L 19 R 713/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 221/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 713/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 246/07 B
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 13.09.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Regelaltersrente streitig.

Der 1938 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei. Er hat in Deutschland vom 24.04.1964 bis 30.06.1974 versicherungspflichtig gearbeitet; anschließend ist er in die Türkei zurückgekehrt. Auf den Antrag vom 09.04.1979 erstattete ihm die Beklagte mit Bescheid vom 12.08.1979 die von ihm im genannten Zeitraum zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) in Höhe von 8.857,90 DM.

Am 05.12.2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, er sei jetzt im Rentenalter und beantrage die ihm zustehende Altersrente. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.12.2005 und Widerspruchsbescheid vom 09.03.2006 im Hinblick auf die durchgeführte Beitragserstattung ab. Mit der Erstattung werde das bis dahin bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst, sodass aus den erstatteten Beiträgen keine Versicherungsleistungen mehr erfolgen könnten. Nach der mit Bescheid vom 12.08.1979 durchgeführten Beitragserstattung seien Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nicht entrichtet worden. Damit seien keine auf die Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten mehr vorhanden. Ein Anspruch auf Versichertenrente allein aus den vom Arbeitgeber getragenen Beiträgen bestehe aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage nicht.

Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Bayreuth (SG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 13.09.2006 abgewiesen. Dem Kläger seien die während seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit in Deutschland geleisteten Beiträge erstattet worden. Gemäß § 1303 Abs 7 Reichsversicherungsordnung (RVO) seien durch die Beitragserstattung weitere Ansprüche aus den zurückliegenden Versicherungszeiten ausgeschlossen. Weitere - spätere - rentenrechtliche Zeiten habe der Kläger in Deutschland nicht zurückgelegt. Er habe damit keinen Anspruch aus dem damals bestehenden, durch die Beitragserstattung aber aufgelösten Versicherungsverhältnis mehr. Mangels Versicherungsverhältnis könne sich auch kein Anspruch auf eine Rente allein aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen zur Rentenversicherung ergeben. Eine sog. "Halbrente" stehe dem Kläger nicht zu und sei im deutschen Rentenversicherungsrecht nicht vorgesehen. Durch die Erstattung bzw deren Rechtsfolgen seien auch keine Grundrechte des Klägers verletzt. Der Kläger sei bis zur Auflösung seines Versicherungskontos aufgrund der Erstattung durch die geleisteten Beiträge gegen die Risiken der Invalidität, des Alters und des Todes versichert gewesen. Es sei ihm freigestellt gewesen, die Erstattung der Beiträge zu beantragen oder zu gegebener Zeit Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 06.10.2006 Berufung eingelegt, die er trotz zweimaliger Aufforderung durch den Senat nicht begründet hat.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 13.09.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 15.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersrente ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Zur Begründung ihres Antrags verweist die Beklagte auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Gründe in der angefochtenen Entscheidung des SG Bayreuth.

Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Senat konnte gemäß § 153 Abs 4 SGG ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Von der Möglichkeit der Entscheidung im Beschlusswege sind die Beteiligten unter Hinweis auf ihr Anhörungsrecht informiert worden (§ 153 Abs 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers erweist sich als unbegründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 13.09.2006 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Regelaltersrente aus seinen in Deutschland ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Zeitraum vom 24.04.1964 bis 30.06.1974 hat.

Zutreffend hat das SG festgestellt, dass durch die Beitragserstattung mit Bescheid vom 12.08.1979 gemäß § 1303 Abs 7 RVO in der bis 31.12.1991 geltenden Fassung alle Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus den vor der Beitragserstattung zurückgelegten Versicherungszeiten ausgeschlossen sind. Denn durch die Beitragserstattung ist das Versicherungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten erloschen, sodass eine Wartezeit für die Gewährung einer Versichertenrente nicht mehr erfüllt ist. Zutreffend hat das SG auch ausgeführt, dass eine Leistung aus den von den Arbeitgebern des Klägers getragenen Beiträgen nicht möglich ist. Für solche Ansprüche fehlt es sowohl nach dem früher geltenden § 1303 RVO wie auch nach dem Rentenreformgesetz 1992 an einer gesetzlichen Grundlage. Ein Zugriff der Versicherten auf den Arbeitgeberanteil der zur Rentenversicherung der Arbeiter geleisteten Beiträge ist vielmehr ausgeschlossen. Dies hat zur Folge, dass dem Kläger ein Anspruch auf Bewilligung einer Altersrente auch aus diesen Beiträgen nicht zusteht. Es werden nämlich einem Versicherten nur die Beiträge in der Höhe erstattet, in der er sie selbst getragen hat. Darin, dass die Verfallswirkung der Beitragserstattung gemäß § 1303 Abs 7 RVO auch solche Beiträge erfasst, die mangels Erstattungsfähigkeit nicht ersetzt worden sind, liegt weder eine Verletzung des Art 3 Abs 1 Grundgesetz noch ein entschädigungsloser Eingriff in eigentumsähnliche Anwartschaften (BSG SozR 2200 § 1303 Nrn 18 und 33, BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr 19). Damit verstößt die Begrenzung der Erstattung auf den von den Versicherten getragenen Anteil zur Rentenversicherung nicht gegen das Willkürverbot und ist somit verfassungsgemäß.

Infolge der Auflösung des Versicherungsverhältnisses stehen dem Kläger gegen die Beklagte keinerlei Ansprüche mehr zu. Die Berufung des Klägers war vielmehr zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers erfolglos blieb.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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