L 9 R 2576/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 9443/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2576/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. April 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Altersrente.

Die 1940 geborene Klägerin, eine griechische Staatsangehörige, war nach dem von der Beklagten geführten Versicherungskonto in der Zeit vom 02.08.1966 bis 25.06.1971, unterbrochen durch zwei Zeiten der Schwangerschaft/der Mutterschaft während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz (vom 16.05.1967 bis 22.08.1967 und vom 18.01.1970 bis 22.05.1970) in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Danach kehrte sie nach Griechenland zurück. Das genaue Datum der Rückkehr ist nach Aktenlage nicht bekannt. Nach den im Original vorliegenden Versicherungskarten Nr.1 und 2 der Landesversicherungsanstalt (LVA) H., Versicherungs-Nummer: und den verschlüsselten Daten im Versicherungsverlauf der Klägerin wurde eine Beitragserstattung gem. § 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO) durchgeführt (Antrag vom 20.01.1975, Erstattungsbescheid vom 09.09.1975, nachdem ein erster Erstattungsantrag vom 28.06.1973 durch Bescheid vom 18.12.1973 abgelehnt worden war).

Mit Bescheid vom 12.09.2000 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 02.03.2000 auf Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Erziehung der Kinder K. (geboren am 1967) und A. (geboren am 1970) ab, da trotz Nachforschungen beim Einwohnermeldeamt der Stadt Hannover keine Meldedaten über die Klägerin oder ihre Kinder hätten bestätigt werden können.

Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin vom 16.10.2000 holte die Beklagte weitere Auskünfte vom Ordnungsamt und dem Stadtarchiv der Stadt H. ein, die wiederum keine Meldung der Klägerin oder ihrer Kinder erbrachten. Nach der eingeholten Melderegisterauskunft vom 11.12.2000 wird die dortige Einwohnermeldedatei seit dem 01.10.1974 automatisiert geführt und enthält keine Daten von zu diesem Zeitpunkt abgemeldeten bzw. verstorbenen Einwohnern. Hierauf bat die Beklagte die Klägerin um Übersendung von sonstigen Unterlagen (z. B. Zeugenerklärungen, Schulzeugnissen, Impfbescheinigungen), die eine Erziehung der Kinder in der Bundesrepublik Deutschland glaubhaft machten. Außerdem wurde die Klägerin um Abgabe einer wahrheitsgemäßen Erklärung bei der Stadtverwaltung A. (dem Wohnort der Klägerin in Griechenland) oder der griechischen Sozialversicherungsanstalt IKA gebeten, aus der hervorgehe, welches Kind in welchem Zeitraum von ihr in der Bundesrepublik Deutschland erzogen worden sei. Nachdem die Klägerin dieses Schreiben unbeantwortet ließ, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2002 zurück.

Dagegen erhob die Klägerin am 21.03.2002 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart, S 7 RJ 1493/02. Mit gerichtlichem Schreiben vom 10.06.2002 wurde die Klägerin über die gesetzlichen Voraussetzungen der Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten informiert und sie wurde um verschiedene Angaben gebeten (Wohnsitz der Familie in H., Kindergarten oder Schule der Kinder, Vorlage von Nachweisen wie beispielsweise Arztrechnungen bezüglich der Kinder, Bescheide oder Kontoauszüge über Kindergeld, Nennung von Zeugen). Die Klägerin ließ trotz Erinnerung auch dieses Schreiben unbeantwortet. Hierauf wies das SG die Klage mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 10.07.2003 ab.

Am 04.05.2006 beantragte die Klägerin, ihr Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres zu bewilligen.

Die Beklagte holte bei der Deutschen Rentenversicherung B.-H. eine Auskunft ein und lehnte anschließend mit Bescheid vom 31.05.2006 den Rentenantrag ab, da auf die Wartezeit anrechenbare deutsche Zeiten nicht vorhanden seien. Die Beiträge für die in der Deutschen Rentenversicherung zurückgelegten anrechenbaren Zeiten vom 02.08.1966 bis 25.06.1971 (mit Unterbrechungen) seien der Klägerin mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung H. vom 09.09.1975 gemäß § 1303 Abs. 1 RVO, § 210 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erstattet worden. Die Beitragserstattung schließe alle weiteren Ansprüche aus den erstatteten Beiträgen aus.

Hiergegen legte die Klägerin am 29.06.2006 Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf zurückgelegte Kindererziehungszeiten. Daraufhin bat die Beklagte die Klägerin erneut um Vorlage von Nachweisen darüber, dass die Klägerin mit ihren Kindern in Deutschland wohnhaft gewesen sei. Die Klägerin teilte im Folgenden lediglich mit, ihre Kinder seien in Deutschland geboren und hier auch erzogen worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2006 wies die Beklagte hierauf den Widerspruch zurück.

Dagegen erhob die Klägerin am 11.12.2006 Klage zum SG Stuttgart, S 10 R 9443/06, mit der sie weiterhin die Gewährung von Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres bei zu berücksichtigenden Kindererziehungszeiten erstrebte.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.04.2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente seien bei der Klägerin nicht erfüllt, da sie keinerlei anrechenbare rentenrechtliche Zeiten in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegt habe. Die von ihr zur deutschen Rentenversicherung entrichteten Beiträge mit zurückgelegten Beitragszeiten vom 02.08.1966 bis zum 25.06.1971 seien der Klägerin erstattet worden. Über die Kindererziehungszeiten bzw. das Nichtvorliegen der selben sei bereits mit Gerichtsbescheid des SG Stuttgart vom 10.07.2003 rechtskräftig entschieden worden. Neue Anhaltspunkte hierzu habe die Klägerin nicht vorgebracht.

Gegen den am 30.04.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.05.2007 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, mit der sie ihr Prozessziel im erstinstanzlichen Verfahren, der Gewährung von Altersrente, weiter verfolgt.

Mit Schreiben des Senats vom 04.07.2007 ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass nach derzeitiger Sach- und Rechtslage ihre Berufung keine Aussicht auf Erfolg bieten dürfte, weil Unterlagen, die einen gewöhnlichen Aufenthalt ihrer Kinder K. und A. im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland dokumentierten, nicht vorlägen. Falls die Berufung fortgeführt werde, solle die Klägerin angeben, von wann bis wann sich ihre Kinder und sie selbst in Deutschland und unter welcher Anschrift aufgehalten hätten und Zeugen hierfür benennen. Sofern ihr bezüglich des Aufenthalts ihrer Kinder in Deutschland Unterlagen vorlägen (Impfbescheinigungen, ärztliche Unterlagen etc.), solle sie diese dem LSG übersenden. Die Klägerin hat dieses Schreiben weder in der gesetzten Frist bis zum 06.08.2007 noch bis zur Entscheidung durch Urteil beantwortet.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. April 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Altersrente in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Stuttgart (S 7 RJ 1493/02 und S 10 R 9443/06) sowie diejenigen des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Altersrente aus der deutschen Rentenversicherung hat. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist auszuführen, dass eine Leistungspflicht der Beklagten schon deshalb nicht besteht, weil die Klägerin in der Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland keine Versicherungszeiten vorzuweisen hat.

Die vom 02.08.1968 bis 25.06.1971 geleisteten Beiträge wurden der Klägerin erstattet, weswegen die zugrundeliegenden Versicherungszeiten nicht mehr angerechnet werden können. Gem. § 1303 Abs. 7 RVO, der zum Zeitpunkt der Beitragserstattung Anwendung fand (nunmehr: § 210 Abs. 6 Satz 2 und 3 SGB VI), schließt die Erstattung weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten und das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung aus. Die Beitragserstattung führt zu einer rückwirkenden Auflösung des Versicherungsverhältnisses in seiner Gesamtheit und zum Verlust der Rechte aus sämtlichen vor der Beitragserstattung zurückgelegten Versicherungszeiten.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte wäre nur dann gegeben, wenn die von ihr geltend gemachten Kindererziehungszeiten für ihre Kinder K., geboren am 1967 und A., geboren am 1970, anzuerkennen wären, weil dann ein Jahr und mehr an deutschen Versicherungszeiten vorlägen und damit die Leistungspflicht der Beklagten nicht gemäß Art 48 Abs. 1 VO 1408/71 EWG ausgeschlossen wäre.

Für die Feststellung der Tatsachen, die für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vor dem 1. Januar 1986 erheblich sind, genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 249 Abs. 5 SGB VI). Die Klägerin müsste daher vor allem glaubhaft machen, dass die Erziehung ihrer Kinder in den ersten zwölf Monaten nach Ablauf des Monats ihrer Geburt (§ 249 Abs. 1 SGB VI) in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht (§ 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VI). Dies hat sie nicht getan.

Zwar steht fest, dass die Klägerin ihre versicherungspflichtige Beschäftigung vom 16.05.1967 bis 22.08.1967 und vom 18.01.1970 bis zum 22.05.1970 wegen Schwangerschaft und Wochenbett unterbrochen hat. Insoweit liegen Bescheinigungen der Betriebskrankenkasse Sprengel vom 01.06.1970 und vom 22.07.1971 vor. Diese Zeiten sind als nachgewiesene Ausfallzeiten auch in der Versicherungskarte Nr. 1 vermerkt. Auch hat die Klägerin die Geburtdaten ihrer Kinder K. (1967) und A. (1970) durch Urkunden vom 02.03.2000 nachgewiesen, in denen zudem vermerkt ist, diese seien in Deutschland bzw. Hannover geboren. Des weiteren steht fest, dass die Klägerin ausweislich der Versicherungskarten 1967 und 1969 als Anschrift die Schaumburgstrasse 24 in Hannover angegeben hat.

Dem steht jedoch gegenüber, dass das Stadtarchiv Hannover der Beklagten unter dem 29.06.2000 mitgeteilt hat, dass im Zeitraum von 1967 bis 1980 kein Familienverband unter dem Namen der Klägerin in H. gemeldet war. Auch eine weitere Anfrage der Beklagten beim Ordnungsamt der Stadt H. unter dem 09.11.2000, in welcher auch die Wohnanschrift der Klägerin in Hannover aufgeführt wurde, blieb ohne Erfolg. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Kinder der Klägerin im maßgebenden Zeitraum nicht in der Bundesrepublik, sondern in Griechenland erzogen wurden. Aus diesem Grund wurde die Klägerin mehrfach um weitere Nachweise für den Aufenthalt ihrer Kinder im ersten Jahr nach ihrer Geburt in der Bundesrepublik Deutschland gebeten, wofür unter anderem Zeugenerklärungen, Impfbescheinigungen oder auch Passeinträge in Betracht kämen. Diese Anfragen hat die Klägerin aber nicht beantwortet. Sie hat sich auch auf die erneute Anfrage des Senats vom 04.07.2007 nicht geäußert. Nach alledem kann eine Erziehung der Kinder in der Bundesrepublik in ihrem ersten Lebensjahr nicht als glaubhaft gemacht angesehen werden.

Nach alldem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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