Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 14 Ar 1091/97 A
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Ar 1071/97 A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die in § 9 AEVO enthaltene Regelung, daß für bestimmte Berufs- und Personengruppen keine Arbeitserlaubnis erforderlich ist, beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des § 19 Abs. 4 AFG und stellt eine Ausnahme von der grundsätzlichen Arbeitserlaubnispflicht des § 19 Abs. 1 AFG dar. Veränderungen von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes berechtigen den Verordnungsgeber zur Einschränkung von bisherigen Ausnahmen. Damit werden bisher arbeitserlaubnisfreie Berufs- und Personengruppen dem allgemeinen Arbeitserlaubnisrecht unterstellt.
Die fehlende Übergangsregelung hat die Bundesanstalt für Arbeit durch befristete Arbeitserlaubnisse (bis 30.4.1997) ausreichend ausgeglichen.
Vertrauensschutz auf die Beibehaltung von Ausnahmeregelungen auch bei sich ändernder Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes ist nicht gegeben.
Abgrenzung zum Urteil des Bundessozialgericht vom 10.3.1994 (7 RAr 44/93) und zum Beschluß des Bayer. Landessozialgerichts vom 24. April 1997 (L 11 B 376/96.Al-VR).
Die fehlende Übergangsregelung hat die Bundesanstalt für Arbeit durch befristete Arbeitserlaubnisse (bis 30.4.1997) ausreichend ausgeglichen.
Vertrauensschutz auf die Beibehaltung von Ausnahmeregelungen auch bei sich ändernder Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes ist nicht gegeben.
Abgrenzung zum Urteil des Bundessozialgericht vom 10.3.1994 (7 RAr 44/93) und zum Beschluß des Bayer. Landessozialgerichts vom 24. April 1997 (L 11 B 376/96.Al-VR).
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 8. Juli 1997 (Az.: S-14/Ar-1091/97 A) wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
I
Die Antragstellerin betreibt ein Fuhrunternehmen nach ihren Angaben ausschließlich auf der Route Deutschland – Nahost, und zwar überwiegend Deutschland – Türkei. Die Antragstellerin wurde nach ihren Angaben im Dezember 1994 gegründet und betrieb zunächst 6 Lastzüge, derzeit noch 3, die noch i.H.v. DM 300.000,– finanziert sein sollen. Die Antragstellerin ist zu 50 % beteiligt an der Fa. in Istanbul (einer GmbH türkischen Rechts), die dort ansässige Lkw-Fahrer unter Vertrag hat, die die Transporte der Antragstellerin ausführen. Die Antragstellerin stellt die sächlichen Mittel zur Verfügung, d.h. den geladenen, gewarteten, fahrfertigen Lkw einschließlich sämtlicher notwendiger Papiere, während die türkische Partnerfirma für die ordnungsgemäße Überführung und Rückführung des Lkw nebst Ladung verantwortlich ist. Die Fahrer erhalten umfassende Vollmachten zur Erledigung der Zollformalitäten und müssen deshalb auch türkische Formulare verstehen. Nach § 9 Nr. 2 Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) in der bis zum 31. August 1993 geltenden Fassung bedurfte das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr keiner Arbeitserlaubnis, ab 1.9.1993 bedurfte nur das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern im Ausland keiner Arbeitserlaubnis, ab 10. Oktober 1996 nur das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern im Ausland, sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist. Im Hinblick auf die letzte Änderung der AEVO erteilte die Antragsgegnerin den bei der Antragstellerin eingesetzten Fahrern zunächst befristete Arbeitserlaubnisse bis 30. April 1997. Für 6 türkische Fahrer, und zwar
Mustafa (geb. 1958)
Mustafa (geb. 1960)
Mustafa (geb. 1953)
Osman (geb. 1954)
Yakup (geb. 1954)
Necdet (geb. 1960),
die nach einer eidesstattlichen Erklärung der Soraya vom 2. August 1997 bereits vor September 1996 die Lkw der Antragstellerin gefahren haben, wurde eine Verlängerung der Arbeitserlaubnis beantragt.
Mit gleichlautenden Bescheiden vom 7. Mai 1997 lehnte die Beklagte die Anträge ab und führte zur Begründung u.a. aus, wegen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes habe die Bundesregierung bereits im November 1973 einen Anwerbestopp für ausländische Arbeitnehmer verfügt. Die Ausnahmen von diesem Grundsatz seien geregelt in der Anwerbestopp-Ausnahmeverordnung (ASAV). Keine der dort genannten Ausnahmetatbestände seien erfüllt. Über begründete Einzelfälle entscheide gemäß § 8 ASAV das jeweilige Landesarbeitsamt in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Regierungspräsidium. Bereits wegen fehlender Aufenthaltserlaubnis sei die Erteilung einer Arbeitserlaubnis ausgeschlossen. Mit den rechtzeitig erhobenen Widersprüchen begehrten die genannten Lkw-Fahrer, für die die Antragstellerin auftrat, weiterhin eine Arbeitserlaubnis, hilfsweise die Bestätigung, daß sie arbeitserlaubnisfrei bei der Antragstellerin eingesetzt werden dürften. Zur Begründung wurde ausgeführt, die AEVO, insbesondere § 9 Abs. 2 verstoße gegen Verfassungsrecht, da sie eine rückwirkende Enteignung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes der Antragstellerin darstelle. Es liege auch ein Verstoß gegen das deutsch-türkische Assoziationsabkommen vor.
Mit gleichlautenden Widerspruchsbescheiden vom 31. Juli 1997 wies die Beklagte die Widersprüche im wesentlichen mit der Begründung zurück, das öffentliche Interesse rechtfertige einen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin und stelle eine zusätzliche Beschränkung des Rechts aus Artikel 14 GG dar. Ein Verstoß gegen das deutsch-türkische Assoziationsabkommen liege nicht vor. Das Abkommen verschaffe türkischen Arbeitnehmern den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt nach Ablauf bestimmter Beschäftigungszeiten in Form der Verlängerung einer erteilten Arbeitserlaubnis. Eine generelle Arbeitserlaubnisfreiheit werde in dem Abkommen nicht geregelt.
Bereits am 11. Juni 1997 hat die Antragstellerin Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gestellt und gleichzeitig Klage erhoben; letztere ist noch anhängig bei dem Sozialgericht Gießen unter S-14/Ar-1103/97.
Die Antragstellerin begehrt die Feststellung und schriftliche Bescheinigung durch die Antragsgegnerin, daß die genannten Fahrer der Fa. arbeitserlaubnisfrei die Lkw der Antragstellerin von Deutschland in die Türkei und wieder zurück auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland führen dürfen. Sie hat u.a. vorgetragen, sie verfolge den Anspruch sowohl im eigenen Namen als auch namens und mit den vorgelegten Vollmachten der betroffenen Fahrer. Zur Zeit behelfe sie sich nach dem Beispiel eines "Stafettenlaufs”, indem sie Fahrzeuge bis zur rumänischen oder polnischen Grenze bringe, um dort von einem entgegenkommenden Fahrer den Zug im Wege eines Fahrertausches zu übernehmen. Dies verlängere den Transport jedoch um mindestens 2 Tage und sei personell und finanziell so aufwendig, daß es nur vorübergehend tragbar sei. Wenn der alte Zustand nicht wieder hergestellt werde, drohe die Zahlungsunfähigkeit. Selbstverständlich habe sie sich um geeignete Fahrer des deutschen Arbeitsmarktes bemüht, jedoch trotz Einschaltung der Antragsgegnerin ohne Erfolg. Die Arbeitsbedingungen seien schwierig und die Anforderungen so hoch, daß praktisch nur türkische Fahrer einsetzbar seien, insbesondere sei die Kenntnis der Mentalität des Orients und des Balkans erforderlich, wozu auch der Umgang mit korrupten Zöllnern, das richtige Verhalten bei Überfällen und der Umgang mit kriminellen Vereinigungen gehöre. Die Standzeiten in der Türkei seien wesentlich länger als die in Deutschland.
§ 9 Abs. 2 AEVO sei in der heute gültigen Fassung insgesamt verfassungswidrig, weshalb hilfsweise die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erfolgen solle. Auch sei das deutsch-türkische Assoziationsabkommen verletzt, da die EG-Partner und die Türkei bekundet hätten, den wechselseitigen Dienstleistungsverkehr nicht zu behindern. Es sei deshalb gerechtfertigt, die streitbefangene Frage dem europäischen Gerichtshof vorzulegen. Die Antragstellerin hat Vollmachten der betroffenen 6 Fahrer, eine eidesstattliche Versicherung der Bürokauffrau vom 2. Juni 1997, einen Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 22. Mai 1997 (S 13 VR 116/97 Al 98), einen Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 27. Mai 1997 (S 15 Ar 59/97), sowie eine gutachtliche Stellungnahme des Rechtsanwalt vom 21. Februar 1997 vorgelegt.
Mit Beschluss vom 8. Juli 1997 hat das Sozialgericht Gießen den Antrag abgelehnt und im wesentlichen damit begründet, der Antrag sei zwar zulässig, der Antragstellerin stehe jedoch kein Anordnungsanspruch zu. Die Beschäftigung eines Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland sei von einer Arbeitserlaubnis der Antragsgegnerin abhängig. Hierunter fielen auch türkische Arbeitnehmer, da im Verhältnis Europäische Union – Türkei bisher keine volle Freizügigkeit hergestellt sei und sich ein Anspruch türkischer Arbeitnehmer auf Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt nur nach Maßgabe des Art. 6 Assoziationsratsbeschluß Nr. 1/80 EWG-Türkei ergebe, der erst nach Ablauf bestimmter Beschäftigungszeiten den Anspruch auf Verlängerung einer erteilten Arbeitserlaubnis verschaffe. Der Befreiungstatbestand des § 9 Abs. 2 AEVO in der ab 10.10.1996 geltenden Fassung liege bei der Antragstellerin nicht vor. Die Neuregelung sei nicht rechtswidrig. Da sich die Beschränkung der Arbeitserlaubnisfreiheit auf das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland in der bis zum 9.10.1996 geltenden Fassung als nicht effektiv erwiesen habe, sei vom Verordnungsgeber als weitere Voraussetzung die Zulassung des Fahrzeuges im Sitzstaat des Arbeitgebers aufgenommen. Der wesentliche Grund hierfür sei gewesen, der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern zu wesentlich niedrigeren Löhnen bei einer erheblichen Anzahl von arbeitslosen Kraftfahrern entgegenzuwirken. Dieses öffentliche Interesse rechtfertige einen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Antragstellerin und stelle eine zulässige Beschränkung des Rechts aus Artikel 14 GG dar. Der vom Bundessozialgericht im Urteil vom 10. März 1994 (RAr 44/93) entschiedene Sachverhalt sei nicht mit dem vorliegenden vergleichbar. Den von der ab 10. Oktober 1996 geltenden Neuregelung betroffenen Unternehmen sei eine Übergangsfrist bis zum 30. April 1997 eingeräumt worden. Auch die Antragstellerin habe damit ausreichend Gelegenheit zu einer Umstellung gehabt. Eine Auslauffrist von 7 Monaten sei ausreichend. Eine generelle Arbeitserlaubnisfreiheit werde in dem deutsch-türkischen Assoziationsabkommen nicht geregelt.
Gegen den ihr am 15. Juli 1997 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 8. August 1997 Beschwerde eingelegt und unter Vorlage einer weiteren eidesstattlichen Versicherung der vom 2. August 1997, sowie eines Beschlusses des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. April 1997 (L 11 B376/96.Al-VR) vorgetragen, die Vorschrift des § 9 Abs. 2 AEVO sei bedenklich, da keine Auslauffrist für die Fahrer gewährt worden sei, die bereits vor dem 30. September 1996 beschäftigt gewesen seien.
Das Sozialgericht Gießen hat der Beschwerde unter dem 11. August 1997 nicht abgeholfen.
Die Antragstellerin hat ein Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. September 1997 (S 2 Al 446/97) vorgelegt und ergänzend vorgetragen, es seien letztlich die Arbeitsämter gewesen, die die Nahostspediteure im Jahre 1993 veranlaßt hätten, ihre türkischen Fahrer bei türkischen Firmen anzustellen. Die jetzige Argumentation wegen angeblicher Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sei rechtsmißbräuchlich, nachdem die Antragsgegnerin empfohlen gehabt habe, die Fahrer bei türkischen Firmen anzustellen. Solange es den Arbeitsämtern nicht möglich sei, qualifizierte und zuverlässige Fahrer für die Nahostroute zur Verfügung zu stellen, könne kein öffentliches Interesse daran bestehen, türkische Fahrer fernzuhalten, die zu 90 % ihre Arbeitsleistung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erbrächten, unabhängig davon, wieviel Lohn ein solcher Arbeitnehmer erhalte.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 8. Juli 1997 aufzuheben und im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, schriftlich zu bescheinigen, daß die Arbeitnehmer
Mustafa (geb. 1958)
Mustafa (geb. 1960)
Mustafa (geb. 1953)
Osman (geb. 1954)
Yakup (geb. 1954)
Necdet (geb. 1960)
arbeitserlaubnisfrei die Lkw der Antragstellerin von Deutschland in die Türkei und wieder zurück auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland führen dürfen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin trägt vor, die Neuregelung des § 9 Abs. 2 AEVO sei im Hinblick auf die konjunkturellen Entwicklungen der letzten Jahre auf dem Arbeitsmarkt einerseits und die Problemstellungen, die sich durch den Zustrom von Ausländern und deren Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt andererseits ergeben hatten, nicht rechtswidrig. Entscheidender Grund für die Änderung sei es gewesen, der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern zu wesentlich niedrigeren Löhnen bei einer erheblichen Anzahl an arbeitslosen inländischen Kraftfahrern entgegenzuwirken. Dies rechtfertige einen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Antragstellerin und begegne auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Aufgrund der bis zum 30. April 1997 eingeräumten Übergangsfrist habe die Antragstellerin auch ausreichend Zeit gehabt, sich durch geeignete Maßnahmen auf die geänderte Rechtslage einzustellen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
II
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Zwar ist bei dem vorliegenden Verfahren nach dem SGG vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz für die Antragstellerin nicht vorgesehen, ist jedoch nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (19. Oktober 1977 – 2BvR 42/76 – BVerfGE 46, S. 166) dann geboten, wenn für die Antragstellerin schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Nach dem schlüssigen Vorbringen der Antragstellerin droht ihr wirtschaftlicher Zusammenbruch, wenn sie die bisherige Zusammenarbeit mit der Fa. nicht fortführen kann.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 8. Juli 1997 ist zu Recht ergangen. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Erlaß der begehrten einstweiligen Anordnung. Dabei geht der erkennende Senat davon aus, daß die Antragstellerin schlüssig die Voraussetzungen dargelegt hat, die bei "Wahrunterstellung” das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ergeben würden. Es ist auch davon auszugehen, daß die letztlich gewollte Feststellungsklage zulässig ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. März 1994 – 7 RAr 44/93), wobei der begehrten schriftlichen Bescheinigung keine weitergehende Bedeutung etwa im Sinne eines allgemeinen Leistungsbegehrens zukommen dürfte; vielmehr sieht die Antragstellerin darin nur die vereinfachte Möglichkeit, bei den Grenzabfertigungen den Nachweis zu führen, daß der jeweilige Lkw-Fahrer berechtigt ist, den jeweiligen Lkw der Antragstellerin auch in der Bundesrepublik Deutschland zu führen.
Von einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes war im Rahmen des begehrten einstweiligen Rechtsschutzes abzusehen, da nach Auffassung des erkennenden Senates bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht vom Vorliegen eines Anordnungsanspruches ausgegangen werden kann. Die angefochtenen Bescheide der Antragsgegnerin vom 7. Mai 1997 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31. Juli 1997 entsprechen im Ergebnis der materiellen Rechtslage.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 AFG bedürfen Arbeitnehmer, die nicht Deutsche sind, zur Ausübung einer Beschäftigung einer Erlaubnis der Antragsgegnerin, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist. Nach Satz 2 wird die Erlaubnis nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erteilt. Nach Satz 3 darf Ausländern, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine Beschäftigung ausüben wollen, die Arbeitserlaubnis nur erteilt werden, sofern die Dauer der Beschäftigung die Dauer von 3 Monaten nicht übersteigt.
Nach Abs. 4 kann das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung durch Rechtsverordnung für einzelne Berufs- und Personengruppen Ausnahmen von Abs. 1 Satz 1 bis 3 zulassen. Von dieser Ermächtigung wurde durch die Verordnung zur Änderung des Arbeitserlaubnisrechts vom 30. September 1996 (BGBl I S. 1491) Gebrauch gemacht. Es ist nicht erkennbar, daß die Beschränkung der Arbeitserlaubnisfreiheit bei fahrendem Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland, sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist, gegen die Ermächtigungsgrundlage verstößt. Soweit nach der bis zum 9. Oktober 1996 geltenden Fassung unbeachtlich war, in welchem Land der benutzte Lkw zugelassen war, hatte dies offenbar zu der auch von der Antragstellerin verwendeten Konstruktion geführt, in der Bundesrepublik Deutschland einen vollständigen Speditionsbetrieb aufrecht zu erhalten, jedoch ohne die erforderlichen Lkw-Fahrer, die von einem türkischen Betrieb zu stellen waren. Dieses Verhalten wirkt sich auf den deutschen Arbeitsmarkt aus. Es war demnach naheliegend, bei ungünstiger werdendem Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland die Ausnahmen in der AEVO zu überprüfen und ggf. enger zu fassen. Dabei bedeutet die Herausnahme einer bestimmten Berufsgruppe (wie hier das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland, sofern das Fahrzeug in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen ist) aus der generellen Arbeitserlaubnisfreiheit keineswegs für die dadurch betroffene Antragstellerin, daß die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die nicht Deutsche (oder diesen gleichgestellt) sind, nunmehr in ihrem Betrieb ausnahmslos ausgeschlossen ist. Vielmehr wird sie dadurch lediglich den anderen Betrieben gleichgestellt, die entsprechend § 19 Abs. 1 Satz 6 AFG nichtdeutsche Arbeitnehmer nur einstellen dürfen, wenn diese eine Arbeitserlaubnis besitzen. Die Antragstellerin wird also aus Gründen der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes dem allgemeinen Arbeitserlaubnisrecht unterstellt. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß nach den Ausführungen von Rechtsanwalt (Schreiben vom 21. Februar 1997) und auch nach den eigenen Angaben der Antragstellerin die Nahostspediteure in den vergangenen Jahren die bestehende Regelung der Arbeitserlaubnisfreiheit dazu verwendet haben, überwiegend oder fast ausschließlich in der Türkei wohnende Fahrer von türkischen Partnerbetrieben auf ihren eigenen Lkw einzusetzen und damit die Veränderung von Lage und Entwicklung des hiesigen Arbeitsmarktes zumindest mitbewirkt haben. Ein Vertrauensschutz der Antragstellerin auf eine Fortdauer einer Ausnahmeregelung, die ihrerseits abhängig von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes ist, kann keinen Bestand haben, wenn sich Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes ändern. In der Gründungssituation der Antragstellerin im Dezember 1994 dürfte sich ein besonderer Vertrauensschutz für die Antragstellerin aber auch deshalb nicht aufgebaut haben, da die Arbeitserlaubnisfreiheit des fahrenden Personals im grenzüberschreitenden Güterverkehr durch Verordnung vom 1. September 1993 (BGBl I S. 1527) ganz wesentlich dahin eingeschränkt wurde, daß dies nur bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland Gültigkeit hatte. Die Arbeitserlaubnisfreiheit bei Arbeitgebern mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland war damit entfallen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die von der Antragstellerin und ihren Mitbewerbern gefundene Konstruktion nicht ohnehin einen Umgehungstatbestand der ab 1. September 1993 geltenden Regelung darstellte, daß das bei inländischen Arbeitgebern beschäftigte fahrende Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr nunmehr den Regeln des Arbeitserlaubnisrechts unterfallen sollte. Einen besonderen Vertrauenstatbestand in die Unveränderbarkeit der neu gestalteten Ausnahmeregelung vermag der erkennende Senat jedenfalls nicht zu erkennen.
Es liegt auch nicht ein dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. März 1994 (7 RAr 44/93) vergleichbarer Sachverhalt vor. Die dort klagende Spedition beschäftigte 4 in Polen wohnhafte Fahrer und hatte von der Antragsgegnerin eine Mitteilung bekommen, daß die 4 polnischen Fahrer keine Arbeitserlaubnis benötigten. Das Bundessozialgericht hat im Wege der Auslegung das Vorliegen einer stillschweigenden Übergangsregelung angenommen, wonach die vor dem 1. September 1993 beschäftigten polnischen Fahrer auch ohne Arbeitserlaubnis weiterbeschäftigt werden dürften. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch gerade nicht um bei der Antragstellerin beschäftigte Arbeitnehmer, sondern um türkische Arbeitnehmer des türkischen Partnerbetriebes der Antragstellerin.
Auch die von der Antragstellerin vorgelegte Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. April 1997 (L 11 B 376/96.Al-VR) beruht auf einem abweichenden Sachverhalt. Dort erhielt die Spedition mit Sitz in Deutschland von der Antragsgegnerin ein Schreiben vom 23. September 1994, das das Gericht als feststellenden Verwaltungsakt ansah (bindende Feststellung, daß die Befreiungsvorschrift des § 9 Abs. 2 AEVO auch dann gilt, wenn die benutzten Fahrzeuge auf in Deutschland ansässige Unternehmen zugelassen sind), der bisher nicht aufgehoben worden sei. Alle übrigen Probleme wurden im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes als nicht entscheidungserheblich angesehen. Die Antragstellerin verfügt jedoch nicht über eine entsprechende schriftliche Regelung durch die Antragsgegnerin.
Soweit bei der Verordnung vom 30. September 1996 keine Übergangsregelung enthalten war, hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin durch die Erteilung von befristeten Arbeitserlaubnissen für die betroffenen 6 Fahrer bis zum 30. April 1997 tatsächlich die Möglichkeit der Umstellung ihres Betriebes auf die neue rechtliche Situation gegeben. Dies wird vom erkennenden Senat auch für ausreichend angesehen, zumal der Antragstellerin unterschiedliche Reaktionen – evtl. auch in Kombination – zur Verfügung standen, wie etwa die dauerhafte Umstellung auf einen Betrieb mit eigenen Lkw und eigenen Fahrern, die Einstellung deutscher oder bevorrechtigter Ausländer, die Beantragung von Arbeitserlaubnissen für nicht im Ausland wohnende Ausländer, die Zusammenarbeit mit anderen türkischen Betrieben, die im Besitz dort zugelassener Lkw sind. Soweit die Antragstellerin behauptet, daß der hiesige Arbeitsmarkt nicht einen geeigneten Lkw-Fahrer für ihre Bedürfnisse hergebe, wäre dies dann zu prüfen, wenn die Erteilung einer allgemeinen Arbeitserlaubnis nach § 19 Abs. 1 AFG für eine Beschäftigung bei der Antragstellerin beantragt wird. Der begehrte Anspruch auf arbeitserlaubnisfreie Beschäftigung ist damit nicht zu stützen.
Nach Auffassung des erkennenden Senats liegt auch kein Verstoß gegen Artikel 14 GG vor. Zum einen werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch Gesetz bestimmt (Abs. 1 Satz 2), zum anderen verpflichtet Eigentum. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen (Abs. 2). Zum Schutzbereich des Artikels 14 gehört auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb. Dabei steht das wirtschaftliche Unternehmen mit seinen personellen und gegenständlichen Grundlagen unter dem Schutz des Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG (BVerfGE 45, S. 142 (173)), bloße (Umsatz- und Gewinn-)Chancen und tatsächliche Gegebenheiten werden eigentumsrechtlich jedoch nicht geschützt (BVerfGE 68, S. 193 (223)). Ist schon zweifelhaft, ob die türkischen Beschäftigten einer in der Türkei ansässigen Partnerfirma zu den personellen Grundlagen der Antragstellerin gehören, so ist der sich verändernde Zustand des Arbeitsmarktes jedenfalls den tatsächlichen Gegebenheiten zuzurechnen, die eigentumsrechtlich nicht geschützt sind. Die durch Verordnung bisher geregelte Ausnahme, bei fahrendem Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr unbeschränkt auf Personal ausländischer Arbeitgeber zugreifen zu können, hat nach Auffassung der Antragsgegnerin zu einer Situation geführt, die mit Lage und Entwicklung des heimischen Arbeitsmarktes nicht mehr in Einklang zu bringen ist. Der Wegfall der bisherigen Ausnahme stellt damit eine Regelung dar, die Inhalt und Schranken des Eigentums näher bestimmt und auch dem Gemeinwohl dient.
Weitergehende Ansprüche ergeben sich auch nicht aus dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (ratifiziert durch Gesetz vom 13. Mai 1964 – BGBl II S. 509) und dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates, Kapitel II, Abschnitt 1, Artikel 6. Danach hat ein türkischer Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt. Dabei handelt es sich um einen unmittelbar auch in der Bundesrepublik Deutschland durchsetzbaren Anspruch (vgl. Urteil des EuGH vom 20. September 1990 – Rs C – 192/89 = NVwZ 1991 S. 255). Die den betroffenen 6 türkischen Lkw-Fahrern bis zum 30. April 1997 erteilten Arbeitserlaubnisse haben jedoch nicht mindestens 1 Jahr umfaßt, da sie erst ab Beginn der Neufassung der AEVO (10. Oktober 1996) erteilt wurden. Weitergehende Ansprüche für die Antragstellerin lassen sich aus dem Assoziationsabkommen EWG-Türkei nicht entnehmen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
I
Die Antragstellerin betreibt ein Fuhrunternehmen nach ihren Angaben ausschließlich auf der Route Deutschland – Nahost, und zwar überwiegend Deutschland – Türkei. Die Antragstellerin wurde nach ihren Angaben im Dezember 1994 gegründet und betrieb zunächst 6 Lastzüge, derzeit noch 3, die noch i.H.v. DM 300.000,– finanziert sein sollen. Die Antragstellerin ist zu 50 % beteiligt an der Fa. in Istanbul (einer GmbH türkischen Rechts), die dort ansässige Lkw-Fahrer unter Vertrag hat, die die Transporte der Antragstellerin ausführen. Die Antragstellerin stellt die sächlichen Mittel zur Verfügung, d.h. den geladenen, gewarteten, fahrfertigen Lkw einschließlich sämtlicher notwendiger Papiere, während die türkische Partnerfirma für die ordnungsgemäße Überführung und Rückführung des Lkw nebst Ladung verantwortlich ist. Die Fahrer erhalten umfassende Vollmachten zur Erledigung der Zollformalitäten und müssen deshalb auch türkische Formulare verstehen. Nach § 9 Nr. 2 Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) in der bis zum 31. August 1993 geltenden Fassung bedurfte das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr keiner Arbeitserlaubnis, ab 1.9.1993 bedurfte nur das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern im Ausland keiner Arbeitserlaubnis, ab 10. Oktober 1996 nur das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern im Ausland, sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist. Im Hinblick auf die letzte Änderung der AEVO erteilte die Antragsgegnerin den bei der Antragstellerin eingesetzten Fahrern zunächst befristete Arbeitserlaubnisse bis 30. April 1997. Für 6 türkische Fahrer, und zwar
Mustafa (geb. 1958)
Mustafa (geb. 1960)
Mustafa (geb. 1953)
Osman (geb. 1954)
Yakup (geb. 1954)
Necdet (geb. 1960),
die nach einer eidesstattlichen Erklärung der Soraya vom 2. August 1997 bereits vor September 1996 die Lkw der Antragstellerin gefahren haben, wurde eine Verlängerung der Arbeitserlaubnis beantragt.
Mit gleichlautenden Bescheiden vom 7. Mai 1997 lehnte die Beklagte die Anträge ab und führte zur Begründung u.a. aus, wegen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes habe die Bundesregierung bereits im November 1973 einen Anwerbestopp für ausländische Arbeitnehmer verfügt. Die Ausnahmen von diesem Grundsatz seien geregelt in der Anwerbestopp-Ausnahmeverordnung (ASAV). Keine der dort genannten Ausnahmetatbestände seien erfüllt. Über begründete Einzelfälle entscheide gemäß § 8 ASAV das jeweilige Landesarbeitsamt in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Regierungspräsidium. Bereits wegen fehlender Aufenthaltserlaubnis sei die Erteilung einer Arbeitserlaubnis ausgeschlossen. Mit den rechtzeitig erhobenen Widersprüchen begehrten die genannten Lkw-Fahrer, für die die Antragstellerin auftrat, weiterhin eine Arbeitserlaubnis, hilfsweise die Bestätigung, daß sie arbeitserlaubnisfrei bei der Antragstellerin eingesetzt werden dürften. Zur Begründung wurde ausgeführt, die AEVO, insbesondere § 9 Abs. 2 verstoße gegen Verfassungsrecht, da sie eine rückwirkende Enteignung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes der Antragstellerin darstelle. Es liege auch ein Verstoß gegen das deutsch-türkische Assoziationsabkommen vor.
Mit gleichlautenden Widerspruchsbescheiden vom 31. Juli 1997 wies die Beklagte die Widersprüche im wesentlichen mit der Begründung zurück, das öffentliche Interesse rechtfertige einen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin und stelle eine zusätzliche Beschränkung des Rechts aus Artikel 14 GG dar. Ein Verstoß gegen das deutsch-türkische Assoziationsabkommen liege nicht vor. Das Abkommen verschaffe türkischen Arbeitnehmern den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt nach Ablauf bestimmter Beschäftigungszeiten in Form der Verlängerung einer erteilten Arbeitserlaubnis. Eine generelle Arbeitserlaubnisfreiheit werde in dem Abkommen nicht geregelt.
Bereits am 11. Juni 1997 hat die Antragstellerin Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gestellt und gleichzeitig Klage erhoben; letztere ist noch anhängig bei dem Sozialgericht Gießen unter S-14/Ar-1103/97.
Die Antragstellerin begehrt die Feststellung und schriftliche Bescheinigung durch die Antragsgegnerin, daß die genannten Fahrer der Fa. arbeitserlaubnisfrei die Lkw der Antragstellerin von Deutschland in die Türkei und wieder zurück auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland führen dürfen. Sie hat u.a. vorgetragen, sie verfolge den Anspruch sowohl im eigenen Namen als auch namens und mit den vorgelegten Vollmachten der betroffenen Fahrer. Zur Zeit behelfe sie sich nach dem Beispiel eines "Stafettenlaufs”, indem sie Fahrzeuge bis zur rumänischen oder polnischen Grenze bringe, um dort von einem entgegenkommenden Fahrer den Zug im Wege eines Fahrertausches zu übernehmen. Dies verlängere den Transport jedoch um mindestens 2 Tage und sei personell und finanziell so aufwendig, daß es nur vorübergehend tragbar sei. Wenn der alte Zustand nicht wieder hergestellt werde, drohe die Zahlungsunfähigkeit. Selbstverständlich habe sie sich um geeignete Fahrer des deutschen Arbeitsmarktes bemüht, jedoch trotz Einschaltung der Antragsgegnerin ohne Erfolg. Die Arbeitsbedingungen seien schwierig und die Anforderungen so hoch, daß praktisch nur türkische Fahrer einsetzbar seien, insbesondere sei die Kenntnis der Mentalität des Orients und des Balkans erforderlich, wozu auch der Umgang mit korrupten Zöllnern, das richtige Verhalten bei Überfällen und der Umgang mit kriminellen Vereinigungen gehöre. Die Standzeiten in der Türkei seien wesentlich länger als die in Deutschland.
§ 9 Abs. 2 AEVO sei in der heute gültigen Fassung insgesamt verfassungswidrig, weshalb hilfsweise die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erfolgen solle. Auch sei das deutsch-türkische Assoziationsabkommen verletzt, da die EG-Partner und die Türkei bekundet hätten, den wechselseitigen Dienstleistungsverkehr nicht zu behindern. Es sei deshalb gerechtfertigt, die streitbefangene Frage dem europäischen Gerichtshof vorzulegen. Die Antragstellerin hat Vollmachten der betroffenen 6 Fahrer, eine eidesstattliche Versicherung der Bürokauffrau vom 2. Juni 1997, einen Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 22. Mai 1997 (S 13 VR 116/97 Al 98), einen Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 27. Mai 1997 (S 15 Ar 59/97), sowie eine gutachtliche Stellungnahme des Rechtsanwalt vom 21. Februar 1997 vorgelegt.
Mit Beschluss vom 8. Juli 1997 hat das Sozialgericht Gießen den Antrag abgelehnt und im wesentlichen damit begründet, der Antrag sei zwar zulässig, der Antragstellerin stehe jedoch kein Anordnungsanspruch zu. Die Beschäftigung eines Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland sei von einer Arbeitserlaubnis der Antragsgegnerin abhängig. Hierunter fielen auch türkische Arbeitnehmer, da im Verhältnis Europäische Union – Türkei bisher keine volle Freizügigkeit hergestellt sei und sich ein Anspruch türkischer Arbeitnehmer auf Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt nur nach Maßgabe des Art. 6 Assoziationsratsbeschluß Nr. 1/80 EWG-Türkei ergebe, der erst nach Ablauf bestimmter Beschäftigungszeiten den Anspruch auf Verlängerung einer erteilten Arbeitserlaubnis verschaffe. Der Befreiungstatbestand des § 9 Abs. 2 AEVO in der ab 10.10.1996 geltenden Fassung liege bei der Antragstellerin nicht vor. Die Neuregelung sei nicht rechtswidrig. Da sich die Beschränkung der Arbeitserlaubnisfreiheit auf das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland in der bis zum 9.10.1996 geltenden Fassung als nicht effektiv erwiesen habe, sei vom Verordnungsgeber als weitere Voraussetzung die Zulassung des Fahrzeuges im Sitzstaat des Arbeitgebers aufgenommen. Der wesentliche Grund hierfür sei gewesen, der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern zu wesentlich niedrigeren Löhnen bei einer erheblichen Anzahl von arbeitslosen Kraftfahrern entgegenzuwirken. Dieses öffentliche Interesse rechtfertige einen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Antragstellerin und stelle eine zulässige Beschränkung des Rechts aus Artikel 14 GG dar. Der vom Bundessozialgericht im Urteil vom 10. März 1994 (RAr 44/93) entschiedene Sachverhalt sei nicht mit dem vorliegenden vergleichbar. Den von der ab 10. Oktober 1996 geltenden Neuregelung betroffenen Unternehmen sei eine Übergangsfrist bis zum 30. April 1997 eingeräumt worden. Auch die Antragstellerin habe damit ausreichend Gelegenheit zu einer Umstellung gehabt. Eine Auslauffrist von 7 Monaten sei ausreichend. Eine generelle Arbeitserlaubnisfreiheit werde in dem deutsch-türkischen Assoziationsabkommen nicht geregelt.
Gegen den ihr am 15. Juli 1997 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 8. August 1997 Beschwerde eingelegt und unter Vorlage einer weiteren eidesstattlichen Versicherung der vom 2. August 1997, sowie eines Beschlusses des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. April 1997 (L 11 B376/96.Al-VR) vorgetragen, die Vorschrift des § 9 Abs. 2 AEVO sei bedenklich, da keine Auslauffrist für die Fahrer gewährt worden sei, die bereits vor dem 30. September 1996 beschäftigt gewesen seien.
Das Sozialgericht Gießen hat der Beschwerde unter dem 11. August 1997 nicht abgeholfen.
Die Antragstellerin hat ein Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. September 1997 (S 2 Al 446/97) vorgelegt und ergänzend vorgetragen, es seien letztlich die Arbeitsämter gewesen, die die Nahostspediteure im Jahre 1993 veranlaßt hätten, ihre türkischen Fahrer bei türkischen Firmen anzustellen. Die jetzige Argumentation wegen angeblicher Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sei rechtsmißbräuchlich, nachdem die Antragsgegnerin empfohlen gehabt habe, die Fahrer bei türkischen Firmen anzustellen. Solange es den Arbeitsämtern nicht möglich sei, qualifizierte und zuverlässige Fahrer für die Nahostroute zur Verfügung zu stellen, könne kein öffentliches Interesse daran bestehen, türkische Fahrer fernzuhalten, die zu 90 % ihre Arbeitsleistung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erbrächten, unabhängig davon, wieviel Lohn ein solcher Arbeitnehmer erhalte.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 8. Juli 1997 aufzuheben und im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, schriftlich zu bescheinigen, daß die Arbeitnehmer
Mustafa (geb. 1958)
Mustafa (geb. 1960)
Mustafa (geb. 1953)
Osman (geb. 1954)
Yakup (geb. 1954)
Necdet (geb. 1960)
arbeitserlaubnisfrei die Lkw der Antragstellerin von Deutschland in die Türkei und wieder zurück auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland führen dürfen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin trägt vor, die Neuregelung des § 9 Abs. 2 AEVO sei im Hinblick auf die konjunkturellen Entwicklungen der letzten Jahre auf dem Arbeitsmarkt einerseits und die Problemstellungen, die sich durch den Zustrom von Ausländern und deren Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt andererseits ergeben hatten, nicht rechtswidrig. Entscheidender Grund für die Änderung sei es gewesen, der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern zu wesentlich niedrigeren Löhnen bei einer erheblichen Anzahl an arbeitslosen inländischen Kraftfahrern entgegenzuwirken. Dies rechtfertige einen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Antragstellerin und begegne auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Aufgrund der bis zum 30. April 1997 eingeräumten Übergangsfrist habe die Antragstellerin auch ausreichend Zeit gehabt, sich durch geeignete Maßnahmen auf die geänderte Rechtslage einzustellen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
II
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Zwar ist bei dem vorliegenden Verfahren nach dem SGG vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz für die Antragstellerin nicht vorgesehen, ist jedoch nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (19. Oktober 1977 – 2BvR 42/76 – BVerfGE 46, S. 166) dann geboten, wenn für die Antragstellerin schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Nach dem schlüssigen Vorbringen der Antragstellerin droht ihr wirtschaftlicher Zusammenbruch, wenn sie die bisherige Zusammenarbeit mit der Fa. nicht fortführen kann.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 8. Juli 1997 ist zu Recht ergangen. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Erlaß der begehrten einstweiligen Anordnung. Dabei geht der erkennende Senat davon aus, daß die Antragstellerin schlüssig die Voraussetzungen dargelegt hat, die bei "Wahrunterstellung” das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ergeben würden. Es ist auch davon auszugehen, daß die letztlich gewollte Feststellungsklage zulässig ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. März 1994 – 7 RAr 44/93), wobei der begehrten schriftlichen Bescheinigung keine weitergehende Bedeutung etwa im Sinne eines allgemeinen Leistungsbegehrens zukommen dürfte; vielmehr sieht die Antragstellerin darin nur die vereinfachte Möglichkeit, bei den Grenzabfertigungen den Nachweis zu führen, daß der jeweilige Lkw-Fahrer berechtigt ist, den jeweiligen Lkw der Antragstellerin auch in der Bundesrepublik Deutschland zu führen.
Von einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes war im Rahmen des begehrten einstweiligen Rechtsschutzes abzusehen, da nach Auffassung des erkennenden Senates bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht vom Vorliegen eines Anordnungsanspruches ausgegangen werden kann. Die angefochtenen Bescheide der Antragsgegnerin vom 7. Mai 1997 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31. Juli 1997 entsprechen im Ergebnis der materiellen Rechtslage.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 AFG bedürfen Arbeitnehmer, die nicht Deutsche sind, zur Ausübung einer Beschäftigung einer Erlaubnis der Antragsgegnerin, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist. Nach Satz 2 wird die Erlaubnis nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erteilt. Nach Satz 3 darf Ausländern, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine Beschäftigung ausüben wollen, die Arbeitserlaubnis nur erteilt werden, sofern die Dauer der Beschäftigung die Dauer von 3 Monaten nicht übersteigt.
Nach Abs. 4 kann das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung durch Rechtsverordnung für einzelne Berufs- und Personengruppen Ausnahmen von Abs. 1 Satz 1 bis 3 zulassen. Von dieser Ermächtigung wurde durch die Verordnung zur Änderung des Arbeitserlaubnisrechts vom 30. September 1996 (BGBl I S. 1491) Gebrauch gemacht. Es ist nicht erkennbar, daß die Beschränkung der Arbeitserlaubnisfreiheit bei fahrendem Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland, sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist, gegen die Ermächtigungsgrundlage verstößt. Soweit nach der bis zum 9. Oktober 1996 geltenden Fassung unbeachtlich war, in welchem Land der benutzte Lkw zugelassen war, hatte dies offenbar zu der auch von der Antragstellerin verwendeten Konstruktion geführt, in der Bundesrepublik Deutschland einen vollständigen Speditionsbetrieb aufrecht zu erhalten, jedoch ohne die erforderlichen Lkw-Fahrer, die von einem türkischen Betrieb zu stellen waren. Dieses Verhalten wirkt sich auf den deutschen Arbeitsmarkt aus. Es war demnach naheliegend, bei ungünstiger werdendem Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland die Ausnahmen in der AEVO zu überprüfen und ggf. enger zu fassen. Dabei bedeutet die Herausnahme einer bestimmten Berufsgruppe (wie hier das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland, sofern das Fahrzeug in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen ist) aus der generellen Arbeitserlaubnisfreiheit keineswegs für die dadurch betroffene Antragstellerin, daß die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die nicht Deutsche (oder diesen gleichgestellt) sind, nunmehr in ihrem Betrieb ausnahmslos ausgeschlossen ist. Vielmehr wird sie dadurch lediglich den anderen Betrieben gleichgestellt, die entsprechend § 19 Abs. 1 Satz 6 AFG nichtdeutsche Arbeitnehmer nur einstellen dürfen, wenn diese eine Arbeitserlaubnis besitzen. Die Antragstellerin wird also aus Gründen der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes dem allgemeinen Arbeitserlaubnisrecht unterstellt. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß nach den Ausführungen von Rechtsanwalt (Schreiben vom 21. Februar 1997) und auch nach den eigenen Angaben der Antragstellerin die Nahostspediteure in den vergangenen Jahren die bestehende Regelung der Arbeitserlaubnisfreiheit dazu verwendet haben, überwiegend oder fast ausschließlich in der Türkei wohnende Fahrer von türkischen Partnerbetrieben auf ihren eigenen Lkw einzusetzen und damit die Veränderung von Lage und Entwicklung des hiesigen Arbeitsmarktes zumindest mitbewirkt haben. Ein Vertrauensschutz der Antragstellerin auf eine Fortdauer einer Ausnahmeregelung, die ihrerseits abhängig von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes ist, kann keinen Bestand haben, wenn sich Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes ändern. In der Gründungssituation der Antragstellerin im Dezember 1994 dürfte sich ein besonderer Vertrauensschutz für die Antragstellerin aber auch deshalb nicht aufgebaut haben, da die Arbeitserlaubnisfreiheit des fahrenden Personals im grenzüberschreitenden Güterverkehr durch Verordnung vom 1. September 1993 (BGBl I S. 1527) ganz wesentlich dahin eingeschränkt wurde, daß dies nur bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland Gültigkeit hatte. Die Arbeitserlaubnisfreiheit bei Arbeitgebern mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland war damit entfallen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die von der Antragstellerin und ihren Mitbewerbern gefundene Konstruktion nicht ohnehin einen Umgehungstatbestand der ab 1. September 1993 geltenden Regelung darstellte, daß das bei inländischen Arbeitgebern beschäftigte fahrende Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr nunmehr den Regeln des Arbeitserlaubnisrechts unterfallen sollte. Einen besonderen Vertrauenstatbestand in die Unveränderbarkeit der neu gestalteten Ausnahmeregelung vermag der erkennende Senat jedenfalls nicht zu erkennen.
Es liegt auch nicht ein dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. März 1994 (7 RAr 44/93) vergleichbarer Sachverhalt vor. Die dort klagende Spedition beschäftigte 4 in Polen wohnhafte Fahrer und hatte von der Antragsgegnerin eine Mitteilung bekommen, daß die 4 polnischen Fahrer keine Arbeitserlaubnis benötigten. Das Bundessozialgericht hat im Wege der Auslegung das Vorliegen einer stillschweigenden Übergangsregelung angenommen, wonach die vor dem 1. September 1993 beschäftigten polnischen Fahrer auch ohne Arbeitserlaubnis weiterbeschäftigt werden dürften. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch gerade nicht um bei der Antragstellerin beschäftigte Arbeitnehmer, sondern um türkische Arbeitnehmer des türkischen Partnerbetriebes der Antragstellerin.
Auch die von der Antragstellerin vorgelegte Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. April 1997 (L 11 B 376/96.Al-VR) beruht auf einem abweichenden Sachverhalt. Dort erhielt die Spedition mit Sitz in Deutschland von der Antragsgegnerin ein Schreiben vom 23. September 1994, das das Gericht als feststellenden Verwaltungsakt ansah (bindende Feststellung, daß die Befreiungsvorschrift des § 9 Abs. 2 AEVO auch dann gilt, wenn die benutzten Fahrzeuge auf in Deutschland ansässige Unternehmen zugelassen sind), der bisher nicht aufgehoben worden sei. Alle übrigen Probleme wurden im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes als nicht entscheidungserheblich angesehen. Die Antragstellerin verfügt jedoch nicht über eine entsprechende schriftliche Regelung durch die Antragsgegnerin.
Soweit bei der Verordnung vom 30. September 1996 keine Übergangsregelung enthalten war, hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin durch die Erteilung von befristeten Arbeitserlaubnissen für die betroffenen 6 Fahrer bis zum 30. April 1997 tatsächlich die Möglichkeit der Umstellung ihres Betriebes auf die neue rechtliche Situation gegeben. Dies wird vom erkennenden Senat auch für ausreichend angesehen, zumal der Antragstellerin unterschiedliche Reaktionen – evtl. auch in Kombination – zur Verfügung standen, wie etwa die dauerhafte Umstellung auf einen Betrieb mit eigenen Lkw und eigenen Fahrern, die Einstellung deutscher oder bevorrechtigter Ausländer, die Beantragung von Arbeitserlaubnissen für nicht im Ausland wohnende Ausländer, die Zusammenarbeit mit anderen türkischen Betrieben, die im Besitz dort zugelassener Lkw sind. Soweit die Antragstellerin behauptet, daß der hiesige Arbeitsmarkt nicht einen geeigneten Lkw-Fahrer für ihre Bedürfnisse hergebe, wäre dies dann zu prüfen, wenn die Erteilung einer allgemeinen Arbeitserlaubnis nach § 19 Abs. 1 AFG für eine Beschäftigung bei der Antragstellerin beantragt wird. Der begehrte Anspruch auf arbeitserlaubnisfreie Beschäftigung ist damit nicht zu stützen.
Nach Auffassung des erkennenden Senats liegt auch kein Verstoß gegen Artikel 14 GG vor. Zum einen werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch Gesetz bestimmt (Abs. 1 Satz 2), zum anderen verpflichtet Eigentum. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen (Abs. 2). Zum Schutzbereich des Artikels 14 gehört auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb. Dabei steht das wirtschaftliche Unternehmen mit seinen personellen und gegenständlichen Grundlagen unter dem Schutz des Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG (BVerfGE 45, S. 142 (173)), bloße (Umsatz- und Gewinn-)Chancen und tatsächliche Gegebenheiten werden eigentumsrechtlich jedoch nicht geschützt (BVerfGE 68, S. 193 (223)). Ist schon zweifelhaft, ob die türkischen Beschäftigten einer in der Türkei ansässigen Partnerfirma zu den personellen Grundlagen der Antragstellerin gehören, so ist der sich verändernde Zustand des Arbeitsmarktes jedenfalls den tatsächlichen Gegebenheiten zuzurechnen, die eigentumsrechtlich nicht geschützt sind. Die durch Verordnung bisher geregelte Ausnahme, bei fahrendem Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr unbeschränkt auf Personal ausländischer Arbeitgeber zugreifen zu können, hat nach Auffassung der Antragsgegnerin zu einer Situation geführt, die mit Lage und Entwicklung des heimischen Arbeitsmarktes nicht mehr in Einklang zu bringen ist. Der Wegfall der bisherigen Ausnahme stellt damit eine Regelung dar, die Inhalt und Schranken des Eigentums näher bestimmt und auch dem Gemeinwohl dient.
Weitergehende Ansprüche ergeben sich auch nicht aus dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (ratifiziert durch Gesetz vom 13. Mai 1964 – BGBl II S. 509) und dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates, Kapitel II, Abschnitt 1, Artikel 6. Danach hat ein türkischer Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt. Dabei handelt es sich um einen unmittelbar auch in der Bundesrepublik Deutschland durchsetzbaren Anspruch (vgl. Urteil des EuGH vom 20. September 1990 – Rs C – 192/89 = NVwZ 1991 S. 255). Die den betroffenen 6 türkischen Lkw-Fahrern bis zum 30. April 1997 erteilten Arbeitserlaubnisse haben jedoch nicht mindestens 1 Jahr umfaßt, da sie erst ab Beginn der Neufassung der AEVO (10. Oktober 1996) erteilt wurden. Weitergehende Ansprüche für die Antragstellerin lassen sich aus dem Assoziationsabkommen EWG-Türkei nicht entnehmen.
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