L 3 U 1088/71

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 1088/71
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
I. Ein Versicherter steht grundsätzlich auch bei Fahrten zur Familienwohnung, die nicht um unmittelbaren Anschluß an die Beendigung der Betriebstätigkeit angetreten werden, unter Versicherungsschutz.
II. Eine 32-jährige ledige Versicherte kann noch eine Familienwohnung im Hause ihrer Mutter haben.
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 24. September 1971 und der Bescheid vom 8. Mai 1970 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, das Ereignis vom 24. Dezember 1969 als Wegeunfall zu entschädigen.

II. Die Beklagte hat die der Klägerin im Streitverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die 1937 geborene Klägerin ist seit dem 1. Juni 1960 bei der Firma V. Tachometer Werke A. B. GmbH in F. als Einkäuferin beschäftigt. Bis dahin lebte sie im Hause ihrer Eltern in P. Ihr Vater ist im Jahre 1968 verstorben. Die Klägerin hat in diesem Hause weiterhin ein Wohnzimmer von ca. 15 qm und ein Schlafzimmer von ca. 10 qm inne. Beide Zimmer sind noch aus ihrer Mädchenzeit möbliert. Im Juni 1960 stellte ihre Arbeitgeberin ihr in F. ein Leerzimmer mit einer kleinen Küche als Werkswohnung zur Verfügung, die von der Klägerin möbliert wurde. Nach dem Verkauf dieses Hauses im Jahre 1966 mietete sich die Klägerin in F. ein anderes Leerzimmer mit einer Kochnische und Bad, zusammen etwa 30 qm groß. Sie ist ledig, auch nicht verlobt und fuhr an den Wochenenden regelmäßig in das elterliche Haus in P.

Am 23. Dezember 1969 (einem Dienstag) beendete die Klägerin ihre Betriebstätigkeit um 16.30 Uhr, fuhr jedoch erst am nächsten Tage gegen 8 Uhr mit ihrem Pkw in Richtung P. wo sie im Hause ihrer Mutter das Weihnachtsfest verbringen wollte. In D. erlitt sie gegen 9 Uhr dadurch einen Verkehrsunfall, daß sie infolge Schneematsches ins Schleudern geriet und gegen einen Baum fuhr. Bei dem Unfall zog sie sich eine Kopfverletzung zu und verlor auf dem rechten Auge das Sehvermögen fast vollständig. Außerdem erlitt sie einen Hüftgelenksbruch rechts. Die Beklagte lehnte die Gewährung einer Entschädigung mit Bescheid vom 8. Mai 1970 ab, weil im Unfallzeitpunkt wegen des um ca. 16 Stunden verzögerten Antrittes der Fahrt kein Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit mehr bestanden habe.

Gegen den ihr am 26. Mai 1970 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 25. Juni 1970 beim Sozialgericht Frankfurt a.M. Klage erhoben, die mit Urteil vom 24. September 1971 ohne weitere Beweisaufnahme abgewiesen wurde. Ein Wegeunfall habe nicht vorgelegen, weil der Heimweg der Klägerin von ihrer Arbeitsstätte am Abend vor dem Unfall mit dem Erreichen ihrer Wohnung in F. beendet gewesen sei. Die wesentliche Ursache für die verspätete Heimfahrt seien der wegen des bevorstehenden Weihnachtsfestes zu erwartende überdurchschnittliche Berufsverkehr und die ungünstigen Straßenverhältnisse gewesen. Auf beides habe die Erwerbstätigkeit der Klägerin keinen Einfluß gehabt.

Gegen das ihr am 11. Oktober 1971 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. November 1971 Berufung eingelegt. Sie führt u.a. aus, entgegen der Meinung des Sozialgerichts sei es im vorliegenden Fall im Hinblick auf die gegebenen Umstände und die speziellen Verkehrsverhältnisse sachgerecht und angemessen gewesen, daß sie unter derart ungünstigen Bedingungen und zur Vermeidung eines zusätzlichen Unfallrisikos die Heimfahrt nicht sofort, sondern erst nach einer Zwischenübernachtung in ihrer F.er Wohnung angetreten habe. Der Mittelpunkt ihres Lebens habe sich auch im Unfallzeitpunkt noch in P. befunden, zumal sie in F. auch keine näheren Bekannten gehabt habe. Ebenso wie an anderen Wochenenden im Winter sei sie auch zu Weihnachten 1969 nicht bereits abends nach Dienstschluß, sondern erst am nächsten Morgen gefahren, weil die Straßen dann nicht so belebt gewesen seien. Außerdem habe Schnee gelegen. Am Abend des 23. Dezember 1969 habe sie keine eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten außerhalb ihrer Wohnung in F. verrichtet. Unter diesen Voraussetzungen sei der Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit und dem Heimweg nicht unterbrochen gewesen.

Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 24. September 1971 und den Bescheid vom 8. Mai 1970 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 24. Dezember 1969 als Wegeunfall zu entschädigen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Sie führt u.a. aus, der angefochtene Bescheid sowie das Urteil des Sozialgerichts seien nicht zu beanstanden. Vieles spreche dafür, daß die Klägerin seit langem ihren Lebensmittelpunkt nach F. verlagert habe, denn sie sei zur Zeit des Unfalles bereits 32 Jahre alt gewesen und es müsse angenommen werden, daß sie sich seit 1960 in F. einen eigenen Lebenskreis geschaffen habe, so daß zur Zeit des Unfalles die elterliche Wohnung in P. nicht mehr die Familienwohnung gewesen sei. In jedem Falle hätte die Klägerin aber am 23. Dezember 1969 noch die etwa 50 km von F. nach P. zurücklegen können, da sie bereits um 16.30 Uhr Feierabend gehabt habe und besondere Gründe, die Heimfahrt nicht an diesem Tage anzutreten, nicht vorgelegen hätten. Wenn sie dennoch erst am 24. Dezember 1969 nach P. gefahren sei, habe sie damit den inneren ursächlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit gelöst. Auch wenn man davon ausgehe, daß am 23. Dezember 1969 etwas erschwerte Verkehrsverhältnisse geherrscht hätten, habe doch für die Klägerin an diesem Tage kein erhöhtes Risiko bestanden, die Fahrt durchzuführen.

Das Einwohnermeldeamt in P. hat auf Antrage mitgeteilt, die Klägerin sei seit ihrer Geburt in P., B., gemeldet, seit dem 1. September 1960 mit einem zweiten Wohnsitz in F., G.

Das Wetteramt F. hat am 3. März 1972 auf Antrage eine Auskunft über die Wetterlage am 23. Dezember 1969 zwischen 16.30 und 18 Uhr im Raume F.-D. erteilt. Danach herrschte Schneeglätte, im südlichen Teil stellenweise auch Glatteis bei leichtem Regen oder Sprühregen bzw. leichtem Schneefall.

Ferner wurde noch die Mutter der Klägerin, E. S., als Zeugin vernommen. Wegen des Inhalts ihrer Bekundungen wird auf Bl. 49 G.A. hingewiesen.

Im übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher zulässig.

Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage gegen den Bescheid vom 8. Mai 1970 zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte ist verpflichtet, den Unfall der Klägerin am 24. Dezember 1969 als Wegeunfall zu entschädigen (§§ 548 Abs. 1, 550 S. 1 und 3 der Reichsversicherungsordnung – RVO –). Nach diesen Bestimmungen gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543–545 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Der Umstand, daß der Versicherte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft hat, schließt die Versicherung auf dem Weg von und nach der Familienwohnung nicht aus.

Zunächst steht zur Überzeugung des Senates fest, daß die Klägerin im Unfallzeitpunkt ihre Familienwohnung noch im Hause ihrer Mutter in P. hatte. Die ständige Familienwohnung eines Versicherten liegt dort, wo sich der Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse befindet. Dieser Mittelpunkt verlagert sich im allgemeinen bei verheirateten Versicherten an den Ort des eigenen Hausstandes. Dies gilt vielfach auch für ledige Versicherte, die nicht nur vorübergehend auswärts beschäftigt sind und am Ort ihrer Tätigkeit ein Unterkommen haben, zumal dann, wenn sie mit annehmendem Alter weitgehend in eine persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit hineinwachsen. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob und in welchem Maße der auswärts beschäftigte und dort untergebrachte Versicherte die innere Verbundenheit mit der elterlichen Wohnung aufgehoben oder beibehalten hat (vgl. Urteil des BSG vom 24. Mai 1960, 2 RU/17/58). Nach den glaubhaften Bekundungen der im Berufungsverfahren als Zeugin gehörten Mutter der Klägerin und den damit übereinstimmenden Angaben der vom Senat persönlich gehörten Klägerin, die einen gewissenhaften Eindruck machte, ist als erwiesen anzusehen, daß die Klägerin sich die innere Verbundenheit mit der elterlichen Wohnung im Unfallzeitpunkt, also mit 32 Jahren, noch erhalten hatte. Sie verbrachte nämlich ihre arbeitsfreie Zeit an den Wochenenden regelmäßig in dem Hause ihrer Eltern bzw. – nach dem Tod ihres Vaters – ihrer Mutter in P. Dort bewohnte sie seit ihrer Mädchenzeit 2 Zimmer und ist nach wie vor dort polizeilich gemeldet, ab 1. September 1960 mit einem zweiten Wohnsitz in F. Dem steht der Umstand nicht entgegen, daß sie im Juni 1960 bei Antritt ihrer Beschäftigung ein von ihr möbliertes Leerzimmer in F. in einem ihrer Arbeitgeberin gehörenden Haus bezog, weil sie als Einkäuferin eine unregelmäßige Dienstzeit hatte, so daß es aus diesem Grunde für sie zweckmäßig war, in F. eine Unterkunft zu haben. Nachdem dieses Haus verkauft worden war, mietete die Klägerin sich dann ein anderes Leerzimmer mit Kochnische und Bad, das sie sich mit eigenen Möbeln einrichtete. Dadurch verlagerte sich der Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse aber nicht nach F. Sie ist nicht verlobt, hat in F. keine näheren Bekannten und hält sich dort auch an arbeitsfreien Tagen nicht auf. Unter solchen Umständen behält auch eine 32-jährige Versicherte ihre Familienwohnung im Hause der Eltern. Daß die Entfernung von P. nach F. nur rund 50 km. beträgt, spricht nicht dagegen. Auch bei einer solchen Entfernung ist es verständlich, daß sich eine Versicherte am Ort der Tätigkeit eine Unterkunft sucht, wenn die – wie im vorliegenden Fall – sonst an jedem Arbeitstag eine verkehrsreiche Strecke zur Zeit des Berufsverkehrs zurücklegen müßte.

Die Klägerin befand sich im Zeitpunkt des Unfalles auch auf dem Weg von ihrer Unterkunft in F. zur Familienwohnung in P. Die Auffassung der Beklagten, die Klägerin hätte nur bei einer Heimfahrt am 23. Dezember 1969 im unmittelbaren Anschluß an die Beendigung ihrer beruflichen Tätigkeit unter Unfallversicherungsschutz gestanden, hält der Senat für unzutreffend. Bei Fahrten zur Familienwohnung (§ 550 S. 3 RVO) braucht nämlich kein ebenso enger zeitlicher Zusammenhang mit der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit zu bestehen, wie bei gewöhnlichen Heimfahrten nach Arbeitsschluß (§ 550 S. 1 RVO). Während hier der Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit durch eine längere eigenwirtschaftliche Verrichtung gelöst wird, muß ein Versicherter, der am Ort der beruflichen Tätigkeit eine Unterkunft hat, dort täglich nach Arbeitsschluß eigenwirtschaftlichen Verrichtungen nachgehen, ohne daß dadurch der Versicherungsschutz bei einer Heimfahrt verloren geht. Die unter Versicherungsschutz stehenden Heimfahrten sind nicht auf die arbeitsfreie Zeit an den Wochenenden beschränkt. Ein Versicherter ist nach § 550 S. 3 RVO grundsätzlich bei jeder Fahrt vom Ort der Tätigkeit zu seiner Familienwohnung gegen Unfall versichert. Ebenso wie er bei Heimfahrten unter Versicherungsschutz steht, die nur in größeren zeitlichen Abständen unternommen werden, ist dies auch der Fall, wenn er z.B. wochentags nach Dienstschluß oder aus unvorhergesehene familiärer Gründen erst am Sonntag zu seiner Familienwohnung fährt. Da er somit nicht nur bei Heimfahrten an bestimmten Tagen gegen Unfall versichert ist, wäre es mit Wortlaut und Sinn des § 550 RVO nicht zu vereinbaren, den Versicherungsschutz auf eine bestimmte Zeit nach Dienstschluß zu beschränken. Denn der Grund für eine Fahrt zu der Familienwohnung ist stets der, in den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse zurückzukehren. Dabei kann es grundsätzlich keine zeitliche Beschränkung geben. Demgegenüber hängt der Versicherungsschutz bei üblichen Heimfahrten von dem Ort der Tätigkeit (§ 550 S. 1 RVO) davon ab, daß die Fahrt in unmittelbarer zeitlicher Verbindung zur betrieblichen Tätigkeit durchgeführt wird und nicht die Rückfahrt von einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit darstellt. Eine Fahrt zur Familienwohnung ist aber grundsätzlich keine solche Rückfahrt, auch wenn der Versicherte vorher noch eigenwirtschaftlich tätig ist, z.B. im Anschluß an die Betriebstätigkeit sich zunächst noch auf Wohnungssuche für seine Familie begibt oder etwa als Gastarbeiter noch Einkäufe für die Familie tätigt und die Rückfahrt erst am nächsten Tage antritt. Eine Fahrt zur Familienwohnung steht im allgemeinen erst dann nicht mehr unter Versicherungsschutz, wenn eine längere Zeit nach Beendigung der Betriebsarbeit vergangen ist, in welcher sich der Versicherte eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten in einem Umfang gewidmet hat, daß die Fahrt als Rückfahrt von dieser Tätigkeit anzusehen ist, z.B. nach einem am Ort der Betriebsstätte verbrachten mehrtägigen Urlaub (vgl. hierzu Lauterbach, Kommentar zur Unfallversicherung, Anm. 26 zu § 550 RVO unter Bezugnahme auf das Rundschreiben des Reichsverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften RV 51/39). Wie in § 543 Abs. 1 S. 2 RVO a.F. ist auch durch § 550 S. 3 RVO ein Versicherungsschutz geschaffen worden, der über den des § 548 RVO hinausgeht und es ermöglicht, rechtlich die dem persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Beweggründe für die Fahrt weitgehend unberücksichtigt zu lassen (vgl. Urteil des BSG vom 28.8.1968, 2 RU 118/66). Der Versicherungsschutz ist auch nicht von den Beweggründen abhängig, aus denen der Versicherte den Weg in seine Familienwohnung zurücklegt (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.7.1966, L 2 a 2004/63, RsprD. § 550 S. 2 RVO S. 1310 (1); Lauterbach Anm. 26 zu § 550 RVO).

Ein Versicherter ist daher grundsätzlich auch auf einer Fahrt zur Familienwohnung am Tage nach Beendigung der Betriebstätigkeit gegen Unfall versichert. Das war auch hier der Fall, zumal die Klägerin glaubhaft erklärt hat, sie habe keine eigenwirtschaftlichen Gründe für die Verschiebung der Heimfahrt auf den Morgen des 24. Dezember 1969 gehabt.

Aber auch wenn man die Auffassung vertreten würde, Versicherungsschutz nach § 550 S. 3 RVO bestehe nur im unmittelbaren Anschluß an die Beendigung der betrieblichen Tätigkeit, so müßte hier etwas anderes gelten.

Die Klägerin, hat nämlich glaubhaft erklärt, sie fahre wegen der Verkehrsdichte auf der Straße F.-D.-P. an dem jeweils letzten Arbeitstag vor Sonn- und Feiertagen stete erst am folgenden Morgen nach Hause, weil sie dann leerere Straßen vorfinde. Auch ihre Mutter hat dies als Zeugin bekundet. Außerdem hat die Klägerin den witterungsbedingten Straßenzustand als weiteren Grund für die Heimfahrt erst am 24. Dezember 1969 angeführt.

Nach der im Berufungsverfahren eingeholten Auskunft des Wetteramtes F. herrschte am 23. Dezember 1969 nachmittags eine Temperatur von -2° mit Niederschlägen teils als Schnee, der im südlichen Teil der Strecke F.-D. in Regen oder Sprühregen überging. Wahrscheinlich hatte auf diesem Teil der Wegstrecke Schneeglätte und auch Glatteis geherrscht. Im Hinblick auf den üblichen Berufsverkehr, der an diesem Tage noch durch den Vorweihnachtsverkehr verstärkt wurde, und die einsetzende Dunkelheit war es daher vernünftig, die Heimfahrt erst am nächsten Morgen anzutreten. Zwar konnte die Klägerin nicht mit besseren Witterungsverhältnissen, aber mit Tageslicht, einer geringeren Verkehrsdichte und einer dadurch verringerten Unfallgefahr, insbesondere auf Grund von Auffahrunfällen, rechnen. Der Versicherungsschutz ist durch dieses verantwortungsvolle Verhalten nicht verloren gegangen. Daß die Fahrt der Klägerin auch am 24. Dezember 1969 noch gefährlich war, beweist der Unfall, bei dem sie wegen Schneeglätte gegen einen Baum fuhr.

Obwohl nicht eindeutig feststeht, welche Entschädigungsansprüche im einzelnen für die Klägerin aus diesem Unfall erwachsen sind, konnte der Senat die Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach feststellen (§ 130 SGG), weil nach der Art der Verletzung an der Hüfte und am rechten Auge der Klägerin mit begründeter Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf eine der in § 558 RVO angeführten Leistungen wenigstens in einer Mindesthöhe gegeben ist (vgl. Urteil des BSG vom 20.12.1962, 2 RU 211/62).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Da über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war, ist die Revision gemäß § 162 I Nr. 1 SGG zugelassen worden.
Rechtskraft
Aus
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