Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 2633/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 1306/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 v. H. auf Grund der psychischen Folgen des Unfalls vom 21. Juli 2000.
Der 1947 geborene Kläger erlitt am 21. Juli 2000 auf dem Nachhauseweg von der Arbeit gegen 14:40 Uhr einen Wegeunfall (s. Unfallanzeige der BS - B. GmbH vom 27. Oktober 2000), als aus der entgegenkommenden Fahrzeugkolonne die Unfallverursacherin auf die Gegenfahrbahn geriet und mit dem vom Kläger gefahrenen Lkw frontal zusammenstieß. Die angeschnallte Unfallverursacherin verstarb am Unfallort auf Grund einer Halswirbelsäulenfraktur. Der vom Kläger gefahrene Lkw der Marke DB Typ 308 D war auf der linken Frontseite stark eingedrückt, der Fahrgastraum war gestaucht und die Frontscheibe beschädigt. Im Durchgangsarztbericht erhob Prof. Dr. P., Städtisches Klinikum K., bei dem der Kläger am Unfalltag um 15:10 Uhr eintraf, einen leichten Druck- und Bewegungsschmerz der HWS sowie eine Prellmarke links thorakal und diagnostizierte eine HWS-Distorsion I. Grades. Nach (telefonischer) Mittelung des Arbeitgebers war der Kläger bis 4. August 2000 arbeitsunfähig krank geschrieben; an diesem Tag fuhr er ausweislich des vorgelegten Tickets mit dem Reisebus in Urlaub nach Bosnien. Arbeitsunfähigkeit bestand dann wieder am 25. und 26. September 2000, vom 18. bis 27. Oktober 2000, am 14. Mai 2001, vom 18. bis 29. Juni 2001, 9. Oktober bis 9. November 2001 und 15. Januar 2002 bis 14. Juni 2003. Prof. Dr. P. berichtete im Nachschaubericht vom 25. September 2000 ebenso wie Dr. G. in dem vom 26. September 2000 über HWS-Beschwerden. Weder in dem einen noch in dem anderen Bericht sind psychische Beschwerden dokumentiert, die dann mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 21. März 2001 gegenüber der Beklagten geltend gemacht wurden: Der Kläger habe ein schweres seelisches Trauma erlitten, da sein Verhalten kausal für den Tod der Unfallgegnerin gewesen sei. Er traue sich nicht mehr, seinen Pkw zu führen. Am 10. März 2001 habe er am ganzen Leib gezittert und sein Fahrzeug an seine Frau übergeben, weil das nachfolgende Fahrzeug (im Stadtverkehr) dicht aufgefahren sei. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch Dr. O., der im Gutachten vom 6. Juni 2001 eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizierte, die MdE mit unter 10 v. H. bewertete und eine Verhaltenstherapie bei Dipl.-Psych. K. in K. empfahl. Dieser teilte der Beklagten jedoch mit, dass sich der Kläger nur einmal vorgestellt habe und keine weitere Therapie wünsche. Mit Bescheid vom 8. Februar 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen des Arbeitsunfalls mit der Begründung ab, dass die beim Unfall erlittenen Gesundheitsstörungen (HWS-Distorsion Grad I, posttraumatische Belastungsstörung) keine messbare MdE verursacht hätten. Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte den Ärztlichen Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums L. in Bad S. vom 11. März 2003 bei und erhob Berichte des ab 10. Juli 2001 behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. sowie der ab Oktober 2001 behandelnden Dipl.-Psych. N.-S., die sich auch mit weiteren vom Kläger vorgelegten Berichten vom 3. Februar und 31. Mai 2003 äußerte. Dr. O. riet in seinem weiteren Gutachten vom 17. Juni 2002 zu einer stationären Rehabilitationsbehandlung. Daraufhin erfolgte eine Behandlung des Klägers in der Schwarzwaldklinik Neurologie in Bad K. vom 30. Juli bis 27. August 2002 (s. Entlassungsbericht vom 2. September 2002). Schließlich beauftragte die Beklagte Prof. Dr. E., Universitätsklinikum F., mit der Erstellung eines Gutachtens. Der Sachverständige vertrat die Auffassung, dass die posttraumatische Belastungsstörung Unfallfolge sei und eine MdE von 10 v.H. rechtfertige. Es bestünden noch Schlafstörungen mit Alpträumen, gelegentlich auftretende Ängste und vegetative Symptome beim Autofahren, bei an den Unfall erinnernden Situationen am Arbeitsplatz und bei Fernsehsendungen mit Unfällen. Daneben liege eine depressiven Episode vor, die vor allem seinen Gesundheitszustand beeinträchtige, die aber nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden könne (Gutachten vom 25. November 2002 und ergänzende Stellungnahme vom 5. März 2003). Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2003 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 28. Juli 2003 Klage erhoben. Das Sozialgericht K. (SG) hat Dr. F. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt, der die depressive Symptomatik als Teil der posttraumatischen Belastungsstörung angesehen und entgegen Prof. Dr. E. ursächlich auf den Unfall zurückgeführt hat. Anschließend hat das SG das Gutachten des Prof. Dr. E. vom 12. Mai 2004 (mit ergänzender gutachtlicher Stellungnahme vom 4. November 2004) eingeholt. Nach der Beurteilung dieses Sachverständigen leidet der Kläger unfallbedingt an einer posttraumatischen Belastungsstörung und komorbiden depressiven Störung mit einer MdE von 100 v.H. Die Beklagte hat hierzu beratungsärztliche Stellungnahmen des Prof. Dr. G. vom 20. Juli und 13. Dezember 2004 vorgelegt. Mit Urteil vom 23. Februar 2005 hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, unter Anerkennung einer mittelgradigen depressiven Störung mit somatischem Syndrom, Angst und Panik als Arbeitsunfallfolge, Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. nach Ende der arbeitsunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit zu gewähren; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen das der Beklagten am 17. März 2005 zugestellte Urteil hat sie am 31. März 2005 Berufung eingelegt, der Kläger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2006 Anschlussberufung. Die Beklagte ist der Beurteilung des Prof. Dr. E. unter Hinweis auf die Gutachten bzw. Stellungnahme von Dr. O., Prof. Dr. E. und Prof. Dr. G. entgegengetreten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts K. vom 23. Februar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils und der Bescheide der Beklagten im Wege der Anschlussberufung die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 v. H. zu gewähren,
hilfsweise die Ehefrau des Klägers zu dem Beweisantrag wie im Schriftsatz vom 19. Oktober 2006 (Bl. 187 LSG-A) zu dem dort genannten Beweisthema zu vernehmen,
ferner die Ehefrau des Klägers als Zeugin zu hören zu dem Beweisthema:
1) aus Angst ist der Kläger nicht am 06.08.2000 mit ihr im Pkw, sondern schon am 04.08.2000 mit dem Bus nach Bosnien gefahren.
2) zu dieser Aussage 1) soll Prof. Dr. B. ergänzend gehört werden.
Der Senat hat von der AOK S. die Auskunft vom 16. August 2005 und vom (seit Februar 2001) behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. W. die schriftliche sachverständige Zeugenaussage vom 31. Juli 2006, der weitere Arztberichte beigefügt waren, eingeholt. Die Versuche des Senats, vom damals behandelnden Arzt Dr. N., der inzwischen verstorben ist, Unterlagen beizuziehen, sind gescheitert. Sodann hat der Senat von Prof. Dr. B. das Gutachten vom 6. September 2006 eingeholt; danach hat der Sachverständige auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine Unfallfolge feststellen können. Dipl.-Psych. Nagel-Schmitt übersandte auf Veranlassung des Klägers den Therapiebericht vom 30. August 2006. Anschließend hat der Senat nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. E. die ergänzende gutachtliche Stellungnahme vom 10. April 2007 eingeholt; hierin hat er seine frühere MdE-Bewertung korrigiert und nunmehr auf ") 40 v. H." eingeschätzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, auf die beigezogenen Akten des Versorgungsamtes K. und der LVA Baden-Württemberg sowie die Akten des SG und des LSG ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) sowie frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig; die vom Kläger eingelegte - unselbständige - Anschlussberufung ist ebenfalls zulässig. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet, die Anschlussberufung des Klägers dagegen unbegründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht zur Leistungsgewährung verurteilt, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente, weil die Unfallfolgen keine rentenberechtigende MdE um mindestens 20 v.H. begründen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 8. Februar 2002/Widerspruchs-bescheid vom 10. Juli 2003, mit dem die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt hat. Auf diesen im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch finden die Vorschriften des Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) Anwendung (§ 212 SGB VII).
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Versicherungsfälle sind gem. § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 und 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gehört zur versicherten Tätigkeit auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Nach ständiger Rechtssprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Gesundheitsstörung, derentwegen Entschädigungsleistungen begehrt werden, erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 128). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr dafür als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben, was nach der Auffassung des praktischen Lebens abzuleiten ist (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R). Diese Grundlagen der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten auch für psychische Störungen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 26/04 R). Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern. Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (z.B. ICD-10). Denn je genauer und klarer die bei dem Versicherten bestehenden Gesundheitsstörungen bestimmt sind, um so einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen sowie letztlich die MdE zu bewerten (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 26/04 R). Bestehen Zweifel an der Geeignetheit des als Krankheitsursache angeschuldigten Ereignisses, muss das Gericht die im ärztlichen Gutachten vorgenommene Zusammenhangsbeurteilung anhand des anerkannten Standes der wissenschaftlichen Erkenntnis prüfen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 40/05 R).
Der Kläger hat unstreitig zum Zeitpunkt des Unfalls eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Ebenso unstreitig ist auf Grund des Durchgangsarztberichts und der Nachschauberichte des Prof. Dr. P. bzw. des Dr. G., dass er sich beim Unfall eine HWS-Distorsion I. Grades sowie eine Prellmarke links thorakal zugezogen hat. Entgegen der Auffassung das SG hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid aber keine Feststellung hinsichtlich der Unfallfolgen getroffen und damit keine "Unfallfolgen anerkannt". Der Verfügungssatz des angegrifffenen Bescheids lautet nur "ein Anspruch auf Rente wegen ihres Arbeitsunfalls besteht nicht"; der Bescheid enthält - lediglich als Begründungselement - die Aussage, dass die Folgen des Unfalls (HWS-Distorsion Grad I, posttraumatische Belastungsstörung (PTSD)) über die 26. Woche hinaus keine messbare MdE verursacht haben. Eine PTSD ist daher nicht bescheidmäßig als Unfallfolge festgestellt.
Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen sieht der Senat eine PTSD nicht als erwiesen an. Er stützt seine Entscheidung auf das Gutachten von Prof. Dr. B., der für den Senat anhand der von ihm erhobenen Befunde, unter Berücksichtigung der dokumentierten Aktenlage sowie des ICD-10-GM 2004/2005 (hinsichtlich F 43.1 identisch mit ICD-10-GM 2007) plausibel und detailliert begründet dargelegt hat, welche Widersprüchlichkeiten sich im Verhalten des Klägers im Verfahrensverlauf gezeigt haben und deshalb Zweifel an dessen Darstellung aufkommen lassen und warum er eine PTSD nicht diagnostizieren kann. Dabei hat er zunächst überzeugend dargelegt, dass die charakteristischen klinischen Merkmale dieses Erkrankungsbildes das ungewollte Wideraufleben des traumatischen Erlebnisses in sich aufdrängenden Erinnerungen, in Träumen oder Alpträumen vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein oder emotionaler Stumpfheit sind, ferner das Vermeiden von Situationen, die an das Ereignis erinnern, Ängste oder Phobien, Einschränkungen der emotionalen Reagibilität und anhaltenden Symptome eines erhöhten Erregungsniveaus, wie Schlafstörungen, Reizbarkeit oder Schrecksituationen. Das Ereignis, das diese Symptome hervorruft, wäre für fast jeden Menschen belastend, es wird im Einzelfall mit intensiver Angst, Schrecken oder Hilflosigkeit erlebt. Die PTSD folgt dem Trauma unmittelbar bzw. mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann (ICD-10-GM 2007). Ferner hat der Sachverständige aufgezeigt, dass diese Voraussetzungen unter Berücksichtigung des von ihm erhobenen Befundes sowie des dokumentierten Krankheitsverlaufs nicht vorliegen. Der von Prof. Dr. B. beschriebene psychische Befund (vgl. hierzu S. 18 bis 21 des Gutachtens) ist regelrecht und der geschilderte aktuelle Tagesablauf geben keine Hinweise auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, insbesondere einer PTSD; das selbe gilt nach der dokumentierten Aktenlage bei kritischer Würdigung des Verhaltens des Klägers während des gesamten Verfahrensverlaufs. Weder gegenüber Prof. Dr. P. (s. Durchgangsarztbericht vom 22. Juli 2000 und Nachschaubericht vom 25. September 2000) noch gegenüber Dr. G. (s. Nachschaubericht vom 26. September 2000) hat der Kläger einer PTSD entsprechende Beschwerden geäußert. Der Kläger ist am 4. August 2000, somit am letzten Tag seiner Krankschreibung, mit dem Reisebus - seine Ehefrau ist mit dem Pkw am 6. August hinterher gefahren - in Urlaub nach Bosnien gefahren; insoweit weist der Sachverständige plausibel darauf hin, dass dieses Verhalten diametral zu der diagnostischen Annahme eines andauernden Gefühls von Betäubtsein oder emotionaler Stumpfheit, Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen bzw. Teinahmslosigkeit gegenüber seiner Umgebung steht. Danach hat der Kläger seine Arbeit wieder aufgenommen und - mit kurzen Unterbrechungen - bis 8. Oktober 2001 verrichtet; erst anschließend sind - ausweislich des Vorerkrankungsregisters der AOK Mittlerer Oberrhein - psychische Störungen als Grund für die Arbeitsunfähigkeit dokumentiert. In psychiatrische Behandlung hat sich der Kläger erst am 10. Juli 2001 begeben, in psychotherapeutische erst im Oktober 2001 (s. Psychotherapie-Bericht der Dipl.-Psychologin N. -S. vom 30. August 2006). Dr. W. hat nur von sporadischen Vorstellungen berichtet und ist von einer anderweitigen Behandlung ausgegangen (s. seine sachverständigen Zeugenaussage vom 31. August 2006). Gegenüber dem Gutachter Dr. O. hat der Kläger noch am 9. Mai 2001 angegeben, eine Behandlung nicht erwogen zu haben. Selbst die von der Beklagten initiierte Therapie bei Dipl.-Psych. K. hat der Kläger nicht wahrgenommen (s. Bl. 74 u. 76 d. Verw.-Akten der Beklagten). Aus diesen tatsächlichen Umständen lässt sich - wie Prof. Dr. B. zutreffend beurteilt hat - zu keinem Zeitpunkt ein Leidensdruck des Klägers, der auf eine PTSD hinweisen könnte, erkennen. Auch das für eine PTSD typische Vermeidungsverhalten kann beim Kläger - was Prof. Dr. B. zu Recht ausgeführt hat - nicht festgestellt werden. So hat der Kläger am 4. August 2000, genau zwei Wochen nach dem Unfall, eine Urlaubsreise in die bosnische Heimat angetreten, ist dabei jedoch - entgegen seiner Angaben gegenüber Prof. Dr. B. und früheren Sachverständigen - nicht selbst mit seinem Pkw gefahren, sondern hat den Reisebus genommen. Hierin liegt schon objektiv kein Vermeidungsverhalten, denn es ist nicht plausibel zu erklären, warum der Kläger aus Angst vor Erinnerungen an das Trauma (= Vermeidungsverhalten) nicht den eigenen Pkw - als Fahrer oder Mitfahrer - nutzen kann, wohl aber einen Reisebus. Auch im späteren Verlauf hat der Kläger kein Vermeidungsverhalten gezeigt. Dr. O. hat er berichtet, dass er zu den Gesprächsterminen zur Dipl.-Psych. Nagel-Schmitt selbst mit dem Auto gefahren ist (s. Bl. 104 d. Verw.-Akte d. Bekl.). Schließlich hat der Kläger auch gegenüber Prof. Dr. B. angegeben, bei Regen mit dem Auto zum Garten zu fahren und auch auf der Urlaubsreise nach Bosnien ("höchstens bissel Autobahn") selbst den Pkw zu lenken. Das bedeutet aber, dass er sowohl auf der Autobahn als auch auf einer Bundesstraße (mit Gegenverkehr) am Straßenverkehr teilnimmt. Zudem ist auch nicht vorgetragen worden, dass der Kläger nach dem Unfall nicht mehr selbst zur Arbeit gefahren ist. Ein Vermeidungsverhalten ist somit nicht zu erkennen. Nächtliche Alpträume und Erinnerungen (flash backs) sind ebenfalls nicht belegt. Wie Prof. Dr. B. zutreffend dargelegt hat, ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger diese ihn subjektiv so belastende Symptomatik weder anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung noch bei der Nachschau bei Prof. Dr. P. und Dr. G. erwähnt hat. Prof. Dr. B. hat auch darauf hingewiesen, dass die ihm geschilderten Träume nicht alle unfallbezogen sind (Bl. 142/143 der LSG-Akten). Auffallend ist ferner, dass - auch hierauf weist Prof. Dr. B. hin - die Beschreibung des Unfalls durch den Kläger anlässlich der einzelnen Begutachtungen stark variiert. Gegenüber Prof. Dr. E. hat er angegeben, die Unfallgegnerin "sterben gesehen" zu haben. Bei Prof. Dr. E. hat er geäußert, von der Toten erst zu hause erfahren zu haben. Gegenüber Dr. F. hat er gesagt, die Frau sei sofort tot gewesen. Schließlich hat er bei Prof. Dr. B. angegeben, die Unfallgegnerin habe "so" (Kopf auf der Seite liegend (Erklärung des Sachverständigen)) gesessen und Blut sei ihr aus Ohren und Mund gespritzt, sie war sofort tot. Abgesehen davon, dass sich diese beiden Aussagen medizinisch gegenseitig ausschließen, sind sie widersprüchlich und schwer mit seinen Angaben zu vereinbaren, dass er einige Zeit nach dem Unfall unter Schock gestanden habe und kaum aus dem Lkw gekommen sei. Auch die Angaben des Klägers hinsichtlich eines Gefühls von Schuld oder Mitschuld am Tod der Unfallgegnerin widersprechen sich. In den jeweiligen Begutachtungssituationen - also gegenüber Dr. O., Prof. Dr. E., Prof. Dr. E. und Prof. Dr. B. - hat er Schuldgefühle, dass er für den Tod der Frau verantwortlich sei, geäußert. Dagegen hat er im Reha-Verfahren berichtet, die Unfallgegnerin sei ohne sein Verschulden tödlich verunglückt und auch gegenüber Dr. F. hat er am 10. Juli 2001 weder Schuldgefühle noch Selbstvorwürfe angeben. Wenn der Kläger aber noch im Juli 2001, also ein Jahr nach dem Unfall, keine Schuldgefühle hatte - was uneingeschränkt nachvollziehbar ist, weil von Beginn an auch für die Polizei feststand, dass den Kläger am Unfall keine Schuld traf - ist nicht plausibel zu erklären, warum der Kläger derartige Schuldgefühle und Selbstvorwürfe gegenüber den Sachverständigen angegeben hat. Anhand der dargelegten Widersprüche zwischen dem dokumentierten Unfallgeschehen und dem dokumentierten Verhalten des Klägers hat Prof. Dr. B. daher für den Senat schlüssig und plausibel begründet eine PTSD des Klägers ausschließen können.
Der Beurteilung von Prof. Dr. E. vermochte der Senat nicht zufolgen, weil sie im Wesentlichen auf den - unkritisch ohne Abgleich mit der dokumentierten Aktenlage übernommenen - subjektiven Angaben des Klägers beruht und - wie Prof. Dr. B. auf S. 25/26 seines Gutachtens richtigerweise aufgezeigt hat - diese Angaben mit der dokumentierten Aktenlage nicht übereinstimmen, weshalb Prof. Dr. E. seiner Beurteilung im Gutachten vom 12. Mai 2004 nicht nachgewiesene Tatsachen zu Grund gelegt hat. Nicht überzeugend sind auch seine Ausführungen in der ergänzenden Stellungnahme vom 10. April 2007, nach der es auf dies alles nicht ankommen solle, aber dennoch eine PTSD beim Kläger gegeben sei. In sich unschlüssig sind auch seine Ausführungen zur MdE, nach dem er zuerst von einer MdE von 100 v.H. ausgegangen ist, später - bei für ihn eigentlich unveränderten Sachlage - nur noch eine MdE von ") als 40 v.H." für gerechtfertigt hält. Im Übrigen hat Prof. Dr. B. auch anhand des ICD-10 überzeugend dargetan, dass es eine "chronische" PTSD nicht gibt, sondern nur eine andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung (F62.0) in Betracht käme, die hier mangels extremer Belastung ausscheidet (s. Erläuterung in ICD-10-GM 2007 F62.0). Im Wesentlichen aus den gleichen Gründen konnte der Senat auch den Ausführungen von Dr. O., Prof. Dr. E., Dr. F. und Dipl.-Pysch. N.-S. nicht folgen, deren Beurteilungen - wie Prof. Dr. B. auf S. 32/33 seines Gutachtens zu Recht ausgeführt hat - durchgängig auf falschen diagnostischen Annahmen beruhen.
Ob der Kläger - wie von Prof. Dr. E. diagnostiziert - an einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10 F32.11 - richtig F32.1) sowie an einer Angststörung (ICD-10 F41.-) erkrankt ist, lässt der Senat offen, denn beide Erkrankungen könnten nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den streitigen Arbeitsunfall zurückgeführt werden. Auch insoweit stützt sich der Senat auf das Gutachten von Prof. Dr. B., der dort auf S. 36 überzeugend ausgeführt hat, dass diese Erkrankungen schon definitionsgemäß (gemäß ICD-10) Ausdruck unfallunabhängiger neurotischer Störungen sind und zudem objektive Kriterien einer Depressivität in den Monaten nach dem Unfall nie beschrieben worden sind (s. Bl. 161, 162 d. LSG-Akte), so dass eine Unfallverursachung nicht begründet werden kann. Prof. Dr. B. hat auch schlüssig dargelegt, dass das bei seiner neurologischen Untersuchung zu beobachtende Simulieren wie auch die bei der Testbatterie zur Forensischen Neurophsychologie in der Schwarzwaldklinik gezeigte bewusstseinsnahe Zweckreaktion einer Depression widersprechen.
Im Ergebnis ist daher, da die HWS-Distorsion I. Grades und die thorakale Prellung folgenlos ausgeheilt sind, eine PTSD beim Kläger aus den oben dargelegten Gründen nicht gegeben ist und eine depressive Erkrankung und Angststörung - wie zuvor ausgeführt - nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 21. Juli 2000 zurückgeführt werden könnte, eine rentenberechtigende MdE über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus nicht zu begründen.
Den Hilfsanträgen des Klägers hat der Senat aus folgenden Gründen nicht stattgegeben: Soweit der Antrag (S. 187 LSG-Akte) die Befindlichkeit der Ehefrau des Klägers zum Gegen-stand hat, erübrigt sich eine Einvernahme, weil es hierauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt; soweit er eine krankheitsbedingte Veränderung des Klägers zum Gegenstand hat, ist die Ehefrau als medizinischer Laie keine kompetente Zeugin. Eine Vernehmung dazu, dass der Kläger "aus Angst" nicht am 6. August 2000 mit ihr im Pkw, sondern schon am 4. August mit dem Bus nach Bosnien gefahren ist, war nicht erforderlich, weil der Senat diesen Sachverhalt als wahr unterstellt hat. Die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. B. zu dem als wahr unterstellten Sachverhalt erschien dem Senat nicht zwingend, weil ein Vermeidungsverhalten beim Kläger - wie oben dargelegt - selbst dann nicht gegeben ist, wenn er "aus Angst" mit dem Reisebus in Urlaub gefahren ist.
Auf die Berufung der Beklagten ist daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 v. H. auf Grund der psychischen Folgen des Unfalls vom 21. Juli 2000.
Der 1947 geborene Kläger erlitt am 21. Juli 2000 auf dem Nachhauseweg von der Arbeit gegen 14:40 Uhr einen Wegeunfall (s. Unfallanzeige der BS - B. GmbH vom 27. Oktober 2000), als aus der entgegenkommenden Fahrzeugkolonne die Unfallverursacherin auf die Gegenfahrbahn geriet und mit dem vom Kläger gefahrenen Lkw frontal zusammenstieß. Die angeschnallte Unfallverursacherin verstarb am Unfallort auf Grund einer Halswirbelsäulenfraktur. Der vom Kläger gefahrene Lkw der Marke DB Typ 308 D war auf der linken Frontseite stark eingedrückt, der Fahrgastraum war gestaucht und die Frontscheibe beschädigt. Im Durchgangsarztbericht erhob Prof. Dr. P., Städtisches Klinikum K., bei dem der Kläger am Unfalltag um 15:10 Uhr eintraf, einen leichten Druck- und Bewegungsschmerz der HWS sowie eine Prellmarke links thorakal und diagnostizierte eine HWS-Distorsion I. Grades. Nach (telefonischer) Mittelung des Arbeitgebers war der Kläger bis 4. August 2000 arbeitsunfähig krank geschrieben; an diesem Tag fuhr er ausweislich des vorgelegten Tickets mit dem Reisebus in Urlaub nach Bosnien. Arbeitsunfähigkeit bestand dann wieder am 25. und 26. September 2000, vom 18. bis 27. Oktober 2000, am 14. Mai 2001, vom 18. bis 29. Juni 2001, 9. Oktober bis 9. November 2001 und 15. Januar 2002 bis 14. Juni 2003. Prof. Dr. P. berichtete im Nachschaubericht vom 25. September 2000 ebenso wie Dr. G. in dem vom 26. September 2000 über HWS-Beschwerden. Weder in dem einen noch in dem anderen Bericht sind psychische Beschwerden dokumentiert, die dann mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 21. März 2001 gegenüber der Beklagten geltend gemacht wurden: Der Kläger habe ein schweres seelisches Trauma erlitten, da sein Verhalten kausal für den Tod der Unfallgegnerin gewesen sei. Er traue sich nicht mehr, seinen Pkw zu führen. Am 10. März 2001 habe er am ganzen Leib gezittert und sein Fahrzeug an seine Frau übergeben, weil das nachfolgende Fahrzeug (im Stadtverkehr) dicht aufgefahren sei. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch Dr. O., der im Gutachten vom 6. Juni 2001 eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizierte, die MdE mit unter 10 v. H. bewertete und eine Verhaltenstherapie bei Dipl.-Psych. K. in K. empfahl. Dieser teilte der Beklagten jedoch mit, dass sich der Kläger nur einmal vorgestellt habe und keine weitere Therapie wünsche. Mit Bescheid vom 8. Februar 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen des Arbeitsunfalls mit der Begründung ab, dass die beim Unfall erlittenen Gesundheitsstörungen (HWS-Distorsion Grad I, posttraumatische Belastungsstörung) keine messbare MdE verursacht hätten. Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte den Ärztlichen Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums L. in Bad S. vom 11. März 2003 bei und erhob Berichte des ab 10. Juli 2001 behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. sowie der ab Oktober 2001 behandelnden Dipl.-Psych. N.-S., die sich auch mit weiteren vom Kläger vorgelegten Berichten vom 3. Februar und 31. Mai 2003 äußerte. Dr. O. riet in seinem weiteren Gutachten vom 17. Juni 2002 zu einer stationären Rehabilitationsbehandlung. Daraufhin erfolgte eine Behandlung des Klägers in der Schwarzwaldklinik Neurologie in Bad K. vom 30. Juli bis 27. August 2002 (s. Entlassungsbericht vom 2. September 2002). Schließlich beauftragte die Beklagte Prof. Dr. E., Universitätsklinikum F., mit der Erstellung eines Gutachtens. Der Sachverständige vertrat die Auffassung, dass die posttraumatische Belastungsstörung Unfallfolge sei und eine MdE von 10 v.H. rechtfertige. Es bestünden noch Schlafstörungen mit Alpträumen, gelegentlich auftretende Ängste und vegetative Symptome beim Autofahren, bei an den Unfall erinnernden Situationen am Arbeitsplatz und bei Fernsehsendungen mit Unfällen. Daneben liege eine depressiven Episode vor, die vor allem seinen Gesundheitszustand beeinträchtige, die aber nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden könne (Gutachten vom 25. November 2002 und ergänzende Stellungnahme vom 5. März 2003). Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2003 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 28. Juli 2003 Klage erhoben. Das Sozialgericht K. (SG) hat Dr. F. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt, der die depressive Symptomatik als Teil der posttraumatischen Belastungsstörung angesehen und entgegen Prof. Dr. E. ursächlich auf den Unfall zurückgeführt hat. Anschließend hat das SG das Gutachten des Prof. Dr. E. vom 12. Mai 2004 (mit ergänzender gutachtlicher Stellungnahme vom 4. November 2004) eingeholt. Nach der Beurteilung dieses Sachverständigen leidet der Kläger unfallbedingt an einer posttraumatischen Belastungsstörung und komorbiden depressiven Störung mit einer MdE von 100 v.H. Die Beklagte hat hierzu beratungsärztliche Stellungnahmen des Prof. Dr. G. vom 20. Juli und 13. Dezember 2004 vorgelegt. Mit Urteil vom 23. Februar 2005 hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, unter Anerkennung einer mittelgradigen depressiven Störung mit somatischem Syndrom, Angst und Panik als Arbeitsunfallfolge, Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. nach Ende der arbeitsunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit zu gewähren; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen das der Beklagten am 17. März 2005 zugestellte Urteil hat sie am 31. März 2005 Berufung eingelegt, der Kläger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2006 Anschlussberufung. Die Beklagte ist der Beurteilung des Prof. Dr. E. unter Hinweis auf die Gutachten bzw. Stellungnahme von Dr. O., Prof. Dr. E. und Prof. Dr. G. entgegengetreten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts K. vom 23. Februar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils und der Bescheide der Beklagten im Wege der Anschlussberufung die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 v. H. zu gewähren,
hilfsweise die Ehefrau des Klägers zu dem Beweisantrag wie im Schriftsatz vom 19. Oktober 2006 (Bl. 187 LSG-A) zu dem dort genannten Beweisthema zu vernehmen,
ferner die Ehefrau des Klägers als Zeugin zu hören zu dem Beweisthema:
1) aus Angst ist der Kläger nicht am 06.08.2000 mit ihr im Pkw, sondern schon am 04.08.2000 mit dem Bus nach Bosnien gefahren.
2) zu dieser Aussage 1) soll Prof. Dr. B. ergänzend gehört werden.
Der Senat hat von der AOK S. die Auskunft vom 16. August 2005 und vom (seit Februar 2001) behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. W. die schriftliche sachverständige Zeugenaussage vom 31. Juli 2006, der weitere Arztberichte beigefügt waren, eingeholt. Die Versuche des Senats, vom damals behandelnden Arzt Dr. N., der inzwischen verstorben ist, Unterlagen beizuziehen, sind gescheitert. Sodann hat der Senat von Prof. Dr. B. das Gutachten vom 6. September 2006 eingeholt; danach hat der Sachverständige auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine Unfallfolge feststellen können. Dipl.-Psych. Nagel-Schmitt übersandte auf Veranlassung des Klägers den Therapiebericht vom 30. August 2006. Anschließend hat der Senat nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. E. die ergänzende gutachtliche Stellungnahme vom 10. April 2007 eingeholt; hierin hat er seine frühere MdE-Bewertung korrigiert und nunmehr auf ") 40 v. H." eingeschätzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, auf die beigezogenen Akten des Versorgungsamtes K. und der LVA Baden-Württemberg sowie die Akten des SG und des LSG ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) sowie frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig; die vom Kläger eingelegte - unselbständige - Anschlussberufung ist ebenfalls zulässig. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet, die Anschlussberufung des Klägers dagegen unbegründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht zur Leistungsgewährung verurteilt, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente, weil die Unfallfolgen keine rentenberechtigende MdE um mindestens 20 v.H. begründen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 8. Februar 2002/Widerspruchs-bescheid vom 10. Juli 2003, mit dem die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt hat. Auf diesen im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch finden die Vorschriften des Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) Anwendung (§ 212 SGB VII).
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Versicherungsfälle sind gem. § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 und 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gehört zur versicherten Tätigkeit auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Nach ständiger Rechtssprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Gesundheitsstörung, derentwegen Entschädigungsleistungen begehrt werden, erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 128). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr dafür als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben, was nach der Auffassung des praktischen Lebens abzuleiten ist (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R). Diese Grundlagen der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten auch für psychische Störungen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 26/04 R). Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern. Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (z.B. ICD-10). Denn je genauer und klarer die bei dem Versicherten bestehenden Gesundheitsstörungen bestimmt sind, um so einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen sowie letztlich die MdE zu bewerten (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 26/04 R). Bestehen Zweifel an der Geeignetheit des als Krankheitsursache angeschuldigten Ereignisses, muss das Gericht die im ärztlichen Gutachten vorgenommene Zusammenhangsbeurteilung anhand des anerkannten Standes der wissenschaftlichen Erkenntnis prüfen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 40/05 R).
Der Kläger hat unstreitig zum Zeitpunkt des Unfalls eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Ebenso unstreitig ist auf Grund des Durchgangsarztberichts und der Nachschauberichte des Prof. Dr. P. bzw. des Dr. G., dass er sich beim Unfall eine HWS-Distorsion I. Grades sowie eine Prellmarke links thorakal zugezogen hat. Entgegen der Auffassung das SG hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid aber keine Feststellung hinsichtlich der Unfallfolgen getroffen und damit keine "Unfallfolgen anerkannt". Der Verfügungssatz des angegrifffenen Bescheids lautet nur "ein Anspruch auf Rente wegen ihres Arbeitsunfalls besteht nicht"; der Bescheid enthält - lediglich als Begründungselement - die Aussage, dass die Folgen des Unfalls (HWS-Distorsion Grad I, posttraumatische Belastungsstörung (PTSD)) über die 26. Woche hinaus keine messbare MdE verursacht haben. Eine PTSD ist daher nicht bescheidmäßig als Unfallfolge festgestellt.
Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen sieht der Senat eine PTSD nicht als erwiesen an. Er stützt seine Entscheidung auf das Gutachten von Prof. Dr. B., der für den Senat anhand der von ihm erhobenen Befunde, unter Berücksichtigung der dokumentierten Aktenlage sowie des ICD-10-GM 2004/2005 (hinsichtlich F 43.1 identisch mit ICD-10-GM 2007) plausibel und detailliert begründet dargelegt hat, welche Widersprüchlichkeiten sich im Verhalten des Klägers im Verfahrensverlauf gezeigt haben und deshalb Zweifel an dessen Darstellung aufkommen lassen und warum er eine PTSD nicht diagnostizieren kann. Dabei hat er zunächst überzeugend dargelegt, dass die charakteristischen klinischen Merkmale dieses Erkrankungsbildes das ungewollte Wideraufleben des traumatischen Erlebnisses in sich aufdrängenden Erinnerungen, in Träumen oder Alpträumen vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein oder emotionaler Stumpfheit sind, ferner das Vermeiden von Situationen, die an das Ereignis erinnern, Ängste oder Phobien, Einschränkungen der emotionalen Reagibilität und anhaltenden Symptome eines erhöhten Erregungsniveaus, wie Schlafstörungen, Reizbarkeit oder Schrecksituationen. Das Ereignis, das diese Symptome hervorruft, wäre für fast jeden Menschen belastend, es wird im Einzelfall mit intensiver Angst, Schrecken oder Hilflosigkeit erlebt. Die PTSD folgt dem Trauma unmittelbar bzw. mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann (ICD-10-GM 2007). Ferner hat der Sachverständige aufgezeigt, dass diese Voraussetzungen unter Berücksichtigung des von ihm erhobenen Befundes sowie des dokumentierten Krankheitsverlaufs nicht vorliegen. Der von Prof. Dr. B. beschriebene psychische Befund (vgl. hierzu S. 18 bis 21 des Gutachtens) ist regelrecht und der geschilderte aktuelle Tagesablauf geben keine Hinweise auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, insbesondere einer PTSD; das selbe gilt nach der dokumentierten Aktenlage bei kritischer Würdigung des Verhaltens des Klägers während des gesamten Verfahrensverlaufs. Weder gegenüber Prof. Dr. P. (s. Durchgangsarztbericht vom 22. Juli 2000 und Nachschaubericht vom 25. September 2000) noch gegenüber Dr. G. (s. Nachschaubericht vom 26. September 2000) hat der Kläger einer PTSD entsprechende Beschwerden geäußert. Der Kläger ist am 4. August 2000, somit am letzten Tag seiner Krankschreibung, mit dem Reisebus - seine Ehefrau ist mit dem Pkw am 6. August hinterher gefahren - in Urlaub nach Bosnien gefahren; insoweit weist der Sachverständige plausibel darauf hin, dass dieses Verhalten diametral zu der diagnostischen Annahme eines andauernden Gefühls von Betäubtsein oder emotionaler Stumpfheit, Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen bzw. Teinahmslosigkeit gegenüber seiner Umgebung steht. Danach hat der Kläger seine Arbeit wieder aufgenommen und - mit kurzen Unterbrechungen - bis 8. Oktober 2001 verrichtet; erst anschließend sind - ausweislich des Vorerkrankungsregisters der AOK Mittlerer Oberrhein - psychische Störungen als Grund für die Arbeitsunfähigkeit dokumentiert. In psychiatrische Behandlung hat sich der Kläger erst am 10. Juli 2001 begeben, in psychotherapeutische erst im Oktober 2001 (s. Psychotherapie-Bericht der Dipl.-Psychologin N. -S. vom 30. August 2006). Dr. W. hat nur von sporadischen Vorstellungen berichtet und ist von einer anderweitigen Behandlung ausgegangen (s. seine sachverständigen Zeugenaussage vom 31. August 2006). Gegenüber dem Gutachter Dr. O. hat der Kläger noch am 9. Mai 2001 angegeben, eine Behandlung nicht erwogen zu haben. Selbst die von der Beklagten initiierte Therapie bei Dipl.-Psych. K. hat der Kläger nicht wahrgenommen (s. Bl. 74 u. 76 d. Verw.-Akten der Beklagten). Aus diesen tatsächlichen Umständen lässt sich - wie Prof. Dr. B. zutreffend beurteilt hat - zu keinem Zeitpunkt ein Leidensdruck des Klägers, der auf eine PTSD hinweisen könnte, erkennen. Auch das für eine PTSD typische Vermeidungsverhalten kann beim Kläger - was Prof. Dr. B. zu Recht ausgeführt hat - nicht festgestellt werden. So hat der Kläger am 4. August 2000, genau zwei Wochen nach dem Unfall, eine Urlaubsreise in die bosnische Heimat angetreten, ist dabei jedoch - entgegen seiner Angaben gegenüber Prof. Dr. B. und früheren Sachverständigen - nicht selbst mit seinem Pkw gefahren, sondern hat den Reisebus genommen. Hierin liegt schon objektiv kein Vermeidungsverhalten, denn es ist nicht plausibel zu erklären, warum der Kläger aus Angst vor Erinnerungen an das Trauma (= Vermeidungsverhalten) nicht den eigenen Pkw - als Fahrer oder Mitfahrer - nutzen kann, wohl aber einen Reisebus. Auch im späteren Verlauf hat der Kläger kein Vermeidungsverhalten gezeigt. Dr. O. hat er berichtet, dass er zu den Gesprächsterminen zur Dipl.-Psych. Nagel-Schmitt selbst mit dem Auto gefahren ist (s. Bl. 104 d. Verw.-Akte d. Bekl.). Schließlich hat der Kläger auch gegenüber Prof. Dr. B. angegeben, bei Regen mit dem Auto zum Garten zu fahren und auch auf der Urlaubsreise nach Bosnien ("höchstens bissel Autobahn") selbst den Pkw zu lenken. Das bedeutet aber, dass er sowohl auf der Autobahn als auch auf einer Bundesstraße (mit Gegenverkehr) am Straßenverkehr teilnimmt. Zudem ist auch nicht vorgetragen worden, dass der Kläger nach dem Unfall nicht mehr selbst zur Arbeit gefahren ist. Ein Vermeidungsverhalten ist somit nicht zu erkennen. Nächtliche Alpträume und Erinnerungen (flash backs) sind ebenfalls nicht belegt. Wie Prof. Dr. B. zutreffend dargelegt hat, ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger diese ihn subjektiv so belastende Symptomatik weder anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung noch bei der Nachschau bei Prof. Dr. P. und Dr. G. erwähnt hat. Prof. Dr. B. hat auch darauf hingewiesen, dass die ihm geschilderten Träume nicht alle unfallbezogen sind (Bl. 142/143 der LSG-Akten). Auffallend ist ferner, dass - auch hierauf weist Prof. Dr. B. hin - die Beschreibung des Unfalls durch den Kläger anlässlich der einzelnen Begutachtungen stark variiert. Gegenüber Prof. Dr. E. hat er angegeben, die Unfallgegnerin "sterben gesehen" zu haben. Bei Prof. Dr. E. hat er geäußert, von der Toten erst zu hause erfahren zu haben. Gegenüber Dr. F. hat er gesagt, die Frau sei sofort tot gewesen. Schließlich hat er bei Prof. Dr. B. angegeben, die Unfallgegnerin habe "so" (Kopf auf der Seite liegend (Erklärung des Sachverständigen)) gesessen und Blut sei ihr aus Ohren und Mund gespritzt, sie war sofort tot. Abgesehen davon, dass sich diese beiden Aussagen medizinisch gegenseitig ausschließen, sind sie widersprüchlich und schwer mit seinen Angaben zu vereinbaren, dass er einige Zeit nach dem Unfall unter Schock gestanden habe und kaum aus dem Lkw gekommen sei. Auch die Angaben des Klägers hinsichtlich eines Gefühls von Schuld oder Mitschuld am Tod der Unfallgegnerin widersprechen sich. In den jeweiligen Begutachtungssituationen - also gegenüber Dr. O., Prof. Dr. E., Prof. Dr. E. und Prof. Dr. B. - hat er Schuldgefühle, dass er für den Tod der Frau verantwortlich sei, geäußert. Dagegen hat er im Reha-Verfahren berichtet, die Unfallgegnerin sei ohne sein Verschulden tödlich verunglückt und auch gegenüber Dr. F. hat er am 10. Juli 2001 weder Schuldgefühle noch Selbstvorwürfe angeben. Wenn der Kläger aber noch im Juli 2001, also ein Jahr nach dem Unfall, keine Schuldgefühle hatte - was uneingeschränkt nachvollziehbar ist, weil von Beginn an auch für die Polizei feststand, dass den Kläger am Unfall keine Schuld traf - ist nicht plausibel zu erklären, warum der Kläger derartige Schuldgefühle und Selbstvorwürfe gegenüber den Sachverständigen angegeben hat. Anhand der dargelegten Widersprüche zwischen dem dokumentierten Unfallgeschehen und dem dokumentierten Verhalten des Klägers hat Prof. Dr. B. daher für den Senat schlüssig und plausibel begründet eine PTSD des Klägers ausschließen können.
Der Beurteilung von Prof. Dr. E. vermochte der Senat nicht zufolgen, weil sie im Wesentlichen auf den - unkritisch ohne Abgleich mit der dokumentierten Aktenlage übernommenen - subjektiven Angaben des Klägers beruht und - wie Prof. Dr. B. auf S. 25/26 seines Gutachtens richtigerweise aufgezeigt hat - diese Angaben mit der dokumentierten Aktenlage nicht übereinstimmen, weshalb Prof. Dr. E. seiner Beurteilung im Gutachten vom 12. Mai 2004 nicht nachgewiesene Tatsachen zu Grund gelegt hat. Nicht überzeugend sind auch seine Ausführungen in der ergänzenden Stellungnahme vom 10. April 2007, nach der es auf dies alles nicht ankommen solle, aber dennoch eine PTSD beim Kläger gegeben sei. In sich unschlüssig sind auch seine Ausführungen zur MdE, nach dem er zuerst von einer MdE von 100 v.H. ausgegangen ist, später - bei für ihn eigentlich unveränderten Sachlage - nur noch eine MdE von ") als 40 v.H." für gerechtfertigt hält. Im Übrigen hat Prof. Dr. B. auch anhand des ICD-10 überzeugend dargetan, dass es eine "chronische" PTSD nicht gibt, sondern nur eine andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung (F62.0) in Betracht käme, die hier mangels extremer Belastung ausscheidet (s. Erläuterung in ICD-10-GM 2007 F62.0). Im Wesentlichen aus den gleichen Gründen konnte der Senat auch den Ausführungen von Dr. O., Prof. Dr. E., Dr. F. und Dipl.-Pysch. N.-S. nicht folgen, deren Beurteilungen - wie Prof. Dr. B. auf S. 32/33 seines Gutachtens zu Recht ausgeführt hat - durchgängig auf falschen diagnostischen Annahmen beruhen.
Ob der Kläger - wie von Prof. Dr. E. diagnostiziert - an einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10 F32.11 - richtig F32.1) sowie an einer Angststörung (ICD-10 F41.-) erkrankt ist, lässt der Senat offen, denn beide Erkrankungen könnten nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den streitigen Arbeitsunfall zurückgeführt werden. Auch insoweit stützt sich der Senat auf das Gutachten von Prof. Dr. B., der dort auf S. 36 überzeugend ausgeführt hat, dass diese Erkrankungen schon definitionsgemäß (gemäß ICD-10) Ausdruck unfallunabhängiger neurotischer Störungen sind und zudem objektive Kriterien einer Depressivität in den Monaten nach dem Unfall nie beschrieben worden sind (s. Bl. 161, 162 d. LSG-Akte), so dass eine Unfallverursachung nicht begründet werden kann. Prof. Dr. B. hat auch schlüssig dargelegt, dass das bei seiner neurologischen Untersuchung zu beobachtende Simulieren wie auch die bei der Testbatterie zur Forensischen Neurophsychologie in der Schwarzwaldklinik gezeigte bewusstseinsnahe Zweckreaktion einer Depression widersprechen.
Im Ergebnis ist daher, da die HWS-Distorsion I. Grades und die thorakale Prellung folgenlos ausgeheilt sind, eine PTSD beim Kläger aus den oben dargelegten Gründen nicht gegeben ist und eine depressive Erkrankung und Angststörung - wie zuvor ausgeführt - nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 21. Juli 2000 zurückgeführt werden könnte, eine rentenberechtigende MdE über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus nicht zu begründen.
Den Hilfsanträgen des Klägers hat der Senat aus folgenden Gründen nicht stattgegeben: Soweit der Antrag (S. 187 LSG-Akte) die Befindlichkeit der Ehefrau des Klägers zum Gegen-stand hat, erübrigt sich eine Einvernahme, weil es hierauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt; soweit er eine krankheitsbedingte Veränderung des Klägers zum Gegenstand hat, ist die Ehefrau als medizinischer Laie keine kompetente Zeugin. Eine Vernehmung dazu, dass der Kläger "aus Angst" nicht am 6. August 2000 mit ihr im Pkw, sondern schon am 4. August mit dem Bus nach Bosnien gefahren ist, war nicht erforderlich, weil der Senat diesen Sachverhalt als wahr unterstellt hat. Die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. B. zu dem als wahr unterstellten Sachverhalt erschien dem Senat nicht zwingend, weil ein Vermeidungsverhalten beim Kläger - wie oben dargelegt - selbst dann nicht gegeben ist, wenn er "aus Angst" mit dem Reisebus in Urlaub gefahren ist.
Auf die Berufung der Beklagten ist daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
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