L 8 B 129/07 AL ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 22 AL 4250/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 B 129/07 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren zu tragen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Gründe:

I.

Streitig ist die Förderung der ersten beiden Jahre einer dreijährigen Ausbildung zur Logopädin.

Die 1969 geborene Antragstellerin ist von Beruf Schauspielerin. Sie ist seit dem 29. Dezember 2006 verheiratet und Mutter zweier kleiner Kinder. Bis zum 25. Januar 2007 erhielt sie Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz für ihren am 26. Januar 2005 geborenen Sohn B in Höhe von 300,00 Euro monatlich. Seit dem 03. Januar 2007 bezieht sie Arbeitslosengeld mit einem Leistungsbetrag von täglich 25,94 Euro, das ihr für 360 Tage bis einschließlich 01. Januar 2008 bewilligt worden ist.

Im Juni 2006 meldete sich die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin und nahm eine Beratung wegen einer Umschulung zur Logopädin oder Physiotherapeutin durch die Antragsgegnerin wahr. Dabei wurde im Hinblick auf eine fast vierjährige berufliche Pause und die Betreuungsproblematik bei zwei kleinen Kindern grundsätzlich zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt die Notwendigkeit für Bildungsmaßnahmen gesehen (Beratungsvermerk vom 21. Juli 2006); allerdings wurde bereits im weiteren Verlauf der Beratung darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Ausbildung bei fehlender Finanzierung von dritter Seite für das letzte Jahr nicht förderbar sei.

Schließlich lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 02. November 2006 die Förderung der am 08. Januar 2007 beginnenden dreijährigen Ausbildung zur Logopädin – Bildungsträger Internationaler Bund, Bildungszentrum S, Medizinische Akademie –, für die ein monatliches Schulgeld von 606,13 Euro zu zahlen ist, ab. Zur Begründung verwies die Antragsgegnerin darauf, dass die angestrebte Ausbildung zur Logopädin (kraft Gesetzes) eine dreijährige sei, sodass zur Bewilligung der lediglich zweijährigen Förderung die Finanzierung des dritten Jahres sichergestellt sein müsse. Eine Bestätigung des Bildungs- bzw. Schulträgers über die Sicherstellung der Zahlung einer Ausbildungsvergütung (in der Regel durch den Träger der praktischen Ausbildung) und die Finanzierung der Weiterbildungskosten für das dritte Drittel liege nicht vor. Die Sicherstellung durch Eigenfinanzierung entspreche nicht der Intention des Gesetzgebers. Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch, über den (im Hinblick auf das anhängige Verfahren) noch nicht entschieden worden ist.

Auf den am 07. Dezember 2006 beim Sozialgericht – SG – Berlin eingegangenen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Förderung der am 08. Januar 2007 beginnenden Ausbildung zu verpflichten, hat auf Veranlassung des SG einerseits die Antragsgegnerin ausdrücklich erklärt, die grundsätzlich für notwendig erachtete Förderung einer Bildungsmaßnahme der Antragstellerin scheitere vorliegend allein daran, dass die Finanzierung des dritten Bildungsjahres durch den Bildungsträger nicht gesichert sei, und andererseits die Antragstellerin einen Betrag von 12.056,00 Euro bei einem Rechtsanwalt mit der Maßgabe hinterlegt, diesen Betrag im dritten Ausbildungsjahr für die Zahlung des monatlichen Schulgeldes von 606,13 Euro und für den Lebensunterhalt der Antragstellerin freizugeben.

Sodann hat das SG mit Beschluss vom 12. Januar 2007 die Antragsgegnerin verpflichtet, vorläufig die Ausbildung der Antragstellerin zur Logopädin beim Internationalen Bund, Bildungszentrum S, beginnend ab 08. Januar 2007 für die Dauer von zwei Jahren als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung zu fördern und im Übrigen, also für das dritte Jahr, den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die insoweit maßgeblichen Voraussetzungen gemäß § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – lägen vor. Vorliegend sei ein Anspruch auf Förderung von zwei Dritteln der von der Antragstellerin angestrebten Umschulung zur Logopädin zur Überzeugung der Kammer begründet. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin erkenne diese die Notwendigkeit der beruflichen Weiterbildung zur beruflichen Eingliederung an. Zwischen den Beteiligten sei allein streitig, ob die Förderung der dreijährigen Ausbildung zur Logopädin allein deshalb nicht in Betracht komme, weil nicht der Maßnahmeträger, sondern die Antragstellerin selbst das dritte Ausbildungsjahr finanziere. Unstreitig gehöre die Antragstellerin zum nach § 77 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – SGB III – förderungsfähigen Personenkreis. Die tatbestandlichen Vorrausetzungen dieser Bestimmung lägen vor. Bei der Ausbildung zur Logopädin handele es sich um eine nach §§ 77 ff SGB III grundsätzlich förderungsfähige Maßnahme. Die Ausbildung sie infolge gesetzlicher Bestimmungen nicht verkürzbar. Eine Differenzierung zwischen Erstausbildung und Weiterbildung erscheine insoweit nicht möglich. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass auch eine (nicht verkürzbare) dreijährige Bildungsmaßnahme Weiterbildung im Sinne von § 77 SGB III sein könne, anderenfalls hätte es der (Übergangs-) Regelung in § 434 d Abs. 1 SGB III nicht bedurft.

Der Internationale Bund, Bildungszentrum S, sei als Maßnahmeträger zwar gegenwärtig nicht zugelassen, aber nach §§ 85, 87 SGB III i. V. mit § 12 der Verordnung über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III durch die Antragsgegnerin zulassungsfähig. Die Antragsgegnerin verneine die Zulassungsfähigkeit – allein – wegen § 85 Abs. 2 SGB III. Die Maßnahme sei unter anderem zuzulassen, wenn sie nach dem Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt werde, insbesondere die Kosten und die Dauer angemessen seien (§ 85 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). Die Dauer der Maßnahme sei gemäß § 85 Abs. 2 SGB III angemessen, wenn sie sich auf den für das Erreichen des Bildungszieles erforderlichen Umfang beschränke. Die Dauer eine Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf führe, sei angemessen, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens eindrittel in der Ausbildungszeit verkürzt sei. Sei eine Verkürzung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit aufgrund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen ausgeschlossen, so sei die Förderung eines Maßnahmeteiles von bis zu zwei Dritteln der Maßnahme nicht ausgeschlossen, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert sei. Bis zum 01. Januar 2005 sei übergangsweise auch die Förderung der dreijährigen Maßnahme durch die Antragsgegnerin nach § 434 d Abs. 1 SGB III möglich gewesen. Für die am 08. Januar 2007 beginnende Ausbildung sei diese Möglichkeit nicht mehr eröffnet.

Die Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres sei hier aber durch die Antragstellerin selbst sichergestellt. Sowohl die Maßnahmekosten (Schulgeld) als auch der Lebensunterhalt der Antragstellerin (in Höhe der gesetzlichen Grundsicherungsleistung) könnten aus dem auf dem Rechtsanwaltsanderkonto hinterlegten Geldbetrag finanziert werden. Der Auffassung der Antragsgegnerin, dass die Eigenfinanzierung des dritten Ausbildungsjahres nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche, könne nicht gefolgt werden. Die Gesetzesbegründung schließe die Eigenfinanzierung nicht aus. Zu § 85 heiße es ausdrücklich: "Die bisher bereits möglichen Maßnahmeformen und –inhalte bleiben vollständig erhalten " (BT-Drucksache 15 aus 25, Seite 30). Aufschlussreich sei insoweit auch die Begründung des Gesetzentwurfs zum Jobaktivgesetz (BT-Drucksache 14/6944, Seite 35), der eine zu § 85 SGB III identische Regelung bereits in § 92 Abs. 2 SGB II a. F. enthielt. Zwar sollten grundsätzlich Berufe, die im Rahmen der Erstausbildung eine dreijährige Ausbildung erforderten, nur als Weiterbildungsmaßnahme anerkannt werden können, wenn eine Verkürzung der Dauer auf zwei Drittel vorliege. Die gesetzliche Unzulässigkeit der Verkürzung für bestimmte Berufe (ausdrücklich benannt seien Gesundheitsfachberufe) habe eine Förderung durch die Antragsgegnerin nicht hindern sollen, solange die Finanzierung im dritten Ausbildungsjahr gesichert sei ("die Finanzierung kann zum Beispiel durch Leistungen dritter gesichert seien").

Auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung sei die Finanzierung des dritten Ausbildungsdrittels durch die Antragstellerin selbst zulässig. Verhindert werden solle, dass die Antragsgegnerin zunächst (bis zu 2 Jahre) Leistungen erbringe, letztlich die Weiterbildung aber nicht erfolgreich abgeschlossen werden könne, weil es an der vollständigen Finanzierung mangele. Ob die Finanzierung durch den Schüler selbst, die Schule oder sonstige Dritte erfolge, sei für den Sicherungszweck unerheblich. Soweit die Antragsgegnerin verlange, der Maßnahmeträger selbst müsse die Finanzierung sichern, bedeute dies faktisch, dass Gesundheitsberufe als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung ausschieden. Das aber sei ein Ergebnis, dass der Gesetzgeber durch die Regelung des § 85 Abs. 2 S. 3 SGB III gerade zu verhindern beabsichtigt habe.

Der vorläufigen Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Förderung der Ausbildung zur Logopädin stehe hier auch nicht entgegen, dass es sich bei Maßnahmen der Förderung der beruflichen Weiterbildung um Ermessensleistungen handele. Bei Ermessensleistungen sei eine zusprechende gerichtliche Entscheidung nur möglich, wenn angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalles nur eine bestimmte Entscheidung ermessensgerecht sei. Eine derartige Ermessensreduzierung läge hier vor. Die Antragsgegnerin habe auf die Aufforderung des Gerichts ausdrücklich erklärt, dass – neben dem geltend gemachten Versagungsgrund der Eigenfinanzierung – keine sonstigen Versagungsgründe einer Förderung entgegenstünden.

Zudem sei auch ein die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigender Eilbedarf zu bejahen, da der Antragstellerin ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, die weiterhin der Auffassung ist, die lediglich sichergestellte Eigenfinanzierung für das dritte Ausbildungsjahr erfülle nicht die Ausnahmeregelung des § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III. Denn diese Vorschrift sei so auszulegen, dass sich die erforderliche Finanzierung des dritten Teils der Maßnahme auf die Maßnahme an sich und nicht die individuelle Förderung des Einzelnen beziehe und damit eine Eigenfinanzierung des Teilnehmers nicht der Intention des Gesetzgebers entspreche. Nach der vom SG herangezogenen Gesetzesbegründung sowie der weiteren Gesetzesbegründung in diesem Zusammenhang hätte der Gesetzgeber vielmehr mit der vorherigen befristeten Sonderregelung des § 417 SGB III die Erwartung verbunden, " dass in den Berufsgesetzen Verkürzungsmöglichkeiten der Ausbildung bei Umschulungen geschaffen werden betroffen sind insbesondere die Gesundheitsfachberufe." Diese Erwartung sei jedoch nicht erfüllt worden. In der Gesetzesbegründung heiße es weiter: "Die Arbeitsämter sollen wegen der arbeitsmarktpolitischen Bedeutung solche Weiterbildungen trotzdem weiterhin fördern können. Die Förderung ist jedoch künftig längstens für die Dauer möglich, auf die die Weiterbildung bei bestehenden Verkürzungsmöglichkeiten zu verkürzen wäre Um zu vermeiden, dass solche Weiterbildungen bei Beendigung der Förderung durch die Bundesanstalt aus finanziellen Gründen abgebrochen werden, ist eine Förderung außerdem nur dann zulässig, wenn bereits zu Beginn der Weiterbildung die Finanzierung für die gesamte Dauer gesichert ist. Die Finanzierung kann zum Beispiel durch Leistungen Dritter gesichert sein. Da die Finanzierungsstrukturen für eine Teilfinanzierung durch Dritte noch geschaffen werden müssen, wird für eine dreijährige Übergangszeit eine Vollförderung durch die Bundesanstalt für Arbeit gewährleistet." Daraus werde deutlich, dass die Übergangsregelungen des § 434 d SGB III in erster Linie dazu dienen sollten, sogenannte Finanzstrukturen durch Dritte zu schaffen. Es sei keineswegs um die Eigenfinanzierung der Teilnehmer gegangen. Eine Regelung auf Kosten der – in der Regel finanziell schwach bemittelten – Maßnahmeteilnehmer sei nicht beabsichtigt gewesen.

Die Antragstellerin hält dem unter Hinweis auf den angefochtenen Beschluss entgegen, dass die von der Antragsgegnerin vertretene Rechtsauffassung nicht zwingend sei und der Situation der Betroffenen nicht gerecht werde. Die Notwendigkeit einer Bildungsmaßnahme zur künftigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt ergebe sich aus ihrer persönlichen Situation und werde auch von der Antragsgegnerin bejaht. Dass sie an dieser Maßnahme erfolgreich teilnehmen können werde, ergebe sich aus der bestandenen Aufnahmeprüfung sowie des bisherigen erfolgreichen Besuchs des Lehrganges. Nach ihren Erkenntnisses bestünden auch gute Chancen einer Einmündung in eine entsprechende berufliche Tätigkeit, wie auch von dem Bildungsträger bestätigt werde. Mit der Hinterlegung der Gelder für Schulgeld und Unterhalt für das dritte Jahr sei auch der von der Antragsgegnerin gesehene einzige Versagungsgrund ausgeräumt und die Finanzierung mit der Förderung durch die Antragsgegnerin insgesamt gesichert.

Auf Anforderung des Senat hat die Medizinische Akademie (staatlich anerkannte Schule für Logopädie) die Zertifizierungsurkunde vom 27. September 2005 (Zertifizierungszeitraum bis 27. September 2008) über die Zulassung als Träger für die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach dem Recht der Arbeitsförderung und die Erfüllung der Anforderung des § 84 SGB III sowie der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV) und zur Durchführung verschiedener in der Anlage aufgeführter Maßnahmen (u. a. unter Nr. 96 den von der Klägerin besuchten dreijährigen Lehrgang als Logopädin) vorgelegt. Ergänzend hat sie darauf verwiesen, dass die Maßnahme im Wesentlichen von Selbstzahlern und maximal drei bis vier Umschülern (unter anderem gefördert auch von der Antragsgegnerin) besucht werde. Eine Drittfinanzierung des dritten Ausbildungsjahres durch den Bildungsträger sei ebenso wenig wie über die Praktikumsstellen möglich. Eine Zertifizierung der Maßnahme gemäß § 85 Abs. 2 SGB III sei nicht beantragt worden und sei auch aufgrund der bisherigen Gesetzeslage nicht nötig gewesen. Im Übrigen sei zu beachten, dass der im Jahre 2007 begonnene Lehrgang durch das zuständige Arbeitsamt Berlin Mitte mit der Maßnahme Nr. 962-6079-2007 zugelassen worden sei, wie dem übersandten Maßnahmebogen entnommen werden könne. Hierzu hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass Bildungsträger auch Bildungsmaßnahmen zertifizieren lassen könnten, die nicht den Anforderungen nach §§ 77 ff SGB III, insbesondere § 85 SGB III entsprechen würden, sofern sie glaubhaft darlegten, dass keine Kunden in die Maßnahme aufgenommen werden, die nach SGB III oder SGB II gefördert würden. Im Übrigen sei sie verpflichtet, jede durch eine fachkundige Stelle anerkannte Maßnahme zu erfassen, auch wenn sie nach § 77 SGB III nicht förderungsfähig sei, dass heißt ein Bildungsgutschein hierfür nicht ausgestellt werden könne. Der vorliegende Maßnahmebogen sei zu erstellen gewesen, weil die Maßnahme durch die GUT zertifiziert worden sei, obwohl wegen der fehlenden Finanzierung des dritten Jahres eine Förderung gar nicht möglich sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte, die Gegenstand der Beratung gewesen ist, Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des SG Berlin vom 12. Januar 2007 ist unbegründet. Das SG hat die Antragsgegnerin mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht verpflichtet, die von der Antragstellerin am 08. Januar 2007 begonnene Ausbildung zur Logopädin an der Medizinischen Akademie in Berlin (Träger Internationaler Bund -IB- Bildungszentrum S) während der ersten beiden Jahre gemäß §§ 77 ff SGB III zu fördern.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Ein Anordnungsanspruch – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der begehrten sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind vorliegend hinreichend glaubhaft gemacht.

Gegenstand des Beschwerdeverfahren ist (nur noch) die Förderung der Bildungsmaßnahme in den ersten beiden Jahren, da nur die Antragsgegnerin den Beschluss anficht.

Die Förderung richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Abschnitts (Förderung der beruflichen Weiterbildung), nicht dagegen nach denen des Fünften Abschnitts (§§ 59 ff) des SGB III, wie auch die Antragsgegnerin annimmt, da es sich bei der streitigen Ausbildung im Hinblick auf die vorangegangene Ausbildung zur Schauspielerin und anschließende Berufstätigkeit als solche nicht um eine Erstausbildung (§ 60 Abs. 2 SGB III) handelt.

Dass die Antragstellerin die persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung einer Bildungsmaßnahme gemäß § 77 SGB III erfüllt, hat das SG zutreffend dargelegt und wird auch von der Antragsgegnerin so gesehen. Denn dass die Antragstellerin aufgrund der längeren Unterbrechung ihrer beruflichen Tätigkeit und der nicht gewährleisteten Betreuung ihrer beiden kleinen Kinder nicht mehr ihrem früheren – vorwiegend in den Abendstunden auszuübenden – Beruf als Schauspielerin nachgehen kann, ist ohne weiteres einsichtig und erfordert eine Weiterbildung, um sie bei der (nunmehr bestehenden) Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern (§ 77 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Weiterbildung ist aber auch unter dem Gesichtspunkt notwendig (vgl. Beratungsvermerk vom 17. Juli 2006), dass die Antragstellerin nach bereits zu diesem Zeitpunkt nahezu vierjähriger Berufsabstinenz und der mangelnden Verwertbarkeit des bisherigen Berufsabschlusses der Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme zur Erlangung eines Berufsabschlusses bedarf (§ 77 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 SGB III).

Die hier angesprochene Maßnahme scheidet auch nicht von vornherein als Weiterbildungsmaßnahme im Sinne des § 77 SGB III aus. Weiterbildung in diesem Sinne ist nicht nur eine auf der bisherigen Berufstätigkeit bzw. Berufsausbildung aufbauende Bildungsmaßnahme, sondern auch eine Umschulung in einen anderen Beruf, wobei allerdings erkennbar auf eine angemessene Berufserfahrung als Grundlage einer Weiterbildung abgestellt wird (vgl. schon zu § 42 AFG, BSG, Urteil vom 04. Februar 1999 – B 7 AL 12/98 R – in SozR 3-4100 § 42 Nr. 4), wie auch aus § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III deutlich wird, wenn die Verkürzung der Bildungsmaßnahme erwachsenengerecht um ein Drittel gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung gefordert wird. Diesem grundsätzlichen Erfordernis wird der von der Antragstellerin besuchte Lehrgang ( aufgrund der für die Logopädin maßgeblichen Bestimmungen und fehlender individueller Kürzungsmöglichkeiten) zwar nicht gerecht, doch ist dies im Hinblick auf die Regelung in § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III unschädlich, da darin ausdrücklich eine Ausnahme für aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Bestimmungen nicht verkürzbare Ausbildungen gemacht wird und der Gesetzgeber dabei insbesondere Gesundheitsberufe vor Augen hatte, wie sich aus der bereits vom SG zitierten Gesetzesbegründung ergibt. Dass der Gesetzgeber nicht verkürzbare Ausbildungen nicht grundsätzlich von der Förderung ausschließen wollte, ergibt sich im Übrigen auch aus der Übergangsvorschrift gemäß § 434 d Abs. 1 Satz 1 SGB III.

Die Antragstellerin erfüllt auch die weiteren Voraussetzungen gemäß § 77 Abs. 1 SGB III. Die Antragstellerin hat sich vor Beginn der Maßnahme zwecks Beratung an die Antragsgegnerin gewandt, die die Notwendigkeit einer Weiterbildung bestätigt und Bedenken gegen die Maßnahme allein im Hinblick auf die strittige Drittfinanzierung geltend gemacht hat; dem Erfordernis des § 77 Abs. 1 Nr. 2 SGB III ist damit ebenfalls genügt worden.

Auch die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III sind – jedenfalls bei summarischer Prüfung – erfüllt. Der IB ist ausweislich der vorgelegten Urkunde von einer Zertifizierungsstelle als Träger der hier angesprochenen Maßnahme, die unter Nr. 96 der Anlage hierzu aufgeführt ist, ausdrücklich zugelassen (vgl. § 84 SGB III). Auch wenn damit noch keine gesonderte Zertifizierung (gemäß § 85 SGB III) auch der Maßnahme selbst vorliegt, so beinhaltet die Zertifizierung als Träger dieser Maßnahme doch zumindest indirekt auch eine gewisse (positive) Prüfung der Maßnahme selbst. Denn seine Zertifizierung als Träger für die Weiterbildung kann nicht losgelöst von den von ihm angebotenen Maßnahmen erfolgen. In diese Richtung weist ersichtlich auch die in Betracht gezogene Einzelfallprüfung gemäß § 12 AZWV, da in diesem Zusammenhang keine Bedenken gegen die Ausgestaltung der Maßnahme erkennbar waren, sondern nur die Frage der Drittfinanzierung zum negativen Ergebnis führte. Dass die Maßnahme dem von § 85 SGB III geforderten Kriterien – abgesehen von der umstrittenen Drittfinanzierung – entspricht und damit zulassungsfähig ist, belegt – neben der expliziten Einschätzung, dass sonst keine Versagensgründe vorliegen - auch der für die Maßnahme von der Antragsgegnerin angelegte Maßnahmebogen, der als Besonderheit/Einschränkung lediglich die Begrenzung der Förderung auf die Zeit bis zum 07. Januar 2009 wegen § 85 Abs. 2 SGB III nennt. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass die Beklagte ausweislich des Maßnahmebogens (Ziffer 17) und ihrer Stellungnahme vom 14. August 2007 offenbar sogar von einer Zulassung der Maßnahme ausgeht, was die Ablehnung der Förderung auch insoweit unverständlich macht.

Unabhängig davon überzeugt auch die von der Beklagten geforderte Sicherstellung der Finanzierung des dritten Jahres der Maßnahme selbst nicht. Dass die Durchführung der Maßnahme seitens des Bildungsträgers gesichert ist, begegnet nach dessen Ausführungen keinen durchgreifenden Bedenken, ist aber nach den Ausführungen der Antragsgegnerin mit ihrem aufgestellten Erfordernis ersichtlich auch nicht gemeint. Vielmehr bezieht sie sich mit ihrer Forderung auf Sicherstellung der Finanzierung des einzelnen Teilnehmers doch wiederum nicht auf die Maßnahme selbst, sondern auf den einzelnen Teilnehmer. Auch nur unter diesem Gesichtspunkt dürfte zu fragen sein, ob die für einen einzelnen Teilnehmer konkret mögliche Förderung für zwei Jahre zu gewähren ist, nachdem die der Antragsgegnerin bisher noch mögliche Förderung des dritten Jahres nunmehr verwehrt ist mit der Folge, dass das dritte Jahr anderweitig abgesichert sein muss. Eine solche finanzielle Absicherung für das dritte Ausbildungsjahr ist vorliegend zu bejahen, wie das SG richtig festgestellt hat. Dass der Gesetzgeber mit § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III nicht eine Eigenfinanzierung des Teilnehmers, sondern die Schaffung ergänzender Finanzstrukturen vor Augen hatte, hat im Wortlaut der Vorschrift keinen Niederschlag gefunden. Die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen des Gesetzgebers lassen sich aber auch nicht dahingehend interpretieren, dass mit der Weigerung anderer von ihm mit der Gesetzesfassung ersichtlich angesprochener Stellen, eine ergänzende Förderung zu übernehmen, diese im Gesundheitsbereich angesiedelten Berufe gänzlich von einer Förderung auszunehmen. Bis zur Schaffung der ergänzenden Finanzstrukturen in der vom Gesetzgeber gewünschten Weise spricht daher nichts dagegen, die Sicherstellung der Finanzierung des dritten Jahres – neben der Förderung für die ersten beiden Jahre durch die Antragsgegnerin – in anderer Weise und auch durch Eigenfinanzierung wie vorliegend sicherzustellen und damit dem Erfordernis des § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III gerecht zu werden.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die hier angesprochene Ausbildung (vgl. Gesetz über den Beruf des Logopäden vom 07. Mai 1980 [BGBl. I Seite 529] zuletzt geändert durch 8. Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 25. November 2003 [BGBl. I Seite 2304, 2307] sowie Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden vom 01. Oktober 1980 [BGBl. I. Seite 1980] zuletzt geändert durch Artikel 3 Abs. 13 des Gesetzes vom 19. Februar 2007 [BGBl. I Seite 122]) von der Zulassung ausgeschlossen ist, weil überwiegend Allgemeinwissen oder nicht berufsbezogene Inhalte vermittelt werden oder die Ausbildung einem berufsqualifizierenden Studiengang an Hochschulen oder ähnlichen Bildungsstätten entspricht (§ 85 Abs. 4 SGB III). Die Ausbildung umfasst neben dem theoretischen Unterricht (begleitend) in nicht unerheblichem Umfang Praktikumszeiten (vgl. den Maßnahmebogen) und kann daher nicht einem Studium an einer Hochschule oder ähnlichen Bildungsstätte gleichgestellt werden.

Mithin ist jedenfalls bei summarischer Prüfung ein Anordnungsanspruch bezüglich der beanspruchten Förderung zu bejahen. Eine andere Bewertung resultiert auch nicht daraus, dass die streitige Förderung als Ermessensleistung ausgestaltet ist, da, worauf bereits das SG hingewiesen hat, die Antragsgegnerin keinerlei für die Bewilligung noch erforderliche Erwägungen auch nur andeutet.

Im Hinblick auf die Lebenssituation der Antragstellerin und deren Lebensalter ist auch ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar und damit ein Anordnungsgrund gegeben, wie auch das SG richtig gesehen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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