Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 3318/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 152/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RS 85/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. November 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Feststellung der Zeit vom 20. Juli 1973 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und der in diesem Zeitraum erzielten monatlichen Arbeitsentgelte nach § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).
Der 1948 geborene Kläger hat in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1973 erfolgreich eine Ausbildung zum Elektronikingenieur abgeschlossen und war dort laut Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung vom 23. Januar 1967 und 17. Februar 1978 nach einer vorangegangenen Beschäftigung als Elektromonteur, Mechaniker und Wartungstechniker im Anschluss an seinen Wehrdienst in der Zeit vom 10. Mai 1976 bis 31. August 1985 als Wartungsingenieur im Rechenzentrum der Deutschen Reichsbahn, vom 1. September 1985 bis 31. Dezember 1989 als Wartungsingenieur und Themenleiter beim VEB Militärkartographischer Dienst, vom 1. Januar 1990 bis 31. März 1991 als Themenleiter bei der Firma M. GmbH sowie ab 1. April 1991 als Verkaufsingenieur bei einer Maschinenbaufirma sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens beantragte der Kläger bei der Beklagten mit Schreiben vom 20. Februar 2005 sinngemäß, seine Beschäftigungszeiten vom 27. Mai 1968 bis 31. Dezember 1990 als Zeit der Mitgliedschaft im Zusatzversorgungssystem Nr. 1 (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz - AVItech -) der Anlage 1 zum AAÜG anzuerkennen und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, nach § 1 AAÜG finde dieses Gesetz auf den Kläger keine Anwendung. Weder habe zu Zeiten der DDR eine positive Versorgungszusage vorgelegen, noch habe der Kläger bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei, denn er sei an diesem Stichtag nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb im Sinne der zweiten Durchführungsbestimmung zur AVItech vom 24. Mai 1951 (2. DB AVItech) beschäftigt gewesen. Eine Erweiterung auf andere als die dort genannten Betriebe sei bundesrechtlich nicht möglich (Bescheid vom 12. Juli 2005).
Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger insbesondere geltend, das AAÜG sei auf ihn anwendbar. Er habe als Ingenieur bei der Deutschen Reichsbahn eine Beschäftigung im Sinne der AVItech ausgeübt und von der Deutschen Reichsbahn eine anteilige Versorgungszusage erhalten, denn er habe aufgrund der am 1. Januar 1974 für die Deutsche Reichsbahn in Kraft getretenen Versorgungsordnung aufgrund einer mehr als zehnjährigen Betriebszugehörigkeit einen um 30% erhöhten Rentenanspruch erworben. Es könne nicht angehen, dass ihm durch die deutsche Einheit dieser erworbene erhöhte Rentenanspruch entzogen werde. Er legte dazu ein Schreiben der Deutschen Reichsbahn vom 24. Mai 1974 vor, wonach für Beschäftigte mit einem Arbeitseinkommen über 600,00 DM die Möglichkeit geschaffen worden sei, unter vorteilhaften Bedingungen der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beizutreten und dadurch einen im Verhältnis zur Entwicklung des Arbeitseinkommens günstigen Anspruch auf Alters- bzw. Invalidenversorgung zu erwerben. Der Kläger habe im Ergebnis der mit ihm geführten Gespräche den Beitritt zur FZR abgelehnt. Die Berechnung seiner Alters- bzw. Invalidenversorgung könne deshalb nur auf der Grundlage des § 2 der Versorgungsordnung der Deutschen Reichsbahn oder auf der Grundlage der Ziff. 3 des 32. Nachtrags zum RKV für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn vorgenommen werden. Danach werde eine Versorgung bei einer mindestens zehnjährigen ununterbrochenen Dienstzeit in Höhe von 20% des in der Zeit vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1973 erzielten durchschnittlichen Tariflohnes oder des im Monat Dezember 1973 erzielten Tariflohnes gesichert und diese Versorgung bis zu einer fünfundzwanzigjährigen ununterbrochenen Dienstzeit um 2%, für jedes weitere Jahr um 1% bis zum Höchstsatz von 70%, höchstens 800 Mark ohne Zuschläge, erhöht. Voraussetzung für den Versorgungsanspruch sei, dass bei Eintritt des Versorgungsfalles noch ein Arbeitsrechtsverhältnis mit der Deutschen Reichsbahn bestehe bzw. eine Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 Buchst. b oder c der Versorgungsordnung ausgeübt werde, eine mindestens zehnjährige ununterbrochene Dienstzeit nachgewiesen sei sowie die Voraussetzungen zum Bezug einer Alters- bzw. Invalidenrente der Sozialversicherung erfüllt seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2005). Der Kläger habe bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 AAÜG gehabt. Er sei weder am 30. Juni 1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch habe er eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach Art. 19 S. 2 oder 3 des Einigungsvertrages (EV) erlangt. Auch habe er aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, denn er habe an diesem Tag eine Beschäftigung im VEB Militärkartographischer Dienst ausgeübt. Bei diesem Betrieb habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) im Sinne der Versorgungsordnung AVItech und keinen im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB AVItech einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb gehandelt. Der VEB Militärkartographischer Dienst sei in der DDR vielmehr der Wirtschaftsgruppe "sonstige nicht produzierende Betriebe und Einrichtungen" zugeordnet worden. Ob die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage vorgelegen hätten, sei deshalb nicht zu prüfen.
Dagegen hat der Kläger selbst am 14. November 2005 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben mit dem Antrag, seine in den Jahren 1968 bis 1984 (Beschäftigung bei der Deutschen Reichsbahn, unterbrochen durch Wehrdienst) beruflich erworbene Zusatzversorgung von 30% für seine zukünftige Rente rentensteigernd anzuerkennen. Er hat nochmals darauf hingewiesen, er erfülle die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zu AVItech und habe von der Deutschen Reichsbahn 1974 eine anteilige Versorgungszusage erhalten. Es müsse geprüft werden, welche Ansprüche er nach den im Juli 1990 maßgeblichen Bestimmungen der DDR hätte. Diese Ansprüche unterlägen dem Vertrauensschutz, denn das Bundesrecht dürfe die zu Grunde liegenden DDR-Bestimmungen nicht negieren. Im übrigen widerspreche er der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass die AVItech nur dann Anwendung finde, wenn am 30. Juni 1990 besondere persönliche, sachliche und betriebliche Voraussetzungen erfüllt seien.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. November 2006, dem Kläger zugestellt am 31. Januar 2007). Das AAÜG finde nach § 1 Abs. 1 AAÜG im Falle des Klägers keine Anwendung, da er keine Ansprüche oder Anwartschaften aus Versorgungssystemen nach Anlage 1 oder 2 zum AAÜG habe. Er habe am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Versorgung gehabt, da bis zu diesem Zeitpunkt kein Versorgungsfall eingetreten sei, und sei nicht Inhaber einer Anwartschaft gewesen. Es liege weder eine frühere Versorgungszusage noch eine Rehabilitierungsentscheidung, eine Entscheidung nach Art. 19 S. 2 oder 3 EV oder eine positive Statusentscheidung der Beklagten vor. Das vom Kläger angeführte Schreiben der Deutschen Reichsbahn vom 24. Mai 1974 sei kein bindender Verwaltungsakt, sondern lediglich ein aufklärendes Schreiben zur Rechtslage. Er habe am 30. Juni 1990 auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage (zur AVItech) gehabt. Zwar sei davon auszugehen, dass er eine Tätigkeit als Ingenieur ausgeübt habe, doch sei die Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder in einem gleichgestellten Betrieb erfolgt. Nach dem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung sei am 30. Juni 1990 die M. GmbH Arbeitgeber des Klägers gewesen.
Zur Begründung der am 21. Februar 2007 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung haben die Prozessbevollmächtigten neben grundsätzlicher Kritik am Rentenüberleitungsrecht und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger wende sich dagegen, dass ihm die Anerkennung der Mitgliedschaft in der AVItech und daraus folgend eine ordnungsgemäße Überführung der in der DDR rechtmäßig erworbenen Renten- und Zusatzversorgungsanwartschaften sowie die Gewährung eines angemessenen Alterseinkommens auf der Grundlage der in der DDR erbrachten Lebensleistung versagt werde. Die Beklagte verkenne die Zielstellungen und Festlegungen der Verordnung vom 24. Mai 1951 (zur AVItech). Dem Kläger sei eine Mitgliedschaft in der für ihn nach DDR-Recht als Absolvent einer Ingenieurschule mit entsprechender Tätigkeit im VEB zutreffenden zusätzlichen Altersversorgung für die gesamte technische Intelligenz als einem Berechtigten, der zeitlich noch weit von einem Rentenbeginn entfernt gewesen sei, in der DDR nicht mehr gewährt worden. Nach mehreren Entscheidungen des BSG lägen Zugehörigkeitszeiten im Sinne des § 5 AAÜG aber immer dann vor, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt eine Beschäftigung ausgeübt worden sei, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem der in Anlage 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten Systeme vorgesehen gewesen sei. Danach sei die Zeit vom 20. Juli 1973 bis 30. Juni 1990, während der der Kläger in seinem Beruf als Ingenieur bei der Deutschen Reichsbahn und beim VEB militärkartographischer Dienst tätig gewesen sei, als Zeit der zusätzlichen Altersversorgung anzuerkennen. Zwar habe das BSG seine Zuerkennungsgrundsätze zwischenzeitlich neu ausgelegt, doch habe es dabei u.a. nicht beachtet, dass für die betroffenen Bürger das dreistufige Schutzsystem des EV vom Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) nicht sachgerecht umgesetzt worden sei. Auch sei die formale, die frühere Situation in der DDR nicht berücksichtigende Auslegung des BSG zu den Betrieben, die nicht unter die Versorgungsordnung fielen, nicht nachvollziehbar. Auf die Frage, ob der VEB ein Produktionsbetrieb oder ein diesem gleichgestellter Betrieb gewesen sei, komme es nämlich nicht an. Die AVItech beinhalte keine derartige Beschränkung. Die 2. DB AVItech erfasse als ministerielle Durchführungsbestimmung nur eine Untergruppe der volkseigenen Betriebe und fülle daher die begriffliche Definition des volkseigenen Betriebes in der VO AVItech nicht völlig aus. Auch die gesellschaftsrechtliche Form sei unbeachtlich. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die Umwandlung eines VEB in eine GmbH unbeachtlich, sofern es sich dem Betriebszweck nach um einen der im Versorgungsrecht genannten Betriebe gehandelt habe.
Im Ergebnis bewirke die fehlende Feststellung der Mitgliedschaft des Klägers in der AVItech eine gravierende Ungleichbehandlung gegenüber vergleichbaren Berufskollegen aus den alten Bundesländern und Berufstätigen der ehemaligen DDR, deren Mitgliedschaft in der AVItech anerkannt worden sei.
Es sei verfassungsrechtlich geboten, das Verfahren im Hinblick auf nicht näher bezeichnete ausstehende Entscheidungen des BVerfG und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Ruhen zu bringen oder auszusetzen.
Anderenfalls solle die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) nach § 75 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen und Beweis erhoben werden über
- die Beschäftigungsverhältnisse in dem als Mitgliedschaftszeit in dem Zusatzversorgungssystem für die technische Intelligenz der DDR beanspruchten Zeitraum, in dem der Kläger als Angehöriger der technischen Intelligenz in volkseigenen Betrieben bzw. in entsprechenden Einrichtungen beschäftigt war, - den Charakter der beruflichen Tätigkeit in der DDR, den Erwerb von Anwartschaften auf die Pflichtversicherungsrente der SV sowie auf eine Zusatzrente und auf eine Zusatzversorgung während des Arbeitslebens und damit auf eine angemessene Alterssicherung in der DDR, - den realen, gemäß EV bestandskräftigen Wert dieser Anwartschaften und Ansprüche zum 1. Juli 1990 und zum 31. Dezember 1991 sowie danach, - den Wert der seit dem 1. Juli 1990 beziehungsweise seit dem 1. Januar 1992 in der Pflichtversicherung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) erworbenen weiteren Alterssicherungsansprüche, - die Auswirkungen der Renten-/Versorgungsüberführung sowie der nachträglichen Zuerkennung der Mitgliedschaft in den Zusatzversorgungssystemen auf den Wert des Alterseinkommens und auf die Rentenberechnung, - die Differenzen, die sich für den Wert des zur erwartenden Alterseinkommens zum 1. Juli 1990, zum 31. Dezember 1991, zum 1. Januar 1992, zum 1. Juli 2000 und zum 1. April 2004 aus den einzufordernden Berechnungen einerseits bei Anerkennung, andererseits bei Nichtanerkennung der Mitgliedschaft in den Zusatzversorgungssystemen unter entsprechender Anwendung der jeweiligen Vorschriften nach der Zahlbetragsgarantie (für Bestandsrentner) des Art. 30 Abs. 5 EV, der Zahlbetragsgarantie (für Bestandsrentner) gemäß Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 EV, nach § 307a SGB VI (für Bestandsrentner) beziehungsweise § 256a SGB VI und nach § 307b SGB VI (für Bestandsrentner) in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG ergäben, - die Motive und Gründe der Regelungen des RÜG und der Ausgangssituation für deren Auslegung und Anwendung, - die Ziele und Erfordernisse der Vorschriften des EV sowie die Unüberschaubarkeit und Unverständlichkeit des RÜG sowie der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Regelungen des EV.
Zu diesen Ermittlungen sei das Gericht aufgrund der Verfassungsgrundsätze des effektiven Rechtsschutzes, der Verfahrensökonomie und einer fairen Verfahrensführung nach dem Grundgesetz (GG) und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verpflichtet, zumal es noch keine gefestigte Rechtsprechung insbesondere des BSG und des BVerfG und keine wissenschaftlichen Grundlagen für eine Entscheidung zu Fragen der Mitgliedschaft in der AVItech gebe.
In der Sache beantragen die Prozessbevollmächtigten des Klägers,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 16. November 2006 sowie des Bescheides der Beklagten vom 12. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2005 zu verurteilen, die Beschäftigungszeit vom 20. Juli 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit im maßgeblichen Zusatzversorgungssystem anzuerkennen und die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte in diesem Zeitraum festzustellen,
Hilfsweise regen sie an, dem BVerfG gemäß Art. 100 GG die Fragen zur Entscheidung vorzulegen, ob
- die Vorschriften des RÜG - alle Fassungen - rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechen können, obwohl sie entgegen dem Auftrag des EV und GG sowie unter Missachtung der Ankündigung im Titel des Gesetzes nicht die Rechtseinheit in Deutschland sondern die dauerhafte Spaltung auf dem Gebiet des Alterssicherungsrechts bewirken und auf einer verfassungs- und menschenrechtswidrigen Täuschung über Inhalt und Ziel des Gesetzes beruhen, die bis heute - beibehalten wird, die Eingriffe in das Eigentum des Klägers, das er in Form von unterschiedlichen Anwartschaften auf Ansprüche auf Rente aus der SV und auf Zusatzversorgung aus zusätzlichen Versorgungssystemen sowie aus der FZR aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht hat und das durch die Anwendung der so genannten gesetzlichen Novation beseitigt und durch weitaus geringerwertige andersartige Ansprüche "ersetzt" worden sein soll, bzw. - die Regelungen der Renten- und Versorgungsüberleitung, insbesondere die Bestimmungen des RÜG und des AAÜG (in den jeweils geltenden Fassungen) den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips entsprechen, für die Betroffenen und die Öffentlichkeit verständlich und überschaubar sowie hinsichtlich ihres Regelungsgehalts kontrollierbar sind, effektiven Rechtsschutz in einem fairen Verfahren gewährleisten und Grundlage für eine Verweigerung der rückwirkenden Korrektur fehlerhafter Bescheide sein können oder - die dargestellten Verfahrensweisen und die zu Grunde liegenden Regelungen das GG und die EMRK verletzen und daher der Gesetzgeber von Verfassung wegen verpflichtet ist, für die genannte Fallkonstellation die vom GG und der EMRK her gebotene Ausgleichsregelung, unter anderem die Vergleichsberechnung gemäß der Vorgabe des Urteils des BVerfG vom 28. April 1999 (ohne Az.), zumindest jedoch eine Härtefallregelung zur Verminderung der sonst bleibenden Benachteiligungen zu schaffen, und die Renten- und Versorgungsüberleitung den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips und des Bestimmtheitsgrundsatzes entsprechend insgesamt neu und verständlich zu regeln.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG (Az.: S 31 R 5490/03 und S 14 R 3318/05) beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist aber teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2005 nur insoweit, als es die Beklagte abgelehnt hat, die Zeit vom 20. Juli 1973 bis 31. August 1984 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Der Kläger hat seine Klage im Klageschriftsatz vom 12. November 2005, auf den er in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16. November 2006 ausdrücklich Bezug genommen hat, auf die Zeit bis zum 31. August 1984 und seine Berufung im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 18. April 2007 auf Zeiten ab 20. Juli 1973 beschränkt.
Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid auch für Beschäftigungszeiten vor dem 20. Juli 1973 sowie vom 1. September 1984 bis 30. Juni 1990 die Feststellung einer Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech und der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte abgelehnt hat, ist der Verwaltungsakt somit bestandskräftig und für die Beteiligten bindend geworden (§ 77 SGG). Insbesondere hat das SG über Beschäftigungszeiten vom 1. September 1984 bis 30. Juni 1990 im angefochtenen Urteil vom 16. November 2006 keine mit der Berufung anfechtbare Entscheidung getroffen. Die auf diesen Zeitraum gerichtete Berufung des Klägers ist unzulässig.
Im Übrigen hat das SG die Klage mit Urteil vom 16. November 2006 zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen. In dem (Feststellungs)Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des SGB VI ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durch die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme durchzuführen ist, besteht ein Anspruch des Versicherten auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie der in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte nur dann, wenn er gemäß § 1 Abs. 1 AAÜG dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG unterfällt. Dies ist beim Kläger nicht der Fall.
Dem Kläger ist weder in der DDR noch zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Rehabilitierung eine Versorgungszusage erteilt worden. Entgegen seiner Ansicht ist dem Schreiben der Deutschen Reichsbahn vom 24. Mai 1974 keine Versorgungszusage für ein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem der Anlage 1 und 2 zum AAÜG zu entnehmen. Das Schreiben stellt lediglich die zum damaligen Zeitpunkt bei fortgesetzter Dienstzugehörigkeit zur Deutschen Reichsbahn in Aussicht stehende Versorgung nach der bis 1973 geltenden Versorgungsordnung der Deutschen Reichsbahn dar. Derartige Anwartschaften sind jedoch unabhängig davon, dass der Kläger bereits mit seinem Ausscheiden aus dem dortigen Dienst zum 31. August 1985 die Voraussetzungen für den Bezug einer erhöhten Versorgung nicht mehr erfüllt haben dürfte, nicht als Zusatzversorgung in die gesamtdeutsche Rentenversicherung überführt worden (vgl. hierzu und zur Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten bei der Deutschen Reichsbahn nach § 256a des SGB VI BVerfG Beschluss vom 30. August 2005, Az.: 1 BvR 616/99). Beim Kläger war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 auch noch kein Versorgungsfall des Alters oder der Invalidität eingetreten. Somit bestand bei ihm zu keinem Zeitpunkt ein Versorgungsanspruch oder eine Versorgungsanwartschaft aus einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG.
Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in die AVItech (vgl. zu den Voraussetzungen BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und 6; SozR 3-8570 § 5 Nr. 3 betrifft demgegenüber die Erstreckung einer durch Versorgungszusage erworbenen Anwartschaft auf vor der Zusage liegende Beschäftigungszeiten), da er am 30. Juni 1990 nicht in einem VEB, sondern in einer GmbH beschäftigt war (vgl. BSG Urteil vom 29. Juli 2004, Az.: B 4 RA 12/04 R). Betriebe in der Rechtsform einer GmbH unterliegen unabhängig davon, ob sie Rechtsnachfolger eines VEB geworden sind, nicht dem Anwendungsbereich der VO AVItech. Anhaltspunkte dafür, dass die GmbH selbst ein den volkseigenen Betrieben gleichgestellter Betrieb i.S.d. § 1 Abs. 2 der 2. DB AVItech war (vgl. BSG SozR 4-8570 § 1 Nr. 11), liegen nicht vor. Bei dieser Sachlage kann es dahinstehen, ob die Fa. M. GmbH Rechtsnachfolger des VEB Militärkartographischer Dienst geworden ist und der Kläger auch während seiner Beschäftigung im Beitrittsgebiet von 1973 bis 1984 die persönlichen, sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVItech erfüllt hat (vgl. BSG Urteil vom 29. Juli 2004 Az.: B 4 RA 12/04 R; BVerfG SozR 4-8560 § 22 Nr. 1 Rdnr. 38 ff.).
Eine entsprechende Anwendung des AAÜG kommt nicht in Betracht. Das AAÜG ist Teil des vom Gesetzgeber für die Überleitung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesamtdeutsche Rentenversicherung entwickelten Programms. Danach werden Ansprüche und Anwartschaften, die Versicherte in der SV, der FZR oder einem Zusatz- und Sonderversorgungssystem erworben haben, durch einen einheitlichen Anspruch/eine einheitliche Anwartschaft nach dem SGB VI ersetzt (gesetzliche Novation). Das BVerfG hat ausdrücklich bestätigt, dass diese Ersetzung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch eine einheitliche, ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammende Versorgungsleistung unter Verzicht auf Zusatzleistungen und unter Begrenzung der versicherten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Es hat weiter ausgeführt, dass die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen nur insoweit dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG unterliegen, als sie im EV nach dessen Maßgaben als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt worden sind (BVerfGE 100, 1 Rdnr. 124 ff.). Danach war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften ungeändert und mit einem bestimmten realen Wert in die gesamtdeutsche Rentenversicherung zu übernehmen. Auch der EV selbst enthält mit Ausnahme der Zahlbetragsgarantie für Bestandsrentner und rentennahe Jahrgänge keine derartige Regelung.
Voraussetzung für eine Überleitung ist im Übrigen, dass der Versicherte in den einzelnen Zweigen (allgemeine Sozialversicherung, FZR, Zusatzversorgung, Sonderversorgung) tatsächlich Ansprüche und Anwartschaften erworben hat (zu den Begriffen Anspruch und Anwartschaft vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Die durch das Fehlen derartiger Anwartschaften entstehende Ungleichbehandlung gegenüber Versicherten, denen in der DDR oder nachträglich im Rahmen der Rehabilitation eine Versorgungszusage erteilt worden ist oder die aufgrund einer am 30. Juni 1990 in der damaligen DDR ausgeübten, von der AVItech erfassten Beschäftigung fiktiv in dieses Zusatzversorgungssystem einzubeziehen sind, ist sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber war zu keinem Zeitpunkt verpflichtet, die bloße Erwartung auf den zukünftigen Erwerb einer Versorgungsanwartschaft einer tatsächlich bestehenden Anwartschaft gleichzustellen und sie in das gesamtdeutsche Rentensystem überzuleiten (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der Systementscheidung bezüglich Zusatz- und Sonderversorgungssystemen BVerfGE 100, 1 Rdnr. 109 ff., bezüglich SV und FZR BVerfG Beschluss vom 6. August 2002 Az.: 1 BvR 586/98 = NZS 2003 S. 87). Dementsprechend bestand auch keine Verpflichtung, durch gesetzliche Regelungen - etwa eine vom Kläger reklamierte Übergangs- oder Härtefallregelung - den durch die Nichteinbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem vermeintlich eintretenden Verlust einer (in der DDR allenfalls in Form einer Erwartung innegehabten) relativen rentenrechtlichen Position gegenüber Versicherten mit Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem auszugleichen. Dass der EV keine derartige Regelung enthält, stellt daher keine ggf. durch die Rechtsprechung zu schließende Regelungslücke dar.
Im Übrigen beruht nach bundesdeutschem Recht die Rentenhöhe nicht auf einer erbrachten Lebensleistung, sondern auf den vom Versicherten tatsächlich in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten. Nur soweit in anderen Systemen zurückgelegte Zeiten - insbesondere der Beschäftigung - durch gesetzliche Regelung als rentenrechtliche Zeiten anerkannt oder fingiert werden, finden auch diese Zeiten Eingang in die Rentenberechnung. Ob dies zu einer "Vollversorgung" oder zu einer den Lebensbedarf nur teilweise deckenden Rentenleistung führt, hängt wesentlich von der Höhe der versicherten Entgelte ab.
Dass dem Kläger gesetzlich keine Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem zuerkannt worden sind, stellt somit weder einen unzulässigen Eingriff in sein nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschütztes Eigentum noch einen Verstoß gegen Art. 3. Abs. 1 GG dar, weil er in der DDR tatsächlich keine Anwartschaft in einem Zusatzversorgungssystem erworben hat, die in die gesamtdeutsche Rentenversicherung überführt werden könnte. Auf die Frage, wie und in welchem Umfang in der DDR nach dortigem Recht tatsächlich erworbene Ansprüche und Anwartschaften auf Altersversorgung im Zeitpunkt des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik als eigentumsgeschützte Positionen in das gesamtdeutsche Recht übergegangen sind, kommt es deshalb im vorliegenden Fall nicht an. Schon deshalb war den Beweisanträgen der Prozessbevollmächtigten des Klägers zur tatsächlichen und fiktiven Entwicklung der Altersversorgung des Klägers nicht zu folgen.
Es war auch nicht erforderlich, das Verfahren im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden auszusetzen oder zum Ruhen zu bringen oder einen Vorlagebeschluss nach Art. 100 GG zu fassen. Der Senat hat keine begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der hier anzuwendenden Rechtsnormen. Das BVerfG hat seine Rechtsprechung zur Systementscheidung wiederholt bestätigt (vgl. BVerfG in SozR 3-8570 § 8 Nr. 5; SozR 3-1500 § 160a Nr. 31; SozR 3-8120 Kap. VIII H III Nr. 6 Nr. 3). Soweit es, wie vom Kläger teilweise zitiert, Regelungen des AAÜG verfassungsrechtlich beanstandet hat, handelte es sich um Regelungen zur Zahlbetragsgarantie (vgl. BVerfGE 100, 104) und zur Begrenzung der monatlichen Arbeitsentgelte und -einkommen für bestimmte Personenkreise (vgl. BVerfGE 100, 59; 111, 115). Den Entscheidungen lagen somit Ansprüche und Anwartschaften zugrunde, die bereits in die gesamtdeutsche Rentenversicherung übernommen waren. Aufgrund der ausführlichen und gefestigten Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zur Rentenüberleitung durch EV, RÜG und AAÜG bestand auch zu den von den Prozessbevollmächtigten des Klägers angeregten Zeugenvernehmungen keine Veranlassung.
Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe die vom Kläger in der DDR erzielten Arbeitsentgelte nach dem Recht des SGB VI bei einer späteren Rente Berücksichtigung finden, ist nicht Gegenstand des angefochtenen Verwaltungsakts und fällt nicht in die Zuständigkeit der Beklagten als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme. Deshalb ist in diesem Verfahren nicht darüber zu entscheiden, ob eine im Leistungsfall durch die Anwendung des SGB VI in der dann geltenden Fassung möglicherweise eintretende Benachteiligung gegenüber anderen Versicherten mit Beschäftigungszeiten in der ehemaligen DDR verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Diese Frage ist im Leistungsfall nach Maßgabe des dann geltenden Rentenrechts zu prüfen (vgl. zur Änderung der Rechtslage mit der Überleitung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften BVerfGE 100, 1 Rdnr. 123). Einer Beiladung der DRV Bund als Rentenversicherungsträger bedurfte es gleichwohl nicht (vgl. BVerfG SozR 3-8570 § 8 Nr. 5).
Für einen Verstoß gegen - von den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht näher bezeichnete - Regelungen der EMRK ergeben sich nach alledem ebenfalls keine Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor. Die Entscheidung des Senats entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Anwendung des AAÜG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Feststellung der Zeit vom 20. Juli 1973 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und der in diesem Zeitraum erzielten monatlichen Arbeitsentgelte nach § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).
Der 1948 geborene Kläger hat in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1973 erfolgreich eine Ausbildung zum Elektronikingenieur abgeschlossen und war dort laut Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung vom 23. Januar 1967 und 17. Februar 1978 nach einer vorangegangenen Beschäftigung als Elektromonteur, Mechaniker und Wartungstechniker im Anschluss an seinen Wehrdienst in der Zeit vom 10. Mai 1976 bis 31. August 1985 als Wartungsingenieur im Rechenzentrum der Deutschen Reichsbahn, vom 1. September 1985 bis 31. Dezember 1989 als Wartungsingenieur und Themenleiter beim VEB Militärkartographischer Dienst, vom 1. Januar 1990 bis 31. März 1991 als Themenleiter bei der Firma M. GmbH sowie ab 1. April 1991 als Verkaufsingenieur bei einer Maschinenbaufirma sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens beantragte der Kläger bei der Beklagten mit Schreiben vom 20. Februar 2005 sinngemäß, seine Beschäftigungszeiten vom 27. Mai 1968 bis 31. Dezember 1990 als Zeit der Mitgliedschaft im Zusatzversorgungssystem Nr. 1 (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz - AVItech -) der Anlage 1 zum AAÜG anzuerkennen und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, nach § 1 AAÜG finde dieses Gesetz auf den Kläger keine Anwendung. Weder habe zu Zeiten der DDR eine positive Versorgungszusage vorgelegen, noch habe der Kläger bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei, denn er sei an diesem Stichtag nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb im Sinne der zweiten Durchführungsbestimmung zur AVItech vom 24. Mai 1951 (2. DB AVItech) beschäftigt gewesen. Eine Erweiterung auf andere als die dort genannten Betriebe sei bundesrechtlich nicht möglich (Bescheid vom 12. Juli 2005).
Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger insbesondere geltend, das AAÜG sei auf ihn anwendbar. Er habe als Ingenieur bei der Deutschen Reichsbahn eine Beschäftigung im Sinne der AVItech ausgeübt und von der Deutschen Reichsbahn eine anteilige Versorgungszusage erhalten, denn er habe aufgrund der am 1. Januar 1974 für die Deutsche Reichsbahn in Kraft getretenen Versorgungsordnung aufgrund einer mehr als zehnjährigen Betriebszugehörigkeit einen um 30% erhöhten Rentenanspruch erworben. Es könne nicht angehen, dass ihm durch die deutsche Einheit dieser erworbene erhöhte Rentenanspruch entzogen werde. Er legte dazu ein Schreiben der Deutschen Reichsbahn vom 24. Mai 1974 vor, wonach für Beschäftigte mit einem Arbeitseinkommen über 600,00 DM die Möglichkeit geschaffen worden sei, unter vorteilhaften Bedingungen der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beizutreten und dadurch einen im Verhältnis zur Entwicklung des Arbeitseinkommens günstigen Anspruch auf Alters- bzw. Invalidenversorgung zu erwerben. Der Kläger habe im Ergebnis der mit ihm geführten Gespräche den Beitritt zur FZR abgelehnt. Die Berechnung seiner Alters- bzw. Invalidenversorgung könne deshalb nur auf der Grundlage des § 2 der Versorgungsordnung der Deutschen Reichsbahn oder auf der Grundlage der Ziff. 3 des 32. Nachtrags zum RKV für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn vorgenommen werden. Danach werde eine Versorgung bei einer mindestens zehnjährigen ununterbrochenen Dienstzeit in Höhe von 20% des in der Zeit vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1973 erzielten durchschnittlichen Tariflohnes oder des im Monat Dezember 1973 erzielten Tariflohnes gesichert und diese Versorgung bis zu einer fünfundzwanzigjährigen ununterbrochenen Dienstzeit um 2%, für jedes weitere Jahr um 1% bis zum Höchstsatz von 70%, höchstens 800 Mark ohne Zuschläge, erhöht. Voraussetzung für den Versorgungsanspruch sei, dass bei Eintritt des Versorgungsfalles noch ein Arbeitsrechtsverhältnis mit der Deutschen Reichsbahn bestehe bzw. eine Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 Buchst. b oder c der Versorgungsordnung ausgeübt werde, eine mindestens zehnjährige ununterbrochene Dienstzeit nachgewiesen sei sowie die Voraussetzungen zum Bezug einer Alters- bzw. Invalidenrente der Sozialversicherung erfüllt seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2005). Der Kläger habe bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 AAÜG gehabt. Er sei weder am 30. Juni 1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch habe er eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach Art. 19 S. 2 oder 3 des Einigungsvertrages (EV) erlangt. Auch habe er aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, denn er habe an diesem Tag eine Beschäftigung im VEB Militärkartographischer Dienst ausgeübt. Bei diesem Betrieb habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) im Sinne der Versorgungsordnung AVItech und keinen im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB AVItech einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb gehandelt. Der VEB Militärkartographischer Dienst sei in der DDR vielmehr der Wirtschaftsgruppe "sonstige nicht produzierende Betriebe und Einrichtungen" zugeordnet worden. Ob die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage vorgelegen hätten, sei deshalb nicht zu prüfen.
Dagegen hat der Kläger selbst am 14. November 2005 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben mit dem Antrag, seine in den Jahren 1968 bis 1984 (Beschäftigung bei der Deutschen Reichsbahn, unterbrochen durch Wehrdienst) beruflich erworbene Zusatzversorgung von 30% für seine zukünftige Rente rentensteigernd anzuerkennen. Er hat nochmals darauf hingewiesen, er erfülle die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zu AVItech und habe von der Deutschen Reichsbahn 1974 eine anteilige Versorgungszusage erhalten. Es müsse geprüft werden, welche Ansprüche er nach den im Juli 1990 maßgeblichen Bestimmungen der DDR hätte. Diese Ansprüche unterlägen dem Vertrauensschutz, denn das Bundesrecht dürfe die zu Grunde liegenden DDR-Bestimmungen nicht negieren. Im übrigen widerspreche er der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass die AVItech nur dann Anwendung finde, wenn am 30. Juni 1990 besondere persönliche, sachliche und betriebliche Voraussetzungen erfüllt seien.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. November 2006, dem Kläger zugestellt am 31. Januar 2007). Das AAÜG finde nach § 1 Abs. 1 AAÜG im Falle des Klägers keine Anwendung, da er keine Ansprüche oder Anwartschaften aus Versorgungssystemen nach Anlage 1 oder 2 zum AAÜG habe. Er habe am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Versorgung gehabt, da bis zu diesem Zeitpunkt kein Versorgungsfall eingetreten sei, und sei nicht Inhaber einer Anwartschaft gewesen. Es liege weder eine frühere Versorgungszusage noch eine Rehabilitierungsentscheidung, eine Entscheidung nach Art. 19 S. 2 oder 3 EV oder eine positive Statusentscheidung der Beklagten vor. Das vom Kläger angeführte Schreiben der Deutschen Reichsbahn vom 24. Mai 1974 sei kein bindender Verwaltungsakt, sondern lediglich ein aufklärendes Schreiben zur Rechtslage. Er habe am 30. Juni 1990 auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage (zur AVItech) gehabt. Zwar sei davon auszugehen, dass er eine Tätigkeit als Ingenieur ausgeübt habe, doch sei die Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder in einem gleichgestellten Betrieb erfolgt. Nach dem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung sei am 30. Juni 1990 die M. GmbH Arbeitgeber des Klägers gewesen.
Zur Begründung der am 21. Februar 2007 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung haben die Prozessbevollmächtigten neben grundsätzlicher Kritik am Rentenüberleitungsrecht und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger wende sich dagegen, dass ihm die Anerkennung der Mitgliedschaft in der AVItech und daraus folgend eine ordnungsgemäße Überführung der in der DDR rechtmäßig erworbenen Renten- und Zusatzversorgungsanwartschaften sowie die Gewährung eines angemessenen Alterseinkommens auf der Grundlage der in der DDR erbrachten Lebensleistung versagt werde. Die Beklagte verkenne die Zielstellungen und Festlegungen der Verordnung vom 24. Mai 1951 (zur AVItech). Dem Kläger sei eine Mitgliedschaft in der für ihn nach DDR-Recht als Absolvent einer Ingenieurschule mit entsprechender Tätigkeit im VEB zutreffenden zusätzlichen Altersversorgung für die gesamte technische Intelligenz als einem Berechtigten, der zeitlich noch weit von einem Rentenbeginn entfernt gewesen sei, in der DDR nicht mehr gewährt worden. Nach mehreren Entscheidungen des BSG lägen Zugehörigkeitszeiten im Sinne des § 5 AAÜG aber immer dann vor, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt eine Beschäftigung ausgeübt worden sei, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem der in Anlage 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten Systeme vorgesehen gewesen sei. Danach sei die Zeit vom 20. Juli 1973 bis 30. Juni 1990, während der der Kläger in seinem Beruf als Ingenieur bei der Deutschen Reichsbahn und beim VEB militärkartographischer Dienst tätig gewesen sei, als Zeit der zusätzlichen Altersversorgung anzuerkennen. Zwar habe das BSG seine Zuerkennungsgrundsätze zwischenzeitlich neu ausgelegt, doch habe es dabei u.a. nicht beachtet, dass für die betroffenen Bürger das dreistufige Schutzsystem des EV vom Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) nicht sachgerecht umgesetzt worden sei. Auch sei die formale, die frühere Situation in der DDR nicht berücksichtigende Auslegung des BSG zu den Betrieben, die nicht unter die Versorgungsordnung fielen, nicht nachvollziehbar. Auf die Frage, ob der VEB ein Produktionsbetrieb oder ein diesem gleichgestellter Betrieb gewesen sei, komme es nämlich nicht an. Die AVItech beinhalte keine derartige Beschränkung. Die 2. DB AVItech erfasse als ministerielle Durchführungsbestimmung nur eine Untergruppe der volkseigenen Betriebe und fülle daher die begriffliche Definition des volkseigenen Betriebes in der VO AVItech nicht völlig aus. Auch die gesellschaftsrechtliche Form sei unbeachtlich. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die Umwandlung eines VEB in eine GmbH unbeachtlich, sofern es sich dem Betriebszweck nach um einen der im Versorgungsrecht genannten Betriebe gehandelt habe.
Im Ergebnis bewirke die fehlende Feststellung der Mitgliedschaft des Klägers in der AVItech eine gravierende Ungleichbehandlung gegenüber vergleichbaren Berufskollegen aus den alten Bundesländern und Berufstätigen der ehemaligen DDR, deren Mitgliedschaft in der AVItech anerkannt worden sei.
Es sei verfassungsrechtlich geboten, das Verfahren im Hinblick auf nicht näher bezeichnete ausstehende Entscheidungen des BVerfG und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Ruhen zu bringen oder auszusetzen.
Anderenfalls solle die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) nach § 75 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen und Beweis erhoben werden über
- die Beschäftigungsverhältnisse in dem als Mitgliedschaftszeit in dem Zusatzversorgungssystem für die technische Intelligenz der DDR beanspruchten Zeitraum, in dem der Kläger als Angehöriger der technischen Intelligenz in volkseigenen Betrieben bzw. in entsprechenden Einrichtungen beschäftigt war, - den Charakter der beruflichen Tätigkeit in der DDR, den Erwerb von Anwartschaften auf die Pflichtversicherungsrente der SV sowie auf eine Zusatzrente und auf eine Zusatzversorgung während des Arbeitslebens und damit auf eine angemessene Alterssicherung in der DDR, - den realen, gemäß EV bestandskräftigen Wert dieser Anwartschaften und Ansprüche zum 1. Juli 1990 und zum 31. Dezember 1991 sowie danach, - den Wert der seit dem 1. Juli 1990 beziehungsweise seit dem 1. Januar 1992 in der Pflichtversicherung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) erworbenen weiteren Alterssicherungsansprüche, - die Auswirkungen der Renten-/Versorgungsüberführung sowie der nachträglichen Zuerkennung der Mitgliedschaft in den Zusatzversorgungssystemen auf den Wert des Alterseinkommens und auf die Rentenberechnung, - die Differenzen, die sich für den Wert des zur erwartenden Alterseinkommens zum 1. Juli 1990, zum 31. Dezember 1991, zum 1. Januar 1992, zum 1. Juli 2000 und zum 1. April 2004 aus den einzufordernden Berechnungen einerseits bei Anerkennung, andererseits bei Nichtanerkennung der Mitgliedschaft in den Zusatzversorgungssystemen unter entsprechender Anwendung der jeweiligen Vorschriften nach der Zahlbetragsgarantie (für Bestandsrentner) des Art. 30 Abs. 5 EV, der Zahlbetragsgarantie (für Bestandsrentner) gemäß Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 EV, nach § 307a SGB VI (für Bestandsrentner) beziehungsweise § 256a SGB VI und nach § 307b SGB VI (für Bestandsrentner) in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG ergäben, - die Motive und Gründe der Regelungen des RÜG und der Ausgangssituation für deren Auslegung und Anwendung, - die Ziele und Erfordernisse der Vorschriften des EV sowie die Unüberschaubarkeit und Unverständlichkeit des RÜG sowie der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Regelungen des EV.
Zu diesen Ermittlungen sei das Gericht aufgrund der Verfassungsgrundsätze des effektiven Rechtsschutzes, der Verfahrensökonomie und einer fairen Verfahrensführung nach dem Grundgesetz (GG) und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verpflichtet, zumal es noch keine gefestigte Rechtsprechung insbesondere des BSG und des BVerfG und keine wissenschaftlichen Grundlagen für eine Entscheidung zu Fragen der Mitgliedschaft in der AVItech gebe.
In der Sache beantragen die Prozessbevollmächtigten des Klägers,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 16. November 2006 sowie des Bescheides der Beklagten vom 12. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2005 zu verurteilen, die Beschäftigungszeit vom 20. Juli 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit im maßgeblichen Zusatzversorgungssystem anzuerkennen und die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte in diesem Zeitraum festzustellen,
Hilfsweise regen sie an, dem BVerfG gemäß Art. 100 GG die Fragen zur Entscheidung vorzulegen, ob
- die Vorschriften des RÜG - alle Fassungen - rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechen können, obwohl sie entgegen dem Auftrag des EV und GG sowie unter Missachtung der Ankündigung im Titel des Gesetzes nicht die Rechtseinheit in Deutschland sondern die dauerhafte Spaltung auf dem Gebiet des Alterssicherungsrechts bewirken und auf einer verfassungs- und menschenrechtswidrigen Täuschung über Inhalt und Ziel des Gesetzes beruhen, die bis heute - beibehalten wird, die Eingriffe in das Eigentum des Klägers, das er in Form von unterschiedlichen Anwartschaften auf Ansprüche auf Rente aus der SV und auf Zusatzversorgung aus zusätzlichen Versorgungssystemen sowie aus der FZR aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht hat und das durch die Anwendung der so genannten gesetzlichen Novation beseitigt und durch weitaus geringerwertige andersartige Ansprüche "ersetzt" worden sein soll, bzw. - die Regelungen der Renten- und Versorgungsüberleitung, insbesondere die Bestimmungen des RÜG und des AAÜG (in den jeweils geltenden Fassungen) den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips entsprechen, für die Betroffenen und die Öffentlichkeit verständlich und überschaubar sowie hinsichtlich ihres Regelungsgehalts kontrollierbar sind, effektiven Rechtsschutz in einem fairen Verfahren gewährleisten und Grundlage für eine Verweigerung der rückwirkenden Korrektur fehlerhafter Bescheide sein können oder - die dargestellten Verfahrensweisen und die zu Grunde liegenden Regelungen das GG und die EMRK verletzen und daher der Gesetzgeber von Verfassung wegen verpflichtet ist, für die genannte Fallkonstellation die vom GG und der EMRK her gebotene Ausgleichsregelung, unter anderem die Vergleichsberechnung gemäß der Vorgabe des Urteils des BVerfG vom 28. April 1999 (ohne Az.), zumindest jedoch eine Härtefallregelung zur Verminderung der sonst bleibenden Benachteiligungen zu schaffen, und die Renten- und Versorgungsüberleitung den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips und des Bestimmtheitsgrundsatzes entsprechend insgesamt neu und verständlich zu regeln.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG (Az.: S 31 R 5490/03 und S 14 R 3318/05) beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist aber teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2005 nur insoweit, als es die Beklagte abgelehnt hat, die Zeit vom 20. Juli 1973 bis 31. August 1984 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Der Kläger hat seine Klage im Klageschriftsatz vom 12. November 2005, auf den er in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16. November 2006 ausdrücklich Bezug genommen hat, auf die Zeit bis zum 31. August 1984 und seine Berufung im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 18. April 2007 auf Zeiten ab 20. Juli 1973 beschränkt.
Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid auch für Beschäftigungszeiten vor dem 20. Juli 1973 sowie vom 1. September 1984 bis 30. Juni 1990 die Feststellung einer Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech und der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte abgelehnt hat, ist der Verwaltungsakt somit bestandskräftig und für die Beteiligten bindend geworden (§ 77 SGG). Insbesondere hat das SG über Beschäftigungszeiten vom 1. September 1984 bis 30. Juni 1990 im angefochtenen Urteil vom 16. November 2006 keine mit der Berufung anfechtbare Entscheidung getroffen. Die auf diesen Zeitraum gerichtete Berufung des Klägers ist unzulässig.
Im Übrigen hat das SG die Klage mit Urteil vom 16. November 2006 zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen. In dem (Feststellungs)Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des SGB VI ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durch die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme durchzuführen ist, besteht ein Anspruch des Versicherten auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie der in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte nur dann, wenn er gemäß § 1 Abs. 1 AAÜG dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG unterfällt. Dies ist beim Kläger nicht der Fall.
Dem Kläger ist weder in der DDR noch zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Rehabilitierung eine Versorgungszusage erteilt worden. Entgegen seiner Ansicht ist dem Schreiben der Deutschen Reichsbahn vom 24. Mai 1974 keine Versorgungszusage für ein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem der Anlage 1 und 2 zum AAÜG zu entnehmen. Das Schreiben stellt lediglich die zum damaligen Zeitpunkt bei fortgesetzter Dienstzugehörigkeit zur Deutschen Reichsbahn in Aussicht stehende Versorgung nach der bis 1973 geltenden Versorgungsordnung der Deutschen Reichsbahn dar. Derartige Anwartschaften sind jedoch unabhängig davon, dass der Kläger bereits mit seinem Ausscheiden aus dem dortigen Dienst zum 31. August 1985 die Voraussetzungen für den Bezug einer erhöhten Versorgung nicht mehr erfüllt haben dürfte, nicht als Zusatzversorgung in die gesamtdeutsche Rentenversicherung überführt worden (vgl. hierzu und zur Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten bei der Deutschen Reichsbahn nach § 256a des SGB VI BVerfG Beschluss vom 30. August 2005, Az.: 1 BvR 616/99). Beim Kläger war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 auch noch kein Versorgungsfall des Alters oder der Invalidität eingetreten. Somit bestand bei ihm zu keinem Zeitpunkt ein Versorgungsanspruch oder eine Versorgungsanwartschaft aus einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG.
Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in die AVItech (vgl. zu den Voraussetzungen BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und 6; SozR 3-8570 § 5 Nr. 3 betrifft demgegenüber die Erstreckung einer durch Versorgungszusage erworbenen Anwartschaft auf vor der Zusage liegende Beschäftigungszeiten), da er am 30. Juni 1990 nicht in einem VEB, sondern in einer GmbH beschäftigt war (vgl. BSG Urteil vom 29. Juli 2004, Az.: B 4 RA 12/04 R). Betriebe in der Rechtsform einer GmbH unterliegen unabhängig davon, ob sie Rechtsnachfolger eines VEB geworden sind, nicht dem Anwendungsbereich der VO AVItech. Anhaltspunkte dafür, dass die GmbH selbst ein den volkseigenen Betrieben gleichgestellter Betrieb i.S.d. § 1 Abs. 2 der 2. DB AVItech war (vgl. BSG SozR 4-8570 § 1 Nr. 11), liegen nicht vor. Bei dieser Sachlage kann es dahinstehen, ob die Fa. M. GmbH Rechtsnachfolger des VEB Militärkartographischer Dienst geworden ist und der Kläger auch während seiner Beschäftigung im Beitrittsgebiet von 1973 bis 1984 die persönlichen, sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVItech erfüllt hat (vgl. BSG Urteil vom 29. Juli 2004 Az.: B 4 RA 12/04 R; BVerfG SozR 4-8560 § 22 Nr. 1 Rdnr. 38 ff.).
Eine entsprechende Anwendung des AAÜG kommt nicht in Betracht. Das AAÜG ist Teil des vom Gesetzgeber für die Überleitung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesamtdeutsche Rentenversicherung entwickelten Programms. Danach werden Ansprüche und Anwartschaften, die Versicherte in der SV, der FZR oder einem Zusatz- und Sonderversorgungssystem erworben haben, durch einen einheitlichen Anspruch/eine einheitliche Anwartschaft nach dem SGB VI ersetzt (gesetzliche Novation). Das BVerfG hat ausdrücklich bestätigt, dass diese Ersetzung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch eine einheitliche, ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammende Versorgungsleistung unter Verzicht auf Zusatzleistungen und unter Begrenzung der versicherten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Es hat weiter ausgeführt, dass die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen nur insoweit dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG unterliegen, als sie im EV nach dessen Maßgaben als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt worden sind (BVerfGE 100, 1 Rdnr. 124 ff.). Danach war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften ungeändert und mit einem bestimmten realen Wert in die gesamtdeutsche Rentenversicherung zu übernehmen. Auch der EV selbst enthält mit Ausnahme der Zahlbetragsgarantie für Bestandsrentner und rentennahe Jahrgänge keine derartige Regelung.
Voraussetzung für eine Überleitung ist im Übrigen, dass der Versicherte in den einzelnen Zweigen (allgemeine Sozialversicherung, FZR, Zusatzversorgung, Sonderversorgung) tatsächlich Ansprüche und Anwartschaften erworben hat (zu den Begriffen Anspruch und Anwartschaft vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Die durch das Fehlen derartiger Anwartschaften entstehende Ungleichbehandlung gegenüber Versicherten, denen in der DDR oder nachträglich im Rahmen der Rehabilitation eine Versorgungszusage erteilt worden ist oder die aufgrund einer am 30. Juni 1990 in der damaligen DDR ausgeübten, von der AVItech erfassten Beschäftigung fiktiv in dieses Zusatzversorgungssystem einzubeziehen sind, ist sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber war zu keinem Zeitpunkt verpflichtet, die bloße Erwartung auf den zukünftigen Erwerb einer Versorgungsanwartschaft einer tatsächlich bestehenden Anwartschaft gleichzustellen und sie in das gesamtdeutsche Rentensystem überzuleiten (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der Systementscheidung bezüglich Zusatz- und Sonderversorgungssystemen BVerfGE 100, 1 Rdnr. 109 ff., bezüglich SV und FZR BVerfG Beschluss vom 6. August 2002 Az.: 1 BvR 586/98 = NZS 2003 S. 87). Dementsprechend bestand auch keine Verpflichtung, durch gesetzliche Regelungen - etwa eine vom Kläger reklamierte Übergangs- oder Härtefallregelung - den durch die Nichteinbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem vermeintlich eintretenden Verlust einer (in der DDR allenfalls in Form einer Erwartung innegehabten) relativen rentenrechtlichen Position gegenüber Versicherten mit Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem auszugleichen. Dass der EV keine derartige Regelung enthält, stellt daher keine ggf. durch die Rechtsprechung zu schließende Regelungslücke dar.
Im Übrigen beruht nach bundesdeutschem Recht die Rentenhöhe nicht auf einer erbrachten Lebensleistung, sondern auf den vom Versicherten tatsächlich in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten. Nur soweit in anderen Systemen zurückgelegte Zeiten - insbesondere der Beschäftigung - durch gesetzliche Regelung als rentenrechtliche Zeiten anerkannt oder fingiert werden, finden auch diese Zeiten Eingang in die Rentenberechnung. Ob dies zu einer "Vollversorgung" oder zu einer den Lebensbedarf nur teilweise deckenden Rentenleistung führt, hängt wesentlich von der Höhe der versicherten Entgelte ab.
Dass dem Kläger gesetzlich keine Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem zuerkannt worden sind, stellt somit weder einen unzulässigen Eingriff in sein nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschütztes Eigentum noch einen Verstoß gegen Art. 3. Abs. 1 GG dar, weil er in der DDR tatsächlich keine Anwartschaft in einem Zusatzversorgungssystem erworben hat, die in die gesamtdeutsche Rentenversicherung überführt werden könnte. Auf die Frage, wie und in welchem Umfang in der DDR nach dortigem Recht tatsächlich erworbene Ansprüche und Anwartschaften auf Altersversorgung im Zeitpunkt des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik als eigentumsgeschützte Positionen in das gesamtdeutsche Recht übergegangen sind, kommt es deshalb im vorliegenden Fall nicht an. Schon deshalb war den Beweisanträgen der Prozessbevollmächtigten des Klägers zur tatsächlichen und fiktiven Entwicklung der Altersversorgung des Klägers nicht zu folgen.
Es war auch nicht erforderlich, das Verfahren im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden auszusetzen oder zum Ruhen zu bringen oder einen Vorlagebeschluss nach Art. 100 GG zu fassen. Der Senat hat keine begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der hier anzuwendenden Rechtsnormen. Das BVerfG hat seine Rechtsprechung zur Systementscheidung wiederholt bestätigt (vgl. BVerfG in SozR 3-8570 § 8 Nr. 5; SozR 3-1500 § 160a Nr. 31; SozR 3-8120 Kap. VIII H III Nr. 6 Nr. 3). Soweit es, wie vom Kläger teilweise zitiert, Regelungen des AAÜG verfassungsrechtlich beanstandet hat, handelte es sich um Regelungen zur Zahlbetragsgarantie (vgl. BVerfGE 100, 104) und zur Begrenzung der monatlichen Arbeitsentgelte und -einkommen für bestimmte Personenkreise (vgl. BVerfGE 100, 59; 111, 115). Den Entscheidungen lagen somit Ansprüche und Anwartschaften zugrunde, die bereits in die gesamtdeutsche Rentenversicherung übernommen waren. Aufgrund der ausführlichen und gefestigten Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zur Rentenüberleitung durch EV, RÜG und AAÜG bestand auch zu den von den Prozessbevollmächtigten des Klägers angeregten Zeugenvernehmungen keine Veranlassung.
Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe die vom Kläger in der DDR erzielten Arbeitsentgelte nach dem Recht des SGB VI bei einer späteren Rente Berücksichtigung finden, ist nicht Gegenstand des angefochtenen Verwaltungsakts und fällt nicht in die Zuständigkeit der Beklagten als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme. Deshalb ist in diesem Verfahren nicht darüber zu entscheiden, ob eine im Leistungsfall durch die Anwendung des SGB VI in der dann geltenden Fassung möglicherweise eintretende Benachteiligung gegenüber anderen Versicherten mit Beschäftigungszeiten in der ehemaligen DDR verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Diese Frage ist im Leistungsfall nach Maßgabe des dann geltenden Rentenrechts zu prüfen (vgl. zur Änderung der Rechtslage mit der Überleitung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften BVerfGE 100, 1 Rdnr. 123). Einer Beiladung der DRV Bund als Rentenversicherungsträger bedurfte es gleichwohl nicht (vgl. BVerfG SozR 3-8570 § 8 Nr. 5).
Für einen Verstoß gegen - von den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht näher bezeichnete - Regelungen der EMRK ergeben sich nach alledem ebenfalls keine Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor. Die Entscheidung des Senats entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Anwendung des AAÜG.
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