L 28 B 1166/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 93 AS 11919/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1166/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Juni 2007 aufgehoben. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller eine einmalige Bekleidungshilfe in Höhe von 130,00 EUR zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten des gesamten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu erstatten.

Gründe:

Die gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Juni 2007 von dem Antragsteller eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG) hat, ist gemäß § 172 Abs. 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Antragsgegner war im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG zu verpflichten, die Kosten für eine einmalige Bekleidungshilfe für Sommerbekleidung in Höhe von 130,00 EUR zu übernehmen. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Dabei sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund jeweils glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 1. Alt. Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Danach sind Leistungen für Erstausstattungen für Bekleidung nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht (§ 23 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Von dieser Bestimmung wird ein Bedarf erfasst, der aufgrund eines Gesamtverlustes, beispielsweise infolge eines Wohnungsbrandes oder aufgrund einer unzureichenden Bekleidungsausstattung nach einer Haft (vgl. Münder in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 23 RdNr. 33), entstanden ist. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Der Antragsteller ist am 8. Dezember 2006 nach Verbüßung seiner achtjährigen Strafhaft aus der Justizvollzugsanstalt Tegel entlassen worden. Ausweislich des Entlassungsscheins ist er zwar aus dieser Haft mit eigener Kleidung in "ausreichendem Umfang" entlassen worden, jedoch umfasste diese Ausstattung ausweislich des Schreibens der F H B e. V. (Gefährdeten und Straffälligenhilfe, gemeinnütziger Verein) vom 14. Dezember 2006 nur einen "kleinen Beutel mit ein paar Bekleidungsstücken".

Im Hinblick hierauf hat der Antragsgegner dem Antragstellers auf seinen Antrag vom 15. De-zember 2006 mit Bescheid vom 4. Januar 2007 eine Bekleidungshilfe in Höhe von 335,00 EUR für die Anschaffung von Winterbekleidung gewährt. Da der Anspruch auf eine Bekleidungshilfe nach verbreiteter Auffassung auch die Kosten für die Anschaffung von Sommerbekleidung umfasst (vgl. Münder in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 23 RdNr. 34 und Wieland in Estelmann, SGB II (Std.: 9. EL/Mai 2007), § 23 RdNr. 36, jeweils u. a. mit Hinweis auf den von dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge erstellten Katalog zum notwendigen Bekleidungsbedarf (DV 1990, 12) und weiteren Nachweisen), ist dieser notwendige Bekleidungsbedarf des Antragsteller durch die ihm gewährte Hilfe noch nicht gedeckt. Der Senat sieht insoweit aufgrund einer Internetrecherche einen Bedarf von 130,00 EUR (eine Sommerhose: 20,00 EUR, eine Sommerjacke: 40,00 EUR, ein Sommerhemd: 10,00 EUR, zwei T-Shirts: 10,00 EUR, ein Paar Sommerschuhe 40,00 EUR, drei Unterhosen: 5,00 EUR und drei Paar Strümpfe: 5,00 EUR) als angemessen an. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass verschiedene Bekleidungsstücke, wie beispielsweise Unterwäsche, Hemden und Hosen, für die dem Antragsteller bereits eine Bekleidungshilfe gewährt worden ist, auch während des Sommers getragen werden können. Sofern der Antragsgegner hinsichtlich des streitigen Anspruchs dem Grunde und der Höhe nach anderer Auffassung sein sollte, muss eine abschließende Klärung dieser Fragen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Sofern der Antragsteller mit Schriftsatz vom 27. Juni 2007 über die ihm mit diesen Beschluss gewährten Leistungen hinaus weitere Leistungen für die Anschaffung von Bekleidung begehrt ("zwei Garnituren Oberbekleidung (Jacken, Hosen, Schuhe) und sieben Garnituren Unterwäsche") war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Eilbedürftigkeit der beantragten einstweiligen Anordnung ergibt sich jedenfalls aus der existenzsichernden Funktion der Leistungen nach dem SGB II und im Hinblick auf die bereits fortgeschrittene Jahreszeit, für die die begehrte Kleidung benötigt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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