Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 3049/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 156/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Oktober 2006 abgeändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2006 wird angeordnet, soweit der Bewilligungsbescheid vom 27. März 2006 auch für den Monat August 2006 über den Betrag von 345 EUR hinaus aufgehoben wurde. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. September 2006 bis 30. November 2006 über die bereits bewilligten Leistungen hinaus in Höhe von monatlich 87 EUR und für den Monat Dezember 2006 in Höhe von 432 EUR vorläufig als Darlehen zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin des Eilverfahrens beider Instanzen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem die Leistungsbewilligung aufgehoben wurde und die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 vorläufig Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zu gewähren.
Die im Jahr 1945 geborene Antragstellerin ist allein stehend. Sie ist Eigentümerin eines seit dem Jahr 2000 bezugsfertigen Wohngebäudes (gesamte Grundstücksgröße 3045 m², davon Baugrundstück 1500 m², 2 Wohneinheiten mit einer Wohnungsgesamtgröße 190 m², 6 Räume, 2 Küchen, 2 Badezimmer) in F.-K., S. Str ... mit einem geschätzten Verkehrswert von 371.139 EUR bei einer ursprünglichen Schuldbelastung in Höhe von 102.258,37 EUR.
Am 15.08.2005 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin zunächst mit Bescheid vom 08.12.2005 auf Grund des vorhandenen Grundvermögens wegen fehlender Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin ab. Auf ihren Widerspruch vom 09.01.2006 wurden der Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II mit Bescheiden vom 27.3.2006/28.03.2006 für den Zeitraum vom 15.08.2005 bis 28.02.2006 (Regelsatz und Kosten der Unterkunft und Heizung) und auf ihren Fortzahlungsantrag vom 27.03.2006 mit Bescheiden vom 27.03.2006/28.03.2006 für den Zeitraum vom 01.3.2006 bis 31.8.2006 in Höhe von monatlich 899,08 EUR (Regelleistungen 345 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung 554,08 EUR bestehend aus Heizkosten 41,75 EUR, Betriebsnebenkosten 40,63 EUR und Schuldzinsen 471,70 EUR), jeweils in Form von Darlehen bewilligt. Das Grundvermögen der Antragstellerin wurde durch den Eintrag einer Sicherungshypothek zu Gunsten der Antragsgegnerin bis zur Höhe von 15.000 EUR belastet. Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin am 11.04.2006 Widerspruch ein, mit dem sie sich gegen die Bewilligung von Leistungen in Form eines Darlehens wandte. Über diesen Widerspruch wurde noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 12.04.2006 bat die Antragsgegnerin die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes des Leistungsbetruges um Überprüfung, ob die Antragstellerin tatsächlich in ihrem Haus in F.-K. wohnt. Die Staatsanwaltschaft Ellwangen beauftragte den Polizeiposten F. hierzu Ermittlungen anzustellen, der mit Schreiben vom 22.05.2006 der Staatsanwaltschaft mitteilte, es habe im Rahmen täglicher Streifenfahrten festgestellt werden können, dass sämtliche Rollläden am Gebäude seit mehreren Monaten geschlossen seien, was auch von der direkten Nachbarschaft bestätigt worden sei. In einem anderen Ermittlungsverfahren habe die Antragstellerin angegeben, öfters für einen längeren Zeitraum nicht in K. zu sein. Das Wohnhaus sei in der "H. Wochenpost" vom 17.05.2006 zum Verkauf angeboten. Außerdem wurde die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.05.2006 von der Antragsgegnerin zu Angaben über ihren Aufenthaltsort aufgefordert. Sie teilte hierzu am 19.06.2006 durch ihren Prozessbevollmächtigten mit, sie sei unter ihrer Adresse in F. erreichbar. Änderungen hätten sich nicht ergeben. Am 22.06.2006 erstattete die Antragsgegnerin bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen Strafanzeige wegen Leistungsbetruges bezüglich der der Antragstellerin gewährten Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung.
Mit Schreiben vom 23.06.2006 teilte die Antragsgegnerin dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass der Aufenthalt der Antragstellerin unbekannt sei und deshalb die Leistungen ab dem 01.07.2006 eingestellt würden.
Mit Bescheid vom 23.06.2006 hob die Antragsgegnerin die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab 01.07.2006 gestützt auf § 48 SGB X ganz auf, da sich die Antragstellerin in F. seit mehreren Monaten nicht aufhalte. Ihr derzeitiger Aufenthalt sei unbekannt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 05.07.2006 durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch, mit dem sie geltend machte, unter ihrer Adresse in F. zu leben und sich dort ständig aufzuhalten. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2006 zurückgewiesen. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 14.09.2006 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage.
Inzwischen hatte die Antragstellerin beim SG am 18.08.2006 einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 01.07.2006 bis 31.12.2006 Leistungen in Höhe von monatlich 889 EUR zu bezahlen. Sie machte zur Begründung unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung vom 08.08.2006 im Wesentlichen geltend, seL.tverständlich wohne sie unter ihrer Adresse S. Straße in F. und habe dort ihren Lebensmittelpunkt. Sie habe sich aufgrund der ausbleibenden Zahlungen, um ihren Lebensunterhalt aufzubringen, zwangsläufig zeitweise bei ihrer Tochter in F. bzw. bei einem Bekannten in S. H. aufgehalten. Zwischenzeitlich habe sie Teile ihrer Immobilie an Dritte vermietet. Die erzielten Mieteinnahmen in Höhe von 600 EUR seien zur Tilgung von Verbindlichkeiten bei der S. Bank an diese abgetreten und würden von der Bank direkt eingezogen. Sie müsse mit der Zwangsversteigerung der Immobilie, die sie zu ihrer Alterssicherung benötige, rechnen. Da die Immobilie ihrer Alterssicherung diene, sei sie nicht zur Verwertung verpflichtet. Leistungen seien ihr voll und nicht nur darlehensweise zu gewähren. Sie verfüge derzeit über keinerlei Einkünfte.
Mit Schreiben vom 11.09.2006 teilte die Antragsgegnerin dem SG mit, dass die Regelleistungen von monatlich 345 EUR zunächst bis einschließlich November 2006 auf Darlehensbasis weiter erbracht würden, um eine hier "unerlässliche Beweisaufnahme zu ermöglichen". Mit Bescheid vom 11.09.2006 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von monatlich 345 EUR in Form eines Darlehens.
Das SG hat in nicht öffentlicher Sitzung am 19.10.2006 die Antragstellerin angehört und den Zeugen H. zum Aufenthalt der Antragstellerin vernommen. Auf die Niederschrift des SG vom 19.10.2006 wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 23.10.2006 ordnete das SG die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 14.09.2006 gegen den Bescheid vom 23.06.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 30.08.2006 an, soweit damit der Bewilligungsbescheid vom 27.03.2006 für Juli 2006 über einen Betrag von 345 EUR hinaus aufgehoben wurde. Im Übrigen wurden die Anträge zurückgewiesen. Das SG hat zur Begründung ausgeführt, die aufschiebende Wirkung der Klage sei nur insoweit anzuordnen, als die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2006 aufgehoben worden sei. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung für den Monat August 2006 sei unbegründet, da ab dem 01.08.2006 gemäß der ab diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Vorschrift des § 7 Abs. 4a SGB II die Anspruchsvoraussetzung der "Erreichbarkeit" der Antragstellerin nicht gegeben sei. Nach den Angaben der Antragstellerin sei sie im August 2006 für die Antragsgegnerin weder vorausschaubar noch berechenbar wiederkehrend mehrtägig ortsabwesend gewesen. Sie sei daher so zu behandeln, als wäre sie durchgehend nicht erreichbar gewesen. Unerheblich sei, ob sie an ihrer Nichterreichbarkeit ein Verschulden treffe. Der weitere Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Zeit ab September 2006 sei ebenfalls unbegründet, da einem Anordnungsanspruch § 7 Abs. 4a SGB II entgegenstehe. Auch für die Zeit ab 01.09.2006 fehle es an der Erreichbarkeit der Antragstellerin.
Gegen den am 26.10.2006 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin durch ihren neuen Prozessbevollmächtigten am 24.11.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen und die es dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt hat. Die Antragstellerin hat zur Begründung vorgetragen, sie habe nachvollziehbar dargelegt, dass sie sich nur deshalb zeitweise nicht in ihrer Wohnung aufgehalten habe, weil ihr die Antragsgegnerin keine Leistungen erbracht habe und sie daher auf die Hilfe Dritter angewiesen gewesen sei. Die am 01.08.2006 in Kraft getretene Änderung der Rechtslage durch § 7 Abs. 4a SGB II sei ihr nicht bekannt. Eine Unterrichtung durch die Antragsgegnerin sei nicht erfolgt. Diese Vorschrift sei einschränkend dahin auszulegen, dass es nur dann gerechtfertigt sei, die Leistungen nach dem SGB II zu versagen, wenn durch eine Abwesenheit des Arbeitslosen nachweislich eine berufliche Eingliederung objektiv erschwert worden sei, was bei ihr nicht der Fall sei. Weiter dürfe nicht außer Betracht bleiben, ob den Arbeitslosen ein Verschulden an seiner Nichterreichbarkeit treffe. Im Hinblick auf ihr Alter sei sie gem. § 428 Abs. 1 SGB III in Verbindung mit §§ 7 Abs. 4a SGB II, 4 EAO berechtigt, sich bis zu 17 Wochen außerhalb des orts- und zeitnahen Bereiches aufhalten zu dürfen. Auch hierüber sei sie von der Antragsgegnerin nicht unterrichtet worden.
Die Antragstellerin hat auf ein Hinweisschreiben des Berichterstatters mit Schreiben vom 25.05.2007 ihr Beschwerdebegehren konkretisiert und hinsichtlich der Kosten der Unterkunft einen Kontoauszug der L. für das Jahr 2006 über die Zinsbelastungen aus einem Bauspardarlehen in Höhe von monatlich 46,57 EUR vorgelegt.
Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Oktober 2006 abzuändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 14. September 2006 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juni 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 30. August 2006 auch für den Monat August 2006 anzuordnen, sowie, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 1. September 2006 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von monatlich 498,39 EUR zuzüglich nachgewiesene Heizkosten zu bezahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss des SG für zutreffend.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie 1 Band Akten der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die gemäß den §§ 172ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde ist teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Darüber hinaus ist die Beschwerde jedoch nicht begründet. Insbesondere hat die Antragstellerin einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 in Form von Zuschuss nicht glaubhaft gemacht.
Streitgegenständlich ist vorliegend nur der Zeitraum vom 01.08.2006 bis 31.12.2006. Weder die Antragstellerin noch die Antragsgegnerin haben den Beschluss des SG den Monat Juli 2006 betreffend angefochten. Für die Antragstellerin ergibt sich dies aus ihrem Vorbringen im Beschwerdeverfahren, in dem sie (weitere) Leistungen ausdrücklich erst ab dem 01.08.2006 geltend macht (Schreiben vom 25.05.2007). Zeitlich begrenzt ist der streitige Zeitraum durch die beim SG beantragte einstweilige Anordnung nur für die Zeit bis 31.12.2006. Der Senat hat die Anträge der Antragstellerin nach ihrem erkennbaren Begehren im Wege der Auslegung sachdienlich gefasst.
Das SG hat in dem angefochtenen Beschluss die für die Entscheidung der Anträge der Antragstellerin maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze im Wesentlichen vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Hiervon ausgehend hätte das SG die Anträge der Antragstellerin für den streitigen Zeitraum nicht in vollem Umfang ablehnen dürfen. Dabei lässt der Senat offen, ob sich dies hinsichtlich der Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung für den Monat August 2006 bereits aus der Vorschrift des § 68 Abs. 1 SGB II oder aus den von der Antragstellerin genannten Gründen ergibt. Denn den Anträgen der Antragstellerin hätte vom SG unabhängig davon in dem im Tenor ersichtlichen Umfang entsprochen werden müssen.
Für die Entscheidung über die Anträge der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sowie - für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 - auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin kommt es entscheidend darauf an, ob der Antragstellerin ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Regelleistung und/oder Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung) im streitigen Zeitraum wegen Ortsabwesenheit nicht zusteht. Hiervon ist das SG im angefochtenen Beschluss ausgegangen. Entgegen der Ansicht des SG hält es der Senat jedoch für nicht hinreichend geklärt, dass die Antragstellerin im streitigen Zeitraum so zu behandeln ist, als wäre sie für die Antragsgegnerin durchgehend nicht erreichbar gewesen.
Zwar ist dem SG einzuräumen, dass die Antragstellerin sowohl schriftsätzlich wie insbesondere auch bei ihrer Anhörung in der nicht öffentlichen Sitzung des SG am 19.10.2006 eingeräumt hat, sich nicht immer unter der genannten Wohnanschrift in F. aufgehalten zu haben. Dass dies auch im vorliegend streitigen Zeitraum der Fall war, hält der Senat aber nicht für hinreichend geklärt. Für die Zeit nach Anhörung der Antragstellerin (19.10.2006) bis zum 31.12.2006 folgt dies bereits daraus, dass das SG keine Feststellungen dazu getroffen hat, wie die Antragstellerin zukünftig gedenkt, sich hinsichtlich ihrer Aufenthaltsorte zu verhalten. Soweit sie bei ihrer Anhörung ausweislich der Niederschrift des SG vom 19.10.2006 dazu, wo sie sich seit dem 01.04.2006 aufgehalten habe, angegeben hat, sich immer wieder ein paar Tage bei der Tochter, bei einem Bekannten in S. H. sowie anderen Bekannten - 7 bis 10 Personen -, in Lübeck bzw. an der Nordsee bei einer anderen Tochter über mehrere Tage aufgehalten zu haben, kann diesen Angaben keine hinreichende zeitliche Zuordnung zum vorliegend streitigen Zeitraum entnommen werden. Der einzige zeitliche Bezug der Angaben der Antragstellerin zu ihrem Aufenthalt lässt sich hinsichtlich eines Besuchs bei einem Weindorf herstellen (vor drei Wochen). Hieraus lässt sich jedoch nicht darauf schließen, dass die Antragstellerin deswegen für die Antragsgegnerin nicht erreichbar gewesen ist. Der Senat erachtet es vielmehr für möglich, dass die Antragstellerin in Anbetracht der Aufhebung der Leistungsbewilligung durch Bescheid vom 23.06.2006 und der hierzu gemachten Begründung der Antragsgegnerin zur Vermeidung weiterer Rechtsnachteile ihr Verhalten geändert und weitere Ortsabwesenheiten vermieden hat. Dem stehen die durchgeführten polizeilichen Ermittlungen nicht entgegen, da sich die Ermittlungen nicht auf den vorliegend streitigen Zeitpunkt beziehen. Entsprechende Feststellungen hierzu sind auch vom SG nicht getroffen worden. Nicht geklärt ist auch, ob die Antragstellerin über ein Postfach ihre Erreichbarkeit sichergestellt hat (vgl. hierzu Brühl/Schoch in LPK-SGB II 2. Aufl. 2007 § 7 RdNr. 92 und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.01.2003 - L 13 AL 4260/02 ER-B - zit. nach juris). Den Ausgang des Hauptsacheverfahrens hätte das SG danach hinsichtlich beider Eilanträge der Antragstellerin als offen bewerten müssen.
Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist bei Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. In diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847). Diese Grundsätze gelten entsprechend bei Anträgen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (Krodel aaO RdNr. 205). Danach sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung zu Gunsten des Antragstellers nicht erginge, die Klage später aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (st. Rspr des BVerfG; vgl. BVerfG NJW 2003, 2598, 2599 m.w.N.).
Hiervon ausgehend hätte das SG das Interesse der Antragstellerin auf Sicherung ihres Existenzminimums höher bewerten müssen, als das Interesse der Antragsgegnerin, bis zur Klärung des streitigen Sachverhaltes von Leistungen an die Antragstellerin verschont zu bleiben. Der Antragstellerin war es in ihrer Situation nicht zumutbar, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Regelleistung in Höhe von monatlich 345 EUR und auf Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 87,20 EUR (Schuldzinsen 46,57 EUR, Betriebsnebenkosten 40,63 EUR) glaubhaft gemacht. Soweit die Antragstellerin darüber hinaus auch Leistungen für Heizkosten geltend macht, ist ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin im streitigen Zeitraum jedoch nicht glaubhaft gemacht. Nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte ist vielmehr aufgrund von Vermerken vom 13.12.2006 und 15.12.2006 davon auszugehen, dass die Antragstellerin von der Antragsgegnerin einen Scheck in Höhe von 583 EUR zur Begleichung einer Rechnung für den Kauf von Heizöl erhalten hat. Abzusetzen sind die im streitigen Zeitraum mit Bescheid vom 11.09.2006 bewilligten Leistungen der Antragsgegnerin für die Zeit vom 01.09.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von monatlich 345 EUR (Regelleistung). Damit ergibt sich für die Zeit vom 01.09.2006 bis 30.11.2006 ein offener Betrag von (gerundet - § 41 Absatz 2 SGB II -) monatlich 87 EUR und für den Monat Dezember 2006 von 432 EUR. Weiter ist im Hinblick auf den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin auch für den Monat August 2006 die Regelleistung von 345 EUR bewilligt wurde (Bescheid vom 11.09.2006), wodurch sich der Bescheid vom 23.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2006 insoweit erledigt hat und es deshalb der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in Höhe des bewilligten Betrages von 345 EUR - wie für den Monat Juli 2006 - nicht (mehr) bedarf. Weiter hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Form von Zuschuss nicht glaubhaft gemacht. Der Senat sieht keinen Anlass, von den bisher in Form von Darlehen erfolgten Bewilligungen im vorliegenden Verfahren abzuweichen. Soweit das Begehren der Antragstellerin darüber hinausgeht, war ihre Beschwerde zurückzuweisen.
Schließlich steht der Entscheidung des Senats nicht entgegen, dass die Antragstellerin für die Zeit ab 01.09.2006 einen Fortzahlungsantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin nicht ausdrücklich gestellt hat. Zur Wahrung des Antragserfordernisses des § 37 Absatz 1 SGB II ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Der Antrag kann daher rechtsverbindlich auch formlos gestellt werden. Es reicht, wenn der Antragsteller vor einer zur Entgegennahme von Leistungsanträgen zuständigen Stelle seinen Willen zum Ausdruck bringt, Sozialleistungen zu begehren (vgl. Schoch in LPK-SGB II, § 37 Rdnr. 10, mwN). Einen solchen Willen hat die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 zum Ausdruck gebracht. Dieser Antrag, der der Antragsgegnerin am 21.08.2006 zugegangen ist, wertet der Senat deshalb auch als Antrag auf Fortzahlung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.09.2006.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin des Eilverfahrens beider Instanzen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem die Leistungsbewilligung aufgehoben wurde und die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 vorläufig Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zu gewähren.
Die im Jahr 1945 geborene Antragstellerin ist allein stehend. Sie ist Eigentümerin eines seit dem Jahr 2000 bezugsfertigen Wohngebäudes (gesamte Grundstücksgröße 3045 m², davon Baugrundstück 1500 m², 2 Wohneinheiten mit einer Wohnungsgesamtgröße 190 m², 6 Räume, 2 Küchen, 2 Badezimmer) in F.-K., S. Str ... mit einem geschätzten Verkehrswert von 371.139 EUR bei einer ursprünglichen Schuldbelastung in Höhe von 102.258,37 EUR.
Am 15.08.2005 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin zunächst mit Bescheid vom 08.12.2005 auf Grund des vorhandenen Grundvermögens wegen fehlender Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin ab. Auf ihren Widerspruch vom 09.01.2006 wurden der Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II mit Bescheiden vom 27.3.2006/28.03.2006 für den Zeitraum vom 15.08.2005 bis 28.02.2006 (Regelsatz und Kosten der Unterkunft und Heizung) und auf ihren Fortzahlungsantrag vom 27.03.2006 mit Bescheiden vom 27.03.2006/28.03.2006 für den Zeitraum vom 01.3.2006 bis 31.8.2006 in Höhe von monatlich 899,08 EUR (Regelleistungen 345 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung 554,08 EUR bestehend aus Heizkosten 41,75 EUR, Betriebsnebenkosten 40,63 EUR und Schuldzinsen 471,70 EUR), jeweils in Form von Darlehen bewilligt. Das Grundvermögen der Antragstellerin wurde durch den Eintrag einer Sicherungshypothek zu Gunsten der Antragsgegnerin bis zur Höhe von 15.000 EUR belastet. Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin am 11.04.2006 Widerspruch ein, mit dem sie sich gegen die Bewilligung von Leistungen in Form eines Darlehens wandte. Über diesen Widerspruch wurde noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 12.04.2006 bat die Antragsgegnerin die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes des Leistungsbetruges um Überprüfung, ob die Antragstellerin tatsächlich in ihrem Haus in F.-K. wohnt. Die Staatsanwaltschaft Ellwangen beauftragte den Polizeiposten F. hierzu Ermittlungen anzustellen, der mit Schreiben vom 22.05.2006 der Staatsanwaltschaft mitteilte, es habe im Rahmen täglicher Streifenfahrten festgestellt werden können, dass sämtliche Rollläden am Gebäude seit mehreren Monaten geschlossen seien, was auch von der direkten Nachbarschaft bestätigt worden sei. In einem anderen Ermittlungsverfahren habe die Antragstellerin angegeben, öfters für einen längeren Zeitraum nicht in K. zu sein. Das Wohnhaus sei in der "H. Wochenpost" vom 17.05.2006 zum Verkauf angeboten. Außerdem wurde die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.05.2006 von der Antragsgegnerin zu Angaben über ihren Aufenthaltsort aufgefordert. Sie teilte hierzu am 19.06.2006 durch ihren Prozessbevollmächtigten mit, sie sei unter ihrer Adresse in F. erreichbar. Änderungen hätten sich nicht ergeben. Am 22.06.2006 erstattete die Antragsgegnerin bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen Strafanzeige wegen Leistungsbetruges bezüglich der der Antragstellerin gewährten Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung.
Mit Schreiben vom 23.06.2006 teilte die Antragsgegnerin dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass der Aufenthalt der Antragstellerin unbekannt sei und deshalb die Leistungen ab dem 01.07.2006 eingestellt würden.
Mit Bescheid vom 23.06.2006 hob die Antragsgegnerin die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab 01.07.2006 gestützt auf § 48 SGB X ganz auf, da sich die Antragstellerin in F. seit mehreren Monaten nicht aufhalte. Ihr derzeitiger Aufenthalt sei unbekannt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 05.07.2006 durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch, mit dem sie geltend machte, unter ihrer Adresse in F. zu leben und sich dort ständig aufzuhalten. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2006 zurückgewiesen. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 14.09.2006 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage.
Inzwischen hatte die Antragstellerin beim SG am 18.08.2006 einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 01.07.2006 bis 31.12.2006 Leistungen in Höhe von monatlich 889 EUR zu bezahlen. Sie machte zur Begründung unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung vom 08.08.2006 im Wesentlichen geltend, seL.tverständlich wohne sie unter ihrer Adresse S. Straße in F. und habe dort ihren Lebensmittelpunkt. Sie habe sich aufgrund der ausbleibenden Zahlungen, um ihren Lebensunterhalt aufzubringen, zwangsläufig zeitweise bei ihrer Tochter in F. bzw. bei einem Bekannten in S. H. aufgehalten. Zwischenzeitlich habe sie Teile ihrer Immobilie an Dritte vermietet. Die erzielten Mieteinnahmen in Höhe von 600 EUR seien zur Tilgung von Verbindlichkeiten bei der S. Bank an diese abgetreten und würden von der Bank direkt eingezogen. Sie müsse mit der Zwangsversteigerung der Immobilie, die sie zu ihrer Alterssicherung benötige, rechnen. Da die Immobilie ihrer Alterssicherung diene, sei sie nicht zur Verwertung verpflichtet. Leistungen seien ihr voll und nicht nur darlehensweise zu gewähren. Sie verfüge derzeit über keinerlei Einkünfte.
Mit Schreiben vom 11.09.2006 teilte die Antragsgegnerin dem SG mit, dass die Regelleistungen von monatlich 345 EUR zunächst bis einschließlich November 2006 auf Darlehensbasis weiter erbracht würden, um eine hier "unerlässliche Beweisaufnahme zu ermöglichen". Mit Bescheid vom 11.09.2006 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von monatlich 345 EUR in Form eines Darlehens.
Das SG hat in nicht öffentlicher Sitzung am 19.10.2006 die Antragstellerin angehört und den Zeugen H. zum Aufenthalt der Antragstellerin vernommen. Auf die Niederschrift des SG vom 19.10.2006 wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 23.10.2006 ordnete das SG die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 14.09.2006 gegen den Bescheid vom 23.06.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 30.08.2006 an, soweit damit der Bewilligungsbescheid vom 27.03.2006 für Juli 2006 über einen Betrag von 345 EUR hinaus aufgehoben wurde. Im Übrigen wurden die Anträge zurückgewiesen. Das SG hat zur Begründung ausgeführt, die aufschiebende Wirkung der Klage sei nur insoweit anzuordnen, als die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2006 aufgehoben worden sei. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung für den Monat August 2006 sei unbegründet, da ab dem 01.08.2006 gemäß der ab diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Vorschrift des § 7 Abs. 4a SGB II die Anspruchsvoraussetzung der "Erreichbarkeit" der Antragstellerin nicht gegeben sei. Nach den Angaben der Antragstellerin sei sie im August 2006 für die Antragsgegnerin weder vorausschaubar noch berechenbar wiederkehrend mehrtägig ortsabwesend gewesen. Sie sei daher so zu behandeln, als wäre sie durchgehend nicht erreichbar gewesen. Unerheblich sei, ob sie an ihrer Nichterreichbarkeit ein Verschulden treffe. Der weitere Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Zeit ab September 2006 sei ebenfalls unbegründet, da einem Anordnungsanspruch § 7 Abs. 4a SGB II entgegenstehe. Auch für die Zeit ab 01.09.2006 fehle es an der Erreichbarkeit der Antragstellerin.
Gegen den am 26.10.2006 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin durch ihren neuen Prozessbevollmächtigten am 24.11.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen und die es dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt hat. Die Antragstellerin hat zur Begründung vorgetragen, sie habe nachvollziehbar dargelegt, dass sie sich nur deshalb zeitweise nicht in ihrer Wohnung aufgehalten habe, weil ihr die Antragsgegnerin keine Leistungen erbracht habe und sie daher auf die Hilfe Dritter angewiesen gewesen sei. Die am 01.08.2006 in Kraft getretene Änderung der Rechtslage durch § 7 Abs. 4a SGB II sei ihr nicht bekannt. Eine Unterrichtung durch die Antragsgegnerin sei nicht erfolgt. Diese Vorschrift sei einschränkend dahin auszulegen, dass es nur dann gerechtfertigt sei, die Leistungen nach dem SGB II zu versagen, wenn durch eine Abwesenheit des Arbeitslosen nachweislich eine berufliche Eingliederung objektiv erschwert worden sei, was bei ihr nicht der Fall sei. Weiter dürfe nicht außer Betracht bleiben, ob den Arbeitslosen ein Verschulden an seiner Nichterreichbarkeit treffe. Im Hinblick auf ihr Alter sei sie gem. § 428 Abs. 1 SGB III in Verbindung mit §§ 7 Abs. 4a SGB II, 4 EAO berechtigt, sich bis zu 17 Wochen außerhalb des orts- und zeitnahen Bereiches aufhalten zu dürfen. Auch hierüber sei sie von der Antragsgegnerin nicht unterrichtet worden.
Die Antragstellerin hat auf ein Hinweisschreiben des Berichterstatters mit Schreiben vom 25.05.2007 ihr Beschwerdebegehren konkretisiert und hinsichtlich der Kosten der Unterkunft einen Kontoauszug der L. für das Jahr 2006 über die Zinsbelastungen aus einem Bauspardarlehen in Höhe von monatlich 46,57 EUR vorgelegt.
Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Oktober 2006 abzuändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 14. September 2006 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juni 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 30. August 2006 auch für den Monat August 2006 anzuordnen, sowie, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 1. September 2006 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von monatlich 498,39 EUR zuzüglich nachgewiesene Heizkosten zu bezahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss des SG für zutreffend.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie 1 Band Akten der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die gemäß den §§ 172ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde ist teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Darüber hinaus ist die Beschwerde jedoch nicht begründet. Insbesondere hat die Antragstellerin einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 in Form von Zuschuss nicht glaubhaft gemacht.
Streitgegenständlich ist vorliegend nur der Zeitraum vom 01.08.2006 bis 31.12.2006. Weder die Antragstellerin noch die Antragsgegnerin haben den Beschluss des SG den Monat Juli 2006 betreffend angefochten. Für die Antragstellerin ergibt sich dies aus ihrem Vorbringen im Beschwerdeverfahren, in dem sie (weitere) Leistungen ausdrücklich erst ab dem 01.08.2006 geltend macht (Schreiben vom 25.05.2007). Zeitlich begrenzt ist der streitige Zeitraum durch die beim SG beantragte einstweilige Anordnung nur für die Zeit bis 31.12.2006. Der Senat hat die Anträge der Antragstellerin nach ihrem erkennbaren Begehren im Wege der Auslegung sachdienlich gefasst.
Das SG hat in dem angefochtenen Beschluss die für die Entscheidung der Anträge der Antragstellerin maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze im Wesentlichen vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Hiervon ausgehend hätte das SG die Anträge der Antragstellerin für den streitigen Zeitraum nicht in vollem Umfang ablehnen dürfen. Dabei lässt der Senat offen, ob sich dies hinsichtlich der Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung für den Monat August 2006 bereits aus der Vorschrift des § 68 Abs. 1 SGB II oder aus den von der Antragstellerin genannten Gründen ergibt. Denn den Anträgen der Antragstellerin hätte vom SG unabhängig davon in dem im Tenor ersichtlichen Umfang entsprochen werden müssen.
Für die Entscheidung über die Anträge der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sowie - für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 - auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin kommt es entscheidend darauf an, ob der Antragstellerin ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Regelleistung und/oder Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung) im streitigen Zeitraum wegen Ortsabwesenheit nicht zusteht. Hiervon ist das SG im angefochtenen Beschluss ausgegangen. Entgegen der Ansicht des SG hält es der Senat jedoch für nicht hinreichend geklärt, dass die Antragstellerin im streitigen Zeitraum so zu behandeln ist, als wäre sie für die Antragsgegnerin durchgehend nicht erreichbar gewesen.
Zwar ist dem SG einzuräumen, dass die Antragstellerin sowohl schriftsätzlich wie insbesondere auch bei ihrer Anhörung in der nicht öffentlichen Sitzung des SG am 19.10.2006 eingeräumt hat, sich nicht immer unter der genannten Wohnanschrift in F. aufgehalten zu haben. Dass dies auch im vorliegend streitigen Zeitraum der Fall war, hält der Senat aber nicht für hinreichend geklärt. Für die Zeit nach Anhörung der Antragstellerin (19.10.2006) bis zum 31.12.2006 folgt dies bereits daraus, dass das SG keine Feststellungen dazu getroffen hat, wie die Antragstellerin zukünftig gedenkt, sich hinsichtlich ihrer Aufenthaltsorte zu verhalten. Soweit sie bei ihrer Anhörung ausweislich der Niederschrift des SG vom 19.10.2006 dazu, wo sie sich seit dem 01.04.2006 aufgehalten habe, angegeben hat, sich immer wieder ein paar Tage bei der Tochter, bei einem Bekannten in S. H. sowie anderen Bekannten - 7 bis 10 Personen -, in Lübeck bzw. an der Nordsee bei einer anderen Tochter über mehrere Tage aufgehalten zu haben, kann diesen Angaben keine hinreichende zeitliche Zuordnung zum vorliegend streitigen Zeitraum entnommen werden. Der einzige zeitliche Bezug der Angaben der Antragstellerin zu ihrem Aufenthalt lässt sich hinsichtlich eines Besuchs bei einem Weindorf herstellen (vor drei Wochen). Hieraus lässt sich jedoch nicht darauf schließen, dass die Antragstellerin deswegen für die Antragsgegnerin nicht erreichbar gewesen ist. Der Senat erachtet es vielmehr für möglich, dass die Antragstellerin in Anbetracht der Aufhebung der Leistungsbewilligung durch Bescheid vom 23.06.2006 und der hierzu gemachten Begründung der Antragsgegnerin zur Vermeidung weiterer Rechtsnachteile ihr Verhalten geändert und weitere Ortsabwesenheiten vermieden hat. Dem stehen die durchgeführten polizeilichen Ermittlungen nicht entgegen, da sich die Ermittlungen nicht auf den vorliegend streitigen Zeitpunkt beziehen. Entsprechende Feststellungen hierzu sind auch vom SG nicht getroffen worden. Nicht geklärt ist auch, ob die Antragstellerin über ein Postfach ihre Erreichbarkeit sichergestellt hat (vgl. hierzu Brühl/Schoch in LPK-SGB II 2. Aufl. 2007 § 7 RdNr. 92 und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.01.2003 - L 13 AL 4260/02 ER-B - zit. nach juris). Den Ausgang des Hauptsacheverfahrens hätte das SG danach hinsichtlich beider Eilanträge der Antragstellerin als offen bewerten müssen.
Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist bei Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. In diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847). Diese Grundsätze gelten entsprechend bei Anträgen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (Krodel aaO RdNr. 205). Danach sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung zu Gunsten des Antragstellers nicht erginge, die Klage später aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (st. Rspr des BVerfG; vgl. BVerfG NJW 2003, 2598, 2599 m.w.N.).
Hiervon ausgehend hätte das SG das Interesse der Antragstellerin auf Sicherung ihres Existenzminimums höher bewerten müssen, als das Interesse der Antragsgegnerin, bis zur Klärung des streitigen Sachverhaltes von Leistungen an die Antragstellerin verschont zu bleiben. Der Antragstellerin war es in ihrer Situation nicht zumutbar, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Regelleistung in Höhe von monatlich 345 EUR und auf Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 87,20 EUR (Schuldzinsen 46,57 EUR, Betriebsnebenkosten 40,63 EUR) glaubhaft gemacht. Soweit die Antragstellerin darüber hinaus auch Leistungen für Heizkosten geltend macht, ist ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin im streitigen Zeitraum jedoch nicht glaubhaft gemacht. Nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte ist vielmehr aufgrund von Vermerken vom 13.12.2006 und 15.12.2006 davon auszugehen, dass die Antragstellerin von der Antragsgegnerin einen Scheck in Höhe von 583 EUR zur Begleichung einer Rechnung für den Kauf von Heizöl erhalten hat. Abzusetzen sind die im streitigen Zeitraum mit Bescheid vom 11.09.2006 bewilligten Leistungen der Antragsgegnerin für die Zeit vom 01.09.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von monatlich 345 EUR (Regelleistung). Damit ergibt sich für die Zeit vom 01.09.2006 bis 30.11.2006 ein offener Betrag von (gerundet - § 41 Absatz 2 SGB II -) monatlich 87 EUR und für den Monat Dezember 2006 von 432 EUR. Weiter ist im Hinblick auf den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin auch für den Monat August 2006 die Regelleistung von 345 EUR bewilligt wurde (Bescheid vom 11.09.2006), wodurch sich der Bescheid vom 23.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2006 insoweit erledigt hat und es deshalb der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in Höhe des bewilligten Betrages von 345 EUR - wie für den Monat Juli 2006 - nicht (mehr) bedarf. Weiter hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Form von Zuschuss nicht glaubhaft gemacht. Der Senat sieht keinen Anlass, von den bisher in Form von Darlehen erfolgten Bewilligungen im vorliegenden Verfahren abzuweichen. Soweit das Begehren der Antragstellerin darüber hinausgeht, war ihre Beschwerde zurückzuweisen.
Schließlich steht der Entscheidung des Senats nicht entgegen, dass die Antragstellerin für die Zeit ab 01.09.2006 einen Fortzahlungsantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin nicht ausdrücklich gestellt hat. Zur Wahrung des Antragserfordernisses des § 37 Absatz 1 SGB II ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Der Antrag kann daher rechtsverbindlich auch formlos gestellt werden. Es reicht, wenn der Antragsteller vor einer zur Entgegennahme von Leistungsanträgen zuständigen Stelle seinen Willen zum Ausdruck bringt, Sozialleistungen zu begehren (vgl. Schoch in LPK-SGB II, § 37 Rdnr. 10, mwN). Einen solchen Willen hat die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 zum Ausdruck gebracht. Dieser Antrag, der der Antragsgegnerin am 21.08.2006 zugegangen ist, wertet der Senat deshalb auch als Antrag auf Fortzahlung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.09.2006.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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