L 2 J 770/73

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 J 770/73
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der gewöhnliche Aufenthalt eines Rentners im Bundesgebiet im Sinne der Bestimmung des § 1319 Abs. 2 S. 2 Buchst. b RVO (sog. Rentnerprivileg) setzt nicht voraus, daß der Aufenthalt mindestens ein Jahr gedauert hat. § 1320 RVO ist nicht analog anwendbar.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgericht Frankfurt/Main vom 14. Juni 1973 aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 1. September 1971 verurteilt, dem Kläger das volle Altersruhegeld auf der Grundlage des Bescheids vom 10. August 1970 in das Ausland zu zahlen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1898 geborene, aus Sch. stammende, 1947 nach Sch. umgesiedelte Kläger zog von dort am 11. April 1970 in das Bundesgebiet und nahm seinen Wohnsitz in G ... Er ist als Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt.

Am 4. März 71 wanderte er von G., seinem letzten inländischen Wohnsitz, zu seinem einzigen Sohn nach Australien aus und lebt heute als deutscher Staatsangehöriger in .

Am 24. April 1970 hatte der Kläger bei der Beklagten Gewährung des Altersruhegeldes wegen Vollendung des 65. Lebensjahres beantragt und hierbei im Erhebungsbogen über seine Versicherungsverhältnisse angegeben, er habe seit 11. April 1970 seinen dauernden Wohnsitz in G. und beabsichtige, ständig im Bundesgebiet zu bleiben. Mit Bescheid vom 10. August 1970 hat die Beklagte ab 11. April 1970 Altersruhegeld in Höhe von monatlich 414,40 DM (ab 1. Januar 1971 in Höhe von 437,20 DM) gewährt, wobei der Rentenberechnung insgesamt 31,5 Versicherungsjahre zugrunde gelegt wurden. Davon entfielen 171 Monate auf reichsgesetzliche Versicherungszeiten außerhalb des Bundesgebietes und des Landes Berlin und 202 Monate auf sowjetzonale Versicherungszeiten (182 Monate Beitragszeiten und aufgrund dieser Zeiten anrechenbare 20 Monate Ausfallzeiten).

Auf eine im Januar 1971 durch den derzeitigen Bevollmächtigten des Klägers bei der Beklagten erfolgte telefonische Antrage über eine Rentenzahlung in das Ausland wurde von einem Sachbearbeiter der Beklagten eine telefonische Auskunft erteilt.

Auf den Antrag des Klägers vom 2. März 1971, ihm die bisher gewährte Rente für die Zeit nach dem 4. März 1971 nach Australien auszuzahlen, teilte die Beklagte mit Bescheid vom 1. September 1971 mit, daß das mit Bescheid vom 10. August 1970 gewährte Altersruhegeld für die Dauer seines gewöhnlichen Aufenthaltes im Ausland nur unter Berücksichtigung von 14,5 Versicherungsjahren in Höhe von 201,30 DM als Kannleistung gemäß § 1321 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung –RVO– ausgezahlt werden könne. Die Rentenleistung aufgrund der restlichen 17 Versicherungsjahre, die in der SBZ zurückgelegt worden seien, habe gemäß § 1317 RVO zu ruhen.

Hiergegen erhob der Kläger Klage, mit der er geltend machte, daß die Kürzung seiner Rentenzahlung in das Ausland zu Unrecht erfolgt sei. Hierzu trug er u.a. vor, seinem Bevollmächtigten sei anläßlich der Antrage bei der Beklagten in R. und ihm selbst anläßlich einer mündlichen Antrage bei der Rentenauskunftsstelle in F. erklärt worden, daß er seine volle Rente auch im Ausland erhalten werde. Aufgrund dieser Auskunft habe er den Entschluß gefaßt, zu seinem einzigen Sohn nach Australien auszuwandern. Wäre die Antwort negativ gewesen, so wäre er im Bundesgebiet verblieben, da er von 200,– DM in Australien nicht leben könne. Aus wirtschaftlicher Not sei es ihm nicht möglich, in die Bundesrepublik zurückzukehren. Aufgrund der unrichtigen bzw. unvollständigen Auskunft der Beklagten sei diese verpflichtet, ihm im Wege der Folgenbeseitigung die volle Rente in das Ausland zu zahlen. Bei der Auskunftserteilung seien dem Sachbearbeiter der Beklagten in R. die näheren Umstände seines Falles, insbesondere sein Zuzug in das Bundesgebiet im April 1970 sowie der voraussichtliche Auswanderungstermin bekannt gewesen.

Die Beklagte bezog sich demgegenüber auf die im angefochtenen Bescheid genannten Gründe, wonach in Anwendung der Ruhensbestimmungen der §§ 1317 ff., 1321 RVO die in das Ausland zu zahlende Rente richtig berechnet worden sei. Sie trug im übrigen vor, die im Januar 1971 erteilte fernmündliche Auskunft sei weder unrichtig noch unvollständig gewesen. Eine verbindliche Auskunft habe bei derart schwierigen Rechtsfragen auch nicht erteilt werden können, weil die Rentenakten des Klägers Zeitpunkt der Auskunftserteilung noch nicht vorgelegen hätten. Darüber hinaus würden fernmündliche Auskünfte in ihrer Anstalt grundsätzlich unverbindlich erteilt.

Mit Urteil vom 14. Juni 1973 wies das Sozialgericht Frankfurt die Klage ab. In den Gründen der Entscheidung ist ausgeführt, die Beklagte habe im angefochtenen Bescheid die in das Ausland zu zahlende Rente nach der Kannbestimmung des § 1321 Abs. 1 RVO zutreffend festgestellt. Hiernach könne die Rente insoweit nicht gezahlt werden, als die Rentenleistung auf nach dem FRG gleichgestellte Zeiten und aufgrund solcher Zeiten anrechenbar Ersatz- und Ausfallzeiten entfalle. Auch wenn, wie das Gericht unterstelle, der Sachbearbeiter der Beklagten fernmündlich die Auskunft erteilt habe, daß die Rente in voller Höhe in das Ausland gezahlt werde, könne dies eine ungekürzte Rentenzahlung nicht zur Folge haben. Bei der Auskunft habe es sich nicht um eine bindende Zusage, sondern um eine schlichte Verwaltungsäußerung ohne unmittelbare Rechtswirkungen gehandelt, die die Verwaltung nicht hindere, das Betreffende Rechtsverhältnis später gesetzmäßig zu regeln. Das Vertrauen des Staatsbürgers auf eine solche Auskunft, die nicht bindend sei, sei nur insoweit geschützt, als die Grundsätze der Amtshaftung für behördliche Auskünfte gemäß § 839 BGB eingreifen. Die Entscheidung von Streitigkeiten hierüber obliege nicht den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.

Mit der am 1. August 1973 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung wendet sich der Kläger gegen das am 2. Juli 1973 zum Zwecke der Zustellung mittels eingeschriebenen Briefes abgesandte Urteil.

Er wiederholt im wesentlichen sein Vorbringen des ersten Rechtszuges und meint, die Beklagte sei aufgrund der von ihr erteilten Auskunft, wegen der er sich zur Auswanderung entschlossen habe, verpflichtet, ihm die volle Rente nach Australien zu zahlen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 14. Juni 1973 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 1. September 1971 zu verurteilen, ihm das mit Bescheid vom 10. August 1970 gewährte Altersruhegeld in voller Höhe in das Ausland zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für rechtlich zutreffend.

Wegen des Sachverhalts im einzelnen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch statthafte Berufung des Klägers ist zulässig.

Sie ist auch sachlich begründet.

Das angefochtene Urteil konnte nicht beigetreten werden. Dem Kläger ist das volle Altersruhegeld, wie es auf der Grundlage des Bescheides vom 10. August 1970 festgestellt worden ist, in das Ausland zu zahlen. Rechtsgrundlage ist § 1317 der RVO in Verbindung mit § 1319 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b RVO (sog. Rentenprivileg). Da der angefochtene Bescheid, soweit er die Anwendung dieser Bestimmung incidenter abgelehnt hat, eine Auslandpflichtleistung betrifft, bedurfte es insoweit vor Klageerhebung nicht der Durchführung eines Vorverfahrens nach §§ 78, 79 Sozialgerichtsgesetzes –SGG– (vgl. Komm.z. RVO, herausgeg. vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, 6. Aufl., Stand: 1.1.1972, Anm. 1 zu § 1321 RVO).

Nach § 1319 Abs. 2 Satz 2 RVO ist die Rente trotz der grundsätzlichen Ruhensbestimmung des § 1317 RVO für Zeiten eines gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland auch insoweit zu zahlen, als sie nicht auf Zeiten einer Beschäftigung nach § 16 FRG und aufgrund dieser Beschäftigung anrechenbarer Ersatz- und Ausfallzeiten entfällt, sofern folgende weitere Voraussetzungen vorliegen: Die Rente muß von einem Versicherungsträger, der die Versicherung im Geltungsbereich dieses Gesetzes durchführt für Zeiten, in denen sich der Berechtigte in diesem Gebiet gewöhnlich aufgehalten hat, festgestellt worden sein oder festgestellt werden.

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die streitige Kürzung der in das Ausland zu zahlenden Rente betrifft nur die vom Kläger in der SBZ zurückgelegten Beitragszeiten – einschließlich der durch die anrechenbaren Ausfallzeiten – im Sinne von § 17 Abs. 1 Buchst. a FRG in Verb. mit § 15 FRG, also keine Beschäftigungszeiten im Sinne der §§ 17 Abs. 2, 16 FRG. Die Rente des Klägers war ferner auch für Zeiten, in denen er sich gewöhnlich im Bundesgebiet aufgehalten hat, bindendem Bescheid der Beklagten vom 10. August 1970 festgestellt. Der Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet vom 11. April 1970 bis 4. März 1971 war – entgegen der offenbar von der Beklagten vertretenen Auffassung – ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne dieser Bestimmung.

Ein gewöhnlicher – oder was das gleiche bedeutet, ein ständiger Aufenthalt wird gemeinhin als ein tatsächliches, längerdauernd nicht zufälliges Verweilen in einem bestimmten Gebiet – ohne Rücksicht auf die Willensrichtung – erläutert (vgl. BSG, Urteil vom 2.9.1964, 11/1 RA 40/59; Urteil vom 31.3.1965, 2 RU 229/61 mit zahlreichen Hinweisen auf die zum Begriff des ständigen Aufenthalts im Bürgerlichen und Zivilprozeßrecht vertretenen Meinungen; BSG SozR Nr. 5 zu § 1319 RVO). Es wird auf einen Zustand abgestellt, der nach seinen objektiven Gegebenheiten auf eine gewisse Stetigkeit und Regelhaftigkeit schließen läßt, wie insbesondere der authentischen Interpretation in § 14 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes zu entnehmen ist (vgl. hierzu auch Verbandskommentar, a.a.O., Anm. 8 zu § 1 FRG). Davon ist namentlich dann auszugehen, wenn eine Verbindung des betreffenden Menschen zu diesem räumlichen Gebiet, insbesondere eine besondere persönliche und wirtschaftliche Beziehung, besteht (vgl. BSG SozR Nr. 5 zu § 1319 RVO). In diesem Sinne ist der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts mit dem Begriff der Familienwohnung (BSG 19.11.1965, 1 RA 154/62) oder mit dem des "Zuhauseseins” (AN 1904, 495) gleichgesetzt worden, weil dort der Mittelpunkt der persönlichen Existenz des Betroffenen lag. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts wird hiernach außer durch Stetigkeit und Regelmäßigkeit auch noch durch das Kriterium, daß eine Person an einem bestimmten Ort des Zentrums ihres Daseins hat, geprägt (vgl. Soergel/Kegel, Komm. zum BGB, Anm. 11 zu Art. 29 EGBGB). Auf diesen Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts” stellt auch § 1319 Abs. 2 Satz 2 b RVO ab (vgl. Eicher/Hase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, 5. Auflage, Anm. 12 zu § 1319 RVO).

Daraus ergibt sich, daß sich der Kläger während des Rentenbezugs in der Bundesrepublik dort im Sinne von § 1319 Abs. 2 Satz 2 b RVO gewöhnlich aufgehalten hat. Dafür gibt den Ausschlag, daß er nach seiner Umsiedlung aus der DDR in der BRD seinen Lebensmittelpunkt und seine Existenzgrundlage gefunden hat, seine gesamte Habe dorthin verlagert hat und mit seiner Ehefrau einen festen Wohnsitz begründet hat, den er regelmäßig und über eine längere Zeit von fast einem Jahr beibehalten hat.

Daß dieser Aufenthalt im Bundesgebiet mindestens ein Jahr gedauert hat, wird vom Gesetz nicht gefordert. Die Beklagte stützt ihre gegenteilige Auffassung offensichtlich auf eine analoge Anwendung des § 1320 RVO, der jedoch zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet im Sinne von § 1319 Abs. 2 Satz 2 b RVO weder unmittelbar noch analog anzuwenden ist (a.A. Verbandskommentar, a.a.O. Anm. 16 zu § 1319 RVO).

Nach § 1320 RVO ist die Fiktion, daß als vorübergehend ein Aufenthalt bis zur Dauer eines Jahres "gilt”, allein auf den vorübergehenden bzw. gewöhnlichen Aufenthalt "außerhalb des Geltungsbereichs der RVO” beschränkt, wie sich aus der ausdrücklichen Verweisung des § 1320 RVO auf § 1319 Abs. 1 RVO ergibt. Sie hat demnach zunächst nur Bedeutung für die Frage, wenn die Ruhensbestimmungen bei einem Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes eingreifen. Die ganz andere Frage eines gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet im Sinne von § 1319 Abs. 2 Satz 2 b RVO wird hiervon weder direkt noch indirekt erfaßt, zumal eine Bezugnahme auf § 1320 RVO insoweit fehlt. Eine analoge Anwendung, die nur für einen ähnlichen Tatbestand bei Gleichheit des Grundes zulässig ist, verbietet sich aus folgender Erwägung: Die Zeitschranke des § 1320 RVO bezweckt "zu Gunsten” des Rentenbewerbers einen Ausschluß der Ruhensbestimmungen für den Fall, daß sein Aufenthalt außerhalb des Bundesgebietes nur bis zu einem Jahr gedauert hat und belastet ihn mit den gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Bundesgebietes geknüpften nachteiligen Folgen des Ruhens der Rente erst bei einer Dauer von mehr als einem Jahr. Demgegenüber knüpft § 1319 Abs. 2 Satz b RVO – in Rückausnahme von den belastenden Folgen eines gewöhnlichen Auslandsaufenthalts – an den vorhergehenden "gewöhnlichen Aufenthalt” im Bundesgebiet mit gleichzeitigem Rentenbezug die günstige Folge einer vollen bzw. nur teilweise eingeschränkten Rentenzahlung in das Ausland. Das Rentenprivileg schützt Rentenbezieher, die ihre Rente bereits während ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik bezogen haben, wegen ihrer Beziehungen zu diesem Gebiet. Dieser Grund läßt sich mit dem des § 1320 RVO nicht vergleichen.

Eine entsprechende Anwendung des § 1320 RVO, die mithin allenfalls einen Auslegungsmaßstab für die Bemessung eines "längerdauernden Aufenthalts” bieten könnte, ließe aber auch aufgrund der gesetzestechnischen Fassung des § 1320 RVO selbst nicht den Schluß zu, daß ein Aufenthalt von weniger als einem Jahr kein gewöhnlicher Aufenthalt sein kann. Wie das Bundesgericht bereits zu § 1320 RVO entschieden hat, ist diese Bestimmung nicht erschöpfend, sonst hätte in § 1319 RVO statt der Unterscheidung in vorübergehenden oder gewöhnlichen Aufenthalt schlechthin die Jahresfrist eingesetzt werden können. Diese Begriffe sollten nicht durch eine starre Zeitangabe – im Sinne einer gesetzlichen Legaldefinition – ersetzt werden (vgl. BSG SozR Nr. 4 zu § 1319 RVO). Dies ergibt sich nicht nur daraus, daß nach § 1320 Satz 2 Ausnahmen von der Jahresfrist zugelassen werden können, sondern auch schon aus der Regierungsbegründung zu § 1320 RVO (Bundestagsdrucksache III/1109, S. 47), in der ausgeführt ist, die Bestimmung sei nicht dahin aufzufassen, daß in allen Fällen ein Aufenthalt von weniger als einem Jahr als vorübergehend aufzufassen sei. Vorübergehend ist damit auch im Rahmen des § 1320 RVO ein Aufenthalt nur dann, wenn und solange den gesamten Umständen nach anzunehmen ist, daß er – von vornherein – beschränkt sein soll. Bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte auch im Rahmen des § 1319 Abs. 2 Satz 2 b RVO – eine entsprechende Anwendung des § 1320 RVO auf diese Bestimmung vorausgesetzt – ließe sich auch insoweit kein anderes Ergebnis im Falle des Klägers rechtfertigen. Denn abgesehen davon, daß die Jahresfrist des § 1320 RVO nur geringfügig unterschritten ist, hat der Kläger mehrfach glaubhaft angegeben – ohne daß er die Bedeutung dieser Angaben in bezug auf das Rentnerprivileg können konnte –, daß er beabsichtigt habe, ständig im Bundesgebiet zu bleiben und daß er seine Absicht erst geändert habe, nachdem ihm von der Beklagten die Auskunft über die Weitergewährung der vollen Rente in das Ausland erteilt worden sei. An der Richtigkeit dieser Darstellung zu zweifeln, bestand für den Senat schon deshalb kein Anlaß, weil es nach den Umständen des Falles einleuchtend ist, daß der Kläger dort, wo er durch die Rentengewährung seine Existenzgrundlage gefunden hatte, bleiben wollte. Die Einlassung des Klägers, er hätte bei Belehrung über eine Rentenkürzung den Entschluß zur Auswanderung nicht gefaßt, erschien insbesondere deshalb glaubhaft, weil die gekürzte Rente tatsächlich nicht zur Deckung des notwendigen Lebensbedarfs des Klägers in Australien ausreicht und auch offensichtlich sein Sohn infolge schwerer Erkrankung zur Bestreitung seines Unterhalts nicht oder nicht wesentlich beitragen kann. Eine Bestätigung für die Richtigkeit dieser Annahme sieht der Senat auch darin, daß der Kläger nunmehr mit Schreiben vom 6. Januar 1974 bei der Beklagten um verbindliche Auskunft gebeten hat, ob ihm im Falle der Rückkehr wieder die volle Rente gewährt werde.

Ist mithin davon auszugehen, daß der Wille des Klägers von vornherein darauf gerichtet war, gewöhnlich im Bundesgebiet zu wohnen, er seinen Entschluß erst geändert hat, nachdem er mit einer vollen Rentenzahlung in das Ausland rechnen zu können glaubte, so kann auch im Rahmen einer entsprechenden Anwendung des § 1320 RVO der Tatbestand des vorübergehenden Aufenthalts nicht als erfüllt angesehen werden. Denn dieser liegt nach § 1320 RVO dann nicht vor, wenn der Berechtigte von vornherein seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland nehmen wollte und nur später seinen Entschluß geändert hat.

Die Berufung muß daher Erfolg haben, ohne daß es darauf ankommt, welche Auskunft dem Kläger von der Beklagten erteilt worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Rechtskraft
Aus
Saved