Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 260/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 703/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15. September 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1958 geborene Kläger war nach einer abgebrochenen Lehre zum Kfz-Mechaniker bis 1988 als Montagehelfer für Büromaschinen und als Lagerhelfer sowie nach Erwerb der Fahrerlaubnis Klasse II (Lehrgang vom 14. März bis 24. Juni 1988) von 1989 bis 1993 und kurzzeitig 1995 und 1996 als Kraftfahrer bei einem Kieswerk, einem Holz- und Furnierhandel sowie einem Bauteile-Zulieferer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Von November 1996 bis Juli 1997 war er ohne Beitragsleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung selbstständig tätig und in der Folgezeit mit Unterbrechungen durch Fortbildungsmaßnahmen und Zeiten der Arbeitsunfähigkeit arbeitssuchend gemeldet.
Am 20. August 2001 beantragte er erstmals eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab an, er sei beim Arbeitsamt für Bürotätigkeiten in Vollzeitarbeit arbeitssuchend gemeldet, könne seit 1. Februar 2001 aber auch leichte Bürotätigkeit nur noch halbschichtig verrichten, da sein rechtes Sprunggelenk nicht belastbar sei. Die Beklagte ließ den Kläger ambulant durch den Orthopäden Dr. M. (Gutachten vom 7. November 2001) sowie den Internisten Dr. Z. (Gutachten vom 12. Oktober 2001) begutachten. Der Kläger gab bei beiden Untersuchungen ausschließlich Beschwerden an den Sprunggelenken an. Dr. M. diagnostizierte eine mäßige Arthrose des linken und eine beginnende Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks ohne Druckschmerz, Senk-Spreizfüße, Zustand nach Meniskus-Operation rechts, Adipositas sowie eine beginnende Dupuytren-Kontraktur beidseits ohne Funktionseinschränkung und hielt den Kläger noch für fähig, als Kraftfahrer sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr mittelschwere Arbeiten ohne ständiges Gehen und Stehen zu verrichten. Die zumutbare Wegstrecke betrage bei raumgreifendem zügigen Gang ohne Hinken sowie kräftiger Sohlenbeschwielung über 800 m. Dr. Z. diagnostizierte ergänzend eine unbehandelte Hyperurikämie sowie einen Verdacht auf Fettleber ohne Einschränkungen für das Leistungsvermögen.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag vom 20. August 2001 mit der Begründung ab, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein (Bescheid vom 19. November 2001). Der Kläger hat dagegen keinen Widerspruch eingelegt.
Am 16. September 2003 beantragte der Kläger erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, er sei beim Arbeitsamt für eine Vollzeitbeschäftigung als Kraftfahrer oder Lagerarbeiter arbeitssuchend gemeldet, könne wegen Wasser in den Beinen, Rippenbrüchen, Beschwerden an Leber und Galle sowie anderer ungenannter Leiden seit September 2003 aber keine Arbeiten mehr verrichten. Er wurde im Auftrag der Beklagten durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. R. ambulant begutachtet (Gutachten vom 23. Oktober 2003), der eine geringe Arthrose beider Sprunggelenke ohne Bewegungseinschränkung, Senk-Spreizfüße beidseits, Adipositas, Grenzwerthypertonie, beginnende Dupuytren-Kontraktur beidseits, Hyperurikämie (bei Angabe von Gichtanfällen), einen nutritiv-toxischen Leberschaden und einen Zustand nach Meniskus-Operation rechts ohne Bewegungseinschränkung der Kniegelenke diagnostizierte und den Kläger weiterhin für fähig erachtete, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr mittelschwere Arbeiten ohne dauerndes Gehen und Stehen zu verrichten. Heilmaßnahmen oder berufsfördernde Maßnahmen seien nicht angezeigt.
Die Beklagte lehnte auch diesen Rentenantrag mit der Begründung ab, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein (Bescheid vom 27. Oktober 2003, Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2003).
Am 9. August 2004 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, er sei beim Arbeitsamt für eine Vollzeittätigkeit als Kraftfahrer arbeitssuchend gemeldet, könne aber seit fünf Jahren (1999) wegen mehrfacher Wirbelbrüche nicht mehr als 15 kg heben, habe Beschwerden in beiden Beinen sowie Übergewicht und könne deshalb nur halbschichtig leichte sitzende Tätigkeiten verrichten. Die behandelnden Orthopäden S. und Dres. J./B. gaben in Arztbriefen an den behandelnden Allgemeinarzt Dr. L. als Diagnosen beginnende Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks, Senk-Spreizfüße beidseits und Adipositas (20. März 2001), LWS-Syndrom, LWS-Torsionsskoliose (15. März 2002), Gichtarthritis linkes Kniegelenk (8. Mai 2002) und Verdacht auf Gichtarthritis rechtes Kniegelenk (11. September 2003) an.
Bei der anschließenden Begutachtung durch den Orthopäden und Sozialmediziner Dr. P. (Gutachten vom 9. November 2004) gab der Kläger ausschließlich Beschwerden an den Hüft- und Kniegelenken sowie an der Wirbelsäule an. Er benutzte rechts eine Unterarmgehstütze, die ihm nach eigenen Angaben 2003 beidseits verordnet worden war. Zur Untersuchung erschien er im eigenen PKW.
Bei der Untersuchung zeigte der Kläger ein hinkendes Gangbild. Einbein-, Zehenspitzen- und Fersenstand waren durchführbar. An der Wirbelsäule bestanden Verspannungen im Bereich der LWS bei ausreichender Gesamtentfaltbarkeit der Wirbelsäule (Schober 10/15, Ott 30/32, FBA 20 cm), eine radikuläre Symptomatik oder Hinweise auf Wirbelbrüche fanden sich nicht. Die Funktionsfähigkeit der oberen und unteren Extremitäten war auch bezüglich der Hände nicht eingeschränkt. Die Fußsohlen wiesen eine starke Beschwielung auf. Anzeichen für entzündliche Aktivitäten lagen nicht vor. Dr. P. diagnostizierte ein Thorakal- und Cervicalsyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, eine thoracolumbale Skoliose, eine rechtsbetonte Gonalgie beidseits ohne Gonarthrose, eine initiale Sprunggelenksarthrose rechts, eine Sprunggelenksarthrose links, Übergewicht sowie Senk-Spreizfüße. Er hielt den Kläger für fähig, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechselrhythmus über sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht und ein Heilverfahren sei nicht notwendig.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom 9. August 2004 mit der Begründung ab, beim Kläger liege weder eine volle oder teilweise Erwerbsminderung noch eine Berufsunfähigkeit vor (Bescheid vom 12. November 2004). Den Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, es seien unter anderem Röntgenaufnahme seines behandelnden Orthopäden unberücksichtigt geblieben und der beauftragte Arzt sei befangen, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2005). Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten zu ebener Erde ohne viel Bücken und ohne Zwangshaltung verrichten. Da er zuletzt keine berufsgeschützte Tätigkeit ausgeübt habe, sei er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Dagegen hat der Kläger am 27. Januar 2005 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Er hat Röntgenbilder des Orthopäden Dr. S. vorgelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, er sei gesundheitlich nicht ausreichend belastbar und habe deshalb Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit.
Das SG hat weitere Röntgenbilder sowie radiologische Befunde vom 29. September 2003 (MRT-Untersuchung des rechten Kniegelenks) und 23. November 2005 (Ganzkörperskelettszintigraphie wegen Verdacht auf Morbus Bechterew) beigezogen und den Kläger ambulant durch den Orthopäden Dr. F. (Gutachten vom 10. Februar 2006) begutachten lassen, der ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für überwiegend sitzende Tätigkeiten festgestellt hat. Eventuell sei wegen eines früher diagnostizierten alkoholischen Leberschadens noch ein internistisches Gutachten erforderlich.
Das SG hat sich der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. F. angeschlossen und die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 15. September 2006, dem Kläger zugestellt am 29. September 2006). Der Kläger habe keinen Berufsschutz als Kraftfahrer, da er diese Tätigkeit nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern nach dem Zeugnis seines Arbeitgebers vom 14. Januar 1993 wegen Betriebsschließung aufgegeben und nicht nachhaltig versucht habe, in seinen Beruf zurückzukehren. Er sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und dort nach Feststellung des Sachverständigen Dr. F. noch vollschichtig einsatzfähig. Eine internistische Begutachtung sei nicht erforderlich, da Dr. R. in seinem Gutachten vom 23. Oktober 2003 ausgeführt habe, dass der Leberschaden einer vollschichtigen Arbeit nicht entgegenstehe und nach dem Gutachten des Dr. P. vom 9. November 2004 weder am Herzen noch an der Lunge ein krankhafter Befund vorgelegen habe.
Mit der am 16. Oktober 2006 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung begehrt der Kläger weiterhin eine Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit, wobei er in erster Linie Ausführungen zur Befangenheit des Widerspruchsausschusses, zur Richterablehnung und zur Ermittlungspflicht des Revisionsgerichts im Strafverfahren macht, denen allerdings kein Befangenheitsantrag gegen den Richter erster Instanz zu entnehmen ist. Der Kläger begehrt vielmehr erkennbar, sein Anliegen nochmals umfassend zu prüfen.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. S. (Radiologe), Dr. L. (Allgemeinmediziner) und Dr. S. (Orthopäde) eingeholt und den Beteiligten zur Kenntnis übermittelt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15. September 2006 sowie den Bescheid vom 12. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrags vom 9. August 2004 Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 105 Abs. 2 S. 1, 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 12. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2005, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 9. August 2004 Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit zu zahlen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. September 2006 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine der beantragten Renten.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (§ 300 Abs. 1 SGB VI). Danach besteht für Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll oder teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäfti gung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich, bei voller Erwerbsminderung mindestens drei Stunden täglich, erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die
1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 SGB VI).
Zwar hat der Kläger aufgrund der von ihm bis zur Antragstellung zurückgelegten Versicherungszeiten sowohl die allgemeine Wartezeit als auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Bei ihm liegt jedoch weder eine volle oder teilweise Erwerbsminderung noch eine Berufsunfähigkeit vor.
Der Kläger ist aufgrund der von ihm zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Kraftfahrer ohne Berufskraftfahrerausbildung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) innerhalb des dort entwickelten Mehrstufenschemas der Gruppe der Angelernten im unteren Bereich (Ausbildungszeit von 3 bis 12 Monaten) zuzuordnen und damit sozial zumutbar auch auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Auf die Frage, ob er sich aus gesundheitlichen Gründen von seinem Beruf als Kraftfahrer gelöst hat, kommt es dabei nicht an. Der Erwerb des Führerscheins der Klasse II vermittelt einem Versicherten auch dann, wenn der Führerschein nicht über eine Fahrschule, sondern durch einen (hier dreimonatigen) Lehrgang erworben wird, keine über eine einfache Anlernung hinausgehenden Kenntnisse und Fertigkeiten, die eine Zuordnung zur Gruppe der Angelernten im oberen Bereich (Ausbildungszeit von 12 bis 24 Monaten) oder gar zur Gruppe der Facharbeiter rechtfertigen würde. Deshalb kann dahinstehen, ob der Kläger, der im Anschluss an die 1993 wegen Betriebsschließung beendete Beschäftigung arbeitssuchend gemeldet war, auch die 1995 und 1996 kurzzeitige ausgeübte Beschäftigung als Kraftfahrer aus anderen als gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. F. ist der Kläger noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Der Kläger gab dort an, er leide unter Schmerzen in beiden Schultern, beiden Knien, im rechten Brustkorb, im Nackenbereich und im Kreuz und könne wegen der Schmerzen maximal 5 Minuten gehen. In orthopädischer Behandlung stehe er nicht. Die Untersuchung zeigte eine aufrechte Körperhaltung und eine gut entwickelte Muskulatur. Der Gang war unelastisch mit mäßiger Schrittlänge, wobei der Kläger die Füße kaum abrollte. Der Zehengang wurde nicht, der Zehenstand angedeutet und der Fersengang mühsam, der Einbeinstand schwankend und unsicher ausgeführt. An den oberen und unteren Extremitäten waren mit Ausnahme einer vordiagnostizierten Dupuytren-Kontraktur der Grundgelenke der Finger zwei bis vier rechts mit Streckhemmung um 20° und einer Spreiz- und Drehbehinderung des rechten Hüftgelenks keine wesentlichen Funktonseinschränkungen festzustellen. Die Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule war im Bereich der BWS durch eine verklammernde Randspornbildung (als Folge der Hyperurikämie) und im Bereich der LWS durch degenerative Bandscheibenveränderungen mit Randspornbildung im Sinne eines Morbus Forestier eingeschränkt, wobei der Sachverständige einen Morbus Bechterew aufgrund der Skelettszintigraphie vom 23. November 2005 ausschließen konnte. Bezüglich der ausgedehnten Veränderungen an der Wirbelsäule und der beginnenden Veränderungen an der rechten Hüfte und (röntgenologisch) beiden Kniegelenken hat der Sachverständige eine Verschlechterung gegenüber den Vorgutachten vom 6. November 2001 und 22. September 2004 konstatiert und folgende Diagnosen gestellt:
- Spondylochondrose C3 bis C6, Unkovertebralarthrose, Osteope nie der Wirbelsäule, - Rundrücken mit Keilwirbeln nach Morbus Scheuermann, osteochondrotische Veränderungen im Kyphosescheitel, Spondy lopathia hyperostotica, - Spondylochondrose L3 bis S1, - geringe Coxarthrose beidseits, - initiale Gonarthrose rechts, etwas deutlicher links, - mäßige Arthrose des rechten Sprunggelenks, lockere Spreiz senkfüße mit Fersensporn rechts sowie als - Nebendiagnosen: Dupuytren-Erkrankung rechts mit leichter Beu gekontraktur der Grundgelenke des zweiten bis vierten Fin gers, initiale Dupuytren-Erkrankung links, erhebliche alimen täre Adipositas.
Zum Leistungsvermögen hat der Sachverständige ausgeführt, der Kläger sei durch die festgestellten Gesundheitsstörungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leicht- bis mittelgradig eingeschränkt, könne aber leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, Einwirkung von Kälte, Nässe oder Zugluft, Arbeiten am Fließband, Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten im Bücken oder auf Treppen, Leitern und Gerüsten noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Konzentration- und Reaktionsvermögen, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, Leistungsmotivation und Ausdauer erschienen bereits erheblich reduziert und das Verantwortungsgefühl sei als gering einzuschätzen. Die Wegefähigkeit sei trotz einer nicht auszuschließenden claudicatio spinalis angesichts der kräftig tonisierten Beinmuskulatur und der Fußsohlenbeschwielung nicht eingeschränkt. Das angegebene Gehvermögen von nur 5 Minuten sei damit nicht zu vereinbaren. Der Senat schließt sich dieser ausführlich und überzeugend begründeten Leistungsbeurteilung an. Die Vorgutachten und sonstigen medizinischen Befunde geben keinen Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Leistungsbeurteilung zu zweifeln.
Eine weitergehende Begutachtung war nicht erforderlich. Anhaltspunkte für wesentliche internistische Erkrankungen, die Einfluss auf das Leistungsvermögen des Klägers haben könnten, liegen nicht vor. Weder dem Befundbericht des behandelnden Allgemeinarztes Dr. L. noch aus den von ihm übermittelten Fremdbefunden sind derartige Gesundheitsstörungen zu entnehmen. Für eine Einschränkung der Lungenfunktion gibt es keine Hinweise. Eine koronare Herzerkrankung konnte nach dem letzten internistischen Bericht vom 18. November 2005 weiterhin nicht festgestellt werden. Bezüglich der in diesem internistischen Bericht geäußerten Verdachtsdiagnose einer Depression besteht kein weiterer Aufklärungsbedarf, da diese Gesundheitsstörung im Befundbericht des behandelnden Allgemeinarztes Dr. L. vom Januar 2007 keine Erwähnung findet, keine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung erfolgt und somit offenbar keine Behandlungsbedürftigkeit besteht. Eine Veränderung der orthopädischen Befunde lassen die Befundberichte der behandelnden Ärzten für die Zeit seit der letzten Begutachtung ebenfalls nicht erkennen.
Damit sind die Voraussetzungen für die Feststellung einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung nicht erfüllt. Eine Summierung außergewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50) liegen beim Kläger ebenfalls nicht vor. Der Ausschluss von Wirbelsäulenzwangshaltung, der Einwirkung von Kälte, Nässe und Zugluft ohne entsprechenden Schutz, von Arbeiten am Fließband, im Bücken sowie auf Treppen, Leitern und Gerüsten und von schweren und mittelschweren Arbeiten insbesondere mit dem Heben und Tragen von Lasten schränken die Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht derart ein, dass ausnahmsweise eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen wäre. Auch die von Dr. F. angegebene Reduzierung des Konzentration- und Reaktionsvermögens, der Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, der Leistungsmotivation und Ausdauer sowie des Verantwortungsgefühls schließen einen Einsatz des Klägers für einfachere Hilfstätigkeiten nicht aus. Die Wegefähigkeit ist nicht eingeschränkt, da die kräftig tonisierte Beinmuskulatur und die Fußsohlenbeschwielung nach den überzeugenden Angaben des Sachverständigen hierfür keinen Anhalt bieten. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Feinmotorik der Hände ist nicht gegeben, da die bereits seit Jahren bestehende Dupuytren-Kontraktur bislang lediglich zu einer mäßigen Streckhemmung der Finger zwei bis vier rechts geführt hat, die die Einsatzfähigkeit der Hand auch für Feingriffe nicht einschränkt.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1958 geborene Kläger war nach einer abgebrochenen Lehre zum Kfz-Mechaniker bis 1988 als Montagehelfer für Büromaschinen und als Lagerhelfer sowie nach Erwerb der Fahrerlaubnis Klasse II (Lehrgang vom 14. März bis 24. Juni 1988) von 1989 bis 1993 und kurzzeitig 1995 und 1996 als Kraftfahrer bei einem Kieswerk, einem Holz- und Furnierhandel sowie einem Bauteile-Zulieferer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Von November 1996 bis Juli 1997 war er ohne Beitragsleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung selbstständig tätig und in der Folgezeit mit Unterbrechungen durch Fortbildungsmaßnahmen und Zeiten der Arbeitsunfähigkeit arbeitssuchend gemeldet.
Am 20. August 2001 beantragte er erstmals eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab an, er sei beim Arbeitsamt für Bürotätigkeiten in Vollzeitarbeit arbeitssuchend gemeldet, könne seit 1. Februar 2001 aber auch leichte Bürotätigkeit nur noch halbschichtig verrichten, da sein rechtes Sprunggelenk nicht belastbar sei. Die Beklagte ließ den Kläger ambulant durch den Orthopäden Dr. M. (Gutachten vom 7. November 2001) sowie den Internisten Dr. Z. (Gutachten vom 12. Oktober 2001) begutachten. Der Kläger gab bei beiden Untersuchungen ausschließlich Beschwerden an den Sprunggelenken an. Dr. M. diagnostizierte eine mäßige Arthrose des linken und eine beginnende Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks ohne Druckschmerz, Senk-Spreizfüße, Zustand nach Meniskus-Operation rechts, Adipositas sowie eine beginnende Dupuytren-Kontraktur beidseits ohne Funktionseinschränkung und hielt den Kläger noch für fähig, als Kraftfahrer sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr mittelschwere Arbeiten ohne ständiges Gehen und Stehen zu verrichten. Die zumutbare Wegstrecke betrage bei raumgreifendem zügigen Gang ohne Hinken sowie kräftiger Sohlenbeschwielung über 800 m. Dr. Z. diagnostizierte ergänzend eine unbehandelte Hyperurikämie sowie einen Verdacht auf Fettleber ohne Einschränkungen für das Leistungsvermögen.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag vom 20. August 2001 mit der Begründung ab, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein (Bescheid vom 19. November 2001). Der Kläger hat dagegen keinen Widerspruch eingelegt.
Am 16. September 2003 beantragte der Kläger erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, er sei beim Arbeitsamt für eine Vollzeitbeschäftigung als Kraftfahrer oder Lagerarbeiter arbeitssuchend gemeldet, könne wegen Wasser in den Beinen, Rippenbrüchen, Beschwerden an Leber und Galle sowie anderer ungenannter Leiden seit September 2003 aber keine Arbeiten mehr verrichten. Er wurde im Auftrag der Beklagten durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. R. ambulant begutachtet (Gutachten vom 23. Oktober 2003), der eine geringe Arthrose beider Sprunggelenke ohne Bewegungseinschränkung, Senk-Spreizfüße beidseits, Adipositas, Grenzwerthypertonie, beginnende Dupuytren-Kontraktur beidseits, Hyperurikämie (bei Angabe von Gichtanfällen), einen nutritiv-toxischen Leberschaden und einen Zustand nach Meniskus-Operation rechts ohne Bewegungseinschränkung der Kniegelenke diagnostizierte und den Kläger weiterhin für fähig erachtete, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr mittelschwere Arbeiten ohne dauerndes Gehen und Stehen zu verrichten. Heilmaßnahmen oder berufsfördernde Maßnahmen seien nicht angezeigt.
Die Beklagte lehnte auch diesen Rentenantrag mit der Begründung ab, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein (Bescheid vom 27. Oktober 2003, Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2003).
Am 9. August 2004 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, er sei beim Arbeitsamt für eine Vollzeittätigkeit als Kraftfahrer arbeitssuchend gemeldet, könne aber seit fünf Jahren (1999) wegen mehrfacher Wirbelbrüche nicht mehr als 15 kg heben, habe Beschwerden in beiden Beinen sowie Übergewicht und könne deshalb nur halbschichtig leichte sitzende Tätigkeiten verrichten. Die behandelnden Orthopäden S. und Dres. J./B. gaben in Arztbriefen an den behandelnden Allgemeinarzt Dr. L. als Diagnosen beginnende Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks, Senk-Spreizfüße beidseits und Adipositas (20. März 2001), LWS-Syndrom, LWS-Torsionsskoliose (15. März 2002), Gichtarthritis linkes Kniegelenk (8. Mai 2002) und Verdacht auf Gichtarthritis rechtes Kniegelenk (11. September 2003) an.
Bei der anschließenden Begutachtung durch den Orthopäden und Sozialmediziner Dr. P. (Gutachten vom 9. November 2004) gab der Kläger ausschließlich Beschwerden an den Hüft- und Kniegelenken sowie an der Wirbelsäule an. Er benutzte rechts eine Unterarmgehstütze, die ihm nach eigenen Angaben 2003 beidseits verordnet worden war. Zur Untersuchung erschien er im eigenen PKW.
Bei der Untersuchung zeigte der Kläger ein hinkendes Gangbild. Einbein-, Zehenspitzen- und Fersenstand waren durchführbar. An der Wirbelsäule bestanden Verspannungen im Bereich der LWS bei ausreichender Gesamtentfaltbarkeit der Wirbelsäule (Schober 10/15, Ott 30/32, FBA 20 cm), eine radikuläre Symptomatik oder Hinweise auf Wirbelbrüche fanden sich nicht. Die Funktionsfähigkeit der oberen und unteren Extremitäten war auch bezüglich der Hände nicht eingeschränkt. Die Fußsohlen wiesen eine starke Beschwielung auf. Anzeichen für entzündliche Aktivitäten lagen nicht vor. Dr. P. diagnostizierte ein Thorakal- und Cervicalsyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, eine thoracolumbale Skoliose, eine rechtsbetonte Gonalgie beidseits ohne Gonarthrose, eine initiale Sprunggelenksarthrose rechts, eine Sprunggelenksarthrose links, Übergewicht sowie Senk-Spreizfüße. Er hielt den Kläger für fähig, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechselrhythmus über sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht und ein Heilverfahren sei nicht notwendig.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom 9. August 2004 mit der Begründung ab, beim Kläger liege weder eine volle oder teilweise Erwerbsminderung noch eine Berufsunfähigkeit vor (Bescheid vom 12. November 2004). Den Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, es seien unter anderem Röntgenaufnahme seines behandelnden Orthopäden unberücksichtigt geblieben und der beauftragte Arzt sei befangen, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2005). Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten zu ebener Erde ohne viel Bücken und ohne Zwangshaltung verrichten. Da er zuletzt keine berufsgeschützte Tätigkeit ausgeübt habe, sei er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Dagegen hat der Kläger am 27. Januar 2005 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Er hat Röntgenbilder des Orthopäden Dr. S. vorgelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, er sei gesundheitlich nicht ausreichend belastbar und habe deshalb Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit.
Das SG hat weitere Röntgenbilder sowie radiologische Befunde vom 29. September 2003 (MRT-Untersuchung des rechten Kniegelenks) und 23. November 2005 (Ganzkörperskelettszintigraphie wegen Verdacht auf Morbus Bechterew) beigezogen und den Kläger ambulant durch den Orthopäden Dr. F. (Gutachten vom 10. Februar 2006) begutachten lassen, der ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für überwiegend sitzende Tätigkeiten festgestellt hat. Eventuell sei wegen eines früher diagnostizierten alkoholischen Leberschadens noch ein internistisches Gutachten erforderlich.
Das SG hat sich der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. F. angeschlossen und die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 15. September 2006, dem Kläger zugestellt am 29. September 2006). Der Kläger habe keinen Berufsschutz als Kraftfahrer, da er diese Tätigkeit nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern nach dem Zeugnis seines Arbeitgebers vom 14. Januar 1993 wegen Betriebsschließung aufgegeben und nicht nachhaltig versucht habe, in seinen Beruf zurückzukehren. Er sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und dort nach Feststellung des Sachverständigen Dr. F. noch vollschichtig einsatzfähig. Eine internistische Begutachtung sei nicht erforderlich, da Dr. R. in seinem Gutachten vom 23. Oktober 2003 ausgeführt habe, dass der Leberschaden einer vollschichtigen Arbeit nicht entgegenstehe und nach dem Gutachten des Dr. P. vom 9. November 2004 weder am Herzen noch an der Lunge ein krankhafter Befund vorgelegen habe.
Mit der am 16. Oktober 2006 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung begehrt der Kläger weiterhin eine Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit, wobei er in erster Linie Ausführungen zur Befangenheit des Widerspruchsausschusses, zur Richterablehnung und zur Ermittlungspflicht des Revisionsgerichts im Strafverfahren macht, denen allerdings kein Befangenheitsantrag gegen den Richter erster Instanz zu entnehmen ist. Der Kläger begehrt vielmehr erkennbar, sein Anliegen nochmals umfassend zu prüfen.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. S. (Radiologe), Dr. L. (Allgemeinmediziner) und Dr. S. (Orthopäde) eingeholt und den Beteiligten zur Kenntnis übermittelt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15. September 2006 sowie den Bescheid vom 12. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrags vom 9. August 2004 Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 105 Abs. 2 S. 1, 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 12. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2005, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 9. August 2004 Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit zu zahlen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. September 2006 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine der beantragten Renten.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (§ 300 Abs. 1 SGB VI). Danach besteht für Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll oder teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäfti gung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich, bei voller Erwerbsminderung mindestens drei Stunden täglich, erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die
1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 SGB VI).
Zwar hat der Kläger aufgrund der von ihm bis zur Antragstellung zurückgelegten Versicherungszeiten sowohl die allgemeine Wartezeit als auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Bei ihm liegt jedoch weder eine volle oder teilweise Erwerbsminderung noch eine Berufsunfähigkeit vor.
Der Kläger ist aufgrund der von ihm zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Kraftfahrer ohne Berufskraftfahrerausbildung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) innerhalb des dort entwickelten Mehrstufenschemas der Gruppe der Angelernten im unteren Bereich (Ausbildungszeit von 3 bis 12 Monaten) zuzuordnen und damit sozial zumutbar auch auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Auf die Frage, ob er sich aus gesundheitlichen Gründen von seinem Beruf als Kraftfahrer gelöst hat, kommt es dabei nicht an. Der Erwerb des Führerscheins der Klasse II vermittelt einem Versicherten auch dann, wenn der Führerschein nicht über eine Fahrschule, sondern durch einen (hier dreimonatigen) Lehrgang erworben wird, keine über eine einfache Anlernung hinausgehenden Kenntnisse und Fertigkeiten, die eine Zuordnung zur Gruppe der Angelernten im oberen Bereich (Ausbildungszeit von 12 bis 24 Monaten) oder gar zur Gruppe der Facharbeiter rechtfertigen würde. Deshalb kann dahinstehen, ob der Kläger, der im Anschluss an die 1993 wegen Betriebsschließung beendete Beschäftigung arbeitssuchend gemeldet war, auch die 1995 und 1996 kurzzeitige ausgeübte Beschäftigung als Kraftfahrer aus anderen als gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. F. ist der Kläger noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Der Kläger gab dort an, er leide unter Schmerzen in beiden Schultern, beiden Knien, im rechten Brustkorb, im Nackenbereich und im Kreuz und könne wegen der Schmerzen maximal 5 Minuten gehen. In orthopädischer Behandlung stehe er nicht. Die Untersuchung zeigte eine aufrechte Körperhaltung und eine gut entwickelte Muskulatur. Der Gang war unelastisch mit mäßiger Schrittlänge, wobei der Kläger die Füße kaum abrollte. Der Zehengang wurde nicht, der Zehenstand angedeutet und der Fersengang mühsam, der Einbeinstand schwankend und unsicher ausgeführt. An den oberen und unteren Extremitäten waren mit Ausnahme einer vordiagnostizierten Dupuytren-Kontraktur der Grundgelenke der Finger zwei bis vier rechts mit Streckhemmung um 20° und einer Spreiz- und Drehbehinderung des rechten Hüftgelenks keine wesentlichen Funktonseinschränkungen festzustellen. Die Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule war im Bereich der BWS durch eine verklammernde Randspornbildung (als Folge der Hyperurikämie) und im Bereich der LWS durch degenerative Bandscheibenveränderungen mit Randspornbildung im Sinne eines Morbus Forestier eingeschränkt, wobei der Sachverständige einen Morbus Bechterew aufgrund der Skelettszintigraphie vom 23. November 2005 ausschließen konnte. Bezüglich der ausgedehnten Veränderungen an der Wirbelsäule und der beginnenden Veränderungen an der rechten Hüfte und (röntgenologisch) beiden Kniegelenken hat der Sachverständige eine Verschlechterung gegenüber den Vorgutachten vom 6. November 2001 und 22. September 2004 konstatiert und folgende Diagnosen gestellt:
- Spondylochondrose C3 bis C6, Unkovertebralarthrose, Osteope nie der Wirbelsäule, - Rundrücken mit Keilwirbeln nach Morbus Scheuermann, osteochondrotische Veränderungen im Kyphosescheitel, Spondy lopathia hyperostotica, - Spondylochondrose L3 bis S1, - geringe Coxarthrose beidseits, - initiale Gonarthrose rechts, etwas deutlicher links, - mäßige Arthrose des rechten Sprunggelenks, lockere Spreiz senkfüße mit Fersensporn rechts sowie als - Nebendiagnosen: Dupuytren-Erkrankung rechts mit leichter Beu gekontraktur der Grundgelenke des zweiten bis vierten Fin gers, initiale Dupuytren-Erkrankung links, erhebliche alimen täre Adipositas.
Zum Leistungsvermögen hat der Sachverständige ausgeführt, der Kläger sei durch die festgestellten Gesundheitsstörungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leicht- bis mittelgradig eingeschränkt, könne aber leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, Einwirkung von Kälte, Nässe oder Zugluft, Arbeiten am Fließband, Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten im Bücken oder auf Treppen, Leitern und Gerüsten noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Konzentration- und Reaktionsvermögen, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, Leistungsmotivation und Ausdauer erschienen bereits erheblich reduziert und das Verantwortungsgefühl sei als gering einzuschätzen. Die Wegefähigkeit sei trotz einer nicht auszuschließenden claudicatio spinalis angesichts der kräftig tonisierten Beinmuskulatur und der Fußsohlenbeschwielung nicht eingeschränkt. Das angegebene Gehvermögen von nur 5 Minuten sei damit nicht zu vereinbaren. Der Senat schließt sich dieser ausführlich und überzeugend begründeten Leistungsbeurteilung an. Die Vorgutachten und sonstigen medizinischen Befunde geben keinen Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Leistungsbeurteilung zu zweifeln.
Eine weitergehende Begutachtung war nicht erforderlich. Anhaltspunkte für wesentliche internistische Erkrankungen, die Einfluss auf das Leistungsvermögen des Klägers haben könnten, liegen nicht vor. Weder dem Befundbericht des behandelnden Allgemeinarztes Dr. L. noch aus den von ihm übermittelten Fremdbefunden sind derartige Gesundheitsstörungen zu entnehmen. Für eine Einschränkung der Lungenfunktion gibt es keine Hinweise. Eine koronare Herzerkrankung konnte nach dem letzten internistischen Bericht vom 18. November 2005 weiterhin nicht festgestellt werden. Bezüglich der in diesem internistischen Bericht geäußerten Verdachtsdiagnose einer Depression besteht kein weiterer Aufklärungsbedarf, da diese Gesundheitsstörung im Befundbericht des behandelnden Allgemeinarztes Dr. L. vom Januar 2007 keine Erwähnung findet, keine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung erfolgt und somit offenbar keine Behandlungsbedürftigkeit besteht. Eine Veränderung der orthopädischen Befunde lassen die Befundberichte der behandelnden Ärzten für die Zeit seit der letzten Begutachtung ebenfalls nicht erkennen.
Damit sind die Voraussetzungen für die Feststellung einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung nicht erfüllt. Eine Summierung außergewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50) liegen beim Kläger ebenfalls nicht vor. Der Ausschluss von Wirbelsäulenzwangshaltung, der Einwirkung von Kälte, Nässe und Zugluft ohne entsprechenden Schutz, von Arbeiten am Fließband, im Bücken sowie auf Treppen, Leitern und Gerüsten und von schweren und mittelschweren Arbeiten insbesondere mit dem Heben und Tragen von Lasten schränken die Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht derart ein, dass ausnahmsweise eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen wäre. Auch die von Dr. F. angegebene Reduzierung des Konzentration- und Reaktionsvermögens, der Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, der Leistungsmotivation und Ausdauer sowie des Verantwortungsgefühls schließen einen Einsatz des Klägers für einfachere Hilfstätigkeiten nicht aus. Die Wegefähigkeit ist nicht eingeschränkt, da die kräftig tonisierte Beinmuskulatur und die Fußsohlenbeschwielung nach den überzeugenden Angaben des Sachverständigen hierfür keinen Anhalt bieten. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Feinmotorik der Hände ist nicht gegeben, da die bereits seit Jahren bestehende Dupuytren-Kontraktur bislang lediglich zu einer mäßigen Streckhemmung der Finger zwei bis vier rechts geführt hat, die die Einsatzfähigkeit der Hand auch für Feingriffe nicht einschränkt.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
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