L 6 AL 309/98

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 7 AL 475/96
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 309/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge durch die Bundesanstalt für Arbeit führt zu rechtswidrig hohen Beiträgen, da die im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung enthaltene Begrenzung auf 360 Tagesbeiträge je Jahr (bzw. 30 Tagesbeiträge je Monat) unberücksichtigt bleibt. Im Rahmen des § 128 Abs. 4 AFG darf von dem Arbeitgeber nur der sich bei richtiger Berechnung ergebende Krankenversicherungsbeitrag erstattet verlangt werden.
Aus krankheitsbedingten Gründen wegen häufig wiederkehrender Erkrankung darf nicht gekündigt werden, wenn die Fehlzeit je Jahr im Durchschnitt der letzten drei Jahre zum Kündigungszeitpunkt 6 Wochen nicht erreicht.
Eine sozial gerechtfertigte Kündigung liegt bereits dann nicht vor, wenn bei Abwägung der sozialen Schutzwürdigkeit die Dauer der Betriebszugehörigkeit nicht berücksichtigt wird.
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 18. September 1998 wird mit der Maßgabe abgewiesen, daß die Erstattungsforderung hinsichtlich der Krankenversicherungsbeiträge herabgesetzt wird auf DM 12.095,21.

II. Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im übrigen haben die Beteiligten im Berufungsverfahren einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Es geht in dem Rechtsstreit um die Erstattung von Arbeitslosengeld sowie von Beiträgen zur Krankenversicherung und Rentenversicherung im Rahmen des § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), den früheren Arbeitnehmer der Klägerin und die Zeit vom 9. Dezember 1993 bis 6. Dezember 1995 betreffend. Der am 9. Dezember 1935 geborene frühere Arbeitnehmer war von 1975 bis zum 30. Juni 1993 bei der Vorgängerin der Klägerin ( ), Werk , als Kraftwerker beschäftigt. In der Zeit vom 1. April bis zum 30. Juni 1993 erzielte er ein Bruttoeinkommen in Höhe von DM 11.883,83 in 494 Stunden bei einer tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit von 38 Stunden je Woche. Am 21. Oktober 1992 kündigte die Vorgängerin der Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1993. In der Arbeitsbescheinigung gab sie als maßgebliche Kündigungsfrist 3 Monate zum Vierteljahresschluß an. Der frühere Arbeitnehmer hatte die. Steuerklasse 1 (ohne Kinderfreibeträge). Der frühere Arbeitnehmer erhielt eine Abfindung nach Sozialplan in Höhe von DM 7.592,–.

Auf seinen Antrag und Arbeitslosmeldung vom 8. Juni 1993 gewährte die Beklagte dem früheren Arbeitnehmer Arbeitslosengeld für 832 Tage ab 1. Juli 1993 in Höhe von DM 358,20 wöchentlich (Bemessungsentgelt DM 910,– wöchentlich). Ab 1. Januar 1994 betrug das Arbeitslosengeld 335,40 wöchentlich (Leistungsverordnung 1994), ab 1. Juli 1994 DM 343,80 wöchentlich (bei dynamisiertem Bemessungsentgelt in Höhe von DM 940,–), ab 2. Januar 1995 DM 335,40 wöchentlich (Leistungsverordnung 1995) und ab 1. Juli 1995 DM 340,80 wöchentlich (bei dynamisiertem Bemessungsentgelt in Höhe von DM 960,–). Die Krankenversicherung wurde bei der Bundesknappschaft mit einem gleichbleibenden Beitrag in Höhe von 13,9 % durchgeführt. Ab 1. Januar 1996 erhielt der frühere Arbeitnehmer Altersrente.

Im Antrag auf Arbeitslosengeld hatte der frühere Arbeitnehmer keine Einschränkung seiner Vermittlungsfähigkeit angegeben. Ermittlungen der Beklagten hinsichtlich des Gesundheitszustandes des früheren Arbeitnehmers fanden nicht statt. Das Sozialgericht hat den früheren Arbeitnehmer im Termin am 28. Januar 1998 als Zeugen gehört.

Im Rahmen der Anhörung der behaupteten Erstattungspflicht nach § 128 AFG beanstandete die Klägerin u.a. unterlassene Ermittlungen der Beklagten hinsichtlich anderer Sozialleistungen und wies auf die schwierige wirtschaftliche Situation hin (wird näher ausgeführt). Es habe sich um eine sozial gerechtfertigte Kündigung gehandelt. Am 7. März 1991 sei mit dem Gesamtbetriebsrat ein Interessenausgleich und ein Sozialplan vereinbart worden. Von den Maßnahmen seien ca. 1.400 Arbeitsplätze betroffen, ca. 1.200 Mitarbeiter seien ausgeschieden oder würden noch ausscheiden. Noch 1993 würden 305 Maßnahmen realisiert. Hinsichtlich der Sozialauswahl werde auf den Sozialplan verwiesen. Wegen weiterer wirtschaftlicher Schwierigkeiten seien am 15. Juni 1993 ein weiterer Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart worden, wodurch bis Ende 1997 ca. 1.700 Arbeitsplätze entfielen.

Interessenausgleich und Sozialplan wurden vorgelegt. Das Arbeitsamt Hanau wandte sich an das Arbeitsamt Kassel (Sitz der Klägerin ist im dortigen Bezirk) mit der Bitte um Angabe des Standes evtl. gestellter Befreiungsanträge. Das Arbeitsamt Kassel teilte mit, daß die AG für das Jahr 1993 einen Befreiungsantrag nach § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG gestellt, jedoch ein Wirtschaftsgutachten hinsichtlich der GmbH vorgelegt habe. Die GmbH sei jedoch erst am 21.12.1993 bei dem Registergericht (Mühlhausen) eingetragen worden. Mit Schreiben vom 27. März 1995 führte das Arbeitsamt Kassel aus, weshalb ein Wegfall der Erstattungspflicht der Klägerin wegen unzumutbarer Belastung nicht in Frage komme, u.a. wegen erheblicher liquider Mittel, Kapital-/Gewinnrücklagen sowie Rückstellungen – 525 Mio –, Trennung von verlustbringenden Betrieben.

Mit Bescheid vom 19. Juli 1995 lehnte die Beklagte (Arbeitsamt Kassel) gegenüber der Klägerin die Befreiung nach § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG ab.

Mit Grundbescheid vom 28. Juli 1993 stellte die Beklagte fest, daß die Klägerin verpflichtet sei, dem früheren Arbeitnehmer ab 9. Dezember 1993 gezahltes Arbeitslosengeld sowie Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und Rentenversicherung für längstens 624 Tage zu erstatten. Ferner erließ die Beklagte unter demselben Datum zwei später aufgehobene Erstattungsbescheide, die Zeit vom 9. Dezember 1993 bis 17. Juni 1995 betreffend.

Hiergegen hat die Klägerin am 17. August 1995 Widerspruch eingelegt und vorgetragen, es habe sich um eine sozial gerechtfertigte Kündigung gehandelt. Der Arbeitsplatz des früheren Arbeitnehmers sei weggefallen. Von den im Energiebetrieb beschäftigten Kraftwerkern seien 4 Mitarbeiter nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen gewesen, da sie als gelernte Schlosser die regelmäßig anfallenden Schlosserarbeiten zu erledigen hätten. Die übrigen 14 Kraftwerker seien in die Sozialauswahl einzubeziehen gewesen, davon hätten 2 Mitarbeiter je 4 Kinder (Alter der Mitarbeiter 33 und 34 Jahre), zwei Mitarbeiter je 3 Kinder (Alter der Mitarbeiter 33 und 38 Jahre), 2 Mitarbeiter je 2 Kinder (Alter der Mitarbeiter 37 und 41 Jahre) und 5 Mitarbeiter je 1 Kind (Alter der Mitarbeiter 37, 38, 40, 43, 53 Jahre). Die verbleibenden 3 Mitarbeiter seien im. Alter von 43, 48 und 53 Jahren, verheiratet und Alleinverdiener. In Anbetracht ihrer Unterhaltsverpflichtungen und geringer Arbeitsmarktchancen als ungelernte seien sie schutzwürdiger als Herr , der für die Zeit bis zum Rentenbezug sozial abgesichert und für niemand unterhaltsverpflichtet sei. Die Kündigung sei aber auch als krankheitsbedingte Kündigung gerechtfertigt gewesen, da der frühere Arbeitnehmer erhebliche Krankheitstage aufzuweisen gehabt habe (1992 75 Krankheitstage, in den ersten 3 Monaten 1993 19 Krankheitstage). Von einer personenbedingten Kündigung sei jedoch abgesehen worden. Im Rahmen der Erstattungspflicht sei dies jedoch ebenfalls zu berücksichtigen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. April 1996 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen, da in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit zwar die Gewichtung des Lebensalters älterer Arbeitnehmer durchaus geringer angesetzt, keinesfalls aber ausgeschlossen werden könne. Der frühere Arbeitnehmer sei bei Ausscheiden 57 ½ Jahre alt und mehr als 18 Jahre im Unternehmen beschäftigt gewesen. Die besondere Schutzwürdigkeit älterer Arbeitnehmer komme u.a. dadurch zum Ausdruck, daß bei der sozialen Auswahl der Anspruch eines Arbeitnehmers auf eine Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres nicht berücksichtigt werden dürfe.

Hiergegen hat die Klägerin am 17. April 1996 Klage erhoben. Mit zwei weiteren, später ebenfalls aufgehobenen, Bescheiden vom 31. Mai 1996 hat die Beklagte die Erstattungsforderung auf die Zeit bis zum 6. Dezember 1995 erstreckt.

Die Klägerin hat ein Attest der behandelnden Ärztin des früheren Arbeitnehmers vom 30. August 1996 vorgelegt (seit 1992 chron. LWS-Syndrom, degenerative WS-Veränderungen, deg. Lumbalsyndrom) und u.a. ausgeführt, daß durch die hohen krankheitsbedingten Fehlzeiten die betrieblichen Belange gravierend beeinträchtigt worden seien. Daraus und aus dem vorgelegten Attest ergebe sich eindeutig eine negative Prognose. Das Sozialgericht hat den früheren Arbeitnehmer am 28. Januar 1998 als Zeugen gehört. Dieser hat u.a. angegeben, daß aus seiner Sicht die gesundheitlichen Einschränkungen alleiniger Grund für die Beendigung gewesen seien. Zunächst sei seine Entlassung im Sozialplan nicht vorgesehen gewesen. Nachdem er seinen Chef auf seine gesundheitlichen Einschränkungen hingewiesen habe, sei ihm auf eigenen Wunsch gekündigt worden.

Mit Urteil vom 28. Januar 1998 hat das Sozialgericht Kassel die angefochtenen Bescheide aufgehoben. In der Begründung hat es ausgeführt, daß der Grundlagenbescheid vom 28. Juli 1995 bereits deshalb rechtswidrig sei, da das Gesetz eine Trennung in Grundlagen- und Abrechnungsbescheide nicht vorsehe. Die Abrechnungsbescheide seien wegen fehlender Anhörung rechtswidrig.

Gegen das ihr am 9. Februar 1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. März 1998 Berufung eingelegt.

Mit Schreiben vom 19. März 1998 befragte die Beklagte zunächst den früheren Arbeitnehmer. Dieser gab u.a. an, daß sich sein Gesundheitszustand seit seiner Arbeitslosmeldung nicht verändert habe und er seither auch nicht arbeitsunfähig krankgeschrieben worden sei.

Nach Anhörung der Klägerin verlangte die Beklagte mit Bescheid vom 18. September 1998 für die Zeit vom 9. Dezember 1993 bis zum 6. Dezember 1995 (624 Leistungstage) folgende Erstattung:

Arbeitslosengeld DM 35.301,20
Beiträge zur Krankenversicherung DM 12.249,95
Beiträge zur Rentenversicherung DM 10.462,11
insgesamt DM 58.013,26

Die Beklagte trägt vor, der Ersetzungsbescheid vom 18. September 1998 sei nach erfolgter Anhörung des früheren Arbeitnehmers und der Klägerin ergangen. Er umfasse den gesamten Erstattungszeitraum.

Eine Kündigung wegen langandauernder Krankheit sei nicht möglich gewesen, da der frühere Arbeitnehmer bei Ausspruch der Kündigung im Oktober 1992 letztmals im März 1992 für 15 Tage arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Die im September 1992 durchgeführte Heilbehandlung stelle keine Arbeitsunfähigkeit irrt arbeitsrechtlichen Sinne dar. Eine Kündigung wegen häufiger krankheitsbedingter Fehltage sei auch nicht berechtigt gewesen, da die von der Klägerin in Kalendertagen angegebenen Fehlzeiten der letzten 3 Jahre die von der Rechtsprechung als hinnehmbar angesehenen Fehlzeiten von 14 % nicht übersteige. Ihre Verfahrensweise hinsichtlich der Beitragsberechnung nach § 157 AFG entspreche der Beschlussempfehlung und dem Bericht des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucksache 8/4022 S. 91). Solche Absprachen enthalte das Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 1. Dezember 1994. Entgegen dem Wortlaut der Regelungen in den §§ 157 Abs. 3 AFG, 223 Abs. 2 SGB V sei deshalb der Wochenbetrag des Bemessungsentgeltes durch 6 zu teilen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage gegen den Bescheid vom 18. September 1998 abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18. September 1998 aufzuheben.

Die Klägerin trägt vor, wegen der häufigen Erkrankungen des früheren Arbeitnehmers und der ungünstigen Prognose trotz mehrerer Kuraufenthalte sei eine Kündigung zulässig gewesen. Die betrieblichen Belange seien erheblich beeinträchtigt worden wegen der Lohnfortzahlungskosten, der Aufzehrung der knappen Personalreserven und der Störungen des betrieblichen Ablaufs.

Im Termin am 11. August 1999 haben die Beteiligten übereinstimmend den Streitgegenstand auf den Abrechnungsbescheid vom 18. September 1998 begrenzt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), war zulässig. Zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung waren streitbefangen sowohl der Grundlagenbescheid vom 28. Juli 1995 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides) als auch die später von der. Beklagten aufgehobenen Abrechnungsbescheide vom 28. Juli 1995 und vom 31. Mai 1996. Durch den nach der nachgeholten Anhörung ergangenen Abrechnungsbescheid vom 18. September 1998 wurden nicht nur sämtliche früheren Abrechnungsbescheide aufgehoben, sondern verlor auch der Grundlagenbescheid seine die Klägerin beschwerende Wirkung (vgl. Urteil des BSG vom 18. September 1997 – 11 RAr 7/96). Dem entsprach die einvernehmliche Beschränkung des Streitgegenstandes auf den Abrechnungsbescheid vom 18. September 1998. Nachdem die Beteiligten auch hinsichtlich der erstinstanzlich entstandenen Kosten keine Entscheidung des erkennenden Senats begehrten, war nur über die Klage gegen den Bescheid vom 18. September 1998 zu entscheiden.

Die Klage gegen den über § 96 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG in den Rechtsstreit einbezogenen Bescheid vom 18. September 1998 ist zulässig, § 54 Abs. 1 SGG, jedoch nur zu einem geringen Teil begründet.

Die Beklagte hat zutreffend von der Klägerin die Erstattung von Arbeitslosengeld für 624 Tage bezüglich des früheren Arbeitnehmers ab 9. Dezember 1993 (Vollendung des 58. Lebensjahres) verlangt, § 128 Abs. 1 Satz 1 AFG. Der frühere Arbeitnehmer stand bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin in den letzten vier Jahren vor dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit am 1. Juli 1993 (Rahmenfrist 1. Juli 1989 bis 30. Juni 1993) mehr als 720 Kalendertage in einem die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis.

Der frühere Arbeitnehmer stand in den letzten 12 Jahren vor der Arbeitslosigkeit durchgehend in einem Arbeitsverhältnis bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin. Die Voraussetzungen des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b AFG liegen damit nicht vor. Die Klägerin hat das Arbeitsverhältnis auch nicht durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet, § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AFG. Dabei brauchte der erkennende Senat nicht der Frage nachzugehen, ob eine sozial gerechtfertigte betriebsbedingte Kündigung bereits dann anzunehmen ist, wenn ein Arbeitnehmer namentlich oder umschrieben in einem Sozialplan unter den zu Kündigenden aufgeführt ist, da im vorliegenden Fall die Kündigung des früheren Arbeitnehmers nicht im Sozialplan vorgesehen war, wie dieser bei seiner Zeugenvernehmung am 28. Januar 1998 ausgesagt hat und von der Klägerin unwidersprochen blieb.

Die Klägerin hat aber auch nicht schlüssig dargelegt, dass der frühere Arbeitnehmer im Vergleich zu den übrigen 14 Kraftwerkern des Energiebetriebes des Werkes , die in die Sozialauswahl einzubeziehen waren, sozial am wenigsten schutzbedürftig war. Soweit die Klägerin im Vorverfahren die Sozialauswahl näher erläutert hat, erfolgte dies nur anhand des Lebensalters und der Zahl der unterhaltsberechtigten Personen des jeweiligen Arbeitnehmers. Eine Sozialauswahl, bei der die Dauer der Betriebszugehörigkeit außer Acht gelassen wird, kann jedoch nicht zu einer sozial gerechtfertigten Kündigung führen (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 7. Aufl. § 132, I 3a), zumal der frühere Arbeitnehmer fast 18 Jahre bei der Klägerin beschäftigt war.

Die Klägerin wäre auch nicht berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis aus personenbedingtem Grund zu kündigen. So wäre insbesondere keine krankheitsbedingte Kündigung in Betracht gekommen. Dabei wären sowohl eine Kündigung wegen lang andauernder Krankheit (vgl. Schaub § 129 II 6c) als auch wegen krankheitsbedingter Minderung der Leistungsfähigkeit (Schaub § 129 II 6e) nicht in Frage gekommen; zum Zeitpunkt der Kündigung lag weder eine seit längerem bestehende Arbeitsunfähigkeit vor, noch war der frühere Arbeitnehmer gehindert, die ihm obliegende Arbeit zu verrichten. Soweit er bei seiner Vernehmung durch das Sozialgericht angegeben hat, dass er seinem Chef gesagt habe, dass dieser keinen Spaß mehr mit ihm haben werde, wenn er ihn weiter beschäftige, stellt dies keinen brauchbaren Beleg für eine Leistungsminderung dar. Die ärztliche Bescheinigung der Allgemeinmedizinerin vom 30. August 1996 ist mangels näherer Angaben nicht geeignet, eine dauerhafte Leistungseinschränkung im Hinblick auf den konkreten Arbeitsplatz oder das Vorliegen einer lang andauernden mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit zu belegen. Nach der eigenen Aufstellung der Klägerin vom 20. November 1996 war der frühere Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung (21. Oktober 1992) nicht arbeitsunfähig, sondern hatte nach einer Kur (2. bis 30. September 1992) und Bezug von Übergangsgeld (1. bis 4. Oktober 1992) seine Arbeit wieder aufgenommen. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sind davor lediglich für 15 Tage im März 1992 und davor im April 1991 (26 Tage) angegeben. Soweit der frühere Arbeitnehmer bei seiner Zeugenvernehmung am 28. Januar 1998 angegeben hat, daß er sich zur Arbeitsleistung nicht mehr in der Lage gefühlt hat, wird dies durch die tatsächliche Erbringung der Arbeit widerlegt, insbesondere, da er nach der letzten Kur die Arbeit wieder aufgenommen hat. Dem entspricht auch die schriftliche Auskunft des früheren Arbeitnehmers auf die schriftliche Befragung durch die Beklagte vom 19. März 1998. Seit seiner Arbeitslosmeldung war der frühere Arbeitnehmer nicht mehr arbeitsunfähig krank bei unverändertem Gesundheitszustand. Es konnte auch nicht festgestellt werden, daß die Klägerin zur Kündigung wegen häufiger Fehlzeiten (und ungünstiger Prognose) des früheren Arbeitnehmers berechtigt gewesen wäre. Es fehlt insoweit bereits schon an der Einstiegsvoraussetzung der häufigen Fehlzeiten, die nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte frühestens dann angenommen werden kann, wenn in den letzten drei Jahren durchschnittlich (pro Jahr) mehr als 6 Wochen Arbeitsunfähigkeitszeiten vorgelegen haben (vgl. Schaub § 129 II 6d). Im vorliegenden Fall hat der frühere Arbeitnehmer in der Zeit von Oktober 1989 bis zur Kündigung nach der Aufstellung der Klägerin insgesamt 113 Kalendertage gefehlt, entsprechend durchschnittlich etwa 5 ½ Wochen je Jahr. Dabei handelt es sich um für einen Arbeitgeber noch zumutbare Fehlzeiten, so dass es auf die Frage der Prognose, die Betrachtung der Art der Erkrankungen, die Bewertung von Kuren, die empfindliche Störung des Betriebsablaufes oder die nach der Kündigung eintretenden Erkrankungen nicht mehr ankommt.

Die Erstattungspflicht der Klägerin entfällt auch nicht wegen unzumutbarer Belastung nach § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG.

Zum einen liegt hinsichtlich des Jahres 1993 eine negative generelle Entscheidung des Arbeitsamtes Kassel vom 19. Juli 1995 gegenüber der Klägerin vor, zum anderen hat die Auswertung der Unterlagen der Klägerin ergeben, daß diese über erhebliche liquide Mittel und Geldanlagen verfügt (z.B. Jahresabschluss 1993 für sonstige Rückstellungen 220 Millionen). So ist im Geschäftsbericht der Klägerin für 1992 (Bl. 31 GA) von einer soliden Vermögens- und Kapitalstruktur die Rede und die Jahresfehlbeträge für die Jahre 1991 und 1992 in Höhe von DM 10,8 bzw. 14,7 Millionen nehmen sich gegenüber der Höhe der Rücklagen bescheiden aus. Die Klägerin hat folgerichtig zu diesem Befreiungstatbestand während des Rechtsstreites nichts mehr vorgetragen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der frühere Arbeitnehmer hinsichtlich des streitbefangenen Zeitraumes Ansprüche auf andere Leistungen entsprechend § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 AFG hatte. Insoweit hat der frühere Arbeitnehmer in seinem Antrag auf Arbeitslosengeld keine Einschränkungen seiner Vermittlungsfähigkeit angegeben. Auch sind der Beklagten in der Folgezeit keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des früheren Arbeitnehmers vorgelegt worden. Bestätigt wird dies durch die negative schriftliche Auskunft des früheren Arbeitnehmers auf die Anfrage der Beklagten vom 19. März 1998. Es fehlte mithin für die Beklagte ein Ansatzpunkt hinsichtlich anderer Sozialleistungen weiter zu ermitteln; ein solcher war auch für das Gericht nicht zu erkennen.

Die Beklagte hat die Erstattungsforderung hinsichtlich Arbeitslosengeld und Rentenversicherungsbeiträgen auch der Höhe nach richtig berechnet.

Der frühere Arbeitnehmer hatte einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die streitbefangene Zeit ab 9. Dezember 1993. Er war ab 1. Juli 1993 arbeitslos, stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, hatte die Anwartschaftszeit erfüllt, sich am 8. Juni 1993 arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt, § 100 Abs. 1 AFG. Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestand auch in der tatsächlich gezahlten Höhe von DM 35.301,20, entsprechend einem wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von DM 910,– (dynamisiert auf DM 940,– bzw. DM 960,–) unter Berücksichtigung der Steuerklasse 1 (Leistungsgruppe A) und dem allgemeinen Leistungssatz (ohne Kindermerkmal). Nach den Leistungsverordnungen 1993, 1994 und 1995 ergaben sich daraus wöchentliche Leistungssätze in Höhe von DM 358,20 (1993), DM 335,40 (Januar bis Juni 1994), DM 343,80 (Juli bis Dezember 1994), DM 335,40 (Januar bis Juni 1995) und DM 340,80 (Juli bis Dezember 1995). Dem entspricht die von der Beklagten gegenüber der Klägerin geltend gemachte Erstattungsforderung für den streitbefangenen Zeitraum.

Die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung der auf das gewährte Arbeitslosengeld entfallenden Beiträge zur Rentenversicherung und zur Krankenversicherung folgt aus § 128 Abs. 4 AFG. Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge folgt aus § 170 Abs. 1 Nr. 2b Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB 6); die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge folgt aus §§ 155, 157 Abs. 1 AFG.

Hinsichtlich der Höhe der Erstattungsforderung der Krankenversicherungsbeiträge ist die Klage in geringem Umfang begründet, im übrigen – auch hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge – jedoch unbegründet.

Die Beklagte hat die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge nach einer zwar von ihr immer verwendeten, jedoch unzutreffenden Berechnungsformel ermittelt, die bewirkt, dass während des Arbeitslosengeldbezuges Woche für Woche Beiträge fortlaufend gezahlt werden (§ 114 AFG), ohne eine Begrenzung auf 30 Beitragstage im Monat bzw. auf 360 Beitragstage im Jahr wie in der Krankenversicherung (§ 223 Abs. 2 Satz 2 SGB 5). Aus dieser unterschiedlichen Berechnung ergibt sich im vorliegenden Fall eine rechtswidrige Mehrforderung der Beklagten in Höhe von insgesamt DM 154,74. Die Klägerin ist nur zur Beitragserstattung in der Höhe verpflichtet, in der eine rechtmäßige Beitragszahlung der Beklagten vorlag (vgl. Urteil des BSG vom 16. September 1998 – B 11 AL 59/97 R). Soweit die Beklagte tatsächlich höhere Beiträge an die Bundesknappschaft gezahlt hat, kann sie den überschießenden Betrag nicht von der Klägerin im Wege der Erstattungsforderung nach § 128 Abs. 4 AFG verlangen. Der rechtmäßige Krankenversicherungsbeitrag errechnet sich für die Zeit bis 31.12.1994 nach § 157 Abs. 3 Satz 1 AFG a.F. Danach gilt als beitragspflichtige Einnahme das durch 7 geteilte wöchentliche Arbeitsentgelt, das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegt. Im Zeitraum vom 9. Dezember 1993 bis 30. Juni 1994 betrug das wöchentliche Arbeitsentgelt des früheren Arbeitnehmers DM 910,–, die beitragspflichtige Einnahme (je Tag) damit DM 130,– (DM 910,–: 7). Bei einem Beitragssatz von 13,9 % errechnet sich daraus ein täglicher Beitrag in Höhe von DM 18,07 bzw. ein monatlicher Beitrag in Höhe von DM 542,10 (18,07 × 30). Für die Zeit vom 9. bis 31. Dezember 1993 betrug der rechtmäßige Beitrag damit 415,61 (23 × 18,07) und für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1994 DM 3.252,60 (6 × 542,10). Für Juli bis Dezember 1994 ergibt sich bei einem auf DM 940,– dynamisierten Bemessungsentgelt eine beitragspflichtige Einnahme (je Tag) in Höhe von DM 134,29 (940,–: 7) und ein täglicher Beitrag in Höhe von DM 18,67 (13,9 % von 134,29) bzw. ein monatlicher Beitrag in Höhe von DM 560,10 (18,67 × 30). Der rechtmäßige Beitrag für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1994 betrug damit DM 3.360,60 (6 × 560,10).

Für die Zeit ab 1. Januar 1995 gilt nach § 157 Abs. 3 Satz 1 AFG als beitragspflichtige Einnahme 80 % des durch 7, geteilten wöchentlichen Arbeitsentgeltes, das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegt. Bei einem wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von DM 940,– ergeben 80 % DM 752,– entsprechend einer beitragspflichtigen Einnahme von DM 107,43 (752,–: 7) und einem täglichen Beitrag von DM 14,93 (13,9 % von 107,43) bzw. einem monatlichen Beitrag von DM 447,90 (14,93 × 30). Für die Zeit von Januar bis Juni 1995 ergibt sich damit ein rechtmäßiger Beitrag in Höhe von DM 2.687,40 (6 × 447,90). Für die Zeit ab 1. Juli 1995 ergeben 80 % des wöchentlichen Bemessungsentgeltes in Höhe von DM 960,– DM 768,– entsprechend einer beitragspflichtigen Einnahme von DM 109,71 (768,–: 7) und einem täglichen Beitrag von DM 15,25 (13,9 % von 109,71) bzw. einem monatlichen Beitrag von DM 457,50 (15,25 × 30). Für die Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum 6. Dezember 1995 ergibt sich damit ein rechtmäßiger Beitrag in Höhe von DM 2.287,50 (5 × 457,50) zuzüglich DM 91,50 (6 × 15,25).

Die Summe der oben errechneten Beträge ergibt den im Tenor ausgeworfenen Betrag von DM 12.095,21.

Soweit die Beklagte unter Berufung auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucksache 8/4022 S. 91) und das Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 1. Dezember 1994 (vgl. Theuerkauf in Hennig/Kühl/Heuer/Henke § 157 AFG Rd.Nr. 20) das wöchentliche Bemessungsentgelt (bzw. ab 1. Januar 1995 80 % des wöchentlichen Bemessungsentgeltes) durch 6 teilt, daraus den Beitrag für die Krankenversicherung je Leistungstag errechnet und diesen mit der Zahl der Leistungstage multipliziert, verstößt sie gegen den Gesetzeswortlaut des § 157 Abs. 3 AFG und umgeht damit die Begrenzung in der Krankenversicherung auf 30 Tagesbeiträge je Monat bzw. auf 360 Tagesbeiträge je Jahr (vgl. Urteil des BSG vom 19. März 1998 – B 7 AL 20/97 R). Soweit das Landessozialgericht Baden-Württemberg im Urteil vom 30. März 1999 (L 13 AL 4163/97) die Berechnungsmethode der Beklagten bestätigt, hat dies den erkennenden Senat nicht überzeugt. Der entscheidende Fehler der Beklagten liegt nicht darin, dass sie eine Teilung des Bemessungsentgeltes durch 6 (statt durch 7) vornimmt, sondern, dass sie entgegen dem System der Krankenversicherung für mehr als 360 Tage im Jahr (bzw. 30 Tage im Monat) Beiträge entrichtet. Ob und wie eine richtige Beitragsberechnung mit einer Begrenzung auf 360 Beitragstage im Jahr bzw. auf 30 Tage im Monat ausgehend von dem ersten Berechnungsschritt der Beklagten (Bemessungsentgelt: 6) funktionieren würde, brauchte hier nicht geprüft zu werden. Der erkennende Senat hatte lediglich die Höhe der Erstattungsforderung zu überprüfen, gleichgültig auf welchem Wege die Beklagte die Erstattungsforderung berechnet hat. Soweit das LSG Baden-Württemberg (s.o.) sich auf die Bestätigung seiner ständigen Rechtsprechung durch das BSG beruft (Urteil BSG vom 3. Dezember 1998 – B 7 AL 110/97 R), führt das bei der Frage der richtigen Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge zu keinen weitergehenden Erkenntnissen, da das BSG hierzu in dem zitierten Urteil keine Ausführungen macht, aus welchem Grund auch immer.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei war zu berücksichtigen, daß die Berufung der Beklagten unbegründet war; der Grundlagenbescheid war schon wegen fehlender Rechtsgrundlage rechtswidrig (vgl. Urteil des BSG vom 17. Dezember 1997 – 11 RAr 103/96), die später von der Beklagten aufgehobenen Abrechnungsbescheide vom 28. Juli 1995 und vom 31. Mai 1996 waren wegen fehlender Anhörung der Klägerin rechtswidrig. Lediglich hinsichtlich des Bescheides vom 18. September 1998 war die erhobene Klage im wesentlichen ohne Erfolg. Dementsprechend hat die Beklagte die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin des Berufungsverfahrens zu erstatten. Ein Ausspruch hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz hatte nicht zu erfolgen, da die Beteiligten auch insoweit keine Entscheidung des erkennenden Senats mehr begehrten.

Die Revision ist vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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