L 7 Ka 947/91 A

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ka 1471/91 A
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 Ka 947/91 A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen zu 2) und zu 3) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. August 1991 wird zurückgewiesen, mit der Maßgabe, daß der Antragsteller bis zu 1.000 CT-Untersuchungen im Quartal abrechnen kann.

2. Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen zu 2) und 3) haben dem Antragsteller als Gesamtschuldner die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Antragsteller vorläufig befugt ist, im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung mit einem von ihm angeschafften Gerät Leistungen der Computertomographie abzurechnen.

Der Antragsteller nimmt seit dem 6. September 1991 als niedergelassener Radiologe an der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung teil. Er verfügt über die fachlichen Voraussetzungen zur Durchführung der Computertomographie des Ganzkörpers einschließlich des Kopfes nach Maßgabe der Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für Radiologie und Nuklearmedizin (Radiologie-Richtlinien).

Am 4. Mai 1990 beantragte der Antragsteller erstmals nach § 25 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) in der bis zum 30. September 1990 geltenden Fassung die Erteilung der Zustimmung der Antragsgegnerin zum Einsatz eines Computer-Tomographen in der von ihm in F. zu gründenden Kassenarztpraxis. Zu diesem Zeitpunkt war der Antragsteller noch als radiologischer Oberarzt im Kreiskrankenhaus Bad H. tätig. Diese Tätigkeit hat der Antragsteller zum 15. Mai 1991 aufgegeben.

Nach erfolgter Antragstellung wurden auf Anregung der Beigeladenen zu 16) Gespräche unter Einbeziehung des Antragstellers geführt, die in F. die Bildung einer Apparategemeinschaft hinsichtlich der an den Städtischen Kliniken betriebenen bzw. am H.-J.-Krankenhaus in Aussicht genommenen CT-Geräte zum Inhalt hatten.

Am 22. November 1990 beschloß der Beigeladene zu 16), das zweite in den Städtischen Kliniken betriebene CT-Gerät unter der Voraussetzung als ambulant anzuerkennen, daß es zukünftig durch eine Apparategemeinschaft mit niedergelassenen Ärzten in F. betrieben wird. Die Apparategemeinschaft sollte nach diesem Beschluss bis zum 30. Juni 1991 zustande kommen. Die Antragsgegnerin teilte dies dem Antragsteller mit Schreiben vom 17. Dezember 1990 mit. Sie verwies in diesem Schreiben darauf, daß dieser Beschluss im Falle des Nichtzustandekommens einer Apparategemeinschaft nach dem 30. Juni 1991 gegenstandslos werde.

Zur Bildung einer solchen Apparategemeinschaft kam es in der Folgezeit nicht.

Gegen das Schreiben der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 1990 legte der Antragsteller Widerspruch ein und erhob zugleich Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zur verurteilen, ärztliche Sachleistungen, die von ihm mit einem Computer-Tomographen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung in seiner Praxis in F. erbracht werden, ohne die Zustimmung nach § 25 Abs. 4 BMV-Ä zu vergüten, hilfsweise, die darauf gerichtete Zustimmung zu erteilen. Das vom Sozialgericht unter dem Aktenzeichen. S-5/Ka-21/91 geführte Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Im März 1991 gab der Antragsteller die Lieferung und Installierung eines CT für die in F. im Aufbau begriffene eigene Praxis in Auftrag. Die Kosten für den zwischenzeitlich ausgelieferten Computer-Tomographen "Somatom AR.T” der Firma Siemens AG beliefen sich auf 1.071.600,00 DM. Neben diesem Computer-Tomographen erwarb der Antragsteller eine Gamma-Kamera zur Durchführung nuklearmedizinischer Schilddrüsenuntersuchungen. Über ein anderweitiges Röntgengerät verfügt der Antragsteller nicht.

Durch Bescheid vom 25. Juli 1991 erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die apparative Genehmigung für diesen CT gemäß den bestehenden Radiologie-Richtlinien. Zugleich wurde dem Antragsteller mitgeteilt, ihm werde im Rahmen seiner kassen- und vertragsärztlichen Tätigkeit und innerhalb seines Fachgebietes die widerrufliche Genehmigung zur Abrechnung computertomographischer Leistungen des Ganzkörpers und des Kopfes "vorbehaltlich des Nachweises der Voraussetzungen über die Anerkennung des Standortes des Gerätes als bedarfsgerecht durch den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, nach Abstimmung in den zuständigen Gremien, nach den Großgeräte-Richtlinien” erteilt. Am 13. August 1991 beantragte der Beigeladene bei der Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf diesen Bescheid erneut die Erteilung der Standortgenehmigung. Der Beigeladene zu 16) beschloß am 27. August 1991, diesen Antrag "mangels Bedarf” abzulehnen. Eine Bekanntgabe dieses Beschlusses gegenüber dem Antragsteller ist bisher noch nicht erfolgt.

Am 6. Juni 1991 beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht Frankfurt am Main den Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Feststellung, daß die Antragsgegnerin einstweilen und bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet sei, ihm ärztliche Sachleistungen, die er mit einem Computer-Tomographen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung erbringe, ohne die Zustimmung nach § 7 BMV-Ä zu vergüten.

Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat durch den ohne mündliche Verhandlung gefaßten Beschluss vom 8. August 1991 die Antragsgegnerin verpflichtet, die vom Antragsteller in eigener Praxis erbrachten Leistungen der Computertomographie bis zur Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt am Main im Hauptsacheverfahren S-5/Ka-21/91 auch ohne Zustimmung nach § 7 BMV-Ä zu vergüten, sofern die Voraussetzungen zur apparativen Genehmigung nach den Richtlinien der kassenärztlichen Bundesvereinigung für Radiologie und Nuklearmedizin gegeben sind. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, Rechtsgrundlage für den Erlaß der beantragten einstweiligen Anordnung sei die entsprechende Anwendung der Bestimmung des § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dessen Voraussetzungen seien gegeben. Zwar sei die Abrechnungsfähigkeit und Vergütung der Leistungen der Computertomographie sowohl nach Leitzahl (LZ) 204 f der Grundsätze der Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen als auch nach § 7 BMV-Ä und § 29 Ersatzkassen-Vertrag (EKV) sowie den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Einsatz von medizinisch-technischen Großgeräten (Großgeräte-Richtlinien-Ärzte) vom 16. Oktober 1990 in der Fassung vom 26. Februar 1991 von der Genehmigung der Antragsgegnerin abhängig. Zudem schrieben § 7 BMV-Ä und § 29 EKV die Bindung der Genehmigung an die Standortplanung vor, wobei nach den Großgeräte-Richtlinien weiterhin vorgeschrieben sei, daß die Vergütung ärztlicher Leistungen, die mit Großgeräten erbracht werden, ausgeschlossen sei, wenn der Arzt ein Großgerät nutze, welches nicht nach der maßgeblichen Großgeräteplanung durch Entscheidungen des Großgeräteausschusses bzw. des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen als bedarfsgerecht anerkannt worden sei. Es bestünden jedoch erheblich Bedenken, ob die genannten Bestimmungen über den Ausschluß der Vergütung und Abrechnung auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruhten. So werde von einem Teil der dazu veröffentlichten Rechtsmeinungen schon die Ermächtigungsnorm des § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9, Abs. 6 Sozialgesetzbuch-V (SGB-V) wegen eines Verstoßes gegen Artikel 12 und 14 Grundgesetz (GG) und wegen der Unbestimmtheit der gesetzlichen Vorgaben als verfassungswidrig angesehen (Hinweis auf Schneider, Medizinisch-technische Großgeräte in der gesetzlichen Krankenversicherung, 1990). Bedenken seien auch bereits in der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 1. Oktober 1990 im Verfahren 6/RKa 30/89 geäußert worden. Für den vorliegenden Fall könnten diese Fragen allerdings dahingestellt bleiben. Denn bei summarischer Prüfung sei jedenfalls zu erkennen, daß die Großgeräte-Richtlinien, selbst dann, wenn sie auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruhen sollten, zumindest hinsichtlich des Ausschlusses der Vergütung im Bereich CT als nicht rechtmäßig anzusehen seien. Bereits die Zuordnung der CT zu den besonders genehmigungsbedürftigen Großgeräten sei bedenklich. Aus einem dem Gericht vorliegenden Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen an die Großgeräteausschüsse dieses Landes vom 16. Mai 1991 sei zu entnehmen, daß die Anschaffungskosten eines CT von 1–1,5 Millionen DM durchaus nicht die Kosten einer modernen leistungsfähigen digitalen Röntgenanlage überstiegen. Während die genauso kostenaufwendige moderne Röntgenanlage als Standardinstrument der Radiologie nicht der Standortplanung unterworfen sei, geschehe dies jedoch im Falle des CT. Angesichts der stattgefundenen medizinischen Entwicklung im Bereich der Radiologie lasse sich der CT jedoch nicht mehr aus der Tätigkeit einer "normalen” radiologischen Praxis ausgrenzen. Der CT stelle vielmehr, wie dem zitierten Schreiben zu entnehmen sei, gleichfalls ein Standarddiagnostikgerät dar, das in einer größeren Anzahl von Fällen zu einer schonenderen Untersuchung in der radiologischen Praxis benötigt werde. Angesichts des durch die Richtlinien bewirkten Ausschlusses des Antragstellers von einem nicht unbeachtlichen modernen und zukunftsträchtigen Bereich seiner radiologischen Tätigkeit stellten diese Richtlinien einen nicht unerheblichen Eingriff in das Recht der freien Berufsausübung dar, der einem Eingriff in das Recht der freien Berufswahl für einen Radiologen nahekomme (Hinweis auf Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24. April 1991 – L-5/Ka-788/90 = MedR 1991, Seite 272). Immer noch unter der Prämisse, daß überhaupt eine ausreichende gesetzliche Grundlage zu finden sei, erscheine die Regelung der Großgeräte-Richtlinien zu undifferenziert, bestimmte – zu spät kommende – Antragsteller unflexibel ausschließend und übermäßig eingreifend. Schon im Urteil des Bundessozialgerichts vom 1. Oktober 1990 sei auch darauf hingewiesen worden, daß es insoweit schonendere Wege der Steuerung des Geräteeinsatzes z.B. in der Form einer besonders intensiven, einzelfallbezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung oder einer an der Bedarfszahl limitierten Vergütung gebe. Insgesamt könne der Antragsteller daraus einen Anordnungsanspruch herleiten. Auch ein Anordnungsgrund sei gegeben. So habe der Antragsteller glaubhaft gemacht, daß seine mit einem CT ausgestattete Praxis – auch bedingt durch die Anfangsphase – in existenzielle wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten würde, wenn die erbrachten CT-Leistungen nicht vergütet würden. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, daß der Antragsteller tunlichst die Klärung der Rechtslage vor Anschaffung des CT hätte abwarten sollen. Dabei sei zunächst zu bemerken, daß der Antragsteller immerhin schon im März 1990 den Antrag auf Erteilung der Zustimmung zur CT in eigener Praxis gestellt habe, ohne daß bis heute überhaupt ein endgültiger Beschluss des Großgeräteausschusses ergangen sei. Auch die nun bereits jahrelang bestehende Rechtsunsicherheit im Bereich des Genehmigungsverfahrens Großgeräte könne nicht zu seinen Lasten gehen. Letztlich komme dies auch im Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 2. Juli 1991 zum Ausdruck, wonach dieser Ausschuß selbst davon ausgehe, daß der Vergütungsausschluß "nicht mehr rechtssicher durchsetzbar” sei. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, die vom Antragsteller entsprechend seiner fachlichen Genehmigung erbrachten Leistungen abzurechnen, allerdings unter der Voraussetzung, daß die noch nicht vorliegende apparative Genehmigung nach den Radiologie-Richtlinien erteilt werde. Dies müsse jedenfalls bis zu einer Entscheidung des Sozialgerichts im Hauptsacheverfahren S-5/Ka-21/91 gelten. Die Antragsgegnerin habe auch die Kosten des Verfahrens zu tragen. Zwar sei ihr insoweit zuzugestehen, daß sie an die Großgeräte-Richtlinien und die BMV-Ä gebunden sei und keine eigene Verwerfungskompetenz habe. Indes betreffe die Entscheidung nur die Frage einer vorläufigen Abrechenbarkeit und beinhalte keine abschließende Klärung der Frage der Rechtmäßigkeit und Auslegung der Regelungen des BMV-Ä und der Großgeräte-Richtlinien.

Gegen den der Antragsgegnerin sowie dem Beigeladenen zu 2) und dem Beigeladenen zu 3) jeweils am 15. August 1991 zugestellten Beschluss richten sich die am 28. August 1991, am 3. September 1991 und am 12. September 1991 beim Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangenen Beschwerden dieser Beteiligten. Die Beschwerdeführer sowie der Beigeladene zu 1) sind der Meinung, das Sozialgericht habe in unzulässiger Weise mit der getroffenen einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen. Die begehrte Vergütungszusage sei nämlich nur zeitlich beschränkt worden und stelle deshalb keine lediglich vorläufige Regelung dar. Die Voraussetzungen, unter denen im Hinblick auf Artikel 19 Abs. 4 GG ausnahmsweise die einstweilige Anordnung auch auf eine Befriedung des Anspruchs gerichtet sein könne, lägen hier nicht vor. Auch der Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. So seien die umstrittenen Richtlinien jedenfalls nicht offensichtlich unwirksam. Dieser Auffassung sei wohl auch das Sozialgericht gewesen, indem es ausgeführt habe, daß die Antragsgegnerin an die Großgeräte-Richtlinien und den BMV-Ä gebunden sei und keine eigene Verwerfungskompetenz habe. Bei einer offensichtlichen Unwirksamkeit der Richtlinien hätte die Antragsgegnerin eine solche Verwerfungskompetenz jedoch gehabt. Bloße Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Richtlinien reichten aber für einen Anordnungsanspruch nicht aus, zumal begründete Rechtsmeinungen bestünden, die die gesetzliche Ermächtigung für ausreichend erachteten. Schließlich stelle der Ausschluß der Abrechnungsbefugnis auch lediglich eine Berufsausübungsregelung dar, für die eine gesetzliche Ermächtigung ausreiche und die, wie hier, durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein könne. Wenn sich das Sozialgericht auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. April 1991 stütze, so könne dem nicht gefolgt werden. Das Sozialgericht habe nicht dargelegt, weshalb die Großgeräte-Richtlinien gerade für Radiologen einschränkend auszulegen seien. Auch von Seiten des Antragstellers liege insoweit keine ausreichende Glaubhaftmachung der dafür notwendigen Tatsachen vor. Auch der Anordnungsgrund sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht. So habe der Antragsteller den CT in Kenntnis des Beschlusses des Großgeräteausschusses vom 22. November 1990 angeschafft. Einen etwaigen Eilbedarf habe er insoweit selbst herbeigeführt. § 123 VWGO könne aber nicht dazu dienen, dem betroffenen Bürger zu ermöglichen, im Wege des vorläufigen Rechtschutzes seinerseits für vollendete Tatsachen zu sorgen, die nach einem etwa gegenläufigen Ergebnis des Hauptsacheverfahrens nicht oder kaum mehr rückgängig zu machen wären (Hinweis auf Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. Juni 1991 – L 6 Sb/Ka 25/91). Durch den angefochtenen Beschluss würden entgegen der Meinung des Sozialgerichts Frankfurt am Main auch andere Interessen entscheidend tangiert. So sei sie, die Antragsgegnerin, nicht in der Lage die abzurechnenden CT-Leistungen ihrerseits gegenüber den zuständigen Kostenträgern zusätzlich abzurechnen. Durch die vorläufige Abrechnungsgenehmigung zugunsten des Antragstellers würden deshalb die Abrechnungen derjenigen Ärzte beeinträchtigt, die bereits eine Standortgenehmigung und entsprechend eine Abrechnungsgenehmigung seitens der Antragsgegnerin erhalten hätten. Eine solche Beeinträchtigung der rechtstreuen Kassenärzte könne nicht im Wege der einstweiligen Anordnung erfolgen. Darüber hinaus habe der Antragsteller aber auch die Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz – gerade auch zu Beginn seiner kassenärztlichen Tätigkeit – nicht ausreichend dargelegt. Denn immerhin sei dabei zu beachten, daß die Abgeordnetenversammlung der Antragsgegnerin beschlossen habe, daß ausschließlich konventionell tätige Radiologen – ein solcher wäre der Antragsteller ohne die Anschaffung des CT – zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Grundlage eine pauschale Zulage von 10,00 DM je abgerechnetem Fall im Quartal gewährt werde. Infolge dieser Regelung sei eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Antragstellers auch ohne die Möglichkeit der Abrechnung von computertomographischen Leistungen deshalb nicht gegeben. Nach Meinung der Beschwerdeführer ist auch die getroffene Kostenentscheidung unzutreffend. Auch im Falle ihres Unterliegens sei es insoweit angebracht, dem Bundesausschuß bzw. den Trägern des Bundesausschusses (Kassenärztliche Bundesvereinigung und Krankenkassen) als den Verursachern dieses Rechtsstreites oder aber dem Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Das Sozialgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen (Beschlüsse vom 6. September 1991 und vom 1. Oktober 1991).

Die Beschwerdeführer sowie der Beigeladene zu 1) beantragen,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. August 1991 aufzuheben und den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerden abzuweisen.

Der Antragsteller hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend. Er trägt vor, daß aus seiner Sicht dem traditionellen Röntgendiagnostikgerät auch in Zukunft in der radiologischen Praxis durchaus noch eine Bedeutung zukomme, insbesondere soweit die Diagnostik der Knochen, der Lungen und z.B. die Durchführung der Mammographie betroffen sei. Schnittbildgebende Verfahren seien in allen anderen Bereichen jedoch wesentlich effektiver und deshalb – auch unter dem Gesichtspunkt der ärztlichen Haftung – für eine radiologische Praxis auf Dauer unverzichtbar. Er ist der Auffassung, die geforderte vorherige Zustimmung zur Abrechnung computertomographischer ärztlicher Sachleistungen durch die Antragsgegnerin verstoße gegen seine Berufsausübungsfreiheit gemäß Artikel 12 Satz 2 GG. Weder § 7 BMV-Ä noch die Großgeräte-Richtlinien seien wirksame Einschränkungsregelungen dieser Freiheit, weil gegen sie durchgreifende rechtliche Bedenken bestünden. Dabei stelle die Entscheidung des Sozialgerichts lediglich eine vorläufige Regelung dar, begrenzt bis zur Entscheidung im Hauptsache verfahren S-5/Ka-21/91. Die gegenteilige Auffassung laufe darauf hinaus, daß dem Antragsteller in der Zeit zwischen Klageerhebung und rechtskräftiger Entscheidung überhaupt kein Rechtschutz zustehe. Dies verstieße gegen Artikel 19 Abs. 4 GG. Daß er in Kenntnis des Beschlusses des Großgeräteausschusses vom 22. November 1990 gehandelt habe, stehe der Annahme eines Anordnungsgrundes nicht entgegen. Denn in Wirklichkeit habe der Bundesausschuß sein Grundrecht auf freie Berufsausübung in verfassungswidriger Weise verletzt, in dem er nichtige Großgeräte-Richtlinien erlassen habe. Für ihn gebe es deshalb nicht den geringsten Grund, sich dem zu beugen und abzuwarten, ob die Großgeräte-Richtlinien einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Man könne darüber streiten, wie sich ein Bürger verhalten müsse, wenn er sich einer Rechtsnorm gegenüber sehe, die er für rechtswidrig halte. Gegenüber bloßen "Richtlinien”, die keinen, Rechtsnormcharakter hätten, könne er nicht auf ein Zuwarten verwiesen werden. Dies schon gar nicht, wenn – wie hier – das Bundessozialgericht schwerwiegende Zweifel an der Wirksamkeit dieser Richtlinien geäußert habe. Ein Arzt, der die rechtswidrigen Richtlinien ignoriere, verschaffe sich dadurch keine ungerechtfertigten Vorteile. Selbst wenn er im übrigen rechtskräftig im Hauptsacheverfahren obsiege, habe er für die zurückliegende Zeit keine Abrechnungsmöglichkeit, falls diese ihm nicht einstweilen eingeräumt werde. Ihm wäre damit auf Jahre endgültig der Berufszugang, jedenfalls aber die Berufsausübung mit dem in Frage stehenden Großgerät versperrt. Er könne deshalb auch nicht auf die Inanspruchnahme von Schadensersatz verwiesen werden, zumal ein solcher Schadensersatzanspruch im Rahmen des Artikel 34 Abs. 1 GG, § 839 BGB ein Verschulden der Antragsgegnerin voraussetze. Der Computer-Tomograph sei im übrigen seit dem 6. September 1991 im Einsatz. Er führe mit diesem Gerät täglich rund 20 Untersuchungen durch. Die Antragsgegnerin leiste seither monatliche Abschlagszahlungen von rund 33.000,00 DM.

Zu seiner wirtschaftlichen Situation legt der Antragsteller eine gutachtliche Äußerung des Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers F. S. (A.) vor. In dieser Äußerung vom 26. November 1991 wird bestätigt, daß die Praxisausstattung sowie die Vorlaufkosten und die laufenden Kosten insbesondere über zwei langfristige Kredite von insgesamt 1,56 Millionen DM finanziert wurden. 1991 sind Zinsen in Höhe von 58.000,00 DM und 1992 in Höhe von 144.000,00 DM zu erbringen. Auf die langfristigen Kredite sind 1991 Tilgungsleistungen in Höhe von ca. 75.000,00 DM und 1992 in Höhe von ca. 226.000,00 DM zu leisten. Die gutachtliche Äußerung geht davon aus, daß bei Ausbleiben der laufenden Zahlungseingänge der Kassenärztlichen Vereinigung das wirtschaftliche Fortbestehen der Praxis des Antragstellers nicht gewährleistet sei.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vertrags der Beteiligten wird im übrigen auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

II.

Die zulässigen Beschwerden (§§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz – SGG –) sind im wesentlichen unbegründet. Das Sozialgericht hat dem Antragsteller zu Recht im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Möglichkeit der Abrechnung von Leistungen der Computertomographie eingeräumt, die der Antragsteller im Rahmen seiner kassenärztlichen Tätigkeit erbringt.

Über den nach dem Sozialgerichtsgesetz gebotenen Rechtsschutz hinaus wird aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) abgeleitet, daß einstweiliger Rechtsschutz auch im sozialgerichtlichen Verfahren immer dann zu gewähren ist, wenn durch seine Versagung schwere, unzumutbare und anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, die nachträglich auch durch eine günstige Hauptsacheentscheidung nicht mehr oder nur noch teilweise behoben werden können (BVerfGE 46, S. 166). Dabei wird allgemein ein Rückgriff auf § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für zulässig und geboten erachtet (Meyer-Ladewig, SGG, 4. Aufl., § 97 Anm. 22ff. m.w.N.).

Nach dieser Bestimmung ist eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung – die auch vom Antragsteller angestrebt wird – notwendig ist, um – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder eine Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nach §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 Zivilprozeßordnung (ZPO) glaubhaft zu machen.

Bei dem geltend gemachten Anspruch des Antragstellers, den Zugang zur Abrechnung bestimmter kassen- und vertragsärztlicher Leistungen zu erhalten, handelt es sich um ein solchermaßen einzuordnen des Rechtsverhältnis im Sinne von § 123 VwGO (Plagemann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verfahren vor den Sozialgerichten, Rdnr. 250 m.w.N.).

Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, daß vorliegend sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind.

Hinsichtlich des Anordnungsanspruches teilt der Senat die Auffassung des Sozialgerichts, wonach – jedenfalls bei der im einstweiligen Anordnungsverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung – derzeit keine ausreichende rechtliche Grundlage dafür besteht, dem Antragsteller die Abrechnung computertomographischer Leistungen im Rahmen seiner kassen- und vertragsärztlichen Tätigkeit zu verweigern.

Der als Radiologe zur kassen- und vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassene Antragsteller verfügt – was zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist – über die fachliche Qualifikation zur Erbringung dieser Leistungen (§ 7 Satz 2 2. Hs., § 10 Abs. 1 und Abs. 3 BMV-Ä i.d.F.v. 28. September 1990, § 29 Satz 2 2. Hs. Arzt-/Ersatzkassenvertrag vom 13. September 1990, § 6 Radiologie-Richtlinien vom 9. Dezember 1989, jeweils i.V.m. § 82 Abs. 1 SGB-V). Auch hinsichtlich der apparativen Ausstattung sind – wie dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Juli 1991 zu entnehmen ist – die Voraussetzungen insbesondere der Radiologie-Richtlinien zur Erbringung der umstrittenen computertomographischen Leistungen erfüllt.

Daß eine Anerkennung des Standortes des vom Kläger betriebenen Computer-Tomographen bisher durch die Antragsgegnerin nicht erfolgt ist, steht einer Abrechnungsfähigkeit der erbrachten Leistungen nach Auffassung des Senats nicht entgegen. Zwar wird diese Abrechnungsfähigkeit von Leistungen der Computertomographie sowohl nach Leitzahl (LZ) 204f. der Grundsätze der Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen als auch nach § 7 Satz 1 und Satz 2 1. Hs. BMV-Ä bzw. § 29 Satz 1 und Satz 2, 1. Hs. Ersatzkassen-Vertrag (EKV) von der vorherigen Standortgenehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung nach Maßgabe der auf der Grundlage der Großgeräte-Richtlinien-Ärzte (Großgeräte-Richtlinien) des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen erfolgten "verbindlichen Planung” der Kassenärztlichen Vereinigung abhängig gemacht. Unter Buchstabe D Ziff. 4.3 der Großgeräte-Richtlinien vom 16. Oktober 1990 schließlich wird die Vergütung ärztlicher Leistungen, die mit Großgeräten im Sinne dieser Richtlinie erbracht werden, in der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen, wenn der Arzt ein Großgerät nutzt, welches nicht nach der maßgeblichen Großgeräteplanung durch Entscheidungen der zuständigen Ausschüsse (Großgeräteausschuß, Landesausschuß) als bedarfsgerechtes Großgerät anerkannt worden ist.

Die Planungskompetenz ihrerseits wird abgeleitet aus § 92 Abs. 1 SGB-V, der vorsieht, daß die zuständigen Bundesausschüsse die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten beschließen, wobei sich nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 SGB-V solche Richtlinien auch auf die Bedarfsplanung sowie dem bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Einsatz von medizinisch-technischen Großgeräten beziehen sollen. Nach § 92 Abs. 6 SGB-V sind in diesen Richtlinien auch Regelungen über den Ausschluß der Vergütung solcher Leistungen zu treffen, die mit nicht in die Standortplanung einbezogenen medizinisch-technischen Großgeräten erbracht werden. Die Richtlinien ihrerseits gelten nach § 92 Abs. 7 SGB-V als Bestandteil der Bundesmantelverträge und der Verträge nach § 83 Abs. 3 und 4 SGB-V.

Zwar wird der Computertomograph des Antragstellers von den Großgeräte-Richtlinien umfaßt (Buchstabe B Nr. 1a Ziff. 1). Dem Senat erscheint es jedoch bereits zweifelhaft, ob für den Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin überhaupt eine verbindliche Planung existiert, wie sie vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen vorgegeben wird und aus der sich ggf. Schlußfolgerungen hinsichtlich der Standortanerkennung und Bedarfsgerechtigkeit des vom Antragsteller betriebenen Computer-Tomographen ableiten lassen.

Planungsqualität kommt grundsätzlich jeder verhaltenssteuernden Entscheidung zu (Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 1986, S. 269). In diesem Sinne kommt auch der Vorgabe in Buchstabe C Ziff. 1.1 der Großgeräte-Richtlinien – dort wird als Meßzahl (Anhaltszahl) davon ausgegangen, daß als angemessene Relation von einem CT-Gerät auf ca. 170.000 Einwohner ausgegangen werden soll – eine planerische Bedeutung zu. Dem möglichen Vollzug dieser planerischen Vorgabe und damit die Anwendung des Genehmigungsvorbehalts hinsichtlich des Bedarfs und der Wirtschaftlichkeit, wie sie in § 92 Abs. 6 SGB-V enthalten ist, wird allerdings die Verfahrensweise der Antragsgegnerin, wie sie von dieser in der mündlichen Verhandlung dargestellt wurde, nicht gerecht.

Die Antragsgegnerin hat dazu ausgeführt, die Großgeräteplanung erfolge in Hessen "aufgrund einer Einzelfallprüfung”, wobei jedoch bereits deutlich mehr Computer-Tomographen zum Einsatz in der kassenärztlichen Versorgung genehmigt worden seien, als dies die Planvorgabe in Buchstabe C Ziff. 1.1 der Großgeräte-Richtlinien vorsieht. Eine solche Einzelfallprüfung, bei der lediglich über die Genehmigung oder Nichtgenehmigung eines Standortes entschieden und dabei noch nicht einmal die Planungsvorgabe eingehalten wird, stellt jedoch keine die widerstrebenden Interessen berücksichtigende und auch für den Einzelnen durchschaubare Planung dar, die als Grundlage für eine Entscheidung über den bedarfsgerechten Standort eines CT-Gerätes herangezogen werden könnte. Eine wirksame und nach § 92 Abs. 7 SGB-V zu autonomem Satzungsrecht gewordene Standortplanung, auf die eine Ablehnung des Standortes beim Antragsteller gestützt werden könnte, liegt derzeit nicht vor. Ganz unabhängig davon, inwieweit eine wirksame Ermächtigung für eine solche Standortplanung vorhanden ist, fehlt es damit für den Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin an einer Planungsgrundlage, die zum Ausschluß der Abrechnungsfähigkeit des vom Antragsteller betriebenen Computer-Tomographen führen könnte.

Ohnehin bestehen insoweit – auch dies unter Außerachtlassung der Frage der Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage – keine Anhaltspunkte dafür, daß der vom Antragssteller angeschaffte Computer-Tomograph nicht bedarfsgerecht und wirtschaftlich eingesetzt werden könnte, wie dies § 92 Abs. 1 SGB-V voraussetzt. Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Antragstellers führt dieser täglich rund 20 Untersuchungen mit dem CT-Gerät durch. Der hohe Benutzungsgrad, der für dieses CT-Gerät erreicht wurde und mit dem der Antragsteller bereits über der Zahl liegt, bei der nach Buchstabe C Ziff. 1.1 der Großgeräte-Richtlinien ein CT als wirtschaftlich ausgelastet gilt – eine solche wirtschaftliche Auslastung wird dort bereits bei jährlich 3.200 bis 4.000 Untersuchungsfällen angenommen – spricht vielmehr gerade im Gegenteil dafür, daß ein solcher Bedarf vorhanden ist, nachdem für den Senat keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß bei den anderen CT-Geräten, die in Konkurrenz zu demjenigen des Antragstellers betrieben werden, die in den Großgeräte-Richtlinien vorausgesetzte Wirtschaftlichkeitsgrenze nunmehr nicht mehr erreicht werden könnte. Bei der gebotenen summarischen Prüfung – eine ins Einzelne gehende Prüfung muß, jedenfalls bei Annahme einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage, ggf. dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben – sind derzeit für den Senat keine Gründe erkennbar, weshalb nach alledem gerade der Antragsteller von einer Abrechnungsmöglichkeit ausgeschlossen werden müßte. Auch dafür, daß das in § 12 Abs. 1 SGB-V normierte Wirtschaftlichkeitsgebot, auf das auch § 92 Abs. 1 SGB-V abstellt, tangiert sein könnte, gibt es derzeit ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte. Dies auch deshalb, weil der Antragsteller allein aufgrund von Überweisungen tätig wird und das Wirtschaftlichkeitsgebot – worauf bereits das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 1. Oktober 1990 (6 RKa 30/89 = MedR 1991, S. 100) hingewiesen hat – z.B. durch eine besonders intensive einzelfallbezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung hinreichend auf seine Einhaltung kontrolliert werden kann.

Ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren erscheint nach alledem schon aus diesem Grunde überwiegend wahrscheinlich.

Aber auch aus den anderen vom Sozialgericht angeführten Gründen erscheint diese Erfolgsaussicht gegeben:

Schon in seiner Entscheidung vom 1. Oktober 1990 (a.a.O.) hat das Bundessozialgericht Bedenken hinsichtlich der Rechtswirksamkeit des § 92 Abs. 6 SGB-V geäußert. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 7. Mai 1991 – L 5 EA Ka 5/91) sowie das Landessozialgericht Niedersachsen (Beschluss vom 19. Juni 1991 L 5 Ka 5/91 eA) haben sich dem hinsichtlich der getroffenen Regelungen zur Standortplanung angeschlossen. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht hat diese Frage letztlich offengelassen (Beschluss vom 26. Juni 1991 – L 6 Sb/Ka 25/91). Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat demgegenüber die gesetzlichen Regelungen des SGB-V über die Großgeräte-Standortplanung als verfassungsgemäß angesehen, soweit diese, bezogen auf Gruppen wie z.B. Radiologen, verfassungskonform ausgelegt werden. Im Ergebnis geht jedoch auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg davon aus, daß die Vorschriften über die Standortplanung von Großgeräten jedenfalls auf solche Ärzte, die nur auf Überweisung hin tätig werden können, keine Anwendung finden können.

Der erkennende Senat teilt – nach der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung – die insbesondere von Schneider (Medizinisch-technische Großgeräte in der gesetzlichen Krankenversicherung, Asgard-Verl., 1990) vertretene Auffassung, wonach die Regelung des § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9, Abs. 6 SGB-V einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhält und im Hinblick darauf eine wirksame Rechtsgrundlage für einen Ausschluß des Antragstellers von der Abrechnung erbrachter CT-Leistungen nicht besteht.

Mit der genannten Regelung hat der Gesetzgeber dem Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen Einzelheiten der Regelung insbesondere hinsichtlich der Standortplanung und des Vergütungsausschlusses im Falle einer Standortplanungswidrigkeit zugewiesen. Ihm ist eine Eingriffskompetenz gegenüber den betroffenen Kassen- und Vertragsärzten überantwortet worden (Schneider a.a.O., S. 128), wobei sich der Gesetzgeber weitestgehend einer inhaltlichen und substantiierten Regelung begeben hat.

Dies ist nach Meinung des Senats jedoch insbesondere mit dem – Verfassungsrang genießenden – Grundsatz des Gesetztesvorbehalts, auf den auch der Antragsteller maßgeblich abgestellt hat, nicht vereinbar. Denn die getroffene Regelung kommt im Ergebnis, indem sie die Berufsausübung an eine Bedürfnisklausel (Schneider, a.a.O., S. 159) anbindet, einer an Art. 12 Abs. 1 GG zu messenden objektiven Zulassungsvoraussetzung nahe (zur früheren Rechtslage vgl. insoweit BSG, Urteil vom 1. Oktober 1990 a.a.O.), die lediglich durch "besonders wichtige Interessen der Allgemeinheit” (BVerfGE 11, S. 30, 39ff. m.w.N.) zu rechtfertigen ist und die der Gesetzgeber deshalb in ihrem Inhalt, ihrer Zweckrichtung und in ihrem Ausmaß selbständig einer formalgesetzlichen Regelung hätte unterziehen müssen (Schneider, a.a.O., S. 159 m.w.N.).

Gerade der Fall des Antragstellers macht deutlich, daß die maßgeblichen Normen mehr als eine bloße Berufsausübungsregelung darstellen. Denn der Antragsteller verfügt in seiner Kassenarztpraxis als Radiologe an Geräteausstattung lediglich über einen Computer-Tomographen und eine Gamma-Kamera, wobei gerade der CT der Praxis das Gepräge verleiht. Ein möglicher Ausschluß der Diagnostik mit dem Computertomographen würde dieses Gepräge aber ganz entscheidend verändern und dem Antragsteller, dem die Wahl und Anwendung seiner zur Diagnose und ggf. Therapie dienenden technischen Geräte, sofern deren Einsatz nach den ansonsten geltenden Bestimmungen zweckmäßig und wirtschaftlich ist, grundsätzlich freisteht (BSG, a.a.O.), in einem so weitgehenden Maße einschränken, daß dies letztlich bis zur Verhinderung der Ausübung seiner Facharzttätigkeit führen könnte.

Inwieweit eine Standortplanung in Verbindung mit der Rechtsfolge des Vergütungsausschlusses einer Überprüfung nach Art. 14 Abs. 1 GG standhält (vgl. auch dazu Schneider, a.a.O, S. 161f.) kann im Rahmen dieses einstweiligen Anordnungsverfahrens dahingestellt bleiben. Bereits die vorhergehenden Ausführungen reichen zur Annahme eines Anordnungsanspruches aus.

Auch ein Anordnungsgrund liegt nach Auffassung des Senats vor. Insbesondere ist die besondere Eilbedürftigkeit gegeben. Der Antragssteller hat insoweit glaubhaft gemacht, daß seine Praxis innerhalb kürzester Zeit tatsächlich in existenzielle Schwierigkeiten geraten würde, falls der Vergütungsausschluß beibehalten würde. Die kassen- und vertragsärztliche Tätigkeit des Antragstellers wird – wie der vorgelegten Stellungnahme des Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaters S. vom 26. November 1991 zu entnehmen ist – derzeit fast ausschließlich durch Leistungen der Computertomographie bestimmt, die damit praktisch die einzige Einnahmequelle des Antragstellers aus seiner ärztlichen Tätigkeit darstellen. Dem Antragsteiler kann angesichts der dargestellten Rechtslage nicht zugemutet werden, bis zur Entscheidung in der Hauptsache entweder gar keine Leistungen der Computertomographie zu erbringen oder jedenfalls eine Vergütung hierfür seitens der Antragsgegnerin nicht in Anspruch zu nehmen und so bis zu diesem Zeitpunkt das alleinige Risiko eines Unterliegens zu übernehmen. Es liegt auf der Hand, daß der Antragsteller, der erst vor kurzem seine Praxis eröffnet hat, auf die laufenden Einnahmen aus seiner kassenärztlichen Tätigkeit angewiesen ist, zumal für den Senat nicht erkennbar wurde, inwieweit ggf. eine Zwischenfinanzierung in Betracht kommen könnte, um eine kurzfristige Praxisschließung zu vermeiden. Andererseits kann vom Antragsteller auch nicht erwartet werden, daß er – ggf. vorübergehend – seine von der Arbeit mit dem Computer-Tomographen geprägte Kassenarzttätigkeit einstellt, etwa unter Hinweis auf mögliche später zu realisierende Schadensersatzansprüche. Denn solche Ansprüche insbesondere nach § 839 BGB, Art. 34 GG, sind verschuldensabhängig, so daß eine mögliche Realisierung dieser Ansprüche noch nicht einmal annähernd abschätzbar ist. Demgegenüber steht die grundgesetzlich geschützte Position der Berufswahlfreiheit, der im Hinblick auf die Ausführungen zum Anordnungsanspruch – auch bei einer noch nicht vollständig geklärten Rechtslage – der Vorrang einzuräumen ist gegenüber der Durchsetzung einer Standortplanung, die ohnehin noch nicht einmal in ihren Grundzügen erkennbar geworden ist.

Die vom Sozialgericht getroffene Entscheidung wird auch insoweit den Anforderungen an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum einstweiligen Rechtsschutz in der Sozialgerichtsbarkeit (Beschluss vom 19. Oktober 1977 a.a.O.) gerecht. Denn nur durch die getroffene Anordnung wird verhindert, daß der Antragsteller möglicherweise auf Jahre hinaus letztlich von einer Tätigkeit als Kassen- und Vertragsarzt ausgeschlossen wird. Dies soll nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO jedoch gerade vermieden werden.

Daß der Antragsteller – wie die Beschwerdeführer meinen – die eingetretene Situation selbst "herbeigeführt” hat, steht dem nicht entgegen. Der Antragsteller hat sich als Radiologe niedergelassen und will diesen Beruf nunmehr ausüben. Er hat sich entschieden, bei seiner Tätigkeit einen Computer-Tomographen einzusetzen. Der Senat hält es in diesem Zusammenhang nicht für zumutbar, den Antragsteller etwa darauf zu verweisen, seine Tätigkeit mit einem traditionellen Röntgengerät auszuüben, das nicht nur seiner Praxis ein anderes Gepräge gäbe, sondern auch – wie im Verfahren unbestritten geblieben ist – bei digitaler Ausführung in etwa die gleichen Investitionskosten erfordern würde, wie der vom Antragsteller erworbene Computer-Tomograph.

Die Einräumung der vorläufigen Abrechenbarkeit von Leistungen, die mit dem CT-Gerät erbracht werden, widerspricht auch nicht dem Grundsatz, wonach die einstweilige Anordnung im allgemeinen nur der Sicherung von Rechten des Antragstellers dienen soll und nicht ihrer Befriedigung. Zwar verkennt der Senat nicht, daß die Einräumung der vorläufigen Abrechnungsmöglichkeit hinsichtlich der bis zur Hauptsachentscheidung im Verfahren S-5/Ka-21/91 erbrachten Leistungen letztlich dazu führt, daß es für diesen Zeitraum bei dieser Abrechnungsfähigkeit verbleibt, sofern die erbrachten Leistungen dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen und auch sonst nicht zu beanstanden sind. In diesem Sinne liegt tatsächlich eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache vor. Dennoch bestehen vorliegend keine Bedenken, diese begrenzte Vorwegnahme der Hauptsache hinzunehmen. Dabei kann dahingestellt bleiben, durch welche Klageart im Hauptsacheverfahren der Antragsteller die Abrechnungsmöglichkeit erreichen kann, also insbesondere, ob er dazu die Leistungs-/Verpflichtungsklage, auch in Kombination mit der Anfechtungsklage, zur Herbeiführung der Genehmigung zur Abrechnung in Anspruch nehmen muß, oder ob ggf. – wegen der fehlenden Rechtsgrundlage für einen Genehmigungsvorbehalt – die Feststellungsklage die richtige Klageart ist. Denn ganz unabhängig davon hat gerade bei der Regelungsanordnung der Grundsatz von der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache in der Rechtssprechung zahlreiche Einschränkungen erfahren (Redecker/von Oertzen, VwGO, 10. Aufl. 1991, Anm. 7, 11, 14a zu § 123 m.w.N.). Wenn unter Anwendung strenger Kriterien anders als durch eine solche ganze oder zumindest teilweise Befriedigung der Sicherungszweck nicht, erreichbar ist und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Obsiegen in der Hauptsache besteht, wird auch insoweit eine Vorwegnahme der Hauptsache für zulässig erachtet (Redecker/von Oertzen, a.a.O.).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Denn der Senat hält ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache für ganz überwiegend wahrscheinlich. Andere Möglichkeiten aber, wie für den Antragsteller ohne die vom Sozialgericht getroffene Anordnung eine vorläufige und zugleich wirksame Rechtsschutzerlangung herbeigeführt werden könnte, sind für den Senat nicht ersichtlich.

Dem grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache wird durch den Senat im übrigen auch insoweit Rechnung getragen, als die vorläufige Abrechnungsmöglichkeit auf insgesamt 1.000 Fälle im Quartal beschränkt wird. Diese Zwischenregelung führt nach Einschätzung des Senats dazu, daß der Antragsteller vorläufig seinen Computertomographen so einsetzen kann, daß er Einnahmen in einem Umfang erzielt, die es ihm erlauben, jedenfalls die Rentabilitätsgrenze zu erreichen. Der Senat orientiert sich dabei an Buchstabe C Ziff. 1.1.1 der Großgeräte-Richtlinien, wonach ein Computer-Tomograph dann als wirtschaftlich ausgelastet gilt, wenn jährlich 3.200 bis 4.000 Untersuchungsfälle vorgenommen werden. Daß diese Orientierung an die Obergrenze, wie sie den Großgeräte-Richtlinien zugrunde liegt, unter dem Gesichtspunkt der Rentabilität des Einsatzes unzutreffend sein sollte, wurde vom Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Die darauf gerichtete Frage des Senats in der mündlichen Verhandlung, wo er – der Antragsteller – diese Rentabilitätsgrenze ziehen würde, wurde vom Antragsteller nicht beantwortet. Einer weitergehenden Regelung zugunsten des Antragstellers bedurfte es deshalb nicht.

Durch diese Einschränkung und die bereits vom Sozialgericht vorgenommene zeitliche Eingrenzung der getroffenen Anordnung wird nach alledem lediglich eine sehr begrenzte Vorwegnahme der Hauptsache herbeigeführt. Dem Hauptsacheverfahren wird insbesondere für die Zukunft eine weit größere Auswirkung im Hinblick auf die geltend gemachten Ansprüche des Klägers zukommen, als dies nach dem Ergebnis des vorliegenden einstweiligen Anordnungsverfahrens der Fall ist. Obgleich der Senat von der Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen ausgegangen ist, bedurfte es deshalb auch keiner Aussetzung des Verfahrens zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG (vgl. dazu BVerfGE 46, S. 43, 51; BVerfGE 63, S. 131, 141 m.w.N.). Einer solchen Vorlage bedurfte es im übrigen auch deshalb nicht, weil sich der Anordnungsanspruch – wie ausgeführt – bereits aus der fehlenden Standortplanung ergibt und die Annahme der Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Regelungen im SGB-V nur eine weitere Begründung für die Annahme dieses Anordnungsanspruchs darstellt.

Mit der vorgenommenen Einschränkung hinsichtlich des Umfangs der Abrechnungsmöglichkeit waren nach alledem die Beschwerden zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Für den Senat war dabei die verfahrensrechtliche Stellung der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen zu 2) und zu 3) als den Beschwerdeführern maßgeblich. Da der Anspruch des Antragstellers verfahrensrechtlich allein gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht werden kann, sah der Senat auch keinen Anlaß, die für das erstinstanzliche Verfahren vom Sozialgericht getroffene Kostenregelung abzuändern.

III.

Dieser Beschluss ist mit einem weiteren Rechtsmittel nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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