L 3 Kr 1195/67

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 Kr 1195/67
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg/I vom 27. September 1967 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, die für die Beigeladenen entgegengenommenen Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung für die Zeit vom 1. September 1965 bis 31. Dezember 1965 an die Klägerin zu zahlen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Herausgabe der Pflichtbeiträge, die für die im Verfahren beigeladenen 5 Angestellten der Fa. B. Eisenwerke W. E. S., K, S., E. G., Er. S. und K. F. für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1965 an die beklagte abgeführt wurden.

Zur Begründung der Klage wurde wesentlich ausgeführt: Angestellte der Firma B., die aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Mutterschutzgesetzes und der Reichsversicherung vom 24. August 1965 (BGBl. I S. 912) wieder der Krankenversicherungspflicht unterlägen, seien innerhalb der Mitglieder der Beklagten gewesen seien und dieser weiterhin als Versicherungspflichtige angehören wollten, müßten dem Arbeitgeber erneut eine Bescheinigung gemäß § 517 Abs. 2 RVO vorlegen. Wer hiervon keinen Gebrauch mache, bekunde damit, daß die bisherige Mitgliedschaft bei der Beklagten mit dem 31. August 1965 enden solle. Die Beklagte erkenne die Bedingung der bisherigen freiwilligen Weiterversicherung zum 31. August 1965 unter Berufung auf ihre Versicherungsbedingungen nicht an. Sie vertrete die Auffassung, solche Mitglieder müßten ab 1. September 1965 die bestehende freiwillige Weiterversicherung bis zum Wirksamwerden der Kündigung laut den Versicherungsbedingungen neben der Pflichtversicherung bei ihr, der beklagten, mit der Folge doppelter Beitragszahlung zur Krankenversicherung weiterführen. Lediglich dann, wenn die Pflichtversicherung bei der Beklagten ab 1. September 1965 weitergeführt werde, solle die Löschung der freiwilligen Weiterversicherung zum 31. August 1965 möglich sein. Diese Auffassung widerspreche dem Gesetz (Art. 1 Abs. 3 der Übergangs- und Schlußvorschriften zum Gesetz vom 24. August 1965), wonach die Möglichkeit vorzeitiger Kündigung privater Krankenversicherungsverträge ohne Beachtung von Kündigungsfristen bestehe. Hieraus sei zu schließen, daß bestehende Krankenversicherungen bei der gesetzlichen Bestimmungen der RVO endeten, da die Beklagte durch die 12. Aufbau-Verordnung vom 24. Dezember 1935 zum träger der gesetzlichen Krankenversicherung erklärt worden sei. Satzungsbestimmungen und Versicherungsbedingungen könnten gesetzliche Vorschriften weder einschränken noch aufheben. Die in den Versicherungsbedingungen der Beklagten enthaltenen Kündigungsfristen bezögen sich daher nur auf die bei unveränderter Geschäftsgrundlage bestehende Mitgliedschaft, die freiwillig begründet worden sei und unter den gleichen Verhältnissen nun zum Ende eines Kalendervierteljahres gelöst werden solle. Die bisherigen Versicherungsverhältnisse hätten sich jedoch durch das Gesetz vom 24. August 1965 insoweit geändert, als die betreffenden Personen wieder krankenversicherungspflichtig geworden seien. Die genannten Angestellten hätten zur Vermeidung weiterer Doppelzahlung von Beiträgen zum 30. September 1965 die Kündigung der Mitgliedschaft bei der Beklagten angesprochen und hierbei darauf hingewiesen, daß dadurch ihr Standpunkt nicht berührt wurde, der die Beendigung der Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31. August 1965 rechtfertige.

Die Beklagte vertrat u.a. die Auffassung: Eine Mitgliedschaft bei ihr könne nicht kraft Gesetzes, sondern durch Abschluß eines Versicherungsvertrages erworben werden, der, abgesehen vor Tod, Ausschluß und bei gegebener gesetzlicher Zuständigkeit eines anderen Versicherungsträgers, nur durch Kündigung beendet werden könne. Es sei zu beachten, daß nach Abschnitt D Ziff. 3 der Versicherungsbedingungen die Mitgliedschaft auch dann weiter bestehe, wenn der Versicherungspflichtige von dem Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Pflichtkrankenkasse keinen Gebrauch mache, es hätten ihr, der Beklagten, einige Kündigungen zum 30. September 1965 von Versicherten vorgelegen, die bei der Fa. B. beschäftigt gewesen seien. Diesen Kündigungen hätte aber wegen versäumter Kündigungsfristen erst zum 31. Dezember 1965 stattgegeben werden können. Anfechtungen dieser Entscheidungen bzw. Verwaltungsakte gegen Mitglieder, die den vorliegenden Streitgegenstand beträfen, lägen nicht vor. Machten Versicherte von ihrem Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft in einer Pflichtkrankenkasse ausnahmsweise keinen Gebrauch, so würde sie in einer der Versicherungsklassen der Gruppe N (Nichtversicherungspflichtige) eingestuft. § 312 Abs. 1 RVO gelten für die Ersatzkassen nicht; es komme in solchen Fällen zu einer Doppelversicherung (vgl. Stolt, die Ersatzkassen in der KV, 12. Aufl. S 81). Nichtversicherungspflichtige Mitglieder, die versicherungspflichtig würden, könnten zum Schluß des betreffenden Kalendermonats austreten. Die Kündigung müsse unverzüglich erfolgen (Abschn. C Ziff. 1 Abs. 2 Vers. Bedingungen). In diesen Fällen seien die Versicherten nicht an die Beendigung der Mitgliedschaft zum Schluß eines Kalendervierteljahres gebunden. Ob die Versicherungspflicht durch einen Wechsel im Beschäftigungsverhältnis oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften eintreten sei ohne Bedeutung. Art. 3 § 1 Abs. 3 der Übergangs- und Schlußvorschriften des Gesetzes vom 24. August 1965 gelte für Ersatzkassen nicht, da keine Krankenversicherungsunternehmungen 1. S. dieser Vorschrift seien. Einer besonderen Bestimmung für die Mitglieder der Ersatzkassen hätte es nicht bedurft, da für diese die Pflichtversicherung bei der Ersatzkasse durchgeführt werden könne.

Die Klägerin sei nicht beschwert. Ausschließlich die Mitglieder selbst hätten darüber zu entscheiden, ob sie die Mitgliedschaft bei ihrer Ersatzkasse beenden wollten oder nicht; nur ihren stehe der Rechtsweg offen. Von den fünf von der Klägerin namentlich benannten Angestellten hätten zwei am 1. Oktober 1965 und drei am 5. Oktober 1965 die Mitgliedschaft bei ihr, der Beklagten, schriftlich gekündigt.

Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 27. September 1967 die Klage ab. Die Ansicht der Klägerin, daß die fünf betreffenden Angestellten in der Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1965 bei ihr, der Klägerin, für den Fall der Krankheit pflichtversichert gewesen seien, treffe nicht zu. Der Hinweis auf § 245 Abs. 3 RVO gehe fehl. Da diese Personen bisher Mitglieder einer Ersatzkasse gewesen seien, hätten sie auch als Pflichtversicherte bei dieser bleiben können, soweit sie von der Möglichkeit der Befreiung von dem in § 225 RVO genannten Krankenkassen Gebrauch machten. Die Beklagte habe bis zum 31. Dezember 1965 die Gesamt-Sozialversicherungsbeiträge eingezogen. Die betreffenden Angestellten seien offenbar auch damit einverstanden gewesen, daß sie bis zum 31. Dezember 1965 nicht bei der Klägerin versichert gewesen seien, da sie sonst gegen die Abführung der Beiträge an die Beklagte Einspruch erhoben hätten. Die Beklagte sei auch befugt gewesen, für Angestellten ordnungsgemäß nachwiesen, die Pflichtkrankenversicherung durchzuführen. Daß für die betreffenden Angestellten für die Zeit bis zum 31. Dezember 1965 eine Bescheinigung nach § 517 Abs. 2 RVO ausgestellt gewesen sei, sei schon daraus zu folgern, daß der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge für diese Zeit an die Beklagte abgeführt habe. Es hätte nicht geprüft zu werden brauchen, ob die im Gesetz vom 24. August 1965 erfolgte Erhöhung der Pflichtversicherungsgrenze i.V.m. § 312 RVO die Satzungsbestimmungen der Beklagten außer Kraft getreten. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten vor dem Sozialgericht seien die Kündigungen erst im Oktober 1965 erfolgt. Die Kündigungen der genannten Angestellten seien also nicht unmittelbar mit dem Inkrafttreten der Erhöhung der Krankenversicherungspflichtgrenze, sondern erst einen Monat später ausgesprochen worden. Bei der Kündigung seien die betreffenden Angestellten also schon mindestens einen Monat wieder versicherungspflichtig gewesen. Es habe sich daher bei dem von der Klägerin angegebenen Übertritt der betreffenden Angestellten von der Beklagten zur Klägerin nicht mehr um den Wechsel von der freiwilligen Krankenversicherung zur Pflichtversicherung, bei einer Ersatzkasse zur Pflichtversicherung bei einer Krankenkasse des § 225 RVO gehandelt.

Gegen das ihr am 9. Oktober 1967 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4. November 1967 Berufung eingelegt und wesentlich geltend gemacht: Nach ihrer Auffassung seien Angestellte ihres Unternehmens, die wieder der Krankenversicherungspflicht unterlägen, innerhalb der Meldefrist bei ihr, der Klägerin, zu melden gewesen (§ 245 Abs. 3 RVO). Bisher freiwillig versicherte Mitglieder der Beklagten, die dieser weiterhin als Versicherungspflichtige hätten angehören wollen, hätten dem Arbeitgeber erneut eine Bescheinigung gemäß § 517 Abs. 2 RVO vorlegen müssen. Wer von der Befreiungsmöglichkeit des § 517 RVO keinen Gebrauch gemacht habe, habe damit bekundet, daß die bisherige Mitgliedschaft in der Ersatzkasse mit dem 31. August 1965 enden sollte und nunmehr die Betriebskrankenkasse zuständig sei. Trotz dieser Rechtslage habe die Beklagte für alle nunmehr wieder der Versicherungspflicht unterliegenden Angestellten, sofern diese bisher freiwillig Weiterversicherte der Ersatzkasse gewesen seien, der Personalableitung der B. E.werke Bescheinigungen nach § 517 Abs. 2 RVO übersandt, obwohl der Gesetzgeber den Versicherten selbst zur Vorlage der Bescheinigung verpflichtet habe. Die Beklagte habe damit entgegen dem Willen der betreffenden Angestellten gehandelt die nicht mehr die Mitgliedschaft aufgrund der Versicherungspflicht dort hätten fortsetzen wollen, zur Dokumentierung ihres Willens hätten diese Angestellten, nachdem ihnen das Gesetz bekannt geworden sei, in den ersten Septembertagen 1965 mündlich und gegen Ende des Monats schriftlich die Mitgliedschaft gekündigt. Das Sozialgericht sei der Auffassung der beklagten beigetreten und stütze sich darauf, daß die Angestellten erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 24. August 1965 ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten gekündigt hätten. Eine Kündigung sei aber gar nicht notwendig gewesen, diese sei vielmehr aus einer Zwangslage heraus erfolgt, die gesetzliche Krankenversicherung werde von den Krankenkassen nach § 225 RVO durchgeführt, mithin gehörten die betreffenden Angestellten aufgrund der am 1. September 1965 eingetretenen Versicherungspflicht gemäß § 245 Abs. 3 RVO in die Betriebskrankenkasse. Von dieser Mitgliedschaft hätten sie sich selbstverständlich wiederum durch Vorlage einer Bescheinigung nach § 517 RVO befreien lassen können, falls sie Wert auf die versicherungspflichtige Mitgliedschaft bei der beklagten gelegt hätten. Das sei aber nicht der Fall gewesen, so daß infolge des Eingreifens des Gesetzgebers die Rechtslage nach § 245 Abs. 3 RVO zu beurteilen sei. Daß die betreffenden Angestellten der Beklagten noch eine Kündigung übersandt hätten sei rechtlich belanglos. Eine Bescheinigung nach § 517 Abs. 2 RVO hätten sie dem Arbeitgeber nicht mehr vorgelegt. Die unmittelbare Übersendung dieser Bescheinigung an die Personalabteilung ihrer Arbeitgeberin durch die Beklagte habe nicht dem Willen der betreffenden Versicherten entsprochen und sei wirkungslos.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L. vom 27. September 1967 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die in der Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1965 für die Beigeladenen E. S., K. S., E. G., Er. S. und K. F. entgegengenommenen Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die genannten Angestellten seien bis zum 1. September 1965 freiwillige Mitglieder bei ihr gewesen. Ihre Anmeldung bei der Klägerin (gemäß § 245 Abs. 3 RVO) zum 1. September 1965 hätte nicht vorgenommen werden dürfen, da die Genannten von ihrem Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse (§ 225 RVO) Gebrauch gemacht hätten, und die nach § 518 RVO auszustellenden Bescheinigungen dem Arbeitgeber am 31. August 1965 für E. G., Er. S. und K. S., und am 1. September 1965 für K. F. und E. S. zugesandt worden seien. Die Mitgliedsbescheinigungen seien auf Anforderung der Personalabteilung der B. E.werke von der Beklagten, Bezirksgeschäftsstelle W., versandt worden. Sie, die Beklagte, hätte seinerzeit davon ausgehen müssen, daß die Angestellten ihren Arbeitgeber ermächtigt hatten, die erwähnten Bescheinigungen anzufordern. Es entspreche einer langjährigen Übung, die sogenannten "Mitgliedsbescheinigungen” den Arbeitgebern der Ersatzkassenmitglieder auf Anforderung der betreffenden Arbeitgeber zuzustellen. Der Arbeitgeber der betreffenden Angestellten habe die Gesamt-Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß bis zum 31. Dezember 1965 an die Beklagte abgeführt, ohne daß dagegen von seiten der Angestellten Einspruch eingelegt worden sei. Aus diesem Umstand müsse auf das Einverständnis der Betreffenden geschlossen werden. Die nach § 518 RVO auszustellenden Mitgliedsbescheinigungen seien von der Personalabteilung der B. E.werke zwar nicht schriftlich angefordert worden, der Übersendung der Bescheinigung sei jedoch eine telefonische Absprache vorausgegangen, bei der vereinbart worden sei, nach Vorliegen der Gehaltsangaben bei der Beklagten die Mitgliedsbescheinigungen für die wieder versicherungspflichtig werdenden Angestellten zu übersenden. Ob mündliche Kündigungen ausgesprochen worden seien, lasse sich bei dem langen Zeitablauf nicht mehr verbindlich sagen. Allerdings hätten mündlich ausgesprochene Kündigungen ohnehin nicht den Vorschriften der Versicherungsbedingungen der Beklagten entsprochen.

Bei der Personalabteilung der B. E.werke W. wurde noch die Auskunft vom 18. Februar 1970 eingeholt.

Im Berufungsverfahren wurden die betreffenden 5. Angestellten zum Verfahren beigeladen, da ihre Interessen von Entscheidung berührt werden.

Auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie der Akte der Beklagten, welcher zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird im einzelnen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerechte und daher zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin hatte im Klageverfahren die Feststellung begehrt, daß die beigeladenen Angestellten in der Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1965 bei ihr krankenversicherungspflichtig waren. In Wirklichkeit handelte es sich hierbei jedoch um eine Leistungsklage, nämlich auf Herausgabe der für den genannten Zeitraum an die Beklagte zur Krankenversicherung abgeführten Beiträge. Die von der Klägerin begehrte Feststellung ist in Wahrheit nur eine Vortrage für die Herausgabeklage (vgl. Hess. LSG vom 17. Oktober 1956 – K VI 29/56). In diesem Urteil hat der Senat in Anlehnung an die Rechtsprechung des ehemaligen RVA (vgl. Gr. E. Nr. 5240 – AN 1938 S. 449) u.a. aus geführt, daß die damalige Beklagte (BEK) verpflichtet sei, die Beiträge an die damalige Klägerin (AOK) herauszugeben, wenn sie die Beiträge zu Unrecht vereinnahmt habe und die in jenem Rechtsstreit Beigeladene Pflichtmitglied der Klägerin gewesen wäre, da dann die Beiträge nicht der Beklagten zuständen.

In der zitierten RVA-Entscheidung wird hierzu ausgeführt, wenn auch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung über einen Beitragsausgleich zwischen Ersatzkassen und Pflichtkrankenkassen fehle, so könne doch nur ein unmittelbarer Ausgleich stattfinden, damit der Pflichtkrankenkasse, die das Versicherungswagnis für den Fall der Geltendmachung der Ungültigkeit des Versicherungsvertrages zwischen Ersatzkasse und Versichertem trage, die hierfür gebührenden Beiträge nicht vorenthalten würden.

Die von der Klägerin zunächst begehrte Feststellung stellt hiernach nur eine Vortrage für die Herausgabeklage dar. Die Klägerin hat dann auch im Berufungsverfahren ihren ursprünglichen Antrag dahin geändert, daß sie die Herausgabe der der Beklagten zugeflossenen Pflichtbeiträge begehrt.

Im vorliegenden Rechtsstreit ist daher zu prüfen, ob die Beklagte zu Recht die an sie abgeführten Pflichtbeiträge erhalten hat. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob die beigeladenen 5 Angestellten infolge des Gesetzes vom 24. August 1965 ab 1. September 1965 Pflichtmitglieder der Klägerin geworden und es auch bis zum 31. Dezember 1965 geblieben sind.

Unstreitig waren die beigeladenen Angestellten bis zum 31. August 1965 bei der Beklagten freiwillig weiterversichert. Ab 1. September 1965 wurden sie aufgrund des Gesetzes vom 24. August 1965 krankenversicherungspflichtig. Als solche gehörten sie einer der gesetzlichen Krankenkassen des § 225 RVO, im vorliegenden Fall der Klägerin, als Pflichtmitglieder an (§ 245 Abs. 3 RVO). Sie hatten jedoch das recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Klägerin.

Die Verwirklichung dieses rechts auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Pflichtkasse (§ 225 RVO) wird in § 517 Abs. 2 RVO geregelt. Danach muß das Ersatzkassenmitglied, das von dem recht auf Befreiung Gebrauch machen will, seinem Arbeitgeber eine Bescheinigung über seine Zugehörigkeit zur Ersatzkasse vorlegen. Die Befreiung ist somit von dem bekundeten Willen des versicherungspflichtigen Mitgliedes abhängig; vgl. Peters, KV Anm. 6 zu § 517 RVO. Dort wird zutreffend ausgeführt, daß selbst nach der Ausstellung der Bescheinigung es dem freien Entschluß des Mitglieds überlassen bleibt, ob es sich durch die Vorlage der Bescheinigung bei seinem Arbeitgeber von der Mitgliedschaft bei der Pflichtkasse befreien will. Die Bescheinigung werde erst mit der Vorlage an den Arbeitgeber wirksam. Danach ist also die Vorlage einer solchen Bescheinigung durch den Arbeitnehmer beim Arbeitgeber Voraussetzung für die Befreiung von der Zwangskassenmitgliedschaft.

Es genügt mithin nicht, daß die Beklagte der Arbeitgeberin der Beigeladenen, nachdem diese durch das Gesetz vom 24. August 1965 versicherungspflichtig geworden waren, mitteilte, daß die betreffenden Angestellten bei ihr Mitglied seien, erst wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Bescheinigung der Ersatzkasse übergibt und damit zum Ausdruck bringt, daß er in Zukunft nur noch bei der Ersatzkasse versichert sein will, tritt die Befreiung von Pflichtmitgliedschaft bei der gesetzlichen Krankenkasse ein.

Derartige Bescheinigungen sind im vorliegenden Fall von der Beklagten nicht ausgestellt und von den beigeladenen Angestellten dem Arbeitgeber demgemäß auch nicht vorgelegt worden. Vielmehr wurden die Pflichtbeiträge an die Beklagte abgeführt, nachdem auf Grund fernmündlicher Rücksprache festgestellt worden war, daß Versicherungspflicht eingetreten war. Die Beigeladenen waren daher an dem ganzen Vorgang nicht beteiligt und haben weder ihrem Arbeitgeber noch der Beklagten gegenüber einen dahingehenden Willen zum Ausdruck gebracht, als Pflichtversicherte ab 1. September 1965 der Beklagten angehören wollen. Damit sind aber die Voraussetzungen des § 517 Abs. 2 RVO nicht erfüllt. Die Beigeladenen waren somit mit dem 1. September 1965 Pflichtmitglieder der Klägerin geworden. Die Beklagte hat daher zu Unrecht die für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1965 für die Beigeladenen abgeführten Pflichtbeiträge entgegengenommen. Sie ist verpflichtet, diese Beiträge an die Klägerin herauszugeben.

Die Berufung der Klägerin mußte daher Erfolg haben.

Die Frage, ob die Beigeladenen verpflichtet sind, trotz der bestehenden Pflichtmitgliedschaft bei der Klägerin noch Beiträge als freiwillig Weiterversicherte an die Beklagte bis zum 31. Dezember 1965 zu entrichten, war in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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