Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 5528/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 2791/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 8. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung des Ereignisses vom 27. Januar 2003 als Arbeitsunfall.
Der 1964 geborene Kläger war als Maschinen- und Systemtechniker beschäftigt. Am 27. Januar 2003 glitt ihm beim Anheben eines Werkteils dieses aus den Händen. Beim Nachfassen verspürte er Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS).
Im Durchgangsarztbericht vom 27. Januar 2003 teilte Dr. H., Arzt für Chirurgie, der Beklagten mit, es liege eine akute Lumbago ohne Anhalt für knöcherne Läsionen oder periphere Sensibilitätsstörungen vor. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Mit Schreiben vom 24. März 2003 teilte die Beklagte gegenüber der Krankenkasse des Klägers mit, dass ein versicherter Arbeitsunfall nicht vorliege und meldete einen Erstattungsanspruch wegen des auf ihre Kosten erfolgten Krankentransports an. Beigefügt war die Stellungnahme des Klägers vom 11. April 2003, wonach ihm ein schweres und öliges Werkzeugteil beim Ausbau aus der Maschine aus den Händen geglitten sei. Beim Nachfassen in der Maschine habe er sich so verdreht, dass er noch heute kein Gefühl in den Beinen habe.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2003 machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, das Ereignis vom 27. Januar 2003 sei zu Unrecht nicht als Arbeitsunfall anerkannt worden. Er schilderte, dass er eine Gussform aus der Spritzgussmaschine habe ausbauen müssen, die etwa 20 bis 25 kg wiege. Diese Form habe man aus einem Bolzen ziehen müssen. Da die Form selbst keine Vorsprünge oder Öffnungen gehabt habe, werde an ihrer Stirnseite eine Ringschraube mit Öse befestigt. Durch diese Öse werde ein Finger gesteckt und damit die Form vom Bolzen gezogen. Sobald die Form vom Bolzen gleite, werde sie frei. Während dieses Vorgangs habe er auf dem Schiebetürrahmen der Spritzgussmaschine gekniet. Dabei sei die Gussform in einem nicht erwarteten Moment komplett vom Bolzen heruntergeglitten und nur noch an seinem Daumen gehangen. Dadurch habe er das Gleichgewicht verloren und sei mit dem Oberkörper vornüber in die Maschine gezogen worden, bis er mit der Schulter an eine Zahnstange angestoßen sei. Durch das ziehende Gewicht der Gussform sei der Oberkörper verdreht worden. Er habe sich zunächst nicht selbst aus seiner Lage befreien können und habe um Hilfe gerufen. Nach einer Weile habe er auch das Bewusstsein verloren. Er sei erst wieder im Krankenhaus zu sich gekommen.
Die Beklagte zog daraufhin das Vorerkrankungsverzeichnis von der Krankenkasse bei, in dem 1991, 1992, 1996, 1998 1999, 2000 und 2001 Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Wirbelsäulenbeschwerden aufgeführt sind. Die Beklagte befragte weiter die behandelnden Ärzte nach bestehenden Vorerkrankungen (Auskunft des Arztes für Orthopädie Dr. Sch. vom 4. Februar 2004 mit Arztbriefen vom 6. Dezember 2000, 12. Dezember 2000; Auskunft Dr. H. mit Arztbriefen aus dem Jahr 1996, dem Krankenhausentlassungsbericht vom 7. Juli 1996, Kreiskrankenhaus Bad U.- akute Lumbago L 5/S 1-, dem Bericht der Kreisklinik R. vom 28. Juni 1999).
Im Auftrag der Beklagten erstellte unter dem 26. April 2004 Prof. Dr. D. mit Dr. D. ein Zusammenhangsgutachten. Dieser führte aus, aufgrund des Unfallmechanismus mit Verdrehung des Oberkörpers bei fixiertem Unterkörper im Zusammenhang mit der daraus resultierenden unkoordinierten Kraftanstrengung sehe er - auch bei kritischer Würdigung der Anamnese des Klägers - eine wesentliche Teilursächlichkeit für die seit dem Arbeitsunfall vom 27. Januar 2003 bestehende Schmerzsystematik im Bereich der LWS in dem angeschuldigten Geschehen. Vor dem Unfall habe eine geringfügige fixierte Spondylolisthese L 5/S 1 und eine durchaus altersübliche vermehrte Chondrose im Bewegungssegment L 5/S 1 bestanden. Es bestehe nun eine 40%ige Entfaltbarkeitshemmung der LWS, eine kernspintomographisch dokumentierte Bandscheibenvorwölbung im Bewegungssegment L 5/S 1 ohne erkennbare Tangierung neuraler Strukturen. Es habe unfallbedingt Arbeitsunfähigkeit bestanden, eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege jedoch nicht vor. Die MdE werde auf 10 v.H. geschätzt.
Die Beklagte beauftragte daraufhin Dr. L. mit der Erstellung einer beratungsärztlichen Stellungnahme. In seiner Stellungnahme vom 12. November 2004 führte er aus, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den einsetzenden Rückenschmerzen und dem in einem MRT vom 25. März 2003 bildmorphologisch objektivierten moderaten Bandscheibenvorfall L 5/S 1 bestehe. Allerdings zeige der Bandscheibenvorfall L 5/S 1 alle Zeichen eines ausschließlich degenerativ verursachten typischen subligamentären Bandscheibenvorfalls. Es fänden sich darüber hinaus keinerlei bildmorphologische Hinweise dafür, dass das Segment L 5/S 1 von traumatischen Einwirkungen getroffen worden sei. Der intervertebrale Bandapparat sei intakt, es fehle insbesondere ein spongiöses Knochenödem, was eine besondere traumatische Krafteinwirkung isoliert auf das Segment L 5/S 1 schlussfolgern lassen könne. Es bestehe ein leichter konstitutioneller Flachrücken, der ein besonderes degeneratives Gefährdungspotential auch für die untere Bandscheiben L 5/S 1 darstelle im Sinne höherer Stressbelastung des hinteren Bandscheibenfaserrings und Wirbellängsbands bei repetetiven Bück-, Hebe- und Tragebelastungen der LWS im Alltag. Nicht zuletzt seien die im Durchgangsarztbericht dokumentierten Erstsymptome in keiner Weise typisch für einen traumatisch induzierten Bandscheibenvorfall. Vielmehr sei das Bild einer Lumbago das klassische klinische Symptombild eines degenerativen Faserringschadens der lumbalen Bandscheiben L 4/5 oder L 5/S 1. Es fehlten des Weiteren die für einen - selten vorkommenden - echten traumatischen Bandscheibenvorfall typischen und zu fordernden Brückensymptome, also z.B. eine Zwangsfehlhaltung, massive radikuläre Schmerzausstrahlung auch in die Beine, ggf. sogar sensomotorische Defizite. Darüber hinaus hätten schon vor dem Unfall mehrjährige, für ein lumbales Bandscheibenleiden typische Beschwerden und Arbeitsausfallzeiten bestanden. Und nicht zuletzt sei auch das angeschuldigte Ereignis nicht geeignet, einen traumatischen Bandscheibenschaden zu verursachen. Es sei insbesondere zu beachten, dass in der ersten Unfallschilderung im Durchgangsarztbericht lediglich von einem Anheben des Werkteils gesprochen worden sei, während die viele Monate später abgegebene Schilderung beinahe schon als überdetailliert zu bezeichnen sei und darüber hinaus biomechanisch nicht nachvollziehbar. Aber selbst wenn diese Schilderung der Beurteilung zugrunde gelegt werde, sei diese nicht geeignet, einen monosegmentalen Bandscheibenvorfall zu verursachen. Denn selbst wenn es zu der vom Kläger nachträglich behaupteten Verdrehung in der Rumpfwirbelsäule gekommen sein sollte, sei dieses Geschehen allenfalls geeignet, eine weichgewebige Zerrung der kleinen Wirbelgelenke in der LWS auszulösen, nicht aber einen monosegmentalen Bandscheibenvorfall. Das angeschuldigte Ereignis sei daher weder im Sinne einer wesentlichen (Teil-)Ursache noch im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung zu bewerten.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2005 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Der dagegen durch die Bevollmächtigten des Klägers erhobene, aber nicht begründete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2005 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 29. Juli 2005 durch seine Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht Reutlingen erhoben, das mit Beschluss vom 25. August 2005 den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen hat. Zur Klagebegründung hat sich der Kläger auf die Ausführungen von Prof. Dr. D. gestützt. Das SG hat Prof. Dr. T., R.B. Krankenhaus S., mit der Erstellung eines unfallchirurgischen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 13. Juni 2006 hat er ausgeführt, es ließen sich im Untersuchungszeitpunkt (23. März 2006) keine Unfallfolgen nachweisen. Das geschilderte Ereignis sei auch nicht geeignet, eine isolierte traumatische Bandscheibenschädigung im Bereich der LWS hervorzurufen, zumal in einem Schreiben an die Krankenkasse ca. 2 Monate nach dem Ereignis dieses nur so geschildert worden sei, dass dem Kläger ein öliges Werkstück aus der Hand geglitten sei und er beim Nachfassen den Rücken verdreht habe. Auch habe die Untersuchung am 23. März 2006 keine Hinweise auf eine schwere verbliebene Gesundheitsstörung gegeben, die eine MdE rechtfertigen könne. Man schließe sich daher auch der Auffassung von Dr. L. an. Durch Urteil vom 8. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen, gestützt auf die Gutachten bzw. Stellungnahmen von Dr. L. und Dr. T ...
Gegen das am 4. Mai 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Juni 2007 Berufung eingelegt und sich zur Begründung auf die Ausführungen von Prof. Dr. D. und Dr. D. gestützt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 8. Februar 2007 und den Bescheid vom 22. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 27. Januar 2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm für die Zeit vom 11. März 2003 bis 17. Oktober 2003 Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 10 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Ereignis vom 27. Januar 2003 stellt keinen zu entschädigenden Arbeitsunfall dar.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist zur Überzeugung des Senats ein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII nicht nachgewiesen, da es bereits an einem durch das angeschuldigte Ereignis hervorgerufenen Gesundheitserstschaden mangelt.
Beim Kläger wurde aus Anlass des Ereignisses vom 27. Januar 2003 ein Bandscheibenvorfall im Bereich L 5/S 1 festgestellt. Dieser Bandscheibenvorfall ist jedoch nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. L. und Dr. T. nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf das angeschuldigte Geschehen zurückzuführen, so dass es bereits ein feststellbarer Gesundheitserstschaden fehlt. Weitere Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule, die auf das angeschuldigte Geschehen zurückgeführt werden könnten, liegen ebenfalls nicht vor.
Dr. T. hat in seinem schlüssigen und überzeugenden Gutachten im erstinstanzlichen Klageverfahren unter Berücksichtigung des aktuellen Kenntnisstands der unfallmedizinischen Literatur dargestellt, dass ein isolierter Bandscheibenvorfall, also ein Bandscheibenvorfall ohne Begleitverletzungen, regelmäßig nicht traumatisch bedingt sein kann. So wurden in dem am 25. März 2003, also knapp 2 Monate nach dem Ereignis, aufgenommenen Kernspin außer degenerativen Veränderungen und einem flachen, breiten, zentralen und leicht nach unten verschobenen Bandscheibenvorfall keine Anzeichen für eine Verletzung angrenzender Strukturen, z.B. ein Knochenödem der angrenzenden Wirbelkörper oder Einblutungen in die die Wirbelkörper verbindenden Bänder, festgestellt. Auch Dr. L. hat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme beschrieben, dass der intervertebrale Bandapparat intakt sei und insbesondere ein spongiöses Knochenödem fehle, was eine besondere traumatische Krafteinwirkung isoliert auf das Segment L 5/S 1 schlussfolgern lassen könnte. Darüber hinaus hat er darauf hingewiesen, dass die im Durchgangsarztbericht dokumentierten Erstsymptome in keiner Weise typisch für einen traumatisch induzierten Bandscheibenvorfall sind. Das Bild einer Lumbago stellt vielmehr das klassische klinische Symptombild eines degenerativen Faserringschadens der lumbalen Bandscheiben L 4/5 oder L 5/S 1 dar. Er hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass des Weiteren die für einen - selten vorkommenden - echten traumatischen Bandscheibenvorfall typischen und zu fordernden Brückensymptome, also z.B. eine Zwangsfehlhaltung, massive radikuläre Schmerzausstrahlung auch in die Beine, ggf. sogar sensomotorische Defizite fehlten und ergänzend dargestellt, dass beim Kläger ein leichter konstitutioneller Flachrücken besteht, der ein besonderes degeneratives Gefährdungspotential auch für die untere Bandscheiben L 5/S 1 darstellt.
Darüber hinaus ist, selbst wenn die Monate nach dem Ereignis nachgeschobene und von der Erstschilderung des Geschehens in der Dramatik deutlich abweichende Schilderung der Beurteilung zugrunde gelegt wird, der Bewegungsablauf nicht geeignet, einen monosegmentalen Bandscheibenvorfall zu verursachen. Denn selbst wenn es zu der vom Kläger nachträglich behaupteten Verdrehung in der Rumpfwirbelsäule gekommen wäre, ist dieses Geschehen, wie Dr. L. nachvollziehbar dargelegt hat, allenfalls geeignet, eine weichgewebige Zerrung der kleinen Wirbelgelenke in der LWS auszulösen, nicht aber einen monosegmentalen Bandscheibenvorfall.
Die gegenteilige Auffassung von Prof. Dr. D. und Dr. D. vermochten deshalb nicht zu überzeugen.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass schon vor dem angeschuldigten Geschehen mehrfache Behandlungen und Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, auch der Lendenwirbelsäule, dokumentiert sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung des Ereignisses vom 27. Januar 2003 als Arbeitsunfall.
Der 1964 geborene Kläger war als Maschinen- und Systemtechniker beschäftigt. Am 27. Januar 2003 glitt ihm beim Anheben eines Werkteils dieses aus den Händen. Beim Nachfassen verspürte er Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS).
Im Durchgangsarztbericht vom 27. Januar 2003 teilte Dr. H., Arzt für Chirurgie, der Beklagten mit, es liege eine akute Lumbago ohne Anhalt für knöcherne Läsionen oder periphere Sensibilitätsstörungen vor. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Mit Schreiben vom 24. März 2003 teilte die Beklagte gegenüber der Krankenkasse des Klägers mit, dass ein versicherter Arbeitsunfall nicht vorliege und meldete einen Erstattungsanspruch wegen des auf ihre Kosten erfolgten Krankentransports an. Beigefügt war die Stellungnahme des Klägers vom 11. April 2003, wonach ihm ein schweres und öliges Werkzeugteil beim Ausbau aus der Maschine aus den Händen geglitten sei. Beim Nachfassen in der Maschine habe er sich so verdreht, dass er noch heute kein Gefühl in den Beinen habe.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2003 machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, das Ereignis vom 27. Januar 2003 sei zu Unrecht nicht als Arbeitsunfall anerkannt worden. Er schilderte, dass er eine Gussform aus der Spritzgussmaschine habe ausbauen müssen, die etwa 20 bis 25 kg wiege. Diese Form habe man aus einem Bolzen ziehen müssen. Da die Form selbst keine Vorsprünge oder Öffnungen gehabt habe, werde an ihrer Stirnseite eine Ringschraube mit Öse befestigt. Durch diese Öse werde ein Finger gesteckt und damit die Form vom Bolzen gezogen. Sobald die Form vom Bolzen gleite, werde sie frei. Während dieses Vorgangs habe er auf dem Schiebetürrahmen der Spritzgussmaschine gekniet. Dabei sei die Gussform in einem nicht erwarteten Moment komplett vom Bolzen heruntergeglitten und nur noch an seinem Daumen gehangen. Dadurch habe er das Gleichgewicht verloren und sei mit dem Oberkörper vornüber in die Maschine gezogen worden, bis er mit der Schulter an eine Zahnstange angestoßen sei. Durch das ziehende Gewicht der Gussform sei der Oberkörper verdreht worden. Er habe sich zunächst nicht selbst aus seiner Lage befreien können und habe um Hilfe gerufen. Nach einer Weile habe er auch das Bewusstsein verloren. Er sei erst wieder im Krankenhaus zu sich gekommen.
Die Beklagte zog daraufhin das Vorerkrankungsverzeichnis von der Krankenkasse bei, in dem 1991, 1992, 1996, 1998 1999, 2000 und 2001 Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Wirbelsäulenbeschwerden aufgeführt sind. Die Beklagte befragte weiter die behandelnden Ärzte nach bestehenden Vorerkrankungen (Auskunft des Arztes für Orthopädie Dr. Sch. vom 4. Februar 2004 mit Arztbriefen vom 6. Dezember 2000, 12. Dezember 2000; Auskunft Dr. H. mit Arztbriefen aus dem Jahr 1996, dem Krankenhausentlassungsbericht vom 7. Juli 1996, Kreiskrankenhaus Bad U.- akute Lumbago L 5/S 1-, dem Bericht der Kreisklinik R. vom 28. Juni 1999).
Im Auftrag der Beklagten erstellte unter dem 26. April 2004 Prof. Dr. D. mit Dr. D. ein Zusammenhangsgutachten. Dieser führte aus, aufgrund des Unfallmechanismus mit Verdrehung des Oberkörpers bei fixiertem Unterkörper im Zusammenhang mit der daraus resultierenden unkoordinierten Kraftanstrengung sehe er - auch bei kritischer Würdigung der Anamnese des Klägers - eine wesentliche Teilursächlichkeit für die seit dem Arbeitsunfall vom 27. Januar 2003 bestehende Schmerzsystematik im Bereich der LWS in dem angeschuldigten Geschehen. Vor dem Unfall habe eine geringfügige fixierte Spondylolisthese L 5/S 1 und eine durchaus altersübliche vermehrte Chondrose im Bewegungssegment L 5/S 1 bestanden. Es bestehe nun eine 40%ige Entfaltbarkeitshemmung der LWS, eine kernspintomographisch dokumentierte Bandscheibenvorwölbung im Bewegungssegment L 5/S 1 ohne erkennbare Tangierung neuraler Strukturen. Es habe unfallbedingt Arbeitsunfähigkeit bestanden, eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege jedoch nicht vor. Die MdE werde auf 10 v.H. geschätzt.
Die Beklagte beauftragte daraufhin Dr. L. mit der Erstellung einer beratungsärztlichen Stellungnahme. In seiner Stellungnahme vom 12. November 2004 führte er aus, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den einsetzenden Rückenschmerzen und dem in einem MRT vom 25. März 2003 bildmorphologisch objektivierten moderaten Bandscheibenvorfall L 5/S 1 bestehe. Allerdings zeige der Bandscheibenvorfall L 5/S 1 alle Zeichen eines ausschließlich degenerativ verursachten typischen subligamentären Bandscheibenvorfalls. Es fänden sich darüber hinaus keinerlei bildmorphologische Hinweise dafür, dass das Segment L 5/S 1 von traumatischen Einwirkungen getroffen worden sei. Der intervertebrale Bandapparat sei intakt, es fehle insbesondere ein spongiöses Knochenödem, was eine besondere traumatische Krafteinwirkung isoliert auf das Segment L 5/S 1 schlussfolgern lassen könne. Es bestehe ein leichter konstitutioneller Flachrücken, der ein besonderes degeneratives Gefährdungspotential auch für die untere Bandscheiben L 5/S 1 darstelle im Sinne höherer Stressbelastung des hinteren Bandscheibenfaserrings und Wirbellängsbands bei repetetiven Bück-, Hebe- und Tragebelastungen der LWS im Alltag. Nicht zuletzt seien die im Durchgangsarztbericht dokumentierten Erstsymptome in keiner Weise typisch für einen traumatisch induzierten Bandscheibenvorfall. Vielmehr sei das Bild einer Lumbago das klassische klinische Symptombild eines degenerativen Faserringschadens der lumbalen Bandscheiben L 4/5 oder L 5/S 1. Es fehlten des Weiteren die für einen - selten vorkommenden - echten traumatischen Bandscheibenvorfall typischen und zu fordernden Brückensymptome, also z.B. eine Zwangsfehlhaltung, massive radikuläre Schmerzausstrahlung auch in die Beine, ggf. sogar sensomotorische Defizite. Darüber hinaus hätten schon vor dem Unfall mehrjährige, für ein lumbales Bandscheibenleiden typische Beschwerden und Arbeitsausfallzeiten bestanden. Und nicht zuletzt sei auch das angeschuldigte Ereignis nicht geeignet, einen traumatischen Bandscheibenschaden zu verursachen. Es sei insbesondere zu beachten, dass in der ersten Unfallschilderung im Durchgangsarztbericht lediglich von einem Anheben des Werkteils gesprochen worden sei, während die viele Monate später abgegebene Schilderung beinahe schon als überdetailliert zu bezeichnen sei und darüber hinaus biomechanisch nicht nachvollziehbar. Aber selbst wenn diese Schilderung der Beurteilung zugrunde gelegt werde, sei diese nicht geeignet, einen monosegmentalen Bandscheibenvorfall zu verursachen. Denn selbst wenn es zu der vom Kläger nachträglich behaupteten Verdrehung in der Rumpfwirbelsäule gekommen sein sollte, sei dieses Geschehen allenfalls geeignet, eine weichgewebige Zerrung der kleinen Wirbelgelenke in der LWS auszulösen, nicht aber einen monosegmentalen Bandscheibenvorfall. Das angeschuldigte Ereignis sei daher weder im Sinne einer wesentlichen (Teil-)Ursache noch im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung zu bewerten.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2005 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Der dagegen durch die Bevollmächtigten des Klägers erhobene, aber nicht begründete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2005 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 29. Juli 2005 durch seine Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht Reutlingen erhoben, das mit Beschluss vom 25. August 2005 den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen hat. Zur Klagebegründung hat sich der Kläger auf die Ausführungen von Prof. Dr. D. gestützt. Das SG hat Prof. Dr. T., R.B. Krankenhaus S., mit der Erstellung eines unfallchirurgischen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 13. Juni 2006 hat er ausgeführt, es ließen sich im Untersuchungszeitpunkt (23. März 2006) keine Unfallfolgen nachweisen. Das geschilderte Ereignis sei auch nicht geeignet, eine isolierte traumatische Bandscheibenschädigung im Bereich der LWS hervorzurufen, zumal in einem Schreiben an die Krankenkasse ca. 2 Monate nach dem Ereignis dieses nur so geschildert worden sei, dass dem Kläger ein öliges Werkstück aus der Hand geglitten sei und er beim Nachfassen den Rücken verdreht habe. Auch habe die Untersuchung am 23. März 2006 keine Hinweise auf eine schwere verbliebene Gesundheitsstörung gegeben, die eine MdE rechtfertigen könne. Man schließe sich daher auch der Auffassung von Dr. L. an. Durch Urteil vom 8. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen, gestützt auf die Gutachten bzw. Stellungnahmen von Dr. L. und Dr. T ...
Gegen das am 4. Mai 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Juni 2007 Berufung eingelegt und sich zur Begründung auf die Ausführungen von Prof. Dr. D. und Dr. D. gestützt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 8. Februar 2007 und den Bescheid vom 22. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 27. Januar 2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm für die Zeit vom 11. März 2003 bis 17. Oktober 2003 Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 10 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Ereignis vom 27. Januar 2003 stellt keinen zu entschädigenden Arbeitsunfall dar.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist zur Überzeugung des Senats ein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII nicht nachgewiesen, da es bereits an einem durch das angeschuldigte Ereignis hervorgerufenen Gesundheitserstschaden mangelt.
Beim Kläger wurde aus Anlass des Ereignisses vom 27. Januar 2003 ein Bandscheibenvorfall im Bereich L 5/S 1 festgestellt. Dieser Bandscheibenvorfall ist jedoch nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. L. und Dr. T. nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf das angeschuldigte Geschehen zurückzuführen, so dass es bereits ein feststellbarer Gesundheitserstschaden fehlt. Weitere Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule, die auf das angeschuldigte Geschehen zurückgeführt werden könnten, liegen ebenfalls nicht vor.
Dr. T. hat in seinem schlüssigen und überzeugenden Gutachten im erstinstanzlichen Klageverfahren unter Berücksichtigung des aktuellen Kenntnisstands der unfallmedizinischen Literatur dargestellt, dass ein isolierter Bandscheibenvorfall, also ein Bandscheibenvorfall ohne Begleitverletzungen, regelmäßig nicht traumatisch bedingt sein kann. So wurden in dem am 25. März 2003, also knapp 2 Monate nach dem Ereignis, aufgenommenen Kernspin außer degenerativen Veränderungen und einem flachen, breiten, zentralen und leicht nach unten verschobenen Bandscheibenvorfall keine Anzeichen für eine Verletzung angrenzender Strukturen, z.B. ein Knochenödem der angrenzenden Wirbelkörper oder Einblutungen in die die Wirbelkörper verbindenden Bänder, festgestellt. Auch Dr. L. hat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme beschrieben, dass der intervertebrale Bandapparat intakt sei und insbesondere ein spongiöses Knochenödem fehle, was eine besondere traumatische Krafteinwirkung isoliert auf das Segment L 5/S 1 schlussfolgern lassen könnte. Darüber hinaus hat er darauf hingewiesen, dass die im Durchgangsarztbericht dokumentierten Erstsymptome in keiner Weise typisch für einen traumatisch induzierten Bandscheibenvorfall sind. Das Bild einer Lumbago stellt vielmehr das klassische klinische Symptombild eines degenerativen Faserringschadens der lumbalen Bandscheiben L 4/5 oder L 5/S 1 dar. Er hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass des Weiteren die für einen - selten vorkommenden - echten traumatischen Bandscheibenvorfall typischen und zu fordernden Brückensymptome, also z.B. eine Zwangsfehlhaltung, massive radikuläre Schmerzausstrahlung auch in die Beine, ggf. sogar sensomotorische Defizite fehlten und ergänzend dargestellt, dass beim Kläger ein leichter konstitutioneller Flachrücken besteht, der ein besonderes degeneratives Gefährdungspotential auch für die untere Bandscheiben L 5/S 1 darstellt.
Darüber hinaus ist, selbst wenn die Monate nach dem Ereignis nachgeschobene und von der Erstschilderung des Geschehens in der Dramatik deutlich abweichende Schilderung der Beurteilung zugrunde gelegt wird, der Bewegungsablauf nicht geeignet, einen monosegmentalen Bandscheibenvorfall zu verursachen. Denn selbst wenn es zu der vom Kläger nachträglich behaupteten Verdrehung in der Rumpfwirbelsäule gekommen wäre, ist dieses Geschehen, wie Dr. L. nachvollziehbar dargelegt hat, allenfalls geeignet, eine weichgewebige Zerrung der kleinen Wirbelgelenke in der LWS auszulösen, nicht aber einen monosegmentalen Bandscheibenvorfall.
Die gegenteilige Auffassung von Prof. Dr. D. und Dr. D. vermochten deshalb nicht zu überzeugen.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass schon vor dem angeschuldigten Geschehen mehrfache Behandlungen und Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, auch der Lendenwirbelsäule, dokumentiert sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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