L 2 R 849/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 RA 699/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 849/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 31. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 25. Dezember 1968 geborene Kläger hat am 21. Juni 1988 die Ausbildung zum Fertigungs- und Funktionskontrolleur erfolgreich abgeschlossen. Anschließend arbeitete er u. a. als Druckhelfer, Packer, Küchenhelfer, Zimmermannshelfer und Kraftfahrer. Einen ersten Rentenantrag bei der Beklagten stellte er am 11. Juli 1995. Die Beklagte holte einen Befundbericht bei Orthopäde Dr. K. vom 23. November 1995 ein und veranlasste eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. K ... Im Gutachten vom 12. April 1996 gelangte dieser zu einem vollschichtigen Leistungsvermögen; extrem schweres Heben und Tragen sowie ständiges Bücken sollten vermieden werden. Dr. K. diagnostizierte ein Übergewicht, eine leichte Wirbelsäulenfehlhaltung, einen Zustand nach altem Morbus-Scheuermann, der nur röntgenologisch nachzuweisen sei, eine Lumbalgie, eine Insuffizienz der Rückenmuskulatur, eine diskrete Chondropathia patellae beiderseits sowie röntgenologische Veränderungen. Mit Bescheid vom 11. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 1996 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) wurden die behandelnden Ärzte Dres. L., H., N. und W. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Ferner wurden Unterlagen aus den Akten des Arbeitsamtes Konstanz beigezogen. Die vom SG beabsichtige Begutachtung durch den Nervenarzt Dr. Bauer scheiterte. Die Klage im Verfahren S 7 An 23/97 wurde durch Gerichtsbescheid vom 15. Oktober 1997 abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) mit Az. L 13 RA 4263/97 wurde mit Beschluss vom 14. Mai 1998 als unzulässig verworfen.

Am 30. Juli 2001 ging beim Arbeitsamt K. der Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ein. Die Beklagte holte erneut ein orthopädisches Gutachten bei Dr. K. ein, der ein erhebliches Übergewicht, einen Zustand nach Prellung des rechten Schultergelenkes mit noch endgradig geringer Bewegungseinschränkung, eine erhebliche Muskelinsuffizienz sowie röntgenologische Veränderungen diagnostizierte. Der Kläger könne mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten; zu vermeiden seien ständiges Stehen, ständiges Gehen oder ständiges Sitzen. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 24. Juni 2002 abgelehnt. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte einen Befundbericht bei Facharzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapie Dr. D. vom 12. März 2002 ein und veranlasste eine Begutachtung durch den Psychotherapeuten Dr. G ... Im Gutachten vom 22. Oktober 2002 führte er aus, man müsse von einer Persönlichkeitsstörung ausgehen. Eine Beurteilung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei schwierig; Defizite dürften vor allem im Bereich der sozialen Kompetenz bestehen. Es bestehe wohl eine erhöhte Reizbarkeit, die zu Schwierigkeiten im sozialen Umgang führen könne, andererseits sollten aber anspruchslose Arbeiten ohne Publikumsverkehr vollschichtig möglich sein. Hinsichtlich der körperlichen Belastbarkeit könnten leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichtet werden. Die Beklagte zog noch Unterlagen aus den Akten der Bundesagentur für Arbeit, hier insbesondere das Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Neurologie - Psychotherapie - Psychoanalyse - Dr. H. vom 23. August 2002 bei. Dr. H. diagnostizierte eine schwere neurotische Fehlentwicklung im Sinne einer sthenisch querulatorischen, soziopatischen Persönlichkeit und gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger für eine Arbeitsvermittlung für Tätigkeiten unter üblichen Arbeitsbedingungen wegen seiner massiven, chronifizierten Verhaltensstörung nicht zur Verfügung stehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 10. April 2003 hat der Kläger Klage zum SG erhoben und sich insbesondere auf die Beurteilung des Dr. H. gestützt. Das SG hat mit Beschluss vom 6. April 2004 die Agentur für Arbeit Konstanz beigeladen, die auf das neuste Gutachten des Dr. S. vom 1. März 2004 (1499-1499a der Verw.-Akten) hingewiesen hat, wonach der Kläger Tätigkeiten ohne gehäuften Kontakt zu anderen Personen, ohne schweres Heben und Tragen, ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule in ständig gebückter oder hockender Haltung vollschichtig verrichten könne. Das SG hat vom Neurologen und Psychiater Dr. M. das nervenärztliche Gutachten vom 6. Dezember 2004 eingeholt, nach dem beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung mit querulatorischen und soziopatischen Zügen bestehe. Die Gesundheitsstörung bedinge Einschränkungen der Teamfähigkeit und für Tätigkeiten mit Publikumsverkehr. Probleme entstünden, wenn der Kläger sich mit Kollegen oder Vorgesetzten direkt auseinander setzen müsse und durch seine persönlichkeitsbedingte Neigung zum Querulieren und eine hohe Kränkbarkeit unüberlegte Reaktionen entstünden. Die Tätigkeit als Kraftfahrer, Fertigungs- und Funktionskontrolleur könne der Kläger vollschichtig ausüben, wie auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Mit Gerichtsbescheid vom 31. Januar 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und sich hierbei auf die Gutachten der Dres. K., G., S. und M. gestützt.

Gegen den dem Kläger am 1. Februar 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 1. März 2005 Berufung eingelegt und vorgetragen, es falle außerordentlich schwer, sich eine berufliche Tätigkeit vorzustellen, in welcher der Kläger weder mit Publikum noch Arbeitskollegen oder Vorgesetzten in Kontakt käme, weshalb der Arbeitsmarkt verschlossen sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 31. Januar 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 24. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. März 2003 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juli 2001 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Senat hat von Dr. M. das weitere nervenärztliche Gutachten vom 8. Mai 2007 eingeholt. Hiernach könne der Kläger durchaus seinen Willen und seine Vorstellungen auch in adäquater Form kundtun bzw. sein Verhalten an den allgemein üblichen, kulturell akzeptierten Normen orientieren, wenn er es möchte. Es sei damit nicht so, dass der Kläger weder mit Publikum noch mit Arbeitskollegen noch mit Vorgesetzten in Kontakt kommen dürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verw.-Akten der Beklagten und der Beigeladenen sowie auf die Gerichtsakten des SG und des LSG ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zurecht die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht der geltend gemachte Rentenanspruch nicht zu.

Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid alle maßgeblichen Rechtsgrundlagen dargestellt und die Beweiswürdigung zutreffend durchgeführt. Der Senat weist daher die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zurück und sieht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend bleibt anzumerken, dass das SG die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M. richtig gedeutet hat, wie sich im Berufungsverfahren durch das Gutachten vom 8. Mai 2007 ergeben hat. Die von Dr. M. im Gutachten vom 6. Dezember 2004 erwähnten Probleme mit Kollegen und Vorgesetzten sind hiernach steuerbar, weshalb der Arbeitsmarkt nicht verschlossen ist. Diese Steuerbarkeit hat Dr. M. bereits auf S. 16 seines Gutachtens vom 6. Dezember 2004 ausgeführt, ohne dies bei der Beantwortung der Beweisfragen deutlich werden zu lassen, was nunmehr klargestellt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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