L 14 KG 13/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KG 104/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 13/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15. März 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kindergeld für zwei Kinder in der Zeit vom 01.02.1998 bis 31.12.1999 streitig.

Der im Jahre 1951 geborene, ehemals in O. wohnende Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger, ist seit dem 25.08.1997 mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet, die in diese Ehe ihre leiblichen Kinder T. , geb. 1985, und S. , geb. 1990, mitbrachte. Die Ehegattin war bis zum 30.09.1997 im Öffentlichen Dienst tätig und bezog laut einer Bescheinigung des Arbeitsamts K. vom 26.08.1997 das Kindergeld bis einschließlich September 1997.

Unter Bezug auf einen vorgelegten Vertrag zwischen dem Kläger und dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) über die Ableistung von Entwicklungsdienst vom 01.01.1998 bis 31.03.2000 in Vietnam bei vorausgehender Inlands-Vorbereitungszeit vom 14.09. bis 31.12.1997 in B. beantragte der Kläger bei der Beklagten (Arbeitsamt N.) am 05.09.1997 "das Kindergeld für Entwicklungshelfer"; die Ehefrau war einverstanden, dass dem Kläger entsprechend seinem Antrag das Kindergeld gezahlt werde. Der Kläger gab noch an, dass die Eheleute oder alle Familienangehörigen ("wir") im Januar 1998 nach Vietnam ausreisen würden, wobei sich aufgrund späterer Angaben der 06.01.1998 ergab.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 22.09.1997 lehnte die Beklagte unter dem Betreff "Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG)" den Kindergeldantrag ab, weil ein Kind bei dem nach dem BKGG (potentiell) anspruchsberechtigten Elternteil (§§ 1 und 2 BKGG) nicht berücksichtigt werden könne, wenn für dasselbe Kind einer anderen Person nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) das Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zustehe (§ 2 Abs.4 BKGG); vorliegend stehe dem in der BRD wohnhaften und damit unbeschränkt steuerpflichtigen Vater der zwei Kinder ein Kinderfreibetrag zu.

Mit dem vom Kläger und dessen Ehefrau hiergegen eingelegten Widerspruch vom 17.10.1997, bei der Beklagten eingegangen als Telefax am 20.10.1997 und als Brief am 23.10.1997, brachten diese vor, die Kinder seien in ihren Haushalt aufgenommen und würden mit ihnen nach Vietnam ausreisen. Vom Gesetzgeber sei eindeutig und klar geregelt worden, dass Entwicklungshelfer weiterhin (gemeint: ab 01.01.1996 im Ausland) gemäß § 1 Abs.1 Ziffer 2 BKGG anspruchsberechtigt seien. Dem leiblichen Vater dürfte wegen auswärtigen Aufenthalts der Kinder und der fehlenden Aufnahme der Kinder in dessen Haushalt gemäß § 63 Abs.1 Satz 3, 1. Halbsatz EStG kein Steuerfreibetrag mehr zustehen. Sollte die Beklagte dem Widerspruch nicht abhelfen können, so werde vorsorglich beantragt, der Ehefrau das Kindergeld nach dem EStG zu gewähren.

Die Beklagte wertete den Widerspruch (auch) als Antrag allein des Klägers auf Kindergeld nach dem EStG, bewilligte mit Bescheid vom 22.12.1997 unter dem Betreff "Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG)" dem Kläger Kindergeld für Oktober 1997 bis einschließlich Januar 1998 und lehnte im Übrigen den "Antrag vom 17.10.1997" ab, weil die Voraussetzungen ab Februar 1998 nicht mehr vorlägen. Kindergeld nach den Vorschriften des EStG erhalte, wer in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe (§ 62 Abs.1 Nr.1 EStG). Wer im Ausland wohne, habe Anspruch nach dem EStG nur dann, wenn er nach § 1 Abs.2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei oder nach § 1 Abs.2 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werde (§ 62 Abs.1 Nr.2a und Nr.2b EStG).

Hiergegen erhob ein vom Kläger bevollmächtigter Rechtsanwalt Einspruch ohne Begründung, legte aber die Bescheinigung über die Abmeldung eines Wohnsitzes des Klägers mit Familienangehörigen in der BRD im Dezember 1997 und die von der Deutschen Botschaft in Hanoi am 19.01.1998 ausgestellte Haushaltsbescheinigung vor.

Die Rechtsbehelfsstelle des Arbeitsamts N. wies den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 22.09.1997 (BKGG) mit Widerspruchsbescheid vom 25.05.1998 (Rechtsbehelfsbelehrung: Klage zum Sozialgericht) und den Einspruch gegen den teilweise ablehnenden Bescheid vom 22.12.1997 (EStG) mit Einspruchsentscheidung vom 25.05.1998 (Rechtsbehelfsbelehrung: Klage zum Finanzgericht) zurück, weil dem Kläger ab 01.02.1998 kein Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG bzw. nach dem EStG zustehe (§ 2 Abs.4 BKGG bzw. § 62 Abs.1 EStG).

Sowohl gegen den Widerspruchsbescheid als auch gesondert gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage beim Sozialgericht Nürnberg, Letzteres mit der Anmerkung, dass die Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung mit dem Rechtsweg zu den Finanzgerichten in die Irre gehe, weil der Kläger nie etwas anderes als Kindergeld nach dem BKGG - dies unter Vorlage des Entwicklungshelfer-Dienstvertrags - beantragt habe. Mit beiden Klagen (S 9 KG 104/98 und S 9 KG 105/98) begehrte der Kläger Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz, einmal bereits ab dem 14.09.1997 (?) und einmal über den 01.02.1998 hinaus. Er war der Auffassung, die Beklagte dürfe nicht die "Konkurrenzvorschrift des § 2 Abs.4 BKGG" anwenden und dadurch schlichtweg die Kindergeldberechtigung von Entwicklungshelfern nach § 1 Abs.1 Ziffer 2 BKGG, das "Rumpf-Kindergeldrecht", negieren. Die Beklagte hätte § 2 Abs.5 Satz 2 BKGG in der Fassung vom 23.01.1997 beachten müssen, weil diese Vorschrift eine lex specialis gegenüber § 2 Abs.4 BKGG sei. In § 2 Abs.5 Satz 1 BKGG, der in Bezug auf den leiblichen Vater der Kinder anzuwenden sei, werde bestimmt, dass Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten, nicht (bei einem Kindergeldanspruch nach dem BKGG) berücksichtigt würden. § 2 Abs.5 Satz 2 BKGG regele (zugunsten des Klägers), dass dies nicht gegenüber Kindergeldberechtigten nach § 1 Abs.1 Nr.2 (Entwicklungshelfer und Missionare) und Nr.3 (ins Ausland entsandte Beamte) gelte, die die Kinder in ihren ausländischen Haushalt aufgenommen hätten. Die Beklagte verkenne die Systematik des BKGG; das "Zusammentreffen mehrerer Ansprüche" sei nämlich unter § 3 BKGG auch für den Auslandsbereich ausdrücklich geregelt. Eigentlicher Grund für die Privilegierung von Entwicklungshelfern durch Ausnahme vom Territorialitätsgrundsatz sei der besondere Status des Entwicklungshelfers, was letztlich der Widmung des Entwicklungshelfergesetzes (EhfG) entspreche, "die Entwicklungshelfer im Ergebnis möglichst so zu stellen, wie sie bei einer inländischen Beschäftigung ständen". Das "Obhutsprinzip" (die allein sorgeberechtigte Ehefrau soll bei Inlandsaufenthalt der Familie allein kindergeldberechtigt sein) müsse auch für den sozialrechtlichen Kindergeldanspruch des Entwicklungshelfers/Stiefvaters bei Auslandsaufenthalt der Familie gelten, wenn der leibliche Vater der Kinder im Inland verbleibe.

Das Sozialgericht forderte die Beklagte zu einer Stellungnahme hierzu auf, wobei es Bedenken gegen die Folgen aus der gesetzlichen Regelung äußerte, dass vorliegend weder dem leiblichen Vater, dem der steuerliche Kinderfreibetrag zugute komme, ein Kindergeldanspruch zustehe noch dem anderen im Ausland wohnenden Elternteil noch dem neuen (im Ausland wohnenden) Ehegatten dieses Elternteils. Für das Kind könnte in einem solchen Falle überhaupt kein Kindergeld gezahlt werden. Die Beklagte legte hierzu dar, dass bei dem vom Gesetzgeber vorgenommenen Systemwechsel im Kindergeldrecht (Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums der Kinder durch das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag laut Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts) der Vorrang des steuerrechtlichen Kindergelds oder des auch allein bereits hinreichenden steuerlichen Kinderfreibetrags verfassungsgemäß sei und die Subsidiarität des sozialrechtlichen Kindergelds nicht gegen die Verfassung verstoße; im Übrigen lasse sich nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus Art.6 Abs.1 des Grundgesetzes - GG - (Schutz der Familie) und aus Art.20 Abs.1 GG (Sozialstaatsprinzip) kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte staatliche Leistungen herleiten.

Der Bevollmächtigte des Klägers meinte hingegen, das Bundesverfassungsgericht habe dem Gesetzgeber keineswegs vorgeschrieben, dass sozialrechtliche Ansprüche gegenüber dem steuerrechtlichen Lastenausgleich aus Verfassungsgründen subsidiärer Natur sein müssten. Im Übrigen müsse von der gesetzgeberischen Absicht zur Erhaltung des "Rumpf-Bundeskindergeldgesetzes" zugunsten der Entwicklungshelfer ausgegangen werden. Der Kläger würde im Vergleich zu anderen Entwicklungshelfern und zu dem im Inland zurückgebliebenen sorgeberechtigten Elternteil diskriminiert (Art.3 Abs.1 GG), im Übrigen auch die Ehefrau des Klägers im Vergleich zu anderen kindergeldberechtigten Arbeitnehmerinnen ihres damaligen (inländischen) Arbeitgebers.

Auf Anfrage des Sozialgerichts teilte der leibliche Vater der Kinder mit, sein Wohnsitz befinde sich nach wie vor in Deutschland, und steuerrechtlich stünde ihm ein halber Kinderfreibetrag zu (Schreiben vom 16.01.1999).

In der mündlichen Verhandlung am 15.03.1999 verband das Sozialgericht beide Klagen und wies sie mit Urteil vom 15.03.1999 ab. Die Klage S 9 KG 105/98 gegen den Bescheid vom 22.12.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.05.1998 sei unzulässig, weil diese Verwaltungsakte eine Regelung zum Kindergeldrecht auf der Grundlage des EStG träfen, die der Kläger akzeptiert habe; denn er habe mit dieser Klage sowie der zweiten Klage S 9 KG 104/98 gegen den Bescheid vom 22.09.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.1998 lediglich einen Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG verfolgen wollen. Die Klage S 9 KG 104/98 gegen den "Bescheid vom 22.09.1997 in Gestalt des Teilabhilfebescheids (auf der Grundlage des EStG) vom 22.12.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.1998" sei unbegründet. Hierzu legte das Sozialgericht dar, dass ein Kindergeldanspruch nach §§ 1 Abs.1, § 2 Abs.5 BKGG durch § 2 Abs.4 BKGG ausgeschlossen sei, weil dem leiblichen Vater der Kinder zwar nicht Kindergeld nach dem EStG, aber ein Kinderfreibetrag gemäß § 32 Abs.1 Nr.1 EStG zustehe. Diese Regelung gelte gemäß § 32 Abs.6 Satz 4 EStG in Verbindung mit der Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums (vgl. Bundessteuerblatt I 96, 115) für ein nicht nach § 1 Abs.1 oder 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind (also in der Regel für ein sich nicht im Inland aufhaltendes Kind) in jedem ausländischen Wohnsitzstaat, wobei der Kinderfreibetrag allenfalls entsprechend den Verhältnissen des Wohnsitzstaates gekürzt werde. § 3 Abs.2 BKGG sei nicht anwendbar, weil er die Erfüllung der Anschlussvoraussetzungen durch mehrere Personen nach dem BKGG erfordere, hingegen nicht eine Berechtigtenbestimmung auf der Grundlage des BKGG in Verbindung mit dem EStG treffe. Verfassungsrechtliche Bedenken, dass dem Kläger (und dem leiblichen Vater der Kinder) ein Kindergeldanspruch nicht zustehe, habe die Kammer nicht gehabt. Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts müsse lediglich ein Einkommensbetrag in Höhe des Existenzminimums für Kinder, sei es durch Kindergeld oder durch Kinderfreibetrag, steuerfrei belassen werden. Der Gesetzgeber sei den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen. Grundsätzlich sei es systemgerecht, allen denjenigen, bei denen ein steuerlicher Zugriff auf das Erwerbseinkommen nicht stattfinde, im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Freistellung des auf die Kinder entfallenden Existenzminimums keine Leistungen im Rahmen des Familienlastenausgleichs zu gewähren. Gleichfalls systemgerecht sei es dann, bei Personen, bei denen kein steuerlicher Zugriff auf das Erwerbseinkommen stattfinde, grundsätzlich keine Sozialleistung im Rahmen des Familienlastenausgleichs bereitzustellen bzw. eine solche Leistung von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen. Dass der Gesetzgeber einen sozialrechtlichen Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG n.F. weiterhin für bestimmte Personen vorgesehen habe, sei sachgerecht. Dies könne er im Rahmen seiner Regelungsbefugnis tun. Verfassungsrechtlich unbedenklich sei die in § 2 Abs.4 BKGG n.F. vorgenommene Differenzierung danach, ob auf der Grundlage des EStG bereits anderen Personen ein Anspruch auf Kindergeld oder der steuerliche Kinderfreibetrag zustehe oder nicht.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil und macht geltend, dass das Sozialgericht in seinen Schreiben vom 22.10.1998, mit dem es die Beklagte zu einer Stellungnahme aufgefordert habe, eine andere Ansicht (verfassungsrechtliche Bedenken) vertreten habe als im Urteil. Der Kläger ist nunmehr der Ansicht, der Gesetzgeber habe die Entwicklungshelfer begünstigen wollen, es sei ihm aber offensichtlich nicht gelungen, das EStG mit dem BKGG zu harmonisieren. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die ab 01.01.1996 geltende Regelung des BKGG eine nicht beabsichtigte und nicht erkannte Lücke enthalte. Nach dem Sachprogramm des EhfG, die Entwicklungshelfer im Ergebnis möglichst so zu stellen, wie sie bei inländischer Beschäftigung stünden, müssten Entwicklungshelfer für ihre in den Haushalt aufgenommenen Kinder Kindergeld erhalten, und zwar unabhängig davon, ob der leibliche Vater der Kinder sich im Inland oder im Ausland aufhalte. Die vorliegende Fallgestaltung sei deshalb nicht anders zu beurteilen wie die Frage des Mutterschaftsgeldes nach § 200 Abs.1 Satz 2 der früheren Reichsversicherungsordnung für zurückgekehrte Entwicklungshelferinnen, die wegen des Entwicklungsdienstes gerade nicht die zeitlichen Voraussetzungen eines mindestens zwölfwöchigen Beschäftigungsverhältnisses erbringen konnten (Urteil des BSG 1/3 RK 1/90). In ähnlicher Weise habe das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung 14 REg 6/94 eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Lücke in § 1 Abs.2 Bundeserziehungsgeldgesetz (Erziehungsgeld an ausländische Ehepartner von deutschen Entwicklungshelfern) unter Berufung auf die gesetzgeberische Widmung des EhfG geschlossen. Sollte die Auslegung der Vorschriften des BKGG wegen einer Lücke nicht möglich sein, so bestünden verfassungsrechtliche Bedenken bei der Anwendung des § 2 Abs.4 BKGG. Das Argument der Beklagten, aus Art.6 und Art.20 Abs.1 GG lasse sich ein konkreter Anspruch (hier aus dem BKGG) nicht ableiten, gehe fehl. Ausgangspunkt für eine verfassungsrechtliche Würdigung müsse vielmehr sein, dass dem Entwicklungshelfer gerade der besondere Anspruch auf Kindergeld gemäß dem BKGG zusätzlich zu den Unterhaltsleistungen gemäß § 4 Abs.1 Nr.1 EhfG durch gesetzgeberische Entscheidung zuerkannt worden sei und eine andere Lösung gegen Art.3 Abs.1 GG verstoße. Es gebe keine nachvollziehbare Begründung, warum Entwicklungshelfer nur deshalb nicht das ihnen grundsätzlich zustehende Kindergeld beanspruchen könnten, weil das Kind einen im Inland zurückgebliebenen leiblichen Elternteil besitze.

Aufgrund einer ab 01.01.2002 geplanten und dann ausnahmsweise rückwirkend ab 01.01.2000 durchgeführten Gesetzesänderung (§ 2 Abs.4 BKGG n.F., § 63 Abs.1 Satz 4 EStG: Änderung des Vorrangs des EStG gegenüber dem BKGG in Ausnahmefällen bei Aufnahme von Kindern in den ausländischen Haushalt gemäß Art.36 Steuerrechtsänderungsgesetz, BGBl.I 2001 S.3794 und S.3820) bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 13.03.2002 Kindergeld für zwei Kinder für die Zeit von Januar bis einschließlich März 2000. Darüber hinaus fand eine Gewährung an den Kläger nicht statt. Bei Auslauf des Entwicklungshelfer-Dienstvertrags bezog die Ehefrau im Inland das steuerrechtliche Kindergeld von April bis einschließlich August 2000, bevor sich die gesamte Familie nach Australien abmeldete.

Auf Veranlassung des Senats legte der leibliche Vater der Kinder seine Steuerbescheide für die Jahre 1998 und 1999 vor und teilte im April 2002 mit, dass er seit 1998 bis heute für die Kinder den vollen Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle geleistet habe. Der Bundesminister für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gab unter dem 16.05.2002 eine ausführliche Stellungnahme zu den Hintergründen der unterschiedlichen, bis zum 31.12.1999 und ab 01.01.2000 geltenden Fassungen des § 2 Abs.4 BKGG ab, wobei er u.a. darauf hinwies, dass Ausgangspunkt für die Neukonzeption die Petition einer alleinerziehenden Entwicklungshelferin gewesen sei und auf Initiative des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags und des Präsidenten des Deutschen Bundestags die Änderung rückwirkend ab 01.01.2000 bei Hinnahme weniger Überzahlungen infolge Doppelvergünstigung verschiedener Elternteile nach dem EStG und dem BKGG erfolgt sei. Dennnoch stelle die bis zum 31.12.1999 geltende Fassung des § 2 Abs.4 BKGG eine zulässige und in sich schlüssige Regelung dar. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten wäre, für Eltern ohne Wohnsitz oder ohne gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland einen Kindergeldanspruch vorzusehen, wenn diese in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig seien. Damit habe die Bestimmung im Ermessen des Gesetzgebers gestanden, ob und unter welchen Umständen er einen Anspruch auf Kindergeld für im Ausland lebende Entwicklungshelfer vorsehen wollte. Er sei insbesondere nicht gehindert gewesen, einerseits den Anspruch dem Grunde nach zu gewähren, aber einen Ausschluss für den Fall zu bestimmen, dass für das betreffende Kind bereits Kindergeld oder Kinderfreibetrag nach § 31 EStG zugestanden habe. Da Voraussetzung für den Ausschluss vom sozialrechtlichen Kindergeldanspruch nach § 2 Abs.4 BKGG a.F. gerade der Anspruch eines anderen Elternteils auf Kinderfreibetrag oder Kindergeld nach § 31 EStG für das betreffende Kind gewesen sei, könne grundsätzlich auch nicht gesagt werden, dass für dieses Kind kein Familienleistungsausgleich stattgefunden habe. Es möge zwar Fälle geben, in denen der Abzug eines Kinderfreibetrags nicht zu einer Steuerminderung führe, weil der betreffende Steuerpflichtige auch ohne Abzug des Kinderfreibetrags keine Einkommensteuer zu entrichten gehabt hätte; auch in diesen Ausnahmefällen liege ein Ausschluss vom Familienleistungsausgleich nicht vor. Der Bundesminister wies weiterhin darauf hin, dass die Problematik an sich nicht nur die Gruppe der Entwicklungshelfer betreffe, sondern in allen Fallgestaltungen zu beobachten sei, in denen ein Elternteil eines Kindes steuerpflichtig und der andere Elternteil nach § 1 BKGG berechtigt sei. Derartige Fallgestaltungen beträfen vor allem Entsendungen von Elternteilen innerhalb Europas und Fälle, in denen sich aus der EG-VO Nr.1408/71 Ansprüche von in Deutschland nicht steuerpflichtigen Elternteilen ergäben, während der jeweils andere Elternteil in Deutschland lebe und damit unbeschränkt steuerpflichtig sei. Auch wenn der Gesetzgeber die ursprüngliche Regelung des § 2 Abs.4 BKGG geändert und damit zu erkennen gegeben habe, dass er die neue Regelung für zweckmäßig erhalte, sei deshalb die frühere Regelung nicht willkürlich und verfassungswidrig gewesen.

Nach längerem Ruhen des Rechtsstreits und trotz zweier Urteile des Senats in gleichgelagerten Fällen, in denen letztlich der Meinung des Sozialgerichts und des Bundesministeriums gefolgt worden ist, will der Kläger eine Entscheidung des Senats herbeiführen.

In Abänderung des ursprünglich weitergehenden Berufungsantrags beantragt der Kläger, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.03.1999 und unter Aufhebung des Bescheids vom 22.09.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.1998 zu verurteilen, ihm für die Stiefkinder T. und S. in der Zeit vom 01.02.1998 bis zum 31.12.1999 Kindergeld nach dem BKGG zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge und die zu Beweiszwecken beigezogene Kindergeldakte der Beklagten vor. Hierauf wird zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Vorbringens des Klägers und der Stellungnahme des Bundesministers, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht vom 01.02.1998 bis 31.12.1999 kein Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG zu.

Gegenstand des Verfahrens war - nach dem im Berufungsverfahren zuletzt gestellten gestellten Antrag - allein der Bescheid vom 22.09.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.1998, mit dem Kindergeld nach dem BKGG für die Zeit ab 01.02.1998 abgelehnt worden ist. Nicht Gegenstand war hingegen der Bescheid vom 22.12.1997, den das Sozialgericht in seinem Urteil im Verhältnis zum Bescheid vom 22.09.1997 als abändernden Teilabhilfe-Bescheid auf der Grundlage des EStG bezeichnet hatte. Dies war in zweierlei Hinsicht unzutreffend. Zum einen hat der Kläger laut seinem Kindergeldantrag und auch gemäß dem gegen den Bescheid vom 22.09.1997 erhobenen Widerspruch lediglich das Kindergeld für Entwicklungshelfer nach dem BKGG für die Zeit ab Ausreise aus der BRD begehrt, damit ab 01.02.1998, weil das Kindergeld vor der Ausreise (am 06.01.1998) und damit noch für den gesamten Monat Januar 1998 nach der bisher geltenden Regelung zu zahlen war. Der Bescheid vom 22.09.1997 enthielt für die Zeit bis einschließlich Januar 1998 keine Beschwer für den Kläger, so dass auch nicht einer Beschwer teilweise durch Bewilligung des Kindergelds nach dem EStG von Oktober 1997 bis Januar 1998 abgeholfen werden konnte. Zum anderen gilt der Bescheid vom 22.12.1997 nicht in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.05.1998, sondern in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.05.1998 und traf eine Regelung zum Kindergeldanspruch des Klägers nach dem EStG, für den die Finanzgerichte zuständig sind. Wird aber Kindergeld nach dem EStG gewährt, ändern die diesbezüglichen Bescheide nicht Bescheide über das Kindergeld nach dem BKGG ab und können weder hierzu ergangene Teil-Abhilfebescheide darstellen noch gemäß §§ 86, 96 SGG Gegenstand eines sozialrechtlichen Widerspruchsverfahrens oder Streitverfahrens werden.

Eine Entscheidung über den steuerrechtlichen Bescheid vom 22.12.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.05. 1998, gegebenenfalls durch Verweisung des diesbezüglichen Rechtsstreits an das Finanzgericht, war nach dem Willen des Klägers im Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren nicht zu treffen. Es ging nicht um die Frage,ob dem Kläger ab 01.02. 1998 ein Anspruch auf Kindergeld auf der Grundlage des EStG zustand, und im Übrigen haben der Kläger und dessen Ehefrau nicht bemängelt, dass die Beklagte entgegen den von beiden gestellten Anträgen und unter Verletzung des § 64 Abs.2 EStG das Kindergeld von Oktober 1997 bis einschließlich Januar 1998 dem Kläger bewilligt und nicht wie bisher der Ehegattin gezahlt hat.

Zur Begründung eines Kindergeldanspruchs des Klägers vom 01.02. 1998 bis 31.12.1999 ist der ausführliche Hinweis der Klagepartei darauf, dass das Sozialgericht die Tatsache, vorliegend könne überhaupt kein Kindergeld gezahlt werden, ausdrücklich für bedenklich erklärt und die Beklagte auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht habe, § 2 Abs.4 BKGG einschränkend auszulegen, weder hinreichend noch hilfreich. Es mag sein, dass der Bevollmächtigte des Klägers verstimmt ist, wenn das Sozialgericht in seinem Urteil nicht mehr die Meinung in seinen weitgehend dem klägerischen Vorbringen entgegenkommenden früheren Hinweisen an die Beklagte vertreten hat; allerdings geschah dies im Urteil mit einer eingehenden und nach Ansicht des Senats zutreffenden Begründung. Eine im Laufe des Rechtsstreits geäußerte richterliche Rechtsmeinung - hier in Zusammmenhang mit der künftigen Diskussion der noch einzuholenden Stellungnahme der Beteiligten - ist nicht für die Folgezeit verbindlich, und maßgeblich ist allein das von drei Richtern nach Beratung der Einzelheiten des Falles beschlossene Urteil, dessen Übereinstimmung mit den Regelungen des Familienleistungsausgleichs zur Überprüfung ansteht.

Ein Kindergeldanspruch des Klägers ist nach §§ 1 und 2 BKGG in der ab 01.01.1996 grundlegend geänderten Fassung (BKGG n.F.) nicht zu begründen. § 1 BKGG n.F. regelt nicht, wie der Kläger meinte, ein Kindergeldrecht der dort genannten Personen wie bestimmte Arbeitnehmer, Entwicklungshelfer usw. und damit auch nicht ein "Rumpfkindergeld" bzw. "Rumpfkindergeldrecht"; der vom Kläger selbst geprägte Begriff ist unüblich und soll möglicherweise auf den Vorrang des ab 01.01.1996 im EStG hauptsächlich geregelten Kindergeldrechts hinweisen oder ist irrtümlich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 1 Abs.1 Satz 1 Nr.2 Buchst.a BKGG in der vor dem 01.01.1996 geltenden Fassung entnommen worden; dort war zur Begründung eines Anspruchs des sich im Ausland aufenthaltenden Antragstellers erforderlich das Fortbestehen eines "Rumpfarbeitsverhältnisses" zwischen entsandtem Arbeitnehmer und altem Arbeitgeber bei Eingehen eines neuen Arbeitsverhältnisses im Ausland.

§ 1 BKGG in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung regelt aber nur - wie früher § 1 BKGG in der vorausgehend geltenden Fassung (BKGG a.F.) und jetzt auch § 62 EStG n.F. - die Voraussetzungen, unter denen Eltern und dritte Personen "potentiell kindergeldberechtigt", d.h. zum Bezug von Kindergeld für ihre eigenen leiblichen Kinder berechtigt sein können, also den Kreis der in Frage kommenden möglichen Bezugsberechtigten. § 2 BKGG n.F. bestimmt - wie früher § 2 BKGG a.F. und jetzt auch § 63 EStG n.F. - die zu "berücksichtigenden Kinder", d.h., neben den bereits in § 1 Abs.1 BKGG genannten leiblichen Kindern die sonstigen Kinder und die Voraussetzungen in der Person der Kinder, bei deren Erfüllung jemandem für dieses Kind das Kindergeld zustehen kann. Nur bei Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 1 und 2 BKGG n.F. und a.F. kann ein Anspruch erstehen (der dann der Regelung der §§ 3 und 4 BKGG n.F. bzw. §§ 3 und 8 BKGG a.F. über Anspruchskonkurrenzen unterworfen sein kann).

Das BKGG n.F. ist gegenüber § 31,§ 32 und §§ 62 ff. EStG subsidiäres Recht. Dies ergibt sich nicht nur aus § 2 Abs.4 BKGG n.F., sondern auch daraus, dass die nach dem BKGG n.F. bezugsberechtigten Personen diejenigen persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllen dürfen, die zum Bezug des Kindergelds nach dem EStG und auch für die Vergünstigung eines Kinderfreibetrags erforderlich sind (§ 1 Abs.1 Satz 1, 1. Halbsatz BKGG). Darüber hinaus sind sowohl hinsichtlich der bezugsberechtigten Personen als auch hinsichtlich der zu berücksichtigenden Kinder die Erfüllung besonderer Eigenschaften und besonderer Wohnsitzverhältnisse erforderlich.

Gemäß § 1 Abs.1 BKGG n.F. erhält Kindergeld, wer nach § 1 Abs.1 und 2 EStG nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Abs.3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und 1. eine der Beitragspflicht der Bundesanstalt für Arbeit unterliegende oder nach § 169c Nr.1 des Arbeitsförderungsgesetzes beitragsfreie Beschäftigung als Arbeitnehmer ausübt (bzw. in einem Versicherungspflichtverhältnis der Bundesanstalt für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch steht oder versicherungsfrei nach § 28 Nr.1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist - ab 01.01.1998 geltende, redaktionell geänderte Fassung) oder 2. als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Abs.1 Nr.1 EhfG erhält oder 3. eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausübt. Der Kläger erfüllt die persönlichen Voraussetzungen des § 1 Abs.1 Satz 1 Nr.2 BKGG n.F. für einen Kindergeldbezug nach sozialrechtlichen Vorschriften in der Zeit ab 01.02.1998. Er war ab diesem Zeitpunkt in Vietnam Entwicklungshelfer mit Bezügen im Sinne von § 4 Abs.1 EhfG und war nicht unbeschränkt steuerpflichtig oder wie ein unbeschränkt Steuerpflichtiger zu behandeln. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers allerdings bereits auf die Eigenschaft des Klägers als Entwicklungshelfer während seiner Vorbereitungszeit in B. auf den Auslandsdienst, in der Regel ca. drei Monate, anspricht, war dies nicht zutreffend. § 1 Abs.1 BKGG n.F. beinhaltet in seinem Satz 1 zweierlei, nämlich, dass im Gegensatz zu § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG a.F. (dort: ... hat Anspruch auf Kindergeld ..., wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat) sozialrechtliches Kindergeld nicht mehr bei Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt des Elternteils im Inland zusteht (insoweit ist allein das EStG n.F. anzuwenden) und dass - insoweit gleichermaßen wie das vorausgehende Recht in § 1 Abs.1 Satz 1 Nr.2 BKGG a.F. (Eltern ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland) - Kindergeld ins Ausland grundsätzlich nicht gezahlt wird, es sei denn, es handelt sich um im Gesetz genau umschriebene Bezugsberechtigte (Territorialitätsgrundsatz mit Ausnahmen hinsichtlich besonders privilegierter bezugsberechtigter Personen im Ausland).

Auch in § 2 BKGG n.F. findet sich im Vergleich zur Vorgängervorschrift eine Einschränkung zugunsten der Vorschriften des EStG. Zwar werden, wie bereits früher, als Kinder auch die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten, also die Stiefkinder, berücksichtigt (§ 2 Abs.1 Nr.1 BKGG n.F.), aber nicht, wenn die Kinder weder einen Wohnsitz noch ihren Aufenthalt in Deutschland haben, ausgenommen Kinder von Entwicklungshelfern und abgeordneten Beamten, falls sie mit den Eltern im Ausland im gemeinsamen Haushalt wohnen (Haushaltsaufnahme - § 2 Abs.5 BKGG n.F.: erneut wird hier der Territorialitätsgrundsatz mit einer Ausnahme, diesmal hinsichtlich der zu berücksichtigenden Kinder, ersichtlich).

Ab 01.01.1996 neu ins Gesetz aufgenommen wurde - bei Verschiebung der früheren Regelung in § 2 Abs.4 BKGG a.F. in vorausgehende Absätze dieser Gesetzesvorschrift - der Vorrang der steuerrechtlichen Regelung des Familienlastenausgleichs. In § 2 Abs.4 BKGG n.F. wurde festgelegt, dass Kinder, für die einer anderen Person nach dem EStG Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zusteht, nicht berücksichtigt werden. Dies entspricht der vorrangigen Anwendung der steuerrechtlichen Regelung bei dem Personenkreis der potentiell Kindergeld-Bezugsberechtigten, die - anders formuliert in § 1 Abs.1 Satz 1, 1. Halbsatz BKGG n.F. - letztes Ende sinngemäß auch nur besagt, dass Kindergeldberechtigter nicht derjenige sein kann, dem selbst ein Kinderfreibetrag oder ein Kindergeldanspruch nach §§ 32, 62, 63 EStG n.F. zustehen kann.

Von den Personen, die die besonderen Eigenschaften der nach dem BKGG Bezugsberechtigten erfüllen könnten, nimmt § 1 Abs.1 Satz 1 BKGG n.F. diejenigen aus, die für Kinder eine Vergünstigung nach dem EStG erhalten können. Hierzu zählt in erster Linie der Personenkreis, der nach § 1 Abs.1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, wobei die letztgenannte Vorschrift wiederum bestimmt, dass die natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig sind. Daneben sind auch nicht im Inland wohnende oder sich aufhaltende Personen ausnahmsweise unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 2 Abs.2 EStG - erforderlich sind u.a. ein Dienstverhältnis zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und Bezug von Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse) oder werden auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt (§ 2 Abs.3 EStG - erforderlich sind u.a. inländische, mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte). Die Vergünstigung für Kinder richtet sich im Bereich des EStG nach der unbeschränkten Steuerpflicht aus, wobei Personen mit Wohnsitz bzw. ständigem Aufenthalt des Elternteils im Inland immer und Personen mit ausländischem Wohnsitz oder ständigem Aufenthalt im Ausland nur ausnahmsweise erfasst werden. Die unbeschränkte Steuerpflicht ist im Übrigen nicht so zu verstehen, dass auch tatsächlich Steuern geschuldet werden bzw. gezahlt werden müssen.

Die Steuerpflichtigen erhalten für Kinder im Sinne von § 32 Abs.1 Satz 1 Nrn.1 bis 5 EStG n.F. (darunter auch Pflegekinder, aber nicht Stiefkinder) einen Kinderfreibetrag (§ 32 Abs.6 EStG n.F.: 261,00 DM in den Jahren 1996/1997, 288,00 DM in den Jahren 1998/1999 für jeden Kalendermonat, soweit nicht ein höherer Betrag wegen Zusammenveranlagung der Ehegatten oder Übertragung eines Freibetrags in Frage kommt); der Kinderfreibetrag ist auch für die sich im Ausland aufhaltenden Kinder vorgesehen, gegebenenfalls in geringerer, den Verhältnissen des Wohnsitzstaates angemessener Höhe. Das Kindergeld nach dem EStG richtet sich ebenfalls danach aus, ob der (potentiell) Anspruchsberechtigte im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 62 Abs.1 Nr.1 EStG) oder ohne Erfüllung dieser Tatbestände nach § 1 Abs.1 und Abs.3 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (§ 62 Abs.1 Nr.2 EStG). Hier werden als Kinder neben den in § 32 Abs.1 EStG genannten Kindern (insbesondere leibliche Kinder und Pflegekinder) auch die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten ("Stiefkinder") berücksichtigt; Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie lebten im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Abs.1 Nr.2 EStG, also im Haushalt von Bezugsberechtigten im Ausland, die aber nach § 1 Abs.2 und Abs.3 EStG unbeschränkt steuerpflichtig sind oder so behandelt werden (§ 63 Abs.1 EStG). Auch hier gibt es eine Bestimmung, wonach das Kindergeld für im Ausland lebende Kinder entsprechend den dortigen Lebensverhältnissen herabgesetzt werden kann (§ 62 Abs.2 EStG).

Der Kläger und dessen Ehefrau, die Mutter der Kinder, waren ab 01.02.1998 bei Aufgabe des inländischen Wohnsitzes und gewöhnlichen Aufenthalts nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs.1 Satz 1 EStG). Der Kläger hatte auch nicht inländische Einkünfte im Sinne von § 49 EStG oder Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse aufgrund eines Dienstverhältnisses zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts. Der DED ist vielmehr als GmbH, wenn auch als gemeinnützige GmbH, strukturiert, und Entwicklungshelfer stehen nicht in einem Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis. Der Entwicklungsdienstvertrag nach § 4 EhfG ist nicht im Sinne eines Arbeitsvertrags auf den Austausch von Leistungen (Entgelt und Arbeitskraft) gerichtet (BSG vom 26.08.1975 - 7 RAr 6/74 in BSGE 40, 179; BSG vom 25.06.1991 - 1/3 RK 1/90 in SozR 3-2200 § 200 Nr.2), und die Bezüge des Entwicklungshelfers stellen Unterhaltsleistungen und nicht Lohn dar.

Damit war der Kläger (im Übrigen auch dessen Ehefrau, die keinerlei Einkünfte hatte), ab 01.02.1998 auch nicht unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs.2 EStG und hätte auch nicht, wenn er einen Antrag gestellt hätte, als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs.3 EstG behandelt werden können. Unbeschränkt steuerpflichtig hingegen war der leibliche Vater der Kinder T. und S. , der im Inland wohnte. Ihm standen Kinderfreibeträge nach § 32 Abs.6 EStG auch bei Auslandsaufenthalt der Kinder zu, nicht hingegen das Kindergeld, weil er zwar insoweit potentiell Kindergeld-Bezugsberechtigter gewesen ist (§ 62 Abs.1 Nr.1 EStG), aber die im Ausland wohnenden oder sich dort gewöhnlich aufhaltenden Kinder nicht zu berücksichtigen waren (§ 63 Abs.1 Satz 3 EStG).

Die nach dem Steuerrecht für den leiblichen Vater der Kinder vorgesehene Vergünstigung im Rahmen des Familienleistungsausgleichs schließt das Entstehen eines Kindergeldanspruchs des Klägers für die Zeit ab 01.02.1998 aus, weil er zwar (potentiell) Bezugsberechtigter wäre, aber kein bei ihm zu berücksichtendes Kind vorhanden ist (§ 2 Abs.4 EStG). Nicht zur Anwendung kommen von vornherein § 64 EStG und § 3 BKGG, die jeweils Konkurrenzen bei mehreren entstandenen Kindergeldansprüchen - allein im Steuerrecht bzw. allein im Sozialrecht - regeln.

Sofern der ehemalige Bevollmächtigte des Klägers, der Justitiar des DED, die anzustrebende Gleichstellung des Klägers mit einem Arbeitnehmer angesprochen hat, trifft dieses Argument nicht den Kern der Sache und muss unbeachtet bleiben. Bei der von der Klagepartei erwähnten "Widmung" des EhfG und bei dem "Sachprogramm" des EhfG handelt es sich zunächst um Motive des Gesetzgebers, das EhfG zu schaffen und auch punktuell außerhalb dieses Gesetzes Einzelregelungen zugunsten von Entwicklungshelfern zu treffen sowie um Erklärungen zum Inhalt der Vorschriften des EhfG. Solche Tatbestände sind aber keine Rechtsnormen oder sogar darüber hinausgehende, übergeordnete Rechtsgrundsätze, die die Vorschriften des BKGG n.F. und des EStG n.F. abändern könnten. Sie eignen sich im Übrigen auch nicht unbedingt für eine Auslegung von Normen des ab 01.01.1996 geltenden Familienlastenausgleichs, weil der Gesetzgeber im EStG n.F. eben hinsichtlich des Kindergelds eine alle Personengruppen betreffende übergreifende Regelung nach teils völlig anderen Gesichtspunkten und Rechtsgrundsätzen getroffen hat, abgesehen davon, dass nach Ansicht des Senats angesichts der eindeutigen und abschließenden Regelung kein Raum für eine Auslegung der Kindergeldvorschriften entgegen ihrem Text und Inhalt bleibt; auch für eine Analogie oder für die Annahme einer vom Gesetzgeber übersehenen Lücke oder eines redaktionellen Versehens gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte. Insoweit muss bereits von unfundierten und unsubstantiierten Behauptungen des Klägerbevollmächtigten gesprochen werden.

Eine Gleichstellung des Klägers als Entwicklungshelfer mit einem Arbeitnehmer im Inland ist angesichts der vom EStG n.F. und BKGG n.F. vorgesehenen inhaltlichen Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs nicht zu rechtfertigen. Der (sich im Ausland aufhaltende) Kläger kann im Bereich des EStG schon deshalb keinem Arbeitnehmer (im Inland) gleichgestellt werden, weil er von diesem wesensverschieden Unterhaltsleistungen und eben nicht der Einkommensteuer unterliegenden Lohn oder sonstige Einkünfte bezieht. Eine Gleichstellung im Kindergeldanspruch des EStG setzt zunächst voraus, dass auch (zumindest dem Grunde nach) Einkommensteuerpflicht bestehen müsste und die Höhe der Einkommensteuer durch einen Kinderfreibetrag oder das Kindergeld als vorweggenommene Einkommensteuererstattung (§ 31 EStG) wegen der Kinder abgemildert wird oder werden könnte. Die Fiktion der gleichartigen Stellung von Entwicklungshelfer und Arbeitnehmer setzt aber auch die Annahme und Durchführung einer fiktiven Steuerpflicht wegen der tatsächlich vom Entwicklungshelfer im Ausland bezogenen Leistungen voraus, was jedoch der gesamten Grundkonzeption des EhfG und des EStG widerspricht. Im Übrigen unterscheidet das EStG zwischen Arbeitnehmer im Inland und zwischen dem grundsätzlich nicht zu kinderbezogenen Vergünstigungen berechtigten Arbeitnehmer im Ausland, und der Kläger als Entwicklungshelfer im Ausland könnte deswegen nur die Gleichstellung mit einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer im Ausland (§ 1 Abs.2 EStG) verlangen. Insoweit scheitert eine fiktive Gleichstellung mit einem Arbeitnehmer auch daran, dass der Kläger nicht "Bediensteter" einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts war und auch nicht "Arbeitslohn" aus einer inländischen öffentlichen Kasse bezogen hat.

Der Senat wollte auf diesen Aspekt in Bezug auf das EStG hinweisen, auch wenn er nicht verkannte, dass der Kläger im Hinblick auf einen Kindergeldanspruch lediglich als Grundlage das BKGG n.F. im Auge hatte. Das Argument der Gleichstellung mit einem Arbeitnehmer ist aber im Bereich des BKGG n.F. auch nicht begründet und würde darüber hinaus nicht zu dem beabsichtigten Kindergeldbezug des Klägers führen. Der Kläger übersieht, dass auch insoweit sich das Gesetz wesentlich geändert hat:

Gemäß § 1 Abs.1 Nr.2 Buchst.a BKGG a.F. waren kindergeldberechtigt Personen, wenn sie keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatten, dann, wenn sie von einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässigen Arbeitgeber oder Dienstherrn zur vorübergehenden Dienstleistung in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes entsandt, abgeordnet, versetzt oder kommandiert sind, also vor allem entsandte Arbeitnehmer. Die Vorschrift findet sich, eingeschränkt und anders formuliert, in § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG n.F. wieder; auch derjenige übt eine der Beitragspflicht der Bundesanstalt für Arbeit unterliegende Beschäftigung als Arbeitnehmer aus, der im Inland bereits beschäftigt war und die Voraussetzungen der Entsendung im Sinne von § 4 Sozialgesetzbuch Teil IV erfüllt.

Der Kläger ist aber weder Arbeitnehmer noch entsandter Arbeitnehmer; es fehlt inhaltlich an einem Arbeitsverhältnis bzw. Beschäftigungsverhältnis im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung. Mangels Lohns bzw. Entgelts kann auch eine der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung unterliegende Beschäftigung nicht angenommen werden. § 4 EhfG hilft dem Kläger hier nicht weiter. Der Gesetzgeber hat den Entwicklungshelfer nicht im Wege der Fiktion einem Arbeitnehmer gleichgestellt, sondern nur eine Vielzahl einzelner Vorschriften erlassen und hierin im Bezug auf die Arbeitslosenversicherung lediglich vorgesehen: Soweit ein Anspruch nach dem Arbeitsförderungsgesetz (bzw. jetzt nach dem SGB III) davon abhängt, dass der Antragsteller in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, werden auch Zeiten des Entwicklungsdienstes einschließlich des Vorbereitungsdienstes berücksichtigt (§ 13 Abs.1 EhfG in der letzten Fassung spricht nur hinsichtlich eines Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB III von einer Gleichstellung mit Zeiten eines Versicherungsverhältnisses). Dies bedeutet, dass Zeiten der Tätigkeit als Entwicklungshelfer - im Falle der späteren Arbeitslosigkeit im Inland - bei Anspruchsbegründung und Anspruchserhaltung mitgezählt werden, ohne dass eine Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung vorgelegen hat. Das Gesetz sieht aber während der Zeit des ausländischen Dienstes des Entwicklungshelfers keine Fiktion eines versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses und ein aktuelles Recht aufgrund eines solchen Arbeitsverhältnisses (also z.B. auch auf Kindergeld während des Auslandsaufenthalts) vor.

Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass der Begriff "entsandter Arbeitnehmer" im BKGG n.F. nicht weiterführt. Der Gesetzgeber hat zwar nach wie vor die entsandten Arbeitnehmer als (in Frage kommende) Kindergeldberechtigte vorgesehen, nicht mehr aber für deren Kinder im Ausland. Gemäß § 2 Abs.5 Satz 1 BKGG a.F. und n.F. werden Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, nicht berücksichtigt; dies gilt nicht gegenüber Berechtigten nach § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG a.F. (entsandte Arbeitnehmer, Bedienstete der Deutschen Bundesbahn ..., Versorgungsempfänger ..., Entwicklungshelfer) bzw. ab 01.01.1996 gegenüber Berechtigten nach § 1 Abs.1 Nrn.2 und 3 BKGG n.F. (nur noch Entwicklungshelfer, entsandte Beamte und später auch Missionare, nicht mehr die entsandten Arbeitnehmer), wenn sie die Kinder in ihren Haushalt aufgenommen haben (§ 2 Abs.5 Satz 2 BKGG a.F. und n.F.). Damit kann sich der Kläger auf eine Gleichstellung mit Arbeitnehmern unter Hinweis auf Art.3 GG - im Bereich des BKGG n.F. - keinesfalls berufen, weil diese im Gegensatz zu Entwicklungshelfern ohnehin schlechter gestellt worden sind.

Die wenigen Sondergruppen, die nach § 1 Abs.1 BKGG n.F. noch durch doppelte Privilegierung (Auslandsaufenthalt des Kindergeldberechtigten und Auslandsaufenthalt des Kindes im Falle der Haushaltsaufnahme) Kindergeld erhalten können, werden aber auch dann, wenn die steuerrechtliche Regelung greift, vom Bezug des Kindergelds durch § 2 Abs.4 BKGG n.F. ausgeschlossen: "Kinder, für die einer anderen Person nach dem EStG Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zusteht, werden nicht berücksichtigt". Damit ist eindeutig der Vorrang des steuerrechtlilchen Familienleistungsausgleichs fixiert, gleich wie dieser jeweils im Einzelfall im EStG n.F. ausgestaltet ist.

Die Vorschrift des § 2 Abs.4 BKGG n.F. ist einer Auslegung, wie der Kläger meinte, nicht zugänglich, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung des EhfG. Nach den Motiven des Gesetzgebers bestand nur die Absicht, die Entwicklungshelfer während des Aufenthalts im Ausland und auch für die Zeit danach wieder im Inland abzusichern. Hier ist aber nicht zu einer Fiktion (Arbeitnehmer) und nicht zu einer Gleichstellung von Auslandsaufenthalt mit Inlandsaufenthalt gegriffen worden, sondern zu einer Summe von verschieden gestalteten begünstigenden Einzelregelungen (vgl. §§ 4 ff. EhfG), die teils auf die Zeit des ausländischen Dienstes und teils auf die Zeit danach im Inland abstellen. Auf das Urteil des BSG vom 25.06.1991 - 1/3 RK 1/90 in SozR 3-2200 § 200 Nr.2 kann sich der Kläger nicht berufen. Das BSG hat hier ausgeführt, dass der Entwicklungsdienstvertrag eine Übernahme der Pflichten, die u.a. nach dem Mutterschutzgesetz dem Arbeitgeber obliegen, gemäß § 4 Abs.1 Nr.4 EhfG durch den Träger des Entwicklungsdienstes vorsieht; für die Zeit nach Beendigung des Dienstes komme ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld in Frage, wenn die Entwicklungshelferin im Inland wieder eine Arbeit aufnehme und diese wegen bevorstehender Geburt eines Kindes unterbrechen müsse. § 200 der Reichsversicherungsordnung (RVO a.F.) sei erweiternd dahin auszulegen, dass auch die Zeiten eines (beendeten) Entwicklungsdienstes bei den zeitlichen Voraussetzungen für das Mutterschaftsgeld als anspruchswahrend zu berücksichtigen seien; insoweit enthalte die genannte Vorschrift eine unbewusste Regelungslücke, die von der Rechtsprechung ergänzt werden dürfe, zumal § 200 RVO nur eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Mutterschaftsleistungen, z.B. durch Begründung eines inländischen Arbeitsverhältnisses kurz vor Beginn der Schutzfrist des § 3 Abs.2 Mutterschutzgesetzes, ausschließen wolle. Hinsichtlich des § 2 Abs.4 BKGG n.F. besteht aber keine unerkannte Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat in § 1 BKGG n.F. den privilegierten Personenkreis und in § 2 BKGG n.F. die unter bestimmten Umständen zu berücksichtigenden Kinder genau umschrieben, sowohl im EStG n.F. als auch im BKGG n.F. Regelungen für Wohnsitz und Aufenthalt von Eltern wie auch von Kindern im Inland und Ausland vorgesehen und im Übrigen den Vorrang der steuerrechtlichen Vorschriften angeordnet. Eine Lücke im Gesetz besteht nicht. Außerdem können die Begriffe Wohnsitz und ständiger Aufenthalt, Inland, Ausland, Kinderfreibetrag und Kindergeld ebensowenig wie der Begriff des Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 200 RVO anders ausgelegt werden (vgl. BSG, a.a.O., das an die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses im Inland nach Beendigung des Entwicklungshelferdienstes anknüpft und nicht an ein fingiertes Arbeitsverhältnis während des Auslandsdienstes).

Auch aus dem Urteil des BSG vom 22.02.1995 - 14 REg 6/94 (gleichlautend BSG vom 22.02.1995 - 14 REg 4/94) kann zugunsten eines Kindergeldanspruchs des Klägers nichts hergeleitet werden. Dieses Urteil befasst sich mit dem Erziehungsgeldanspruch einer Ausländerin, die mit einem Entwicklungshelfer verheiratet war und mit diesem im Ausland lebte; das BSG entschied, dass diese Frau zum Bezug des Erziehungsgeldes keine Aufenthaltsgenehmigung (für das Bundesgebiet) im Sinne von § 1 Abs.1 Satz 2 des Bundeserziehungsgeldgesetzes benötige, weil die Vorschriften dieses Gesetzes selbst das Territorialitätsprinzip bei dem vorliegenden Sachverhalt durchbrächen (§ 1 Abs.2 Nr.4 Bundeserziehungsgeldgesetz) und das Erfordernis der Aufenthaltsberechtigung im Inland (Problemkreis Asylbewerber) sich nur auf Personen, die sich im Bundesgebiet auch tatsächlich aufhielten, bezöge. Die vom jetzigen Kläger angesprochenen Urteile des Bundessozialgerichts bewegen sich auf anderer Ebene. Der Senat hat daher in seinem Urteil vom 29.11.2002 - L 14 KG 22/99 die Lösung des Problems vor allem darin gesehen, dass die dem Entwicklungshelfer während des Auslandsdienstes zu gewährenden Leistungen zur sozialen Absicherung nach Maßgabe des § 2 Abs.2 und des § 3 EhfG erhöht werden.

Wenn der Bevollmächtigte des Klägers ein "Versehen" des Gesetzgebers, der angeblich die Entwicklungshelfer nicht bei der Neuordnung des Kindergeldrechts habe benachteiligen wollen, behauptet, so hat er hierfür weder einen Nachweis erbracht noch auch nur begründete Anhaltspunkte vorgetragen. Richtigerweise hat der Gesetzgeber ab 01.01.1996 das Kindergeldrecht auf dogmatisch neue Grundlagen gestellt und vor allem im insoweit vorrangigen Einkommensteuergesetz geregelt. Daneben hat der Gesetzgeber auch die Gruppe der potentiell Anspruchsberechtigten in § 1 Abs.1 BKGG a.F. neu überprüft und in § 1 Abs.1 BKGG n.F. die Voraussetzungen für einzelne privilegierte Personenkreise teilweise geändert und teilweise anders umschrieben, ebenso die zu berücksichtigenden Kinder weiterhin eingeschränkt (§ 2 Abs.5 BKGG n.F.). Unabhängig davon ist übergreifend durch eine Einfügung in § 1 Abs.1 Satz 1 BKGG n.F., der Passage zur fehlenden unbeschränkten Einkommensteuerpflicht, und durch § 2 Abs.4 BKGG n.F. der vorrangige Anwendungsbereich der Vorschriften des EStG festgeschrieben worden, und zwar unabhängig von der Art der Beziehung zwischen Kindergeld-Bezugsberechtigten und Kindern (z.B. leibliche Eltern, Stief- und Pflegeeltern, Großeltern usw.) und unabhängig von besonderen Eigenschaften der Eltern (entsandte Arbeitnehmer, hier wiederum entsandte Arbeitnehmer im EG-Bereich, Entwicklungshelfer, Missionare usw.). Es handelt sich um ein allgemein-gültiges Prinzip, das nicht nur Entwicklungshelfer und entsandte Beamte betrifft, sondern alle Fallgestaltungen, in denen ein Elternteil eines Kindes (unbeschränkt) steuerpflichtig und ein anderer Elternteil nach § 1 oder § 17 BKGG n.F. "berechtigt" ist, d.h. einen Anspruch hätte, wenn nicht ein unbeschränkt Steuerpflichtiger vorhanden wäre. (Im wirtschaftlichen Ergebnis gleich wäre im Übrigen die Fallgestaltung, über die sich der Kläger oder dessen Ehefrau ebenso beschwert hätten, nämlich wenn ein Elternteil des Kindes im Inland wohnt und der zweite Elternteil, eventuell auch allein für die Kinder sorgeberechtigt, unter Umständen geschieden und wieder verheiratet, mit dem Kind und gegebenenfalls auch mit dem neuen Ehegatten/Stiefvater der Kinder im gemeinsamen ausländischen Haushalt leben würde. Wäre der mit dem Kind im Ausland lebende Elternteil oder/und Stiefelternteil ausnahmsweise nicht selbst nach dem EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und kindergeldberechtigt, stünde ihnen - bereits ohne Anwendung des § 2 Abs.4 BKGG n.F. - auch kein Kindergeld zu.)

Die Vorrangigkeit steuerrechtlicher Vorschriften beruht auf einem sachlichen Grund. Bei der Neugestaltung des Kindergeldrechts ab 01.01.1996 ging es um die Verwirklichung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), das von den Eltern erzielte Einkommen in Höhe des Existenzminimums für ein Kind von Besteuerung freizustellen. Der Gesetzgeber hat hierzu eine von mehreren Möglichkeiten, nämlich die Regelung des Familienlastenausgleichs primär im EStG, gewählt. Von der steuerrechtlichen Zielrichtung her war es im Übrigen nebensächlich, ob es überhaupt noch ein Kindergeld nach Maßgabe des BKGG a.F. oder des EStG oder nur einen Kinderfreibetrag gegeben hätte; es war auch in Einzelfällen wie dem vorliegenden unbedenklich, ob es statt der generell bestehenden Alternative steuerrechtliches Kindergeld/Kinderfreibetrag nur die Möglichkeit des Kinderfreibetrags (hier für den leiblichen Vater) gegeben hätte; der Senat vermag nicht die ehemals vom Sozialgericht und jetzt noch vom Kläger bekundeten Bedenken gegenüber der gesetzlichen Regelung zu teilen, wenn es bei verschiedenen Fallgestaltungen überhaupt nicht, also weder bei den leiblichen Eltern noch beim Stiefvater (Kläger), zur Zahlung von Kindergeld kommt. Mit der "Zahlung von Kindergeld" hatte man eben noch die traditionellen kinderbezogenen Sozialleistungen im Auge, wie sie von 1975 bis 1995 erbracht worden sind, und bei dem Entfall solcher bzw. ähnlicher Barleistungen ist eben ein ungutes Gefühl verbunden. Dieses darf aber nicht darüber täuschen, dass es sich bei dem Kindergeld, sofern es ab 01.01.1996 nach dem EStG gezahlt worden ist, auch nicht mehr um eine Sozialleistung handelt, sondern nur um einen Betrag, der in erster Linie der Freistellung des von unbeschränkt steuerpflichtigen Eltern erzielten Einkommens hinsichtlich des Existenzminimums für Kinder dient. Dieses "Kindergeld" (nach dem EStG) ist in erster Linie nicht als Leistung des Staates an die Bürger wegen Kinder konzipiert, sondern dem Gedanken des Kinderfreibetrags untergeordnet, nämlich das Einkommen von Familien mit Kindern geringer zu besteuern und daher bei den geltenden zu hohen Steuersätzen vorsorglich monatlich im Voraus eine Steuerrückzahlung (Steuervergütung - § 31 EStG) - insoweit zu Unrecht als Kindergeld betitelt - zu zahlen.

Die Neuregelung des Kindergeldrechts ab 01.01.1996 ist aber verfassungsgemäß. Das Kindergeld war ehemals als Sozialleistung konzipiert, wenn es auch nebenbei den Zweck hatte, die ehemals ab 1975 im Steuerrecht weggefallenen Kinderfreibeträge zu ersetzen und die später wieder in zu geringer Höhe neu eingeführten Kinderfreibeträge zu ergänzen. Das BVerfG hatte in zahlreichen Entscheidungen festgestellt, dass das von den Eltern erzielte Einkommen in Höhe des Existenzminimums für Kinder von Steuern freigestellt werden muss und dass hierfür die bisherigen Kinderfreibeträge einschließlich des in fiktive Kinderfreibeträge umgerechneten Kindergelds nach dem BKGG nicht hinreichend seien (BVerfG vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84 und 1 BvL 4/86 in SozR 3-5870 § 10 Nr.1; BVerfG vom 12.06.1990 - 1 BvL 72/86). Dem Gesetzgeber wurde bei freigestelltem Weg (soziales Kindergeldrecht, Einkommensteuerrecht oder sonstige Gesetze) eine Neuregelung aufgegeben, die zur Vermeidung eines Verstoßes gegen die Verfassung die Besteuerung des Existenzminimums für Kinder verhindern müsse. Der Gesetzgeber hat hierzu das Kindergeld vorrangig im EStG geregelt. Wenn der Kläger insoweit an den gesetzlichen Vorschriften rügt, dass das BVerfG dem Gesetzgeber keineswegs die Regelung im Steuerrecht und das Abgehen von der ursprünglichen Konzeption des Kindergelds als Sozialleistung im BKGG vorgeschrieben habe, so ist dies zutreffend, geht aber am Kern der Sache vorbei. Das BVerfG hat nämlich auch nicht den vom Gesetzgeber gewählten Weg als unzulässig bezeichnet oder auch nur für bedenklich gehalten, sondern ihn dem Gesetzgeber als eine von mehreren ihn Frage kommenden unbedenklichen Möglichkeiten anheim gestellt. Es blieb dem Gesetzgeber außerdem überlassen, ob er es bei den vom BVerfG zur Vermeidung von Grundrechtsverstößen vorgezeichneten Minimallösungen belassen oder künftig ein Mehr vorsehen wollte.

Aufgrund dieser Lage kam es zur vorrangigen steuerrechtlichen Lösung, wobei es nicht mehr eine Kumulation von Kindergeld und Kinderfreibetrag gab, sondern im Prinzip den Kinderfreibetrag und anstelle des Kinderfreibetrags das Kindergeld. Gemäß § 31 Satz 1 EStG wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag nach § 32 EStG oder durch Kindergeld nach dem X. Abschnitt dieses Gesetzes (§§ 62 ff. EStG) bewirkt. Im laufenden Kalenderjahr wird Kindergeld (auf Antrag) als Steuervergütung monatlich gezahlt. Wird hierdurch die gebotene steuerliche Freistellung nicht im vollen Umfange bewirkt, ist bei der Veranlagung zur Einkommensteuer der Kinderfreibetrag anzurechnen und das Kindergeld zu verrechnen (§ 31 Sätze 3 bis 5 EStG). Nur soweit das Kindergeld nicht für die steuerliche Freistellung erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie (und muss daher nicht zurückgezahlt werden).

Bei dieser steuerrechtlichen Zielsetzung ist es unbedenklich, dass nicht der Elternteil begünstigt wird, der für das Kind sorgeberechtigt ist oder das Kind tatsächlich betreut oder das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat; unerheblich ist es auch, dass ein nicht unbeschränkt steuerpflichtiger Elternteil (im Ausland) finanzielle Aufwendungen für Kinder hat. Bedeutsam von der Konzeption der Kindergeldregelung her ist lediglich, dass ein unbeschränkt steuerpflichtiger Elternteil begünstigt wird, damit dessen Einkommen (falls es in einiger Höhe erzielt wird) nicht in dem Teil besteuert wird, der als Existenzminimum für Kinder steuerfrei belassen werden muss. Im Hintergrund steht hier wiederum die im Regelfall zutreffende allgemeine Erwägung, dass dieser Elternteil meistens unterhaltspflichtig ist und entlastet werden soll. Hier geht es vorrangig nicht um das Geben von Sozialleistungen, sondern um das Vermeiden einer grundgesetzwidrigen zu hohen Besteuerung, also eines verbotswidrigen Nehmens. Gegebenenfalls wird die Wegnahme von erzieltem Einkommen aufgrund der zu hohen Steuerlast für Eltern mit Kindern durch die vorzeitige Steuerrückerstattung (Kindergeld) kompensiert.

Im Einkommensteuerrecht vordergründig ist das "Finanzielle ", wobei nicht einmal von Förderung der Familie gesprochen werden kann, soweit und solange der unbeschränkt Steuerpflichtige hinreichend Einkommen hat und daher auch tatsächlich Steuern entrichten muss; es wird ihm dann über das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag nur das zurückgegeben, was er sich selbst erarbeitet oder sonstwie erworben hat und was ihm zu Unrecht durch zu hohe Besteuerung genommen worden ist. Der Elternteil hingegen, der nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, aber das Kind allein erzieht oder betreut, bedarf aus steuerrechtlicher Sicht keiner Entlastung. Es entspricht der Systematik des Gesetzes, dass den Personen, bei denen kein steuerlicher Zugriff stattfindet, auch kein Kindergeld (nach dem EStG) oder ein Kinderfreibetrag zugute kommt. Konsequent ist daher der dem (im Inland lebenden) leiblichen Vater zugute kommende Kinderfreibetrag (ein Anspruch auf Kindergeld bestand vorliegend nicht, was aber irrelevant ist) und die Nichtbegünstigung des Klägers (und dessen Ehefrau), weder durch den Kinderfreibetrag noch das Kindergeld.

Es stand im Ermessen des Gesetzgebers, neben den Vergünstigungen des § 31 EStG ein sozialrechtliches Kindergeld zu schaffen, das - anders als das Kindergeld in der Zeit vor dem 01.01. 1996 - keinerlei steuerechtlichen Bezug mehr hatte. Insoweit hat der Gesetzgeber, abgesehen von Sachverhalten aufgrund der Bindung durch zwischen- und überstaatliches Recht, ab 01.01. 1996 nur punktuell für besondere Personengruppen Vergünstigungen vorgesehen, aber nur außerhalb des Regelungsbereichs der neu eingeführten § 31, § 32 und §§ 62 ff. EStG, also insbesondere in bestimmten "Auslandsfällen", in denen bereits vor dem 01.01.1996 grundsätzlich keine Leistungen erbracht werden mussten und auch nur ausnahmsweise in besonderen Fällen Kindergeld gezahlt worden ist.

Ein Anspruch des Klägers auf das sozialrechtliche Kindergeld in einer Situation, in der für ihn nach der gesetzlichen Regelung des BKGG n.F. kein Kindergeld vorgesehen ist, besteht nicht. Ein solcher Leistungsanspruch kann nach ständiger Rechtsprechung nicht aus Art.6 Abs.1 GG (Schutz und Förderung der Familie) oder aus Art.20 GG (Sozialstaatsprinzip) abgeleitet werden. Grenzen setzt dem Gesetzgeber letztlich nur Art.3 Abs.1 GG; der Kläger darf nicht willkürlich vom Kindergeld ausgeschlossen werden, das anderen Personen in gleicher oder ähnlicher Lage gewährt wird. Für die "Nichtberücksichtigung" des Klägers besteht aber ein sachlicher Grund. Bei dem vom Bevollmächtigten des Klägers angestellten Vergleich mit anderen Entwicklungshelfern, die sozialrechtliches Kindergeld für Stiefkinder beziehen, weil der leibliche Vater sich nicht im Inland aufhält (und auch nicht nach § 1 Abs.2 und Abs.3 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder so behandelt wird), ist nach Auffassung des Senats die Vergleichsgruppe nicht zutreffend gewählt. Hinzugenommen werden müssten alle nach § 1 Abs.1 BKGG n.F. und auch nach § 17 in Verbindung mit § 1 BKGG n.F. privilegierten Personen, also auch leibliche Eltern, die von dem an sich möglichen Bezug des Kindergelds durch § 2 Abs.4 BKGG n.F. ausgeschlossen werden; insoweit ist es aber ein sachlich nachzuvollziehender Grund, dass eine sozialrechtliche Leistung dann nicht gewährt wird, wenn bereits nach vorrangigen Rechtsgrundsätzen (EStG) kinderbezogene Vergünstigungen und Leistungen vorgesehen sind und die diesbezüglichen Vorschriften einen Anwendungsbereich haben. Zu beanstanden ist ferner nicht, dass der Gesetzgeber keine Doppelvergünstigung, weder allein im Bereich des EStG noch allein im Bereich des BKGG n.F. noch im Hinblick auf den Gesamtbereich EStG/BKGG n.F. vorgesehen hat.

Im vorliegenden Fall kommt es eben nicht auf eine (rein) sozialrechtlich zu begründende Förderung der Familie (des Klägers, nicht aber der leiblichen Eltern) an. Der Senat weist hierzu auf die Interessenlage und die aus Verfassungsgründen neu geschaffene Gesetzeslage hin: Der Kläger ist nicht (bei minderjährigen Stiefkindern) Inhaber der elterlichen Gewalt und/oder den Stiefkindern gegenüber zu Bar- oder Naturalunterhalt sowie zur Betreuung verpflichtet. Der leibliche Vater der Kinder ist unter Umständen bei minderjährigen leiblichen Kindern auch Sorgeberechigter und - bei Getrenntleben von Ehefrau oder früherer Ehefrau (nach Scheidung) - den Kindern immerhin noch zum Barunterhalt verpflichtet, sofern er unterhaltsfähig ist. Durch Kinderfreibetrag oder Kindergeld nach dem EStG wird die Fähigkeit des leiblichen Vaters zur Erbringung von Unterhalt an die Kinder gefördert und bei (durchsetzbaren) Unterhaltszahlungen des leiblichen Vaters wird die neue Familie wegen eigener "Bezüge" der Kinder (Unterhalt) entlastet. Würde hingegen der Stiefvater das Kindergeld (aber nach dem BKGG) beziehen, wäre der leibliche Vater von Vergünstigungen ausgeschlossen, was eine negative Auswirkung auf seine Unterhaltsleistungen hätte. Bei der Entscheidung, wer von zwei Elternteilen (Stiefvater oder leiblicher Vater, vorliegend scheidet die Mutter von vornherein als weitere Bezugsberechtigte aus) in einem Sonderfall des Auslandswohnsitzes des Kindes kindergeldberechtigt sein soll, erscheint es sachgerecht, wenn der Gesetzgeber die Bevorzugung des leiblichen Vaters wählt; denn dessen Begünstigung über das EStG entspricht dem Grundsatz (EStG) und nicht dem Ausnahmefall (BKGG). Abgesehen davon ist der Gesetzgeber verpflichtet, beim Einkommen des leiblichen Vaters aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Steuerverschonung vorzusehen, wohingegen der Stiefvater und die Stiefmutter nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und daher für eine kinderbezogene Vergünstigung nach dem EStG nicht in Frage kommen können. (Hätte die Mutter aber tatsächlich ein solches Einkommen, wäre sie gegenüber dem leiblichen Vater und dem Stiefvater gemäß 64 EStG vorrangig berechtigt gewesen.)

Der Senat sieht daher sogar verfassungsrechtliche Bedenken, wenn keine Steuerverschonung für das allein in Frage und allein zur Verfügung stehende Einkommen des unbeschränkt steuerpflichtigen Elternteils (hier leiblicher Vater) erfolgt und das Kindergeld unter Berücksichtigung nunmehr des "Obhutsprinzips" nach dem BKGG n.F. an den mit den Kindern im Ausland lebenden Elternteil gezahlt wird. Eine solche Leistung mag aus sozialen und familiären Gründen angebracht sein, rechtfertigt aber nicht eine gleichzeitig damit verbundene grundsätzliche Besteuerung des Einkommens des im Inland lebenden Elternteils ohne Berücksichtigung des Existenzminimums für Kinder. Gleichwohl hat der Gesetzgeber - letztlich aus politischen Gründen (und nach Meinung des Senats ohne hinreichende Berücksichtigung der dogmatisch neuen Grundlagen des Kindergeldrechts ab 01.01.1996) im Jahre 2002 mit Rückwirkung ab 01.01.2000 der sozialrechtlichen Leistung teilweise den Vorrang vor der steuerrechtlichen Lösung eingeräumt. Besteht nach dem EStG und dem BKGG n.F. jeweils ein Anspruch für einen von zwei oder mehreren Elternteilen, so soll künftig derjenige kindergeldberechtigt sein, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder - wenn das Kind nicht im Haushalt eines Elterteils lebt - ihm den höheren Barunterhalt leistet (vgl. hierzu Bundestags-Drucksache 14/6160 S.14 ff.). § 2 Abs.4 BKGG n.F. und § 63 Abs.1 EStG wurden dementsprechend vom Gesetzgeber ergänzt bzw. abgeändert.

Diese Lösung mag dem Kläger und einem gewissen "Gerechtigkeitsempfinden" zur Frage, wer Sozialleistungen für Kinder beziehen soll, und zu dem erstrebenswerten Ziel, dass mehr Sozialleistungen für Kinder wünschenswert wären, entgegenkommen. Gleichwohl ist die rückwirkend ab 01.01.2000 geltende Änderung des Kindergeldsrechts in keiner Weise geeignet, einen Anspruch des Klägers für die Jahre 1998 und 1999 oder zumindest die Verfassungswidrigkeit der in diesen Jahren geltenden Gesetzesvorschriften zu begründen.

Die Berufung war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich. Eine "Divergenzentscheidung" ist nicht bekannt. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erscheint ebenfalls nicht gegeben. Ein Interesse an der Erhaltung der Rechtseinheit in ihrem Bestand und der Förderung der Weiterentwicklung des Rechts kann nicht gesehen werden. Die Vorschriften des BKGG und des EStG in den von 1996 bis 1999 geltenden Fassungen, die im jetzigen Urteil anzuwenden waren, sind ab 01.01.2000 geändert worden und haben keinen Anwendungsbereich mehr, wird von vereinzelten Fällen aus der Vergangenheit abgesehen. Insoweit hat der Kläger behauptet, beim Sozialgericht Nürnberg seien drei Fälle, womit er möglicherweise seinen eigenen rechnet, anhängig gewesen. Beim Kindergeldsenat des Bayer. Landessozialgerichts waren drei Berufungen einschließlich des Streitfalls des Klägers anhängig, wobei eine davon (L 14 KG 25/99) nicht als Parallelfall zu werten ist, weil es hier nicht um die Anwendung des § 2 Abs.4 BKGG n.F. gegangen ist, sondern um die Frage,ob das in einem EG-Staat studierende Kind in den Haushalt des Entwicklungshelfers in Ecuador (noch) aufgenommen ist.

Nachdem einschlägige Fälle wegen fehlenden Wohnsitzes des Entwicklungshelfers im Inland vom Arbeitsamt N. entschieden und dann gegebenenfalls beim Sozialgericht Nürnberg und anschließend beim Bayer. Landessozialgericht anhängig werden, kann ausgesagt werden, dass lediglich äußerst selten Streitfälle ähnlich dem jetzigen entstanden und seit vielen Jahren nicht mehr angefallen sind, somit kein Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts besteht, sondern allenfalls ein Individualinteresse Einzelner an der Klärung einer Zweifelsfrage. Deswegen kann eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht bejaht werden. Abgesehen davon sieht der Senat bei der Anwendung der Vorschriften des EStG n.F. und des BKGG n.F. in den bis zum 31.12.1999 geltenen Fassungen keine Zweifelsfragen; die richtige Rechtshandhabung ergibt sich unmittelbar und offensichtlich aus dem Gesetz. Soweit es verfassungsrechtliche Fragen anbelangt, so haben das BSG und das BVerfG wiederholt ihre Auffassung zum steuerlich zu verschonenden Einkommen der Eltern in Höhe des Existenzminimums für Kinder und zur Frage dargelegt, unter welchen Voraussetzungen die Nichtgewährung beitragsunabhängiger Sozialleistungen gegen das Grundgesetz verstoßen können. Auch insoweit sieht der Senat keinen Bedarf an einer weiteren Abklärung.
Rechtskraft
Aus
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