L 12 KA 563/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 42 KA 893/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 563/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 65/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 26. April 2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

In diesem Rechtsstreit geht es um die Aufhebung von Honorarbescheiden sowie die Neufestsetzung und Rückforderung von Honoraren nach Durchführung einer Plausibilitätsprüfung.

Die Klägerin ist als Allgemeinärztin in M. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den Jahren 1993 bis 1995 übte sie ihre Tätigkeit in Gemeinschaftspraxis mit dem praktischen Arzt F. M. (M.) aus. Zum 1. Januar 1996 wandelten die Ärzte die Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft um. In der Zeit vom 21. Februar bis 23. April 1997 hatte die Klägerin wegen Krankheit einen genehmigten Vertreter und vom 23. April 1997 bis 30. September 1997 und wieder vom 1. Februar 1998 bis 31. Dezember 1998 eine genehmigte Assistentin, war aber daneben persönlich im unterschiedlichen Umfang in der Praxis tätig.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 31. Juli 1998 mit, dass bei einer Überprüfung der Abrechnungsunterlagen der Quartale 1 und 2/96 ein hoher Anteil an gemeinsamen Patienten in der Praxisgemeinschaft aufgefallen sei, die überwiegend auf Originalscheinen behandelt worden seien. Die Klägerin hat dazu mit Schreiben vom 16. September 1998 Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass die Praxisgemeinschaft aus einer Gemeinschaftspraxis entstanden sei. Die Ärzte hätten den Patienten die Wahl gelassen, wen sie konsultieren wollten. Die Patienten entschieden sich unabhängig vom Quartalsanfang bzw. -ende, welchen Arzt sie aufsuchen wollten. Viele wollten eine zweite Meinung einholen oder gingen zum Kollegen, wenn die Wartezeit zu lang sei oder sie mit einem Therapievorschlag nicht zufrieden seien. An manchen Tagen habe die Klägerin nur Terminssprechstunden, so dass Patienten ohne Termin den Kollegen aufsuchten. Hinzu komme, dass sie keine Ultraschalluntersuchungen durchführe. Die Beklagte hat ihre Prüfung auf die Quartale der Jahre 1997 und 1998 ausgedehnt.

Nach einem Gespräch in der Bezirksstelle der Beklagten und erfolglosen Vergleichsverhandlungen unterbreitete die Beklagte zuletzt eine Rückzahlungsvereinbarung vom 8. September 2000 über 244.018,84 DM, die aber von der Klägerin nicht unterschrieben wurde.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2001 hat die Beklagte die Honorarbescheide für die Quartale 1/96 bis 4/98 hinsichtlich der Honoraransprüche für Primärkassen und Ersatzkassen aufgehoben und die Honorare deutlich niedriger neu festgesetzt. Das führte zu einer Überzahlung in der oben genannten Höhe, die mit dem Bescheid zurückgefordert wurde. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Anteil der doppelten Originalfälle in den Praxen der Klägerin und ihres Praxisgemeinschaftspartners M. liege weit über der noch als plausibel anzusehenden Marke von 3 % gemeinsamer Fälle. Die Klägerin bzw. Herr M. hätten die hausärztliche Grundvergütung und die Ordinationsgebühr in zahlreichen Fällen für dieselben Patienten zu Unrecht berechnet. Die Krankenversicherungskarten der Patienten seien routinemäßig in beiden Praxen eingelesen worden. Die Besuche der Patienten seien insofern gesteuert worden, als nach dem Besuch beim erstbehandelnden Arzt auch dem weiteren Arzt Gelegenheit gegeben worden sei, Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abzurechnen. Mindestens aber habe die Klägerin nicht der Entwicklung entgegengesteuert, dass die an eine gemeinsame bzw. beliebig wechselnde Behandlung durch beide Ärzte der früheren Gemeinschaftspraxis gewöhnten Patienten keinen bestimmten Hausarzt ausgewählt hätten. Die Klägerin und Herr M. hätten die Praxen wie zwei Hausärzte in einer Gemeinschaftspraxis geführt. Zum Beleg dafür wurden folgende Zahlen der Klägerin und ihres Partners M. in den Quartalen 1/96 bis 4/98 genannt: Quartal Fallzahlen Klägerin Fallzahlen M. Gemeinsame Originalscheine I/96 818 675 450 II/96 700 555 387 III/96 773 601 458 IV/96 739 649 467 I/97 766 659 494 II/97 804 617 515 III/97 738 597 479 IV/97 731 631 465 I/98 834 697 542 II/98 809 631 493 III/98 764 651 474 IV/98 882 534 420

Im Durchschnitt habe die Klägerin im vorgenannten Zeitraum 778,17 Fälle pro Quartal, Herr M. 624,75 Fälle pro Quartal abgerechnet. Die Anzahl der gemeinsamen Fälle liege im Durchschnitt bei 470,67.

Aus weiteren im Bescheid enthaltenen tabellarischen Aufstellungen geht hervor, dass von den 450 gemeinsamen Originalfällen im Quartal 1/96 346 am selben Tag eingelesen worden waren und in 174 Fällen Behandlungen am selben Tag in beiden Praxen erfolgt waren. In den einzelnen Quartalen ergaben sich die nachstehenden Zahlen: Quartal Gemeinsame gleiches am selben Tag in beiden Originalscheine Einlesedatum Praxen behandelt I/96 450 346 174 II/96 387 377 108 III/96 458 426 148 IV/96 467 449 202 I/97 494 479 96 II/97 515 501 75 III/97 479 457 29 IV/97 465 451 83 I/98 542 525 70 II/98 493 480 47 III/98 474 454 46 IV/98 420 405 36

Die Beklagte führt dazu aus, für die Doppelbehandlungen hätte keine Veranlassung bestanden, da beide Ärzte hausärztlich tätig gewesen seien.

Des Weiteren enthält der Bescheid eine umfangreiche Aufbereitung von Einzelfällen, aus der nach der Auffassung der Beklagten hervorgeht, dass bei einer Vielzahl von Patienten in beiden Praxen identische Leistungen oftmals auch unter Verwendung gleichlautender Diagnoseangaben abgerechnet worden seien. Die Klägerin habe daher eine Vielzahl von Leistungen bzw. Gebühren zur Abrechnung gebracht, auf die sie keinen Anspruch gehabt habe. Das Vertrauen in die Richtigkeit der von der Klägerin eingereichten Abrechnungen und der jeweiligen Sammelerklärungen für die Quartale 1/96 bis 4/98 sei erschüttert. Die Sammelerklärungen hätten ihre Garantiefunktion völlig verloren, weil die Falschabrechnungen nicht auf einem bloßen Versehen beruhen könnten. Die Honorarbescheide seien deshalb aufzuheben.

Bei der damit notwendigen Neufestsetzung der Honorare errechnete die Beklagte zunächst die beiden Ärzten zusammen zustehende Honorarmenge in der Weise, dass das von der größeren Praxis (der der Klägerin) abgerechnete Honorar in vollem Umfang als berechtigt angesehen wurde. Hinzu kamen für die kleinere Praxis Honorare für diejenigen Fälle, die nur in der kleineren Praxis (M.) behandelt wurden (Solitärfälle) und zusätzlich anzuerkennende Fälle, die zwar von beiden Ärzten behandelt worden waren, bei denen es sich jedoch um Überweisungen, Notfälle oder genehmigte Vertreterfälle gehandelt hatte. Das Honorar für diese Fälle wurde durch Multiplikation der Anzahl der Solitärfälle und Sonderfälle mit dem durchschnittlichen Fallwert der kleineren Praxis errechnet und zum Honorar der Klägerin (größere Praxis) hinzugerechnet. Ferner wurde noch ein 5 %-iger Zuschlag für Unwägbarkeiten darauf gesetzt. Diese Summe bildete das neu festzusetzende Honorar für die Behandlungstätigkeit beider Praxen. Diese wurde von dem tatsächlich von beiden Praxen zusammen angeforderten Honorar abgezogen und die somit ungerechtfertigt erhaltene Differenz im Verhältnis der ursprünglichen Honoraranforderungen auf beide Praxen verteilt. Dadurch ergab sich, wie beispielhaft auf S.13 des Bescheids festgestellt wird, im Quartal 2/97 zu Lasten der Klägerin eine Überzahlung von 24.234,04 DM. Diese Berechnung wurde für sämtliche Quartale ausgeführt und die Honorare in der nach Abzug der Überzahlung verbleibenden Höhe neu festgesetzt. Für die Klägerin ergab sich eine Gesamtrückforderung in Höhe von 244.927,88 DM.

Den dagegen erhobenen Widerspruch hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2002 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf den Erstbescheid Bezug genommen. Nach sämtlichen Erkenntnissen sei die Praxisgemeinschaft wie eine Gemeinschaftspraxis geführt worden.

In der dagegen beim Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage trug die Klägerin u.a. vor, die Praxis habe einen extrem hohen Anteil von Patienten aus dem Balkan und dem südöstlichen Mittelmeerraum. Diese seien häufig nicht in der Lage, komplexere Anweisungen eines deutschen Arztes sprachlich zu verstehen. Die Klägerin verfüge jedoch über einschlägige Sprachkenntnisse. Patientenspezifisch sei die Quote der akuten Erkrankungen weit überdurchschnittlich gewesen. Dadurch habe sich die Notwendigkeit ergeben, Behandlungen sofort durch den jeweils anwesenden Arzt unmittelbar durchzuführen. Ein erheblicher Anteil der gemeinsamen Behandlungen resultiere auch aus der Tatsache, dass die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme häufig halbtageweise, manchmal auch Tage und Wochen ausgefallen sei. Deswegen und wegen des hohen Arbeitsdrucks bei dem allein verbliebenen Partner M. seien die Formvorschriften für die Praxisvertretung nicht richtig angewendet worden. Ein erheblicher Anteil der gemeinsamen Patienten mit Originalscheinen stelle sich bei fachgerechter Würdigung als Vertretungsfälle dar. Im Übrigen habe sich aufgrund des unterschiedlichen Behandlungsspektrums, insbesondere der Sonographie, die Notwendigkeit einer Weiterbehandlung durch den Partner M. gezeigt. Es sei natürlich, dass in Fällen dieser Art die gleichen Diagnosen eingetragen seien. Die freie Arztwahl der Patienten sei nicht beeinträchtigt worden. Wegen der freien Arztwahl dürfe ein Arzt nicht die Patienten davon abhalten, einen anderen Arzt aufzusuchen, wenn sie dies wünschten.

Das SG hat mit Urteil vom 26. April 2004 den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2002 hinsichtlich der Aufhebung der Honorarbescheide und der Neufestsetzung der Honorare für die Quartale 3 und 4/96 aufgehoben, weil insoweit die vierjährige Ausschlussfrist nach Bekanntgabe der Honorarbescheide abgelaufen gewesen sei und im Übrigen die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Aufhebung und Neufestsetzung seien die §§ 45 Abs.2 des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä) bzw. 34 Abs.4 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä). Auf dieser Grundlage könnten Honorarbescheide im Vertragsarztrecht auch nachträglich innerhalb eines Vierjahreszeitraums seit Bekanntgabe sachlich-rechnerisch richtiggestellt werden. Eine Honorarabrechnung sei unrichtig abgegeben, wenn der abrechnende Vertragsarzt die Erklärung über die ordnungsgemäße Erbringung und Abrechnung der geltend gemachten Leistungen (Abrechnungssammelerklärung) vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtig abgegeben habe. Mit dieser bestätige er der Abrechnungsstelle, die nur eingeschränkte Möglichkeiten der Überprüfung besitze, die sachliche Richtigkeit des Ansatzes sowie die persönliche Leistungserbringung. Die Honorarabrechnungen der Klägerin seien unrichtig, denn sie und ihr Praxisgemeinschaftspartner hätten die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinschaftlich ausgeübt, ohne dass hierfür eine Genehmigung bestanden habe. Es liege ein fortgesetzter und systematischer Verstoß gegen die Überweisungs-/Zuweisungsregelung der Bundesmantelverträge vor sowie eine Verletzung der Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. Das stehe nach Überzeugung der Kammer aufgrund des hohen Anteils von am gleichen Tag von beiden Praxen behandelten und abgerechneten Patienten und aufgrund der hohen Quote der gemeinsamen Patienten im Quartal in Zusammenschau mit der Auswertung des Leistungsbildes fest. Beide Praxen wiesen das normale hausärztliche Leistungsspektrum auf. Lediglich Sonographieleistungen dürften nur vom Partner M. erbracht werden. Diese spielten jedoch zahlenmäßig eine untergeordnete Rolle. Auffällig sei, dass beide Ärzte als einzige Leistung zumeist nur eine Nr.1 oder Nr.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) zur Abrechnung brächten. In der geringen Zahl der Fälle, in denen darüber hinaus weitere Leistungen angefordert würden, würden diese durch eine Praxis abgerechnet, während die weitere Praxis eine Pauschalziffer oder eine Gesprächsleistung ansetze. Die Tatsache der Doppeleinlesung der Versicherungskarte in der überwiegenden Mehrzahl der Behandlungsfälle sowie der im Klageverfahren vorgelegte Tagesspiegel verstärkten den Eindruck, dass die Organisationsstruktur der Praxis nicht auf eine Trennung der Patientenklientel bei Berücksichtigung der freien Arztwahl der Patienten und gleichzeitiger Trennung im Rahmen der elektronischen Erfassung angelegt gewesen sei. Zwar sei hinsichtlich der am gleichen Tag erfolgten Doppelbehandlungen ab dem 1. Quartal 1997 eine deutliche Reduzierung erfolgt, doch bleibe sowohl die Quote der im Quartal gemeinsam behandelten Patienten (Originalfälle) als auch das Bild der abgerechneten Leistungen in etwa gleich. Das Absinken könne auf einer krankheitsbedingten Minderung der Anwesenheit der Klägerin beruhen. Die Kammer wolle nicht ausschließen, dass zunächst durch die Klägerin behandelte Patienten in Einzelfällen durch den Partner im weiteren Verlauf des Quartals weiterbehandelt werden mussten, weil die Klägerin bei Wiedervorstellung nicht präsent war bzw. fremdbehandelte Patienten sich später wieder bei der Klägerin vorgestellt haben. Dieser Sachverhalt erscheine jedoch nur in den kurzen Arbeitsunfähigkeitszeiten vorstellbar, in denen die abwesende Klägerin nicht durch die Sicherstellungsassistentin vertreten war. Diese Einzelfälle ebenso wie die wenigen durch den Partner M. erbrachten Sonographieleistungen sehe die Kammer durch den 5 %-igen Zuschlag im Rahmen der Honorarneufestsetzung als abgegolten. Der Vertragsarzt könne keine Honorierung solcher Leistungen fordern, die unter Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten erfolgt seien. Nach allem stellten sich die Abrechnungssammelerklärungen, die Honorarabrechnungen sowie die Honorarbescheide der streitbefangenen Quartale als unrichtig dar und seien deshalb aufzuheben gewesen. Auch die Honorarneufestsetzungen hielten einer rechtlichen Überprüfung stand. Hierbei sei das gegenüber der Klägerin und Herrn M. zusammen festgesetzte Honorar dem tatsächlichen Honorar der Einzelpraxis der Klägerin gegenübergestellt worden. Zusätzlich seien diejenigen Leistungsansätze des M. einbezogen worden, die auf den von ihm allein betreuten Behandlungsfällen (Solitärfälle) sowie Überweisungs- und Vertreterfällen beruhten und sodann noch ein 5 %-iger Zuschlag. Im Ergebnis sei damit nur derjenige Honoraranteil entzogen worden, der auf die zweite Behandlung von Überschneidungsfällen auf Originalschein in der kleineren Praxis entfallen sei. Diese Vorgehensweise sei im Rahmen der Schätzungsbefugnis der Beklagten zu billigen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 06.08.2004 zugestellte Urteil am 01.09.2004 durch ihren Bevollmächtigten Berufung eingelegt. Dieser führt aus, dem streitgegenständlichen Plausibilitätsverfahren fehle es bereits an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. März 2000 (Az.: B 6 KA 16/99 R) sei die Plausibilitätsprüfung kein eigenständiges Honorarberichtigungsverfahren. Die festgestellte Implausibilität führe auch nicht zu einer Beweislastumkehr. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts liege auch keine sachlich-rechnerische Berichtigung vor. Die Frage, ob den betroffenen Ärzte bei der Wahl der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft gemäß § 33 Abs.1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) ein Gestaltungsmissbrauch vorgeworfen werden könne, könne schon begrifflich nicht Gegenstand eines sachlich-rechnerischen Berichtigungsverfahrens sein. Bezüglich der angeblichen Doppelbehandlung gebe es nur bestrittene Behauptungen der Beklagten, aber keine gesicherten Feststellungen. Es treffe nicht zu, dass die Klägerin und ihr Partner innerhalb der Praxisgemeinschaft jeweils identische Leistungen bei den Patienten abgerechnet hätten. Das Erstgericht unterstelle ihnen ohne jede Prüfung praktisch ein kollusives Zusammenwirken. Die Beklagte nehme zu Unrecht einen Wegfall der Garantiefunktion der Abrechnungserklärung an. Der hierfür notwendige Nachweis einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Falschabrechnung liege nicht vor. Es stehe nicht fest, dass die Beklagte befugt sei, das Honorar der Klägerin gemäß § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) in freier Beweiswürdigung festzusetzen. Darüber hinaus sei die vorgenommene Schätzung in sich unschlüssig. Die Beklagte billige der Praxisgemeinschaft insgesamt nur das Basishonorar der größeren Praxis und das Honorar für die so genannten Solitärfälle der jeweils kleineren Praxis zuzüglich eines 5 %-igen Zuschlags für Unwägbarkeiten zu. Als Solitärfälle bezeichne sie nur die Fälle, die allein von dem Praxisgemeinschaftspartner der Klägerin behandelt und abgerechnet worden seien. Diese Abrechnungsweise entspreche gerade nicht der Abrechnung einer Gemeinschaftspraxis und sei damit unschlüssig und falsch. Damit verweigere die Beklagte die Abrechnung für diejenigen ärztlichen Leistungen, die der Praxispartner der Klägerin als fiktiver Gemeinschaftspraxispartner in gemeinsamer Behandlung mit der Klägerin erbracht habe. Es fehle also ein wesentlicher Teil der abrechnungsfähigen Leistungen einer fiktiven Gemeinschaftspraxis. Würde sich die Beklagte ihren Ausführungen entsprechend an der Abrechnungsfähigkeit von Leistungen innerhalb einer Gemeinschaftspraxis ausrichten, so könnte sie nur diejenigen Leistungen kürzen, die in der Gemeinschaftspraxis pro Quartal nur einmal abgerechnet werden dürften. In erster Linie sei dies die Ordinationsgebühr, ferner gegebenenfalls Überschneidungen bei der Konsultationsgebühr und möglicherweise einige wenige weitere Ziffern, keinesfalls aber 95 % der gemeinsam erbrachten Leistungen. Tatsächlich kürze die Beklagte aber 95 % (100 % - 5 % Abschlag) der Leistungen, die die kleinere Praxis als fiktive Gemeinschaftspraxis der Klägerin erbracht habe.

In der mündlichen Verhandlung des Senats am 7. Dezember 2005 hat der Bevollmächtigte der Klägerin angegeben, es habe in der Praxisgemeinschaft nur einen Computer aber mit zwei Ästen gegeben. Der Partner der Klägerin, der praktische Arzt M., hat dazu ausgeführt, es habe nur ein Einlesegerät gegeben und die Arzthelferin habe beim Einlesen einstellen müssen, ob für Praxis A oder für B eingelesen wurde. Weiter hat er angegeben, die Praxen hätten eine zentrale Telefonnummer, ein Wartezimmer und nur einen Empfangsraum gehabt. Zur Zeit der Gemeinschaftspraxis habe es natürlich nur einen Karteikasten gegeben. Nach Abänderung in die Praxisgemeinschaft habe man dann zwei Karteikästen verwendet und auf den Karteikarten mit farbigen Punkten gekennzeichnet, welcher Patient zu welcher Praxis gehöre.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16.01.2006 Zusammenführungen gemeinsamer Patienten für die Quartale 1/96 bis 4/98, soweit sie nicht schon vorlagen (2/97 und 1/98) vorgelegt, sowie für alle Quartale Tagesprofile. Des Weiteren hat sie die Sprechzeiten der Ärzte ausweislich des Arztregisters mitgeteilt. Danach hatten beide Ärzte montags und dienstags von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr Sprechstunde, die Klägerin darüber hinaus am Donnerstag von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr und von 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr. Der praktische Arzt M. hat zusätzlich am Montagnachmittag von 15.00 bis 18.00 Uhr Sprechstunden abgehalten, am Mittwoch von 8.30 bis 12.00 Uhr und von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr sowie am Freitag von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr. Donnerstags war er sprechstundenfrei. Darüber hinaus war bei beiden Ärzten "nach Vereinbarung" angegeben.

Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 10.04.2006 die Auflistung der Beklagten von am gleichen Tag in beiden Praxen behandelten Patienten und die Auflistung von Fällen mit gleichem Einlesedatum mit Nichtwissen bestritten, gleichwohl aber ausgeführt, nach den Angaben der Beklagten seien es durchschnittlich 470 gemeinsame Fälle pro Quartal gewesen. Zusammen hätten die Praxen durchschnittlich aber 1.402 Fälle gehabt, also nur 33 % gemeinsame. Aus den Tagesprofilen ergebe sich kein Nachweis für eine Steuerung der Patienten. In den Jahren 1997/1998 habe die Arbeitsfähigkeit der Klägerin wegen schwerer Krankheit mit Chemotherapie sehr starken Schwankungen unterlegen. Sie habe Behandlungen abbrechen bzw. ihrem Partner überlassen müssen und habe oft die Sprechstunden nicht wahrnehmen können. Dadurch sei oft die Behandlung eines Patienten durch beide Ärzte notwendig geworden. Bei Umstellung der Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft zu Beginn des Jahres 1996 sei das Computersystem von einer Fachfirma umgestellt worden. Diese habe geraten, die Karteikarten vorsorglich in beiden Praxen einzulesen und gegebenenfalls wieder zu löschen. Die Verwendung desselben Eingabegerätes sei nicht verboten. Nach der Umwandlung in eine Praxisgemeinschaft sei die Kartei auf zwei Kästen aufgeteilt worden und die Karten unterschiedlich farblich markiert worden. In beiden Praxen habe es getrennte Bestellbücher gegeben. Die Empfangskraft am Telefon habe die Patienten gefragt, zu welchem Arzt sie wollten. Die Schätzung der Honorare durch die Beklagte sei unschlüssig. Im Quartal 2/97 sei das Honorar für beide Praxen auf 79.743,00 DM statt 126.346,93 DM festgesetzt worden, also um 40 % gekürzt worden. Damit würden 504 Fälle nicht honoriert. Das sei überzogen. Wenn den Ärzten vorgeworfen werde, sie hätten die Praxisgemeinschaft wie eine Gemeinschaftspraxis geführt, dann hätte bei jedem in beiden Praxen behandelten Fall nur jeweils ein Ordinationskomplex und eine Konsultationsgebühr gestrichen werden dürfen. Tatsächlich habe aber die Beklagte alle Leistungen der gemeinsam behandelten Patienten gestrichen. Es handele sich um eine mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbare Strafschätzung. Bei der Klägerin werde dies zur Insolvenz führen. Mit weiterem Schriftsatz vom 06.06.2006 hat der Klägerbevollmächtigte eine Berechnung vorgelegt, nach der bei Behandlung der Praxen als faktische Gemeinschaftspraxis nicht 244.937,88 DM, sondern nur 92.203,62 DM zurückzuzahlen wären.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 26. April 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat mit Schriftsatz vom 18. Januar 2007 ausgeführt, praktisch hätten die Ärzte nach der Umwandlung der Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft zum 01.01.1996 ihre Tätigkeit wie bisher fortgesetzt. Durchschnittlich seien es 60 % gemeinsame Fälle pro Quartal gewesen. Nach dem Urteil des BSG vom 22.03.2006, Az.: B 6 KA 76/04 R, bestehe bei der Umwandlung einer Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft eine besondere Hinweispflicht gegenüber den Patienten. Dies sei nicht geschehen. Die Klägerin habe dies zugegeben und auf sprachliche Probleme verwiesen. Ein zulässiger Behandlerwechsel sei im vorliegenden Fall nur zum Zweck der Sonographie denkbar, weil diese nur von Herrn M. vorgehalten werde. In 2/97 seien Sonographien nur in 54 von 515 gemeinsamen Fällen erbracht worden. Bei diesen lägen keine Überweisungsscheine sondern Originalscheine vor. Die Gestaltung der Sprechzeiten sei typisch für Gemeinschaftspraxen. Es sei immer einer der Ärzte da. Die Patienten hätten sich nach den eigenen Angaben der Klägerin immer an den Arzt gewandt, der gerade da war. Dies mache deutlich, dass die Klägerin und Herr M. ihre Praxen nicht als Einzelpraxen, sondern faktisch als Gemeinschaftspraxis geführt hätten. Durch die missbräuchliche Nutzung des Status der Praxisgemeinschaft und die missbräuchliche Steuerung der Patienten habe die Klägerin unberechtigte Honorarfolgen ausgelöst. Damit seien die Sammelerklärungen falsch, denn damit bestätige der Arzt auch die Erbringung der Leistungen unter Beachtung der vertragsärztlichen Vorschriften. Es handele sich nicht um ein einfaches Versehen, sondern um die systematische und geplante Nutzung von Honoraroptimierungsmöglichkeiten. Damit seien die Garantiefunktion der Sammelerklärungen entfallen und die Honorarbescheide aufzuheben gewesen. Bezüglich der Neufestsetzung der Honorare widerspricht die Beklagte der von Klägerseite vorgelegten Berechnung. Sie stellt ausführlich die Abläufe der Berechnung der vertragsärztlichen Honorare insbesondere bei Gemeinschaftspraxen und Praxisgemeinschaften unter Berücksichtigung der Budgetregelungen u.a. nach dem EBM und auch nach dem Honorarverteilungsmaßstab (HVM) dar und kommt zu dem Ergebnis, dass die Zusammenfassung der Abrechnungen und die Abrechnung wie bei einer Gemeinschaftspraxis nur mit unverhältnismäßigem Aufwand und Kosten möglich sei. Es sei zweifelhaft, ob damit ein nennenswerter Erkenntnisgewinn gegenüber der angewendeten und vom Sozialgericht bestätigten Methode erzielt würde.

Dazu hat sich nochmals die Klägerseite geäußert und darauf hingewiesen, dass in dem der von der Beklagten genannten Entscheidung des BSG zugrunde liegenden Fall die dortige Beklagte die Honorare so neu berechnet habe, wie sie bei einer Gemeinschaftspraxis angefallen wären. Das zeige, dass dieses möglich wäre. Praxisbudgets habe es erst seit dem 3. Quartal 1997 gegeben. Davor seien nur einzelne Leistungen, z.B. die EBM-Nr.60 a.F. budgetiert gewesen. Wesentliche Umsatzanteile hätten nicht der Budgetierung unterlegen. Der von der Beklagten errechnete Kürzungsbetrag sei um Größenordnungen zu hoch. Es müsse davon ausgegangen werden, dass alle abgerechneten Leistungen einen Honoraranspruch ausgelöst hätten. Nur bei der hausärztlichen Grundvergütung (Nr.8066) und beim Ordinationskomplex hätten sich Änderungen ergeben, wobei statt dessen der Konsultationskomplex berechnungsfähig gewesen wäre.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akte des Sozialgerichts München mit dem Az.: S 42 KA 893/02 sowie die Berufungsakte mit dem Az.: L 12 KA 563/04 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber unbegründet.

Es kann dahingestellt bleiben, ob das SG den Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten bezüglich der Aufhebung (und Neuberechnung bzw. Rückforderung) der Quartale 3 und 4/96 zu Recht aufgehoben hat, (ausweislich der Bescheidsdaten ergingen die Honorarbescheide erst 1997), denn insoweit ist das Ersturteil bestandskräftig, da die Beklagte nicht in die Berufung gegangen ist. Bezüglich der ersten zwei Quartale des Jahres 1996 greift die vierjährige Ausschlussfrist (vgl. BSG vom 12.12.2001, = SozR § 82 Nr.3) nicht, denn die Honorarbescheide für diese Quartale ergingen wegen der bei Einführung des damals neuen EBM 96 erfolgten massiven Zunahme der angeforderten Punktmenge und der Problematik der nachträglichen Budgetierung erst im Jahr 1998. Insoweit und bezüglich der Quartale der Jahre 1997 und 1998 hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen.

In diesem Rechtsstreit geht es um den bei einer Plausibilitätsprüfung festgestellten Missbrauch der Rechtsform der Praxisgemeinschaft. Nach § 83 Abs.2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 waren in den Gesamtverträgen auch Verfahren zu vereinbaren, die die Prüfung der Abrechnung der Vertragsärzte auf Rechtmäßigkeit durch Plausibilitätskontrollen der Kassenärztlichen Vereinigungen, insbesondere auf der Grundlage von Stichproben ermöglichten. Dabei waren Anzahl und Häufigkeit der Prüfungen festzusetzen. (Später - ab 1. Januar 2000 - wurde ein Satz 3 angefügt, wonach Gegenstand der Prüfung nach Satz 1 insbesondere die Überprüfung des Umfangs der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand ist. Um diese Problematik geht es im vorliegenden Fall nicht.) In Ausführung dieses gesetzlichen Auftrags haben die Parteien der Bundesmantelverträge in § 46 BMV-Ä bzw. § 42 EKV-Ä vereinbart, dass den Kassenärztlichen Vereinigungen auch die Prüfung der Rechtmäßigkeit der ärztlichen Abrechnung durch Plausibilitätskontrollen nach den in den Gesamtverträgen vereinbarten Verfahren (z.B. durch Stichproben) obliege. Eine entsprechende gesamtvertragliche Regelung auf Landesebene findet sich für den Zuständigkeitsbereich der Beklagten in § 10 Gesamtvertrag Regionalkassen (GV-RK) bzw. § 8 Gesamtvertrag-Ersatzkassen (GV-EK) in Verbindung mit der dazu vereinbarten Anlage 9. Diese Regelungen betreffen im Wesentlichen die Auswahl der zu prüfenden Ärzte, die Kriterien und das Verfahren der Plausibilitäts-prüfung. Sie enthalten keine Ermächtigung zur Berichtigung der Honoraranforderungen bzw. Aufhebung und Neufestsetzung von Honorarbescheiden. Die Plausibilitätsprüfung stellt damit kein weiteres eigenständiges Prüfverfahren neben der Wirtschaftlichkeitsprüfung und der Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit dar (vgl. BSG Urteil vom 8. März 2000, Az.: B 6 KA 16/99 R, SozR 3-2500 § 83 Nr.1).

Rechtsgrundlage für Honoraraufhebungs- oder Änderungsbescheide nach einer Plausibilitätsprüfung sind vielmehr die Bestimmungen der Bundesmantelverträge über die Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung (§ 45 Abs.2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs.4 Sätze 1 und 2 EKV-Ä), die in ihrem Anwendungsbereich die Regeln des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verdrängen (BSG, st. Rspr., z.B. Urteil vom 28. September 2005, Az.: B 6 KA14/04R, SozR 4-5520 § 32 Nr.2). Nach diesen im Regional- und Ersatzkassenbereich im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften hat die Kassenärztliche Vereinigung die Aufgabe, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und gegebenenfalls richtig zu stellen. Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen, d.h. die Kassenärztliche Vereinigung kann, soweit Honorarbescheide erlassen wurden, diese ganz oder teilweise ändern oder zurücknehmen und gegebenenfalls neu erlassen (BSG a.a.O.). Die Richtigstellung kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse erfolgen (vgl. BSGE 89, 90, 93 f., SozR 3-2500 § 82 Nr.3 S.6). Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderungen auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht nicht nur im Fall rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch die Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale und inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung erbracht und abgerechnet hat. Das BSG hat das Rechtsinstitut der sachlich-rechnerischen Richtigstellung z.B. bei Abrechnung fachfremder Leistungen oder qualitativ mangelhafter Leistungen ebenso für anwendbar erachtet, wie auch bei durch nicht genehmigte Assistenten erbrachten Leistungen und bei Aufrechterhaltung einer übergroßen Praxis mit Hilfe eines Assistenten sowie insbesondere auch im Fall der Leistungserbringung in Form einer Praxisgemeinschaft, obwohl die ärztliche Tätigkeit tatsächlich wie in einer Gemeinschaftspraxis erfolgt ist (Urteil vom 22. März 2006, Az.: B 6 KA 76/04 R, SozR 4-5520 § 32 Nr.6). In dieser Entscheidung führt das BSG u.a. aus, die beklagte Kassenärztliche Vereinigung habe die sachlich-rechnerische Richtigstellung zu Recht darauf gestützt, dass sich der Kläger wegen der praktizierten Form der Kooperation durch pflichtwidriges Verhalten bei der Ausgestaltung der beruflichen Zusammenarbeit und bei der Erfüllung des spezifischen hausärztlichen Versorgungsauftrags vertragsärztliches Honorar verschafft habe, das er nicht hätte erzielen können, wenn die Zusammenarbeit korrekt durchgeführt worden wäre (a.a.O. Rdnr.12).

So liegt es auch im vorliegenden Fall. Die Klägerin und der praktische Arzt M. haben bis zum 31.12.1995 eine Gemeinschaftspraxis geführt. Diese wurde zum 01.01.1996 in eine Praxisgemeinschaft umgewandelt, also zwei rechtlich selbständige Praxen, ohne dass sich dadurch an der gemeinschaftlichen Praxisführung und Behandlungsweise der Ärzte etwas Nennenswertes geändert hätte. Für die berufliche Kooperation im Status der Gemeinschaftspraxis ist kennzeichnend, dass sich mehrere Ärzte des gleichen Fachgebiets oder ähnlicher Fachgebiete (hier Allgemeinärztin und Praktischer Arzt, also zwei Hausärzte) zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung des ärztlichen Berufs in einer Praxis zusammenschließen, wobei über die gemeinsame Nutzung der Praxiseinrichtung sowie die gemeinsame Beschäftigung von Personal hinaus die gemeinschaftliche Behandlung von Patienten, eine einheitliche Patientenkartei und gemeinsame Abrechnung in den Vordergrund treten (vgl. § 33 Abs.2 Satz 1 Ärzte-ZV). Diese Form der Zusammenarbeit bedarf der vorherigen Genehmigung durch den Zulassungsausschuss (§ 33 Abs.2 Satz 2 Ärzte-ZV). Typisch für die Gemeinschaftspraxis ist, dass der Versicherte wechselweise von allen Mitgliedern der Praxis behandelt werden kann, ohne dass es sich dabei um mehr als einen (gemeinsamen) Behandlungsfall handelt. Das führt dazu, dass bestimmte Leistungen, die pro Quartal nur einmal abrechenbar sind, in der Gemeinschaftspraxis insgesamt nur einmal abgerechnet werden können, und dass insbesondere auch die Hausarztpauschale nur einmal pro Quartal anfällt. Demgegenüber handelt es sich bei der Praxisgemeinschaft um eine Organisationsform, die nicht der gemeinsamen, in der Regel jederzeit austauschbaren ärztlichen Behandlung an gemeinsamen Patienten dient, sondern der gemeinsamen Nutzung von Praxisräumen und -einrichtungen sowie der gemeinsamen Beschäftigung von Hilfspersonal mit dem vorrangigem Zweck, bestimmte Kosten zur besseren Ausnutzung der persönlichen und sachlichen Mittel auf mehrere Ärzte umzulegen (vgl. BSG a.a.O., Rdnrn.14 und 15 m.w.N.).

Tatsächlich haben der Praktische Arzt M. und die Klägerin bzw. ihr Vertreter bzw. ihre Assistentin auch nach der Änderung der Rechtsform in eine Praxisgemeinschaft weiterhin wie in einer Gemeinschaftspraxis zusammen gearbeitet. Das geht aus dem umfangreichen von der Beklagten erhobenen und im Wesentlichen nicht substantiiert bestrittenen Datenmaterial zweifelfrei hervor. Danach hatte die Klägerin in den der Plausibilitätsprüfung zugrunde liegenden Quartalen von 1/96 bis 4/98 durchschnittlich 780 Behandlungsfälle; ihr Praxisgemeinschaftspartner M. hatte durchschnittlich 625 Behandlungsfälle, 470 Fälle wurden davon in beiden Praxen behandelt. Das ist ein Anteil an gemeinsamen Originalfällen, der deutlich über den in § 11 Abs.2 der Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfung der Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen (Plausibilitätsrichtlinien) genannten Prozentsätzen von 20 % Patientenidentität bei versorgungsbereichsidentischen Praxen bzw. 30 % Patientenidentität bei versorgungsbereichs-übergreifenden Praxen liegt. Der Anteil liegt auch sowohl bezogen auf die Praxis der Klägerin als auch auf die des M. deutlich über jenen 58 %, bei denen das BSG in seinem Urteil vom 22. März 2006 (a.a.O.) eine missbräuchliche Nutzung der Rechtsform der Praxisgemeinschaft bestätigt hat. Der Rechnung des Klägerbevollmächtigten, wonach bei zusammengerechnet durchschnittlich 1.400 Fällen beider Praxen die Anzahl der gemeinsam behandelnden Fälle nur bei 33 % liege, kann nicht gefolgt werden. Denn bei dieser Berechnung werden die gemeinsamen Fälle sowohl bei der Klägerin als auch bei ihrem Partner berücksichtigt und sodann zusammengerechnet, bei der Ermittlung der Gesamtfallzahl beider Praxen also zweimal gezählt. Richtigerweise kann bei der Frage, wie viele Patienten gemeinsame sind, und ob dies noch nach ärztlicher Erfahrung plausibel ist, nur auf die jeweils kleinere Praxis abgestellt werden, wie der Senat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 28. März 2004 (Az.: L 12 KA 216/04) eingehend dargelegt hat. Das liegt auf der Hand, denn sonst könnte bei stark unterschiedlicher Praxisgröße - selbst wenn in der kleineren Praxis ausschließlich Fälle abgerechnet würden, die auch in der größeren zur Abrechnung gelangen - das Verhalten der größeren Praxis überhaupt nicht beanstandet werden (Beispiel: größere Praxis 1.000 Fälle, kleinere Praxis 100 Fälle, alle werden auch in der größeren Praxis behandelt, Anteil der gemeinsamen Fälle in der kleinen Praxis 100 % in der großen Praxis 10 %). Eine unter Verstoß gegen den Zulassungsstatus erfolgte Doppelbehandlung ist aber zwangsläufig nicht nur in der kleineren, sondern auch in der größeren Praxis ein rechtswidriges Verhalten, so dass auch in dieser sachlich-rechnerische Berichtigungen erfolgen können. Im vorliegenden Fall ergibt sich bezogen auf die Praxis des M. ein Anteil von gemeinsam auf Originalschein behandelten Fällen in Höhe von 66,67 % (1/96) bis 83,47 % (2/97). Im Durchschnitt wurde in den zwölf der Untersuchung zugrunde liegenden Quartalen 75 % der Behandlungsfälle des M. auch in der Praxis der Klägerin auf Originalschein behandelt. Hinzu kommt, dass von den 5.644 gemeinsamen Originalfällen bei 5.350 Fällen die Krankenversicherungskarte am selben Tag eingelesen wurde. Eine große Anzahl von Patienten (zwischen 36 in 4/98 und 202 in 4/96 wurde sogar von beiden Ärzten am selben Tag in beiden Praxen behandelt. Besonders häufig geschah dies im Jahre 1996, also noch vor der Erkrankung der Klägerin, wo sie die Praxistätigkeit ausschließlich selber ausgeübt hat. In der Folgezeit hatte sie krankheitsbedingt zeitweilig einen Vertreter bzw. eine Sicherstellungsassistentin. Hier ging die Anzahl der am gleichen Tag behandelten Fälle deutlich zurück.

Allein aufgrund dieser Zahlen steht für den Senat fest, dass die Praxen der Klägerin und des M. auch nach der Umwandlung in eine Praxisgemeinschaft wie bisher in Form einer Gemeinschaftspraxis geführt wurden, also unter Verstoß gegen den geltenden Zulassungsstatus und unter rechtsmissbräuchlicher Ausnützung der Rechtsform der Praxisgemeinschaft. Der Senat folgt damit dem schon wiederholt zitierten Urteil des BSG vom 22. März 2006, Az.: B 6 KA 76/04 R, in dem dieses u.a. aus § 11 Abs.2 der Plausibilitätsrichtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen (DÄ 2004, A - 2555), wo bereits eine Patientenidentität von 20 % bei fachgebietsgleichen bzw. 30 % bei fachgebietsübergreifenden Praxisgemeinschaften ein Aufgreifkriterium ist, geschlossen hat, dass jedenfalls dann, wenn zwei in der Rechtsform einer Praxisgemeinschaft kooperierende Vertragsärzte desselben Fachgebiets mehr als 50 % der Patienten in einem Quartal gemeinsam behandeln, tatsächlich die für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnende gemeinsame und gemeinschaftliche Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch Behandlung eines gemeinsamen Patientenstammes stattfindet. Dies trifft auf den hier vorliegenden Fall zu, denn beide Ärzte sind als Hausärzte zugelassen.

Im Übrigen bestätigt das Vorbringen der Klägerin im Klage- aber auch im Berufungsverfahren die statistisch gewonnene Erkenntnis, dass die ärztliche Tätigkeit nach der Umwandlung der Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft wie bisher weitergeführt wurde. So wurde die anhand der Abrechnungsunterlagen festgestellte zeitgleiche Einlesung der Versichertenkarte in beiden Praxen nicht bestritten, sondern mit dem Anraten der für die gemeinsame EDV zuständigen Firma begründet. Auch die Tatsache, dass eine Vielzahl der Patienten in beiden Praxen behandelt und dafür Leistungen abgerechnet wurden, hat die Klägerin nicht bestritten, sondern damit entschuldigt, dass die Patienten die Wahl gehabt hätten, zu welchem der Ärzte sie gehen wollten. Da sie vielfach der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig seien, habe ihnen nicht vermittelt werden können, dass sie sich für einen Hausarzt im jeweiligen Quartal zu entscheiden hätten. Des Weiteren wird vorgetragen, dass die Patienten zu dem jeweils gerade anwesenden oder gerade nicht beschäftigten Arzt gegangen seien, unabhängig davon, ob es der für sie zuständige Hausarzt war.

Dieses Vorbringen zeigt, dass die Klägerin und Herr M. den Behandlerwechsel der Patienten bewusst hingenommen wenn nicht gar gefördert haben. Dafür spricht etwa die routinemäßige zeitgleiche Einlesung der Versichertenkarten in beiden Praxen, die die Klägerin mit einem Rat der Computerfirma begründet hat. Dieses Vorbringen überzeugt nicht, denn es beantwortet nicht die Frage, warum der zweite Schritt des angeblich von der Computerfirma vorgeschlagenen Weges, die Karten vorsorglich in beiden Praxen einzulesen und die Einlesung ggf. später wieder rückgängig zu machen, in einer Vielzahl von Fällen offenbar unterblieben ist. Zudem geht aus der von der Beklagten erstellten Zusammenführung der in beiden Praxen abgerechneten Leistungen hervor, dass in der zweiten Praxis oftmals nur eine Nr.1 EBM eingetragen wurde. Das spricht für eine gezielte Fallzahlvermehrung, mit der Folge, dass neben dem Ordinationskomplex auch eine Hausarztpauschale anfiel.

Für eine bewusste Steuerung, zumindest aber Inkaufnahme des Verhaltens der Patienten, sich wechselweise in beiden Praxen behandeln zu lassen, spricht weiter die ungewöhnlich große Zahl der gemeinsamen Fälle. Es widerspricht jeglicher ärztlicher Erfahrung - insoweit stützt sich der Senat auf die Sachkunde seiner ärztlichen Beisitzer - dass es dem jeweiligen Behandler in so vielen Fällen nicht aufgefallen sein sollte, dass die von ihm/ihr behandelten Patienten auch beim Kollegen/der Kollegin in Behandlung waren. Dies wird von der Klägerin auch indirekt bestätigt, wenn sie auf das Recht der freien Arztwahl der Versicherten verweist und/oder auf deren sprachliche Probleme, also die ihr offenbar bekannten Doppelbehandlungen zu rechtfertigen versucht. Beide Argumente sind jedoch nicht geeignet das Verhalten der Klägerin zu rechtfertigen. Nach § 76 Abs.3 Satz 1 SGB V sollen die Versicherten den Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nicht ohne Grund wechseln. Auch wenn es sich hierbei nur un eine Sollbestimmung handelt, ist sie nicht rechtlich unverbindlich. Wenn mehr als die Hälfte der Patienten einer Praxis daneben in einer fachgleichen anderen Praxis sich behandeln lassen, ist dies mit § 76 Abs.3 Satz 1 SGB V jedenfalls nicht zu vereinbaren. Zwar wendet sich diese Bestimmung in erster Linie an den Versicherten, doch ergibt sich daraus zwanglos, dass der Vertragsarzt, wenn ihm solches zur Kenntnis kommt bzw. bei Beginn der Behandlung, den Patienten darauf hinweisen muss, vor allem aber auf keinen Fall berechtigt ist, einem solchen Verhalten auch noch Vorschub zu leisten, indem er den Patienten zum Praxisgemeinschaftspartner schickt oder den Wechsel zwischen den beteiligten Praxen bewusst hinnimmt (vgl. Urteil des Senats vom 28. März 2007, Az.: L 12 KA 216/04). Eine besondere Hinweispflicht gegenüber den Patienten, insbesondere bezüglich der Notwendigkeit der Wahl eines Hausarztes und der grundsätzlichen Unzulässigkeit des Wechsels während des Quartals besteht bei Ärzten, die ihre Praxis bisher in Form einer Gemeinschaftspraxis und nunmehr in zwei getrennten Praxen als Praxisgemeinschaft führen. Die nach außen gewählte (neue) Rechtsform muss im Praxisalltag transparent realisiert werden. Die Patienten sind unmissverständlich auf die Änderung der Rechtsform hinzuweisen (BSG vom 22. März 2006, Az.: B 6 KA 76/04 R, Rdnr.19).

Speziell für den Fall der hausärztlichen Versorgung - die Klägerin und M. sind beide Hausärzte - ergibt sich die Pflicht zur Festlegung auf einen bestimmten Hausarzt zwingend aus § 76 Abs.3 Satz 2 SGB V. Danach wählt der Versicherte einen Hausarzt. Das nebeneinander von zwei Hausärzten kommt schon begrifflich nicht in Betracht und widerspräche dem Hausarztkonzept, wonach die ärztliche Betreuung und die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen in einer Hand sein soll (vgl. § 73 Abs.1 Satz 2 SGB V). Nach § 76 Abs.3 Satz 3 SGB V wären die Ärzte verpflichtet gewesen, die Versicherten über Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung vorab zu informieren und damit auch über die Verpflichtung des Versicherten, einen bestimmten Hausarzt zu wählen. Das haben sie offensichtlich nicht getan. Vielmehr geht aus den Ausführungen der Klägerin hervor, dass diese selber die Behandlung durch beide Ärzte nicht für regelwidrig gehalten hat. Schon aus diesem Grund ist der Hinweis auf angeblich bei den Patienten bestehende sprachliche Probleme nicht überzeugend zumal die Klägerin ausdrücklich hervorgehoben hat, dass sie über die erforderlichen Sprachkenntnisse verfüge. Im übrigen wäre es für den jeweils zweitangegangenen Arzt in der Regel durchaus möglich gewesen, die Behandlung zu verweigern und die Patienten auf die andere Praxis zu verweisen. Dafür sind weitergehende Sprachkenntnisse nicht erforderlich. Soweit dies in einzelnen (Not-)Fällen aus medizinischen Gründen nicht möglich gewesen sein sollte, wird dem von der Beklagten bei der Neufeststellung der Honorare mit dem 5 %igen Sicherheitszuschlag ausreichend Rechnung getragen.

Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin und ihr Praxisgemeinschaftspartner M. in den Jahren 1996 bis 1998 ihre ärztliche Tätigkeit unter missbräuchlicher Verwendung des Rechtsinstituts der Praxisgemeinschaft wie bisher in der Form einer Gemeinschaftspraxis verrichtet haben, wobei sie auch gegen § 33 Abs.2 Ärzte-ZV verstoßen haben, wonach für den Betrieb einer Gemeinschaftspraxis eine gesonderte Zulassung erforderlich ist. Darüber hinaus verstößt dieses Vorgehen auch gegen die in § 33 Abs.1 Ärzte-ZV festgelegten Vertretungsregelungen, indem oftmals einer der Ärzte den anderen vertreten hat, wenn dieser gerade nicht da war oder anderweitig beschäftigt war. Soweit einer der Ärzte es aus medizinischen Gründen für notwendig erachtet haben sollte, dass der Partner/die Partnerin die "Mit-"Behandlung übernehmen sollte, hätte ein Überweisungsschein ausgestellt werden müssen (§§ 24 BMV-Ä, § 27 EKV-Ä), etwa wenn ein Patient der Klägerin eine Ultraschalluntersuchung durch Herrn M. gebraucht hätte.

Angesichts dieser vielfältigen Verstöße gegen die Regeln des Vertragsarztrechts erweisen sich die von der Klägerin in den genannten Quartalen jeweils der Abrechnung beigefügten Abrechnungssammelerklärungen, in denen sie die ordnungsgemäße Erbringung der abgerechneten Leistungen bestätigt hat, als falsch, mit der Folge, dass die Beklagte berechtigt war, die Honorarbescheide aufzuheben und die Honorare im Wege der Schätzung neu festzusetzen (vgl. BSG vom 17. September 1997, Az.: 6 RKa 86/95, SozR 3-5500 § 35 Nr.1). Dies gilt auch für die Zeit vom 21.02. bis 23.04.1997, in der die Klägerin wegen Krankheit einen genehmigten Vertreter hatte (nicht M.) und die daran anschließende Zeit bis zum 30.09.1997 und wieder vom 01.02. bis 31.12.1998, in der sie eine Sicherstellungsassistentin hatte, weil die Klägerin sowohl für die Abrechnung ihres Vertreters, als auch insbesondere für die Tätigkeit ihrer Assistentin verantwortlich ist. Hinzu kommt, dass die Klägerin nach eigenen Angaben auch während der Krankheitszeiten wenn möglich in der Praxis mitgearbeitet hat. Die Patientenzahlen und insbesondere der Anteil der gemeinsamen Originalscheine beider Praxen in den Zeiten der Vertretung bzw. der Mitarbeit der Assistentin unterscheiden sich nicht nennenswert von den Quartalen, in denen die Klägerin im vollen Umfang selber die Praxis geführt hat (z.B. 1996). Lediglich die Anzahl der Tage, an denen Patienten in beiden Praxen behandelt wurden, ist ab dem 1. Quartal 1997 zumeist rückläufig, steigt aber im 4. Quartal 1997, in dem die Klägerin die Praxis allein geführt hat, wieder an.

Zusammenfassend kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Beklagte in den noch streitgegenständlichen Quartalen 1 und 2/96 sowie 1/97 bis 4/98 die Honorarbescheide wegen vorsätzlicher oder zumindest grob fahrlässiger Falschabrechnung und unrichtiger Garantieerklärungen zu Recht aufgehoben hat.

Auch das Vorgehen der Beklagten bei der damit notwendig werdenden Neufestsetzung der Honorare und bei der Rückforderung der überzahlten Beträge mit dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu beanstanden. Bei der Neufeststellung der Honorare hat die Beklagte ein weites Schätzungsermessen. Keinesfalls steht den in einer vorgetäuschten Praxisgemeinschaft zusammenarbeitenden Ärzten mehr an Honorar zu, als ihnen zu zahlen gewesen wäre, wenn sie auch rechtlich eine genehmigte Gemeinschaftspraxis im Sinne von § 33 Abs.2 Ärzte-ZV gebildet hätten (BSG vom. 22. März 2006, Az: B 6 KA 76/04 R, SozR 4-5520 § 32 Nr.6 unter Hinweis auf Wehebrinck in NZS 2005, 400). Dies bedeutet jedoch nicht, dass den Ärzten auch tatsächlich das Honorar zu zahlen wäre, das sie erhalten hätten, wenn sie legal in einer genehmigten Gemeinschaftspraxis zusammengearbeitet hätten. Das BSG (a.a.O. Rdnr.22) führt vielmehr weiter aus, dass jedenfalls bei einer Patientenidentität von mehr als 50 % (so auch hier) bei formal unter der Rechtsform einer Praxisgemeinschaft zusammenarbeitenden Ärzten desselben Fachgebiets solche Gebührentatbestände des EBM, bei denen bei einer Behandlung in einer fachgleichen Gemeinschaftspraxis eine Vergütung für ein Quartal höchstens einmal gewährt werden kann, bei keinem Praxisgemeinschaftspartner zu berücksichtigen seien, denn insoweit scheide eine vergütungsrechtliche Zuordnung der Leistungen zu einem der Vertragsärzte aus. Soweit ist die Beklagte indessen gar nicht gegangen. Vielmehr hat sie die von der größeren Praxis (hier der Klägerin) erbrachten Leistungen in vollem Umfang anerkannt und außerdem das Honorar für die Fälle, die ausschließlich in der kleineren Praxis behandelt wurden (sogenannte Solitärfälle), sowie für berechtigte Überweisungen oder Vertreterfälle der kleineren Praxis. Es trifft demnach nicht zu, dass - wie von Klägerseite behauptet wird - bei den gemeinsamen Behandlungsfällen die Ordinationsgebühr bzw. die Konsultationsgebühr und insbesondere die Hausarztpauschale überhaupt nicht vergütet worden wäre. Vielmehr wurde sie, wie es bei korrektem Verhalten der Klägerin und ihres Partners von vornherein geschehen wäre, genau einmal pro Quartal anerkannt. Für die o.g. Solitärfälle, Überweisungs- und Vertreterfälle hat die Beklagte im Wege der Schätzung den durchschnittlichen Fallwert der kleineren Praxis im jeweiligen Quartal zuerkannt. Die sich so ergebende Honorarsumme wurde zur Honorarsumme der größeren Praxis hinzugerechnet, ferner ein Sicherheitszuschlag von 5 %. Dieser Betrag wurde von den ursprünglich von beiden Praxen zusammen angeforderten und auch an sie ausgezahlten Honoraren abgezogen und der Gesamtbetrag im Verhältnis der ursprünglichen Honoraranforderungen beider Praxen auf diese aufgeteilt. Die Differenz zwischen den in dieser Weise neu berechneten Quartalshonoraren und den gezahlten Honoraren wurde mit dem angefochtenen Bescheid zurückgefordert. Diese Vorgehensweise und insbesondere auch die Aufteilung der Rückforderungsbeträge erscheint dem Senat sachgerecht, da unmöglich im Einzelfall festgestellt werden kann, in welcher Praxis der jeweilige Patient zu Recht hausärztlich betreut wurde und damit, welcher Praxis die Ordinationsgebühr und die Hausarztpauschale und welcher ggf. nur eine Konsultationsgebühr zugestanden hätte. Das gilt umso mehr, als bei fehlender Zuordnungsmöglichkeit nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) die Honorierung dieser Leistungen auch gänzlich hätte verweigert werden können.

Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Differenz zwischen dem ursprünglich gezahlten Honorar und dem im Wege der Neufeststellung zugesprochenen Honorar ist § 50 SGB X (vgl. BSG a.a.O. Rdnr.11).

Nach allem war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge nach § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision sieht der Senat vor allem im Hinblick auf die Urteile des BSG vom 28.09.2005 (B 6 KA 14/04 R) und vom 22. März 2006 (B 6 KA 76/04 R) nicht.
Rechtskraft
Aus
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