Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 1178/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 SB 3765/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Neufeststellung des Grads der Behinderung (GdB) der Klägerin nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Die 1942 geborene Klägerin beantragte erstmals im November 1997 die Feststellung des GdB. Mit Bescheid vom 22. Januar 1998 erkannte das Versorgungsamt S. (VA) eine psychische Leistungsminderung (Teil-GdB 20 v.H.), einen Wirbelsäulenschaden, Fersensporn links, Senk-, Spreizfüße beidseits (insgesamt Teil-GdB 20 v.H.), Herzbeschwerden (Teil-GdB 10 v.H.) und Krampfaderleiden (Teil-GdB 10 v.H.) mit einem GdB von 30 v.H. ab 10. November 1997 (Antragstellung) an. Auf ihren Antrag vom Juli 1998, mit dem die Klägerin die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises unter Geltendmachung der Verschlimmerung ihrer Leiden beantragte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Februar 2000 weiterhin einen GdB von 30 v.H. fest, dem als Leiden neben der psychischen Leistungsminderung (Teil-GdB 20 v.H.), dem Wirbelsäulenschaden, Fersensporn links, Senk-, Spreizfüße beidseits (Teil-GdB 20 v.H.), Herzbeschwerden (Teil-GdB 10 v.H.) und Krampfaderleiden (Teil-GdB 10 v.H.) Knorpelschäden am Kniegelenk rechts (Teil-GdB 10 v.H.) und chronische Bronchitis, Lungenblähung (Teil-GdB 10 v.H.) zugrunde lagen.
Antrag auf Neufeststellung der Behinderungen wegen einer Verschlimmerung der Leiden stellte die Klägerin am 19. Juli 2005. Das VA holte bei der praktischen Ärztin Dr. L.-P. einen aktuellen Befundbericht ein. Diese übersandte einige Arztbriefe in Anlage (Dr. A., Facharzt für Orthopädie, vom 6. Juli 2005 - Prellung rechter Ellbogen; vom 10. Juni 2005 - Cervikothorakalsyndrom; Internist Dr. F. vom 7. Juni 2005 - Refluxösophagitis-Gleithernie, Steatosis hepatis bei Adipositas; Internist Dres. L./E. vom 3. Januar 2003 - paroxysmale Tachykardie; keine Zeichen einer Herzinsuffizienz oder koronaren Herzkrankheit bei ausgesprochen schlechter Kondition). Mit Bescheid vom 15. September 2005 lehnte das VA den Antrag ab, da eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht eingetreten sei. Die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen in Gestalt von Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen bedingten keine Funktionsbeeinträchtigungen bzw. keinen Teil-GdB von wenigstens 10 v.H. und seien daher keine Behinderungen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2006 zurückgewiesen wurde.
Dagegen hat die Klägerin am 21. Februar 2006 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, die sie im Wesentlichen auf die nach ihrer Ansicht schwere paroxysmale Tachykardie, die die Beklagte nicht angemessen berücksichtigt habe, und eine erhebliche Verschlechterung der psychischen Erkrankung gestützt hat. Sie hat die Auffassung vertreten, dass ihre Behinderungen mit einem GdB von 50 zu bewerten seien. Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. L.-P. hat unter dem 5. Mai 2006 ausgeführt, bei der Klägerin liege eine paroxysmale Tachykardie, eine koronare Herzkrankheit, eine Lumboischialgie rechts bei Osteochondrose, Spondylose und Spondylarthrose, eine Hypertonie, Adipositas, Refluxoesophagitis, Gleithernie, Zustand nach Prellung des rechten Ellenbogens und Schwindel vor. Befundberichte von Fachärzten lägen ihr allerdings nicht vor. Dr. A. hat unter dem 8. Mai 2006 mitgeteilt, die orthopädischen Beschwerden seien mittelschwer und beruhten auf degenerativen Veränderungen. Er stimme der Beurteilung durch das VA zu. Die Klägerin hat das weitere Attest von Dr. L.-P. vom 6. Dezember 2006 vorgelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. Juli 2007 hat die Klägerin mitgeteilt, sie sehe eine wesentliche Veränderung ihres Gesundheitszustands in den zunehmenden Fußschmerzen. Ihr Bevollmächtigter hat darauf hingewiesen, dass auch die Problematik des Herzens erheblich sei.
Mit Urteil vom 10. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es liege keine wesentliche Änderung der Verhältnisse vor. Die Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule seien nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004" (AP) Ziff. 26.18 zutreffend mit einem Teil-GdB von 20 v.H. bewertet worden. Die Klägerin leide an Beschwerden im Bereich aller Wirbelsäulenabschnitte, wobei die Einschränkungen unter Berücksichtigung der von Dr. A. mitgeteilten Befunde im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule allenfalls geringgradig seien, im Bereich der Lendenwirbelsäule leicht bis mittelgradig. Die geringgradigen Knorpelschäden am Kniegelenk seien mit einem Teil-GdB von 10 v.H. zutreffend bewertet worden (AP Nr. 26.18), gestützt auf die von Dr. A. mitgeteilten Befunde und die von ihm beschriebene uneingeschränkte Kniegelenksbeweglichkeit. Die Fußfehlform der Klägerin sei mit einem GdB von 10 v.H. ebenfalls zutreffend bewertet. Soweit die Klägerin erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung von Beschwerden im Bereich des linken Fußes berichtet habe und seit 1997 diesbezüglich weder eine Diagnose noch Beschwerden in den Arztbriefen dokumentiert seien, sei von einer allenfalls leichtgradigen Funktionseinschränkung auszugehen. Es liege auch keine Erkrankung der Hüftgelenke vor, die als Behinderung zu bewerten sei. Zwar sei 1999 von der damaligen Hausärztin eine beginnende Hüftgelenksarthrose berichtet worden und hätten Dres. L./E. die Verdachtsdiagnose einer Hüftdisplasie gestellt. Doch hätten weder die aktuell behandelnde Hausärztin noch der Facharzt für Orthopädie Dr. A. eine Erkrankung im Bereich der Hüftgelenke bzw. entsprechende Funktionsbeeinträchtigungen mitgeteilt. Die Klägerin leide auch nicht unter einer GdB-relevanten psychischen Erkrankung. Eine solche sei letztmals im Oktober 1999 im Zusammenhang mit klimakterischen Beschwerden von der damaligen Hausärztin diagnostiziert worden. Für ein Fortbestehen oder gar eine Verschlimmerung bestünden jedoch keine Anhaltspunkte. Die Klägerin leide auch nicht unter einer Herzerkrankung. Vielmehr hätten Dres. L./E. eine solche in ihrem Arztbrief vom Januar 2003 gerade ausgeschlossen. Die gegenteilige Behauptung der Hausärztin Dr. L.-P. könne daher nicht nachvollzogen werden. Die Neigung zu schnellem Puls sei mit einem Teil-GdB von 10 v.H. zu bewerten (AP Nr. 26.9). Erhebliche Einschränkungen der Leistungsfähigkeit seien weder anhand der Diagnose noch aufgrund des Umstands, dass die Klägerin seit 2003 seitens des Herzens nicht mehr in Behandlung gewesen sei und keiner der übrigen Ärzte diesbezüglich eine relevante Funktionsstörung oder Beeinträchtigung mitgeteilt habe, anzunehmen. Die Klägerin leide darüber hinaus an Hypertonie, die mit einem Teil-GdB von ebenfalls 10 v.H. zu beurteilen sei. Für das Vorliegen einer dauerhaften chronischen Bronchitis mit Lungenblähung bestünden keine Anhaltspunkte. Diese sei einzig im Befundbericht vom Oktober 1999 von der damaligen Hausärztin erwähnt worden, ohne dass die zugrundeliegenden Befunde oder fachärztliche Untersuchungsberichte vorgelegt worden seien. Funktionelle Einschränkungen seien ebenfalls nicht mitgeteilt worden. Zutreffend mit einem Teil-GdB von 10 v.H. sei die bei der Klägerin bestehende Refluxösophagitis und Gleithernie bewertet worden (AP 26.11). Zusammenfassend sei daher bei einem Schwerpunkt der Leiden im Bereich der Wirbelsäule und weiteren leichtgradigen Erkrankungen, die mit einem Teil-GdB von 10 v.H. zu bewerten seien, der Gesamt-GdB mit 30 v.H. zutreffend bewertet worden.
Gegen das ihr am 18. Juli 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. August 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, wie das VA berücksichtige das SG die paroxysmale Tachykardie nicht in ausreichendem Maße. Dazu komme die durch die Hausärztin diagnostizierte Erkrankung der Wirbelsäule. Diese sei mit einem Teil-GdB von 30 v.H. zu bewerten, da es sich um eine Erkrankung mit schweren funktionellen Einschränkungen handle. Auch die Knorpelschäden am Knie seien unzureichend bewertet und ihre Knöchelerkrankung nicht berücksichtigt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Juli 2007 sowie den Bescheid vom 15. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den bei ihr vorliegenden GdB mit 50 seit 19. Juli 2005 zu bewerten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der GdB der Klägerin ist mit 30 zutreffend festgestellt. Eine wesentliche Verschlimmerung ist nicht nachgewiesen.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB X).
Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind insoweit seit 01. Juli 2001 die Vorschriften des SGB IX, die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63, 68 des SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden ebenfalls die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag stellen die Behörden einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Diese Vorschriften sind weitgehend inhaltsgleich mit den bis zum 30.06.2001 geltenden Vorschriften der §§ 3 und 4 SchwbG, weshalb die bisherigen Grundsätze zur GdB-Bewertung weiter angewandt werden können. Inwieweit in Einzelfällen Gesundheitsstörungen über die damit verbundenen Funktionseinschränkungen hinaus Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft haben und auch diese Auswirkungen insoweit bei der GdB-Einschätzung zu berücksichtigten sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2001 - B 9 SB 1/01 R), kann dahinstehen, denn solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei orientiert sich wie das SG auch der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten an den Bewertungsmaßstäben, wie sie in den AP niedergelegt sind (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4; SozR 3 - 3870 § 4 SchwbG Nr. 19 und Urteil vom 07.11.2001 aaO). Die AP besitzen zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhen. Sie sind vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirken, und haben deshalb normähnliche Auswirkungen. Auch sind sie im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (vgl. BSGE 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 aaO; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R).
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist nach den Grundsätzen zu verfahren, wie sie in den AP (Abschnitt 19) ihren Niederschlag gefunden haben. Danach sind bei der Festsetzung des Gesamt-GdB die Auswirkungen aller Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander maßgebend (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen nicht zu einer Zunahme der Gesamtbeeinträchtigung, auch wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Behinderung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB verursacht. Dann ist im Hinblick auf weitere Behinderungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung insgesamt größer wird und deshalb dem höchsten Einzel-GdB ein Behinderungsgrad von 10 oder 20 oder mehr hinzuzufügen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Mathematische Methoden, insbesondere eine Addition der einzelnen GdB-Werte, sind hierbei ausgeschlossen (BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4).
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend dargestellt, weshalb bei der Klägerin ein höherer Gesamt-GdB als 30 nicht festzustellen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat deshalb nach eigener Prüfung auf die Ausführungen auf Seiten 6 bis 11 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zum Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist darauf hinzuweisen, dass die von ihr vorgebrachte schwerwiegende paroxysmale Tachykardie (anfallartige Herzrhythmusstörung mit einem Anstieg der Herzfrequenz auf über 100/min) einen höheren Teil-GdB als 10 v.H. nicht rechtfertigt. Diese Diagnose wurde von den Dres. L./E.in ihrem Arztbrief vom 3. Januar 2003 der Hausärztin der Klägerin Dr. L.-P. mitgeteilt. Dres. L./E. haben darin weiter ausgeführt, es gebe weder Hinweise auf eine koronare Herzkrankheit noch eine Arrhythmieneigung. Auch waren im Langzeit-EKG ein durchgehender Sinusrhythmus, keine relevanten Arrhythmien, Brachy- oder Tachykardien festgestellt worden, vielmehr ist der Klägerin ein verstärktes Training empfohlen worden. Bei auch im Übrigen unauffälliger internistischer oder kardialer Situation ist ein höherer GdB als 10 v.H. für die schnellen Pulsanstiege im Wesentlichen bei Nacht und unabhängig von körperlicher Belastung nicht zu rechtfertigen. Worauf Dr. L.-P. ihre gegenteilige Beurteilung stützt, zumal ihr nach eigenem Vortrag fachärztliche Untersuchungsbefunde nicht vorliegen, ist nicht nachvollziehbar. Ihre Ausführungen können deshalb auch einen höheren GdB nicht rechtfertigen. Auch im Berufungsverfahren wurde neuere bzw. andere Befundberichte, die eine Verschlimmerung der Tachykardien oder gar eine neu aufgetretene Herzerkrankung bestätigen könnten, nicht vorgelegt.
Soweit auf die Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule abgestellt wird und die Bewertung der bestehenden funktionellen Einschränkungen mit einem Teil-GdB von 30 v.H. als zu gering angesehen wird, vermag dieses Vorbringen keine abweichende Beurteilung oder gar weitere Beweiserhebungen von Amts wegen zu rechtfertigen. Dieser Vortrag der Klägerin war schon Gegenstand des erstinstanzlichen Klageverfahrens. Das SG ist in seiner Entscheidung darauf ausführlich eingegangen und hat rechtlich zutreffend dargestellt, dass eine Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 v.H. zutreffend ist. Die Klägerin hat sich mit diesen Ausführungen bzw. den nach den AP anzulegenden Maßstäben im Berufungsverfahren nicht auseinandergesetzt. Ebenso wenig wurden neuere Befundberichte vorgelegt, die eine diesbezügliche Verschlimmerung belegen oder Ermittlungen von Amts wegen veranlassen könnten. Entsprechendes gilt für die geklagten Knorpelschäden am Knie bzw. eine "Knöchelerkrankung". Zu den Knorpelschäden am Knie ist, ergänzend zu den Ausführungen des SG in seinen Entscheidungsgründen, nur darauf hinzuweisen, dass allein die durch eine Erkrankung bedingten funktionellen Einschränkungen für die Festsetzung eines GdB maßgeblich sind. Diesbezüglich sind die von Dr. A. mitgeteilten Bewegungsausmaße zur Beurteilung und Festsetzung des GdB heranzuziehen, die eine uneingeschränkte Beweglichkeit belegen. Abweichende Befundberichte oder fundierte ärztliche Äußerungen hat die Klägerin auch insoweit nicht vorgelegt.
Soweit sie im Termin zur mündlichen Verhandlung auf eine Bewegungseinschränkung im Fuß hingewiesen hat, hat der Senat ebenfalls keinen Anlass für weitere Ermittlungen gesehen. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass von keinem der behandelnden Ärzte, auch nicht der Hausärztin, eine solche Erkrankung bzw. funktionelle Einschränkungen mitgeteilt worden sind. Beweiserhebungen ins Blaue hinein aufgrund einer bloßen Behauptung eines Leidens sind nicht veranlasst.
Soweit die Hypertonie als schwerwiegendere Behinderung im Berufungsverfahren geltend gemacht wird, dies gestützt auf die schriftliche Äußerung von Dr. L.-P. vom 5. Mai 2006 gegenüber dem SG, hat dieses in seinen Entscheidungsgründen bereits mit der gebotenen Ausführlichkeit dazu Stellung genommen. Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung des Senats schon das Vorliegen einer Hypertonie mehr als zweifelhaft ist, da es allein auf der Mitteilung der von Dr. L.-P. beruht, ohne dass diesbezügliche Messwerte von ihr mitgeteilt oder von einem anderen Arzt eine Hypertonie festgestellt worden ist. Damit ist jedenfalls ein Teil-GdB von mehr als 10 v.H. für diese Erkrankung nicht gerechtfertigt und trägt der Gesamt-GdB mit 30 v.H. den bestehenden Erkrankungen zu Genüge Rechnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Neufeststellung des Grads der Behinderung (GdB) der Klägerin nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Die 1942 geborene Klägerin beantragte erstmals im November 1997 die Feststellung des GdB. Mit Bescheid vom 22. Januar 1998 erkannte das Versorgungsamt S. (VA) eine psychische Leistungsminderung (Teil-GdB 20 v.H.), einen Wirbelsäulenschaden, Fersensporn links, Senk-, Spreizfüße beidseits (insgesamt Teil-GdB 20 v.H.), Herzbeschwerden (Teil-GdB 10 v.H.) und Krampfaderleiden (Teil-GdB 10 v.H.) mit einem GdB von 30 v.H. ab 10. November 1997 (Antragstellung) an. Auf ihren Antrag vom Juli 1998, mit dem die Klägerin die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises unter Geltendmachung der Verschlimmerung ihrer Leiden beantragte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Februar 2000 weiterhin einen GdB von 30 v.H. fest, dem als Leiden neben der psychischen Leistungsminderung (Teil-GdB 20 v.H.), dem Wirbelsäulenschaden, Fersensporn links, Senk-, Spreizfüße beidseits (Teil-GdB 20 v.H.), Herzbeschwerden (Teil-GdB 10 v.H.) und Krampfaderleiden (Teil-GdB 10 v.H.) Knorpelschäden am Kniegelenk rechts (Teil-GdB 10 v.H.) und chronische Bronchitis, Lungenblähung (Teil-GdB 10 v.H.) zugrunde lagen.
Antrag auf Neufeststellung der Behinderungen wegen einer Verschlimmerung der Leiden stellte die Klägerin am 19. Juli 2005. Das VA holte bei der praktischen Ärztin Dr. L.-P. einen aktuellen Befundbericht ein. Diese übersandte einige Arztbriefe in Anlage (Dr. A., Facharzt für Orthopädie, vom 6. Juli 2005 - Prellung rechter Ellbogen; vom 10. Juni 2005 - Cervikothorakalsyndrom; Internist Dr. F. vom 7. Juni 2005 - Refluxösophagitis-Gleithernie, Steatosis hepatis bei Adipositas; Internist Dres. L./E. vom 3. Januar 2003 - paroxysmale Tachykardie; keine Zeichen einer Herzinsuffizienz oder koronaren Herzkrankheit bei ausgesprochen schlechter Kondition). Mit Bescheid vom 15. September 2005 lehnte das VA den Antrag ab, da eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht eingetreten sei. Die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen in Gestalt von Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen bedingten keine Funktionsbeeinträchtigungen bzw. keinen Teil-GdB von wenigstens 10 v.H. und seien daher keine Behinderungen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2006 zurückgewiesen wurde.
Dagegen hat die Klägerin am 21. Februar 2006 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, die sie im Wesentlichen auf die nach ihrer Ansicht schwere paroxysmale Tachykardie, die die Beklagte nicht angemessen berücksichtigt habe, und eine erhebliche Verschlechterung der psychischen Erkrankung gestützt hat. Sie hat die Auffassung vertreten, dass ihre Behinderungen mit einem GdB von 50 zu bewerten seien. Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. L.-P. hat unter dem 5. Mai 2006 ausgeführt, bei der Klägerin liege eine paroxysmale Tachykardie, eine koronare Herzkrankheit, eine Lumboischialgie rechts bei Osteochondrose, Spondylose und Spondylarthrose, eine Hypertonie, Adipositas, Refluxoesophagitis, Gleithernie, Zustand nach Prellung des rechten Ellenbogens und Schwindel vor. Befundberichte von Fachärzten lägen ihr allerdings nicht vor. Dr. A. hat unter dem 8. Mai 2006 mitgeteilt, die orthopädischen Beschwerden seien mittelschwer und beruhten auf degenerativen Veränderungen. Er stimme der Beurteilung durch das VA zu. Die Klägerin hat das weitere Attest von Dr. L.-P. vom 6. Dezember 2006 vorgelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. Juli 2007 hat die Klägerin mitgeteilt, sie sehe eine wesentliche Veränderung ihres Gesundheitszustands in den zunehmenden Fußschmerzen. Ihr Bevollmächtigter hat darauf hingewiesen, dass auch die Problematik des Herzens erheblich sei.
Mit Urteil vom 10. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es liege keine wesentliche Änderung der Verhältnisse vor. Die Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule seien nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004" (AP) Ziff. 26.18 zutreffend mit einem Teil-GdB von 20 v.H. bewertet worden. Die Klägerin leide an Beschwerden im Bereich aller Wirbelsäulenabschnitte, wobei die Einschränkungen unter Berücksichtigung der von Dr. A. mitgeteilten Befunde im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule allenfalls geringgradig seien, im Bereich der Lendenwirbelsäule leicht bis mittelgradig. Die geringgradigen Knorpelschäden am Kniegelenk seien mit einem Teil-GdB von 10 v.H. zutreffend bewertet worden (AP Nr. 26.18), gestützt auf die von Dr. A. mitgeteilten Befunde und die von ihm beschriebene uneingeschränkte Kniegelenksbeweglichkeit. Die Fußfehlform der Klägerin sei mit einem GdB von 10 v.H. ebenfalls zutreffend bewertet. Soweit die Klägerin erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung von Beschwerden im Bereich des linken Fußes berichtet habe und seit 1997 diesbezüglich weder eine Diagnose noch Beschwerden in den Arztbriefen dokumentiert seien, sei von einer allenfalls leichtgradigen Funktionseinschränkung auszugehen. Es liege auch keine Erkrankung der Hüftgelenke vor, die als Behinderung zu bewerten sei. Zwar sei 1999 von der damaligen Hausärztin eine beginnende Hüftgelenksarthrose berichtet worden und hätten Dres. L./E. die Verdachtsdiagnose einer Hüftdisplasie gestellt. Doch hätten weder die aktuell behandelnde Hausärztin noch der Facharzt für Orthopädie Dr. A. eine Erkrankung im Bereich der Hüftgelenke bzw. entsprechende Funktionsbeeinträchtigungen mitgeteilt. Die Klägerin leide auch nicht unter einer GdB-relevanten psychischen Erkrankung. Eine solche sei letztmals im Oktober 1999 im Zusammenhang mit klimakterischen Beschwerden von der damaligen Hausärztin diagnostiziert worden. Für ein Fortbestehen oder gar eine Verschlimmerung bestünden jedoch keine Anhaltspunkte. Die Klägerin leide auch nicht unter einer Herzerkrankung. Vielmehr hätten Dres. L./E. eine solche in ihrem Arztbrief vom Januar 2003 gerade ausgeschlossen. Die gegenteilige Behauptung der Hausärztin Dr. L.-P. könne daher nicht nachvollzogen werden. Die Neigung zu schnellem Puls sei mit einem Teil-GdB von 10 v.H. zu bewerten (AP Nr. 26.9). Erhebliche Einschränkungen der Leistungsfähigkeit seien weder anhand der Diagnose noch aufgrund des Umstands, dass die Klägerin seit 2003 seitens des Herzens nicht mehr in Behandlung gewesen sei und keiner der übrigen Ärzte diesbezüglich eine relevante Funktionsstörung oder Beeinträchtigung mitgeteilt habe, anzunehmen. Die Klägerin leide darüber hinaus an Hypertonie, die mit einem Teil-GdB von ebenfalls 10 v.H. zu beurteilen sei. Für das Vorliegen einer dauerhaften chronischen Bronchitis mit Lungenblähung bestünden keine Anhaltspunkte. Diese sei einzig im Befundbericht vom Oktober 1999 von der damaligen Hausärztin erwähnt worden, ohne dass die zugrundeliegenden Befunde oder fachärztliche Untersuchungsberichte vorgelegt worden seien. Funktionelle Einschränkungen seien ebenfalls nicht mitgeteilt worden. Zutreffend mit einem Teil-GdB von 10 v.H. sei die bei der Klägerin bestehende Refluxösophagitis und Gleithernie bewertet worden (AP 26.11). Zusammenfassend sei daher bei einem Schwerpunkt der Leiden im Bereich der Wirbelsäule und weiteren leichtgradigen Erkrankungen, die mit einem Teil-GdB von 10 v.H. zu bewerten seien, der Gesamt-GdB mit 30 v.H. zutreffend bewertet worden.
Gegen das ihr am 18. Juli 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. August 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, wie das VA berücksichtige das SG die paroxysmale Tachykardie nicht in ausreichendem Maße. Dazu komme die durch die Hausärztin diagnostizierte Erkrankung der Wirbelsäule. Diese sei mit einem Teil-GdB von 30 v.H. zu bewerten, da es sich um eine Erkrankung mit schweren funktionellen Einschränkungen handle. Auch die Knorpelschäden am Knie seien unzureichend bewertet und ihre Knöchelerkrankung nicht berücksichtigt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Juli 2007 sowie den Bescheid vom 15. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den bei ihr vorliegenden GdB mit 50 seit 19. Juli 2005 zu bewerten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der GdB der Klägerin ist mit 30 zutreffend festgestellt. Eine wesentliche Verschlimmerung ist nicht nachgewiesen.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB X).
Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind insoweit seit 01. Juli 2001 die Vorschriften des SGB IX, die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63, 68 des SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden ebenfalls die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag stellen die Behörden einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Diese Vorschriften sind weitgehend inhaltsgleich mit den bis zum 30.06.2001 geltenden Vorschriften der §§ 3 und 4 SchwbG, weshalb die bisherigen Grundsätze zur GdB-Bewertung weiter angewandt werden können. Inwieweit in Einzelfällen Gesundheitsstörungen über die damit verbundenen Funktionseinschränkungen hinaus Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft haben und auch diese Auswirkungen insoweit bei der GdB-Einschätzung zu berücksichtigten sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2001 - B 9 SB 1/01 R), kann dahinstehen, denn solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei orientiert sich wie das SG auch der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten an den Bewertungsmaßstäben, wie sie in den AP niedergelegt sind (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4; SozR 3 - 3870 § 4 SchwbG Nr. 19 und Urteil vom 07.11.2001 aaO). Die AP besitzen zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhen. Sie sind vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirken, und haben deshalb normähnliche Auswirkungen. Auch sind sie im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (vgl. BSGE 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 aaO; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R).
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist nach den Grundsätzen zu verfahren, wie sie in den AP (Abschnitt 19) ihren Niederschlag gefunden haben. Danach sind bei der Festsetzung des Gesamt-GdB die Auswirkungen aller Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander maßgebend (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen nicht zu einer Zunahme der Gesamtbeeinträchtigung, auch wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Behinderung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB verursacht. Dann ist im Hinblick auf weitere Behinderungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung insgesamt größer wird und deshalb dem höchsten Einzel-GdB ein Behinderungsgrad von 10 oder 20 oder mehr hinzuzufügen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Mathematische Methoden, insbesondere eine Addition der einzelnen GdB-Werte, sind hierbei ausgeschlossen (BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4).
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend dargestellt, weshalb bei der Klägerin ein höherer Gesamt-GdB als 30 nicht festzustellen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat deshalb nach eigener Prüfung auf die Ausführungen auf Seiten 6 bis 11 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zum Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist darauf hinzuweisen, dass die von ihr vorgebrachte schwerwiegende paroxysmale Tachykardie (anfallartige Herzrhythmusstörung mit einem Anstieg der Herzfrequenz auf über 100/min) einen höheren Teil-GdB als 10 v.H. nicht rechtfertigt. Diese Diagnose wurde von den Dres. L./E.in ihrem Arztbrief vom 3. Januar 2003 der Hausärztin der Klägerin Dr. L.-P. mitgeteilt. Dres. L./E. haben darin weiter ausgeführt, es gebe weder Hinweise auf eine koronare Herzkrankheit noch eine Arrhythmieneigung. Auch waren im Langzeit-EKG ein durchgehender Sinusrhythmus, keine relevanten Arrhythmien, Brachy- oder Tachykardien festgestellt worden, vielmehr ist der Klägerin ein verstärktes Training empfohlen worden. Bei auch im Übrigen unauffälliger internistischer oder kardialer Situation ist ein höherer GdB als 10 v.H. für die schnellen Pulsanstiege im Wesentlichen bei Nacht und unabhängig von körperlicher Belastung nicht zu rechtfertigen. Worauf Dr. L.-P. ihre gegenteilige Beurteilung stützt, zumal ihr nach eigenem Vortrag fachärztliche Untersuchungsbefunde nicht vorliegen, ist nicht nachvollziehbar. Ihre Ausführungen können deshalb auch einen höheren GdB nicht rechtfertigen. Auch im Berufungsverfahren wurde neuere bzw. andere Befundberichte, die eine Verschlimmerung der Tachykardien oder gar eine neu aufgetretene Herzerkrankung bestätigen könnten, nicht vorgelegt.
Soweit auf die Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule abgestellt wird und die Bewertung der bestehenden funktionellen Einschränkungen mit einem Teil-GdB von 30 v.H. als zu gering angesehen wird, vermag dieses Vorbringen keine abweichende Beurteilung oder gar weitere Beweiserhebungen von Amts wegen zu rechtfertigen. Dieser Vortrag der Klägerin war schon Gegenstand des erstinstanzlichen Klageverfahrens. Das SG ist in seiner Entscheidung darauf ausführlich eingegangen und hat rechtlich zutreffend dargestellt, dass eine Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 v.H. zutreffend ist. Die Klägerin hat sich mit diesen Ausführungen bzw. den nach den AP anzulegenden Maßstäben im Berufungsverfahren nicht auseinandergesetzt. Ebenso wenig wurden neuere Befundberichte vorgelegt, die eine diesbezügliche Verschlimmerung belegen oder Ermittlungen von Amts wegen veranlassen könnten. Entsprechendes gilt für die geklagten Knorpelschäden am Knie bzw. eine "Knöchelerkrankung". Zu den Knorpelschäden am Knie ist, ergänzend zu den Ausführungen des SG in seinen Entscheidungsgründen, nur darauf hinzuweisen, dass allein die durch eine Erkrankung bedingten funktionellen Einschränkungen für die Festsetzung eines GdB maßgeblich sind. Diesbezüglich sind die von Dr. A. mitgeteilten Bewegungsausmaße zur Beurteilung und Festsetzung des GdB heranzuziehen, die eine uneingeschränkte Beweglichkeit belegen. Abweichende Befundberichte oder fundierte ärztliche Äußerungen hat die Klägerin auch insoweit nicht vorgelegt.
Soweit sie im Termin zur mündlichen Verhandlung auf eine Bewegungseinschränkung im Fuß hingewiesen hat, hat der Senat ebenfalls keinen Anlass für weitere Ermittlungen gesehen. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass von keinem der behandelnden Ärzte, auch nicht der Hausärztin, eine solche Erkrankung bzw. funktionelle Einschränkungen mitgeteilt worden sind. Beweiserhebungen ins Blaue hinein aufgrund einer bloßen Behauptung eines Leidens sind nicht veranlasst.
Soweit die Hypertonie als schwerwiegendere Behinderung im Berufungsverfahren geltend gemacht wird, dies gestützt auf die schriftliche Äußerung von Dr. L.-P. vom 5. Mai 2006 gegenüber dem SG, hat dieses in seinen Entscheidungsgründen bereits mit der gebotenen Ausführlichkeit dazu Stellung genommen. Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung des Senats schon das Vorliegen einer Hypertonie mehr als zweifelhaft ist, da es allein auf der Mitteilung der von Dr. L.-P. beruht, ohne dass diesbezügliche Messwerte von ihr mitgeteilt oder von einem anderen Arzt eine Hypertonie festgestellt worden ist. Damit ist jedenfalls ein Teil-GdB von mehr als 10 v.H. für diese Erkrankung nicht gerechtfertigt und trägt der Gesamt-GdB mit 30 v.H. den bestehenden Erkrankungen zu Genüge Rechnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved