Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 V 942/73
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei der Zurückverweisung ist das Gericht an die rechtliche Beurteilung des Rechtsmittelgerichtes dann nicht mehr gebunden, wenn die neuerliche Beweisaufnahme ergeben hat, daß sich der dem Rechtsmittelgericht vorliegende Tatbestand geändert hat. Dies gilt besonders dann, wenn die Aufhebung des Urteiles lediglich wegen Verfahrensmängeln erfolgt war.
2. Vom maßgebenden Gedankengang abschweifende Hilfserwägungen des Rechtsmittelgerichtes stellen keine „rechtliche” Beurteilung des Rechtsmittelgerichtes im Sinne der §§ 159 Abs. 2 und 170 Abs. 4 SGG dar, an welche das Gericht, an das zurückgewiesen ist, gebunden wäre (so auch BSG, Beschluß vom 15.2.1973 – 9 RV 416/72).
2. Vom maßgebenden Gedankengang abschweifende Hilfserwägungen des Rechtsmittelgerichtes stellen keine „rechtliche” Beurteilung des Rechtsmittelgerichtes im Sinne der §§ 159 Abs. 2 und 170 Abs. 4 SGG dar, an welche das Gericht, an das zurückgewiesen ist, gebunden wäre (so auch BSG, Beschluß vom 15.2.1973 – 9 RV 416/72).
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 2. November 1970 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1920 geborene Klägerin beantragte im Februar 1968 im Wege des Härteausgleiches Brautversorgung nach ihrem seit dem 25. Dezember 1941 in R. vermißten Verlobten H. W ... Dieser hatte die Vaterschaft an ihrem im Januar 1939 geborenen Sohn G. H. anerkannt, dem das Versorgungsamt K. Waisenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zahlte. Die Klägerin behauptete, sie habe erst durch eine Zeitungsnotiz von einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) erfahren, wonach auch sie die Voraussetzungen für eine Witwenversorgung erfüllen dürfte. Sie legte ein Schreiben des Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsamtes K. vom 11. Juli 1942 an den Landrat in MX. vor, wonach die Voraussetzungen für die Gewährung einer Brautversorgung erfüllt seien, sobald der Tod ihres vermißten Verlobten festgestellt bzw. eine Verschollenheitserklärung abgegeben worden sei.
Die Klägerin behauptete, sie habe ihren 1912 geborenen Verlobten heiraten wollen, was lediglich durch die Kriegsereignisse verhindert worden sei. Hierfür bezog sie sich auf verschiedene Feldpostbriefe ihres Verlobten, z.B. vom 14. April 1941, worin er schrieb: "Es ist ja bestimmt auch besser, wenn wir heiraten, denn der Kleine wird immer älter und hat noch immer nicht meinen Namen” und "Ich habe nun die Bitte an Dich, wenn Du gern heiraten willst, mir auf dem schnellsten Wege die Papiere hierher zu schicken”. In dem Feldpostbrief vom 22. April 1941 fragte der Verlobte die Klägerin im letzten Satz noch einmal:
"Wie ist es nun mit dem Heiraten”. Nachdem er in einem vorangegangenen Brief schon einmal darauf hingewiesen hatte, daß er sofort Urlaub bekommen werde, wenn er heiraten wolle, schrieb er am 1. Mai 1941 an die Klägerin, "es komme auf sie an, wann sie sich wiedersehen, nämlich auf dem schnellsten Wege heiraten und die Papiere hierher schicken”. Der Vater des Verlobten bescheinigte am 25. Mai 1942, daß sein Sohn H. mit der Klägerin verlobt gewesen sei und dieser die Absicht hatte, sie zu heiraten. Die Schwester des Verlobten gab im April 1968 die eidesstattliche Erklärung ab, ihr vermißter Bruder H. habe als ältester Sohn seiner Eltern den 23 ha großen Hof erhalten sollen, den sie im Jahre 1960 übernommen habe. Die Klägerin erklärte vor dem Versorgungsamt K. im August 1968 an Eides statt, ihr Vater habe ihr, als sie 19-jährig einen Sohn geboren habe, noch keine Heiratserlaubnis erteilt, weil er geglaubt habe, daß sie den Anforderungen als Ehefrau und Mutter in einem Bauernhaushalt zur damaligen Zeit noch nicht gewachsen gewesen sei.
Das Versorgungsamt K. lehnte die Gewährung von Brautversorgung im Wege des Härteausgleichs nach § 89 Abs. 1 BVG mit Bescheid vom 25. September 1968 ab, da nicht allein die Kriegsverhältnisse einer Eheschliessung der Klägerin mit ihrem Verlobten im Wege gestanden hätten. Die Klägerin behauptete mit ihrem Widerspruch, daß sie nach ihrer am 8. Mai 1941 eingetretenen Mündigkeit die Heiratspapiere am 15. Mai 1941 besorgt habe. Als Beweis hierfür legte sie ihre vom Standesamt M. unter diesem Datum ausgestellte Geburtsurkunde vor. Sie behauptete, ihr Verlobter sei damals im Lazarett in S. gewesen. Die ihm von der Klägerin übersandten Heiratspapiere seien mit dem Vermerk zurückgekommen, daß der Verlobte das Lazarett inzwischen wieder verlassen habe. Die gleichen Unterlagen seien dann an seine alte Feldpostnummer noch einmal geschickt worden und nicht wieder zurückgekommen. Das Landesversorgungsamt Hessen wies den Widerspruch mit seinem Bescheid vom 14. November 1968 zurück, da auch im Mai 1941 der Eheschließung nichts im Wege gestanden hätte, was sich aus den Briefen des Verlobten vom 22. April und 1. Mai 1941 ergebe.
Mit ihrer Klage behauptet die Klägerin weiter, da ihre Mutter bereits 1936 verstorben sei, sei sie die einzige Frau in dem landwirtschaftlichen Betrieb ihres Vaters gewesen. Bei einer Heirat wäre sie auf den Hof ihres Verlobten nach K. versorgen. Deshalb habe sich ihr Vater einer früheren Heirat widersetzt. Die Klägerin legte schriftliche Erklärungen der K. L. ohne Datum (beim Sozialgericht Kassel am 15. Oktober 1970 eingegangen), der E. B. vom 2. Oktober 1970 und der M. Sch. vom 5. Oktober 1970 vor. Sie enthielten, die Klägerin habe Heiratspapiere an ihren Verlobten ins Feld geschickt, die aber mit dem Vermerk der Unzustellbarkeit wieder zurückgekommen seien. Hierbei teilte die Zeugin Bettenhausen noch mit, auf einem zurückgekommenen Briefumschlag habe gestanden "weitergesandt an das Reservekriegslazarett S. über W.” und auf der Rückseite "Empfänger aus dem Lazarett entlassen, an Absender zurück.” Dieser Briefumschlag sei bei der Rentenantragstellung noch vorhanden gewesen, dann aber verloren gegangen.
Die erwähnten Zeuginnen L. – damals 48 Jahre alt – und Sch. – damals 74 Jahre alt – wurden vor dem Sozialgericht Kassel am 2. November 1970 vernommen. Hier hat die Zeugin L. bekundet, sie sei damals als Hausmädchen bei dem Vater der Klägerin tätig gewesen. Sie habe auch gesehen, daß die Klägerin ihre Heiratspapiere in einen Umschlag gesteckt und an ihren Verlobten als "Einschreiben” fortgeschickt habe. Dieser Brief sei als unzustellbar wieder zurückgekommen. Sie habe gesehen, daß die Klägerin ihn geöffnet und dann geweint habe. Warum die Klägerin nicht sofort nach der Geburt des Kindes geheiratet habe, wisse sie nicht.
Die Zeugin Sch. bekundete, der Vater der Klägerin sei schließlich doch mit deren Heirat einverstanden gewesen; dies müsse im Frühjahr 1941 oder 1942 gewesen sein. Als sie eines Tages zu der Familie B. gekommen sei, habe man ihr berichtet, daß die Klägerin nach M. auf das Amt gefahren sei, um ihre Heiratspapiere zu holen. Die Klägerin habe ihr auch hinterher erzählt, sie habe diese Papiere an ihren Verlobten ins Feld geschickt. Sie habe ihr dann berichtet, daß die Heiratspapiere wieder zurückgekommen seien und sie sie noch ein zweites Mal fortgeschickt habe, wobei sie wieder als unzustellbar zurückgekommen seien.
Mit Urteil vom 2. November 1970 hob das Sozialgericht Kassel die angefochtenen Bescheide vom 25. September 1968 und 14. November 1968 auf und verurteilte den Beklagten, der Klägerin auf ihren Antrag vom 7. Februar 1968 einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Es sah einen Ermessensfehlgebrauch des Beklagten darin, daß er von vornherein die Voraussetzungen zur Entscheidung über eine Versorgung nicht als gegeben ansehe. Zwar gehe der Beklagte zu Recht von dem Erlaß des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 1. September 1966 aus. Aber schon darin, daß ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts unterstellt werde, nicht allein Kriegsereignisse hätten der Verwirklichung der Heiratsabsichten der Verlobten im Wege gestanden, liege ein fehlerhaftes Anwenden bzw. Nichtanwenden des Ermessens. Die Beweisaufnahme vor der Kammer habe ergeben, daß jedenfalls vom 15. Mai 1941 ab die Klägerin ebenso wie ihr Verlobter die unbedingte, ernsthafte Absicht gehabt hätten, sobald wie möglich zu heiraten. Dies sei allein durch Kriegsereignisse verhindert worden, wenn auch bis zum 8. oder 15. Mai 1941 der Widerstand des Vaters dem entgegengestanden habe. Eine Härteausgleichsregelung nach § 89 BVG könne nicht dann ausgeschlossen werden, wenn die Verlobten schon früher hätten heiraten können. Die Versorgungsverwaltung müsse ihrer neuen Entscheidung den insoweit nachgewiesenen Sachverhalt zugrunde legen.
Die schriftliche Berufung des Beklagten gegen dieses ihm am 13. November 1970 zugestellte Urteil ging am 23. November 1970 beim Hessischen Landessozialgericht ein. Der Beklagte hält die Behauptungen der Klägerin für widerspruchsvoll. Sie habe 1947 in einer eidesstattlichen Erklärung erwähnt, die letzte Nachricht ihres Verlobten vom 18. Dezember 1941 erhalten zu haben, während dieser bereits mit seinen Briefen vom 14. April, 22. April und 1. Mai 1941 die Klägerin aufgefordert habe, die Heiratspapiere zu übersenden. Die Einwilligung zur Heirat habe der Vater gar nicht verweigern können, wenn er ausweislich der Briefe des Verlobten noch gar nicht um seine Einwilligung gefragt worden sei. Erst jetzt werde vorgetragen, daß die Heiratspapiere zweimal vergeblich an den Verlobten geschickt worden seien. Die Klägerin habe einmal vorgetragen, nach der zweiten Absendung habe sie die Heiratspapiere nicht mehr zurückerhalten, während sie danach vorgetragen habe, die Unterlagen seien auch beim zweiten Mal zurückgekommen. Ein ernsthafter Wille zur alsbaldigen Eheschließung könne bei der Klägerin nicht vorgelegen haben, es wäre sonst nicht erklärbar, daß die im Mai 1941 besorgten Heiratspapiere sich heute noch in ihren Händen befinden, obwohl ihr Verlobter erst 7 Monate später vermißt wurde. Deshalb müsse angenommen werden, daß die Trauung der Verlobten auf einen späteren, unbestimmten Zeitpunkt hinausgeschoben worden sei. Aus späteren Briefen des Verlobten, welche die Klägerin nicht vorgelegt habe, wäre hierüber möglicherweise etwas zu erfahren gewesen. Ein Ermessensmißbrauch liege somit auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der nachträglichen Beweisaufnahme nicht vor.
Zum Beweis dafür, daß ihr Verlobter seit dem 22. Juli 1941 im Lazarett gelegen habe, überreichte die Klägerin einen Brief ihres Verlobten vom 28. Juli 1941, in dem dieser von einem Lazarettaufenthalt wegen einer Grippenerkrankung berichtet. Gleichzeitig teilte er in diesem Brief mit, daß er keine Post mehr erhalte, solange er im Lazarett sei, seine Kompanie abgelöst und "nicht mehr ganz vorne” sei.
Hiernach sieht der Beklagte als nachgewiesen an, daß der Verlobte der Klägerin seit dem 22. Juli 1941 in einem Lazarett gewesen ist. Durch den erwähnten Brief vom 28. Juli 1941 sei gleichzeitig bewiesen, daß die Klägerin die Unterlagen für die Heirat nicht unverzüglich zur Absendung gebracht habe. Auch sei die Behauptung der Klägerin falsch, seit Beginn des Rußlandfeldzuges – dem 21. Juni 1941 – keine Nachricht mehr von ihrem Verlobten erhalten zu haben. Hierzu verweist die Klägerin darauf, daß sie sich nach ungefähr 30 Jahren an die Einzelheiten nicht mehr so genau erinnern könne. Den Briefumschlag, mit dem die Urkunden zurückgekommen seien, habe sie beim Versorgungsamt K. einem Herrn T. vorgelegt, was ihre Nichte, E. B. bestätigen könne.
In den Akten des Landrates in M. über das am 23. Januar 1939 geborene Kind G. H. B. der Klägerin hat deren Vater im Februar 1939 erklärt, seine Tochter habe die Absicht, ihren Verlobten zu heiraten, die Eheschließung könne aber jetzt noch nicht erfolgen. Das Amtsgericht fragte dann häufiger an, ob die Eheschließung inzwischen geschehen sei. Die Gesundheitsfürsorgerin H. vermerkte am 24. Mai 1941 in dieser Akte, daß die Eheschließung in Kürze stattfinden solle. Am 14. Mai 1942 erklärte die Klägerin in der Akte zu Protokoll, daß sie sich am 3. Dezember 1939 verlobt habe und später eine Kriegstrauung vorgesehen, der Termin hierfür aber noch nicht bestimmt gewesen sei.
Der Landrat in M. – Standesamtsaufsicht – teilte dem Senat mit, daß nach dem Personenstandsgesetz vom 3. November 1937 die Verlobten bei der Bestellung des Aufgebots dem Standesbeamten u.a. ihre Geburtsurkunde und die Heiratsurkunden ihrer Eltern vorzulegen hatten. Bei dem Landratsamt erklärte die Klägerin am 30. Dezember 1971, sie habe nach Vollendung ihres 21. Lebensjahres mit ihrem Verlobten die Ehe nicht mehr schließen können, da zunächst alle Briefe als unzustellbar zurückgekommen seien und sie schließlich die Nachricht erhalten habe, daß ihr Verlobter vermisst sei. Sie legte noch 4 Briefumschläge vor, die als unzustellbar an sie wieder zurückgesandt waren und an ihren Verlobten von ihr adressiert waren und erklärte, daß sie weitere Briefe ihres Verlobten nicht mehr im Besitz habe. Sie habe erst im März 1942 davon Kenntnis erhalten, daß ihr Verlobter vermißt sei und ihm bis zu diesem Zeitpunkt regelmäßig geschrieben.
Das Hessische Landessozialgericht hob auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Sozialgerichtes Kassel auf und wies die Klage ab. Es sah nicht als erweislich an, daß die Klägerin bis zum Beginn der Verschollenheit ihres Verlobten die ernste Absicht gehabt habe alsbald die Ehe mit ihm einzugehen und der Verwirklichung dieser eventuell vorhanden gewesenen Absicht allein Kriegsereignisse im Wege gestanden hätten.
Dieses Urteil hob das Bundessozialgericht (BSG) mit seinem Urteil vom 30. August 1973 auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Hessische Landessozialgericht zurück. Das BSG vertrat die Auffassung, das Hessische Landessozialgericht (LSG) sei durch eine fehlerhafte Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, eine "besondere Härte” im Sinne des § 89 BVG als Voraussetzung für die Brautversorgung sei nicht gegeben. Aufgrund einer vom BSG eingeholten Auskunft des Militärarchivs des Bundesarchivs habe das Reservekriegslazarett S. über W. möglicherweise im Juli 1941 noch keine Feldpostnummer zugeteilt erhalten gehabt, oder im Rücksendevermerk des Lazaretts könne auch vorschriftswidrig die offene Anschrift angegeben worden sein. Das LSG sei daher von einer nicht zwingend gegebenen Erfahrung über die Feldpost im Jahre 1941 ausgegangen. Außerdem habe das LSG den Vermerk der Fürsorgerin H. vom 24. Mai 1941 in der Akte des Jugendamtes M. nicht gewürdigt, die Eheschließung solle in Kürze stattfinden. Das LSG müsse in sachlich-rechtlicher Hinsicht davon ausgehen, daß der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) die rechtlichen Maßstäbe die das BSG zur Auslegung des unbestimmten Begriffes "besondere Härte” in § 89 BVG festgelegt habe als "Rechtsgrundsätze” für die Ermessensentscheidung der Verwaltung anerkenne (Urteil des BSG vom 30. August 1973 – 9 RV – 679/72).
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 2. November 1970 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß ihr damals bestehende Heiratsabsicht allein durch Kriegsereignisse verhindert worden sei.
In dem mündlichen Verhandlungstermin vom 18. Dezember 1973 vor dem Senat hat die Klägerin Briefumschläge, die an sie adressiert sind, vorgelegt, die Poststempel tragen vom 13. August, 17. September, 13. September, 28. August, 25. Juli, 3. Juli, 8. Juli, sämtlich aus 1941, sowie mit dem Poststempel aus K. vom 15. April 1941 und aus F. vom 23. April 1941. Sie überreichte weiter Rückbriefe von an den Verlobten geschriebenen Briefen mit einem Stempel aus dem Jahre 1941, dessen genaueres Datum unleserlich ist, zwei weitere Rückbriefe mit unleserlichem Stempel und einen mit Stempel vom 1. Dezember 1941 und einen weiteren mit Stempel vom 4. Dezember 1941. Die Klägerin behauptet, sie habe den Inhalt der Briefe vor ihrem Antrag auf Brautversorgung vernichtet, weil die Kinder, die mit diesen Briefen in ihrem Wohnhaus gespielt hätten, den Inhalt nicht hätten lesen sollen. Weiter erklärte die Klägerin in dieser Verhandlung, ihr verstorbener Vater habe sie, nachdem die Heiratspapiere wieder zurückgekommen waren, noch einmal von der Eheschließung abhalten, zumindest aber die Heirat verzögern wollen, weil er bei ihrer Heirat allein in seiner Landwirtschaft gestanden hatte. Bei einer Heirat habe sie in die Landwirtschaft des Vaters ihres Verlobten gehen müssen, weil dieser auch allein stand. Zwar sei die Zeugin L. damals als Helferin bei ihrem Vater gewesen, sie sei aber doch nicht eine solche Kraft wie sie als Tochter gewesen. In der Korrespondenz mit ihrem Verlobten sei dann nicht mehr über die Frage der Heirat gesprochen worden, bis sie ohne Wissen ihres Vaters Ende Oktober 1941 die Heiratspapiere wieder ins Feld geschickt habe.
Dies habe sie ihren Verbandsvertretern vom VdK, insbesondere Frau W., von Anfang an gesagt. Der Brief vom Oktober 1941 sei im Februar 1942 an sie zurückgelangt. Der erst nach der Antragstellung verlorengegangene Umschlag habe die erste Zusendung der Heiratspapiere im Mai 1941 betroffen. Für die Absendung des Briefes im Oktober 1941 könne sie keine weiteren Beweismittel angeben. Der Brief, den ihre Nichte E. N., geb. B., in ihrer Erklärung gemeint habe, sei der Brief vom Mai 1941 an das Lazarett S. gewesen. Den im Oktober 1941 abgeschickten Brief habe ihre Nichte nicht gesehen.
Die vom Senat informatorisch angehörte E. N. erklärte, sie gehöre zu den Kindern, die früher mit den von der Klägerin erwähnten Briefen gespielt hätten. Den Inhalt dieser Briefe habe sie jedoch nicht mehr in Erinnerung. Die Klägerin erklärte, von den Schriftsätzen, die der VdK für sie angefertigt habe, habe sie immer Abschriften bekommen, jedoch keine Veranlassung gehabt, sich gegen deren Inhalt zu wenden.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitsache in beiden Rechtszügen, die beigezogenen Akten, die von der Klägerin überreichten oben erwähnten Umschläge von Feldpostbriefen und die am 15. Mai 1941 ausgestellte Heiratsurkunde ihrer Eltern und die Geburtsurkunde der Klägerin Bezug genommen. Diese Akten und Urkunden waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist frist- und formgerecht eingelegt. Ausschließungsgründe stehen ihr nicht entgegen. Sie ist daher zulässig; sie ist auch begründet.
Bei seiner erneuten Entscheidung über die Berufung des Beklagten ist der Senat an die rechtliche Beurteilung im zurückverweisenden Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. August 1973 nach § 170 Abs. 4 SGG (vgl. § 565 Abs. 2 ZPO) nur dahin gebunden, daß die Äußerung der Fürsorgerin vom 24. Mai 1941 zu würdigen ist und bei weiterer Beweiswürdigung nicht davon ausgegangen werden darf, daß Lazarette 1941 immer Feldpostnummern gehabt hätten. Nur diese Fragen lagen der rechtlichen Beurteilung durch das Bundessozialgericht bei Zurückverweisung zugrunde (vgl. BSG Soz.R. § 170 Da 2 Nr. 4). Da, wie im folgenden darzulegen sein wird, die neuerliche Beweisaufnahme durch den erkennenden Senat – und hierzu war der Senat eigenverantwortlich berufen (vgl. Soz.R. § 103 SGG Da 2 Nr. 7) ergeben hat, daß sich der dem Bundessozialgericht vorliegende Tatbestand geändert hat, besteht keine Bindung an diese rechtliche Beurteilung des Bundessozialgerichts mehr, zumal die Aufhebung lediglich wegen Verfahrensmängeln erfolgt war (vgl. Peters-Sautter-Wolff, SGG Anm. 5 zu § 170 mit weiteren Verweisungen). Die darüber hinausgehenden Ausführungen des Bundessozialgerichts über die anzuwendenden "Rechtsgrundsätze” bleiben daher vom maßgebenden Gedankengang abschweifende Hilfserwägungen (so BSG im Beschluss vom 15. Februar 1973 – 9 RV – 416/72 –; vgl. auch Urteil des erkennenden Senats vom 11. November 1969 – 8 V – 1225/68 rk).
Auch das neuerliche Verfahren vor dem Landessozialgericht hat nicht ergeben, daß eine "besondere Härte” im Sinne des § 89 BVG darin zu sehen wäre, daß der Klägerin Hinterbliebenenversorgung nach dem BVG nicht gewährt wird.
Wie die Rechtsprechung des BSG und der Erlaß des Bundesarbeitsministers vom 21. Oktober 1968 abgeklärt haben, ist Voraussetzung für eine Härteversorgung zunächst, daß Kriegsereignisse allein eine in ihren sonstigen Voraussetzungen als sicher bevorstehende Eheschließung verhindert haben. Das konnte jedoch nicht festgestellt werden.
Das Kind der Klägerin, G. H., wurde bereits vor Kriegsbeginn im Januar 1939 geboren. Eine somit, zumindest nach den damals geltenden Anschauungen, sich anbietende Eheschließung der Klägerin mit ihrem Verlobten ist daher schon deshalb nicht allein an Kriegsereignissen gescheitert, weil die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag, mindestens bis zu dem Urlaub ihres Verlobten im Frühjahr 1941 die Möglichkeit der Eheschließung gehabt hatte. Sie wurde bis zu diesem Zeitpunkt nach ihren eigenen Behauptungen und der Bekundung der Zeugin Sch. nicht durch Kriegsereignisse, sondern durch das Fehlen der Zustimmung ihres Vaters und dessen Widerstand selbst noch nach ihrer Volljährigkeit an der Eheschließung gehindert.
Nachdem die Klägerin am 8. Mai 1941 volljährig geworden war und sie somit der Zustimmung ihres Vaters zur Eheschließung nicht mehr bedurfte, hat sie die Absicht der baldigen Heirat zunächst, mindestens scheinbar, durch Beschaffung ihrer Geburtsurkunde und der Heiratsurkunde ihrer Eltern, die am 15. Mai 1941 ausgestellt wurden, bekundet. Bei der Würdigung dieses Tatbestandes ist zu berücksichtigen, daß der Verlobte der Klägerin in seinen Feldpostbriefen vom 14. April 1941, 22. April 1941 und 1. Mai 1941 die Klägerin in massiver Form im Laufe eines halben Monats in 3 verschiedenen Briefen immer wieder aufgefordert hatte, mit ihm die Ehe zu schließen und die Heiratspapiere zu beschaffen. Dieser psychische Druck auf die Klägerin wurde noch durch den Hinweis in dem Brief vom 1. Mai 1941 verstärkt, daß die Verlobten sich wieder sehen könnten, wenn sie auf dem schnellsten Wege heirateten. Das mag die Klägerin veranlaßt haben, die Heiratspapiere zu beschaffen und an ihren Verlobten fortzuschicken.
Der Senat hatte bereits früher darauf hingewiesen, daß die Klägerin – von einem Briefumschlag abgesehen auf dem der Poststempel nicht mehr zu entziffern ist – die von ihr damals vorgelegten weiteren 5 Briefumschläge die an sie als unzustellbar aus dem Felde zurückkamen, frühestens seit dem 9. Oktober 1941 abgesandt haben kann und somit ein Brief-Vakuum seit der Beschaffung der Heiratspapiere und ihrer Absendung alsbald nach dem 15. Mai 1941 bis zum Oktober 1941 festzustellen ist. Möglicherweise unter dem Eindruck dieser Feststellungen hat dann die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 1973 erstmals in dem gesamten Verfahren erklärt, ihr Vater habe nach der ersten Rückkehr der Heiratspapiere aus dem Felde noch einmal versucht, sie von der Eheschließung abzuhalten "zumindestens die Heirat noch zu verzögern”, weil er sie in seiner Landwirtschaft nicht habe entbehren wollen. Sie gibt nunmehr offen zu, daß über die Frage der Heirat "dann in der Korrespondenz” mit ihrem Verlobten nicht mehr gesprochen wurde und sie schließlich ohne Wissen ihres Vaters Ende Oktober 1941 die Heiratspapiere wieder ins Feld geschickt habe. Hieraus ergibt sich, daß die Klägerin durch die Feldpostverhältnisse (Kriegsverhältnisse) allein jedenfalls nicht gehindert war, ihre Heirat tatsächlich in Gang und zum Abschluß zu bringen, weil sie zunächst "in der Korrespondenz” mit ihrem Verlobten "über die Frage der Heirat” überhaupt nicht mehr "gesprochen” hat. Sie hatte also demnach über die Feldpost nach Rücksendung des ersten Briefes mit den Heiratspapieren mit ihrem Verlobten Verbindung (vgl. auch die erst am 18. Dezember 1973 vorgelegten Feldpostbriefe mit Poststempel vom 3., 8. und 25. Juli 1941, 13. und 28. August 1941 und 13. und 17. September 1941) und hat diese nicht dazu genutzt, die Heirat nunmehr zu bewerkstelligen, weil ihr Vater wiederum hindernd im Wege stand. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß auch eine Kriegstrauung möglich gewesen wäre, daß auch eine Kriegstrauung möglich gewesen wäre, bei der der Verlobte nicht auf Heimaturlaub hätte zu kommen brauchen und die gleichzeitige Anwesenheit beider Ehepartner vor dem Standesbeamten nicht notwendig war. Unter diesen Umständen bedurfte es keiner Prüfung, ob nicht sogar noch die nachträgliche Eheschliessung nach dem Geheimerlaß Adolf Hitlers vom 6. November 1941 und dem darauf beruhenden vertraulichen Erlaß des Reichsministers des Innern vom 15. Juni 1943 (vgl. weitere Einzelheiten im Urteil des BSG vom 28. Juni 1973 – 10 RV 258/72 –) möglich gewesen wäre.
Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Darstellung der Klägerin richtig ist, die zunächst von ihr ins Feld geschickten Heiratspapiere seien über das Lazarett S. wieder zurückgesandt worden und ob sich neue Tatsachen durch die Beweiserhebung des BSG beim Militärarchiv ergeben haben. Der Vater der Klägerin habe sich nämlich auch nach Rücksendung der Heiratspapiere aus dem Lazarett immer noch der sofortigen Eheschließung widersetzt, was die Klägerin erst jetzt vorgetragen hat.
Nach alledem ergibt sich, daß nicht allein Kriegsereignisse eine Heirat der Klägerin mit ihrem Verlobten verhindert haben und die Behauptungen der Klägerin und die der Zeuginnen L., Sch. und B. (jetzt Frau N.) über die Postversendung der Heiratspapiere und die Heiratsabsicht der Klägerin nicht beweiserheblich sind und deshalb auf eine erneute Vernehmung der Zeuginnen verzichtet werden konnte.
Eine andere Beurteilung bringt auch nicht die Würdigung des Vermerkes der Fürsorgerin H. vom 24. Mai 1941 aus der Akte des Kreisausschusses – Jugendamt – M., daß die Eheschließung in Kürze stattfinden solle. Dieser Vermerk kann nicht für sich allein betrachtet werden. Es ist vielmehr zu beachten, daß in der gleichen Akte der Vater der Klägerin im Februar 1939, also unmittelbar nach der Geburt des Kindes der Klägerin, erklärt hat, seine Tochter (die Klägerin) habe die Absicht, ihren Verlobten zu heiraten; die Eheschließung könne jedoch jetzt noch nicht erfolgen. Nach dem Inhalt dieser Jugendamtsakte hat das Amtsgericht dann häufiger angefragt, ob die Eheschließung inzwischen erfolgt sei. Demnach hat das Jugendamt auch häufiger auf die Frage des Amtsgerichts hin Ermittlungen in dieser Richtung angestellt. Hierbei ist es verständlich, wenn die Klägerin im Mai 1941, als sie auch die Heiratspapiere besorgte, auf Antrage die Auskunft gegeben hat, die Eheschließung sollte in Kürze stattfinden. Hiernach ist aber, wie die Klägerin nunmehr selbst bekundet hat, eine alsbaldige Eheschließung nicht so sehr an der ersten Rücksendung der Heiratspapiere aus dem Felde wegen Unzustellbarkeit gescheitert, sondern an dem dann wiederum einsetzenden Widerstand ihres Vaters gegen die Eheschließung.
Bei dieser Sachlage brauchte der Senat nicht zu untersuchen, ob weitere Gesichtspunkte, die das BSG zur Frage der Brautversorgung herausgearbeitet hat, noch heranzuziehen sind, da diese jedenfalls nicht zu Gunsten der Klägerin sprechen (vgl. Urteil des BSG vom 30. August 1973 Az.: 9 RV 679/72 – Verlust eines Unterhaltsanspruches begründet keine besondere Härte – und das Urteil vom gleichen Tage Az.: 9/8 RV 608/72 – Verhinderung der Eheschließung wegen Verweigerung eines Ehetauglichkeitszeugnisses –).
Die Berufung des Beklagten mußte daher Erfolg haben, weil sich nicht nachweisen läßt, daß er von seinem Ermessen einen falschen Gebrauch oder bei der Beurteilung des Begriffes "unbilliger Härte” von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist.
Die aus § 193 SGG gewonnene Kostenentscheidung gilt für das gesamte sozialgerichtliche Verfahren.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1920 geborene Klägerin beantragte im Februar 1968 im Wege des Härteausgleiches Brautversorgung nach ihrem seit dem 25. Dezember 1941 in R. vermißten Verlobten H. W ... Dieser hatte die Vaterschaft an ihrem im Januar 1939 geborenen Sohn G. H. anerkannt, dem das Versorgungsamt K. Waisenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zahlte. Die Klägerin behauptete, sie habe erst durch eine Zeitungsnotiz von einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) erfahren, wonach auch sie die Voraussetzungen für eine Witwenversorgung erfüllen dürfte. Sie legte ein Schreiben des Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsamtes K. vom 11. Juli 1942 an den Landrat in MX. vor, wonach die Voraussetzungen für die Gewährung einer Brautversorgung erfüllt seien, sobald der Tod ihres vermißten Verlobten festgestellt bzw. eine Verschollenheitserklärung abgegeben worden sei.
Die Klägerin behauptete, sie habe ihren 1912 geborenen Verlobten heiraten wollen, was lediglich durch die Kriegsereignisse verhindert worden sei. Hierfür bezog sie sich auf verschiedene Feldpostbriefe ihres Verlobten, z.B. vom 14. April 1941, worin er schrieb: "Es ist ja bestimmt auch besser, wenn wir heiraten, denn der Kleine wird immer älter und hat noch immer nicht meinen Namen” und "Ich habe nun die Bitte an Dich, wenn Du gern heiraten willst, mir auf dem schnellsten Wege die Papiere hierher zu schicken”. In dem Feldpostbrief vom 22. April 1941 fragte der Verlobte die Klägerin im letzten Satz noch einmal:
"Wie ist es nun mit dem Heiraten”. Nachdem er in einem vorangegangenen Brief schon einmal darauf hingewiesen hatte, daß er sofort Urlaub bekommen werde, wenn er heiraten wolle, schrieb er am 1. Mai 1941 an die Klägerin, "es komme auf sie an, wann sie sich wiedersehen, nämlich auf dem schnellsten Wege heiraten und die Papiere hierher schicken”. Der Vater des Verlobten bescheinigte am 25. Mai 1942, daß sein Sohn H. mit der Klägerin verlobt gewesen sei und dieser die Absicht hatte, sie zu heiraten. Die Schwester des Verlobten gab im April 1968 die eidesstattliche Erklärung ab, ihr vermißter Bruder H. habe als ältester Sohn seiner Eltern den 23 ha großen Hof erhalten sollen, den sie im Jahre 1960 übernommen habe. Die Klägerin erklärte vor dem Versorgungsamt K. im August 1968 an Eides statt, ihr Vater habe ihr, als sie 19-jährig einen Sohn geboren habe, noch keine Heiratserlaubnis erteilt, weil er geglaubt habe, daß sie den Anforderungen als Ehefrau und Mutter in einem Bauernhaushalt zur damaligen Zeit noch nicht gewachsen gewesen sei.
Das Versorgungsamt K. lehnte die Gewährung von Brautversorgung im Wege des Härteausgleichs nach § 89 Abs. 1 BVG mit Bescheid vom 25. September 1968 ab, da nicht allein die Kriegsverhältnisse einer Eheschliessung der Klägerin mit ihrem Verlobten im Wege gestanden hätten. Die Klägerin behauptete mit ihrem Widerspruch, daß sie nach ihrer am 8. Mai 1941 eingetretenen Mündigkeit die Heiratspapiere am 15. Mai 1941 besorgt habe. Als Beweis hierfür legte sie ihre vom Standesamt M. unter diesem Datum ausgestellte Geburtsurkunde vor. Sie behauptete, ihr Verlobter sei damals im Lazarett in S. gewesen. Die ihm von der Klägerin übersandten Heiratspapiere seien mit dem Vermerk zurückgekommen, daß der Verlobte das Lazarett inzwischen wieder verlassen habe. Die gleichen Unterlagen seien dann an seine alte Feldpostnummer noch einmal geschickt worden und nicht wieder zurückgekommen. Das Landesversorgungsamt Hessen wies den Widerspruch mit seinem Bescheid vom 14. November 1968 zurück, da auch im Mai 1941 der Eheschließung nichts im Wege gestanden hätte, was sich aus den Briefen des Verlobten vom 22. April und 1. Mai 1941 ergebe.
Mit ihrer Klage behauptet die Klägerin weiter, da ihre Mutter bereits 1936 verstorben sei, sei sie die einzige Frau in dem landwirtschaftlichen Betrieb ihres Vaters gewesen. Bei einer Heirat wäre sie auf den Hof ihres Verlobten nach K. versorgen. Deshalb habe sich ihr Vater einer früheren Heirat widersetzt. Die Klägerin legte schriftliche Erklärungen der K. L. ohne Datum (beim Sozialgericht Kassel am 15. Oktober 1970 eingegangen), der E. B. vom 2. Oktober 1970 und der M. Sch. vom 5. Oktober 1970 vor. Sie enthielten, die Klägerin habe Heiratspapiere an ihren Verlobten ins Feld geschickt, die aber mit dem Vermerk der Unzustellbarkeit wieder zurückgekommen seien. Hierbei teilte die Zeugin Bettenhausen noch mit, auf einem zurückgekommenen Briefumschlag habe gestanden "weitergesandt an das Reservekriegslazarett S. über W.” und auf der Rückseite "Empfänger aus dem Lazarett entlassen, an Absender zurück.” Dieser Briefumschlag sei bei der Rentenantragstellung noch vorhanden gewesen, dann aber verloren gegangen.
Die erwähnten Zeuginnen L. – damals 48 Jahre alt – und Sch. – damals 74 Jahre alt – wurden vor dem Sozialgericht Kassel am 2. November 1970 vernommen. Hier hat die Zeugin L. bekundet, sie sei damals als Hausmädchen bei dem Vater der Klägerin tätig gewesen. Sie habe auch gesehen, daß die Klägerin ihre Heiratspapiere in einen Umschlag gesteckt und an ihren Verlobten als "Einschreiben” fortgeschickt habe. Dieser Brief sei als unzustellbar wieder zurückgekommen. Sie habe gesehen, daß die Klägerin ihn geöffnet und dann geweint habe. Warum die Klägerin nicht sofort nach der Geburt des Kindes geheiratet habe, wisse sie nicht.
Die Zeugin Sch. bekundete, der Vater der Klägerin sei schließlich doch mit deren Heirat einverstanden gewesen; dies müsse im Frühjahr 1941 oder 1942 gewesen sein. Als sie eines Tages zu der Familie B. gekommen sei, habe man ihr berichtet, daß die Klägerin nach M. auf das Amt gefahren sei, um ihre Heiratspapiere zu holen. Die Klägerin habe ihr auch hinterher erzählt, sie habe diese Papiere an ihren Verlobten ins Feld geschickt. Sie habe ihr dann berichtet, daß die Heiratspapiere wieder zurückgekommen seien und sie sie noch ein zweites Mal fortgeschickt habe, wobei sie wieder als unzustellbar zurückgekommen seien.
Mit Urteil vom 2. November 1970 hob das Sozialgericht Kassel die angefochtenen Bescheide vom 25. September 1968 und 14. November 1968 auf und verurteilte den Beklagten, der Klägerin auf ihren Antrag vom 7. Februar 1968 einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Es sah einen Ermessensfehlgebrauch des Beklagten darin, daß er von vornherein die Voraussetzungen zur Entscheidung über eine Versorgung nicht als gegeben ansehe. Zwar gehe der Beklagte zu Recht von dem Erlaß des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 1. September 1966 aus. Aber schon darin, daß ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts unterstellt werde, nicht allein Kriegsereignisse hätten der Verwirklichung der Heiratsabsichten der Verlobten im Wege gestanden, liege ein fehlerhaftes Anwenden bzw. Nichtanwenden des Ermessens. Die Beweisaufnahme vor der Kammer habe ergeben, daß jedenfalls vom 15. Mai 1941 ab die Klägerin ebenso wie ihr Verlobter die unbedingte, ernsthafte Absicht gehabt hätten, sobald wie möglich zu heiraten. Dies sei allein durch Kriegsereignisse verhindert worden, wenn auch bis zum 8. oder 15. Mai 1941 der Widerstand des Vaters dem entgegengestanden habe. Eine Härteausgleichsregelung nach § 89 BVG könne nicht dann ausgeschlossen werden, wenn die Verlobten schon früher hätten heiraten können. Die Versorgungsverwaltung müsse ihrer neuen Entscheidung den insoweit nachgewiesenen Sachverhalt zugrunde legen.
Die schriftliche Berufung des Beklagten gegen dieses ihm am 13. November 1970 zugestellte Urteil ging am 23. November 1970 beim Hessischen Landessozialgericht ein. Der Beklagte hält die Behauptungen der Klägerin für widerspruchsvoll. Sie habe 1947 in einer eidesstattlichen Erklärung erwähnt, die letzte Nachricht ihres Verlobten vom 18. Dezember 1941 erhalten zu haben, während dieser bereits mit seinen Briefen vom 14. April, 22. April und 1. Mai 1941 die Klägerin aufgefordert habe, die Heiratspapiere zu übersenden. Die Einwilligung zur Heirat habe der Vater gar nicht verweigern können, wenn er ausweislich der Briefe des Verlobten noch gar nicht um seine Einwilligung gefragt worden sei. Erst jetzt werde vorgetragen, daß die Heiratspapiere zweimal vergeblich an den Verlobten geschickt worden seien. Die Klägerin habe einmal vorgetragen, nach der zweiten Absendung habe sie die Heiratspapiere nicht mehr zurückerhalten, während sie danach vorgetragen habe, die Unterlagen seien auch beim zweiten Mal zurückgekommen. Ein ernsthafter Wille zur alsbaldigen Eheschließung könne bei der Klägerin nicht vorgelegen haben, es wäre sonst nicht erklärbar, daß die im Mai 1941 besorgten Heiratspapiere sich heute noch in ihren Händen befinden, obwohl ihr Verlobter erst 7 Monate später vermißt wurde. Deshalb müsse angenommen werden, daß die Trauung der Verlobten auf einen späteren, unbestimmten Zeitpunkt hinausgeschoben worden sei. Aus späteren Briefen des Verlobten, welche die Klägerin nicht vorgelegt habe, wäre hierüber möglicherweise etwas zu erfahren gewesen. Ein Ermessensmißbrauch liege somit auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der nachträglichen Beweisaufnahme nicht vor.
Zum Beweis dafür, daß ihr Verlobter seit dem 22. Juli 1941 im Lazarett gelegen habe, überreichte die Klägerin einen Brief ihres Verlobten vom 28. Juli 1941, in dem dieser von einem Lazarettaufenthalt wegen einer Grippenerkrankung berichtet. Gleichzeitig teilte er in diesem Brief mit, daß er keine Post mehr erhalte, solange er im Lazarett sei, seine Kompanie abgelöst und "nicht mehr ganz vorne” sei.
Hiernach sieht der Beklagte als nachgewiesen an, daß der Verlobte der Klägerin seit dem 22. Juli 1941 in einem Lazarett gewesen ist. Durch den erwähnten Brief vom 28. Juli 1941 sei gleichzeitig bewiesen, daß die Klägerin die Unterlagen für die Heirat nicht unverzüglich zur Absendung gebracht habe. Auch sei die Behauptung der Klägerin falsch, seit Beginn des Rußlandfeldzuges – dem 21. Juni 1941 – keine Nachricht mehr von ihrem Verlobten erhalten zu haben. Hierzu verweist die Klägerin darauf, daß sie sich nach ungefähr 30 Jahren an die Einzelheiten nicht mehr so genau erinnern könne. Den Briefumschlag, mit dem die Urkunden zurückgekommen seien, habe sie beim Versorgungsamt K. einem Herrn T. vorgelegt, was ihre Nichte, E. B. bestätigen könne.
In den Akten des Landrates in M. über das am 23. Januar 1939 geborene Kind G. H. B. der Klägerin hat deren Vater im Februar 1939 erklärt, seine Tochter habe die Absicht, ihren Verlobten zu heiraten, die Eheschließung könne aber jetzt noch nicht erfolgen. Das Amtsgericht fragte dann häufiger an, ob die Eheschließung inzwischen geschehen sei. Die Gesundheitsfürsorgerin H. vermerkte am 24. Mai 1941 in dieser Akte, daß die Eheschließung in Kürze stattfinden solle. Am 14. Mai 1942 erklärte die Klägerin in der Akte zu Protokoll, daß sie sich am 3. Dezember 1939 verlobt habe und später eine Kriegstrauung vorgesehen, der Termin hierfür aber noch nicht bestimmt gewesen sei.
Der Landrat in M. – Standesamtsaufsicht – teilte dem Senat mit, daß nach dem Personenstandsgesetz vom 3. November 1937 die Verlobten bei der Bestellung des Aufgebots dem Standesbeamten u.a. ihre Geburtsurkunde und die Heiratsurkunden ihrer Eltern vorzulegen hatten. Bei dem Landratsamt erklärte die Klägerin am 30. Dezember 1971, sie habe nach Vollendung ihres 21. Lebensjahres mit ihrem Verlobten die Ehe nicht mehr schließen können, da zunächst alle Briefe als unzustellbar zurückgekommen seien und sie schließlich die Nachricht erhalten habe, daß ihr Verlobter vermisst sei. Sie legte noch 4 Briefumschläge vor, die als unzustellbar an sie wieder zurückgesandt waren und an ihren Verlobten von ihr adressiert waren und erklärte, daß sie weitere Briefe ihres Verlobten nicht mehr im Besitz habe. Sie habe erst im März 1942 davon Kenntnis erhalten, daß ihr Verlobter vermißt sei und ihm bis zu diesem Zeitpunkt regelmäßig geschrieben.
Das Hessische Landessozialgericht hob auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Sozialgerichtes Kassel auf und wies die Klage ab. Es sah nicht als erweislich an, daß die Klägerin bis zum Beginn der Verschollenheit ihres Verlobten die ernste Absicht gehabt habe alsbald die Ehe mit ihm einzugehen und der Verwirklichung dieser eventuell vorhanden gewesenen Absicht allein Kriegsereignisse im Wege gestanden hätten.
Dieses Urteil hob das Bundessozialgericht (BSG) mit seinem Urteil vom 30. August 1973 auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Hessische Landessozialgericht zurück. Das BSG vertrat die Auffassung, das Hessische Landessozialgericht (LSG) sei durch eine fehlerhafte Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, eine "besondere Härte” im Sinne des § 89 BVG als Voraussetzung für die Brautversorgung sei nicht gegeben. Aufgrund einer vom BSG eingeholten Auskunft des Militärarchivs des Bundesarchivs habe das Reservekriegslazarett S. über W. möglicherweise im Juli 1941 noch keine Feldpostnummer zugeteilt erhalten gehabt, oder im Rücksendevermerk des Lazaretts könne auch vorschriftswidrig die offene Anschrift angegeben worden sein. Das LSG sei daher von einer nicht zwingend gegebenen Erfahrung über die Feldpost im Jahre 1941 ausgegangen. Außerdem habe das LSG den Vermerk der Fürsorgerin H. vom 24. Mai 1941 in der Akte des Jugendamtes M. nicht gewürdigt, die Eheschließung solle in Kürze stattfinden. Das LSG müsse in sachlich-rechtlicher Hinsicht davon ausgehen, daß der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) die rechtlichen Maßstäbe die das BSG zur Auslegung des unbestimmten Begriffes "besondere Härte” in § 89 BVG festgelegt habe als "Rechtsgrundsätze” für die Ermessensentscheidung der Verwaltung anerkenne (Urteil des BSG vom 30. August 1973 – 9 RV – 679/72).
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 2. November 1970 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß ihr damals bestehende Heiratsabsicht allein durch Kriegsereignisse verhindert worden sei.
In dem mündlichen Verhandlungstermin vom 18. Dezember 1973 vor dem Senat hat die Klägerin Briefumschläge, die an sie adressiert sind, vorgelegt, die Poststempel tragen vom 13. August, 17. September, 13. September, 28. August, 25. Juli, 3. Juli, 8. Juli, sämtlich aus 1941, sowie mit dem Poststempel aus K. vom 15. April 1941 und aus F. vom 23. April 1941. Sie überreichte weiter Rückbriefe von an den Verlobten geschriebenen Briefen mit einem Stempel aus dem Jahre 1941, dessen genaueres Datum unleserlich ist, zwei weitere Rückbriefe mit unleserlichem Stempel und einen mit Stempel vom 1. Dezember 1941 und einen weiteren mit Stempel vom 4. Dezember 1941. Die Klägerin behauptet, sie habe den Inhalt der Briefe vor ihrem Antrag auf Brautversorgung vernichtet, weil die Kinder, die mit diesen Briefen in ihrem Wohnhaus gespielt hätten, den Inhalt nicht hätten lesen sollen. Weiter erklärte die Klägerin in dieser Verhandlung, ihr verstorbener Vater habe sie, nachdem die Heiratspapiere wieder zurückgekommen waren, noch einmal von der Eheschließung abhalten, zumindest aber die Heirat verzögern wollen, weil er bei ihrer Heirat allein in seiner Landwirtschaft gestanden hatte. Bei einer Heirat habe sie in die Landwirtschaft des Vaters ihres Verlobten gehen müssen, weil dieser auch allein stand. Zwar sei die Zeugin L. damals als Helferin bei ihrem Vater gewesen, sie sei aber doch nicht eine solche Kraft wie sie als Tochter gewesen. In der Korrespondenz mit ihrem Verlobten sei dann nicht mehr über die Frage der Heirat gesprochen worden, bis sie ohne Wissen ihres Vaters Ende Oktober 1941 die Heiratspapiere wieder ins Feld geschickt habe.
Dies habe sie ihren Verbandsvertretern vom VdK, insbesondere Frau W., von Anfang an gesagt. Der Brief vom Oktober 1941 sei im Februar 1942 an sie zurückgelangt. Der erst nach der Antragstellung verlorengegangene Umschlag habe die erste Zusendung der Heiratspapiere im Mai 1941 betroffen. Für die Absendung des Briefes im Oktober 1941 könne sie keine weiteren Beweismittel angeben. Der Brief, den ihre Nichte E. N., geb. B., in ihrer Erklärung gemeint habe, sei der Brief vom Mai 1941 an das Lazarett S. gewesen. Den im Oktober 1941 abgeschickten Brief habe ihre Nichte nicht gesehen.
Die vom Senat informatorisch angehörte E. N. erklärte, sie gehöre zu den Kindern, die früher mit den von der Klägerin erwähnten Briefen gespielt hätten. Den Inhalt dieser Briefe habe sie jedoch nicht mehr in Erinnerung. Die Klägerin erklärte, von den Schriftsätzen, die der VdK für sie angefertigt habe, habe sie immer Abschriften bekommen, jedoch keine Veranlassung gehabt, sich gegen deren Inhalt zu wenden.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitsache in beiden Rechtszügen, die beigezogenen Akten, die von der Klägerin überreichten oben erwähnten Umschläge von Feldpostbriefen und die am 15. Mai 1941 ausgestellte Heiratsurkunde ihrer Eltern und die Geburtsurkunde der Klägerin Bezug genommen. Diese Akten und Urkunden waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist frist- und formgerecht eingelegt. Ausschließungsgründe stehen ihr nicht entgegen. Sie ist daher zulässig; sie ist auch begründet.
Bei seiner erneuten Entscheidung über die Berufung des Beklagten ist der Senat an die rechtliche Beurteilung im zurückverweisenden Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. August 1973 nach § 170 Abs. 4 SGG (vgl. § 565 Abs. 2 ZPO) nur dahin gebunden, daß die Äußerung der Fürsorgerin vom 24. Mai 1941 zu würdigen ist und bei weiterer Beweiswürdigung nicht davon ausgegangen werden darf, daß Lazarette 1941 immer Feldpostnummern gehabt hätten. Nur diese Fragen lagen der rechtlichen Beurteilung durch das Bundessozialgericht bei Zurückverweisung zugrunde (vgl. BSG Soz.R. § 170 Da 2 Nr. 4). Da, wie im folgenden darzulegen sein wird, die neuerliche Beweisaufnahme durch den erkennenden Senat – und hierzu war der Senat eigenverantwortlich berufen (vgl. Soz.R. § 103 SGG Da 2 Nr. 7) ergeben hat, daß sich der dem Bundessozialgericht vorliegende Tatbestand geändert hat, besteht keine Bindung an diese rechtliche Beurteilung des Bundessozialgerichts mehr, zumal die Aufhebung lediglich wegen Verfahrensmängeln erfolgt war (vgl. Peters-Sautter-Wolff, SGG Anm. 5 zu § 170 mit weiteren Verweisungen). Die darüber hinausgehenden Ausführungen des Bundessozialgerichts über die anzuwendenden "Rechtsgrundsätze” bleiben daher vom maßgebenden Gedankengang abschweifende Hilfserwägungen (so BSG im Beschluss vom 15. Februar 1973 – 9 RV – 416/72 –; vgl. auch Urteil des erkennenden Senats vom 11. November 1969 – 8 V – 1225/68 rk).
Auch das neuerliche Verfahren vor dem Landessozialgericht hat nicht ergeben, daß eine "besondere Härte” im Sinne des § 89 BVG darin zu sehen wäre, daß der Klägerin Hinterbliebenenversorgung nach dem BVG nicht gewährt wird.
Wie die Rechtsprechung des BSG und der Erlaß des Bundesarbeitsministers vom 21. Oktober 1968 abgeklärt haben, ist Voraussetzung für eine Härteversorgung zunächst, daß Kriegsereignisse allein eine in ihren sonstigen Voraussetzungen als sicher bevorstehende Eheschließung verhindert haben. Das konnte jedoch nicht festgestellt werden.
Das Kind der Klägerin, G. H., wurde bereits vor Kriegsbeginn im Januar 1939 geboren. Eine somit, zumindest nach den damals geltenden Anschauungen, sich anbietende Eheschließung der Klägerin mit ihrem Verlobten ist daher schon deshalb nicht allein an Kriegsereignissen gescheitert, weil die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag, mindestens bis zu dem Urlaub ihres Verlobten im Frühjahr 1941 die Möglichkeit der Eheschließung gehabt hatte. Sie wurde bis zu diesem Zeitpunkt nach ihren eigenen Behauptungen und der Bekundung der Zeugin Sch. nicht durch Kriegsereignisse, sondern durch das Fehlen der Zustimmung ihres Vaters und dessen Widerstand selbst noch nach ihrer Volljährigkeit an der Eheschließung gehindert.
Nachdem die Klägerin am 8. Mai 1941 volljährig geworden war und sie somit der Zustimmung ihres Vaters zur Eheschließung nicht mehr bedurfte, hat sie die Absicht der baldigen Heirat zunächst, mindestens scheinbar, durch Beschaffung ihrer Geburtsurkunde und der Heiratsurkunde ihrer Eltern, die am 15. Mai 1941 ausgestellt wurden, bekundet. Bei der Würdigung dieses Tatbestandes ist zu berücksichtigen, daß der Verlobte der Klägerin in seinen Feldpostbriefen vom 14. April 1941, 22. April 1941 und 1. Mai 1941 die Klägerin in massiver Form im Laufe eines halben Monats in 3 verschiedenen Briefen immer wieder aufgefordert hatte, mit ihm die Ehe zu schließen und die Heiratspapiere zu beschaffen. Dieser psychische Druck auf die Klägerin wurde noch durch den Hinweis in dem Brief vom 1. Mai 1941 verstärkt, daß die Verlobten sich wieder sehen könnten, wenn sie auf dem schnellsten Wege heirateten. Das mag die Klägerin veranlaßt haben, die Heiratspapiere zu beschaffen und an ihren Verlobten fortzuschicken.
Der Senat hatte bereits früher darauf hingewiesen, daß die Klägerin – von einem Briefumschlag abgesehen auf dem der Poststempel nicht mehr zu entziffern ist – die von ihr damals vorgelegten weiteren 5 Briefumschläge die an sie als unzustellbar aus dem Felde zurückkamen, frühestens seit dem 9. Oktober 1941 abgesandt haben kann und somit ein Brief-Vakuum seit der Beschaffung der Heiratspapiere und ihrer Absendung alsbald nach dem 15. Mai 1941 bis zum Oktober 1941 festzustellen ist. Möglicherweise unter dem Eindruck dieser Feststellungen hat dann die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 1973 erstmals in dem gesamten Verfahren erklärt, ihr Vater habe nach der ersten Rückkehr der Heiratspapiere aus dem Felde noch einmal versucht, sie von der Eheschließung abzuhalten "zumindestens die Heirat noch zu verzögern”, weil er sie in seiner Landwirtschaft nicht habe entbehren wollen. Sie gibt nunmehr offen zu, daß über die Frage der Heirat "dann in der Korrespondenz” mit ihrem Verlobten nicht mehr gesprochen wurde und sie schließlich ohne Wissen ihres Vaters Ende Oktober 1941 die Heiratspapiere wieder ins Feld geschickt habe. Hieraus ergibt sich, daß die Klägerin durch die Feldpostverhältnisse (Kriegsverhältnisse) allein jedenfalls nicht gehindert war, ihre Heirat tatsächlich in Gang und zum Abschluß zu bringen, weil sie zunächst "in der Korrespondenz” mit ihrem Verlobten "über die Frage der Heirat” überhaupt nicht mehr "gesprochen” hat. Sie hatte also demnach über die Feldpost nach Rücksendung des ersten Briefes mit den Heiratspapieren mit ihrem Verlobten Verbindung (vgl. auch die erst am 18. Dezember 1973 vorgelegten Feldpostbriefe mit Poststempel vom 3., 8. und 25. Juli 1941, 13. und 28. August 1941 und 13. und 17. September 1941) und hat diese nicht dazu genutzt, die Heirat nunmehr zu bewerkstelligen, weil ihr Vater wiederum hindernd im Wege stand. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß auch eine Kriegstrauung möglich gewesen wäre, daß auch eine Kriegstrauung möglich gewesen wäre, bei der der Verlobte nicht auf Heimaturlaub hätte zu kommen brauchen und die gleichzeitige Anwesenheit beider Ehepartner vor dem Standesbeamten nicht notwendig war. Unter diesen Umständen bedurfte es keiner Prüfung, ob nicht sogar noch die nachträgliche Eheschliessung nach dem Geheimerlaß Adolf Hitlers vom 6. November 1941 und dem darauf beruhenden vertraulichen Erlaß des Reichsministers des Innern vom 15. Juni 1943 (vgl. weitere Einzelheiten im Urteil des BSG vom 28. Juni 1973 – 10 RV 258/72 –) möglich gewesen wäre.
Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Darstellung der Klägerin richtig ist, die zunächst von ihr ins Feld geschickten Heiratspapiere seien über das Lazarett S. wieder zurückgesandt worden und ob sich neue Tatsachen durch die Beweiserhebung des BSG beim Militärarchiv ergeben haben. Der Vater der Klägerin habe sich nämlich auch nach Rücksendung der Heiratspapiere aus dem Lazarett immer noch der sofortigen Eheschließung widersetzt, was die Klägerin erst jetzt vorgetragen hat.
Nach alledem ergibt sich, daß nicht allein Kriegsereignisse eine Heirat der Klägerin mit ihrem Verlobten verhindert haben und die Behauptungen der Klägerin und die der Zeuginnen L., Sch. und B. (jetzt Frau N.) über die Postversendung der Heiratspapiere und die Heiratsabsicht der Klägerin nicht beweiserheblich sind und deshalb auf eine erneute Vernehmung der Zeuginnen verzichtet werden konnte.
Eine andere Beurteilung bringt auch nicht die Würdigung des Vermerkes der Fürsorgerin H. vom 24. Mai 1941 aus der Akte des Kreisausschusses – Jugendamt – M., daß die Eheschließung in Kürze stattfinden solle. Dieser Vermerk kann nicht für sich allein betrachtet werden. Es ist vielmehr zu beachten, daß in der gleichen Akte der Vater der Klägerin im Februar 1939, also unmittelbar nach der Geburt des Kindes der Klägerin, erklärt hat, seine Tochter (die Klägerin) habe die Absicht, ihren Verlobten zu heiraten; die Eheschließung könne jedoch jetzt noch nicht erfolgen. Nach dem Inhalt dieser Jugendamtsakte hat das Amtsgericht dann häufiger angefragt, ob die Eheschließung inzwischen erfolgt sei. Demnach hat das Jugendamt auch häufiger auf die Frage des Amtsgerichts hin Ermittlungen in dieser Richtung angestellt. Hierbei ist es verständlich, wenn die Klägerin im Mai 1941, als sie auch die Heiratspapiere besorgte, auf Antrage die Auskunft gegeben hat, die Eheschließung sollte in Kürze stattfinden. Hiernach ist aber, wie die Klägerin nunmehr selbst bekundet hat, eine alsbaldige Eheschließung nicht so sehr an der ersten Rücksendung der Heiratspapiere aus dem Felde wegen Unzustellbarkeit gescheitert, sondern an dem dann wiederum einsetzenden Widerstand ihres Vaters gegen die Eheschließung.
Bei dieser Sachlage brauchte der Senat nicht zu untersuchen, ob weitere Gesichtspunkte, die das BSG zur Frage der Brautversorgung herausgearbeitet hat, noch heranzuziehen sind, da diese jedenfalls nicht zu Gunsten der Klägerin sprechen (vgl. Urteil des BSG vom 30. August 1973 Az.: 9 RV 679/72 – Verlust eines Unterhaltsanspruches begründet keine besondere Härte – und das Urteil vom gleichen Tage Az.: 9/8 RV 608/72 – Verhinderung der Eheschließung wegen Verweigerung eines Ehetauglichkeitszeugnisses –).
Die Berufung des Beklagten mußte daher Erfolg haben, weil sich nicht nachweisen läßt, daß er von seinem Ermessen einen falschen Gebrauch oder bei der Beurteilung des Begriffes "unbilliger Härte” von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist.
Die aus § 193 SGG gewonnene Kostenentscheidung gilt für das gesamte sozialgerichtliche Verfahren.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved