Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 17 R 288/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 231/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 451/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 31.01.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1968 geborene Kläger, der in Polen den Beruf eines Modellbauers erlernt hat, ist im Jahre 1988 in die Bundesrepublik eingereist und hat hier bis zu seiner Erkrankung im Januar 1998 versicherungspflichtig gearbeitet. Anschließend bezog er Krankengeld und Leistungen von der Arbeitsverwaltung.
Den Rentenantrag vom 05.02.2000 - gestellt wegen der Folgen einer im Januar 1998 erlittenen Meningoencephalitis - lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.2000 und Widerspruchsbescheid vom 10.07.200 ab. Die dagegen erhobene Klage nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2001 vor dem Sozialgericht Nürnberg im Hinblick auf die damals laufende berufliche Förderung - der Kläger wurde erfolgreich zum Bürokaufmann umgeschult - zurück.
Am 10.10.2002 beantragte der Kläger wegen der Folgen seiner Hirnhaut- und Gehirnentzündung sowie mit Hinweis auf die bei ihm festgestellte Schwerbehinderung (GdB 60, Merkzeichen G) wiederum Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Beinahme eines neurologisch-psychiatrischen und eines chirurgischen Gutachtens mit Bescheid vom 14.01.2003 und Widerspruchsbescheid vom 17.04.2003 ab, nachdem die ärztlichen Sachverständigen übereinstimmend zu der Beurteilung gelangt waren, dem Kläger seien noch körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig zumutbar.
Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat von Amts wegen den Neurologen und Psychiater Dr.H. vom Klinikum N. gehört, der im Gutachten vom 23.03.2004 zu den Diagnosen "Zustand nach Meningitis mit persistierender Dysarthrie, Ataxie der linken Körperhälfte sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich des Gesichts und Störungen der Augenbewegung und Pupillen" gelangte. Der Sachverständige hat bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen noch leichte bis streckenweise mittelschwere Arbeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für zumutbar gehalten. Dagegen sind die auf Antrag des Klägers gehörten Sachverständigen, der Neurologe und Psychiater K. (Gutachten vom 18.05.2005) und der Diplom-Psychologe K. im neuro-psychologischen Zusatzgutachten vom 06.11.2004 zu der Beurteilung gelangt, der Kläger sei nur noch in der Lage, drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl Dr.H. wie auch der Sachverständige K. blieben in ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 05.11.2005 bzw. 18.01.2006 bei ihrer bisherigen Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers.
Das SG hat sich der Leistungsbeurteilung von Dr.H. angeschlossen und mit Urteil vom 31.01.2006 die Klage abgewiesen. Unter Berücksichtigung der von Dr.H. festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen könne der Kläger noch leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Der Sachverständige habe es verstanden, die erhobenen Befunde überzeugend auszuwerten und plausibel darzulegen, dass der Kläger aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen zwar durchaus qualitativ, jedoch zeitlich in seinem Leistungsvermögen noch nicht eingeschränkt sei. Die Leistungsbeurteilungen der Sachverständigen K. und K. stünden insbesondere im Widerspruch zu den bereits 1999 und anschließend erhobenen Befunden, wonach beim Kläger nur leichte neuro-psychologische Beeinträchtigungen vorlagen, die sich in ihrer Gesamtheit nur in geringem Umfang behindernd in der Bewältigung beruflicher Anforderungen auswirken würden. Im Vergleich dazu sehe das Gericht keinen Anhaltspunkt dafür, dass seit der Untersuchung im November 1999 eine Verschlechterung eingetreten ist. Insbesondere habe Dr.H. in seinem Gutachten nachvollziehbar keine gravierenden kognitiven Defizite feststellen können.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, die er im Wesentlichen damit begründet, dass die Schlussfolgerungen des Gerichts sich alleine auf das Gutachten des Dr.H. stützten. Dieses Gutachten sei jedoch unvollständig, es fehle an Feststellungen zur Hirnleistungsschwäche, die in den Zusatzgutachten der Gutachter K. und K. ausführlich dargestellt würden. Auch seien die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht vollständig erfasst. Insbesondere seien die im Schwerbehindertenverfahren erhobenen Befunde, die einen GdB von 60 bedingten, zu wenig berücksichtigt. Nachdem eine medikamentöse Behandlung seiner Beschwerden ebenso wie eine medizinische Rehabilitation ausgeschlossen sei, bestünden bei ihm keine Heilungschancen. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wäre eine Rentenbewilligung die einzig richtige Lösung.
Der Senat hat im vorbereiteten Verfahren die Schwerbehindertenakte des ZBFS Region Mittelfranken, die Schwerbehindertenstreitakte des SG Nürnberg S 11 SB 319/03 sowie einen Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr.J. zum Verfahren beigenommen. Zu den streitigen medizinischen Fragen hat der Senat den Neurologen und Psychiater Dr.B. gehört, der im Gutachten vom 30.01.2007 und in der ergänzenden Stellungnahme vom 19.04.2007 zu der Beurteilung gelangte, der Kläger könne auch im Hinblick auf die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen (Zustand nach Hirnhautentzündung 1998, Sprechstörung [Dysarthrie], Koordinationsstörungen der linken Körperhälfte leichten Grades und Verdacht auf hirnorganisches Psychosyndrom) vollschichtig leichte und gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ausüben. Die Arbeiten sollten vorwiegend im Sitzen erfolgen, längeres Stehen oder Gehen seien zu vermeiden. Ferner seien zu vermeiden besondere Belastungen des Bewegungsapparates wie Bücken, Hocken, Knien, Heben und Tragen. Es sollten keine besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand gestellt werden. Nicht zumutbar seien weiter Tätigkeiten mit Absturzgefahr und stresshafte Arbeitsbedingungen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 31.01.2006 sowie den Bescheid vom 14.01.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.10.2002 Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags trägt die Beklagte vor, die Ausführungen des Sachverständigen Dr.B. hätten keine Änderung in der bisherigen Beurteilung erbracht. Dieser gelange zu dem eindeutigen Ergebnis, dass der Kläger durchaus noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens in sechsstündigem Umfang zu verrichten.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren neben den Verwaltungsunterlagen der Beklagten die früheren Klageakten des SG Nürnberg S 12 RJ 141/00, S 12 RJ 710/00 und S 11 SB 319/03 sowie die Schwerbehindertenakten des ZBFS Region Mittelfranken.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich als nicht begründet. Das SG hat vielmehr im angefochtenen Urteil vom 31.01.2006 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte weder Anspruch auf Rente wegen teilweiser noch wegen voller Erwerbsminderung hat. Denn der Kläger ist nicht erwerbsgemindert i.S. des Gesetzes.
Nach dem hier anzuwendenden § 43 Abs 1 und Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der Fassung vom 19.02.2002 - gültig vom 01.01.2002 bis 31.12.2007 - haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser/ voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise/voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Der Kläger ist schon nicht teilweise erwerbsgemindert i.S. dieser Vorschrift. Denn nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Kläger erfüllt zwar die vorgenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, er ist jedoch nicht wenigstens teilweise erwerbsgemindert. Zu dieser Auffassung gelangte der Senat im Anschluss an die überzeugenden Ausführungen des im Berufungsverfahren gehörten Neurologen und Psychiaters Dr.B. im Gutachten vom 30.01.2007. Nach den vom ärztlichen Sachverständigen erhobenen Befunden und Untersuchungsergebnissen ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers im Wesentlichen durch folgende Gesundheitsstörungen eingeschränkt: 1. Zustand nach Hirnhautentzündung 1998 2. Sprechstörung (Dysarthrie) leichten bis mittleren Grades 3. Koordinationsstörungen der linken Körperhälfte (Ataxie) leichten Grades 4. Verdacht auf hirnorganisches Psychosyndrom allenfalls leichten Grades. Diese Gesundheitsstörungen schränken aber weder für sich allein noch in der Gesamtwürdigung die Erwerbsfähigkeit des Klägers in einem Maße ein, dass er nicht noch in der Lage wäre, bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen wenigstens leichte Tätigkeiten vollschichtig, d.h. sechs Stunden täglich, zu verrichten.
Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers stehen die Folgen der im Januar 1998 durchgemachten Hirnhautentzündung. Über die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit, sondern lediglich über die dadurch bedingte Leistungsminderung.
Die bakterielle Hirnhautinfektion des Klägers bewirkte zwar Veränderungen an der Gehirnsubstanz, die auch radiologisch nachzuweisen waren. Allerdings fanden sich nur wenig ausgeprägte Schädigungen. Nachdem schon in den früheren Gutachten und auch im jetzigen Rentenverfahren vom ärztlichen Dienst der Beklagten die kognitiven Beeinträchtigungen des Klägers nur als relativ gering und auch als rückläufig geschildert wurden, unterstrich der vom Senat gehörte Sachverständige Dr.B. nochmals, dass der Kläger bei den in seiner Praxis durchgeführten Befunderhebungen weder bei den Tests nennenswerte kognitive Einbußen bot, noch sich klinisch ein bedeutsames Absinken der Wachheit oder des Konzentrationsvermögens zeigte. Insgesamt gesehen führen die zentralen neurologischen Ausfälle lediglich zu einer Einschränkung der qualitativen Leistungsfähigkeit, nicht aber des zeitlichen Rahmens. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr.B. ergibt sich in der Gesamtbetrachtung folgendes negative Leistungsbild: Schwere und anhaltend mittelschwere körperliche Tätigkeiten sind dem Kläger nicht mehr zumutbar. Es sollten ferner keine Tätigkeiten verrichtet werden, die besondere Anforderungen an die Feingeschicklichkeit der linken Hand stellen, die mit längerem Gehen und Stehen, mit stresshaften Arbeitsbedingungen und mit überdurchschnittlichem Publikumsverkehr oder häufigem Telefonieren verbunden sind.
Dadurch ist das Leistungsvermögen des Klägers zwar eingeschränkt, aber noch noch nicht in einem rentenerheblichen Maße. Denn nach den Ausführungen von Dr.B. , denen sich der Senat auch insoweit anschließt, ist der Kläger durchaus in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich im aufgezeigten Rahmen tätig zu sein. Damit ist der Kläger zwar aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, den erlernten Beruf eines Modellbauers auszuüben. Hierauf kommt es aber vorliegend im Hinblick auf das Alter des Klägers, der am 14.12.1968 geboren ist, nicht an, da nach der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des § 43 SGB VI lediglich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen ist. Im Übrigen hat der ärztliche Sachverständige Dr.B. ausgeführt, dass der Kläger den Beruf eines Bürokaufmanns, zu dem er erfolgreich umgeschult wurde, trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen auch ausüben kann. Der Weg von und zur Arbeit ist nicht nennenswert eingeschränkt; die Einhaltung zusätzlicher betriebsunüblicher Pausen ist nicht erforderlich.
Zu Recht ist das SG im angefochtenen Urteil auch nicht den Leistungsbeurteilungen des Diplom-Psychologen K. und des Neuro- psychologen K. gefolgt, die beide ein nur untersechsstündiges Leistungsvermögen angenommen haben. Insoweit hat Dr.B. darauf hingewiesen, dass beim Kläger zwar eine psychomotorische Verlangsamung besteht, aber keinerlei Anhaltspunkte gefunden werden konnten - weder klinisch noch testpsychologisch - für das Vorhandensein von kognitiven Defiziten. Auch konnte Dr.B. keine Hinweise auf psychogene Überlagerungen feststellen. Im Übrigen hat der ärztliche Sachverständige Dr.B. noch darauf hingewiesen, dass vieles dafür spreche, dass der Kläger in seinen Alltagsaktivitäten nicht sehr behindert ist. So unternimmt er z.B. Autoreisen nach Polen, bei denen er den PKW selbst steuert. Auch die Einschränkungen der linken Hand sind offensichtlich nicht sehr erheblich. Es handelt sich um feinmotorische Störungen, die einen guten Einsatz als Hilfshand nicht hindern. Im Übrigen spricht die erfolgreiche Umschulung zum Bürokaufmann nicht für das Vorliegen erheblicher Leistungseinbußen in dieser Richtung. Da der Kläger zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, ist er nicht erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs 3 SGB VI), weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Rentenleistungen stehen ihm nicht zu. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers erfolglos blieb.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1968 geborene Kläger, der in Polen den Beruf eines Modellbauers erlernt hat, ist im Jahre 1988 in die Bundesrepublik eingereist und hat hier bis zu seiner Erkrankung im Januar 1998 versicherungspflichtig gearbeitet. Anschließend bezog er Krankengeld und Leistungen von der Arbeitsverwaltung.
Den Rentenantrag vom 05.02.2000 - gestellt wegen der Folgen einer im Januar 1998 erlittenen Meningoencephalitis - lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.2000 und Widerspruchsbescheid vom 10.07.200 ab. Die dagegen erhobene Klage nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2001 vor dem Sozialgericht Nürnberg im Hinblick auf die damals laufende berufliche Förderung - der Kläger wurde erfolgreich zum Bürokaufmann umgeschult - zurück.
Am 10.10.2002 beantragte der Kläger wegen der Folgen seiner Hirnhaut- und Gehirnentzündung sowie mit Hinweis auf die bei ihm festgestellte Schwerbehinderung (GdB 60, Merkzeichen G) wiederum Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Beinahme eines neurologisch-psychiatrischen und eines chirurgischen Gutachtens mit Bescheid vom 14.01.2003 und Widerspruchsbescheid vom 17.04.2003 ab, nachdem die ärztlichen Sachverständigen übereinstimmend zu der Beurteilung gelangt waren, dem Kläger seien noch körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig zumutbar.
Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat von Amts wegen den Neurologen und Psychiater Dr.H. vom Klinikum N. gehört, der im Gutachten vom 23.03.2004 zu den Diagnosen "Zustand nach Meningitis mit persistierender Dysarthrie, Ataxie der linken Körperhälfte sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich des Gesichts und Störungen der Augenbewegung und Pupillen" gelangte. Der Sachverständige hat bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen noch leichte bis streckenweise mittelschwere Arbeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für zumutbar gehalten. Dagegen sind die auf Antrag des Klägers gehörten Sachverständigen, der Neurologe und Psychiater K. (Gutachten vom 18.05.2005) und der Diplom-Psychologe K. im neuro-psychologischen Zusatzgutachten vom 06.11.2004 zu der Beurteilung gelangt, der Kläger sei nur noch in der Lage, drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl Dr.H. wie auch der Sachverständige K. blieben in ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 05.11.2005 bzw. 18.01.2006 bei ihrer bisherigen Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers.
Das SG hat sich der Leistungsbeurteilung von Dr.H. angeschlossen und mit Urteil vom 31.01.2006 die Klage abgewiesen. Unter Berücksichtigung der von Dr.H. festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen könne der Kläger noch leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Der Sachverständige habe es verstanden, die erhobenen Befunde überzeugend auszuwerten und plausibel darzulegen, dass der Kläger aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen zwar durchaus qualitativ, jedoch zeitlich in seinem Leistungsvermögen noch nicht eingeschränkt sei. Die Leistungsbeurteilungen der Sachverständigen K. und K. stünden insbesondere im Widerspruch zu den bereits 1999 und anschließend erhobenen Befunden, wonach beim Kläger nur leichte neuro-psychologische Beeinträchtigungen vorlagen, die sich in ihrer Gesamtheit nur in geringem Umfang behindernd in der Bewältigung beruflicher Anforderungen auswirken würden. Im Vergleich dazu sehe das Gericht keinen Anhaltspunkt dafür, dass seit der Untersuchung im November 1999 eine Verschlechterung eingetreten ist. Insbesondere habe Dr.H. in seinem Gutachten nachvollziehbar keine gravierenden kognitiven Defizite feststellen können.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, die er im Wesentlichen damit begründet, dass die Schlussfolgerungen des Gerichts sich alleine auf das Gutachten des Dr.H. stützten. Dieses Gutachten sei jedoch unvollständig, es fehle an Feststellungen zur Hirnleistungsschwäche, die in den Zusatzgutachten der Gutachter K. und K. ausführlich dargestellt würden. Auch seien die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht vollständig erfasst. Insbesondere seien die im Schwerbehindertenverfahren erhobenen Befunde, die einen GdB von 60 bedingten, zu wenig berücksichtigt. Nachdem eine medikamentöse Behandlung seiner Beschwerden ebenso wie eine medizinische Rehabilitation ausgeschlossen sei, bestünden bei ihm keine Heilungschancen. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wäre eine Rentenbewilligung die einzig richtige Lösung.
Der Senat hat im vorbereiteten Verfahren die Schwerbehindertenakte des ZBFS Region Mittelfranken, die Schwerbehindertenstreitakte des SG Nürnberg S 11 SB 319/03 sowie einen Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr.J. zum Verfahren beigenommen. Zu den streitigen medizinischen Fragen hat der Senat den Neurologen und Psychiater Dr.B. gehört, der im Gutachten vom 30.01.2007 und in der ergänzenden Stellungnahme vom 19.04.2007 zu der Beurteilung gelangte, der Kläger könne auch im Hinblick auf die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen (Zustand nach Hirnhautentzündung 1998, Sprechstörung [Dysarthrie], Koordinationsstörungen der linken Körperhälfte leichten Grades und Verdacht auf hirnorganisches Psychosyndrom) vollschichtig leichte und gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ausüben. Die Arbeiten sollten vorwiegend im Sitzen erfolgen, längeres Stehen oder Gehen seien zu vermeiden. Ferner seien zu vermeiden besondere Belastungen des Bewegungsapparates wie Bücken, Hocken, Knien, Heben und Tragen. Es sollten keine besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand gestellt werden. Nicht zumutbar seien weiter Tätigkeiten mit Absturzgefahr und stresshafte Arbeitsbedingungen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 31.01.2006 sowie den Bescheid vom 14.01.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.10.2002 Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags trägt die Beklagte vor, die Ausführungen des Sachverständigen Dr.B. hätten keine Änderung in der bisherigen Beurteilung erbracht. Dieser gelange zu dem eindeutigen Ergebnis, dass der Kläger durchaus noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens in sechsstündigem Umfang zu verrichten.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren neben den Verwaltungsunterlagen der Beklagten die früheren Klageakten des SG Nürnberg S 12 RJ 141/00, S 12 RJ 710/00 und S 11 SB 319/03 sowie die Schwerbehindertenakten des ZBFS Region Mittelfranken.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich als nicht begründet. Das SG hat vielmehr im angefochtenen Urteil vom 31.01.2006 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte weder Anspruch auf Rente wegen teilweiser noch wegen voller Erwerbsminderung hat. Denn der Kläger ist nicht erwerbsgemindert i.S. des Gesetzes.
Nach dem hier anzuwendenden § 43 Abs 1 und Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der Fassung vom 19.02.2002 - gültig vom 01.01.2002 bis 31.12.2007 - haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser/ voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise/voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Der Kläger ist schon nicht teilweise erwerbsgemindert i.S. dieser Vorschrift. Denn nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Kläger erfüllt zwar die vorgenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, er ist jedoch nicht wenigstens teilweise erwerbsgemindert. Zu dieser Auffassung gelangte der Senat im Anschluss an die überzeugenden Ausführungen des im Berufungsverfahren gehörten Neurologen und Psychiaters Dr.B. im Gutachten vom 30.01.2007. Nach den vom ärztlichen Sachverständigen erhobenen Befunden und Untersuchungsergebnissen ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers im Wesentlichen durch folgende Gesundheitsstörungen eingeschränkt: 1. Zustand nach Hirnhautentzündung 1998 2. Sprechstörung (Dysarthrie) leichten bis mittleren Grades 3. Koordinationsstörungen der linken Körperhälfte (Ataxie) leichten Grades 4. Verdacht auf hirnorganisches Psychosyndrom allenfalls leichten Grades. Diese Gesundheitsstörungen schränken aber weder für sich allein noch in der Gesamtwürdigung die Erwerbsfähigkeit des Klägers in einem Maße ein, dass er nicht noch in der Lage wäre, bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen wenigstens leichte Tätigkeiten vollschichtig, d.h. sechs Stunden täglich, zu verrichten.
Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers stehen die Folgen der im Januar 1998 durchgemachten Hirnhautentzündung. Über die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit, sondern lediglich über die dadurch bedingte Leistungsminderung.
Die bakterielle Hirnhautinfektion des Klägers bewirkte zwar Veränderungen an der Gehirnsubstanz, die auch radiologisch nachzuweisen waren. Allerdings fanden sich nur wenig ausgeprägte Schädigungen. Nachdem schon in den früheren Gutachten und auch im jetzigen Rentenverfahren vom ärztlichen Dienst der Beklagten die kognitiven Beeinträchtigungen des Klägers nur als relativ gering und auch als rückläufig geschildert wurden, unterstrich der vom Senat gehörte Sachverständige Dr.B. nochmals, dass der Kläger bei den in seiner Praxis durchgeführten Befunderhebungen weder bei den Tests nennenswerte kognitive Einbußen bot, noch sich klinisch ein bedeutsames Absinken der Wachheit oder des Konzentrationsvermögens zeigte. Insgesamt gesehen führen die zentralen neurologischen Ausfälle lediglich zu einer Einschränkung der qualitativen Leistungsfähigkeit, nicht aber des zeitlichen Rahmens. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr.B. ergibt sich in der Gesamtbetrachtung folgendes negative Leistungsbild: Schwere und anhaltend mittelschwere körperliche Tätigkeiten sind dem Kläger nicht mehr zumutbar. Es sollten ferner keine Tätigkeiten verrichtet werden, die besondere Anforderungen an die Feingeschicklichkeit der linken Hand stellen, die mit längerem Gehen und Stehen, mit stresshaften Arbeitsbedingungen und mit überdurchschnittlichem Publikumsverkehr oder häufigem Telefonieren verbunden sind.
Dadurch ist das Leistungsvermögen des Klägers zwar eingeschränkt, aber noch noch nicht in einem rentenerheblichen Maße. Denn nach den Ausführungen von Dr.B. , denen sich der Senat auch insoweit anschließt, ist der Kläger durchaus in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich im aufgezeigten Rahmen tätig zu sein. Damit ist der Kläger zwar aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, den erlernten Beruf eines Modellbauers auszuüben. Hierauf kommt es aber vorliegend im Hinblick auf das Alter des Klägers, der am 14.12.1968 geboren ist, nicht an, da nach der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des § 43 SGB VI lediglich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen ist. Im Übrigen hat der ärztliche Sachverständige Dr.B. ausgeführt, dass der Kläger den Beruf eines Bürokaufmanns, zu dem er erfolgreich umgeschult wurde, trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen auch ausüben kann. Der Weg von und zur Arbeit ist nicht nennenswert eingeschränkt; die Einhaltung zusätzlicher betriebsunüblicher Pausen ist nicht erforderlich.
Zu Recht ist das SG im angefochtenen Urteil auch nicht den Leistungsbeurteilungen des Diplom-Psychologen K. und des Neuro- psychologen K. gefolgt, die beide ein nur untersechsstündiges Leistungsvermögen angenommen haben. Insoweit hat Dr.B. darauf hingewiesen, dass beim Kläger zwar eine psychomotorische Verlangsamung besteht, aber keinerlei Anhaltspunkte gefunden werden konnten - weder klinisch noch testpsychologisch - für das Vorhandensein von kognitiven Defiziten. Auch konnte Dr.B. keine Hinweise auf psychogene Überlagerungen feststellen. Im Übrigen hat der ärztliche Sachverständige Dr.B. noch darauf hingewiesen, dass vieles dafür spreche, dass der Kläger in seinen Alltagsaktivitäten nicht sehr behindert ist. So unternimmt er z.B. Autoreisen nach Polen, bei denen er den PKW selbst steuert. Auch die Einschränkungen der linken Hand sind offensichtlich nicht sehr erheblich. Es handelt sich um feinmotorische Störungen, die einen guten Einsatz als Hilfshand nicht hindern. Im Übrigen spricht die erfolgreiche Umschulung zum Bürokaufmann nicht für das Vorliegen erheblicher Leistungseinbußen in dieser Richtung. Da der Kläger zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, ist er nicht erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs 3 SGB VI), weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Rentenleistungen stehen ihm nicht zu. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers erfolglos blieb.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
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