L 9 R 5054/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 545/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5054/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. September 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1952 geborene Klägerin - eine griechische Staatsangehörige -, die keinen Beruf erlernt hatte, war vom 10. November 1970 bis zum 29. März 1994 in verschiedenen Betrieben als Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt von 1977 bis 1994 in einer Textilfabrik in S ... Mit Bescheid des Versorgungsamtes Stuttgart vom 16. November 1994 wurde ihr ein Grad der Behinderung - GdB - von 30 für die Zeit ab Juni 1994 wegen Wirbelsäulensyndroms, Hüftdysplasie rechts und Sarkoidose (festgestellt 1982) zuerkannt. Ende 1996 kehrte sie nach Griechenland zurück. Dort war sie von 1997 bis zum 30. September 2000 über den Versicherungsträger für die Landbevölkerung - die OGA - sozialversichert.

Der griechische Versicherungsträger OGA erkannte bei der Klägerin auf deren Antrag vom 6. Oktober 2000 mit Bescheid vom 15. April 2002 unter Ablehnung des Antrags auf Gewährung einer Invaliditätsrente für die Zeit ab dem 6. Oktober 2000 bis zum 31. Dezember 2002 einen Invaliditätsgrad von 10 % wegen des Vorliegens einer Sarkoidose Stadium I an. Den Rentenantrag der Klägerin vom 6. Oktober 2000 leitete die OGA sodann unter dem 29. September 2004 an die Beklagte weiter.

Diesen Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Dezember 2004 mit der Begründung ab, zwar seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentenbewilligung erfüllt, die Klägerin könne aber mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig Arbeiten verrichten.

Die dagegen am 25. Januar 2005 beim Sozialgericht Stuttgart erhobene Klage setzte das Sozialgericht mit Beschluss vom 29. März 2005 zur Durchführung des Vorverfahrens aus. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2005 als unbegründet zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 26. Juli 2005 zugestellt. In der Folge rief die Klägerin das ausgesetzte Klageverfahren am 4. August 2005 wieder an.

Das Sozialgericht beauftragte nunmehr den Internisten und Kardiologen Dr. L., Thessaloniki, mit der gutachtlichen Untersuchung der Klägerin. Im Gutachten vom 6. Februar 2006 stellte Dr. L. für die damals 160 cm große und 84 kg schwere Klägerin folgende Diagnosen: - Lungensarkoidose Typ I, - Gallensteine, - Fibromyome in der Gebärmutter und - Altersentsprechende Verschleißerscheinungen an der Lendenwirbelsäule. Diese Gesundheitsstörungen beeinträchtigten das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin für eine Tätigkeit als Landwirtin, weil die Klägerin Lasten von mehr als 10 kg nicht mehr ohne Hilfsmittel heben, tragen oder bewegen dürfe und ihr außerdem häufiges Bücken und Treppensteigen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in Wechselschicht, Nachtschicht, Hitze, Zugluft und Kälte nicht zuzumuten seien. Andere körperlich leichtere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne die Klägerin allerdings vollschichtig verrichten. Die Klägerin sei auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern innerhalb von jeweils zwanzig Minuten zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen.

Gestützt auf die Erkenntnisse des Gutachters Dr. L. wies das Sozialgericht die Klage nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 21. September 2006 als unbegründet ab. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 3. Oktober 2006 zugestellt.

Am 9. Oktober 2006 hat die Klägerin Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt.

Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass ihr auf Grund ihrer Gesundheitsstörungen die Ausübung einer nennenswerten Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. September 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Klägerin hat dem Senat am 11. Dezember 2006 Kopien aus ihrem "Rezeptenbuch" vorgelegt. Außerdem hat die Klägerin eine auf den 13. Januar 2006 datierende "Ärztliche Bescheinigung" des Allgemeinen Krankenhauses in I. vorlegt, in der mitgeteilt wird, die Klägerin leide an einer Migräne und bedürfe medikamentöser Behandlung.

Zu den von der Klägerin neu eingereichten medizinischen Unterlagen hat Prüfarzt Dr. G. unter dem 19. Januar 2007 eine Stellungnahme abgegeben. Darin führt er aus: Die der Klägerin im dokumentierten Zeitraum vom 20. Februar 2005 bis zum 26. Februar 2006 verordneten Medikamente entsprächen im Wesentlichen denen, die bereits von Dr. L. anlässlich der gutachtlichen Untersuchung der Klägerin erfasst worden seien. Aus sozialmedizinischer Sicht bedinge weder die medikamentöse Behandlung der Migräne noch die bekannte Lungenerkrankung eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens. Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich im Verhältnis zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. L. nicht verschlechtert.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf die Akten des Beklagten, diejenigen des Sozialgerichts Stuttgart im erstinstanzlichen Verfahren (S 9 16 R 454/05) sowie auf diejenigen des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. September 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2005 sind rechtmäßig. Dass das Sozialgericht den vorrangigen gesetzlichen Prüfungsmaßstab - das alte, bis zum 31. Dezember 2000 geltende Recht der Erwerbsunfähigkeitsrente - im angefochtenen Gerichtsbescheid verkannt hat, weil es seinen Ausführungen unzutreffend einen Rentenantrag vom 19. November 2001 - anstatt zutreffend vom 6. Oktober 2000 - zugrunde gelegt hat, ist im Ergebnis ohne rechtliche Relevanz. Denn die Klägerin hat weder Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit nach altem Recht noch Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach neuem Rentenrecht.

Der Senat hat seiner Entscheidung zunächst die §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) zugrundegelegt. Die zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen §§ 43, 240, 241 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) finden nur subsidiär Anwendung, da der verfolgte Rentenanspruch vor dem 1. Januar 2001 bestanden hätte und vor dem 31. März 2001 geltend gemacht worden ist (§§ 300 Abs. 2, 302b Abs. 1 SGB VI).

Nach den §§ 43 Abs. 1, 44 Abs. 1 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, wenn sie berufs- oder erwerbsunfähig sind, vor Eintritt des Versicherungsfalls die allgemeine Wartezeit und drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit erfüllt haben.

Die Klägerin ist zur Überzeugung des Senats weder erwerbs- (1.) noch berufsunfähig (2.).

1. Erwerbsunfähig i.S.v. § 44 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI a.F. sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (bzw. ab 1. April 1999 monatlich 630, 00 DM) übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 2 SGBVI a.F.).

Eine Erwerbsunfähigkeit der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer Leistungsfähigkeit auf ein untervollschichtiges Leistungsvermögen, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Gesamtwürdigung der von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, des vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens von Dr. L. (6. Februar 2006) sowie der im Berufungsverfahren von der Klägerin vorgelegten medizinischen Unterlagen.

Die Klägerin leidet danach an folgenden für die Beurteilung ihres körperlichen Leistungsvermögens wesentlichen Gesundheitsstörungen: - Lungensarkoidose Typ I, - Gallensteine, - Fibromyome in der Gebärmutter und - Altersentsprechende Verschleißerscheinungen an der Lendenwirbelsäule.

Diese Gesundheitsstörungen schränken die berufliche Leistungsfähigkeit der wegefähigen Klägerin nach den schlüssigen und dem Senat nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters L. in qualitativer Hinsicht ein, stehen aber der vollschichtigen Ausübung leichter Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls derzeit und absehbar nicht entgegen. Zur vollschichtigen Verrichtung körperlich leichter Arbeiten bedarf sie auch keiner besonderen Arbeitsbedingungen, etwa durch betriebsunübliche Pausen. Qualitativ bestehen folgende Leistungsausschlüsse: kein Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten von mehr als 10 kg ohne Hilfsmittel, kein häufiges Bücken und Treppensteigen sowie keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und keine Arbeiten in Wechselschicht, Nachtschicht, Hitze, Zugluft und Kälte.

Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Überlegungen: Nach der dem Senat schlüssig und nachvollziehbar durch Dr. L. in seinem Gutachten vom 6. Februar 2006 geschilderten Befunderhebung hat die Auskultation der Lungen, ebenso wenig wie die des Herzens, einen pathologischen Befund ergeben. Die Lungenspirometrie (Sauerstoffsättigung 98%) und sämtliche laborchemischen Befunde liegen im Normbereich. Die röntgenologische Untersuchung des Thorax hat die Lungen frei von frischen Infiltrationen gezeigt und vergrößerte Hiluslymphknoten zu Tage gefördert. Letzteres bestätigt die Diagnose einer Lungensarkoidose vom Typ I. Die EKG’s (Ruhe- und Langzeit-EKG) haben zwar leichte Erregungsrückbildungsstörungen präkordial und einige Extrasystolen aufgezeichnet, ohne dass aber bradykarde Episoden oder Pausenepisoden nachzuweisen gewesen sind. Durch Farbdoppleruntersuchung sind normale Dimensionen der rechten Herzkammer, normale dicke Wände des linken Ventrikels bei normaler systolischer Funktion, bei normalem Öffnungsverhalten und ebensolcher Morphologie sämtlicher Klappen festzustellen gewesen. Die Sonographie des oberen und unteren Abdomens hat die Gallensteine und die Fibromyome in der Gebärmutter gezeigt; ansonsten ist die Untersuchung des Abdomens ohne pathologischen Befund geblieben. Auch das Zentralnervensystem und die psychische Situation der Klägerin hat der Gutachter als normal bewertet.

Am Ergebnis dieser vom Sozialgericht durchgeführten Beweiserhebung hat sich auch im Berufungsverfahren nichts Wesentliches geändert. Die Tatsache, dass die Klägerin zuweilen an Migräne leidet, wie sich aus der auf den 13. Januar 2006 datierenden, aber erstmals im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Allgemeinen Krankenhauses in I. ergibt, ist Dr. L. bereits bekannt gewesen, erwähnt er doch in seinem Gutachten vom 6. Februar 2006 die der Klägerin deswegen verordnete Medikamente "Neocardon" und "Seretide". Auch die übrigen Eintragungen im von der Klägerin im Berufungsverfahren dem Senat vorgelegten "Rezeptenbuch" sind zu mehr als 90% bereits im Gutachten von Dr. L. berücksichtigt worden. Es handelt sich überwiegend um bronchodiastalitische und inhaltierende Medikamente, die die seit 1998 unter ambulanter Beobachtung der Lungenambulanz des Kreiskrankenhauses Ioannina stehende Klägerin infolge der bei ihr schon 1982 festgestellten Lungensarkoidose einnehmen muss. Sie rechtfertigen daher weder eine andere Beurteilung im Hinblick auf die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin, die bis 1994 im Bundesgebiet (Textilfärberin) und sogar noch bis September 2000 in Griechenland (Landwirtin) auf körperlich mittelschweren bis schweren Tätigkeitsfeldern berufstätig gewesen ist, noch geben sie Anlass für neuerliche medizinische Beweiserhebungen von Amts wegen.

Zusammenfassend ist die Klägerin nach alledem derzeit in der Lage, leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Die Klägerin ist somit derzeit nicht erwerbsunfähig, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein nur noch untervollschichtiges Leistungsvermögen begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsunfähigkeit bei vollschichtig leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig leistungsfähige Angelernte des unteren Bereichs sowie Ungelernte geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des Bundessozialgerichts - BSG - vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch die im Zweiten Gesetz zur Änderung des SGB VI vom 02. Mai 1996 (BGBl. I S. 659) vorgenommene Ergänzung des § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. klargestellt hat, dass nicht erwerbsunfähig ist, wer eine vollschichtige Tätigkeit ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Der Klägerin ist somit keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für sie in Deutschland zuständige Arbeitsagentur einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m. w. N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Vollzeitarbeitskräfte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).

Ausgehend hiervon sind keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar. Auch benötigt die Klägerin keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.

Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die der Klägerin allein noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten überwiegend im Sitzen von vorn herein nicht mit erheblichem Zeitdruck, dem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, mit häufigem Bücken und Treppensteigen und einseitigen körperlichen Zwangshaltungen verbunden. Auch die weiteren benannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse (Ausschluss von Hitze, Kälte und Zugluft, Ausschluss von bestimmten Schichttätigkeiten) führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die der Klägerin noch zumutbaren Arbeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebarbeiten) überwiegend im Sitzen und in geschlossenen wohltemperierten Räumen durchgeführt werden und auch nicht regelmäßig mit Akkord- und Fließbandarbeit verbunden sind.

2. Die Klägerin ist auch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a.F.). Entscheidend für die damit angesprochene Frage des Berufsschutzes kommt es auf die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit an, die sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs auf der Grundlage des vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschemas bemisst (vgl. näher: BSG, Großer Senat, Urteil vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, BSGE 80, 24 (38 ff); BSG, Urteil vom 3. Juli 2002, B 5 RJ 18/01 R, JURIS; BSG, Urteil vom 22. August 2002, B 13 RJ 19/02 R, JURIS). Als zuletzt in der Landwirtschaft beschäftigte Versicherte ist die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Stuttgart in der angefochtenen Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

3. Nichts anderes ergibt sich für die Klägerin bei einer Prüfung des Sachverhalt nach dem neuen, zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Rechts der Erwerbsminderungsrente. Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres danach, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI). So liegt der Fall bei der Klägerin, die nach den dem Senat nachvollziehbaren sachverständigen medizinischen Feststellungen arbeitstäglich über sechs Stunden und mehr körperlich leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann (vgl. oben unter 1.).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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