S 9 (7) KR 15/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 9 (7) KR 15/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Feststellungsverfahrens über die Frage der Rechtmäßigkeit einer angekündigten Rückforderung bzw Einbehaltung durch Aufrechnung mit anderweitigen Forderungen; des weiteren sind die Kosten der anwaltlichen Vertretung streitig.

Auf die Beteiligten findet der zwischen der Krankenhausgesellschaft NRW und ua dem Landesverband, dem die Beklagte angehört, geschlossene so genannte Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch -SGB V- vom 06.12.1996, gültig ab dem 01.01.1997, Anwendung. Dieser Vertrag wurde zunächst im April 2004 gekündigt; seit dem 13.04.2005 wird er auf Grund weiterer Vereinbarungen zwischen der Krankenhausgesellschaft NRW mit den Verbänden der Krankenkassen wieder angewandt.

Dem hiesigen Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Frau S. L. (im folgenden: Versicherte) wurde in der Zeit vom 02. bis zum 05.02.2004 in dem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus auf der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe wegen eines laparoskopischen Eingriffs zur Behebung von Sterilität mittels Adhäsiolyse und Chromopertubation behandelt. Nachdem die Beklagte den ihr für den stationären Krankenhausaufenthalt ihrer Versicherten in Rechnung gestellten Betrag in Höhe von 2815,85 EUR (Rechnung vom 17.02.2004) zunächst gezahlt hatte, teilte sie der Klägerin im Schreiben vom 11.01.2005 unter Bezugnahme auf ein nach Aktenlage eingeholtes Gutachten des Medizinischen Dienstes -MDK- mit, die Indikation zur Durchführung des Eingriffs könne nicht plausibel nachvollzogen werden; eine so genannte "Second-Look-Laparoskopie" zur Kontrolle des postoperativen Ergebnisses des Ersteingriffs sei medizinisch nicht nachvollziehbar. Die Beklagte bat um Rücküberweisung des überzahlten Betrages; anderenfalls kündigte sie eine Rechnungskürzung an. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 05.01.2006 und machte geltend: Die Einschätzung des MDK-Gutachters sei nicht nachvollziehbar, zumal ausweislich des Operationsberichtes vom 03.02.2004 anlässlich der "Second-Look-Laparoskopie" nicht nur die Nachkontrolle eines zuvor im Dezember 2003 durchgeführen ausgedehnten Eingriffs vorgenommen, sondern auch eine weitere Verwachsung im Bauchraum gelöst worden sei. Da die Beklagte sich zu Unrecht eines Rückforderungsanspruchs berühme, liege darin eine positive Forderungsverletzung, die die Klägerin zur Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe berechtige. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, bis zum 31.01.2006 eine verbindliche schriftliche Erklärung des Inhalts abzugeben, dass sie von einer weiteren Geltendmachung des behaupteten Rückforderungsanspruchs absehen werde.

Im Schreiben vom 20.01.2006 wies die Beklagte auf das noch andauernde Rechnungsüberprüfungsverfahren hin und lehnte im übrigen die Abgabe der geforderten Erklärung sowie den Ausgleich der gleichzeitig geltend gemachten anwaltlichen Honorarforderung ab.

Nach Eingang des von Dr. P. vom MDK Nordrhein nach Aktenlage erstatteten Gutachtens vom 14.03.2006, in dem er die Auffassung vertrat, eine "Second-Look-Laparoskopie" lediglich zur Abklärung bei zuvor durchgeführtem operativen Eingriff mit Verwachsungslösungen sei medizinisch nicht zwingend indiziert und im übrigen leistungsrechtlich als ein Behandlungsfall abzurechnen, teilte die Beklagte der Klägerin im Schreiben vom 21.03.2006 unter Bezugnahme auf das Ergebnis der neuerlichen MDK-Begutachtung mit, die Rückforderung bleibe bestehen; ggf erfolge eine Rechnungskürzung mit einer zugehenden Rechnung.

Die Klägerin hat am 28.02.2006 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage erhoben, gerichtet auf Feststellung, dass die Beklagte nicht befugt sei, den geltend gemachten Rückforderungsanspruch durchzusetzen und im übrigen verpflichtet sei, die Klägerin von den Anwaltskosten freizustellen. Hierzu trägt sie unter Wiederholung ihres Sachvortrages im Verwaltungsverfahren ergänzend vor: Ein Rückerstattungsanspruch sei nicht begründet; die Ärzte des MDK hätten bislang nicht entsprechend den vom Bundessozialgericht aufgestellten Maßstäben dargelegt, aus welchen Gründen die Ärzte der Klägerin unter Berücksichtigung der ihnen zukommenden Einschätzungsprärogative eine fehlerhafte Beurteilung der Krankenhaus-behandlungsbedürftigkeit vorgenommen hätten. Auf Grund der anlässlich der vorangegangenen Laparoskopie am 28.12.2003 erhobenen Befunde sei die zweite Laparoskopie medizinisch erforderlich gewesen. Auch komme eine Fallzusammenführung in Ansehung der hier in Rede stehenden 2-Stufen-Therapie nicht in Betracht. Die von der Beklagten zitierten Rechtsauffassungen zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage gingen indessen fehl, zumal die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entschließungsfreiheit keinen Unterfall des Rechtsschutzbedürfnisses darstelle und ein Krankenhaus auch im Hinblick auf geltend gemachte Rückerstattungsansprüche Rücklagen zu bilden habe. Insoweit sei es in der zivilrechtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass derjenige, der behaupte, Inhaber eines Anspruchs zu sein, ein Rechtsverhältnis begründe, dass der Klärung durch eine Feststellungsklage zugänglich sei, wie der Bundesgerichtshof erst kürzlich entschieden habe. (BGH NJW 2006, S 2780/2781) Im Hinblick darauf, dass die Beklagte sich mit ihrem Rückforderungsverlangen eines in Wahrheit nicht bestehenden Anspruchs berühme, habe sich sich rechtswidrig verhalten und folglich gemäß § 69 S 3 SGB V iVm §§ 284, 286 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB- die Klägerin von den ihr zur Abwendung dieses Anspruchs entstandenen Anwaltskosten aus Vollzugsgesichtspunkten freizustellen. Überdies habe sich die Beklagte vorliegend nicht vertragskonform verhalten. Bislang habe sich sich auch noch nicht entschieden, ob eine Verrechnung vorgenommen werden soll oder nicht. Die Aufrechterhaltung eines Schwebezustandes von mehr als einem Jahr sei ihr schlechterdings nicht zumutbar.

Die Klägerin beantragt,

1.festzustellen, dass die Beklagte nicht befugt ist, die von ihr für die Behandlung der Patientin S. L. im Krankenhaus der Klägerin in der Zeit vom 02.02. bis zum 05.02.2004 auf ihre Rechnung vom 17.02.2004 gezahlten 2815,85 EUR zurückzufordern oder durch Aufrechnung mit anderweitigen Forderungen einzubehalten,

2.die Beklagte zu verpflichten, sie von Anwaltskosten in Höhe von 165,71 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verbleibt demgegenüber bei ihrer bisher vertretenen Rechtsauffassung. Sie macht geltend: Die Klage sei bereits unzulässig; der erhobenen vorbeugenden negativen Feststellungsklage fehle das Rechtsschutzinteresse. Die Beklagte habe sich, was die zunächst erfolgte Vergütung der ihr in Rechnung gestellten Behandlungskosten und die sodann vorgenomme Beanstandung mit Hinweis auf eine mögliche Verrechnung angehe, vertragskonform verhalten. Insoweit regele der für die Beteiligten auf Landesebene geschlossene so genannte Sicherstellungsvertrag die Rechtsbeziehungen der Beteiligten; an die darin festgeschriebenen Abläufe seien die Beteiligten nach ständiger Rechtsprechung des BSG gebunden. Hierbei ständen die kurzfristige Liquiditätssicherung des Krankenhauses und die einfache Verrechnungsmöglichkeit der Krankenkasse erkennbar in einem unmittelbaren Zusammenhang und stellten für beide Seiten ein verbindliches und vertraglich ausgestaltetes wirtschaftliches Abrechnungsverfahren dar. Dieser Intention laufe es zuwider, wenn dem Krankenhaus eine Klagemöglichkeit eingeräumt werde, noch bevor es überhaupt zu einer Verrechnung gekommen sei. Insoweit fehle das notwendige Rechtsschutzbedürfnis, zumal eine Gefährdung der Liquidität nicht zu befürchten stehe. Es sei der Klägerin zumutbar, eine etwaige Verrechnung abzuwarten und gegebenenfalls eine dann zulässige Leistungsklage zu erheben. Derzeit sei die Klägerin dadurch, dass lediglich eine mögliche Verrechnung im Raum stehe, nicht beschwert. Es sei nicht ersichtlich, welchen Nachteil sie dadurch erleide, dass die Beklagte aussergerichtlich eine Rückerstattung gefordert habe. In Anbetracht der Höhe der Forderung sowie des Gesamtbudgets der Klägerin in Höhe von über 50 Mio EUR jährlich könne von keiner ernsthaften Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Situation ausgegangen werden. Die Rechtsprechung der Zivilgerichtsbarkeit sei auf die besonderen Rechtsbeziehungen zwischen Krankenhaus und Krankenkasse, die ihre Grundlagen im SGB V, im Krankenhausfinanzierungsgesetz, im Krankenhausentgeltgesetz und in der Bundespflegesatzverordnung fänden, nicht uneingeschränkt übertragbar. Im übrigen sei die Klage unbegründet, da die Versicherte nach Auffassung der Ärzte des MDK keiner stationären Krankenhausbehandlung zur Durchführung eines laparoskopischen Eingriffs bedurft habe. Die Beklagte verweist zur Stützung ihrer Rechtsauffassung auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 24.01.2006, Az: S 30 KR 2894/04, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 08.02.2007, Az: S 18 KR 212/05, sowie die Ausführungen des Sozialgerichts Halle im Schreiben vom 06.10.2005 zu Az: S 2 KR 256/05.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf den Inhalt des Verwaltungsvorganges der Beklagten, die sämtlich vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage mit dem zu Ziff 1) gestellten Klageantrag ist als unzulässig zu verwerfen. In Anbetracht des Klagebegehrens, das auf Untersagung der Geltendmachung bzw Durchsetzung einer Rückforderung im Wege einer Verrechnung gerichtet ist, handelt es sich der Klageart nach um eine vorbeugende negative Feststellungsklage. Mit dieser Klageart kann nach § 55 Abs 1 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG- die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Feststellungsklage muss nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis im umfassenden Sinn zielen, es kann auch auf die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten geklagt werden, die auf dem Rechtsverhältnis beruhen und von seinem Inhalt abhängen. Es ist auch ausreichend, wenn eine einzelne Berechtigung oder Verpflichtung aus dem Rechtsverhältnis betroffen ist. Unter Rechtsverhältnis sind die Rechtsbeziehungen zu verstehen, die sich aus einem bestimmten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Regelung für das Verhältnis mehrerer Rechtssubjekte zueinander ergeben. Es betrifft einen eingetretenen und in seinen tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen übersehbaren Sachverhalt des öffentlichen Rechts. Vorliegend steht eine aus der Anwendung von Normen auf einen Lebenssachverhalt entstandene Rechtsbeziehung in Streit, die öffentlich-rechtlicher Natur ist. Bei den den Rechtsbeziehungen der Beteiligten zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften handelt es sich um öffentliches Recht; auch der hier maßgebliche Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V, der die Abrechnungsmodalitäten zwischen Krankenkasse und Krankenhaus regelt, stellt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag dar. Feststellungsklagen sind grundsätzlich auch in dem hier gegebenen Gleichordnungs-verhältnis, in dem sich Krankenhaus und Krankenkasse gegenüberstehen, statthaft. Gleichwohl fehlt es angesichts der hier gegebenen besonderen Sachverhaltskonstellation an dem darüber hinaus zu fordernden berechtigten Interesse an der alsbaldigen Feststellung der sachlichen Berechtigung bzw Unzulässigkeit der Rückforderung oder Verrechnung. Das Rechtsverhältnis hat sich zwar hier bereits in der Weise konkretisiert, dass die Beklagte sich vorprozessual des Rechts berühmt hat, eine Rückforderung bzw Verrechnung wegen einer sachlichen Beanstandung der Krankenhausrechnung vornehmen zu dürfen. Gleichwohl hat sie aber bislang weder einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch im Wege der Erhebung einer Leistungsklage geltend gemacht noch eine Verrechnung der streitigen Forderung vorgenommen. Wenngleich eine solche Ausgangssituation für den Bereich des Zivilrechts nach der zitierten Rechtsprechung in aller Regel zur Annahme der Zulässigkeit einer vorbeugenden negativen Feststellungsklage, insbesondere zur Bejahung des berechtigten Interesses an der baldigen Feststellung, führen wird, erscheint die dort gegebene Interessenlage im Hinblick auf das möglicherweise größere Schutzbedürfnis der dort beteiligten Privatpersonen oder juristischen Personen des Privatrechts auf den Bereich der öffentlich-rechtlich ausgestalteten Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhaus und Krankenkasse auch in Anbetracht des abzuwickelnden Massengeschäfts im Zahlungsverkehr nicht ohne weiteres übertragbar. Insoweit ist zu beachten, dass der Klägerin zur Wahrung ihrer schutzwürdigen Rechte unter Berücksichtigung von Subsidiaritätsgesichtspunkten für den Fall ihrer Inanspruchnahme durch Verrechnung die Erhebung einer Leistungsklage auf Rückgewähr oder im Rahmen einer von der Beklagten zu erhebenden Leistungsklage zur Durchsetzung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, die Möglichkeit der Rechtsverteidigung oder auch die der Erhebung einer Widerklage zur Verfügung steht. Die Klägerin ist demzufolge nicht Rechtsschutzlos, denn sie kann ihre Rechtsposition in den aufgezeigten Verfahren hinreichend wahren. In einem solchen Verfahren wäre dann auch die materielle Berechtigung der Krankenhausbehandlungskosten zu prüfen. Demgegenüber besteht ein gegenwärtiges Bedürfnis zur Klarstellung der Rechtslage in einem Feststellungsverfahren nicht. Dies muss insbesondere in Anbetracht des Umstandes gelten, dass die Klägerin nach wie vor über den streitigen Rechnungsbetrag verfügt. Allein die Ankündigung der Beklagten, dass sie Maßnahmen zur Durchsetzung der Rückforderung in Betracht ziehe, vermag nach Auffassung der Kammer das Interesse an der begehrten Feststellung nicht zu rechtfertigen, denn hiermit ist noch keine Beschwer der Klägerin verbunden. Vielmehr ist die hier gegebene Fallkonstellation Ausfluss der in § 15 des Sicherstellungsvertrages geregelten und für die Beteiligten verbindlichen Abrechnungsmodalitäten. Demnach steht dem Anspruch des Krankenhauses auf zeitnahen Ausgleich der Rechnung innerhalb von 15 Kalendertagen das Recht der Krankenkasse auf Prüfung und Beanstandung der Rechnung in rechnerischer oder sachlicher Hinsicht gegenüber, von dem die Beklagte vorliegend Gebrauch gemacht hat. In Anbetracht der der Krankenkasse in § 15 Abs 4 des Sicherstellungsvertrages eingeräumten Möglichkeiten steht jede Zahlung zunächst unter dem Vorbehalt einer Rückforderung oder Verrechnung, wenn die nachfolgende Prüfung zu diesem Ergebnis gelangt, dass die zunächst gezahlte Forderung unberechtigt ist. Soweit die Klägerin rügt, der lange Schwebezustand sei für sie angesichts einer Vielzahl von Beanstandungen aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht hinnehmbar, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Landesvertrag hinsichtlich des Zeitraumes, in dem ein solches Prüfverfahren abgeschlossen zu sein hat, keine speziellen Regelungen beeinhaltet, auf die die Klägerin ihr Begehren auf zügigere endgültige Entscheidung über die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs stützen könnte. So lange der Tatbestand eines Verstoßes gegen Treu und Glauben iS einer Verwirkung nicht vorliegt und keine Verjährungstatbestände eingreifen, wovon hier auszugehen ist, ist die lange Verfahrensdauer sicherlich für alle Beteiligten misslich, aber rechtlich nicht zu beanstanden oder zu sanktionieren. Bei dieser Sachlage lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte sich nicht vertragskonform verhalten hätte. Ihr Vorgehen entspricht bislang den Vorgaben des Sicherstellungsvertrages. Die Länge des Prüfverfahrens beruht vielmehr auf dem zögerlichen Verhalten beider Beteiligter, wie die Chronologie des Verfahrens belegt. Im übrigen hält das Gericht die bei Erhebung einer vorbeugenden negativen Feststellungsklage gegebene Interessenlage mit derjenigen für ansatzweise vergleichbar, die auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorliegt. In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass ein Anordnungsanspruch nur dann gegeben ist, wenn die begehrte Anordnung erforderlich ist zur Vermeidung unzumutbarer Folgen und nicht oder nur schwer wiedergutzumachender Schäden. Im vorliegenden Fall ist angesichts des Finanzbudgets der Klägerin nicht ersichtlich, dass ihr bereits durch die angekündigte Durchsetzung des Rückforderungsbegehrens Nachteile entstehen, die über die eigentliche Rückzahlung hinaus gehen und die nicht oder nur schwer wiedergutzumachen sind, also ein Schaden einträte, der auch durch eine spätere erneute Zahlung nicht mehr ausgeglichen werden könnte. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es in einer Vielzahl von Geschäftsbereichen unabdingbar ist, Rückstellungen, zB zur Abgeltung von möglichen Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüchen, zu bilden; dies entspricht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchhaltung. Dem Gericht ist nicht erkennbar, dass die Klägerin hierdurch unzumutbar belastet wird. Insoweit folgt das Gericht der Rechtsauffassung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, derzufolge es für die Erhebung einer vorbeugenden negativen Feststellungsklage nicht ausreicht, wenn die Gegenseite sich eines vermögensrechtlichen Anspruchs berühmt, die Rechtslage unklar ist und der Betroffene seinem künftigen Verhalten eine gerichtliche Feststellung zugrunde legen will, solange jedenfalls der Betroffene nicht in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt oder zu irgendwelchen Vorkehrungen veranlasst ist. Angesichts der Höhe der hier in Rede stehenden Rückforderung ist eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entschließungsfreiheit der Klägerin schlechterdings nicht denkbar. Aber auch losgelöst von diesem Einzelfall kann das Krankenhaus nicht von dem Risiko enthoben werden, gegebenenfalls auch erhebliche Rückstellungen zur Abgeltung von möglichen Rückforderungen vorzuhalten. Dies fällt aus Sicht des Gerichts in die Risikosphäre eines Krankenhauses. Für die Erhebung einer vorbeugenden negativen Feststellungsklage bleibt nach alledem nach Auffassung des Gerichts in Anbetracht der im Sicherstellungsvertrag getroffenen besonderen Verfahrensregelungen im Hinblick auf Abrechnung und Beanstandung von Forderungen sowie in Anbetracht der den Beteiligten im Wege der Erhebung von Leistungsklagen zur Verfügung stehenden prozessualen Rechtsschutzmöglichkeiten kein Raum. Der Feststellungsantrag erweist sich mithin als unzulässig.

Die mit dem Klageantrag zu Ziff 2) verfolgte Leistungsklage auf Freistellung der Klägerin von den im Verwaltungsverfahren entstandenen Anwaltskosten ist zwar gemäß § 54 Abs 5 SGG zulässig, aber im Ergebnis unbegründet. Insoweit erscheint es bereits fraglich, ob auf die Rechtsbeziehungen zwischen der Krankenkasse und dem Krankenhausträger die schuldrechtlichen Vorschriften über Schadensersatz auf Grund der Verweisung in § 69 S 3 SGB V in Anbetracht der uneinheitlichen Rechtsprechung überhaupt Anwendung finden können. Aber auch wenn zugunsten der Klägerin deren Anwendbarkeit unterstellt wird, scheitert ein Ersatzanspruch hier, weil hierfür schon die Voraussetzungen nach Maßgabe der Regelungen des BGB nicht erfüllt sind. Nach Auffassung der Kammer ist hier ein Verzugsschaden iS der §§ 280 Abs 2 iVm 286 BGB nicht gegeben. Die Beklagte befindet sich nicht im Verzug, denn sie hat die Krankenhausbehandlungskosten entsprechend den im Sicherstellungsvertrag vorgesehenen Fristen an die Klägerin geleistet. Soweit die Zahlung auf Grund der vertraglichen Regelungen unter dem Vorbehalt des Ergebnisses einer nachfolgenden Abrechnungsprüfung erfolgt ist, begründet dies keinen Verzug, zumal die Beteiligten für diese Prüfung keine Fristen vereinbart haben, wie bereits oben dargelegt.

Der Klägerin stehen auch keine Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung zu. Allgemein ist anerkannt, dass unter bestimmten Umständen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme eines Vertragspartners einen Anspruch auf Ersatz der zur Abwehr der erhobenen Ansprüche aufgewandten Anwaltskosten aus positiver Vertragsverletzung oder culpa in contrahendo auslösen kann. Gemäß § 241 Abs 2 BGB kann ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und -interessen des anderen Teils verpflichten; gemäß § 242 BGB ist ein Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Gleichwohl stellt die Geltendmachung vermeintlicher Ansprüche gegen den Vertragspartner nicht an sich schon eine positive Vertragsverletzung dar. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, welche die unbegründete Geltendmachung von Ansprüchen im konkreten Einzelfall als Verletzung vertraglicher Nebenpflichten erscheinen lassen. Nicht jedes unberechtigte Zahlungsverlangen führt zu einem Anspruch auf Ersatz der dadurch beim in Anspruch genommenen Fall veranlassten Vermögensaufwendungen. Gerade bei auf Dauer angelegten Rechtsbeziehungen, wie sie dem Sicherstellungsvertrag zu Grunde liegen, die auf die Abwicklung einer Vielzahl von Leistungs- und Zahlungsvorgängen gerichtet sind, kommt es zwangsläufig aus vielfältigen Gründen auch immer wieder zu Fehleinschätzungen, was die Entstehung und Höhe einer Vergütungsforderung betrifft. In Ansehung der im Sicherstellungsvertrag angelegten Möglichkeit der nachträglichen Überprüfung und Kontrolle ist nicht jede im nachhinein als unzutreffend zu bewertende Beurteilung mit dem Risiko einer darüber hinausgehenden Ersatzverpflichtung verbunden. Kosten, die im Rahmen der aussergerichtlichen Klärung von Abrechnungsfragen entstehen, stellen nach Auffassung des Gerichts für beide Vertragspartner Vorhaltekosten dar, die unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens nicht auf den anderen Vertragspartner abgewälzt werden können. In dieser Frage folgt das Gericht den Ausführungen des Sozialgerichts Dresden im Gerichtsbescheid vom 08.02.2007, Az: S 18 KR 212/05. Im vorliegenden Fall sind keine besonderen Umstände zu Tage getreten, derentwegen sich die Erhebung der Vergütungsrückforderung durch die Beklagte als Verletzung vertraglicher Nebenpflichten darstellen könnte und auf Grund derer die mit der Einschaltung des Bevollmächtigten der Klägerin ausgelöste Kostenlast als Schaden angesehen und der Beklagten zugerechnet werden könnte. Für die Einschaltung ihres Anwaltes hat allein die Klägerin aufzukommen.

Die Klage ist mithin in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-.
Rechtskraft
Aus
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