Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 4279/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1277/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger eine als vorläufige Entschädigung gewährte Rente entziehen durfte und die Ablehnung der Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit rechtens ist.
Der 1948 geborene Kläger erlitt als Motorradfahrer auf dem Weg zur Arbeit am 28.11.2001 einen Unfall, bei dem er sich neben einer Beckenprellung und Prellung des linken oberen Sprunggelenkes einen Oberarmmehrfragmentbruch links mit Verschiebung zuzog. Die Oberarmfraktur wurde operativ mit einer Humerusplatte versorgt. Nach mehrfacher stationärer und ambulanter Behandlung gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 12.06.2003 ab 28.05.2003 Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. und stellte als Folge des versicherten Unfalls vom 28.11.2001 fest: "Nach operativ versorgtem Bruch des Oberarmkopfes mit Schädigung des Oberarmnerven: Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes, Muskel- und Kraftminderung des Armes, Sensibilitätsstörungen, röntgenologische Veränderungen, noch einliegendes Operationsmaterial, reizlose Narben. Die Beckenprellung links und Prellung am linken Außenknöchel sind folgenlos ausgeheilt". Gestützt war der Bescheid auf das nervenärztliche Gutachten des Neurologen und Psychiaters B. vom 18.03.2003 und auf das unfallchirurgische Gutachten von Prof. Dr. W. vom 09.05.2003.
Am 10.03.2004 stellte der Kläger bei der Beklagten eine Verschlimmerungsantrag wegen Verschlechterung der Unfallfolgen. Die Beklagte holte das orthopädische Gutachten vom 25.05.2004 ein, in dem Dr. M. die unfallbedingte MdE auf orthopädischem Gebiet auf 10 v.H. einschätzte. Unfallbedingt seien an der linken Schulter noch teilweise Bewegungseinschränkungen mit noch einliegendem Osteosynthesematerial vorhanden und es bestehe eine geringfügige Fehlstellung des Oberarmkopfes. Bei nahezu allen passiven Bewegungsprüfungen seien bei seitengleicher Bemuskelung sofort starke Schmerzen an der gesamten Schulter und in allen Bereichen des Ober- und Unterarms angegeben worden und ein deutliches muskuläres Gegenspannen aufgetreten, dessen Kraftentwicklung stärker als bei der eigentlichen Kraftprüfung gewesen sei. Im nervenärztliche Gutachten von Dr. B. und Dr. C. vom 27.05.2004 wurde die unfallbedingte MdE auf neurologischem Fachgebiet mit 15 v.H. bei teilweiser Überschneidung mit dem orthopädischen Fachgebiet angegeben. Es bestehe ein leichtgradiges motorisches Defizit mit Muskelatrophie und ein sensibles Defizit im Versorgungsgebiet des oberen Armplexus links mit intermittierendem Nervenreizzustand. Bei der Untersuchung habe ein erheblich eingeschränktes Bewegungsausmaß aktiv und passiv im linken Schultergelenk vorgelegen, ein aktives Anheben des linken Armes sei nicht möglich gewesen. Es habe sich nicht um Paresen infolge einer Nervenläsion sondern um mechanisch bedingte verminderte Bewegungsausmaße gehandelt. Das sensibles Defizit im Bereich des linken Oberarms und des linken Unterarms mit Ausstrahlung bis zum Daumen entspreche dem Versorgungsgebiet des Nervus radialis, anteilig auch des Nervus medianus, was mit dem Befund einer oberen Armplexusläsion gut vereinbar sei. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 07.07.2004 verwies Dr. M. auf die bei seiner Untersuchung nicht feststellbare Muskelatrophie, was gegen eine schmerzbedingten Bewegungseinschränkung und Kraftlosigkeit der Muskeln spreche. Unter Berücksichtigung der sich mit dem orthopädische Fachgebiet überschneidenden neurologischen Teil-MdE von 15 v.H. ergebe sich eine unfallbedingte Gesamt-MdE von 20 v.H. Er empfehle aber wegen der aufgetretenen Widersprüche eine nochmalige orthopädische und nervenärztliche Beurteilung.
In dem beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 21.7. und 10.08.2004 wurde im Hinblick auf die von Dr. M. ermittelten Bewegungsmaße der Schultergelenke, wonach seitengleich die Armvorhebung um 170 Grad möglich gewesen sei, nur die Abspreizung im Schultergelenk links sei um 40 Grad beeinträchtigt gewesen, die auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet bestehende unfallbedingte MdE mit weniger als 10 v.H. eingeschätzt. Bei Überschneidung der neurologisch und orthopädisch zu beurteilenden Folgen könne die neurologische MdE nicht 15, sondern allenfalls 10 v.H. betragen, die Gesamt-MdE betrage 10 v.H. Dr. Dipl. Psychologe F. führte in seiner eingeholten Stellungnahme vom 12.09. 2004 aus, er könne weder das Gutachten des Kollegen B.t noch das der Kollegen Dr. C. und B. nachvollziehen, da elektrophysiologisch eindeutig neurogene Schädigungszeichen ausgeschlossen bzw. Zeichen eines neurogenen Umbaus oder Denervierungsaktivität nicht festgestellt worden sind. Selbst wenn gewisse neuralgiforme Schmerzen anzunehmen seien, sei maximal eine MdE von 10 v.H. gerechtfertigt. Er stimme einer Gesamt-MdE von 10 v.H. zu.
Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 16.09.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.10.2004 die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ab und entzog die bisherige Rente mit Ablauf des Monats Oktober 2004. Der Bescheid wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 13.10.2004 zugestellt.
Der Kläger legte Widerspruch ein und verwies auf die von ihm vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. S./Privatdozent Dr. M. vom 29.6.2004 und 28.4.2004, die für die Privatversicherung erstattet wurden, und auf das Gutachten von Dr. K. von 03.03.2004, das für den Rentenversicherungsträger erstellt wurde. Aus diesen Gutachten ergebe sich eine deutliche Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks sowie eine MdE um 30 v.H. Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung des Klägers. In seinem Gutachten vom 02.03.2005 schätzte Prof. Dr. W. die ab 01.11.2004 bestehende unfallbedingte MdE auf 10 v.H. Prof. Dr. W. führte aus, die Überprüfung der Schulterbeweglichkeit habe sich schwer gestaltet, da der Kläger aktiv dagegen gespannt habe. Die passiven Bewegungsmaße mit einer Seitwärtsbeweglichkeit und Vorwärtsbeweglichkeit von minimal 150 Grad links gegenüber 180 Grad rechts dürften ohne Gegenspannen des Klägers noch besser ausfallen. Die übrigen Bewegungsrichtungen der Schultergelenke seien seitengleich frei gewesen. Im neurologischen Gutachten von Prof. Dr. St. vom 01.04. 2005 wurde eine klinisch und elektrophysiologisch erkennbare Besserung der anfangs deutlichen Schädigung des oberen linken Armnervengeflechts beschrieben. Der Bewegungsumfang des linken Schultergelenkes sei wechselnd dargeboten worden, zunächst habe sich eine erhebliche Einschränkung gezeigt, im weiteren Verlauf der Untersuchung seien nur noch endgradige Bewegungseinschränkungen zu bemerken gewesen. Die unfallbedingte MdE betrage 10 v.H. Sie überschneide sich vollkommen mit den auf unfallchirurgischem Gebiet vorliegenden Unfallfolgen. Prof. Dr. W. schätzte daraufhin die Gesamt-MdE mit 10 v.H. ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 14.10.2005 beim Sozialgericht Freiburg Klage erhoben und erneut auf die unfallchirurgischen Gutachten von Prof. Dr. S./PD Dr. M. und die nervenärztlichen Gutachten von Dr. C. und Dr. B. verwiesen.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen das auf der Grundlage der Untersuchung des Klägers am 13.01.2006 erstellte unfallchirurgische Gutachten von PD Dr. M. eingeholt zu der Frage, ob die Maßstäbe zur Bemessung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung anders als die für die private Versicherung seien und ob die Auffassung der anderen Begutachtungen zur aktuellen MdE geteilt werde. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, beim Kläger bestehe eine hochgradige Bewegungseinschränkung im Schultergelenk mit deutlicher Muskelatrophie im Bereich des linken Oberarms sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken Ober- und Unterarmes und der linken Hand, eine deutliche Kraftminderung links, eine 12 cm lange reizlos verheilte Narbe und eine in Varusstellung knöchern konsolidierte subcapitale Humerusfraktur. Die Unfallfolgen seien identisch mit seinen gutachtlichen Untersuchungen im März und April 2004. Befundänderungen lägen nicht vor. Die Messwerte von Prof. Dr. W. seien nicht nachvollziehbar. Die MdE betrage 30 v.H. Es sei irrelevant, ob die MdE für eine private Versicherung oder für die Berufsgenossenschaft eingeschätzt werde.
In seiner ergänzenden Äußerung vom 24.05.2006 hat PD Dr. M. dargelegt, die von ihm erhobenen Bewegungsausmaße des Schultergelenks seien die Ausmaße, welche der Kläger habe aktiv durchführen können. Dies sei von ihm in der sogenannten passiven Beweglichkeit überprüft worden. Eine Bewegung über das übliche Schmerzmaß hinaus sei nicht geprüft worden. Insgesamt habe es sich um eine hochgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Schultergelenks gehandelt. Anlässlich seiner Untersuchung habe der Kläger angegeben, dass bei den Voruntersuchungen sein Arm hochgerissen worden sei und er auch einen ganzen Tag danach noch Schmerzen im Schultergelenk gehabt habe.
Die Beklagte hat die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. K. vom 09.02. und 19.06.2006 vorgelegt. Danach bestehe eine unüberbrückbare Diskrepanz der von PD Dr. M. erhobenen Befunde zu den Vorbefunden, die von Dr. M und von Prof. Dr. W. aber auch Prof. Dr. St. erhoben worden seien. Darin beschrieben drei verschiedene Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen unabhängig voneinander ein demonstratives Verhalten des Klägers. Nach dem Kursbuch der ärztlichen Begutachtung sei nur eine geführte Bewegungsuntersuchung korrekt, bei der die Bewegungen vom Untersucher ohne Kraftaufwand überprüft werden. PD Dr. M. habe die aktiven Bewegungsmaße notiert, was den Anforderungen der Gutachtenserstellung nicht gerecht werde, da die aktiven Bewegungsmaße vom Mitwirkungswillen des Versicherten abhängig seien.
Mit Urteil vom 16.01.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich in den Entscheidungsgründen auf die Gutachten von Dr. M, Prof. Dr. W. und Prof. Dr. St. gestützt. Zwar werde die Auffassung des Sachverständigen PD Dr. M. und des Klägers geteilt, dass nur auf das zumutbar auszuführende Bewegungsmaß abgestellt werden könne. Die Diskrepanz zwischen den begutachtenden Ärzten sei jedoch so groß, dass die Entscheidung nicht ausschließlich auf den Befund von PD Dr. M. gestützt werden könne. Dem stehe entgegen, dass dieser auf eine Prüfung der passiven Beweglichkeit und damit auf eine Überprüfung der Angaben des Klägers zur aktiven Beweglichkeit verzichtet habe. Es fehle eine valide Grundlage für die richterliche Überzeugung, dass dem Kläger eine Bewegung in linken Schultergelenk über die Horizontale hinaus, was einer MdE um 20 v.H. bedinge, objektiv unmöglich sei.
Gegen das dem Kläger am 29.01.2007 zugestellte Urteil hat er am 26.02.2007 beim Sozialgericht Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass Sozialgericht habe verkannt, dass es sich bei den berufsgenossenschaftlichen Ärzten um Parteigutachter handele. Prof. Dr. S. und PD Dr. M. seien dagegen seine behandelnden Ärzte und vollumfänglich über seinen Krankheitszustand informiert. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Sozialgericht die im Wege der von ihm angestrengten Beweisaufnahme erhaltenen Befunde mit einer unfallbedingten MdE um 30 v.H. nicht seiner Entscheidung zugrundegelegt habe. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe der Sachverständige PD Dr. M. die passive Beweglichkeit geprüft. Die Ärzte der berufsgenossenschaftlichen Kliniken seien zu dem anderen Ergebnis gekommen, weil er von ihnen über das übliche Schmerzmaß hinaus körperlich "bearbeitet" worden sei. Fürsorglich werde beantragt, ein Sachverständigengutachten zu den Fragen einzuholen, wie die Beweglichkeit des Schultergelenks zu prüfen sei, ob eine Beweglichkeit der Schultergelenke unter Schmerzen Basisgrundlage für eine Beurteilung sei und ob unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe bei der Beurteilung von Körperschäden im privat- und versicherungsrechtlichen Bereich anzusetzen seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.01.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 15.09.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.11.2004 Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die für zutreffend erachteten Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil. Sie hat die beratungsärztliche Stellungnahmen von Dr. K. vom 04.06.2007 vorgelegt. Danach seien die Angaben zu den Bewegungsausschlägen der betroffenen Extremitäten auf die geführte Beweglichkeit zu beziehen und gerade nicht auf die aktive oder passive Beweglichkeit. Das vom Sachverständigen PD Dr. M. beschriebene Vorgehen entspreche nicht den Erfordernissen. Beim Kläger sei bei der Untersuchung im Mai 2003 ein Umfangsdefizit von zwei Zentimetern bzw. einem Zentimeter am linken Arm gegenüber rechts aufgefallen, im Mai 2007 (gemeint 2004) habe links ein Umfangsplus von einem Zentimeter am Oberarm und ein Umfangsminus von einem Zentimeter am Unterarm bestanden, im März 2005 sei an beiden Oberarmen keine Seitendifferenz, am Unterarm eine Differenz von einem Zentimeter nachgewiesen. Ein Umfangplus für die rechte obere Extremität sei bei dem Kläger als Rechtshänder zu erwarten. Die von Prof. Dr. S. und PD Dr. M. beschriebenen Seitendifferenzen von drei Zentimetern bzw. vier Zentimetern an Ober- und Unterarm seien in den Gutachten nicht erläutert worden. Sie stünden in einem unüberbrückbaren Gegensatz zu dem Ergebnis vorangegangener Untersuchungen. Die von der Bewegungseinschränkung auf die Muskelminderung verlagerte Diskussion berühre jedoch prinzipiell die gleiche Problematik.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Akte des Berufungsverfahrens wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente über den 31.10.2004 hinaus.
Ein Anspruch auf Rente auf unbestimmte Zeit setzt voraus, dass die Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII ). Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 SGB VII).
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgabe ist die Berufung nicht bereits deshalb unbegründet, weil das geänderte Klagebegehren des Klägers unzulässig ist. Die Umstellung des Klagebegehrens von der - zulässigen - Anfechtungsklage auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist gem. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht als Klageänderung anzusehen, denn bei der Erweiterung des Klageantrags um den Leistungsantrag auf Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit wird der Klagegrund, die Anspruchsgrundlage nach § 56 SGB VII mit dem Tatsachenvorbringen, auch ab 01.11. 2004 bestehe noch eine rentenrelevante MdE, beibehalten.
Für diese Klageerweiterung besteht auch ein Rechtsschutzinteresse, weil der Kläger mit der Anfechtungsklage nur den Eintritt der Rechtsfolgen aus § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII erreichen kann. Mit Aufhebung des Rentenentziehungsbescheides der Beklagten ist in dem Dreijahreszeitraum nach dem Versicherungsfall keine anderweitige Entscheidung zur Rente auf unbestimmte Zeit getroffen, weshalb die als vorläufige Entschädigung gewährte Rente nach einer MdE um 20 v.H. als Rente auf unbestimmte Zeit weiterzugewähren wäre. Eine Rente nach einer höheren MdE, gegebenenfalls auch ab einem späteren Zeitpunkt kann der Kläger nur auf Leistungsantrag erhalten. Die im angefochtenen Bescheid der Beklagten ausgesprochene Ablehnung der Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit enthält insoweit auch die Ablehnung des Verschlimmerungsantrags des Klägers vom 10.03.2004 und der Leistungsanspruch auf höhere Rente ist somit auch Gegenstand des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens gewesen.
Es steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass eine unfallbedingten MdE von wenigstens 20 v.H. spätestens ab 01.11. 2004 nicht mehr vorgelegen hat.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII; vgl. auch BSGE 63, 207, 209 = SozR 2200 § 581 Nr. 28). Dabei kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung; sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind (vgl. BSG SozR 2200 § 581 Nrn. 22 und 23). Bei der Beurteilung der MdE sind aber auch die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen (vgl. BSG SozR 2200 § 581 Nr. 23 und 27). Bei einer Vielzahl von Unfallfolgen haben sich im Laufe der Zeit für die Schätzung der MdE Erfahrungswerte herausgebildet. Sie sind in Form von Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und dienen als Anhaltspunkte für die MdE Einschätzung im Einzelfall. Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte bilden lediglich die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, und gewährleisten, dass alle Betroffenen bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (Ruppelt in Schulin HS UV, § 48 RdNr 28). Den MdE Tabellen kommt nicht der Rechtscharakter einer gesetzlichen Norm zu. Sie können vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten angesehen werden, um den unbestimmten Rechtsbegriff der MdE auszufüllen (BSG SozR 3 2200 § 581 Nr. 5).
Auf unfallchirurgischem Gebiet ist zur Überzeugung des Senats keine Funktionseinschränkung im linken Schultergelenk des Klägers nachgewiesen, die eine Teil-MdE von mehr als 10 v.H. rechtfertigt. Hierbei geht der Senat von den von Prof. Dr. W. und Dr. M. auf unfallchirurgischem/orthopädischem Gebiet beschriebenen Unfallfolgen aus, die von Prof. Dr. St. aus neurologischer Sicht bestätigt worden sind. Nach seinem überzeugenden Gutachten vom 02.03.2005 konnte Prof. Dr. W. bei seiner Untersuchung des Klägers am 19.01.2005 eine geringfügige Muskelminderung der Schultergürtelmuskulatur links und mit hieraus resultierendem Schulterkopftiefstand sowie eine Schultergelenksbeweglichkeit links mit Anheben seitwärts bis 150 Grad und vorwärts bis 150 Grad gegenüber jeweils 180 Grad rechts erheben. Am Ober- und Unterarm bestand keine wesentliche Muskelminderung. Nach seinem radiologischen Befund war die Humerusmehrfragmentfraktur links in achsengerechte Stellung vollständig knöchern konsolidiert. Die noch eine einliegende Platte stand im Humeruskopfbereich etwas ab. Dies deckt sich weitgehend mit dem von Dr. M. am 25.05.2004 erhobenen Befund, wonach die Vorwärtsbewegung mit 170 Grad sogar besser als bei der ein Jahr später stattgefundenen Untersuchung bei Prof. Dr. W. war und keinen Unterschied zur Gegenseite erkennen ließ. Die Abspreizbewegung mit 130 Grad war zwar weniger weitgehend wie bei der Untersuchung von Prof. Dr. W., lag jedoch noch deutlich über der für die Funktionalität der Schulter bedeutsamen Horizontalen von 90 Grad. Zweifel an der Objektivität der Gutachter ergeben sich für den Senat nicht aus den Gutachten von Dr. M., Prof. Dr. W.und Prof. Dr. St., wobei nur Prof. Dr. W. an einer berufsgenossenschaftlichen Klinik tätig ist, was im übrigen keine Abhängigkeit zur Beklagten begründet.
Aus den von Prof. Dr. S. und PD Dr. M. erhobenen Untersuchungsbefunden ergeben sich zur Überzeugung des Senats keine Zweifel an den gutachterlichen Feststellungen von Prof. Dr. W. und Dr. M ... Die gutachterliche Stellungnahme vom 29.06.2004 wurde von Dr. S. und von PD Dr. M. erstellt, wie auch das Gutachten vom 28.04.2004 von beiden Ärzten unterzeichnet wurde. Die bei der Untersuchung des Klägers am 22.03.2004 erhobenen Bewegungsmaße für die Schultergelenke mit 40-0-20 für die armseitwärts/armkörperwärts Bewegung und 20-0-30 für die Rückwärts und Vorwärtsbewegung links weichen erheblich von den bei der Untersuchung durch Dr. M. nur zwei Monate später, am 25.05.2004 erhobenen Bewegungsmaßen ab. Das ebenso von PD Dr. M. im Rahmen des gerichtlich veranlassten Sachverständigengutachtens am 13.01.2006 erhobene Bewegungsprofil für die Schultergelenke ergab dagegen annähernd die gleichen Bewegungsausmaße (seitwärts/körperwärts 50-0-20, rückwärts/vorwärts 20-0-60 links, 180-0-40 und 40-0-170 auf der rechten Seite) wie bei seinem 2004 erhobenen Befund. Insoweit ist nach den von PD Dr. M. erhobenen Untersuchungsergebnissen ebenso keine Änderung eingetreten, wie sich dies auch aus dem Vergleich der Bewegungsmaße von Prof. Dr. W. aus dem Jahr 2005 mit denen von Dr. M. aus dem Jahr 2004 erhobenen ergibt. Andererseits sind die von Dr. K. beschriebenen Bewegungsmaße (seitwärts/körperwärts 70-0-30, rückwärts/vorwärts 30-0-70 für die linke Schulter), die sich aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachtensauszug vom 03.03.2004 ergeben, wiederum besser als die von PD Dr. M. ebenfalls im Jahr 2004 erhobenen Maße, wenn sie auch nicht die von Dr. M. ermittelten Bewegungsausschläge erreichen.
Die annähernd zeitgleich erhobenen Bewegungseinschränkungen nach röntgenologisch gleich bleibendem Befund lassen somit deutliche Unsicherheiten bei der Ermittlung der Bewegungseinschränkung erkennen. In den Gutachten von Prof. Dr. W. und von Dr. M. wird aber auf ein demonstratives Verhalten des Klägers hingewiesen. Dr. M. beschreibt ein deutliches Gegenspannen bei der Bewegungsprüfung, wobei die Kraftanstrengung größer war als die demonstrierte Kraftminderung bei der Kraftprüfung. Auch bei der Kraftprüfung beschreibt Dr. M. eine fehlende Überschussreaktion des Klägers bei plötzlicher Aufgabe des Widerstands, was dafür spricht, dass der Kläger bei der Kraftprüfung nicht die ihm mögliche volle Kraft auf den ihm entgegengehaltenen Widerstand ausgeübt hat. Sowohl bei der Untersuchung durch Dr. M. als auch durch Prof. Dr. W., wie auch bei Prof. Dr. St. wurden eine anfänglich große Schmerzempfindlichkeit und schmerzbedingte erhebliche Bewegungseinschränkungen beobachtet, was aber im Laufe der Untersuchungen sich änderte, sodass zuletzt nur noch endgradige Bewegungseinschränkungen bei den Bewegungsprüfungen auftraten. Vergleichbare Beobachtungen sind den Gutachten von PD Dr. M. bzw. Prof. Dr. S. nicht zu entnehmen. Wenn auch der Senat, anders als die Beklagte, nicht davon ausgeht, dass die von den beiden Ärzten ermittelten Bewegungsmaße nicht dem wissenschaftlichen Standard entsprechend erhoben worden sind, denn den Erläuterungen von PD Dr. M. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24.5.2006 ist die von Dr. K. beschriebene "geführte" Bewegungsprüfung und nicht eine allein durchgeführte "aktive" Bewegungsprüfung zu entnehmen, so bestehen doch Zweifel, ob die von PD Dr. M./Prof. Dr. S. erhobene geringere Beweglichkeit des linken Schultergelenks auf einer unfallbedingten Einschränkung durch Schmerzen oder auf dem von anderen Ärzten beschriebenen Demonstrationsverhalten des Klägers beruht. Jedenfalls hat der Kläger bei den Untersuchungen durch Dr. M. und auch bei den späteren Untersuchungen durch Prof. Dr. W. und Prof. Dr. St. zunächst nicht gerügt, dass ihm unzumutbare und nur unter Schmerzen mögliche Bewegungsprüfungen abgefordert worden sind, was aber bei dem Streit um die Aussagekraft der unterschiedlichen Bewegungsmaße zu erwarten gewesen wäre. Erst in der ergänzenden Stellungnahme von PD Dr. M. vom 24.05.2006 wird ein entsprechendes Vorbringen des Klägers wiedergegeben, der Kläger selbst hat die Untersuchungsmethoden erst danach vor dem Sozialgericht gerügt. Eine Bewegungsprüfung dieser Ärzte über das zumutbare Maß hinaus ist für den Senat daher nicht glaubhaft. Andererseits hat PD Dr. M. angegeben, eine Bewegung über das übliche Schmerzmaß hinaus beim Kläger nicht geprüft zu haben, was unter Würdigung der dargelegten Umstände nahelegt, dass bei der zwar formal korrekt durchgeführten Bewegungsprüfung durch PD Dr. M. auf die demonstrierte Schmerzempfindlichkeit Rücksicht genommen wurde, ohne sie zu hinterfragen.
Die von PD Dr. M. mitgeteilten Umfangsdifferenzen der Muskulatur an den Armen sind für den Senat kein überzeugende Hinweis auf eine schmerzbedingte Schonhaltung des vom Unfall betroffenen linken Schultergelenkes des Klägers. Passend zur geringen Bewegungseinschränkung haben die Ärzten Dr. M. und Prof. Dr. W. jeweils im Jahresabstand von 2004 bis 2005 keine oder allenfalls geringfügige Unterschiede der Umfänge des Oberarm- und Unterarmmuskels im Vergleich zur Gegenseite erhoben. Insbesondere Dr. M. hat am 25.05.2004 am Oberarm Unterschiede von einem Zentimeter, jeweils an verschiedenen Stellen des Oberarms und auch wechselnd mit einem Zentimeter plus auf der einen oder anderen Körperseite festgestellt, sodass bereits hieraus eine Schonhaltung durch Minderinnervation der Muskulatur nicht zu erkennen ist. Inwiefern die Umfangsdifferenz mit einem Minus auf der linken Seite von bis zu drei Zentimetern bei der Untersuchung durch Prof. Dr. S./PD Dr. M. am 22.03.2004 sich binnen zwei Monate gebessert haben soll, um ca. zwei Jahre später bei der Untersuchung durch PD Dr. M. am 13.01.2006 in annähernd gleicher Ausprägung mit einer Differenz von drei bis vier Zentimetern wieder aufzutreten, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass bei anderen Untersuchungen durch andere Ärzte, nämlich durch Prof. Dr. W. am 19.01.2005 und durch Prof. Dr. St. am 30.03.2005 keine Muskelminderung in dem von PD Dr. M. festgestellten Umfang hat erhoben werden können. Auf die von Dr. B. und seinem Praxiskollegen Dr. C. in ihren Gutachten für eine Privatversicherung und einen anderen gesetzlichen Versicherungsträger zum Ausdruck gebrachte Einschätzung einer Muskelminderung, wie es Dr. B. in seinem Gutachten für die Beklagte vom 27.05. und 30.6.2004 wiederholt hat, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Das genaue Ausmaß der Muskelminderung haben Dr. B. und Dr. C. in ihren nervenärztlichen Gutachten nicht angegeben. Dr. B. hat in seiner erläuternden Stellungnahme vom 30.06.2004 auf das Gutachten von Prof. Dr. W. vom 09.05.2003 Bezug genommen. Die dort mitgeteilten Umfangmaße mit zwei Zentimetern bzw. einem Zentimeter Minus am linken Oberarm gegenüber rechts sind nach Dr. K. für die vom Kläger demonstrierte extreme Bewegungseinschränkung nicht beweisend, da bei einem Rechtshänder eine Umfangsdifferenz von einem Zentimeter plus an der rechten Extremität zu erwarten ist.
Die von Prof. Dr. W. und Dr. M. für ihr Fachgebiet angenommene Teil-MdE von 10 v.H. ist sonach nicht zu beanstanden, denn die MdE-Einschätzung steht im Einklang mit der unfallmedizinischen Literatur, wonach Bewegungseinschränkungen im Schultergelenk mit Vorhebung bis zu 120 Grad eine MdE von 10 v.H. und erst eine Einschränkung mit Vorhebung bis nur 90 Grad eine MdE von 20 v.H. rechtfertigen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 604). Die dem Kläger noch mögliche Vorhebung über 120 Grad hinaus würde danach keine erhebliche Erwerbsminderung begründen. Im Hinblick auf die aus dem Röntgenbefund erkennbaren Veränderungen mit Schulterkopftiefstand und der geringfügigen Verschmächtigung der Schultermuskulatur mit möglicher endgradiger schmerzbedingter Bewegungseinschränkung durch das geringfügig abstehende Osteosynthesematerial ist jedoch die von Prof. Dr. W. angenommene Teil-MdE von 10 v.H. zu rechtfertigen.
Nach dem neurologischen Gutachten von Prof. Dr. St. liegen auf neurologischem Gebiet eine Teilschädigung des linken oberen Armnervengeflechts mit Muskelminderung und Schwäche des linken Schulterkappenmuskels sowie des Ellenbeugers sowie subjektive Gefühlsstörungen (herabgesetzte Berührungs- und Schmerzwahrnehmung) und Schmerzen in den Segmenten C V und C VI des linken Armes (Außen- und Vorderseite des Oberarms, Speichenseite und Streckseite des Unterarmes, erste drei Strahlen der linken Hand, in der Handinnenflächen nur der erste Strahl) vor. Diese Beschwerden auf neurologischem Gebiet decken sich nach Prof. Dr. St. nahezu vollständig mit den auf chirurgischem Gebiet festgestellten endgradigen Bewegungseinschränkungen, beruhend auf der Gelenkveränderung und dem geringfügig abstehenden Osteosynthesematerial. Die Verschmächtigung der Schulterkappenmuskulatur und die Schwäche der Schulterkappenmuskulatur mit Oberarmkopftiefstand sind dort bereits erfasst und bewertet worden. Die wenig behindernde Gefühlsstörung rechtfertigt keine Erhöhung der von Prof. Dr. St. für sein Fachgebiet angenommenen Teil-MdE von 10 v.H. zur Bildung einer Gesamt-MdE.
Angesichts des auch nach den Gutachten von PD Dr. M. von 2004 und 2006 erkennbaren gleichgebliebenen Status der Schultergelenkverhältnisse hat der Senat keinen Anlass für eine erneute Begutachtung gesehen. Die in der Berufungsschrift des Klägers angeführten, für aufklärungsbedürftig erachteten Fragen sind darüber hinaus nach der Rechtsauffassung des Senats nicht entscheidungserheblich, weshalb der Senat von der fürsorglich beantragten Beweisaufnahme zu diesen Fragen ebenfalls abgesehen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger eine als vorläufige Entschädigung gewährte Rente entziehen durfte und die Ablehnung der Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit rechtens ist.
Der 1948 geborene Kläger erlitt als Motorradfahrer auf dem Weg zur Arbeit am 28.11.2001 einen Unfall, bei dem er sich neben einer Beckenprellung und Prellung des linken oberen Sprunggelenkes einen Oberarmmehrfragmentbruch links mit Verschiebung zuzog. Die Oberarmfraktur wurde operativ mit einer Humerusplatte versorgt. Nach mehrfacher stationärer und ambulanter Behandlung gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 12.06.2003 ab 28.05.2003 Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. und stellte als Folge des versicherten Unfalls vom 28.11.2001 fest: "Nach operativ versorgtem Bruch des Oberarmkopfes mit Schädigung des Oberarmnerven: Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes, Muskel- und Kraftminderung des Armes, Sensibilitätsstörungen, röntgenologische Veränderungen, noch einliegendes Operationsmaterial, reizlose Narben. Die Beckenprellung links und Prellung am linken Außenknöchel sind folgenlos ausgeheilt". Gestützt war der Bescheid auf das nervenärztliche Gutachten des Neurologen und Psychiaters B. vom 18.03.2003 und auf das unfallchirurgische Gutachten von Prof. Dr. W. vom 09.05.2003.
Am 10.03.2004 stellte der Kläger bei der Beklagten eine Verschlimmerungsantrag wegen Verschlechterung der Unfallfolgen. Die Beklagte holte das orthopädische Gutachten vom 25.05.2004 ein, in dem Dr. M. die unfallbedingte MdE auf orthopädischem Gebiet auf 10 v.H. einschätzte. Unfallbedingt seien an der linken Schulter noch teilweise Bewegungseinschränkungen mit noch einliegendem Osteosynthesematerial vorhanden und es bestehe eine geringfügige Fehlstellung des Oberarmkopfes. Bei nahezu allen passiven Bewegungsprüfungen seien bei seitengleicher Bemuskelung sofort starke Schmerzen an der gesamten Schulter und in allen Bereichen des Ober- und Unterarms angegeben worden und ein deutliches muskuläres Gegenspannen aufgetreten, dessen Kraftentwicklung stärker als bei der eigentlichen Kraftprüfung gewesen sei. Im nervenärztliche Gutachten von Dr. B. und Dr. C. vom 27.05.2004 wurde die unfallbedingte MdE auf neurologischem Fachgebiet mit 15 v.H. bei teilweiser Überschneidung mit dem orthopädischen Fachgebiet angegeben. Es bestehe ein leichtgradiges motorisches Defizit mit Muskelatrophie und ein sensibles Defizit im Versorgungsgebiet des oberen Armplexus links mit intermittierendem Nervenreizzustand. Bei der Untersuchung habe ein erheblich eingeschränktes Bewegungsausmaß aktiv und passiv im linken Schultergelenk vorgelegen, ein aktives Anheben des linken Armes sei nicht möglich gewesen. Es habe sich nicht um Paresen infolge einer Nervenläsion sondern um mechanisch bedingte verminderte Bewegungsausmaße gehandelt. Das sensibles Defizit im Bereich des linken Oberarms und des linken Unterarms mit Ausstrahlung bis zum Daumen entspreche dem Versorgungsgebiet des Nervus radialis, anteilig auch des Nervus medianus, was mit dem Befund einer oberen Armplexusläsion gut vereinbar sei. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 07.07.2004 verwies Dr. M. auf die bei seiner Untersuchung nicht feststellbare Muskelatrophie, was gegen eine schmerzbedingten Bewegungseinschränkung und Kraftlosigkeit der Muskeln spreche. Unter Berücksichtigung der sich mit dem orthopädische Fachgebiet überschneidenden neurologischen Teil-MdE von 15 v.H. ergebe sich eine unfallbedingte Gesamt-MdE von 20 v.H. Er empfehle aber wegen der aufgetretenen Widersprüche eine nochmalige orthopädische und nervenärztliche Beurteilung.
In dem beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 21.7. und 10.08.2004 wurde im Hinblick auf die von Dr. M. ermittelten Bewegungsmaße der Schultergelenke, wonach seitengleich die Armvorhebung um 170 Grad möglich gewesen sei, nur die Abspreizung im Schultergelenk links sei um 40 Grad beeinträchtigt gewesen, die auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet bestehende unfallbedingte MdE mit weniger als 10 v.H. eingeschätzt. Bei Überschneidung der neurologisch und orthopädisch zu beurteilenden Folgen könne die neurologische MdE nicht 15, sondern allenfalls 10 v.H. betragen, die Gesamt-MdE betrage 10 v.H. Dr. Dipl. Psychologe F. führte in seiner eingeholten Stellungnahme vom 12.09. 2004 aus, er könne weder das Gutachten des Kollegen B.t noch das der Kollegen Dr. C. und B. nachvollziehen, da elektrophysiologisch eindeutig neurogene Schädigungszeichen ausgeschlossen bzw. Zeichen eines neurogenen Umbaus oder Denervierungsaktivität nicht festgestellt worden sind. Selbst wenn gewisse neuralgiforme Schmerzen anzunehmen seien, sei maximal eine MdE von 10 v.H. gerechtfertigt. Er stimme einer Gesamt-MdE von 10 v.H. zu.
Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 16.09.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.10.2004 die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ab und entzog die bisherige Rente mit Ablauf des Monats Oktober 2004. Der Bescheid wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 13.10.2004 zugestellt.
Der Kläger legte Widerspruch ein und verwies auf die von ihm vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. S./Privatdozent Dr. M. vom 29.6.2004 und 28.4.2004, die für die Privatversicherung erstattet wurden, und auf das Gutachten von Dr. K. von 03.03.2004, das für den Rentenversicherungsträger erstellt wurde. Aus diesen Gutachten ergebe sich eine deutliche Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks sowie eine MdE um 30 v.H. Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung des Klägers. In seinem Gutachten vom 02.03.2005 schätzte Prof. Dr. W. die ab 01.11.2004 bestehende unfallbedingte MdE auf 10 v.H. Prof. Dr. W. führte aus, die Überprüfung der Schulterbeweglichkeit habe sich schwer gestaltet, da der Kläger aktiv dagegen gespannt habe. Die passiven Bewegungsmaße mit einer Seitwärtsbeweglichkeit und Vorwärtsbeweglichkeit von minimal 150 Grad links gegenüber 180 Grad rechts dürften ohne Gegenspannen des Klägers noch besser ausfallen. Die übrigen Bewegungsrichtungen der Schultergelenke seien seitengleich frei gewesen. Im neurologischen Gutachten von Prof. Dr. St. vom 01.04. 2005 wurde eine klinisch und elektrophysiologisch erkennbare Besserung der anfangs deutlichen Schädigung des oberen linken Armnervengeflechts beschrieben. Der Bewegungsumfang des linken Schultergelenkes sei wechselnd dargeboten worden, zunächst habe sich eine erhebliche Einschränkung gezeigt, im weiteren Verlauf der Untersuchung seien nur noch endgradige Bewegungseinschränkungen zu bemerken gewesen. Die unfallbedingte MdE betrage 10 v.H. Sie überschneide sich vollkommen mit den auf unfallchirurgischem Gebiet vorliegenden Unfallfolgen. Prof. Dr. W. schätzte daraufhin die Gesamt-MdE mit 10 v.H. ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 14.10.2005 beim Sozialgericht Freiburg Klage erhoben und erneut auf die unfallchirurgischen Gutachten von Prof. Dr. S./PD Dr. M. und die nervenärztlichen Gutachten von Dr. C. und Dr. B. verwiesen.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen das auf der Grundlage der Untersuchung des Klägers am 13.01.2006 erstellte unfallchirurgische Gutachten von PD Dr. M. eingeholt zu der Frage, ob die Maßstäbe zur Bemessung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung anders als die für die private Versicherung seien und ob die Auffassung der anderen Begutachtungen zur aktuellen MdE geteilt werde. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, beim Kläger bestehe eine hochgradige Bewegungseinschränkung im Schultergelenk mit deutlicher Muskelatrophie im Bereich des linken Oberarms sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken Ober- und Unterarmes und der linken Hand, eine deutliche Kraftminderung links, eine 12 cm lange reizlos verheilte Narbe und eine in Varusstellung knöchern konsolidierte subcapitale Humerusfraktur. Die Unfallfolgen seien identisch mit seinen gutachtlichen Untersuchungen im März und April 2004. Befundänderungen lägen nicht vor. Die Messwerte von Prof. Dr. W. seien nicht nachvollziehbar. Die MdE betrage 30 v.H. Es sei irrelevant, ob die MdE für eine private Versicherung oder für die Berufsgenossenschaft eingeschätzt werde.
In seiner ergänzenden Äußerung vom 24.05.2006 hat PD Dr. M. dargelegt, die von ihm erhobenen Bewegungsausmaße des Schultergelenks seien die Ausmaße, welche der Kläger habe aktiv durchführen können. Dies sei von ihm in der sogenannten passiven Beweglichkeit überprüft worden. Eine Bewegung über das übliche Schmerzmaß hinaus sei nicht geprüft worden. Insgesamt habe es sich um eine hochgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Schultergelenks gehandelt. Anlässlich seiner Untersuchung habe der Kläger angegeben, dass bei den Voruntersuchungen sein Arm hochgerissen worden sei und er auch einen ganzen Tag danach noch Schmerzen im Schultergelenk gehabt habe.
Die Beklagte hat die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. K. vom 09.02. und 19.06.2006 vorgelegt. Danach bestehe eine unüberbrückbare Diskrepanz der von PD Dr. M. erhobenen Befunde zu den Vorbefunden, die von Dr. M und von Prof. Dr. W. aber auch Prof. Dr. St. erhoben worden seien. Darin beschrieben drei verschiedene Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen unabhängig voneinander ein demonstratives Verhalten des Klägers. Nach dem Kursbuch der ärztlichen Begutachtung sei nur eine geführte Bewegungsuntersuchung korrekt, bei der die Bewegungen vom Untersucher ohne Kraftaufwand überprüft werden. PD Dr. M. habe die aktiven Bewegungsmaße notiert, was den Anforderungen der Gutachtenserstellung nicht gerecht werde, da die aktiven Bewegungsmaße vom Mitwirkungswillen des Versicherten abhängig seien.
Mit Urteil vom 16.01.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich in den Entscheidungsgründen auf die Gutachten von Dr. M, Prof. Dr. W. und Prof. Dr. St. gestützt. Zwar werde die Auffassung des Sachverständigen PD Dr. M. und des Klägers geteilt, dass nur auf das zumutbar auszuführende Bewegungsmaß abgestellt werden könne. Die Diskrepanz zwischen den begutachtenden Ärzten sei jedoch so groß, dass die Entscheidung nicht ausschließlich auf den Befund von PD Dr. M. gestützt werden könne. Dem stehe entgegen, dass dieser auf eine Prüfung der passiven Beweglichkeit und damit auf eine Überprüfung der Angaben des Klägers zur aktiven Beweglichkeit verzichtet habe. Es fehle eine valide Grundlage für die richterliche Überzeugung, dass dem Kläger eine Bewegung in linken Schultergelenk über die Horizontale hinaus, was einer MdE um 20 v.H. bedinge, objektiv unmöglich sei.
Gegen das dem Kläger am 29.01.2007 zugestellte Urteil hat er am 26.02.2007 beim Sozialgericht Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass Sozialgericht habe verkannt, dass es sich bei den berufsgenossenschaftlichen Ärzten um Parteigutachter handele. Prof. Dr. S. und PD Dr. M. seien dagegen seine behandelnden Ärzte und vollumfänglich über seinen Krankheitszustand informiert. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Sozialgericht die im Wege der von ihm angestrengten Beweisaufnahme erhaltenen Befunde mit einer unfallbedingten MdE um 30 v.H. nicht seiner Entscheidung zugrundegelegt habe. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe der Sachverständige PD Dr. M. die passive Beweglichkeit geprüft. Die Ärzte der berufsgenossenschaftlichen Kliniken seien zu dem anderen Ergebnis gekommen, weil er von ihnen über das übliche Schmerzmaß hinaus körperlich "bearbeitet" worden sei. Fürsorglich werde beantragt, ein Sachverständigengutachten zu den Fragen einzuholen, wie die Beweglichkeit des Schultergelenks zu prüfen sei, ob eine Beweglichkeit der Schultergelenke unter Schmerzen Basisgrundlage für eine Beurteilung sei und ob unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe bei der Beurteilung von Körperschäden im privat- und versicherungsrechtlichen Bereich anzusetzen seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.01.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 15.09.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.11.2004 Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die für zutreffend erachteten Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil. Sie hat die beratungsärztliche Stellungnahmen von Dr. K. vom 04.06.2007 vorgelegt. Danach seien die Angaben zu den Bewegungsausschlägen der betroffenen Extremitäten auf die geführte Beweglichkeit zu beziehen und gerade nicht auf die aktive oder passive Beweglichkeit. Das vom Sachverständigen PD Dr. M. beschriebene Vorgehen entspreche nicht den Erfordernissen. Beim Kläger sei bei der Untersuchung im Mai 2003 ein Umfangsdefizit von zwei Zentimetern bzw. einem Zentimeter am linken Arm gegenüber rechts aufgefallen, im Mai 2007 (gemeint 2004) habe links ein Umfangsplus von einem Zentimeter am Oberarm und ein Umfangsminus von einem Zentimeter am Unterarm bestanden, im März 2005 sei an beiden Oberarmen keine Seitendifferenz, am Unterarm eine Differenz von einem Zentimeter nachgewiesen. Ein Umfangplus für die rechte obere Extremität sei bei dem Kläger als Rechtshänder zu erwarten. Die von Prof. Dr. S. und PD Dr. M. beschriebenen Seitendifferenzen von drei Zentimetern bzw. vier Zentimetern an Ober- und Unterarm seien in den Gutachten nicht erläutert worden. Sie stünden in einem unüberbrückbaren Gegensatz zu dem Ergebnis vorangegangener Untersuchungen. Die von der Bewegungseinschränkung auf die Muskelminderung verlagerte Diskussion berühre jedoch prinzipiell die gleiche Problematik.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Akte des Berufungsverfahrens wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente über den 31.10.2004 hinaus.
Ein Anspruch auf Rente auf unbestimmte Zeit setzt voraus, dass die Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII ). Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 SGB VII).
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgabe ist die Berufung nicht bereits deshalb unbegründet, weil das geänderte Klagebegehren des Klägers unzulässig ist. Die Umstellung des Klagebegehrens von der - zulässigen - Anfechtungsklage auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist gem. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht als Klageänderung anzusehen, denn bei der Erweiterung des Klageantrags um den Leistungsantrag auf Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit wird der Klagegrund, die Anspruchsgrundlage nach § 56 SGB VII mit dem Tatsachenvorbringen, auch ab 01.11. 2004 bestehe noch eine rentenrelevante MdE, beibehalten.
Für diese Klageerweiterung besteht auch ein Rechtsschutzinteresse, weil der Kläger mit der Anfechtungsklage nur den Eintritt der Rechtsfolgen aus § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII erreichen kann. Mit Aufhebung des Rentenentziehungsbescheides der Beklagten ist in dem Dreijahreszeitraum nach dem Versicherungsfall keine anderweitige Entscheidung zur Rente auf unbestimmte Zeit getroffen, weshalb die als vorläufige Entschädigung gewährte Rente nach einer MdE um 20 v.H. als Rente auf unbestimmte Zeit weiterzugewähren wäre. Eine Rente nach einer höheren MdE, gegebenenfalls auch ab einem späteren Zeitpunkt kann der Kläger nur auf Leistungsantrag erhalten. Die im angefochtenen Bescheid der Beklagten ausgesprochene Ablehnung der Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit enthält insoweit auch die Ablehnung des Verschlimmerungsantrags des Klägers vom 10.03.2004 und der Leistungsanspruch auf höhere Rente ist somit auch Gegenstand des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens gewesen.
Es steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass eine unfallbedingten MdE von wenigstens 20 v.H. spätestens ab 01.11. 2004 nicht mehr vorgelegen hat.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII; vgl. auch BSGE 63, 207, 209 = SozR 2200 § 581 Nr. 28). Dabei kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung; sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind (vgl. BSG SozR 2200 § 581 Nrn. 22 und 23). Bei der Beurteilung der MdE sind aber auch die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen (vgl. BSG SozR 2200 § 581 Nr. 23 und 27). Bei einer Vielzahl von Unfallfolgen haben sich im Laufe der Zeit für die Schätzung der MdE Erfahrungswerte herausgebildet. Sie sind in Form von Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und dienen als Anhaltspunkte für die MdE Einschätzung im Einzelfall. Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte bilden lediglich die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, und gewährleisten, dass alle Betroffenen bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (Ruppelt in Schulin HS UV, § 48 RdNr 28). Den MdE Tabellen kommt nicht der Rechtscharakter einer gesetzlichen Norm zu. Sie können vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten angesehen werden, um den unbestimmten Rechtsbegriff der MdE auszufüllen (BSG SozR 3 2200 § 581 Nr. 5).
Auf unfallchirurgischem Gebiet ist zur Überzeugung des Senats keine Funktionseinschränkung im linken Schultergelenk des Klägers nachgewiesen, die eine Teil-MdE von mehr als 10 v.H. rechtfertigt. Hierbei geht der Senat von den von Prof. Dr. W. und Dr. M. auf unfallchirurgischem/orthopädischem Gebiet beschriebenen Unfallfolgen aus, die von Prof. Dr. St. aus neurologischer Sicht bestätigt worden sind. Nach seinem überzeugenden Gutachten vom 02.03.2005 konnte Prof. Dr. W. bei seiner Untersuchung des Klägers am 19.01.2005 eine geringfügige Muskelminderung der Schultergürtelmuskulatur links und mit hieraus resultierendem Schulterkopftiefstand sowie eine Schultergelenksbeweglichkeit links mit Anheben seitwärts bis 150 Grad und vorwärts bis 150 Grad gegenüber jeweils 180 Grad rechts erheben. Am Ober- und Unterarm bestand keine wesentliche Muskelminderung. Nach seinem radiologischen Befund war die Humerusmehrfragmentfraktur links in achsengerechte Stellung vollständig knöchern konsolidiert. Die noch eine einliegende Platte stand im Humeruskopfbereich etwas ab. Dies deckt sich weitgehend mit dem von Dr. M. am 25.05.2004 erhobenen Befund, wonach die Vorwärtsbewegung mit 170 Grad sogar besser als bei der ein Jahr später stattgefundenen Untersuchung bei Prof. Dr. W. war und keinen Unterschied zur Gegenseite erkennen ließ. Die Abspreizbewegung mit 130 Grad war zwar weniger weitgehend wie bei der Untersuchung von Prof. Dr. W., lag jedoch noch deutlich über der für die Funktionalität der Schulter bedeutsamen Horizontalen von 90 Grad. Zweifel an der Objektivität der Gutachter ergeben sich für den Senat nicht aus den Gutachten von Dr. M., Prof. Dr. W.und Prof. Dr. St., wobei nur Prof. Dr. W. an einer berufsgenossenschaftlichen Klinik tätig ist, was im übrigen keine Abhängigkeit zur Beklagten begründet.
Aus den von Prof. Dr. S. und PD Dr. M. erhobenen Untersuchungsbefunden ergeben sich zur Überzeugung des Senats keine Zweifel an den gutachterlichen Feststellungen von Prof. Dr. W. und Dr. M ... Die gutachterliche Stellungnahme vom 29.06.2004 wurde von Dr. S. und von PD Dr. M. erstellt, wie auch das Gutachten vom 28.04.2004 von beiden Ärzten unterzeichnet wurde. Die bei der Untersuchung des Klägers am 22.03.2004 erhobenen Bewegungsmaße für die Schultergelenke mit 40-0-20 für die armseitwärts/armkörperwärts Bewegung und 20-0-30 für die Rückwärts und Vorwärtsbewegung links weichen erheblich von den bei der Untersuchung durch Dr. M. nur zwei Monate später, am 25.05.2004 erhobenen Bewegungsmaßen ab. Das ebenso von PD Dr. M. im Rahmen des gerichtlich veranlassten Sachverständigengutachtens am 13.01.2006 erhobene Bewegungsprofil für die Schultergelenke ergab dagegen annähernd die gleichen Bewegungsausmaße (seitwärts/körperwärts 50-0-20, rückwärts/vorwärts 20-0-60 links, 180-0-40 und 40-0-170 auf der rechten Seite) wie bei seinem 2004 erhobenen Befund. Insoweit ist nach den von PD Dr. M. erhobenen Untersuchungsergebnissen ebenso keine Änderung eingetreten, wie sich dies auch aus dem Vergleich der Bewegungsmaße von Prof. Dr. W. aus dem Jahr 2005 mit denen von Dr. M. aus dem Jahr 2004 erhobenen ergibt. Andererseits sind die von Dr. K. beschriebenen Bewegungsmaße (seitwärts/körperwärts 70-0-30, rückwärts/vorwärts 30-0-70 für die linke Schulter), die sich aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachtensauszug vom 03.03.2004 ergeben, wiederum besser als die von PD Dr. M. ebenfalls im Jahr 2004 erhobenen Maße, wenn sie auch nicht die von Dr. M. ermittelten Bewegungsausschläge erreichen.
Die annähernd zeitgleich erhobenen Bewegungseinschränkungen nach röntgenologisch gleich bleibendem Befund lassen somit deutliche Unsicherheiten bei der Ermittlung der Bewegungseinschränkung erkennen. In den Gutachten von Prof. Dr. W. und von Dr. M. wird aber auf ein demonstratives Verhalten des Klägers hingewiesen. Dr. M. beschreibt ein deutliches Gegenspannen bei der Bewegungsprüfung, wobei die Kraftanstrengung größer war als die demonstrierte Kraftminderung bei der Kraftprüfung. Auch bei der Kraftprüfung beschreibt Dr. M. eine fehlende Überschussreaktion des Klägers bei plötzlicher Aufgabe des Widerstands, was dafür spricht, dass der Kläger bei der Kraftprüfung nicht die ihm mögliche volle Kraft auf den ihm entgegengehaltenen Widerstand ausgeübt hat. Sowohl bei der Untersuchung durch Dr. M. als auch durch Prof. Dr. W., wie auch bei Prof. Dr. St. wurden eine anfänglich große Schmerzempfindlichkeit und schmerzbedingte erhebliche Bewegungseinschränkungen beobachtet, was aber im Laufe der Untersuchungen sich änderte, sodass zuletzt nur noch endgradige Bewegungseinschränkungen bei den Bewegungsprüfungen auftraten. Vergleichbare Beobachtungen sind den Gutachten von PD Dr. M. bzw. Prof. Dr. S. nicht zu entnehmen. Wenn auch der Senat, anders als die Beklagte, nicht davon ausgeht, dass die von den beiden Ärzten ermittelten Bewegungsmaße nicht dem wissenschaftlichen Standard entsprechend erhoben worden sind, denn den Erläuterungen von PD Dr. M. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24.5.2006 ist die von Dr. K. beschriebene "geführte" Bewegungsprüfung und nicht eine allein durchgeführte "aktive" Bewegungsprüfung zu entnehmen, so bestehen doch Zweifel, ob die von PD Dr. M./Prof. Dr. S. erhobene geringere Beweglichkeit des linken Schultergelenks auf einer unfallbedingten Einschränkung durch Schmerzen oder auf dem von anderen Ärzten beschriebenen Demonstrationsverhalten des Klägers beruht. Jedenfalls hat der Kläger bei den Untersuchungen durch Dr. M. und auch bei den späteren Untersuchungen durch Prof. Dr. W. und Prof. Dr. St. zunächst nicht gerügt, dass ihm unzumutbare und nur unter Schmerzen mögliche Bewegungsprüfungen abgefordert worden sind, was aber bei dem Streit um die Aussagekraft der unterschiedlichen Bewegungsmaße zu erwarten gewesen wäre. Erst in der ergänzenden Stellungnahme von PD Dr. M. vom 24.05.2006 wird ein entsprechendes Vorbringen des Klägers wiedergegeben, der Kläger selbst hat die Untersuchungsmethoden erst danach vor dem Sozialgericht gerügt. Eine Bewegungsprüfung dieser Ärzte über das zumutbare Maß hinaus ist für den Senat daher nicht glaubhaft. Andererseits hat PD Dr. M. angegeben, eine Bewegung über das übliche Schmerzmaß hinaus beim Kläger nicht geprüft zu haben, was unter Würdigung der dargelegten Umstände nahelegt, dass bei der zwar formal korrekt durchgeführten Bewegungsprüfung durch PD Dr. M. auf die demonstrierte Schmerzempfindlichkeit Rücksicht genommen wurde, ohne sie zu hinterfragen.
Die von PD Dr. M. mitgeteilten Umfangsdifferenzen der Muskulatur an den Armen sind für den Senat kein überzeugende Hinweis auf eine schmerzbedingte Schonhaltung des vom Unfall betroffenen linken Schultergelenkes des Klägers. Passend zur geringen Bewegungseinschränkung haben die Ärzten Dr. M. und Prof. Dr. W. jeweils im Jahresabstand von 2004 bis 2005 keine oder allenfalls geringfügige Unterschiede der Umfänge des Oberarm- und Unterarmmuskels im Vergleich zur Gegenseite erhoben. Insbesondere Dr. M. hat am 25.05.2004 am Oberarm Unterschiede von einem Zentimeter, jeweils an verschiedenen Stellen des Oberarms und auch wechselnd mit einem Zentimeter plus auf der einen oder anderen Körperseite festgestellt, sodass bereits hieraus eine Schonhaltung durch Minderinnervation der Muskulatur nicht zu erkennen ist. Inwiefern die Umfangsdifferenz mit einem Minus auf der linken Seite von bis zu drei Zentimetern bei der Untersuchung durch Prof. Dr. S./PD Dr. M. am 22.03.2004 sich binnen zwei Monate gebessert haben soll, um ca. zwei Jahre später bei der Untersuchung durch PD Dr. M. am 13.01.2006 in annähernd gleicher Ausprägung mit einer Differenz von drei bis vier Zentimetern wieder aufzutreten, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass bei anderen Untersuchungen durch andere Ärzte, nämlich durch Prof. Dr. W. am 19.01.2005 und durch Prof. Dr. St. am 30.03.2005 keine Muskelminderung in dem von PD Dr. M. festgestellten Umfang hat erhoben werden können. Auf die von Dr. B. und seinem Praxiskollegen Dr. C. in ihren Gutachten für eine Privatversicherung und einen anderen gesetzlichen Versicherungsträger zum Ausdruck gebrachte Einschätzung einer Muskelminderung, wie es Dr. B. in seinem Gutachten für die Beklagte vom 27.05. und 30.6.2004 wiederholt hat, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Das genaue Ausmaß der Muskelminderung haben Dr. B. und Dr. C. in ihren nervenärztlichen Gutachten nicht angegeben. Dr. B. hat in seiner erläuternden Stellungnahme vom 30.06.2004 auf das Gutachten von Prof. Dr. W. vom 09.05.2003 Bezug genommen. Die dort mitgeteilten Umfangmaße mit zwei Zentimetern bzw. einem Zentimeter Minus am linken Oberarm gegenüber rechts sind nach Dr. K. für die vom Kläger demonstrierte extreme Bewegungseinschränkung nicht beweisend, da bei einem Rechtshänder eine Umfangsdifferenz von einem Zentimeter plus an der rechten Extremität zu erwarten ist.
Die von Prof. Dr. W. und Dr. M. für ihr Fachgebiet angenommene Teil-MdE von 10 v.H. ist sonach nicht zu beanstanden, denn die MdE-Einschätzung steht im Einklang mit der unfallmedizinischen Literatur, wonach Bewegungseinschränkungen im Schultergelenk mit Vorhebung bis zu 120 Grad eine MdE von 10 v.H. und erst eine Einschränkung mit Vorhebung bis nur 90 Grad eine MdE von 20 v.H. rechtfertigen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 604). Die dem Kläger noch mögliche Vorhebung über 120 Grad hinaus würde danach keine erhebliche Erwerbsminderung begründen. Im Hinblick auf die aus dem Röntgenbefund erkennbaren Veränderungen mit Schulterkopftiefstand und der geringfügigen Verschmächtigung der Schultermuskulatur mit möglicher endgradiger schmerzbedingter Bewegungseinschränkung durch das geringfügig abstehende Osteosynthesematerial ist jedoch die von Prof. Dr. W. angenommene Teil-MdE von 10 v.H. zu rechtfertigen.
Nach dem neurologischen Gutachten von Prof. Dr. St. liegen auf neurologischem Gebiet eine Teilschädigung des linken oberen Armnervengeflechts mit Muskelminderung und Schwäche des linken Schulterkappenmuskels sowie des Ellenbeugers sowie subjektive Gefühlsstörungen (herabgesetzte Berührungs- und Schmerzwahrnehmung) und Schmerzen in den Segmenten C V und C VI des linken Armes (Außen- und Vorderseite des Oberarms, Speichenseite und Streckseite des Unterarmes, erste drei Strahlen der linken Hand, in der Handinnenflächen nur der erste Strahl) vor. Diese Beschwerden auf neurologischem Gebiet decken sich nach Prof. Dr. St. nahezu vollständig mit den auf chirurgischem Gebiet festgestellten endgradigen Bewegungseinschränkungen, beruhend auf der Gelenkveränderung und dem geringfügig abstehenden Osteosynthesematerial. Die Verschmächtigung der Schulterkappenmuskulatur und die Schwäche der Schulterkappenmuskulatur mit Oberarmkopftiefstand sind dort bereits erfasst und bewertet worden. Die wenig behindernde Gefühlsstörung rechtfertigt keine Erhöhung der von Prof. Dr. St. für sein Fachgebiet angenommenen Teil-MdE von 10 v.H. zur Bildung einer Gesamt-MdE.
Angesichts des auch nach den Gutachten von PD Dr. M. von 2004 und 2006 erkennbaren gleichgebliebenen Status der Schultergelenkverhältnisse hat der Senat keinen Anlass für eine erneute Begutachtung gesehen. Die in der Berufungsschrift des Klägers angeführten, für aufklärungsbedürftig erachteten Fragen sind darüber hinaus nach der Rechtsauffassung des Senats nicht entscheidungserheblich, weshalb der Senat von der fürsorglich beantragten Beweisaufnahme zu diesen Fragen ebenfalls abgesehen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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