L 3 V 352/69

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 V 352/69
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Nr. 46 der Anlage zur 7. BKVO
2. § 3 der 7. BKVO
Die Anwendung der Nr. 46 erfordert nicht, daß der Versicherte seinen Beruf von sich aus wegen der Hauterkrankung aufgibt. Vielmehr ist es ausreichend, wenn der hautschädigende Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden muß und nicht mehr ausgeübt wird.
Im Gegensatz hierzu ist für die Gewährung einer Übergangsleistung nach § 3 der 7. BKVO erforderlich, daß die berufliche Tätigkeit wegen der Hauterkrankung aufgegeben worden ist.
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 20. Februar 1969 und der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 1968 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 20. Mai 1967 bis 31. Januar 1969 wegen einer Hauterkrankung im Sinne der Nr. 46 der Anlage zur 6. und 7. BKVO Rente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.

III. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die dem Kläger entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

V. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger war seit dem 5. Oktober 1964 bei der Firma R. und Söhne in G. als Chemotechniker beschäftigt. Am 31. Mai 1965 erstattete der Hautarzt Dr. med. L., D., bei der Beklagten eine Anzeige über eine Berufskrankheit, derzufolge bei dem Kläger Hautpartien an den Händen, im Gesicht und oberhalb des linken Knies von einem akuten, ekzematösen Geschehen befallen waren. Die Arbeitgeberin des Klägers erstattete eine gleiche Anzeige am 18. Oktober 1965. Am 10. Dezember 1965 teilte der Kläger der Beklagten mit, sie möge bis auf weiteres nichts unternehmen, weil er seinen Arbeitsplatz nicht verlieren wolle.

Am 18. April 1967 beantragte er jedoch die Gewährung von Verletztenrente wegen der Hauterkrankung, weil er ab 15. April 1967 arbeitsunfähig sei und im Juni 1967 aus Altersgründen bei der Fa. R. ausscheide. In der Zeit vom 17. Juli bis 28. August 1967 wurde er in der Allergie- und Hautklinik N. stationär behandelt. Nachdem die Beklagte einen Behandlungsbericht hierüber beigezogen hatte, lehnte sie die Gewährung einer Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit Bescheid vom 25. Januar 1968 ab, weil die Voraussetzungen zur Anerkennung einer versicherten und entschädigungspflichtigen Berufskrankheit nach Nr. 46 der 6. Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) nicht erfüllt seien. Das Hautleiden des Klägers habe weder zum Wechsel der beruflichen Beschäftigung noch zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit geführt.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 8. Februar 1968 beim Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben. Dieses zog von dem behandelnden Arzt Dr. med. L., D. einen Behandlungsbericht bei und hörte den Kläger persönlich, der seit dem 12. September 1968 bis Mai 1969 als Hilfsarbeiter in einer Elektromotorenfabrik in N. tätig war.

Mit Urteil vom 20. Februar 1969 hat das Sozialgericht Darmstadt die Klage abgewiesen. Zwar handele es sich um eine schwere Hauterkrankung, jedoch habe der Kläger seinen Beruf vor Erreichung des 65. Lebensjahres nicht gewechselt, so daß die Voraussetzungen der Nr. 46 der 6. BKVO nicht vorlägen. Eine spätere Berufsaufgabe sei rechtlich unbeachtlich. Soweit der Kläger Ansprüche nach § 587 RVO geltend mache, sei die Klage unzulässig, da noch keine dahin gehende Verwaltungsentscheidung der Beklagten vorliege.

Gegen das ihm am 7. März 1969 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. März 1969 Berufung eingelegt.

Von dem Facharzt für Hautkrankheiten Dr. med. G., N. und der Hautklinik in D. wurden Behandlungsberichte sowie von dem Landesgewerbearzt in W. eine Stellungsnahme zu der Berufskrankheit des Klägers eingeholt. In der mündlichen Verhandlung am 13. Mai 1970 erklärte der Vertreter der Beklagten nach Anhörung des Klägers, sie werde prüfen, ob diesem eine Rente bzw. ein Übergangsgeld zu zahlen sei. Mit Schriftsatz vom 31. Juli 1970 teilte sie mit, auf Grund ihrer Ermittlungen bei der Fa. R. sei sie bereit, entsprechend dem Vergleichsvorschlag des Gerichts dem Kläger Leistungen bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der Fa. W., N., im Mai 1969 zu gewähren. Sie ermittle und berechne zur Zeit die Höhe der Leistungen. Nach Abschluß dieser Arbeiten werde dem Gericht weitere Nachricht erteilt. Die Beklagte trug dann jedoch mit Schriftsatz vom 12. März 1971 vor, eine Berufskrankheit könne nicht anerkannt werden, weil der Kläger nicht wegen seiner Hauterkrankung sondern infolge Kündigung anläßlich der Erreichung des 65. Lebensjahres bei der Firma R. ausgeschieden sei. Auch habe er durch die Pensionierung keine Verdienstminderung hinnehmen müssen. Die Beklagte hat dies im einzelnen dargetan.

Die Fa. R. hat auf Antrage mitgeteilt, sie kündige grundsätzlich allen männlichen Arbeitnehmern mit Ablauf des 65. Lebensjahres. Den Kläger hätte sie auch ohne dessen Hauterkrankung nicht weiterbeschäftigt.

Der Kläger trägt zur Begründung der Berufung u.a. vor, die Beklagte habe mit Schriftsatz vom 31.7.1970 das Anerkenntnis abgegeben, ihm Leistungen bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der Fa. W., N., im Mai 1969 zu gewähren. Dieses Anerkenntnis könne sie nicht widerrufen. Außerdem habe sie mit Schriftsatz vom 12. März 1971 eine Berechnung vorgelegt, die von seinem dem Grunde nach bestehenden Anspruch ausgehe. Diese Erklärung trage alle Merkmale eines Verwaltungsaktes, der gem. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sei. Aus seinem früheren Verhalten sei eindeutig zu entnehmen, daß er trotz Vollendung des 65. Lebensjahres bestrebt gewesen sei, weiterhin als Arbeitnehmer tätig zu sein. Ob der Arbeitgeber die Fa. R. oder ein ähnlicher Betrieb gewesen wäre, könne dabei dahingestellt bleiben. Da ihm die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit wegen seiner Hauterkrankung nicht möglich gewesen sei, lägen die rechtlichen Voraussetzungen für die Entschädigungspflicht der Beklagten vor. Dabei dürfe sein Altersgeld nicht auf Übergangsleistungen angerechnet werden.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichtes Darmstadt vom 20. Februar 1969 und des Bescheides vom 25. Januar 1968 zu verurteilen, seine Hauterkrankung gem. Nr. 46 der 6. BKVO zu entschädigen sowie den Verwaltungsakt der Beklagten vom 12. März 1970 aufzuheben und diese zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt u.a. aus, ihr Schriftsatz vom 31. Juli 1970 enthalte kein bindendes prozeßrechtliches Vergleichsangebot. Auch liege kein bindender Verwaltungsakt vor. Dem Kläger stünden weder Übergangsleistungen gem. § 3 der 7. BKVO noch Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit nach Nr. 46 der Anlage zu dieser BKVO zu. Er habe nämlich seinen Beruf nicht wegen einer Hautkrankheit aufgegeben, sondern sei altersbedingt bei der Fa. R. ausgeschieden. Übergangsgeld stehe ihm bereits deshalb nicht zu, weil ein Vergleich seiner Einkommenssituation vor und nach dem Ausscheiden bei der Fa. R. auf eine unwesentliche Einkommensminderung ergebe. Dabei sei auch das Altersruhegeld anzurechnen.

Im übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher zulässig.

Sie ist auch zum Teil begründet. Dem Kläger steht nämlich Verletztenrente wegen einer schweren bzw. wiederholt rückfälligen Hauterkrankung, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung gezwungen hat, im Sinne der lfd. Nr. 46 der 6. bzw. 7. BKVO für die Zeit vom 20. Mai 1967 bis 31. Januar 1969 zu.

Zunächst ist festzustellen, daß der Kläger an einer durch seine Berufstätigkeit bei der Fa. R. entstandene schwere bzw. wiederholt rückfällige Hauterkrankung litt. Das Bundessozialgericht vertritt hierzu zutreffend die Auffassung, eine schwere Hauterkrankung liege stets dann vor, wenn sie längere Zeit bestehe, wofür 10 Monate genügten (vgl. Urteil vom 30. Oktober 1959, 2 RU 5/58). Im vorliegenden Fall ist die Hauterkrankung ab April 1965 hautärztlich behandelt worden, wie der Facharzt für Hautkrankheiten Dr. med. L., D., dem Sozialgericht Darmstadt am 30. November 1968 mitgeteilt hat. Nach einer Mitteilung der AOK D. vom 3. Juni 1965 bestand beim Kläger Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 5. bis 9. April und vom 12. Mai bis 7. Juni 1965. Vom 23. bis 28. August 1965 fand eine stationäre Behandlung in der Hautklinik W. statt, die wegen disziplinlosen Verhaltens des Klägers abgebrochen wurde. Ein neuer Krankheitsschub trat dann dem Bericht des Dr. med. L. zufolge erst am 14. April 1967 wieder auf und führte zur Arbeitsunfähigkeit bis zum 19. Mai 1967, während der Befund im Juni 1967 gering war. Vom 17. Juli bis 28. August 1967 wurde dann eine Kur in N. durchgeführt. Dabei wurde ein akuter oder subakuter Ekzembefund nicht mehr festgestellt, jedoch eine weitere hautärztliche Betreuung für erforderlich gehalten. Nachdem sich der Kläger am 6. September 1967 wegen "leichter ekzematöser Unruhe” erneut bei Dr. med. L. vorgestellt hatte, geschah dies dem Bericht vom 30. November 1968 zufolge danach erst wieder am 23. April 1968, wobei ein guter Hautzustand diagnostiziert wurde, sowie am 18. November 1968. Auch in diesem Zeitpunkt wurde kein akuter Ekzemschub mehr diagnostiziert, die Haut war "in der Art eines chronischen Ekzems infiltriert”. Der MdE-Grad wurde von Dr. med. L. ab Mitte Juni 1967 mit 20 % bewertet. Der Kläger war nach seinen Angaben anschließend nur noch bei dem Hautarzt Dr. med. G. in N. in Behandlung. Dieser teilte auf Antrage mit, er habe den Kläger in der Zeit vom 12. November 1968 bis 21. Januar 1969 behandelt und eine "besonders trockene Haut an Händen und Armen” festgestellt, die sich unter Salbenbehandlung rasch gebessert habe.

Der Senat hat sich aufgrund dieser Befunde der von ihm am 12. Februar 1970 eingeholten Stellungnahme des Landesgewerbearztes angeschlossen, der im Übereinstimmung mit den behandelnden Ärzten der Allergie- und Hautklinik N. eine schwere berufsbedingte Hauterkrankung, nämlich ein rezidivierenden Kontaktekzem mit Antigennachweis, angenommen hat.

Die Beklagte lehnt einen Anspruch des Klägers auf Verletztengeld auch nur mit der Begründung ab, eine Berufskrankheit liege deshalb nicht vor, weil der Kläger seinen Beruf nicht infolge der Hauterkrankung aufgegeben habe, sondern altersmäßig bedingt bei der Fa. R. ausgeschieden sei.

Nach Nr. 46 der Anlage zur 6. und 7. BKVO ist weitere Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen, daß die Hauterkrankung "zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen hat.” Dabei ist darauf abzustellen, ob der Versicherte infolge der Hauterkrankung in seinem beruflichen Fortkommen dadurch schwer beeinträchtigt ist, daß er durch diese Erkrankung außerstande gesetzt ist, bestimmte Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten künftig zu verwenden, die er in seiner bisherigen Tätigkeit erworben hat, sei es durch besondere Ausbildung oder besondere Anlernung oder auch durch langdauernde fachliche Arbeit (so auch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 492 n–s). Dies ist bei dem Kläger der Fall. Er hat den Beruf eines Chemotechnikers erlernt und seit seinem 16. Lebensjahr ausgeübt, konnte also nicht ohne weiteres zu einer anderen beruflichen Beschäftigung übergehen. Da er dem Gutachten der Allergie- und Hautklinik N. vom 28. August 1967 zufolge den Kontakt mit Formaldehyd, Phenol und organischen Lösungsmitteln vermeiden muß, ist er nicht mehr fähig, seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten ohne weitere gesundheitliche Gefährdung zu verwerten, so daß er gezwungen war, seinen Beruf aufzugeben.

Die Beklagte ist zu Unrecht der Auffassung, daß die Voraussetzungen der Nr. 46 a.a.O. nur vorliegen, wenn der Versicherte seinen Beruf von sich aus wegen der Hauterkrankung aufgibt, was bei dem Kläger in der Tat nicht der Fall war, denn er hat seinen Arbeitsplatz bei der Fa. R. wegen der Erreichung des 65. Lebensjahres verloren. Seine Behauptung, ohne die Hauterkrankung wäre er weiterhin von dieser Firma beschäftigt worden, ist unzutreffend, wie die am 28. Juni 1971 auf Antrage mitgeteilt hat.

Die Beklagte kann ihre Ansicht bereits nicht auf den Wortlaut der Nr. 46 a.a.O. stützen. Danach muß die Hauterkrankung u.a. nur zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung "gezwungen haben”. Diese Voraussetzung ist aber stets dann erfüllt, wenn der hautschädigende Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden muß und auch nicht mehr ausgeübt wird. Ferner erfordern Sinn und Zweck dieser Bestimmung keine andere Auslegung. Es soll nämlich nur verhindert werden, daß ein Versicherter wegen einer schweren oder wiederholt rückfälligen Hauterkrankung Rente bezieht, trotzdem aber aus freiem Belieben in dem gefährdenden Beruf bei der Tätigkeit bleibt mit der Aussicht auf weitere Verschlimmerung des Hautleidens, die unvermeidlich zu Erhöhungen der Rentenleistungen führen müßten (so BSG a.a.O.). Dagegen ist es nicht erforderlich, daß der Versicherte den hautschädigenden Beruf wegen der Hauterkrankung aufgibt. Vielmehr ist Nr. 46 a.a.O. auch dann anzuwenden, wenn der Beruf – bei dem Zwang ihn wegen der Hauterkrankung aufzugeben – aus anderen Gründen nicht mehr ausgeübt wird, z.B. infolge Kündigung, Konkurseröffnung, Umstellung der Produktion oder, wie hier, Erreichens der Altersgrenze. Andernfalls könnte ein Versicherter, der aus einem dieser Gründe aus seiner bisherigen beruflichen Arbeit ausscheidet, keine Verletztenrente beanspruchen, während er sie erhalten würde, wenn solche gegebenenfalls von seinem Willen unabhängige Umstände nicht eingetreten wären. Dieses Ergebnis ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu vertreten.

Es war daher nur zu prüfen, in welchem Zeitraum und Umfang eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch die Hauterkrankung vorlag, ohne daß es auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ankommt.

Als Beginn der Verletztenrente ist der 20. Mai 1967 festzustellen. Grundsätzlich ist zwar die Aufgabe des schädigenden Berufes Voraussetzung für die Gewährung der Verletztenrente (vgl. BSG a.a.O.), die bei dem Kläger am 30. Juni 1967 erfolgte. Jedoch kann Verletztenrente ausnahmsweise bereits auch dann gewährt werden, wenn die Berufsaufgabe für eine Übergangszeit hinausgeschoben wird, die dem Versicherten billigerweise nicht verweigert werden kann (vgl. BSG a.a.O.). Dieser Fall liegt hier im Hinblick auf das Ausscheiden des Klägers zum 30. Juni 1967 vor. Obwohl der Kläger am 18. April 1967 die Gewährung von Verletztenrente beantragt hatte, steht ihm diese jedoch erst ab 20. Mai 1967 zu, weil er vom 13. April bis 19. Mai 1967 arbeitsunfähig im Sinne der Krankenversicherung war, wie Dr. med. L. der Beklagten am 31. Mai 1967 mitgeteilt hat (§ 580 Abs. 1 RVO). Das Ende der Rentenzahlung war auf den 31. Januar 1969 festzusetzen, weil der Kläger nachweisbar nur bis dahin in hautärztlicher Behandlung stand, und zwar zuletzt, bei Dr. med. G., N. wie dieser Arzt am 20. August 1969 auf Antrage mitgeteilt hat.

Der durch die Hauterkrankung bedingte MdE-Grad betrug in diesem Zeitraum 20 %. Der Senat hat sich hierbei der Auffassung des Landesgewerbearztes vom 12. Februar 1970 angeschlossen, die insbesondere unter Berücksichtigung der in der Allergie- und Hautklinik N. erhobenen Befunde zustande gekommen ist und mit der Beurteilung durch den Hautarzt Dr. med. L. in dessen Bericht vom 30. November 1968 übereinstimmt.

Die Gewährung von Übergangsleistungen gem. § 3 der 7. BKVO hat die Beklagte dagegen zu Recht abgelehnt, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Danach hat der Träger der Unfallversicherung eine Übergangsleistung zum Ausgleich einer Verdienstminderung oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile zu gewähren, die dadurch verursacht worden sind, daß der Versicherte eine Tätigkeit einstellt, weil u.a. die Gefahr der Verschlimmerung einer Berufskrankheit nicht zu beseitigen ist. Im Gegensatz zu Nr. 46 a.a.O. ist hierfür also Voraussetzung, daß der Versicherte eine berufliche Tätigkeit deshalb aufgibt, weil er auf keine andere Weise u.a. einer Verschlimmerungsgefahr seiner Hauterkrankung begegnen kann. Das war hier aber nicht der Fall, wie oben ausgeführt worden ist, denn der Kläger hat seine Tätigkeit bei der Fa. R. nicht von sich aus aufgegeben, um eine solche Verschlimmerung zu vermeiden, vielmehr ist ihm wegen Erreichens der Altersgrenze gekündigt worden. Übergangsleistungen sind aber nicht zu gewähren, um wirtschaftliche Nachteile von Versicherten abzuwenden, die aus anderen Gründen ihren hautschädigenden Beruf aufgeben. Es kann auch nicht festgestellt werden, daß der Kläger ohne seine Hauterkrankung in einem anderen chemischen Betrieb einen neuen Arbeitsplatz gefunden hätte. Abgesehen davon, daß angesichts seines Alters hierfür keine Anhaltspunkte vorliegen, hat dieser insoweit auch nichts vorgetragen. Hinzu kommt, daß er eine Altersrente von ca. 790,– DM monatlich erhält, im Anschluß an sein Ausscheiden bei der Fa. R. Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe bezog und in der Zeit vom September 1968 bis Mai 1969 als Arbeitnehmer durchschnittlich 600,– bis 700,– DM monatlich verdiente, während er bei der Fa. R. zuletzt ein Nettogehalt von 779,– DM hatte. Die Beklagte hat unter Berücksichtigung dieser Einkommensverhältnisse auch zu Recht die Auffassung vertreten, daß sie aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht zur Zahlung einer Übergangsleistung verpflichtet war.

Da dem Kläger Verletztenrente bis zum 31. Januar 1969 zusteht, kommt es darauf, wie die Schriftsätze der Beklagten vom 31. Juli 1970 und 12. März 1971 zu bewerten sind, ob als Anerkenntnis oder Verwaltungsakte nur für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Mai 1969 an, weil die Beklagte sich in dem Schriftsatz vom 31. Juli 1970 bereit erklärt hat, "Leistungen” bis zum Ausscheiden des Klägers aus der Fa. W., N., im Mai 1969 zu gewähren.

Der Kläger erblickt zunächst in letzterem Schriftsatz einen Verwaltungsakt, der gem. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sei. Die Beklagte meint demgegenüber, ein Verwaltungsakt liege schon deshalb nicht vor, weil sie den Schriftsatz nicht an den Kläger gerichtet habe. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden, denn der Schriftsatz ist in gleicher Weise auch an den Kläger gerichtet gewesen, für den auch eine Durchschrift beigefügt wurde. Eine in einem Schriftsatz enthaltene begünstigende Erklärung kann durchaus einen Verwaltungsakt darstellen und nicht nur eine "schlichte Verwaltungsäußerung” (vgl. BSG 6, 177). Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß durch den Schriftsatz der Beklagten vom 31. Juli 1970 nicht ein Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger mit gestaltender Wirkung so präzisiert und konkretisiert worden ist, daß es sich um einen gestaltenden, den Kläger begünstigenden Verwaltungsakt handelte. Es heißt darin nämlich nur, sie sei bereit, dem Kläger bis Mai 1969 "Leistungen” zu gewähren, deren Höhe noch berechnet werde. Es ist jedoch nicht erklärt worden, um welche Leistungen es sich im einzelnen handeln soll, ob um Rente oder Übergangsgeld im Anschluß an den Beschluss des Senats vom 13. Mai 1969, mit dem der Rechtsstreit vertagt wurde, nachdem die Beklagte erklärt hatte, sie werde prüfen, ob dem Kläger eine Rente bzw. ein Übergangsgeld zu zahlen sei.

Die Beklagte hat auch nicht zum Ausdruck gebracht, daß sie überhaupt Leistungen gewähren wolle. Wenn nämlich, wie hier, die "Ermittlung und Berechnung der Höhe der Leistung vorbehalten bleibt, ist es auch möglich daß sich dabei ergibt, daß grundsätzlich zustehende Leistungen nicht zu gewähren sind. Die Erklärung der Beklagten vom 31. Juli 1970 kann daher sinngemäß nur so verstanden werden, daß Leistungen – und zwar kann es sich nur um Übergangsgeld gehandelt haben – gewährt werden sollten, wenn die noch vorzunehmende Berechnung dies zulässig machte. Die Berechnung der Beklagten hat aber dann zu dem Ergebnis geführt, daß dem Kläger kein wirtschaftlicher Nachteil durch das Ausscheiden aus der Fa. R. entstanden ist. Zur Gewährung von Verletztenrente hat sich die Beklagte nicht bereit erklärt.

Ein Anerkenntnis im Sinne des § 101 SGG liegt ebenfalls nicht vor, denn es handelt sich nicht um ein Zugeständnis der Beklagten, daß der Klageanspruch besteht. Der Kläger hatte nämlich im Klageverfahren beantragt, ihm ab 12. September 1968 eine Rente nach einer MdE um 20 % zu gewähren, im Berufungsverfahren dagegen lediglich den Antrag gestellt, die Beklagte zu verurteilen, die Hauterkrankung zu entschädigen. Die Erklärung der Beklagten vom 31. Juli 1970 ist für ein Anerkenntnis zu unbestimmt. Der Kläger hat auch kein Anerkenntnis "angenommen”. Er konnte dies auch nicht, weil er nach dem Schriftsatz der Beklagten vom 31. Juli 1970 nicht wußte, welche Leistungen die Beklagte gewähren wollte.

Der Senat vermochte sich auch nicht der Auffassung des Klägers anzuschließen, in dem Schriftsatz der Beklagten vom 12. März 1971 sei ein begünstigender Verwaltungsakt zu erblicken, der gem. § 96 SGG Gegenstand der Berufungsverfahrens geworden sei, weil die Beklagte eine Berechnung vorgelegt habe, die von seinem dem Grunde nach bestehenden Anspruch auf Übergangsleistungen ausgehe. Die Beklagte hat nämlich in diesem Schriftsatz zunächst ausdrücklich das Vorliegen einer Berufskrankheit verneint und dann nur ergänzend ausgeführt, der Kläger habe durch seine Pensionierung auch keine Verdienstminderung hinnehmen müssen, wie sich aus der von ihr durchgeführten Berechnung ergebe. Sie hat damit auch insoweit keinen neuen, den Kläger begünstigenden Verwaltungsakt in Bezug auf die Gewährung von Übergangsleistungen erteilt. Es war daher, wie geschehen, zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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