30.05.2000 dem früheren Arbeitnehmer der Klägerin B. R. (AN) gezahlt hat.
Der am 19.08.1941 geborene AN war seit dem 06.05.1968 bei der Klägerin beschäftigt, zuletzt als Werkstatthelfer. Das Arbeitsverhältnis endete durch Auflösungsvertrag zum 28.12.1997. Nach Ablauf einer Sperrzeit bewilligt die Beklagte AN Arbeitslosengeld vom 27.07.1998 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 30.05.2000. Anschlussarbeitslosenhilfe bezog AN nicht. Seit dem 01.09.2001 bezog AN eine Altersrente für Schwerbehinderte.
In seinem Antrag auf Arbeitslosengeld gab AN an, seine Vermittlungsfähigkeit sei eingeschränkt. Demgegenüber gab er in seiner Stellungnahme zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses an, gesundheitliche Gründe für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses hätten nicht vorgelegen. In der von der Klägerin erteilten Arbeitsbescheinigung ist keine Unterbrechung des Bezugs von Arbeitsentgelt mit einer Dauer von mehr als 4 Wochen vermerkt. In den Jahren 1990 bis 1992 bezog der Kläger indes mehrfach für mehrere Wochen Krankengeld. Der Beklagten lag ein Attest des Hausarztes S. S. vom 18.12.1997 vor, wonach bei dem Kläger eine Alkoholkrankheit bei Abstinenz seit 1981, eine äthylische Leberzirrhose, chronische Pankreatitis, ein chronisches degeneratives WS-Syndrom mit ausgeprägter Kyphose und Spondylose, eine Coxarthrose beidseits, ein Verdacht auf eine rheumatoide Oligoarthritis, ein Zustand nach Urolithiasis 1988 sowie eine benigne Prostatahyperplasie vorliegen. Es bestehe eine MdE um 50%.
Ab dem 27.01.1998 war AN im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthaltes arbeitsunfähig. Er meldete sich am 06.02.1998 wieder arbeitsfähig. Der von der Beklagten hinzugezogene Amtsarzt Dr. H. stellte in seinem Gutachten vom 16.02.1998 fest, dass aus medizinischer Sicht die Arbeitsaufgabe nicht berechtigt gewesen sei. Der Kläger könne mit den festgestellten Befunden, wozu Dr. H. auf das hausärztliche Attest verwies, noch vollschichtig in Tag- sowie Früh- und Spätschicht leichte Arbeiten im Stehen, Sitzen oder Gehen sowie zeitweise mittelschwere Arbeiten verrichten. Auszuschließen seien lediglich Arbeiten mit häufigem Bücken sowie Arbeiten in Zwangshaltungen. AN habe die letzte Tätigkeit als Werkstatthelfer mit leichter körperlicher Arbeit im Wechsel zwischen Sitzen und Gehen beschrieben. Er habe Material ausgegeben, Botengänge erledigt und Kleinteile mit einem Lastenfahrrad befördert. Häufiges Treppenlaufen sei nicht nötig gewesen, da er Aufzüge benutzt habe.
AN teilte der Beklagten auf Anfrage mit Schreiben vom 08.01.2001 mit, dass er in den letzten zwei Jahren seines Beschäftigungsverhältnisses keine krankheitsbedingten Fehlzeiten gehabt habe. Er habe in dieser Zeit auch weder Krankengeld, Versorgungskrankengeld oder Verletztengeld bezogen. Gesundheitliche Gründe seien für die Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses nicht maßgeblich gewesen. Eine Weiterbeschäftigung auf dem letzten Arbeitsplatz sei möglich gewesen. Dementsprechend seien auch keine weiteren haus-, fach-, oder betriebsärztlichen Feststellungen getroffen worden. Die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses sei ihm auch nicht ärztlich empfohlen worden. Auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses habe er weder Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Rente für Bergleute, Altersrente oder sonstige ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art beantragt.
Mit Schreiben vom 08.01.2001 hörte die Beklagte daraufhin die Klägerin im Hinblick auf die Erstattungspflicht des Arbeitgebers gem. § 128 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) an und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. In der Zeit vom 19.08.1999 bis zum 30.05.2000 seien Leistungen in Höhe von insgesamt 31.506,76 DM (Arbeitslosengeld zzgl. Sozialversicherungsbeiträgen) erbracht worden. Nachdem die Klägerin sich hierzu nicht geäußert hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 20.02.2001 die Erstattungspflicht bezüglich des festgestellten Betrages wegen der mit AN geschlossenen Aufhebungsvereinbarung fest. Umstände, die nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 oder Abs. 2 Nr. 1 oder 2 AFG den Nichteintritt der Erstattungspflicht rechtfertigten, seien weder vorgetragen noch nach Aktenlage erkennbar.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, über den Gesundheitszustand des AN seit seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis keine Angaben machen zu können, und bat um das Ruhendstellen des Verfahrens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2001 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat über ihre Bevollmächtigten am 20.04.2001 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und gleichzeitig das Ruhen des Verfahrens beantragt. Es werde weiterhin die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift des § 128 AFG insgesamt verfassungswidrig sei. Im Hinblick auf anhängige Musterverfahren sei das Ruhen zweckmäßig. Die Beklagte trat dem Ruhen entgegen und verwies darauf, dass ihrer Auffassung nach die maßgeblichen Rechtsfragen durch das Bundessozialgericht (BSG) geklärt seien.
Das SG hat mit dem Einverständnis des AN den Hausarzt S. S. angehört. In dessen sachverständiger Zeugenaussage vom 01.10.2001 ist angegeben, dass bei AN aufgrund der mitgeteilten Befunde ein chronisches Schmerzbild vorgelegen habe, welches während der regelmäßigen Arztbesuche nicht explizit angesprochen worden sei. Wäre im August 1999 die Einschätzung nach der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt notwendig gewesen, hätte er AN eine vorzeitige Berentung empfohlen. Die Beklagte teilte mit, dass sie die von dem Hausarzt S. S. im Nachhinein genannten Zeiten von Arbeitsunfähigkeit vom 07.01. bis zum 12.01.2000, vom 05.04. bis zum 14.04.2000 und vom 11.05. bis zum 20.05.2000 als Unterbrechungszeiten berücksichtigt und aus der geltend gemachten Erstattungsforderung herausgenommen habe, wozu sie auf ihren entsprechenden Änderungsbescheid vom 29.11.2001 verwies. In diesem Bescheid wird der Erstattungsbetrag wegen der neu mitgeteilten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit auf insgesamt 29.540,59 DM reduziert.
Der ergänzend vom SG gehörte Hausarzt S. S. teilte am 08.05.2002 mit, dass sich die von ihm mitgeteilte Einschränkung der Leistungsfähigkeit des AN auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bezogen habe. Die geringe Anzahl von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von lediglich 38 Tagen in den letzten beiden Beschäftigungsjahren führe er auf die positive Arbeitseinstellung des AN trotz der ausgeprägten Beschwerden zurück. Dem Schreiben des Hausarztes waren weitere Arztbriefe beigefügt, auf die Bezug genommen wird.
Mit Urteil vom 24.04.2003 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2001 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.11.2001 aufgehoben. Zwar bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 128 AFG als solche (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 03.12.1998 – B 7 AL 110/97 R –). Allerdings könne nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass der Ausschlussgrund des § 128 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. AFG (anderweitige Sozialleistungsberechtigung) im streitbefangenen Zeitraum vorliege. Der behandelnde Arzt S. S. hätte nach eigener Aussage eine vorzeitige Berentung empfohlen, wenn er im Erstattungszeitraum danach gefragt worden wäre. Auch auf nochmalige Nachfrage habe der Arzt S. S. an dieser Einschätzung aufgrund der chronischen Erkrankungen des AN festgehalten und insbesondere ausgeführt, dass die im Vergleich geringen Fehlzeiten im Beschäftigungsverhältnis im Wesentlichen auf der positiven Einstellung des AN gegenüber seiner Arbeit beruht hätten, jedoch nicht mit seinem Gesundheitszustand im Einklang gestanden hätten. Die Kammer sei zwar nicht der Überzeugung, dass sicher vom Bestehen eines Erwerbsminderungsrentenanspruches ausgegangen werden könne. Das Gegenteil könne jedoch ebenso wenig sicher ausgeschlossen werden. Im Zweifelsfall habe jedoch die Beklagte die Beweislast dafür zu tragen, dass keine anderweitige Sozialleistungsberechtigung bestanden habe. Dieser Nachweis habe zur Überzeugung der Kammer nicht geführt werden können. Das Urteil des SG wurde der Beklagten am 12.05.2003 zugestellt.
Die Beklagte hat am 26.05.2003 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die bloße Aussage des Hausarztes S. S., dass er gegebenenfalls eine Rente wegen Erwerbsminderung empfohlen hätte, könne nicht zum Ausschluss der Erstattungspflicht führen. Das SG habe eine Überprüfung dieser Empfehlung nicht vorgenommen, obwohl diese Aussagen erstmalig im Klageverfahren vorgetragen worden seien. Während des Zeitraums der Leistungsgewährung habe die Beklagte zu keinem Zeitpunkt Veranlassung gehabt, anzunehmen, dass sich die Leistungsfähigkeit des AN wesentlich verschlechtert habe. Im Gegenteil habe AN noch am 08.01.2001 erklärt, er hätte seine letzte Beschäftigung auch weiterhin ausüben können.
Die Klägerin übersandte daraufhin eine Beschreibung des Arbeitsplatzes, an dem AN zuletzt tätig gewesen ist. Es habe sich um die Materialbereitstellung für Montagebänder, wie z. B. Drehmomentschlüssel, Arbeitskleidung und Schreibutensilien gehandelt. Die Arbeiten seien in Werkhallen und geschlossenen Räumen in Tagschicht als überwiegend leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten ausgeführt worden. Überwiegend sei die Arbeit im Stehen verrichtet worden. Als besondere Belastungen hätten Staub, Rauch, Gase und Dämpfe sowie Lärm und das Heben und Tragen von Lasten bis zu 15 kg vorgelegen. Als Hilfsmittel habe dem AN ein Transportwagen zur Verfügung gestanden.
Das Landessozialgericht hat daraufhin den Internisten Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In dem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 10.09.2004 sind folgende Befunde angegeben: Inaktive Leberzirrhose, Fettleber (sonographisch), Neigung zu Pankreatitis (letztmalig 1998) ohne Hinweis auf chronische Pankreatitis oder Pankreasinsuffizienz im Zeitraum 19.08.1999 bis 30.05.2000 oder auch später, Neigung zu Gastritis, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie der Hüftgelenke ohne Hinweise auf ein diesbezüglich begründbares quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen im Bereich leichter körperlicher Arbeiten. Eine relevante organische Herzerkrankung habe ausgeschlossen werden können. Die genannten Gesundheitsstörungen hätten im Leistungsbereich leichter körperlicher Arbeiten keine rentenrelevanten Auswirkungen gehabt. AN sei in der Lage gewesen, sowohl auf dem letzten Arbeitsplatz bei der Klägerin als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine leichte Tätigkeit vollschichtig auszuüben. Auch mittelschwere körperliche Arbeiten im Gehen oder Stehen oder im Sitzen unter Vermeidung von häufigem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg seien möglich gewesen. Mittelschwere körperliche Arbeiten seien in Belastungsspitzen von weniger als 3 Stunden arbeitstäglich zumutbar gewesen. Arbeiten mit Einwirkung von Kälte oder Nässe seien auszuschließen gewesen.
Ergänzend teilte auf Nachfrage der Klägerin der Gutachter am 02.12.2004 mit, dass bei AN ein Leistungsvermögen für leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten vorgelegen habe. Das Heben oder Tragen von Lasten habe sich dabei auf die vollschichtige Ausübung leichter körperlicher Arbeiten bezogen. Im Rahmen der Belastungsspitzen mit Verrichtung mittelschwerer körperlicher Arbeiten hätten auch Lasten über 15 kg angehoben werden können.
Anschließend wurde das Berufungsverfahren wegen der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren mit den Aktenzeichen 1 BvR 620/01 und 1 BvR 846/02 zum Ruhen gebracht. Am 07.02.2007 hat die Klägerin das Verfahren unter den aktuellen Aktenzeichen wieder angerufen.
Die Beklagte ist der Auffassung, das SG habe unzureichend Beweis erhoben. Durch das vom Landessozialgericht eingeholte Gutachten des Dr. S. sei nun nachgewiesen, dass ein Ausnahmetatbestand für die Erstattungspflicht der Beklagten nicht vorliege.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Das vom Landessozialgericht eingeholte Gutachten des Dr. S. sei in sich widersprüchlich und nicht überzeugend. Vielmehr sei von der Richtigkeit der Ausführungen des Hausarztes S. S. auszugehen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Akten des SG und die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist begründet. Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Rechtsgrundlage der Erstattungspflicht ist § 128 AFG in der bis zum 31.03.1997 gültig gewesenen Fassung. Diese Vorschrift ist vorliegend gem. § 431 SGB III in Verbindung mit §§ 242 x Abs. 6 AFG auch nach Inkrafttreten des AFRG am 01.04.1997 und nach Außerkrafttreten des AFG ab 01.01.1998 weiter anzuwenden, denn AN war innerhalb der Rahmenfrist mehr als 360 Kalendertage vor dem 01.04.1997 bei der Klägerin beitragspflichtig beschäftigt.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 128 AFG als solche bestehen nach gefestigter Rechtsprechung des BSG nicht, dies gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 99, 202) zur Erstattungspflicht bei einer Konkurrenzklausel (SozR 3-4100 § 128 Nr 12; vgl. auch BSG, Urteil vom 13.07.2006 - B 7a AL 32/05 R -, SozR 4-4100 § 128 Nr. 5).
Der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs. 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, erstattet der Bundesanstalt vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage (§ 128 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz AFG).
Diese positiven Erstattungsvoraussetzungen sind erfüllt. AN ist weitaus mehr als 720 Kalendertage in den letzten vier Jahren vor dem 29.12.1997, an dem nach Eintritt seiner Arbeitslosigkeit die grundsätzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt gewesen sind, beitragspflichtig bei der Klägerin beschäftigt gewesen. Er hat am 19.08.1999 sein 58. Lebensjahr vollendet.
Die negativen Erstattungsvoraussetzungen des § 128 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. AFG sind nicht erfüllt. Die Erstattungspflicht tritt hiernach nicht ein, wenn das Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 56. Lebensjahres des Arbeitslosen beendet worden ist oder der Arbeitslose die Voraussetzungen für eine der in § 118 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 AFG genannten Leistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt.
AN hat im Erstattungszeitraum keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 AFG gehabt. Er hat auch kein Arbeitslosengeld nach § 105 b AFG bezogen, welches der Sache nach als Krankengeld anzusehen ist (hierzu Pawlak in Hennig, SGB III, § 147a Rz. 171 ff.). Die Anhörung des AN und die weitergehenden Ermittlungen des SG durch Anhörung des Hausarztes S. S. haben ergeben, dass über die von der Beklagten mit Änderungsbescheid vom 29.11.2001 berücksichtigen Zeiten hinausgehend keine Krankheitszeiten vorgelegen haben.
Anspruch auf Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit (§ 118 Abs. 1 Nr. 3 AFG) hat AN genauso wenig gehabt wie auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Auch dies folgt aus seinen Angaben, den vom SG getätigten medizinischen Ermittlungen sowie aus dem vom Landessozialgericht eingeholt Gutachten des Dr. S ... Danach konnte AN die von ihm zuletzt für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Werkstatthelfer und in der Materialausgabe im streitgegenständlichen Zeitraum noch vollschichtig ausüben, was die Gewährung von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum ausschloss.
Der Senat hält das ausführliche Gutachten des Dr. S. für schlüssig und überzeugend. Zwar hat das Gutachten des Dr. S. zunächst hinsichtlich der Fähigkeit des AN, Lasten bis zu 15 kg Gewicht tragen zu können, zumindest eine Ungenauigkeit enthalten, worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat. Denn nach dem Gutachten sollte das Tragen von Lasten über 10 kg vermieden werden, obwohl am Arbeitsplatz des AN Hebelasten von bis zu 15 kg anfielen. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 02.12.2004 jedoch klargestellt, dass bei AN ein Leistungsvermögen für leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten auch unter Einschluss von Hebelasten über 15 kg vorgelegen habe, weil bei Belastungsspitzen mit Verrichtung mittelschwerer körperlicher Arbeiten auch Lasten über 15 kg hätten angehoben werden können.
Damit ist das Gutachten insofern deckungsgleich mit dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten. Die Ausführungen des Hausarztes S. S. sind demgegenüber äußerst vage und außerdem auch deswegen zweifelhaft, weil er eine tatsächliche Berentung - entgegen seinem späteren medizinischen Standpunkt - gar nicht empfohlen hat.
Besondere Bedeutung misst der Senat darüber hinaus auch der Tatsache bei, dass AN selbst noch im Jahr 2001 – also nach dem streitgegenständlichen Zeitraum – die Auffassung vertreten hat, dass er weiterhin seine Arbeit bei der Klägerin hätte ausüben können.
Auch Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Alters (§ 118 Abs. 1 Nr. 4 AFG) haben AN nicht zugestanden. AN bezieht erst seit dem 01.09.2001 Altersrente für Schwerbehinderte, zu einem frühren Zeitpunkt hat er keinen Rentenanspruch gehabt.
Schließlich greifen auch weitere Befreiungstatbestände nicht ein. Auf die Tatbestände der Nr. 1 bis 7 des § 128 Abs. 1 Satz 2 AFG beruft sich die Klägerin nicht; das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Tatbestände ist auch sonst nicht ersichtlich. Auch die Voraussetzungen von § 128 Abs. 2 und 3 AFG sind nicht erfüllt.
Die Beklagte macht die Erstattung für die Zeit vom 19.08.1999 bis zum 30.05.2000 (abzüglich der 38 Tage Arbeitsunfähigkeit, die mit dem Änderungsbescheid vom 29.11.2001 berücksichtigt wurden) geltend. Der maximale Erstattungszeitraum von 624 Tagen nach § 128 AFG ist mithin nicht überschritten. Die Höhe der Erstattungsforderung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Erstattungspflicht umfasst nur die dem Arbeitslosen objektiv zustehenden Leistungen (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr. 5). Die Beklagte hat AN Arbeitslosengeld dem Grund und der Höhe nach zutreffend gezahlt. Die Beklagte hat insbesondere berücksichtigt, dass AN erst am 19.08.1999 das 58. Lebensjahr vollendet hat. Die Erstattungspflicht bezüglich der Beiträge für Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung ergibt sich aus § 128 Abs. 4 AFG. Hier ist die Beklagte von den zutreffenden Beitragssätzen ausgegangen und hat den Erstattungsbetrag richtig errechnet. Fehler in der Berechnung des Arbeitslosengeldes, der von der Beklagten gezahlten Beiträge und der Erstattungsforderung insgesamt sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Hierzu nimmt der Senat auf die letzte Darstellung der Berechnung im Änderungsbescheid vom 29.11.2001 Bezug.
Der angefochtene Bescheid ist auch nicht aus formellen Gründen rechtswidrig, insbesondere ist ihm eine ordnungsgemäße Anhörung vorausgegangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG findet vorliegend noch keine Anwendung (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGG-Änderungsgesetz).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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