L 9 U 3760/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 2841/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 3760/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt wegen der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls höhere Verletztenrente.

Die 1943 geborene Klägerin stürzte am 8. Oktober 1998 als bei der Errichtung des Einfamilienwohnhauses ihrer Tochter mithelfende Familienangehörige von einem Baugerüst aus etwa 4 Metern Höhe. Dabei zog sie sich laut Durchgangsarztbericht vom gleichen Tag Lendenwirbelkörper (LWK) II- und III-Kompressionsfrakturen und multiple Prellungen bei zusätzlichem Verdacht auf eine Halswirbelsäulendistorsion zu. Die Frakturen wurden operativ mit ventraler und dorsaler Spondylodese versorgt; anschließend unterzog sich die Klägerin vom 28. Oktober bis 25. November 1998 einer stationären Reha-Heilbehandlung in der Fachklinik I ... Im Entlassungsbericht vom 14. Dezember 1998 lauteten die Diagnosen: LWK-2-Kompressionsbruch und LWK-3-Deckplattenbruch sowie Verdacht auf Stressinkontinenz. Im orthopädischen Befund hieß es u. a., ein Klopf- oder Druckschmerz entlang der Wirbelsäule sei ebenso wenig festzustellen gewesen wie sensible oder motorische Defizite. Die der Klägerin mögliche Gehstrecke betrage ca. 3-4 km mit nur leichter Schmerzprogredienz. Während eines stationären Aufenthalts in der Chirurgischen Universitätsklinik U. vom 7. bis zum 12. Juli 1999 erfolgte die Metallentfernung.

Nach anfänglich ablehnender Haltung wegen Zweifeln am Unfallhergang - Anlass des Aufenthalts der Klägerin auf dem Baugerüst: Kaffee und Verpflegung hochreichen oder Bretter hochreichen - erkannte die Beklagte im Verfahren vor dem Sozialgericht Ulm S 3 U 1075/01 nach Zeugenvernehmungen unter dem 17. Januar 2002 das Ereignis vom 8. Oktober 1998 als Arbeitsunfall an.

Daraufhin veranlasste die Beklagte eine chirurgische Untersuchung und Begutachtung der Klägerin. In dem von den Chirurgen Dres. R. und P., D.klinik N. U., unter dem 4. Juli 2002 erstatteten Gutachten bestätigten die Gutachter, dass sich die Klägerin am 8. Oktober 1998 eine instabile LWK-2-Kompressionsfraktur und eine LWK-3-Deckplattenfraktur zugezogen habe. Das zur Untersuchung notwendige An- und Auskleiden sei der Klägerin ohne größere Schwierigkeiten allein gelungen. Beim Fallenlassen aus dem Zehenspitzenstand sei ein Stauchungsschmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule festzustellen gewesen. Das Ott`sche Zeichen für die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule betrage 30:31, das Schober`sche Zeichen für die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule betrage 10:13. Bei der Rumpfvorwärtsbeugung betrage der Fingerspitzenbodenabstand beidseitig 15 cm. Gang und Stand zu ebener Erde seien unauffällig; die Hocke sei bis zu einer Beugung von 90° im Bereich der Kniegelenke demonstriert worden. Aufgrund einschießender Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule sei das Hocken abgebrochen worden. Bei der Reflexprüfung habe sich ein seitengleicher Reflexstatus gezeigt. Als Unfallfolgen seien anzuerkennen die Fusion des 1. und 2. Lendenwirbelkörpers, eine linkskonvexe Fehlstellung der Lendenwirbelsäule, eine Sensibilitätsstörung im Bereich des Versorgungsgebiets des Nervus Ilioinguinalis links nach Flankenschnitt sowie eine Sensibilitätsstörung im Bereich des linken Großzehballens und der linken Großzehe. Die Erwerbsfähigkeit werde durch die Unfallfolgen dauerhaft um 20 v. H. gemindert.

Mit Bescheid vom 7. August 2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin sodann Verletztenrente ab dem 8. Mai 1999 bis auf Weiteres nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 20 v. H. wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 8. Oktober 1998. Als Folgen des Arbeitsunfalls wurde die von den Gutachtern Dres. R./P. genannten Unfallfolgen anerkannt.

Den dagegen mit dem Vortrag, die bewilligte MdE sei zu niedrig bemessen, am 29. August 2003 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin mit dem Fortbestehen einer erheblichen Schmerzsymptomatik. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2003 als unbegründet zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 6. November 2003 unter erneutem Hinweis auf seit den Frakturen anhaltende und dauerhafte Schmerzzustände Klage zum Sozialgericht Ulm. Das Sozialgericht beauftragte zunächst den Orthopäden und Rheumatologen Dr. H., U.-S., mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin. Dr. H. teilte in dem unter dem 11. März 2004 erstatteten Gutachten folgende durch den Unfall vom 8. Oktober 1998 verursachte Gesundheitsstörungen mit: - Spondylodese mit Fusion des 1. und 2. LWK nach instabiler Kompressionsfraktur von LWK 1 mit intraspinalem Fragment, Reposition, rechtseitige Hemilaminektomie und ventrale Dekompression als zweiseitiger Eingriff bei Fehlstellung der Lendenwirbelsäule, - Deckplatteneinbruch mit ventraler Höhenminderung von LWK 3 um ca. 1/5, - Ausgedehnte Narben im Rücken und linken Flankenbereich sowie am linken Beckenkamm mit Sensibilitätsstörungen im Versorgungsgebiet des Nervus Ilioinguinalis links, - Sensibilitätsstörungen des linken Beines bis zur Großzehe, - Erloschener Patellarsehnenreflex rechts, - Nahezu komplett eingesteifte Lenden- und Brustwirbelsäule durch Spondylodese und Vernarbungen sowie - Leichte Umfangsvermehrung der linken Wade nach Unterschenkelthrombose ohne postthrombotisches Syndrom. Besonders auffällig sei die stark eingeschränkte Lenden- und Brustwirbelsäulenentfaltung. Die von der Klägerin beschriebenen Nervenirritationen seien glaubhaft, zumal die Verletzung zu einer Einengung des Spinalkanals auf 50% der Originalweite geführt habe. Dagegen seien die weiter bestehenden Wirbelsäulenveränderungen - lumbale Spondylarthrose in den unteren Lendensegmenten und ventrale und dorsale Spondylose im Halswirbelsäulenbereich C 6/7 - degenerativer Art und damit unfallunabhängig. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei auch altersentsprechend. Insgesamt sei eine MdE von 30 v. H. angemessen. Zu den Vorgutachtern Dres. R./P. lägen Abweichungen bei der Bestimmung des Schober-lumbalis-Wertes - damals 10-13, heute 10-10,5 - und hinsichtlich der Reflexprüfung - jetzt erloschener Patellarsehnenreflex rechts - vor.

Auf die dagegen von der Beklagten beratungsärztlich unter Hinweis auf die röntgenologisch nachweisbaren fortschreitenden degenerativen Veränderungen erhobenen Einwendungen gegen eine Einschätzung der MdE auf 30 v.H. holte das Sozialgericht bei Dr. H. eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme ein. In dieser unter dem 10. August 2004 erstatteten Stellungnahme hielt Dr. H. an seiner MdE-Einschätzung - 30 v. H. - mit der Begründung fest, aufgrund des bei der Klägerin - infolge der operationsbedingt langstreckigen ausgeprägten Verwachsungen der Spinalnerven - vorliegenden schweren Schmerzsyndroms sei diese Einschätzung gerechtfertigt.

Darauf erwiderte die Beklagte mit zwei von dem Orthopäden Prof. Dr. W., F., erstatteten beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 14. Oktober 2004 und - nach erneuter zwischenzeitlicher Stellungnahme von Dr. H. - vom 1. Februar 2005. Darin bewertete Prof. Dr. W. die MdE weiterhin mit 20 v. H ... Zur Begründung benannte er zahlreiche Mängel des Gutachtens von Dr. H. und verwies auf die nur leichte Fehlform der Lendenwirbelsäule und eine lediglich leichtgradige Bewegungseinschränkung dieses Wirbelsäulenabschnitts.

Daraufhin beauftragte das Sozialgericht den Neurologen Prof. Dr. H., Neurologische Universitätsklinik U., mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin. Im unter dem 15. Oktober 2005 erstatteten Gutachten stellte Prof. Dr. H. folgende unfallabhängige Diagnose: - Zustand nach LWK-II-Kompressionsfraktur und LWK-III- Deckplattenfraktur mit nachfolgender Operation und aktuell glaubhaftem Schmerzsyndrom und Sensibilitätsstörungen an der Fußspitze links. Der Patellarsehnenreflex sei rechts etwas schwächer als links, bei im Übrigen mittellebhaften und seitengleichen Muskeleigenreflexen. Die MdE schätze er bis zum Aufenthalt in der Fachklinik Ichenhausen auf 20 v. H. auf neurologischem Gebiet und ab ca. Mitte 2000 auf 10 v. H ... Sie gründe sich auf die angegebenen Schmerzen im Bereich der LWS. Um die Gesamt-MdE zu ermitteln, sei ein weiteres chirurgischen Zusatzgutachten einzuholen.

Der Empfehlung von Prof. Dr. H. folgend beauftragte das Sozialgericht PD Dr. K., Chirurgische Universitätsklinik U., mit der nochmaligen Untersuchung und Begutachtung der Klägerin. PD Dr. K. teilte in seinem Gutachten vom 28. Dezember 2005 folgende Diagnosen mit: - Mit diskreter ventraler Höhenminderung knöchern konsolidierte Deckplattenimpression bei LWK 3, - In diskreter linkskonvexer skoliotischer Fehlhaltung knöchern konsolidierte ventrale Spondylodese LWK 1/2 nach instabiler LWK-2-Fraktur mit Spinalkanalstenose, - Zugangsbedingte Hypästhesie im Bereich des Nervus Ilioinguinalis links, - Degenerative Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule mit sensibler S1-Symptomatik und - Belastungsabhängiges Schmerzsyndrom der Wirbelsäule. Während der Untersuchung habe der Fingerspitzen-Bodenabstand in Rumpfbeugehaltung 14 cm betragen. Das Zeichen nach Schober habe 30:31 cm, dasjenige nach Ott 10:15 cm betragen. Die Wirbelfrakturen LWK 2 und LWK 3 sowie die Spondylodese LWK 1/ 2 und auch die Hypästhesie im Bereich des Nervus Ilioinguinalis links seien ohne Zweifel auf den Unfall vom 8. Oktober 1998 zurückzuführen. Dagegen hätten die degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule zum Unfallzeitpunkt bereits bestanden und lägen deshalb unfallunabhängig vor. Die S1-Wurzelreizsymptomatik könne einerseits durch die Fraktur, andererseits aber auch durch die degenerativen Veränderungen im Bereich des Segments L5/S1 verursacht worden sein. Diese Frage sei letztlich nicht zu klären; die sensible neurologische Symptomatik bedinge seines Erachtens aber auch keine messbare MdE. Die MdE aufgrund unfallbedingter Folgen auf chirurgischem Fachgebiet betrage nach seiner Schätzung ab dem 8. Mai 1999 20 v. H ... Hierin sei bereits die MdE um 10 v. H. auf neurologischem Gebiet eingeschlossen. Degenerative und unfallbedingte posttraumatische Veränderungen bedingten zusammen eine Insuffizienz der Wirbelsäule. Dabei könne der unfallbedingte Anteil nicht von dem Anteil der degenerativen Veränderungen getrennt werden. Behandlungsbedürftigkeit durch physiotherapeutische Anwendungen bestehe zumindest intermittierend dauerhaft. Mit einer Besserung des Gesundheitszustands sei nicht zu rechnen.

Nach Vorliegen des chirurgischen Zusatzgutachtens nahm Prof. Dr. H. unter dem 8. Februar 2006 erneut zur Gesamt-MdE Stellung. Darin führt er aus, der Beurteilung von PD Dr. K. zuzustimmen und ebenfalls eine Gesamt-MdE von 20 v.H. unter Einschluss einer MdE von 10 v. H. auf neurologischem Fachgebiet anzunehmen.

Daraufhin wies das Sozialgericht Ulm die Klage mit Urteil vom 21. Juni 2006 unter Bezugnahme auf die plausiblen und überzeugenden Gutachten der Dres. R./P., Prof. Dr. H. und PD Dr. K. als unbegründet ab. Die Vergleichsanregung der Klägerin, die Verletztenrente auf der Basis einer MdE von 25 v. H. zu berechnen, sei zwar durchaus sachgerecht. Es sei dem Gericht im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber verwehrt, wegen einer Abweichung der MdE um 5 v. H. die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids festzustellen. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 10. Juli 2006 zugestellt.

Am 27. Juli 2006 hat die Klägerin gegen das Urteil Berufung eingelegt und vorgetragen, auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. vertrete sie weiter die Auffassung, mindestens eine MdE von 30 v. H. sei angemessen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21. Juni 2006 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 8. Oktober 1998 höhere Verletztenrente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30 v. H. ab dem 8. Mai 1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtens.

Mit Verfügung vom 4./5. Januar 2007 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG - hingewiesen und bis zum 30. Januar 2007 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Die Beteiligten haben sich darauf nicht mehr geäußert.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 21. Juni 2006 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2003 sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin keinen Anspruch auf eine höhere als die von der Beklagten nach einer MdE um 20 v. H. bereits gewährte Verletztenrente.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 4./5. Januar 2007 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme binnen angemessener Frist gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Nachdem die Beteiligten sich weder dazu noch zur Sache weiter geäußert haben, kann der Senat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vom 21. Juni 2006 Bezug nehmen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend absehen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Senat hält mit dem SG die Einschätzung der MdE durch die Gutachter Dres. R./P., Prof. Dr. H. und PD Dr. K. mit 20 v. H. für überzeugender, als diejenige des Gutachters Dr. H. mit 30 v. H.

Die Bemessung des Grades der MdE, also die durch eine Schätzung vorzunehmende Festlegung des konkreten Umfangs der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII ), ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSGE 4, 147 , 149; BSG Urteil vom 23. April 1987 - 2 RU 42/86 - HV-Info 1988, 1210; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr 7 und 8; BSG, Breithaupt 2003, 565-568 jeweils m. w. N.). Neben der Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ist dabei die Anwendung medizinischer oder sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich. Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkenntnis über den Umfang der dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an (BSGE SozR 3-2200 § 581 Nr 8 m. w. N.). Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Hierbei sind aber auch die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen (BSG SozR 2200 § 581 Nr 23 und 27; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr 5 und 8; Brackmann/Burchardt, SGB VII, § 56 Rn. 71).

In der gesetzlichen Unfallversicherung haben sich im Laufe der Zeit bei einer Vielzahl von Unfallfolgen für die Schätzung der MdE Erfahrungswerte herausgebildet, die in Form von sog Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst sind und als Anhaltspunkte für die MdE-Einschätzung im Einzelfall dienen (siehe Zusammenstellung bei Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl., S 143 ff ; Ricke in Kasseler Kommentar, § 56 SGB VII Rn. 40 ff.). Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte stellen allgemeine Erfahrungssätze dar und bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr 8 m. w. N.). Auch zur Frage, in welchem Umfang die Erwerbsfähigkeit durch Einschränkungen von Funktion und Beweglichkeit der Wirbelsäule beeinträchtigt ist, haben sich allgemeine Erfahrungssätze gebildet, wobei die mit den Schäden üblicherweise verbundenen Schmerzen oder subjektiven Beschwerden in den MdE-Werten enthalten sind (vgl. Mehrhoff/Meindl/Muhr, a. a. O., S. 159; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 522 ff.; Ricke, a. a. O. Rn. 61).

Von diesen Grundsätzen ausgehend kann auch der Senat der zentralen Annahme von Dr. H., der unfallabhängigen Schmerzsymptomatik sei größeres Gewicht beizumessen und deshalb eine Gesamt-MdE von 30 v. H. zu befürworten, nicht folgen. Prof. Dr. H. hat die glaubhaft angegebenen Schmerzen im Bereich der LWS mit einer MdE von 10 v H. bewertet, während die S1-Wurzelreizsymptomatik, die einerseits durch die Folgen der Frakturen als auch andererseits durch degenerative Veränderungen im Bereich L5/S1 verursacht sein kann, nach den Darlegungen von PD Dr. K. keine messbare MdE bedingt. Die Sachverständigen PD Dr. K. und Prof. Dr. H. sind - unter Einbeziehung der Schmerzsymptomatik - übereinstimmend zu einer Gesamt-MdE von 20 v. H. unter Einschluss einer neurologisch bedingten MdE von 10 v. H. gelangt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die von Dr. H. festgestellte erhebliche Einschränkung der Lendenwirbelsäulenbeweglichkeit mit einem Schober`schen Zeichen von 10:10,5 in keiner der weiteren ärztlichen Unterlagen wiederfindet. Vielmehr betrug das Schober`sche Zeichen bei der Entlassung aus dem Heilverfahren am 26. Juni 2001 10:14 und der FBA 0 cm. Bei der Begutachtung durch Dres. R. und P. am 2. Juli 2002 lag das Schober`sche Zeichen bei 10:13 und der FBA bei 15 cm und bei PD Dr. K. lagen die vergleichbaren Werte bei 10:15 und FBA bei 14 cm ... Schließlich ist der Patellarsehnenreflex rechts auch nicht vollständig erloschen, wie Dr. H. meint, sondern hat sich gegenüber links nur abgeschwächt. Mit der Bewertung der genannten Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule einschließlich der lumbalen Schmerzsymptomatik mit einer MdE um 20 v. H. befinden sich die Sachverständigen Prof. Dr. H. und PD. Dr. K. im Rahmen der allgemeinen Erfahrungssätze. So wird ein Wirbelkörperbruch ohne Nervenbeteiligung, je nach Leistungsfähigkeit der Wirbelsäule mit einer MdE zwischen 10 und 20 v. H. bewertet (vgl. Mehrhoff/Meindl/Muhr, a. a. O., S. 159). Eine MdE von 20 v. H. gilt auch für eine instabile Ausheilung eines Wirbelkörperbruchs mit ernsten Veränderungen. Erst eine zusätzliche statisch wirksame Achsenabknickung, bzw. Achsenfehlstellung führt zu einer höheren MdE (vgl. Ricke, a. a. O., § 56 SGB VII Rn. 61 und Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 523). Eine solche ist aber bei der Klägerin nicht vorhanden. Vielmehr besteht lediglich eine diskrete linkskonvexe skoliotische Fehlhaltung nach knöchern konsolidierter ventraler Spondylodese.

Nach alledem ist die Berufung nicht begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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