Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 530/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 287/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 04.10.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form von Arbeitslosengeld II (Alg) II streitig.
Die Beklagte bewilligte dem 1948 geborenen Kläger und seiner 1951 geborenen Ehefrau Alg II für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 in Höhe von monatlich 169,94 EUR. Auf den Gesamtbedarf von 738,09 EUR rechnete sie das von der Ehefrau erzielte Erwerbseinkommen in Höhe von 568,15 EUR an. Mit Änderungsbescheid vom 10.02.2005 teilte die Beklagte mit, der Kläger sei bei seiner Ehefrau familienversichert, er solle sich an die Krankenkasse wenden. In den Bescheiden wurde formblattmäßig darauf hingewiesen, dass während des Bezugs von Alg II der zuständige Träger Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung sowohl für den Kläger als auch seine Ehefrau entrichte.
Am 28.02.2005 unterzeichnete der Kläger eine "Verzichtserklärung "mit folgendem Wortlaut: "Ich, S. A. , geb. 1948 erkläre, dass ich und meine Familie auf weitere Leistungen nach dem SGB II, Arbeitslosengeld II, verzichten werden.
Mein Konto bei der Sparkasse habe ich ebenfalls schon gekündigt.
K. (Allgäu), 28.02.2005
S. A.
In einem Beratungsvermerk vom 28.02.2005 ist eine persönliche Vorsprache des Klägers und seine Erklärung festgehalten, dass er mit seiner Familie auf weitere Alg-II-Leistungen verzichten werde, er habe auch sein Konto bereits gekündigt. Verzichtserklärung sei ausgefüllt worden.
Am 09.02.2006 sprach der Kläger erneut persönlich vor und ließ durch den Sachbearbeiter eine "Anfechtung der Verzichtserklärung" aufnehmen; ihm sei bei der Unterzeichnung der Verzichtserklärung nicht klar gewesen, dass er nicht mehr kranken-/pflege-/rentenversichert sei.
Die Beklagte erließ den Aufhebungsbescheid vom 08.02.2006, mit dem sie die Bewilligung des Alg II ab 28.02.2005 aufhob mit der Begründung "eigene Abmeldung". In seinem Widerspruch gab der Kläger u.a. an, die Sachbearbeiterin habe ihn dazu gedrängt, eine Erklärung zu unterzeichnen, mit der er auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II verzichte, da seine Frau und er angeblich von dem Einkommen aus der geringfügigen Beschäftigung den Lebensunterhalt sichern könnten. Er habe zunächst mit der Sachbearbeiterin darum gestritten, sich aber schließlich zu der Unterzeichnung der Erklärung überreden lassen. Ihm sei nicht klar gewesen, dass er mit der Erklärung und dem Verzicht auf Leistungen nach dem SGB II keinerlei Versicherungsschutz in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei Abgabe der wirksamen Verzichtserklärung am 28.02.2005 habe sich der Kläger weder in einem nach § 119 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) maßgeblichen Inhaltsirrtum noch in einem Erklärungsirrtum befunden, denn er habe eine Erklärung dieses Inhalts abgeben wollen. Dass mit dem Verzicht auf Alg II die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung entfallen sei, sei ein unbeachtlicher Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung nach § 119 BGB berechtige.
Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 04.10.2006 die Sachbearbeiterin R. als Zeugin vernommen. Mit Urteil vom 04.10.2006 hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe mit schriftlicher Erklärung vom 28.02.2005 auf das Alg II für die noch nicht ausgezahlten Zeiträume verzichtet. Ein Verzicht könne unter entsprechender Anwendung der §§ 119, 123 BGB angefochten werden. Aus der für die Kammer glaubhaften Aussage der Zeugin im Termin zur mündlichen Verhandlung habe sich ergeben, dass keinerlei Anhaltspunkte für einen Anfechtungsgrund nach § 123 BGB bestünden. Es habe auch kein Inhaltsirrtum im Sinne des § 119 Abs.1 BGB vorgelegen. Im Übrigen habe der Kläger offensichtlich auf das Alg II verzichtet, weil die Voraussetzungen des § 9 Abs.5 SGB II erfüllt gewesen seien; bei Zusammenleben von Verwandten in einer Haushaltsgemeinschaft werde vermutet, dass Hilfebedürftige von den Verwandten Leistungen erhielten, soweit dies nach deren Einkommen erwartet werden könne.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der erklärt, mit diesem Urteil nicht einverstanden zu sein.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 04.10.2006 sowie den Bescheid vom 08.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als nicht begründet.
Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung des Alg II ab 28.02.2005 liegen nach §§ 40 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB II, 330 Abs.3 Satz 1 SGB III in Verbindung mit § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X vor. Durch die Verzichtserklärung vom 28.02.2005 ist in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides bezüglich des Alg II vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten, da mit dieser Erklärung der Anspruch weggefallen ist. Die Beklagte hatte die Bewilligung rückwirkend aufzuheben, da der Kläger wusste, dass der sich aus dem Bewilligungsbescheid ergebende Anspruch ganz oder teilweise weggefallen ist. Hierfür spricht der Umstand, dass er für die Dauer fast eines ganzen Jahres einen Anspruch auf Zahlung von Alg II nicht geltend machte. Selbst wenn er den Wegfall des Anspruches nicht erkannt haben sollte, so wäre dieser Umstand auf eine Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße zurückzuführen.
Gemäß § 46 Abs.1 SGB I kann auf den Anspruch auf Sozialleistungen durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden; der Verzicht kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Das Alg II ist eine Sozialleistung, auf die verzichtet werden kann. Diesen Verzicht hat der Kläger am 28.02.2005 wirksam erklärt. Die Erklärung ist inhaltlich eindeutig. Anhaltspunkte dafür, dass er hierzu genötigt worden sei, ergeben sich nicht. Die Aussage der Zeugin R. ist insoweit schlüssig und glaubhaft. Die Einkommenssituation der Ehefrau war ihr unbekannt, da nach Aufruf des Vermittlungsprogrammes nur berufliche, nicht jedoch leistungsrechtliche Daten erscheinen. Weiterhin fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger durch arglistige Täuschung zu der Verzichtserklärung veranlasst worden wäre. Deshalb liegen die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 123 Abs.1 BGB nicht vor.
Die Voraussetzungen für eine Anfechtung der Verzichtserklärung nach § 119 Abs.1 BGB liegen ebenfalls nicht vor. Aus den Äußerungen des Klägers ergibt sich gerade, dass er eine Erklärung dieses Inhalts abgeben wollte; hierfür spricht auch der bereits angeführte Umstand, dass er fast ein ganzes Jahr lang einen Zahlungsanspruch nicht mehr geltend gemacht hat.
Der Umstand, dass der Wegfall des Anspruches auf Alg II auch die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Sozialversicherung beendet hat, berechtigt nicht zur Anfechtung des Verzichtes. Sollte sich der Kläger dieses Umstandes nicht bewusst gewesen sein, so hätte er sich lediglich in einem Irrtum über die Rechtsfolgen seiner Erklärung befunden; insoweit läge ein unbeachtlicher Motivirrtum vor. Im Übrigen ist der Kläger durch die Zusätze in den Bewilligungsbescheiden davon unterrichtet worden, dass mit dem Leistungsbezug die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Sozialversicherung verbunden ist; es hätte ihm klar sein müssen, dass mit Kündigung des Leistungsbezugs auch dieser Versicherungsschutz wegfällt.
Gemäß § 46 Abs.2 SGB I ist der Verzicht unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leistungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden. Dieses ist hier nicht gegeben. Als anderer belasteter Leistungsträger kommt auch nicht der Träger der Sozialhilfe nach dem SGB XII in Betracht. Denn nach § 5 Abs.2 Satz 1 SGB II schließt der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch Leistungen nach dem 3. Kapitel XII. Buches aus. Deshalb wäre der Kläger, bevor er Leistungen nach dem SGB XII in Anspruch nimmt, gezwungen gewesen, einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II zu stellen bzw. seinen Verzicht zu widerrufen.
Somit war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 04.10.2006 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form von Arbeitslosengeld II (Alg) II streitig.
Die Beklagte bewilligte dem 1948 geborenen Kläger und seiner 1951 geborenen Ehefrau Alg II für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 in Höhe von monatlich 169,94 EUR. Auf den Gesamtbedarf von 738,09 EUR rechnete sie das von der Ehefrau erzielte Erwerbseinkommen in Höhe von 568,15 EUR an. Mit Änderungsbescheid vom 10.02.2005 teilte die Beklagte mit, der Kläger sei bei seiner Ehefrau familienversichert, er solle sich an die Krankenkasse wenden. In den Bescheiden wurde formblattmäßig darauf hingewiesen, dass während des Bezugs von Alg II der zuständige Träger Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung sowohl für den Kläger als auch seine Ehefrau entrichte.
Am 28.02.2005 unterzeichnete der Kläger eine "Verzichtserklärung "mit folgendem Wortlaut: "Ich, S. A. , geb. 1948 erkläre, dass ich und meine Familie auf weitere Leistungen nach dem SGB II, Arbeitslosengeld II, verzichten werden.
Mein Konto bei der Sparkasse habe ich ebenfalls schon gekündigt.
K. (Allgäu), 28.02.2005
S. A.
In einem Beratungsvermerk vom 28.02.2005 ist eine persönliche Vorsprache des Klägers und seine Erklärung festgehalten, dass er mit seiner Familie auf weitere Alg-II-Leistungen verzichten werde, er habe auch sein Konto bereits gekündigt. Verzichtserklärung sei ausgefüllt worden.
Am 09.02.2006 sprach der Kläger erneut persönlich vor und ließ durch den Sachbearbeiter eine "Anfechtung der Verzichtserklärung" aufnehmen; ihm sei bei der Unterzeichnung der Verzichtserklärung nicht klar gewesen, dass er nicht mehr kranken-/pflege-/rentenversichert sei.
Die Beklagte erließ den Aufhebungsbescheid vom 08.02.2006, mit dem sie die Bewilligung des Alg II ab 28.02.2005 aufhob mit der Begründung "eigene Abmeldung". In seinem Widerspruch gab der Kläger u.a. an, die Sachbearbeiterin habe ihn dazu gedrängt, eine Erklärung zu unterzeichnen, mit der er auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II verzichte, da seine Frau und er angeblich von dem Einkommen aus der geringfügigen Beschäftigung den Lebensunterhalt sichern könnten. Er habe zunächst mit der Sachbearbeiterin darum gestritten, sich aber schließlich zu der Unterzeichnung der Erklärung überreden lassen. Ihm sei nicht klar gewesen, dass er mit der Erklärung und dem Verzicht auf Leistungen nach dem SGB II keinerlei Versicherungsschutz in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei Abgabe der wirksamen Verzichtserklärung am 28.02.2005 habe sich der Kläger weder in einem nach § 119 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) maßgeblichen Inhaltsirrtum noch in einem Erklärungsirrtum befunden, denn er habe eine Erklärung dieses Inhalts abgeben wollen. Dass mit dem Verzicht auf Alg II die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung entfallen sei, sei ein unbeachtlicher Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung nach § 119 BGB berechtige.
Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 04.10.2006 die Sachbearbeiterin R. als Zeugin vernommen. Mit Urteil vom 04.10.2006 hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe mit schriftlicher Erklärung vom 28.02.2005 auf das Alg II für die noch nicht ausgezahlten Zeiträume verzichtet. Ein Verzicht könne unter entsprechender Anwendung der §§ 119, 123 BGB angefochten werden. Aus der für die Kammer glaubhaften Aussage der Zeugin im Termin zur mündlichen Verhandlung habe sich ergeben, dass keinerlei Anhaltspunkte für einen Anfechtungsgrund nach § 123 BGB bestünden. Es habe auch kein Inhaltsirrtum im Sinne des § 119 Abs.1 BGB vorgelegen. Im Übrigen habe der Kläger offensichtlich auf das Alg II verzichtet, weil die Voraussetzungen des § 9 Abs.5 SGB II erfüllt gewesen seien; bei Zusammenleben von Verwandten in einer Haushaltsgemeinschaft werde vermutet, dass Hilfebedürftige von den Verwandten Leistungen erhielten, soweit dies nach deren Einkommen erwartet werden könne.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der erklärt, mit diesem Urteil nicht einverstanden zu sein.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 04.10.2006 sowie den Bescheid vom 08.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als nicht begründet.
Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung des Alg II ab 28.02.2005 liegen nach §§ 40 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB II, 330 Abs.3 Satz 1 SGB III in Verbindung mit § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X vor. Durch die Verzichtserklärung vom 28.02.2005 ist in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides bezüglich des Alg II vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten, da mit dieser Erklärung der Anspruch weggefallen ist. Die Beklagte hatte die Bewilligung rückwirkend aufzuheben, da der Kläger wusste, dass der sich aus dem Bewilligungsbescheid ergebende Anspruch ganz oder teilweise weggefallen ist. Hierfür spricht der Umstand, dass er für die Dauer fast eines ganzen Jahres einen Anspruch auf Zahlung von Alg II nicht geltend machte. Selbst wenn er den Wegfall des Anspruches nicht erkannt haben sollte, so wäre dieser Umstand auf eine Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße zurückzuführen.
Gemäß § 46 Abs.1 SGB I kann auf den Anspruch auf Sozialleistungen durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden; der Verzicht kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Das Alg II ist eine Sozialleistung, auf die verzichtet werden kann. Diesen Verzicht hat der Kläger am 28.02.2005 wirksam erklärt. Die Erklärung ist inhaltlich eindeutig. Anhaltspunkte dafür, dass er hierzu genötigt worden sei, ergeben sich nicht. Die Aussage der Zeugin R. ist insoweit schlüssig und glaubhaft. Die Einkommenssituation der Ehefrau war ihr unbekannt, da nach Aufruf des Vermittlungsprogrammes nur berufliche, nicht jedoch leistungsrechtliche Daten erscheinen. Weiterhin fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger durch arglistige Täuschung zu der Verzichtserklärung veranlasst worden wäre. Deshalb liegen die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 123 Abs.1 BGB nicht vor.
Die Voraussetzungen für eine Anfechtung der Verzichtserklärung nach § 119 Abs.1 BGB liegen ebenfalls nicht vor. Aus den Äußerungen des Klägers ergibt sich gerade, dass er eine Erklärung dieses Inhalts abgeben wollte; hierfür spricht auch der bereits angeführte Umstand, dass er fast ein ganzes Jahr lang einen Zahlungsanspruch nicht mehr geltend gemacht hat.
Der Umstand, dass der Wegfall des Anspruches auf Alg II auch die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Sozialversicherung beendet hat, berechtigt nicht zur Anfechtung des Verzichtes. Sollte sich der Kläger dieses Umstandes nicht bewusst gewesen sein, so hätte er sich lediglich in einem Irrtum über die Rechtsfolgen seiner Erklärung befunden; insoweit läge ein unbeachtlicher Motivirrtum vor. Im Übrigen ist der Kläger durch die Zusätze in den Bewilligungsbescheiden davon unterrichtet worden, dass mit dem Leistungsbezug die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Sozialversicherung verbunden ist; es hätte ihm klar sein müssen, dass mit Kündigung des Leistungsbezugs auch dieser Versicherungsschutz wegfällt.
Gemäß § 46 Abs.2 SGB I ist der Verzicht unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leistungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden. Dieses ist hier nicht gegeben. Als anderer belasteter Leistungsträger kommt auch nicht der Träger der Sozialhilfe nach dem SGB XII in Betracht. Denn nach § 5 Abs.2 Satz 1 SGB II schließt der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch Leistungen nach dem 3. Kapitel XII. Buches aus. Deshalb wäre der Kläger, bevor er Leistungen nach dem SGB XII in Anspruch nimmt, gezwungen gewesen, einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II zu stellen bzw. seinen Verzicht zu widerrufen.
Somit war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 04.10.2006 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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