L 16 R 7/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 31 R 2189/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 7/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 418/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 19. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligtern ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer medizinischen Reha-Maßnahme am Toten Meer vom 07.07. bis zum 04.08.2006 hat.

Die 1962 geborene Klägerin ist seit 1978 als Arzthelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Wegen einer seit ihrem zwölften Lebensjahr bestehenden Psoriasiserkrankung hatte die Klägerin bereits mehrere stationäre thalasso-helio-therapeutische Maßnahmen am Toten Meer teils auf Kosten der Krankenversicherung, teils als Selbstzahlerin durchgeführt. Kostenträger für die vom 28.06.2004 bis 25.07.2004 durchgeführte stationäre Kur im Medizinischen Zentrum "DMZ" in B. , Israel, war die AOK.

Am 15.02.2005 beantragte die Klägerin bei der AOK erneut die Durchführung einer stationären Kur im DMZ und legte hierfür eine Verordnung durch ihren behandelnden Hautarzt Dr.K. , G. , vom 26.02.2005 vor. Die AOK leitete diesen Antrag gemäß § 14 Abs.1 Satz 2 SGB IX an die Beklagte weiter, weil nach ihrer Auffassung für die Leistungsgewährung die Zuständigkeit der Beklagten gegeben war.

Mit Bescheid vom 06.04.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ab. Nach § 12 Abs.2 SGB VI solle eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung einer solchen Leistung, deren Kosten aufgrund öffentlich -rechtlicher Vorschriften getragen worden seien, erbracht werden, es sei denn, dass eine vorzeitige Leistung aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sei. Die letzte medizinische Leistung liege noch keine vier Jahre zurück und die Auswirkungen der bei der klägerin bestehenden Psoriasis auf ihr Leistungsvermögen seien nicht so schwerwiegend, dass eine vorzeitige Leistung im Sinne des § 15 SGB VI aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sei.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie zwei ärztliche Atteste vorlegte, eines von der Gynäkologin Dr.H. vom 22.04.2005 und eines von dem behandelnden Dermatologen Dr.K ... Die Beklagte holte ein Gutachten bei dem Dermatologen Dr.G. ein, der in seinem Gutachten vom 17.05.2005 zu dem Ergebnis kam, die ambulante dermatologische Behandlung bei der Klägerin sei ausreichend und die Klägerin sei für eine vollschichtige Erwerbstätigkeit als Arzthelferin leistungsfähig. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation würden deshalb derzeit nicht vorgeschlagen.

Daraufhin wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2005 den Widerspruch zurück. Die zuletzt in Anspruch genommene Leistung zur medizinischen Rehabilitation der Klägerin habe am 25.07.2004 geendet, seitdem seien noch keine vier Jahre vergangen. In dem im Widerspruchsverfahren eingeholten dermatologischen Fachgutachten des Dr.G. hätten keine weiteren Gesundheitsstörungen festgestellt werden können, die die vorzeitige Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation rechtfertigen würden.

Die dagegen erhobene Klage ging am 22.07.2005 beim Sozialgericht München (SG) ein. Die Klägerin beantragte zunächst, die Beklagte zu verurteilen, ihr medizinische Leistungen zur Rehabilitation zu gewähren und die Kosten für eine im Jahr 2005 durchgeführte Reha-Maßnahme zu erstatten. Das SG wies darauf hin, dass eine Kostenerstattung zunächst bei der Beklagten beantragt werden müsse, da diese zuerst durch Verwaltungsakt darüber zu entscheiden hätte. Die Klägerin erklärte, an einer Reha-Maßnahme in Deutschland habe sie kein Interesse, dies stelle für sie ein unzumutbares Experiment dar. Das Sozialgericht holte Befundberichte des behandelnden Hautarztes Dr.K. , der Gynäkologin Dr.H. und des Rheumatologen Dr.G. ein. Vorgelegt wurden auch Entlassungsberichte über Klimaheilbehandlungen in der Reha-Klinik DMZ am Toten Meer für Maßnahmen vom 11.06. 2000 bis 09.07.2000, vom 28.06.2004 bis zum 25.07.2004 und vom 07.07.2005 bis zum 03.08.2005.

Das SG holte ein Gutachten bei dem Hautarzt Dr.B. aus S. ein, der in seinem Gutachten vom 13.05.2006 zu dem Ergebnis kam, die Klägerin leide an einer Psoriasis vulgaris einschließlich Befall des Anogenitalbereiches und einer Psoriasis arthropathica (Gelenkpsoriais). Seit 1993 führe die Klägerin regelmäßig stationäre klima-therapeutische Heilmaßnahmen im DMZ am Toten Meer durch. Diese Heilmaßnahmen seien zunächst von der Krankenkasse bezahlt worden, inzwischen trage die Klägerin die Kosten selbst. Im Gegensatz zur bisherigen ambulanten Therapie hätten diese Heilmaßnahmen am Toten Meer stets zu einer vollständigen Abheilung der Psoriasis vulgaris geführt, die bis zu einem halben Jahr anhalte. Auch die ambulante Therapie der Psoriasis arthritis habe nicht den gleichen Erfolg wie die stationäre Heilmaßnahme. Dr.B. führte aus, therapeutisch sehr wirksam und vor allem nebenwirkungsarm seien bei der Psoriasis vulgaris und der Psoriasis arthropathica thalasso-helio-therapeutische Maßnahmen, also eine Kombination von Wärme, hoch konzentriertem Salzwasser und natürlichem UV-Licht mit hohem UVA-Anteil, wie sie in dieser Form nur am Toten Meer gegeben seien. Ermutigt durch die Erfolge dieser Therapie am Toten Meer hätten inzwischen mehrere deutsche Therapiezentren diese Behandlung der Psoriasis vulgaris und der Psoriasis arthropathica mit UV-Licht und Salzbädern aufgegriffen. Ein Unterschied zum Toten Meer bestehe jedoch vor allem darin, dass am Toten Meer die natürliche Sonnenstrahlung sowie das natürliche Salzwasser therapeutisch genutzt werden könnten. Der entscheidende Vorteil der Behandlung am Toten Meer gegenüber der Behandlung in inländischen Therapiezentren ergebe sich jedoch daraus, dass der am Toten Meer stets vorhandene natürliche Wärmeeinfluss nicht nur auf die Psoriasis vulgaris, sondern vor allem auch auf die Psoriais arthropathica außerordentlich günstig wirke. So berichte die Klägerin über vollkommenes Wohlbefinden am Toten Meer. Bekanntlich seien verschiedene Hautkrankheiten, vor allem Neurodermitis und Psoriasis durch psychosomatische Einflüsse sowohl im negativen als auch im positivem Sinne nicht unerheblich beeinflussbar. Es sei deshalb sinnvoll und angemessen, der Klägerin regelmäßige stationäre thalasso-helio-therapeutische Therapiemaßnahmen am Toten Meer zu ermöglichen, da dadurch Hautbefund und vor allem auch Gelenkbeschwerden außerordentlich günstig beeinflusst würden. Dies wirke sich bei der Klägerin auf die durch die Erkrankung mit Sicherheit gefährdete Erwerbsfähigkeit außerordentlich günstig aus und beuge einer zunehmenden Gelenkversteifung vor. Insoweit müsse den Ausführungen des Gutachters Dr.G. ausdrücklich widersprochen werden. Es treffe auch nicht zu, dass die vertragsärztliche, fachdermatologische ambulante Betreuung am Heimatort derzeit ausreichend sei. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei durch die Psoriasis im Beruf einer Arzthelferin derzeit nur wenig gemindert, jedoch sicherlich erheblich gefährdet. Die gefährdete Erwerbstätigkeit der Klägerin könne durch eine stationäre medizinische Reha-Maßnahme absolut günstig beeinflusst werden, wahrscheinlich könne dadurch auch der Eintritt einer Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit verzögert bzw. vollständig verhindert werden. Es seien deshalb medizinische Leistungen zur medizinischen Reha vorzeitig, d.h. vor Ablauf von vier Jahren seit Ende der letzten medizinischen Reha-Maßnahme, dringend erforderlich. Ohne eine solche Maßnahme müsse mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit, mindestens aber mit einer Gefährdung der Leistungsfähigkeit gerechnet werden. Eine stationäre Reha-Maßnahme im Inland dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach nicht den gleichen guten Erfolg wie eine stationäre Reha-Maßnahme am Toten Meer haben. Für den besseren Erfolg der stationären Reha-Maßnahme am Toten Meer sprächen die hier gleichmäßig einwirkende intensive Wärme, das natürliche UV-Licht mit Bestrahlungsmöglichkeit des gesamten Körpers einschließlich Intimzonen, das warme, hochkonzentrierte, natürliche Salzwasser sowie nicht zuletzt günstige psychosomatische Einflüsse, wie sie im inländischen Klinikbereich subjektiv für die Klägerin nicht gegeben seien. Es sei deshalb auch nachvollziehbar, dass sich die Klägerin dem "Experiment" einer inländischen stationären Reha-Maßnahme nicht unterziehen möchte. Im Übrigen seien die Kosten einer stationären Reha-Maßnahme am Toten Meer bzw. einer inländischen stationären Reha-Maßnahme durchaus vergleichbar.

Im Hinblick auf dieses Gutachten erklärte sich die Beklagte nach erneuter Prüfung unter Berücksichtigung aller vorliegenden medizinischen Befunde bereit, dem Klagebegehren stattzugeben. Sie erteilte am 23.06.2006 einen Bescheid über die Bewilligung einer dreiwöchigen Reha-Maßnahme in der Fachklinik Bad B ... Dieser Bescheid wurde nach § 96 Abs.1 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens. Ergänzend teilte die Beklagte in einem Schriftsatz vom 26.07.2006 mit, dass zu Lasten des Rentenversicherungsträgers keine Leistungen im außereuropäischen Ausland durchgeführt würden. Es werde jedoch in der von ihr bewilligten Fachklinik Bad B. eine Behandlung angeboten, die der Thalasso-Therapie am Toten Meer entspreche. Im Gegensatz zu den Einrichtungen am Toten Meer habe die Klinik in Bad B. jedoch eine qualifizierte rheumatologisch-orthopädische Abteilung, so dass dort auch eine wirklich umfassende Behandlung möglich sei.

In der mündlichen Verhandlung am 19.10.2006 erklärte die Klägerin, vom 07.07. bis 04.08.2006 sei sie erneut als Selbstzahlerin stationär auf medizinischer Rehabilitation am Toten Meer gewesen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragte daraufhin, die Beklagte zu verurteilen, angemessene Kosten für die von der Klägerin vom 07.07. bis 04.08.2006 auf eigene Kosten durchgeführte stationäre Rehabilitation in Israel zu erstatten.

Mit Urteil vom 19.10.2006 verurteilte das SG München die Beklagte, angemessene Kosten für die von der Klägerin vom 07.07.2006 bis 04.08.2006 auf eigene Kosten durchgeführte stationäre Rehabilitation in Israel zu erstatten. Der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 15 Abs.1 Sätze 3, 4 SGB IX. Danach hätten Versicherte gegenüber dem Rehabilitationsträger Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für selbst beschaffte Leistungen, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen könne oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Der bereits in einem vorangegangenen Klageverfahren gehörte Gutachter Dr.B. habe in seinem Gutachten vom 13.05.2006 ausdrücklich festgestellt, dass es sinnvoll und angemessen sei, der Klägerin regelmäßige stationäre thalassio-helio-therapeutische Therapiemaßnahmen am Toten Meer zu ermöglichen, da dadurch der Hautbefund und vor allem auch die Gelenkbeschwerden außerordentlich günstig beeinflusst würden. Dies wirke sich auch auf die bei der Klägerin durch die Erkrankung mit Sicherheit gefährdete Erwerbsfähigkeit außerordentlich günstig aus und beuge einer zunehmenden Gelenkversteifung vor. Ohne eine vorzeitige Reha-Maßnahme müsse mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit, mindestens aber mit einer Gefährdung der Leistungsfähigkeit vor August 2006, also vor Auslaufen der Vierjahresfrist, gerechnet werden. Die Beklagte habe im Anschluss an das Gutachten von Dr.B. auch die dringende Erforderlichkeit einer Reha-Maßnahme anerkannt. Sie habe deshalb mit dem zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheid vom 23.06.2006 eine stationäre Reha-Behandlung im Inland bewilligt. Dieser Bewilligungsbescheid stehe jedoch nicht dem Erstattungsanspruch der Klägerin entgegen. Abgesehen von der Tatsache, dass der Bescheid nur zwei Wochen vor Beginn der als Selbstzahler durchgeführten Rehabilitation in Israel erlassen worden sei und es somit der Klägerin in Anbetracht der Zeit, die im Allgemeinen für die Vorbereitung, Planung und Buchung eines solchen Rehabilitationsaufenthaltes im Ausland erforderlich sein dürfte, nicht mehr zuzumuten gewesen wäre, nach Eingang des Bescheides von der bereits gebuchten Rehabilitation in Israel wieder Abstand zu nehmen, erfolgte auch die mit dem Bescheid vom 23.06.2006 implizit ausgesprochene Ablehnung einer Rehabilitation im Ausland zu Unrecht im Sinne von § 15 Abs.1 Satz 4 SGB IX.

Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme habe die Beklagte in dem Bescheid vom 23.06.2006 nicht ordnungsgemäß von dem in § 13 Abs.1 Satz 2 SGB VI eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Das Auswahlermessen sei im Fall der Klägerin, was die Durchführung der Rehabilitation im In- oder Ausland anbelange, auf Null reduziert gewesen. Wie Dr.B. nachvollziehbar dargelegt habe, habe eine Reha-Maßnahme im Inland bei der Klägerin aller Wahrscheinlichkeit nach nicht den gleichen guten Erfolg wie eine stationäre Reha-Maßnahme am Toten Meer. Bei dieser Beweislage sei es ermessensfehlerhaft, die Klägerin auf eine Reha im Inland zu verweisen. Die Beklagte könne sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass eine Rehabilitation im Ausland ausscheide, weil sie weder eine Rehabilitationseinrichtung im Ausland betreibe noch vertragliche Beziehungen zu einer entsprechenden Einrichtung unterhalte; nachdem der Gutachter ausdrücklich festgestellt habe, dass die Erfolgsaussichten einer Rehabilitation im Inland zweifelhaft seien. Die Beklagte habe deshalb auch unter Berücksichtigung des Bescheides vom 23.06.2006 eine Leistung im Sinn von § 15 Abs.1 Satz 4 SGB IX zu Unrecht abgelehnt und die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruches gemäß § 15 Abs.1 Satz 3 SGB IX lägen deshalb vor.

Die gegen das am 06.12.2006 zugestellte Urteil eingelegte Berufung der Beklagten ging am 02.01.2007 beim BayLSG ein. Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, das SG München habe zu Unrecht die Notwendigkeit für eine selbst beschaffte Reha-Leistung durch die Klägerin anerkannt. Ihr seien mit Bescheid vom 23.06.2006 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Fachklinik Bad B. bewilligt worden. Trotz dieses Bewilligungsbescheides sei die Klägerin ca. 14 Tage später nach Israel gereist, um dort eine Maßnahme durchzuführen, für die sie nunmehr eine Kostenerstattung begehre. Die Notwendigkeit für eine Selbstbeschaffung während eines laufenden Gerichtsverfahrens sei rechtlich wie auch medizinisch nicht erkennbar. Durch das Angebot einer geeigneten Rehabilitationseinrichtung im Inland sei auch das Auswahlermessen zugunsten der in Israel befindliche Einrichtung nicht auf Null reduziert gewesen. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn die in Israel durchgeführte Leistung die einzig sinnvolle und bezogen auf die bei der Klägerin vorliegende Funktionsstörung adäquate Leistung wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall. Vielmehr sei die von der Beklagten angebotene inländische Einrichtung als die sinnvollere und geeignetere Einrichtung anzusehen. Die bei der Klägerin vorliegende Psoriasis sei nicht heilbar. Die angeblich besseren Heilerfolge am Toten Meer seien nicht verifizierbar und könnten in Studien auch nicht bewiesen werden. Die Fachklinik in Bad B. simuliere die UV-Strahlungsverhältnisse und die Mineralzusammensetzung des Toten Meeres unter klinisiert einwandfreien Bedingungen und unter klimatisiert zuträglichen Verhältnissen. Objektiv würden völlig vergleichbare Ergebnisse erzielt, allerdings ohne die Gefahr von Superinfektionen, die in natürlichen Gewässern für die geschädigte Haut immer entstehen könnten. Gemäß § 15 Abs.2 Satz 1 SGB VI würden stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger in Einrichtungen erbracht, die entweder von ihm selbst betrieben werden oder mit denen ein Belegungsvertrag bestehe. Die Beklagte habe ihr Auswahlermessen durch Auszeichnung der Klinik Bad B. ausgeübt. Mit dieser Klinik bestehe ein Belegungsvertrag. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in anderen Einrichtungen, die nicht von der Rentenversicherung betrieben würden oder mit denen kein Belegungsvertrag bestehe, kämen daher grundsätzlich nicht in Betracht. Weiterhin müsse im Rahmen der ganzheitlichen Rehabilitation ein Rehabilitationskonzept der Einrichtung vorhanden sein, wobei u.a. die ständige ärztliche Präsenz und das geschulte Fachpersonal wesentlich seien. Die von der Klägerin gewählte Einrichtung sei ein Hotel, dies bedeute, ein Rehabilitationskonzept sei nicht vorhanden. Ausweislich der nachgewiesenen Kosten sei auch die ständige ärztliche Präsenz nicht gegeben. Ein verwertbarer sozialmedizinischer Entlassungsbericht läge nicht vor.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 19.10.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Der Bescheid der Beklagten vom 23.06.2006 sei gänzlich verspätet gewesen, da die KLägerin eine solche Rehabilitation bereits mit Antrag vom 16.03.2005 verlangt habe. Die Selbstbeschaffung durch die Klägerin sei medizinisch dringend notwendig und somit auch rechtlich geboten gewesen. Die Beklagte verfüge über keine geeignete Reha-Einrichtung im Inland. Ihr Auswahlermessen zugunsten der in Israel befindlichen Einrichtung sei somit auf Null reduziert. Die allgemeinen Klimaeinflüsse am Toten Meer gewährleisteten die einzig sinnvolle Therapie für die Klägerin. Insbesondere die trockene und gleichmäßige Wärme sei besonders günstig für die Gelenksymptomatik und wirke heilend auf sie. Dergleichen könne im Inland nicht geboten werden. Bei ständigem Aufenthalt in Israel wäre die Psoriasis auch heilbar. Allgemeine Studienergebnisse seien nicht relevant, da es auf den Einzelfall ankomme. Im Übrigen habe die Beklagte solche Studienergebnisse auch nicht belegt. Bei der Klägerin jedenfalls spreche die Reha in Israel therapeutisch an, anderenfalls hätte sie in den vielen Jahren zuvor nicht auf eigene Rechnung Heilung in Israel gesucht und auch erfahren. Die simulierten UV-Strahlungsverhältnisse und Wärmeeinwirkungen in der Fachklinik Bad B. seien nicht identisch mit den Verhältnissen in Israel. Im Übrigen seien die von der Klägerin für ihre Reha in Israel aufgewandten Kosten der Höhe nach nicht nur angemessen, sondern sogar erheblich billiger als die Kosten für vier Wochen in der Fachklinik Bad B. (2.825,00 EUR gegenüber 5.292,00 EUR). Die Beklagte könne auch einen Belegungsvertrag mit einer ausländischen Institution, wie hier dem Deutschen Medizinischen Zentrum (DMZ), abschließen. Das DMZ sei seit Jahren von den gesetzlichen Kassen als Reha-Klinik anerkannt und habe somit einen Versorgungsvertrag nach dem SGB V. Dessen medizinisches Konzept sei vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung geprüft und anerkannt worden. Innerhalb der Rentenversicherung habe der Sozialmedizinische Dienst der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland das Konzept ebenfalls geprüft und anerkannt. Die Deutsche Rentenversicherung habe mit dem DMZ zwischenzeitlich auch einen Vertrag abgeschlossen. Aufgrund dieser Vereinbarung werde die DMZ-Klinik auch von anderen Trägern der DRV belegt. In der DMZ-Klinik stehe auch ein deutschsprachiges Ärzte-, Reha- und Therapeutenteam zur Verfügung, das seine Patienten ganzheitlich behandle. Die Belange der DRV würden ebenfalls berücksichtigt, da ein ausführlicher medizinischer Abschlussbericht erstellt werde. Der Klägerbevollmächtigte teilte mit, dass sich die Klägerin vom 15.07.bis 15.08.2007 erneut zu einer Reha-Maßnahme in Israel befinde.

Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie die Klageakten S 13 RA 1742/03 und S 31 R 2189/05 und die Berufungsakte sowie die beigezogene Akte L 16 RJ 263/03 vor. Auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgercht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend das Vorliegen eines Erstattungsanspruches der Klägerin bejaht, weil die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen im Hinblick auf die Feststellungen in dem Gutachten von Dr.B. nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat und deshalb zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin auf Durchführung eines Heilverfahrens in Israel abgelehnt hat. Das Sozialgericht kam damit zutreffend zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs.1 Satz 3 SGB IX gegeben sind und ein Erstattungsanspruch der Klägerin besteht. Da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts München als unbegründet zurückweist, wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs.2 SGG).

Ergänzend hierzu ist festzustellen, das nach § 14 SGB VI, der bis zum 30.06.2001 galt, Leistungen zur Rehabilitation grundsätzlich im Inland erbracht wurden. Aber auch nach dieser Vorschrift konnten die Träger der Rentenversicherung nach gutachterlicher Äußerung des VDR für bestimmte Erkrankungen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Ausnahmen hiervon zulassen, wenn Leistungen im Ausland aufgrund gesicherter medizinischer Erkenntnisse für diese Erkrankungen einen besseren Rehabilitationserfolg erwarten ließen. Dieser § 14 SGB VI wurde durch § 18 SGB IX ersetzt, demzufolge Sachleistungen auch im Ausland erbracht werden können, wenn sie dort bei zumindest gleicher Qualität und Wirksamkeit wirtschaftlicher ausgeführt werden können. Im Hinblick auf die eindeutigen Ausführungen in dem Gutachten von Dr.B. geht der Senat davon aus, dass eine ausreichende Behandlung der Krankheit der Klägerin im Inland nicht so erfolgversprechend gewesen wäre wie die tatsächlich durchgeführte Heilbehandlung am Toten Meer. Mit einem Aufenthalt am Toten Meer und dem dort vorhandenen trockenen und in Bezug auf die Luftfeuchtigkeit gleichmäßigen Klima hatte die Klägerin bei ihrem Krankheitsbild auch schon in der Vergangenheit positive Erfahrungen gemacht.

In dem gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens gewordenen Bescheid hat sich die Beklagte in keiner Weise mit der ausführlichen Argumentation im Gutachten von Dr.B. auseinandergesetzt, der dargelegt hat, dass ein Reha-Verfahren in Israel im Fall der Klägerin eine bessere Wirksamkeit als ein vergleichbares Heilverfahren im Inland hat. Nach dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten, dem die Beklagte nicht widersprochen hat, ist das Deutsche Medizinische Zentrum am Toten Meer von den gesetzlichen Krankenkassen als Reha-Klinik anerkannt und wird auch von Trägern der Deutschen Rentenversicherung insoweit belegt, als dort bei zumindest gleicher Qualität und Wirksamkeit Sachleistungen im Sinne von § 18 SGB IX wirtschaftlicher ausgeführt werden können (siehe auch Kurzprotokoll des Ausschusses für Tourismus, 24. Sitzung in der 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestages am 15.10.2003 in Berlin; Ausführungen des Geschäftsführers des DMZ, Seiten 9, 16, 19 unter www.bundestag.de/ausschuesse/Archiv15/a19 (Anhoerungen/baeder/ protokoll.pdf). Entgegen den Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren erstellt die DMZ ausführliche medizinische Abschlussberichte, von denen sich auch einige in den Akten befinden.

Die Berufung der Beklagten war deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung der Beklagten ohne Erfolg blieb.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved