Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 20 R 4652/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 491/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 390/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerig gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 1. Juni 2005 wird zurückgwiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1951 geborene Klägerin hatte von 1966 bis 1969 den Beruf einer Friseuse erlernt und war bis 1979 als Friseuse versicherungspflichtig beschäftigt. Wegen eines Umzugs gab sie nach ihren Angaben diesen Beruf auf. Anschließend war sie als Sortiererin in einem Lager, als Produktionshelferin und zuletzt von 1987 bis März 2004 als Mitarbeiterin in der Warenausgabe in einem Bekleidungsgeschäft (am Packtisch), vergütet nach Beschäftigungsgruppe II des Bayerischen Einzelhandelstarifvertrags, für 21 h wöchentlich versicherungspflichtig beschäftigt. Es folgte ein Bezug von Kranken- und Arbeitslosengeld. Seit Mai 2006 bezieht sie keine öffentlich-rechtlichen Leistungen mehr.
Nach dem Schwerbehindertengesetz ist bei ihr ein GdB von 30 wegen der Folgen der Handoperation festgestellt.
Die Klägerin beantragte am 27.03.2003 wegen der Einschränkung der linken Hand nach einer Carpaltunnel-Syndrom-Operation die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte unter Berücksichtigung des Kurberichtes vom Juli 2002, in dem die Klägerin für ihre letzte Tätigkeit als arbeitsfähig erachtet wurde, sowie des eingeholten orthopädischen Gutachtens von Dr. L. vom 09.05.2003, wonach die Klägerin noch leichtere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne überwiegend feinmotorische Tätigkeiten - unter Berücksichtigung der linksseitig deutlichen Einschränkung der Greiffunktion der Hand - mindestens 6 h täglich verrichten könne, mit Bescheid vom 26.06.2003 ab. Denn die Klägerin könne trotz der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sowie Aufbraucherscheinungen im Bereich der linken Schulter und Restbeschwerden nach beidseitiger Carpaltunnel-Operation mit noch ausreichend erhaltener Belastbarkeit in ihrem bisherigen Berufsbereich sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 h täglich tätig sein. Sie sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte sie eine unzutreffende Einschätzung ihres Gesundheitszustandes sowie ihres Leistungsvermögens geltend. Die Beklagte zog Befundberichte von Dr.G.und Dr.D. bei und holte ein nervenärztliches Gutachten von Dr. H. ein. Wegen der Schädigung des Nervus medianus links sei nach dessen Ansicht die linke obere Extremität allenfalls noch als Unterstützhand einsetzbar. Psychiatrischerseits seien keine Auffälligkeiten erkennbar gewesen. Da die Klägerin sehr eloquent und kontaktfähig sei, hielt dieser eine Tätigkeit der Klägerin als Telefonistin, etwa in einem Callcenter, für möglich und zumutbar. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2004 als unbegründet zurück. Auch wenn die Klägerin ihre letzte Tätigkeit als Packerin nicht mehr verrichten könne, so sei sie mit ihrem Restleistungsvermögen noch in der Lage, unter den zumutbaren üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 h täglich erwerbstätig zu sein.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München verfolgte die Klägerin ihr Ziel der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung weiter. Denn sie könne keine Arbeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten. Ihr massives Venenleiden sei bislang nicht berücksichtigt; die Einholung eines Gutachtens auf phlebologischem Fachgebiet sei daher erforderlich.
Das Gericht zog zur Ermittlung des Sachverhalts Befundberichte von dem Orthopäden Dr.D. und von der Schmerzambulanz des Klinikums Großhadern sowie eine Auskunft des letzten Arbeitgebers der Klägerin bei und holte von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten von Dr. X., Leitender Oberarzt der Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Städtischen Krankenhauses M., ein.
Dr. X. stellte in seinem Gutachten vom 24.09.2004 auf der Grundlage einer Untersuchung der Klägerin ab Antragstellung folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. leichtgradiges Halswirbelsäulen-, Schulter-Arm- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes. 2. Varicosis beidseits 3. Senk-Spreizfüße beidseits ohne gravierende Geh- und Stehminderung 4. Z.n. dreimaliger Carpaltunnel-Operation links mit glaubwürdigem Schmerzsyndrom, mittelgradiger Funktionseinschränkung des linken Handgelenkes, erschwerter Ausübbarkeit der Grob- und Feingriffformen und bei inkomplettem Faustschluss glaubwürdig subjektive Beschwerden. Die Klägerin könne die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Warenausgabe nur noch weniger als 3 h täglich verrichten. Sie könne aber noch leichte Arbeiten im gelegentlichen Wechsel der Arbeitsposition, überwiegend in geschlossenen Räumen (kurzfristig im Freien), ohne häufige Über-Kopf-Arbeiten und ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mindestens 8 h täglich verrichten. An Kraft und Geschicklichkeit der Finger der linken Hand dürften in keinster Weise besondere Ansprüche gestellt; es sei von einer Beihandfunktion der linken Hand der Klägerin, die Rechtshänderin sei, auszugehen. Überwiegendes Arbeiten an Maschinen, Büromaschinen und am Bildschirm sei nicht zumutbar. Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 1. Juni 2005 ab. Denn die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem schlüssigen Gutachten von Dr. X. sei sie noch in der Lage, leichte Arbeiten mindestens 6 h täglich zu verrichten. Da die von der Klägerin geltend gemachte Varicosis links im November 2004 erfolgreich operiert worden sei, sei eine Begutachtung auf phlebologischem Fachgebiet nicht erforderlich gewesen. Es bestehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, weil die Klägerin der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im unteren Bereich zuzuordnen und sie auf die Tätigkeit eines Pförtners an einer Nebenpforte verweisbar sei. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedürfe es ausnahmsweise wegen der erheblichen Beeinträchtigung der linken Hand, die eine ungewöhnliche Leistungseinschränkung darstelle. Nach der Beschreibung des Berufsbildes eines Pförtners aus dem BERUFEnet bestehe die Tätigkeit eines Pförtners unter anderem in der Kontrolle von Werksausweisen, dem Ausstellen von Passierscheinen, dem Anmelden von Besuchern, der Verwaltung von Schlüsseln und Schließanlagen sowie der Entgegennahme und Weiterleitung von Postsendungen. Hierbei handle es sich nach dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24.03.2004, Az. L 3 RJ 2939/99 um eine körperlich leichte Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen ausgeführt werde, wobei gelegentliches Stehen oder Gehen möglich sei. Zu einer Hebe- oder Tragebelastung komme es in der Regel nicht. Die Pförtnertätigkeit stelle an die Funktionstüchtigkeit der Arme und Beine keine besonderen Anforderungen; diese Tätigkeit sei selbst faktisch Einarmigen möglich. Die Pförtnertätigkeiten würden auch in nennenswertem Umfang auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angeboten werden; es handle sich nicht um Schonarbeitsplätze.
Dagegen hat die Klägerin unter Vorlage von Arztbriefen insbesondere über die komplikationslose Operation eines gutartigen kalten Knotens links in der Schilddrüse im April 2005 und eines Attestes des behandelnden HNO-Arztes Dr. Reitberger vom 29.06.2007 über eine Verschlechterung der Hörstörung links mit einem prozentualen Hörverlust von 35 % Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist sie auf ihr Wirbelsäulenleiden mit Bandscheibenvorfall, die Funktionseinschränkung ihrer linken Hand mit beträchtlicher Sensibilitätsminderung im Handbereich, die zunehmenden Beschwerden sowie Schmerzen ihres Venenleidens und ihrer am linken Bein diagnostizierten Varicosis, ein zwischenzeitlich eingetretenes schweres depressives Syndrom sowie ihre Hörschwäche. Auf Grund ihrer Hörschwäche könne sie weder den Beruf einer Telefonistin noch mangels Wahrnehmung der Kontrollfunktion den einer Pförtnerin ausüben. Bei der Tätigkeit einer Pförtnerin an einer Nebenpforte handle es sich um einen Nischenberuf, der in Deutschland nur in extrem seltenen Ausnahmefällen angeboten werde und nur intern in Unternehmen vergeben werde. Auch auf Grund des Rollenbildes habe sie als Frau weniger Chancen, eine derartige Stelle zu erhalten. Im Übrigen werde die pauschale Bezugnahme des Sozialgerichts auf eine Tätigkeit als Pförtnerin an einer Nebenpforte dem Erfordernis der Benennung eines konkreten Verweisungsberufes nicht gerecht. Die Beklagte habe bislang noch keine konkrete Verweisungstätigkeit benannt; dies könne sie auch nicht mehr heilend nachholen.
Der Senat hat über den Gesundheitszustand und das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin Beweis erhoben durch Einholung medizinischer Sachverständigengutachten von Amts wegen von dem Internisten Dr. P., Oberarzt im Klinikum M., und von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Sozialmedizin Dr. Dr. U. sowie auf den Antrag der Klägerin nach § 109 SGG von dem Facharzt für Orthopädie, physikalische und Rehamedizin, Sozialmedizin und Chirotherapie Dr. Y ..., jeweils aufgrund einer Untersuchung der Klägerin.
Dr. P. stellt in seinem Gutachten vom 31.07.2006 folgende Diagnosen: 1. Rezidiv-Unterschenkelvaricosis mit Schwerpunkt am linken Bein ohne Anhalt für chronisch-venöse Insuffizienz oder postthrombotisches Syndrom 2. Geringe Hypercholesterinämie 3. Zustand nach Strumektomie 04/2005 wegen Struma nodosa Grad II mit kaltem Knoten; jetzt euthyreote Schilddrüsenfunktion 4. Allergische Diathese 5. Zustand nach Operation eines Carpaltunnel-Syndroms an der rechten Hand 1992 ohne Restbeschwerden 6. Zustand nach Operation eines Carpaltunnel-Syndroms an der linken Hand im August 2000 und nach Re-Operation im November 2000 und 2002 mit bleibenden Taubheitsgefühlen am linken Daumen. Die Klägerin könne ab März 2003 noch mindestens 6 h täglich körperlich leichte Arbeiten, die keinen vollen Einsatz der linken oberen Extremitäten erforderten (linke Hand nur als Unterstützungshand), ohne Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten über 7,5 kg, ohne häufiges Bücken oder Knien, ohne häufige Überkopfarbeiten und Tätigkeiten mit Besteigen von Leitern und Gerüsten, ohne dauerndes Sitzen und Stehen (regelmäßiger Wechsel der Arbeitsposition erforderlich) und ohne Kontakt gegenüber allergisierenden Substanzen (insbesondere nicht Nickel und Kobalt) verrichten.
Dr. Dr. U. diagnostiziert in ihrem Gutachten vom 01.03.2007 folgende Gesundheitsstörungen: 1. Territoriales neuropathisches Schmerzsyndrom bei ängstlich asthenischener Primärpersönlichkeit 2. Sensibilitätsstörung nach Mehrfach-Carpaltunnel-Operation links 3. Rezidiv-Unterschenkel-Varicosis linksbetont, leichtes HWS-, Schulter-Arm- und LWS-Syndrom. Sie bestätigt im Wesentlichen das von den Vorgutachtern eingeschätzte Leistungsvermögen der Klägerin mit der Ergänzung, dass alle Tätigkeiten mit kraftforderndem, feinmanuellem oder dauerhaftem Einsatz der linken Hand zu vermeiden seien; die linke Hand sei nur noch gelegentlich als Beihand einsetzbar. Zu vermeiden seien ferner alle Tätigkeiten mit ständig hohen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie Tätigkeiten unter ständigem Zeitdruck. Die Umstellungsfähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt, sofern es sich um geistig einfache und nervlich nicht belastende Tätigkeiten handle.
Dr. Y ... bestätigt in seinem Gutachten vom 10.05.2007 im Wesentlichen die Beweisergebnisse der vorausgehenden Sachverständigengutachten, insbesondere des vom Sozialgericht erholten orthopädischen Gutachtens von Dr. X. vom 24.09.2004. Erstmals wird von ihm eine beginnende Coxarthrose links mit leichten Bewegungseinschränkungen der linken Hüfte festgestellt. Die Beweglichkeit der linken Hüfte sei aber noch ausreichend, um schmerz- und hinkfrei gehen zu können. In Verbindung mit dem Venenleiden sei eine leichte Einschränkung der Stehfähigkeit gegeben. Weitere fachärztliche Begutachtungen werden als nicht erforderlich erachtet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 01.06.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf Grund des Antrags vom 27.03.2003 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise die mündliche Verhandlung zu vertagen und gemäß §§ 103, 106 SGG von Amts wegen ein psychiatrisches Gutachten zur Leistungsfähigkeit der Klägerin einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Beweisergebnisse der eingeholten Gutachten.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung ist gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2004 mit Urteil vom 1. Juni 2005 abgewiesen, weil die Klägerin nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung im Sinn der §§ 43, 240 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung hat. Da sie den Rentenantrag nach dem 31.03.2001 gestellt hat und Rente für Zeiten nach dem 01.01.2001 begehrt, ist gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI vorgenanntes Recht anwendbar. Die Klägerin ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert noch erfüllt sie die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Auch ihrem Hilfsantrag auf Vertagung und Einholung eines weiteren psychiatrischen Gutachtens zur Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit war nicht stattzugeben, weil die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet durch das psychiatrische Gutachten von Dr. Dr. U. vom 01.03.2007 ausreichend ermittelt worden sind.
Die Klägerin hat zwar zum Zeitpunkt der Antragstellung die Wartezeit sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt, sie ist jedoch nicht mindestens berufsunfähig im Sinn des § 240 Abs. 2 SGB VI. Erst recht erfüllt sie nicht die strengeren Voraussetzungen für das Vorliegen einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung im Sinn von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI.
Nach § 43 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll oder teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor dem Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behin¬derung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, gei¬stig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken ist. Der Kreis der Tätigkei¬ten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dau¬er und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Nach der in Rechtsfortbildung der Versicherungsfälle der verminderten Erwerbsfähigkeit durch das Bundessozialgericht entwickelten und vom Gesetzgeber auch durch das EMRefG gebilligten (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI) Arbeitsmarktrente ist der Versicherte darüber hinaus auch voll erwerbsgemindert, wenn das Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden ab¬gesunken ist und der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist, weil der Versicherte keinen zumutbaren Arbeitsplatz innehält (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, SozR 3-2600 § 44 Nr.8).
Das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränkt. Sie kann nach dem Beweisergebnis der schlüssigen und so überzeugenden Gutachten von Dr. P. vom 31.07.2006 und von Dr. Dr. U. vom 01.03.2007, die im Wesentlichen in Einklang mit den von der Beklagten, dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten und dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten von Dr. Y ... stehen, ab März 2003 noch körperlich leichte, geistig einfache und nervlich nicht belastende Tätigkeiten, die keinen vollen Einsatz der linken oberen Extremität erfordern (linke Hand nur gelegentlich als Beihand), mit einem regelmäßigen Wechsel der Arbeitsposition mindestens 6 h täglich verrichten. Auszuschließen sind Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit, Heben und Tragen von schweren Lasten über 7,5 kg, häufiges Bücken oder Knien, häufige Überkopfarbeiten, Besteigen von Leitern und Gerüsten, dauerndes Sitzen und Stehen und Kontakt gegenüber allergisierenden Substanzen (insbesondere Nickel und Kobalt). Zu vermeiden sind ferner Tätigkeiten mit kraftforderndem, feinmanuellem oder dauerhaftem Einsatz der linken Hand, mit ständig hohen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie unter ständigem Zeitdruck.
Bei der Klägerin liegen seit der Antragstellung vom 27.03.2003 folgende Gesundheitsstörungen vor: 1. Sensibilitätsstörung nach Mehrfach-Carpaltunnel-Operation links 2. Territoriales neuropathisches Schmerzsyndrom bei ängstlich asthenischener Primärpersönlichkeit 3. Rezidiv-Unterschenkelvaricosis mit Schwerpunkt am linken Bein ohne Anhalt für chronisch-venöse Insuffizienz oder postthrombotisches Syndrom 4. Geringe Hypercholesterinämie 5. Zustand nach Strumektomie 04/2005 wegen Struma nodosa Grad II mit kaltem Knoten; jetzt euthyreote Schilddrüsenfunktion 6. Allergische Diathese.
Im Vordergrund der Beschwerden stehen seit der Operation eines Carpaltunnelsyndroms an der linken Hand im August 2000 unverändert die persistierenden Restbeschwerden, insbesondere das dauernde Taubheitsgefühl im Bereich des linken Daumenballens aufgrund einer Schädigung des Nervus medianus. Die linke Hand kann daher nur mehr als Unterstützungshand dienen. Da die periphere Nervenschädigung mit einer Lebenssituation, die durch psychosoziale Belastungsfaktoren angespannt war, zusammengefallen ist, hat sich eine Schmerzerkrankung entwickelt. Das Schmerzsyndrom wird aus einer Mischung organischer und psychosomatischer Anteile gespeist, begleitet von einer diskreten ängstlich labilen Verstimmung (ohne Anpassungsstörung und ohne Anhaltspunkte für eine schwerergradige Depression etc.). Eine Linderung der Beschwerden, die bislang weder medikamentös noch psychotherapeutisch behandelt werden, ist möglich durch eine Behandlung mit einem schmerzdistanzierenden und angstlösenden modernen Antidepressivum.
Bei der Klägerin besteht ferner seit Jahren ein Krampfaderleiden. 1995 ist sie erstmals am rechten Bein mit Erfolg operiert worden. Im November 2004 ist eine nicht völlig beschwerdefreie Operation am linken Bein durchgeführt worden. Sie leidet zwar trotz der Operation immer wieder an ziehenden Schmerzen von der Hüfte bis zum Knie, zeitweisen Taubheitsgefühlen und einem nächtlichen Unruhegefühl im linken Bein. Zeichen eines langjährigen Krampfaderleidens bzw. einer chronisch-venösen Insuffizienz - wie Ödeme, Stauungsdermatitis oder Ulcera crurum - sind aber nicht erkennbar. Die tiefen Beinvenen sind dopplersonographisch frei durchgängig. Der Klägerin sind daher noch leichte Arbeiten ohne dauerndes Sitzen und Stehen, mit einem regelmäßigen Wechsel zwischen Sitzen und Stehen zumutbar.
Die Fettstoffwechselstörung und die Entfernung des kalten Schilddrüsenknotens sind bislang noch ohne sozialmedizinische Auswirkungen. Auf Grund der festgestellten Kontaktallergie gegen Kobalt, Nickel und Neomycinsulfat ist der Kontakt mit diesen Substanzen am Arbeitsplatz zu vermeiden.
Die von dem die Klägerin behandelnden Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. Reitberger festgestellte Hörstörung links mit einem prozentualen Hörverlust von 35 % (ein Hörverlust bis 30 Prozent wird als geringgradig eingestuft: s. Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 5. Auflage, S. 530) wurde bereits von Dr. P. bei seiner Untersuchung am 08.06.2006 als im Gespräch und im normalen Umgang linksseitig gering reduziertes Hörvermögen ohne Anhalt für eine wesentliche Hypakusis festgestellt. Da die Klägerin den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung erkennbar ohne Mühe folgen konnte, ist ihr Sprachverständnis kaum beeinträchtigt. Im Übrigen können Schwerhörigkeiten geringen bis mittleren Grades meist durch ein technisches Hilfsmittel (z.B. Hörgerät, das ggf. von der Beklagten als Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren wäre) und durch Konzentration und Übung kompensiert werden (so Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, a.a.O., S. 533).
Unstreitig ist der Klägerin die Ausübung ihrer letzten Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Warenausgabe in einem Bekleidungsgeschäft am Packtisch auf Grund ihres eingeschränkten Leistungsvermögens nicht mehr möglich und zumutbar. Unter Berücksichtigung ihres Restleistungsvermögens und der während des Erwerbslebens erlangten und verwertbaren Kenntnisse und Fähigkeiten sind ihr aber noch die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten als Pförtnerin, Empfangsdame oder in der Personalkontrolle mindestens 6 h täglich vollwertig möglich und zumutbar, so dass sie nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit ist.
Die Klägerin ist nach der Qualität der verrichteten Arbeit, zugeordnet nach dem Tarifvertrag des Bayerischen Einzelhandels in Beschäftigungsgruppe II (Angestellte mit einfachen kaufmännischen Tätigkeiten), als angelernte Angestellte im unteren Bereich einzustufen und daher grundsätzlich auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar; insoweit wird von einer weiteren Darstellung abgesehen und auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Trotz der Einschränkung der vollen Gebrauchsfähigkeit beider Hände als schwere spezifische Leistungsbehinderung ist der Klägerin der allgemeine Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Sie ist zumutbar verweisbar etwa auf die vom Sozialgericht und von der Beklagten - entgegen der Ansicht der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens und so in der letzten Tatsacheninstanz noch rechtzeitig - genannte Tätigkeit einer Pförtnerin an der Nebenpforte. Zu den Aufgaben von Pförtnern zählt das Überwachen des Personen- und Fahrzeugverkehrs an Türen oder Toren sowie das Empfangen, Begrüßen und Weiterleiten von Besuchern, Betriebsangehörigen oder Lieferanten, das Prüfen der Legitimation, Vornehmen von Ausweiskontrollen und namentliches Erfassen von Personen. Ferner sind Auskünfte zu erteilen und ggf. verdächtige Handlungen zu beobachten. Auch Arbeitszeit- und Anwesenheitskontrollen können erfolgen. Im Übrigen sind Schlüssel auszugeben, zurückzunehmen und zu verwahren. Diese Arbeitsaufgaben beinhalten körperlich leichte Arbeiten im Sitzen mit der Möglichkeit des Haltungswechsels. Die Tätigkeiten werden in geschlossenen Räumen, z.B. in einer Pförtnerloge oder Eingangshalle, auch im Tagdienst ausgeübt. Die qualitativen gesundheitlichen Einsatzbeschränkungen der Klägerin sind daher berücksichtigt, insbesondere kann die linke Hand nur als Beihand eingesetzt werden. Auch das linksseitig nur gering reduzierte Hörvermögen, das mit Hilfe eines Hörgerätes kompensiert werden kann (s. hierzu oben), steht nicht entgegen. Die Klägerin kann die Tätigkeit einer einfachen Pförtnerin auch in nicht mehr als drei Monaten erlernen. Der Zugang zu solchen Arbeitsplätzen ist berufsfremden Bewerbern aus allen Berufen möglich, weil die Befähigung im Rahmen einer weniger als 3 Monate umfassenden Anlernzeit erworben wird. Als Arbeitgeber bzw. Einsatzfelder kommen Verwaltungen, Geschäfts- und Bürohäuser, Museen, Bildungseinrichtungen, Fabriken aller Wirtschaftsbereiche sowie die sonstigen Einrichtungen in Betracht (so etwa Urteil des Sächsischen LSG vom 10.07.2006, Az. L 7 RJ 1/03; vgl. auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 28.04.2004, Az. L 3 RJ 2939 99). Es handelt sich dabei entgegen der Ansicht der Klägerin um keinen Schonarbeitsplatz, der Betriebsfremden nicht zur Verfügung steht (anders als beim gehobenen bzw. qualifizierten Pförtner als typischen Schonarbeitsplatz). Derartige Arbeitsplätze werden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nicht nur ganz geringer Zahl angeboten. Nachweise für die von der Klägerin vorgetragene Zugangsbeschränkung dieses Berufes für Frauen sind weder von ihr erbracht worden noch sonst ersichtlich. Das Sozialgericht und die Beklagte haben mit der Verweisung der Klägerin auf die Tätigkeit einer Pförtnerin schließlich dem Erfordernis der hinreichend konkreten Benennung - von der Klägerin gerügt - genügt. Denn es ist ein typischer Arbeitsplatz mit der üblichen Berufsbezeichnung (vgl. etwa BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 38) zu nennen. Die Bezeichnung eines Pförtners genügt diesen Anforderungen.
Die Klägerin ist auch auf eine Tätigkeit in der Personalkontrolle, die nach dem Tarifvertrag des Bayerischen Einzelhandels ebenfalls der Beschäftigungsgruppe II zugeordnet ist, verweisbar. Es handelt sich hierbei um eine körperlich leichte Arbeit, die üblicherweise überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Stehen und Gehen verrichtet wird. Der Aufgabenbereich umfasst die Eingangs- und Ausgangskontrolle, das Führen von Besucherlisten sowie die Ausgabe von Schlüsseln an Berechtigte. Selbst wenn die Anzahl derartiger Arbeitsplätze infolge der Technisierung und Rationalisierung abnehmen sollte, so besteht bei in Tarifverträgen genannten Tätigkeiten die Vermutung, dass es Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl gibt (so BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 102). Diese Tätigkeit ist der Klägerin mit ihrem verbliebenen Leistungsvermögen ebenfalls noch möglich und zumutbar. Die erforderlichen Kenntnisse kann sie innerhalb von maximal drei Monaten erwerben.
Ferner ist die kontaktfreudige Klägerin zumutbar verweisbar auf die von der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Dr. U. empfohlene Tätigkeit einer Empfangsdame, also einer Hostess in einer öffentlichen Verwaltung. Diese Angestellten, z.B. an einer Information, regeln den Besucherstrom und beantworten zum Teil kleinere Anliegen der Kunden selbst. Sie händigen Informationsmaterialien, Vordrucke und Ähnliches bei Bedarf aus und überprüfen zum Teil, ob eingereichte Unterlagen vollständig sind. Es handelt sich hierbei um körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen. Zwangshaltungen beschränken sich auf das Nachschlagen in Telefonverzeichnissen und Organisationsplänen. Ein Wechsel der jeweiligen Körperhaltungen ist selbstbestimmt möglich. Eine notwendige Einarbeitung ist in drei Monaten abgeschlossen. Tätigkeiten dieser Art werden üblicherweise vergütet mit der Entgeltgruppe 2a und 2b des TVöD (vor 1.10.2005: Vergütungsgruppe VII bis VIII des BAT; vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Az. L 1 RA 142/03).
Die Klägerin ist nach der Überzeugung des Senats in der Lage, sich auf diese Verweisungstätigkeiten umzustellen. Ihre Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit ist nämlich, soweit es sich um geistig einfache Tätigkeiten ohne ständige hohe Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit handelt, nach den schlüssigen Ausführungen von Dr. Dr. U. nicht beeinträchtigt. Auch verfügt sie aufgrund ihrer früheren Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Warenausgabe bereits über verwertbare Kenntnisse und Fähigkeiten.
Erst recht hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI, weil sie nach den überzeugenden Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. P. und Dr. Dr. U. in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 h täglich erwerbstätig zu sein.
Dem Hilfsantrag der Klägerin nachzukommen und ein weiteres psychiatrisches Gutachten von Amts wegen einzuholen, hat der erkennende Senat keine Veranlassung gesehen. Die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet sind ausreichend aufgeklärt. Der Vortrag, dass zwischenzeitlich ein schweres depressives Syndrom diagnostiziert worden sei, wurde nicht durch Vorlage entsprechender ärztlicher Unterlagen bestätigt. Dr. Dr. U. konnte bei ihrer Untersuchung im März 2007 außer einer diskreten ängstlich labilen Verstimmung keine Anhaltspunkte für eine schwerergradige Depression, eine Psychose oder eine hirnorganische Beeinträchtigung feststellen. Im Übrigen müsste eine derartige psychische Störung zunächst behandelt werden, um als rentenrechtlich relevante dauerhafte Gesundheitsstörung anerkannt werden zu können.
Da die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen wegen Erwerbsminderung hat und auch ihrem Hilfsantrag nicht stattzugeben war, war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß §§ 183, 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung keinen Erfolg hatte.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
-
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1951 geborene Klägerin hatte von 1966 bis 1969 den Beruf einer Friseuse erlernt und war bis 1979 als Friseuse versicherungspflichtig beschäftigt. Wegen eines Umzugs gab sie nach ihren Angaben diesen Beruf auf. Anschließend war sie als Sortiererin in einem Lager, als Produktionshelferin und zuletzt von 1987 bis März 2004 als Mitarbeiterin in der Warenausgabe in einem Bekleidungsgeschäft (am Packtisch), vergütet nach Beschäftigungsgruppe II des Bayerischen Einzelhandelstarifvertrags, für 21 h wöchentlich versicherungspflichtig beschäftigt. Es folgte ein Bezug von Kranken- und Arbeitslosengeld. Seit Mai 2006 bezieht sie keine öffentlich-rechtlichen Leistungen mehr.
Nach dem Schwerbehindertengesetz ist bei ihr ein GdB von 30 wegen der Folgen der Handoperation festgestellt.
Die Klägerin beantragte am 27.03.2003 wegen der Einschränkung der linken Hand nach einer Carpaltunnel-Syndrom-Operation die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte unter Berücksichtigung des Kurberichtes vom Juli 2002, in dem die Klägerin für ihre letzte Tätigkeit als arbeitsfähig erachtet wurde, sowie des eingeholten orthopädischen Gutachtens von Dr. L. vom 09.05.2003, wonach die Klägerin noch leichtere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne überwiegend feinmotorische Tätigkeiten - unter Berücksichtigung der linksseitig deutlichen Einschränkung der Greiffunktion der Hand - mindestens 6 h täglich verrichten könne, mit Bescheid vom 26.06.2003 ab. Denn die Klägerin könne trotz der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sowie Aufbraucherscheinungen im Bereich der linken Schulter und Restbeschwerden nach beidseitiger Carpaltunnel-Operation mit noch ausreichend erhaltener Belastbarkeit in ihrem bisherigen Berufsbereich sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 h täglich tätig sein. Sie sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte sie eine unzutreffende Einschätzung ihres Gesundheitszustandes sowie ihres Leistungsvermögens geltend. Die Beklagte zog Befundberichte von Dr.G.und Dr.D. bei und holte ein nervenärztliches Gutachten von Dr. H. ein. Wegen der Schädigung des Nervus medianus links sei nach dessen Ansicht die linke obere Extremität allenfalls noch als Unterstützhand einsetzbar. Psychiatrischerseits seien keine Auffälligkeiten erkennbar gewesen. Da die Klägerin sehr eloquent und kontaktfähig sei, hielt dieser eine Tätigkeit der Klägerin als Telefonistin, etwa in einem Callcenter, für möglich und zumutbar. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2004 als unbegründet zurück. Auch wenn die Klägerin ihre letzte Tätigkeit als Packerin nicht mehr verrichten könne, so sei sie mit ihrem Restleistungsvermögen noch in der Lage, unter den zumutbaren üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 h täglich erwerbstätig zu sein.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München verfolgte die Klägerin ihr Ziel der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung weiter. Denn sie könne keine Arbeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten. Ihr massives Venenleiden sei bislang nicht berücksichtigt; die Einholung eines Gutachtens auf phlebologischem Fachgebiet sei daher erforderlich.
Das Gericht zog zur Ermittlung des Sachverhalts Befundberichte von dem Orthopäden Dr.D. und von der Schmerzambulanz des Klinikums Großhadern sowie eine Auskunft des letzten Arbeitgebers der Klägerin bei und holte von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten von Dr. X., Leitender Oberarzt der Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Städtischen Krankenhauses M., ein.
Dr. X. stellte in seinem Gutachten vom 24.09.2004 auf der Grundlage einer Untersuchung der Klägerin ab Antragstellung folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. leichtgradiges Halswirbelsäulen-, Schulter-Arm- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes. 2. Varicosis beidseits 3. Senk-Spreizfüße beidseits ohne gravierende Geh- und Stehminderung 4. Z.n. dreimaliger Carpaltunnel-Operation links mit glaubwürdigem Schmerzsyndrom, mittelgradiger Funktionseinschränkung des linken Handgelenkes, erschwerter Ausübbarkeit der Grob- und Feingriffformen und bei inkomplettem Faustschluss glaubwürdig subjektive Beschwerden. Die Klägerin könne die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Warenausgabe nur noch weniger als 3 h täglich verrichten. Sie könne aber noch leichte Arbeiten im gelegentlichen Wechsel der Arbeitsposition, überwiegend in geschlossenen Räumen (kurzfristig im Freien), ohne häufige Über-Kopf-Arbeiten und ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mindestens 8 h täglich verrichten. An Kraft und Geschicklichkeit der Finger der linken Hand dürften in keinster Weise besondere Ansprüche gestellt; es sei von einer Beihandfunktion der linken Hand der Klägerin, die Rechtshänderin sei, auszugehen. Überwiegendes Arbeiten an Maschinen, Büromaschinen und am Bildschirm sei nicht zumutbar. Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 1. Juni 2005 ab. Denn die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem schlüssigen Gutachten von Dr. X. sei sie noch in der Lage, leichte Arbeiten mindestens 6 h täglich zu verrichten. Da die von der Klägerin geltend gemachte Varicosis links im November 2004 erfolgreich operiert worden sei, sei eine Begutachtung auf phlebologischem Fachgebiet nicht erforderlich gewesen. Es bestehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, weil die Klägerin der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im unteren Bereich zuzuordnen und sie auf die Tätigkeit eines Pförtners an einer Nebenpforte verweisbar sei. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedürfe es ausnahmsweise wegen der erheblichen Beeinträchtigung der linken Hand, die eine ungewöhnliche Leistungseinschränkung darstelle. Nach der Beschreibung des Berufsbildes eines Pförtners aus dem BERUFEnet bestehe die Tätigkeit eines Pförtners unter anderem in der Kontrolle von Werksausweisen, dem Ausstellen von Passierscheinen, dem Anmelden von Besuchern, der Verwaltung von Schlüsseln und Schließanlagen sowie der Entgegennahme und Weiterleitung von Postsendungen. Hierbei handle es sich nach dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24.03.2004, Az. L 3 RJ 2939/99 um eine körperlich leichte Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen ausgeführt werde, wobei gelegentliches Stehen oder Gehen möglich sei. Zu einer Hebe- oder Tragebelastung komme es in der Regel nicht. Die Pförtnertätigkeit stelle an die Funktionstüchtigkeit der Arme und Beine keine besonderen Anforderungen; diese Tätigkeit sei selbst faktisch Einarmigen möglich. Die Pförtnertätigkeiten würden auch in nennenswertem Umfang auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angeboten werden; es handle sich nicht um Schonarbeitsplätze.
Dagegen hat die Klägerin unter Vorlage von Arztbriefen insbesondere über die komplikationslose Operation eines gutartigen kalten Knotens links in der Schilddrüse im April 2005 und eines Attestes des behandelnden HNO-Arztes Dr. Reitberger vom 29.06.2007 über eine Verschlechterung der Hörstörung links mit einem prozentualen Hörverlust von 35 % Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist sie auf ihr Wirbelsäulenleiden mit Bandscheibenvorfall, die Funktionseinschränkung ihrer linken Hand mit beträchtlicher Sensibilitätsminderung im Handbereich, die zunehmenden Beschwerden sowie Schmerzen ihres Venenleidens und ihrer am linken Bein diagnostizierten Varicosis, ein zwischenzeitlich eingetretenes schweres depressives Syndrom sowie ihre Hörschwäche. Auf Grund ihrer Hörschwäche könne sie weder den Beruf einer Telefonistin noch mangels Wahrnehmung der Kontrollfunktion den einer Pförtnerin ausüben. Bei der Tätigkeit einer Pförtnerin an einer Nebenpforte handle es sich um einen Nischenberuf, der in Deutschland nur in extrem seltenen Ausnahmefällen angeboten werde und nur intern in Unternehmen vergeben werde. Auch auf Grund des Rollenbildes habe sie als Frau weniger Chancen, eine derartige Stelle zu erhalten. Im Übrigen werde die pauschale Bezugnahme des Sozialgerichts auf eine Tätigkeit als Pförtnerin an einer Nebenpforte dem Erfordernis der Benennung eines konkreten Verweisungsberufes nicht gerecht. Die Beklagte habe bislang noch keine konkrete Verweisungstätigkeit benannt; dies könne sie auch nicht mehr heilend nachholen.
Der Senat hat über den Gesundheitszustand und das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin Beweis erhoben durch Einholung medizinischer Sachverständigengutachten von Amts wegen von dem Internisten Dr. P., Oberarzt im Klinikum M., und von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Sozialmedizin Dr. Dr. U. sowie auf den Antrag der Klägerin nach § 109 SGG von dem Facharzt für Orthopädie, physikalische und Rehamedizin, Sozialmedizin und Chirotherapie Dr. Y ..., jeweils aufgrund einer Untersuchung der Klägerin.
Dr. P. stellt in seinem Gutachten vom 31.07.2006 folgende Diagnosen: 1. Rezidiv-Unterschenkelvaricosis mit Schwerpunkt am linken Bein ohne Anhalt für chronisch-venöse Insuffizienz oder postthrombotisches Syndrom 2. Geringe Hypercholesterinämie 3. Zustand nach Strumektomie 04/2005 wegen Struma nodosa Grad II mit kaltem Knoten; jetzt euthyreote Schilddrüsenfunktion 4. Allergische Diathese 5. Zustand nach Operation eines Carpaltunnel-Syndroms an der rechten Hand 1992 ohne Restbeschwerden 6. Zustand nach Operation eines Carpaltunnel-Syndroms an der linken Hand im August 2000 und nach Re-Operation im November 2000 und 2002 mit bleibenden Taubheitsgefühlen am linken Daumen. Die Klägerin könne ab März 2003 noch mindestens 6 h täglich körperlich leichte Arbeiten, die keinen vollen Einsatz der linken oberen Extremitäten erforderten (linke Hand nur als Unterstützungshand), ohne Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten über 7,5 kg, ohne häufiges Bücken oder Knien, ohne häufige Überkopfarbeiten und Tätigkeiten mit Besteigen von Leitern und Gerüsten, ohne dauerndes Sitzen und Stehen (regelmäßiger Wechsel der Arbeitsposition erforderlich) und ohne Kontakt gegenüber allergisierenden Substanzen (insbesondere nicht Nickel und Kobalt) verrichten.
Dr. Dr. U. diagnostiziert in ihrem Gutachten vom 01.03.2007 folgende Gesundheitsstörungen: 1. Territoriales neuropathisches Schmerzsyndrom bei ängstlich asthenischener Primärpersönlichkeit 2. Sensibilitätsstörung nach Mehrfach-Carpaltunnel-Operation links 3. Rezidiv-Unterschenkel-Varicosis linksbetont, leichtes HWS-, Schulter-Arm- und LWS-Syndrom. Sie bestätigt im Wesentlichen das von den Vorgutachtern eingeschätzte Leistungsvermögen der Klägerin mit der Ergänzung, dass alle Tätigkeiten mit kraftforderndem, feinmanuellem oder dauerhaftem Einsatz der linken Hand zu vermeiden seien; die linke Hand sei nur noch gelegentlich als Beihand einsetzbar. Zu vermeiden seien ferner alle Tätigkeiten mit ständig hohen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie Tätigkeiten unter ständigem Zeitdruck. Die Umstellungsfähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt, sofern es sich um geistig einfache und nervlich nicht belastende Tätigkeiten handle.
Dr. Y ... bestätigt in seinem Gutachten vom 10.05.2007 im Wesentlichen die Beweisergebnisse der vorausgehenden Sachverständigengutachten, insbesondere des vom Sozialgericht erholten orthopädischen Gutachtens von Dr. X. vom 24.09.2004. Erstmals wird von ihm eine beginnende Coxarthrose links mit leichten Bewegungseinschränkungen der linken Hüfte festgestellt. Die Beweglichkeit der linken Hüfte sei aber noch ausreichend, um schmerz- und hinkfrei gehen zu können. In Verbindung mit dem Venenleiden sei eine leichte Einschränkung der Stehfähigkeit gegeben. Weitere fachärztliche Begutachtungen werden als nicht erforderlich erachtet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 01.06.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf Grund des Antrags vom 27.03.2003 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise die mündliche Verhandlung zu vertagen und gemäß §§ 103, 106 SGG von Amts wegen ein psychiatrisches Gutachten zur Leistungsfähigkeit der Klägerin einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Beweisergebnisse der eingeholten Gutachten.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung ist gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2004 mit Urteil vom 1. Juni 2005 abgewiesen, weil die Klägerin nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung im Sinn der §§ 43, 240 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung hat. Da sie den Rentenantrag nach dem 31.03.2001 gestellt hat und Rente für Zeiten nach dem 01.01.2001 begehrt, ist gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI vorgenanntes Recht anwendbar. Die Klägerin ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert noch erfüllt sie die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Auch ihrem Hilfsantrag auf Vertagung und Einholung eines weiteren psychiatrischen Gutachtens zur Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit war nicht stattzugeben, weil die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet durch das psychiatrische Gutachten von Dr. Dr. U. vom 01.03.2007 ausreichend ermittelt worden sind.
Die Klägerin hat zwar zum Zeitpunkt der Antragstellung die Wartezeit sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt, sie ist jedoch nicht mindestens berufsunfähig im Sinn des § 240 Abs. 2 SGB VI. Erst recht erfüllt sie nicht die strengeren Voraussetzungen für das Vorliegen einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung im Sinn von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI.
Nach § 43 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll oder teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor dem Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behin¬derung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, gei¬stig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken ist. Der Kreis der Tätigkei¬ten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dau¬er und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Nach der in Rechtsfortbildung der Versicherungsfälle der verminderten Erwerbsfähigkeit durch das Bundessozialgericht entwickelten und vom Gesetzgeber auch durch das EMRefG gebilligten (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI) Arbeitsmarktrente ist der Versicherte darüber hinaus auch voll erwerbsgemindert, wenn das Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden ab¬gesunken ist und der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist, weil der Versicherte keinen zumutbaren Arbeitsplatz innehält (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, SozR 3-2600 § 44 Nr.8).
Das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränkt. Sie kann nach dem Beweisergebnis der schlüssigen und so überzeugenden Gutachten von Dr. P. vom 31.07.2006 und von Dr. Dr. U. vom 01.03.2007, die im Wesentlichen in Einklang mit den von der Beklagten, dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten und dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten von Dr. Y ... stehen, ab März 2003 noch körperlich leichte, geistig einfache und nervlich nicht belastende Tätigkeiten, die keinen vollen Einsatz der linken oberen Extremität erfordern (linke Hand nur gelegentlich als Beihand), mit einem regelmäßigen Wechsel der Arbeitsposition mindestens 6 h täglich verrichten. Auszuschließen sind Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit, Heben und Tragen von schweren Lasten über 7,5 kg, häufiges Bücken oder Knien, häufige Überkopfarbeiten, Besteigen von Leitern und Gerüsten, dauerndes Sitzen und Stehen und Kontakt gegenüber allergisierenden Substanzen (insbesondere Nickel und Kobalt). Zu vermeiden sind ferner Tätigkeiten mit kraftforderndem, feinmanuellem oder dauerhaftem Einsatz der linken Hand, mit ständig hohen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie unter ständigem Zeitdruck.
Bei der Klägerin liegen seit der Antragstellung vom 27.03.2003 folgende Gesundheitsstörungen vor: 1. Sensibilitätsstörung nach Mehrfach-Carpaltunnel-Operation links 2. Territoriales neuropathisches Schmerzsyndrom bei ängstlich asthenischener Primärpersönlichkeit 3. Rezidiv-Unterschenkelvaricosis mit Schwerpunkt am linken Bein ohne Anhalt für chronisch-venöse Insuffizienz oder postthrombotisches Syndrom 4. Geringe Hypercholesterinämie 5. Zustand nach Strumektomie 04/2005 wegen Struma nodosa Grad II mit kaltem Knoten; jetzt euthyreote Schilddrüsenfunktion 6. Allergische Diathese.
Im Vordergrund der Beschwerden stehen seit der Operation eines Carpaltunnelsyndroms an der linken Hand im August 2000 unverändert die persistierenden Restbeschwerden, insbesondere das dauernde Taubheitsgefühl im Bereich des linken Daumenballens aufgrund einer Schädigung des Nervus medianus. Die linke Hand kann daher nur mehr als Unterstützungshand dienen. Da die periphere Nervenschädigung mit einer Lebenssituation, die durch psychosoziale Belastungsfaktoren angespannt war, zusammengefallen ist, hat sich eine Schmerzerkrankung entwickelt. Das Schmerzsyndrom wird aus einer Mischung organischer und psychosomatischer Anteile gespeist, begleitet von einer diskreten ängstlich labilen Verstimmung (ohne Anpassungsstörung und ohne Anhaltspunkte für eine schwerergradige Depression etc.). Eine Linderung der Beschwerden, die bislang weder medikamentös noch psychotherapeutisch behandelt werden, ist möglich durch eine Behandlung mit einem schmerzdistanzierenden und angstlösenden modernen Antidepressivum.
Bei der Klägerin besteht ferner seit Jahren ein Krampfaderleiden. 1995 ist sie erstmals am rechten Bein mit Erfolg operiert worden. Im November 2004 ist eine nicht völlig beschwerdefreie Operation am linken Bein durchgeführt worden. Sie leidet zwar trotz der Operation immer wieder an ziehenden Schmerzen von der Hüfte bis zum Knie, zeitweisen Taubheitsgefühlen und einem nächtlichen Unruhegefühl im linken Bein. Zeichen eines langjährigen Krampfaderleidens bzw. einer chronisch-venösen Insuffizienz - wie Ödeme, Stauungsdermatitis oder Ulcera crurum - sind aber nicht erkennbar. Die tiefen Beinvenen sind dopplersonographisch frei durchgängig. Der Klägerin sind daher noch leichte Arbeiten ohne dauerndes Sitzen und Stehen, mit einem regelmäßigen Wechsel zwischen Sitzen und Stehen zumutbar.
Die Fettstoffwechselstörung und die Entfernung des kalten Schilddrüsenknotens sind bislang noch ohne sozialmedizinische Auswirkungen. Auf Grund der festgestellten Kontaktallergie gegen Kobalt, Nickel und Neomycinsulfat ist der Kontakt mit diesen Substanzen am Arbeitsplatz zu vermeiden.
Die von dem die Klägerin behandelnden Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. Reitberger festgestellte Hörstörung links mit einem prozentualen Hörverlust von 35 % (ein Hörverlust bis 30 Prozent wird als geringgradig eingestuft: s. Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 5. Auflage, S. 530) wurde bereits von Dr. P. bei seiner Untersuchung am 08.06.2006 als im Gespräch und im normalen Umgang linksseitig gering reduziertes Hörvermögen ohne Anhalt für eine wesentliche Hypakusis festgestellt. Da die Klägerin den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung erkennbar ohne Mühe folgen konnte, ist ihr Sprachverständnis kaum beeinträchtigt. Im Übrigen können Schwerhörigkeiten geringen bis mittleren Grades meist durch ein technisches Hilfsmittel (z.B. Hörgerät, das ggf. von der Beklagten als Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren wäre) und durch Konzentration und Übung kompensiert werden (so Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, a.a.O., S. 533).
Unstreitig ist der Klägerin die Ausübung ihrer letzten Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Warenausgabe in einem Bekleidungsgeschäft am Packtisch auf Grund ihres eingeschränkten Leistungsvermögens nicht mehr möglich und zumutbar. Unter Berücksichtigung ihres Restleistungsvermögens und der während des Erwerbslebens erlangten und verwertbaren Kenntnisse und Fähigkeiten sind ihr aber noch die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten als Pförtnerin, Empfangsdame oder in der Personalkontrolle mindestens 6 h täglich vollwertig möglich und zumutbar, so dass sie nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit ist.
Die Klägerin ist nach der Qualität der verrichteten Arbeit, zugeordnet nach dem Tarifvertrag des Bayerischen Einzelhandels in Beschäftigungsgruppe II (Angestellte mit einfachen kaufmännischen Tätigkeiten), als angelernte Angestellte im unteren Bereich einzustufen und daher grundsätzlich auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar; insoweit wird von einer weiteren Darstellung abgesehen und auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Trotz der Einschränkung der vollen Gebrauchsfähigkeit beider Hände als schwere spezifische Leistungsbehinderung ist der Klägerin der allgemeine Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Sie ist zumutbar verweisbar etwa auf die vom Sozialgericht und von der Beklagten - entgegen der Ansicht der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens und so in der letzten Tatsacheninstanz noch rechtzeitig - genannte Tätigkeit einer Pförtnerin an der Nebenpforte. Zu den Aufgaben von Pförtnern zählt das Überwachen des Personen- und Fahrzeugverkehrs an Türen oder Toren sowie das Empfangen, Begrüßen und Weiterleiten von Besuchern, Betriebsangehörigen oder Lieferanten, das Prüfen der Legitimation, Vornehmen von Ausweiskontrollen und namentliches Erfassen von Personen. Ferner sind Auskünfte zu erteilen und ggf. verdächtige Handlungen zu beobachten. Auch Arbeitszeit- und Anwesenheitskontrollen können erfolgen. Im Übrigen sind Schlüssel auszugeben, zurückzunehmen und zu verwahren. Diese Arbeitsaufgaben beinhalten körperlich leichte Arbeiten im Sitzen mit der Möglichkeit des Haltungswechsels. Die Tätigkeiten werden in geschlossenen Räumen, z.B. in einer Pförtnerloge oder Eingangshalle, auch im Tagdienst ausgeübt. Die qualitativen gesundheitlichen Einsatzbeschränkungen der Klägerin sind daher berücksichtigt, insbesondere kann die linke Hand nur als Beihand eingesetzt werden. Auch das linksseitig nur gering reduzierte Hörvermögen, das mit Hilfe eines Hörgerätes kompensiert werden kann (s. hierzu oben), steht nicht entgegen. Die Klägerin kann die Tätigkeit einer einfachen Pförtnerin auch in nicht mehr als drei Monaten erlernen. Der Zugang zu solchen Arbeitsplätzen ist berufsfremden Bewerbern aus allen Berufen möglich, weil die Befähigung im Rahmen einer weniger als 3 Monate umfassenden Anlernzeit erworben wird. Als Arbeitgeber bzw. Einsatzfelder kommen Verwaltungen, Geschäfts- und Bürohäuser, Museen, Bildungseinrichtungen, Fabriken aller Wirtschaftsbereiche sowie die sonstigen Einrichtungen in Betracht (so etwa Urteil des Sächsischen LSG vom 10.07.2006, Az. L 7 RJ 1/03; vgl. auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 28.04.2004, Az. L 3 RJ 2939 99). Es handelt sich dabei entgegen der Ansicht der Klägerin um keinen Schonarbeitsplatz, der Betriebsfremden nicht zur Verfügung steht (anders als beim gehobenen bzw. qualifizierten Pförtner als typischen Schonarbeitsplatz). Derartige Arbeitsplätze werden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nicht nur ganz geringer Zahl angeboten. Nachweise für die von der Klägerin vorgetragene Zugangsbeschränkung dieses Berufes für Frauen sind weder von ihr erbracht worden noch sonst ersichtlich. Das Sozialgericht und die Beklagte haben mit der Verweisung der Klägerin auf die Tätigkeit einer Pförtnerin schließlich dem Erfordernis der hinreichend konkreten Benennung - von der Klägerin gerügt - genügt. Denn es ist ein typischer Arbeitsplatz mit der üblichen Berufsbezeichnung (vgl. etwa BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 38) zu nennen. Die Bezeichnung eines Pförtners genügt diesen Anforderungen.
Die Klägerin ist auch auf eine Tätigkeit in der Personalkontrolle, die nach dem Tarifvertrag des Bayerischen Einzelhandels ebenfalls der Beschäftigungsgruppe II zugeordnet ist, verweisbar. Es handelt sich hierbei um eine körperlich leichte Arbeit, die üblicherweise überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Stehen und Gehen verrichtet wird. Der Aufgabenbereich umfasst die Eingangs- und Ausgangskontrolle, das Führen von Besucherlisten sowie die Ausgabe von Schlüsseln an Berechtigte. Selbst wenn die Anzahl derartiger Arbeitsplätze infolge der Technisierung und Rationalisierung abnehmen sollte, so besteht bei in Tarifverträgen genannten Tätigkeiten die Vermutung, dass es Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl gibt (so BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 102). Diese Tätigkeit ist der Klägerin mit ihrem verbliebenen Leistungsvermögen ebenfalls noch möglich und zumutbar. Die erforderlichen Kenntnisse kann sie innerhalb von maximal drei Monaten erwerben.
Ferner ist die kontaktfreudige Klägerin zumutbar verweisbar auf die von der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Dr. U. empfohlene Tätigkeit einer Empfangsdame, also einer Hostess in einer öffentlichen Verwaltung. Diese Angestellten, z.B. an einer Information, regeln den Besucherstrom und beantworten zum Teil kleinere Anliegen der Kunden selbst. Sie händigen Informationsmaterialien, Vordrucke und Ähnliches bei Bedarf aus und überprüfen zum Teil, ob eingereichte Unterlagen vollständig sind. Es handelt sich hierbei um körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen. Zwangshaltungen beschränken sich auf das Nachschlagen in Telefonverzeichnissen und Organisationsplänen. Ein Wechsel der jeweiligen Körperhaltungen ist selbstbestimmt möglich. Eine notwendige Einarbeitung ist in drei Monaten abgeschlossen. Tätigkeiten dieser Art werden üblicherweise vergütet mit der Entgeltgruppe 2a und 2b des TVöD (vor 1.10.2005: Vergütungsgruppe VII bis VIII des BAT; vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Az. L 1 RA 142/03).
Die Klägerin ist nach der Überzeugung des Senats in der Lage, sich auf diese Verweisungstätigkeiten umzustellen. Ihre Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit ist nämlich, soweit es sich um geistig einfache Tätigkeiten ohne ständige hohe Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit handelt, nach den schlüssigen Ausführungen von Dr. Dr. U. nicht beeinträchtigt. Auch verfügt sie aufgrund ihrer früheren Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Warenausgabe bereits über verwertbare Kenntnisse und Fähigkeiten.
Erst recht hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI, weil sie nach den überzeugenden Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. P. und Dr. Dr. U. in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 h täglich erwerbstätig zu sein.
Dem Hilfsantrag der Klägerin nachzukommen und ein weiteres psychiatrisches Gutachten von Amts wegen einzuholen, hat der erkennende Senat keine Veranlassung gesehen. Die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet sind ausreichend aufgeklärt. Der Vortrag, dass zwischenzeitlich ein schweres depressives Syndrom diagnostiziert worden sei, wurde nicht durch Vorlage entsprechender ärztlicher Unterlagen bestätigt. Dr. Dr. U. konnte bei ihrer Untersuchung im März 2007 außer einer diskreten ängstlich labilen Verstimmung keine Anhaltspunkte für eine schwerergradige Depression, eine Psychose oder eine hirnorganische Beeinträchtigung feststellen. Im Übrigen müsste eine derartige psychische Störung zunächst behandelt werden, um als rentenrechtlich relevante dauerhafte Gesundheitsstörung anerkannt werden zu können.
Da die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen wegen Erwerbsminderung hat und auch ihrem Hilfsantrag nicht stattzugeben war, war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß §§ 183, 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung keinen Erfolg hatte.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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