L 14 R 642/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 212/03 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 642/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 12. August 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1947 geborene, in Mazedonien lebende Kläger war in Deutschland zwischen dem 29.11.1968 und 05.07.1972 als Brenner in einer Feuerverzinkerei versicherungspflichtig beschäftigt. In seiner Heimat hat er zuvor 1965/66 sowie zwischen dem 07.07.1973 und 06.11.2000 weitere Versicherungszeiten zurückgelegt. Seit 07.11.2000 bezieht er daraus eine Invalidenrente nach mazedonischem Recht.

Seinen am 07.11.2000 auch bei der Beklagten gestellten Rentenantrag lehnte diese mit Bescheid vom 09.03.2001 wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und dann mit streitgegenständlichem Bescheid vom 30.07.2002 ab mit der Begründung, der Kläger könne trotz Beeinträchtigung seiner Erwerbsfähigkeit durch "rezidivierende depressive Störung und lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Zustand nach Bandscheibenvorfalloperation in Höhe Lendenwirbelkörper 4/5 im September 1983" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Grundlage der Entscheidung war neben einem Gutachten der Invalidenkommission in S. vom 18.01.2001 mit der Beurteilung eines seit 07.11.2000 bestehenden unterhalbschichtigen Leisstungsvermögens eine Untersuchung des Klägers in der Ärztlichen Gutachterstelle der Beklagten in R. am 15.07.2002 (Diagnosen: "rezidivierende depressive Störung, lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Zustand nach Bandscheibenvorfalloperation in Höhe LWK 4/5 im September 1983"; Leistungsbeurteilung: leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, Akkord und Nachtschicht sechs Stunden und mehr laut Gutachten des Dr.M. vom 17.07.2002).

Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 14.01.2003 nach ergebnislosen Ermittlungen der Beklagten beim letzten Arbeitgeber des Klägers und bei der Betriebskrankenkasse).

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) erhob dieses Beweis über den Gesundheitszustand und die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Einholung von Gutachten auf nervenärztlichem sowie auf allgemeinärztlich-sozialmedizinischem Fachgebiet. Die Nervenärzte Dr.P. und Dr.S. erhoben in ihrem Gutachten vom 02.07.2003 eine leichtgradige anhaltende depressive Störung und führten dazu aus, eine psychoorganische Erkrankung lasse sich weitgehend ausschließen, eine rezidivierende depressive Erkrankung, wie in den verschiedenen Vorbefunden beschrieben, lasse sich nicht eruieren. Es sei lediglich bei der neurologischen Untersuchung eine deutliche Aggravation aufgefallen. Die Gutachter vertraten die Auffassung, wegen einer leichten Minderung der psychophysischen Belastbarkeit könne der Kläger noch regelmäßig leichte und mittelschwere Arbeiten ohne Zwangshaltung und ohne Akkordarbeit acht Stunden und mehr ausführen; die Umstellungsfähigkeit auf andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt.

Der Gutachter Dr.Z. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 03.07.2003 nach persönlicher Untersuchung des Klägers ein Wirbelsäulensyndrom bei Abnützungserscheinungen ohne neurologische Ausfallserscheinungen, Abnützungserscheinungen und Zustand nach Bandscheibenoperation bei L 4/L 5, eine Herzleistungsminderung bei Herzdurchblutungsstörungen sowie eine depressive Störung und eine Schwerhörigkeit. Er hielt den Kläger unter Berücksichtigung aller Aspekte für in der Lage, leichte körperliche Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, Bücken und Zwangshaltungen, ohne große Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und an das Hörvermögen zu verrichten. Eine Besserung der Herzdurchblutungsstörungen, erkennbar bei einer maximalen Belastung mit 130 Watt laut Ergometrie von April 2003, sei möglich, die Beantwortung dieser Frage hänge von einer geplanten Herzkatheteruntersuchung ab.

Der Kläger verwies demgegenüber auf einen medizinischen Befundbericht vom 23.07.2003 (Koronarangiographie) des Instituts für kardiovaskuläre Krankheiten in S. , woraus sich eine Verschlechterung seines Befindens ergeben solle.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.08.2003, gestützt auf die Gutachten des Dr.Z. und der Dres.P./ S. , ab. Der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig nach den bis 31.12.2000 geltenden Vorschriften der §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) a.F. noch teilweise oder voll erwerbsgemindert nach §§ 43, 240 SGB VI n.F. Das Leistungsvermögen des Klägers sei zwar bereits eingeschränkt. Er könne nach den ärztlichen Feststellungen nur mehr unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses täglich acht Stunden leichte Arbeiten ohne Bücken, Zwangshaltungen und ohne große Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit verrichten. Damit könne er zwar seine letzte in Deutschland verrichtete Tätigkeit als Brenner nicht mehr verrichten, Berufsunfähigkeit bestehe aber nicht, da er sich nach den ärztlichen Feststellungen noch auf andere ihm zumutbare Tätigkeiten umstellen könne. Berufsunfähig seien nur solche Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen gesunken sei (§ 43 SGB VI a.F.). Nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) im Rahmen der Prüfung von Berufsunfähigkeit entwickelten Berufsgruppenschema sei der Kläger allenfalls der Gruppe mit dem Leitbild des angelernten Arbeiters zuzuordnen, eine höhere berufliche Qualifikation in der Bundesrepublik Deutschland sei nicht mehr feststellbar, nachdem auch ein Auskunftsersuchen beim letzten Arbeitgeber erfolglos geblieben sei. Dies gehe nach den Regeln der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers. Als angelernter Arbeitnehmer sei er auf praktisch alle Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, denen er psychisch und physisch gewachsen sei; der Benennung eines konkreten Verweisungsberufes bedürfe es grundsätzlich nicht. Rechtlich unerheblich sei auch, ob dem Kläger ein Arbeitsplatz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich hätte vermittelt werden können; bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten sei der Arbeitsmarkt als offen anzusehen. Das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung trage die gesetzliche Arbeitslosenversicherung und nicht die Rentenversicherung. Angesichts des noch vollschichtigen Leistungsvermögens des Klägers für leichte Arbeiten sei der Kläger auch nicht erwerbsunfähig und ebenso nicht teilweise oder voll erwerbsgemindert.

Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil und verweist auf bestehende, nach seiner Meinung bisher nur oberflächlich beurteilte Gesundheitsstörungen sowie auf seine Ausbildung als Maschinenschlosser; in diesem Beruf habe er in Deutschland gearbeitet, später in Mazedonien als Busfahrer. Er fügt seinem Vorbringen aktuelle ärztliche Unterlagen sowie ein Zeugnis über die Ablegung der Prüfung für den Beruf eines Maschinenschlossers "in der Zeit vom 21.08.1974 bis 20.08.1975" bei.

Der Senat zog einen Auszug aus dem Mitglieder- und Leistungsverzeichnis der BKK, Landesverband NRW, bei, worin der Kläger mit einer Tätigkeit als Maschinenarbeiter ab 29.11.1968 verzeichnet war. Er wies den Kläger mit Schreiben vom 22.09.2004 darauf hin, dass das angefochtene Urteil nach Überprüfung nicht zu beanstanden sei; insbesondere sei der Kläger zu Recht auf Grund seiner Tätigkeiten in Deutschland als angelernter Arbeitnehmer eingestuft worden und genieße keinen Berufsschutz; für höhere Anlerntätigkeiten in Deutschland ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte, die Ausbildung zum Maschinenschlosser sei erst nach der Rückkehr aus Deutschland durchgeführt bzw. abgeschlossen worden.

Der Kläger übersandte weitere ärztliche Unterlagen, u.a. einen echokardiographischen Befund vom 08.11.2004. Der Ärztliche Dienst der Beklagten hielt in seiner Stellungnahme dazu die bisherige sozialmedizinische Leistungsbeurteilung für weiter zutreffend.

Im Auftrag des Senats erstellte der Sachverständige Dr.P. ein internistisches Gutachten vom 30.05.2005 auf Grund persönlicher Untersuchung des Klägers, welcher über Herzbeschwerden, Wirbelsäulenbeschwerden und Schwerhörigkeit (seit 1993) klagte.

Der Gutachter erhob die Diagnosen: 1. Seit 07/2003 koronarangiographisch gesicherte koronare Eingefäßkrankheit mit Verschluss der proximalen rechten Kranzarterie und normaler linksventrikulärer Funktion; aktuell zunehmende Belastungsangina. 2. Labile arterielle Hypertonie ohne Endorganschädigung. 3. Erhebliche Adipositas; vorbekannte kombinierte Hyperlipoproteinämie. 4. Knoten im rechten Schilddrüsenlappen, euthyreote Schilddrüsenfunktion. 5. Geringe Unterschenkelvarikosis links. 6. Wirbelsäulenbeschwerden bei degenerativem Lendenwirbelsäulensyndrom, aktuell ohne Wurzelreizsymptomatik; Zustand nach Hemilaminektomie wegen Bandscheibenvorfall 09/1983. 7. Zustand nach Operation eines Blasendivertikels 01/2004. 8. Seit den 90er Jahren bekannte mäßiggradige Hochtonschwerhörigkeit rechts ausgeprägter als links. 9. Zustand nach Operation einer Rezidivleistenhernie links 12/04 bei Zustand nach erster Leistenhernien-Operation 01/1992. 10. Anamnestisch langjährige rezidivierende depressive Verstimmung.

Der Gutachter ging im Bezug auf die im Vordergrund stehende Diagnose der koronaren Herzkrankheit von einer Verschlechterung aus. Er legte insoweit nach Auswertung eines durchgeführten Echokardiogramms, eines Belastungs-EKGs, eines standardisierten 6-Minuten-Gehtests sowie der Angaben des Klägers über Zunahme der Angina pectoris in den letzten Monaten auch bei bereits geringer Belastung dar, es sei zwar noch nicht zu einem Herzinfarkt gekommen, wohl aber zu einer Progredienz der koronaren Herzkrankheit seit 2003. Auch wenn man berücksichtige, dass die aktuelle antianginöse Therapie nicht ganz den Ansprüchen genüge und sicher optimierbar sei, könne eine wesentliche Besserung nur durch eine erneute Herzkatheteruntersuchung mit Versuch einer Revaskularisierung erzielt werden. Bis auf weiteres seien dem Kläger aus sozialmedizinischer Sicht nur mehr leichte körperliche Arbeiten ohne Nacht- und Wechselschicht und ohne hohe Stressbelastung drei bis unter vier Stunden täglich möglich, wobei diese möglichst im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ablaufen sollten. Ein Anmarschweg zur Arbeitsstätte zu Fuß sei mit zumutbarem Zeitaufwand nicht möglich, die zumutbare Gehzeit überschreite wegen der Belastungsangina die übliche Grenze von etwa 20 Minuten für 500 m "meist". Zu den übrigen Diagnosen hieß es, die Diagnose 2 (Hypertonie) lasse leichte und mittelschwere Arbeiten ohne Nacht- und Wechselschicht und ohne hohe Stressbelastung zu, wegen der Wirbelsäulenbeschwerden müssten Tätigkeiten mit Heben und Tragen über 10 kg und häufigem Bücken entfallen; die Hochtonschwerhörigkeit sei mit Einschränkungen für Tätigkeiten mit häufiger Lärmbelastung, erhöhten Anforderungen an das Hörvermögen und an das exakte Verstehen von Sprache, z.B. beim Publikumsverkehr, zu beachten. Wegen der anamnestisch erhobenen langjährigen, jetzt jedoch nicht feststellbaren depressiven Verstimmung seien leichte körperliche Arbeiten ohne Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit und ohne hohe Stressbelastung möglich.

Insgesamt vertrat der Gutachter die Auffassung, der Kläger könne wegen einer Verschlechterung derzeit nur mehr leichte körperliche Arbeiten drei bis unter vier Stunden täglich in wechselnder Körperhaltung verrichten, wobei Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit, Tätigkeiten mit hoher Stressbelastung, Tätigkeiten unter Einfluss von Kälte und Nässe, Tätigkeiten im Freien, Tätigkeiten mit Heben und Tragen von schweren Lasten über 10 kg und mit häufigem Bücken sowie in körperlichen Zwangshaltungen, Tätigkeiten mit häufiger Lärmbelastung und erhöhten Anforderungen an das Hörvermögen und an das exaktes Verstehen von Sprache nicht mehr zumutbar seien. Die Gehfähigkeit sah der Gutachter auf unter viermal täglich 500 m bei zumutbarem Zeitaufwand eingeschränkt, nicht aber die Nutzung von Fahrrad, PKW oder öffentlichen Verkehrsmitteln. Aussicht auf Besserung sah der Gutachter durch erneute Herzkatheteruntersuchung mit anschließender interventioneller oder operativer Revaskularisierung. Er empfahl insoweit eine erneute Begutachtung in etwa einem Jahr bzw. nach erfolgter operativer Intervention.

Der Ärztliche Dienst der Beklagten widersprach diesem Gutachten dahingehend, dass trotz der offenbar eingetretenen weiteren Verschlechterung der koronaren Durchblutungssituation bei einem weitgehend unauffälligen echokardiographischen Befund des Herzens und unauffälliger Pumpfunktion des Herzens sowie bei Berücksichtigung der Angaben des Klägers zu seinen häuslichen Aktivitäten weiterhin davon auszugehen sei, dass leichte körperliche Arbeiten ohne Zeitdruck überwiegend im Sitzen mehr als sechs Stunden täglich zumutbar seien. Dagegen spreche auch nicht der von Dr.P. durchgeführte Gehtest, bei dem der Kläger innerhalb von 6 Minuten 220 m Wegstrecke zurückgelegt habe; bei Hochrechnung dieser Strecke auf 660 m innerhalb von 18 Minuten könne man davon ausgehen, dass auch aktuell in einem Zeitraum von 20 Minuten deutlich mehr als 500 m zurückgelegt werden könnten. Das angenommene unter vierstündige Leistungsvermögen sei damit nicht vereinbar, insbesondere bei langsamerem Gehen. Bei koronaren Herzerkrankungen träten Beschwerden dann auf, wenn es zu einem Missverhältnis zwischen körperlicher Anstrengung und eingeschränkter Koronardurchblutung komme; bleibe die körperliche Belastung in einem Bereich, der von der noch vorhandenen Koronarreserve abgedeckt werde, dann träten keine Beschwerden auf und es könnten derartige Arbeiten vollschichtig bzw. täglich sechs Stunden und mehr verrichtet werden. Die Beklagte verwies darauf, dass der Kläger offensichtlich trotz gewisser Beschwerden ganz gut zurechtkomme und der Leidensdruck nicht so groß sei, dass er sich einer operativen Revaskularisierung unterziehe.

In zwei ergänzenden Stellungnahmen nach Aktenlage vom 31.07.2005 und 25.11.2005 blieb Dr.P. bei seiner Auffassung und führte aus, der Kläger sei durch die bereits bei geringer Belastung auftretende Angina pectoris doch erheblich in seinem Alltag limitiert; es handle sich auch nicht - wie die Beklagte offenbar annehme - um eine stabile Angina pectoris, sondern um eine kontinuierliche Verschlechterung der Angina pectoris über die letzten Monate.

Nach Übersendung weiterer ärztlicher Unterlagen durch den Kläger aus September bis Dezember 2005 (darunter ein Langzeit-EKG ohne wesentliche Besonderheiten) sowie eines echokardiologischen Befundes vom 25.04.2005 über eine stabile Angina pectoris empfahl Dr.P. , weitere Kontrolluntersuchungen des Klägers in seiner Heimat abzuwarten (Stellungnahme vom 25.03.2006). Der Kläger übersandte daraufhin ein Aorta-CT vom 10.08.2006; in diesem Befund hieß es, dass keine OP-Indikation bestehe, eine koronare Herzerkrankung wurde nicht erwähnt.

Der Ärztliche Dienst der Beklagten vertrat die Auffassung, dass aus den übersandten Unterlagen zu schließen sei, dass eine Progredienz der koronaren Herzerkrankung nicht eingetreten sei und es nach allem bei seiner bisherigen Leistungsbeurteilung verbleiben müsse.

In Hinblick auf die unterschiedlichen Beurteilungen des Leistungsvermögens des Klägers beauftragte der Senat die Gutachter Dr.L. und Dr.P. mit einer erneuten Begutachtung des Klägers auf chirurgisch-orthopädischem und auf internistischem Fachgebiet. Dr.L. erhob in seinem Gutachten vom 09.01.2007 die Diagnosen: 1. Leichtgradiges Halswirbelsäulensyndrom, leichtes, allenfalls mittelschweres Lendenwirbelsäulensyndrom mit sich daraus er gebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neuro genen Defektes. 2. Senk-Spreiz-Füße beidseits ohne gravierende Geh- und Steh minderung. 3. Leistenbruch rechts mit der Notwendigkeit der operativen In tervention.

Der Gutachter fand keine sozialmedizinisch relevante Befundverschlimmerung gegenüber der Begutachtung durch Dr.Z ... Er vertrat die Auffassung, der Kläger könne - bei Notwendigkeit der operativen Intervention des rechtsseitigen Leistenbruches - leichte körperliche Arbeiten mit dem gelegentlichen Wechsel der Körperposition von Gehen, Stehen und Sitzen noch achtstündig mit üblichen Unterbrechungen eines Arbeitsverhältnisses verrichten; nicht mehr zumutbar seien häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg sowie Kälte-, Nässe- und Staubexposition und Arbeiten unter Akkord- und Schichtbedingungen. Eine sozialmedizinisch relevante Einschränkung der Wegefähigkeit sah der Gutachter nicht, ebenso nicht die Notwendigkeit eines neurologischen Gutachtens bei fehlendem sensomotorischen Defizit des Lendenwirbelsäulensyndroms.

Dr.P. erhob in seinem Gutachten vom 30.03.2007 folgende Gesundheitsstörungen: 1. Seit 7/03 koronarangiographisch gesicherte koronare Einge fäßkrankheit mit Verschluss der proximalen rechten Kranzar terie, normaler linksventrikulärer Funktion und stabiler Be lastungsangina. 2. Labile, jetzt medikamentös behandelte arterielle Hypertonie ohne ausreichenden Anhalt für Endorganschädigung. 3. Leichte Adipositas, vorbekannte kombinierte Hyperlipopro teinämie. 4. Leichter diffuser toxisch-nutritiver Leberparenchymschaden; kleine Zyste im rechten Leberlappen. 5. Asymptomatische leichte aneurysmatische Aufweitung der in frarenalen Aorta abdominalis, Aortenwandsklerose. 6. Kleiner Knoten im linken Schilddrüsenlappen, euthyreote Schilddrüsenfunktion. 7. Geringe Unterschenkelvarikosis links. 8. Zustand nach Operation eines Blasendivertikels 01/2004. 9. Seit den 90er Jahren bekannte mäßiggradige Hochtonschwer hörigkeit rechts ausgeprägter als links. 10.Anamnestisch rezidivierende depressive Verstimmung.

Nach den Ausführungen des Gutachters war es im Jahre 2005 bei der seit Juli 2003 bekannten koronaren Herzkrankheit des Klägers zu einer Zunahme der Angina pectoris bei geringerer Belastung und erstmals auch bei Kälte im Winter gekommen; das Belastungs-EKG im Vorgutachten habe bereits bei einer Belastung von 75 W typische lang anhaltende ST-Streckensenkungen im Sinne einer Progredienz der koronaren Herzkrankheit gezeigt, so dass dem Kläger eine erneute Herzkatheteruntersuchung und Intensivierung der antianginösen Therapie angeraten worden sei. Eine Herzkatheteruntersuchung in der Heimat des Klägers habe zwischenzeitlich aus nicht ersichtlichen Gründen nicht stattgefunden, in einem kardiologischen Bericht vom 25.04.2005 werde darauf nicht explizit eingegangen. Jetzt, etwa zwei Jahre später, berichte der Kläger zwar über immer wiederkehrende linksthorakale Beschwerden, im Belastungs-EKG zeige sich jedoch eine deutliche objektivierbare Besserung. Bis zu einer Ausbelastung mit 175 W (!) ließen sich überraschenderweise im Gegensatz zum Jahre 2005 keinerlei Ischämiezeichen über der Vorderwand mehr nachweisen, ebenfalls keine typische Angina pectoris, lediglich wie damals gehäuft supraventrikuläre und ventrikuläre Extrasystolen. Offensichtlich kompensierten die vorbeschriebenen Kollateralen den Gefäßverschluss jetzt. Nach wie vor seien echokardiographisch keine regionalen Wandbewegungsstörungen nachzuweisen, die linksventrikuläre Funktion sei erfreulicherweise weiter normal. Auf Grund dieser günstigen Entwicklung sei der Kläger derzeit aus sozialmedizinischer Sicht wieder in der Lage, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig auszuüben. Gegenüber der Vorbegutachtung durch Dr.P. ergebe sich eine geringe Gewichtsabnahme (74 kg gegenüber 80 kg), ferner eine leichte aneurysmatische Aufweitung der infrarenalen Aorta abdominalis, ein Befund, der sich weitgehend mit aktenkundigen Kurzbefunden von Mai und August 2006 decke und regelmäßige Verlaufskontrollen wie auch eine gute Blutdruckeinstellung erfordere, um bei weiterer Größenzunahme den richtigen Zeitpunkt für eine Operation oder Intervention nicht zu versäumen. Aus sozialmedizinischer Sicht seien leichte körperliche Arbeiten vollschichtig möglich. Im Hinblick auf die arterielle Hypertonie hielt der Gutachter leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Nacht- und Wechselschicht für zumutbar, wegen der Varikosis sollten Arbeiten mit ständigem Stehen und Sitzen entfallen. Die Leistenhernie lasse nur mehr leichte körperliche Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten über 10 kg zu, die mäßige Schwerhörigkeit die schon im Vorgutachten beschriebenen Beschränkungen auf Tätigkeiten ohne häufige Lärmbelastung und erhöhte Anforderungen an das Hörvermögen und das exakte Verstehen von Sprache. Der Kläger machte im Übrigen auch bei der jetzigen Untersuchung durch Dr.P. keinen depressiven Eindruck. In seiner zusammenfassenden Beurteilung kam der Gutachter nach allem zu dem Ergebnis, dem Kläger seien leichte körperliche Arbeiten wieder vollschichtig (achtstündig täglich) zuzumuten, zu bevorzugen seien Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen oder Sitzen, ständiges Stehen und Sitzen sei wegen der Varikosis nicht mehr zumutbar. Im Übrigen seien Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit, hohe Stressbelastung, Tätigkeiten unter Einfluss von Kälte und Nässe sowie im Freien, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg und häufiges Bücken, Arbeiten in körperlichen Zwangshaltungen und mit häufiger Lärmbelastung sowie erhöhte Anforderungen an das Hörvermögen und das exakte Verstehen von Sprache zu vermeiden. Die Umstellungsfähigkeit für andere einfachere Tätigkeiten, bei denen diese Einschränkungen Berücksichtigung finden könnten, erscheine nicht eingeschränkt, ebenso unterliege der Kläger keinen Beschränkungen mehr hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte.

Die Beklagte führte durch ihren Ärztlichen Dienst (Dr.S. vom 29.05.2007) dazu aus, Dr.P. bestätige zusammen mit Dr.L. nunmehr die bisherige sozialärztliche Auffassung über die Leistungsfähigkeit des Berufungsklägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie sie bereits zuvor vom Ärztlichen Dienst gesehen worden sei.

Der Kläger übersandte anschließend weiterhin Kurzbefunde aus seiner Heimat aus der Zeit vom 23.01.2007 bis 04.06.2007, darunter ein 24-Stunden-EKG vom 04.06.2007 sowie Medikamentenverschreibungen wegen "Depression". In einer erneuten Stellungnahme vom 24.07.2007 führte Dr.S. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten dazu aus, es ergebe sich daraus kein neuer bedeutsamer medizinischer Sachverhalt; alle beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Beschwerden und Erkrankungen seien bereits mit der bisherigen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung in angemessener Weise, insbesondere durch qualitative Leistungseinschränkungen, berücksichtigt. Eine zeitliche Leistungsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lasse sich weiterhin nicht nachvollziehbar begründen. Zuletzt übersandte der Kläger Laborbefunde von Juli 2007 sowie eine Medikamentenverschreibung vom 09.08.2007 wegen "Heliobac-ter pylori"-Erkrankung.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 12.08.2003 sowie den Bescheid vom 30.07.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Erwerbsminderung, auf seinen Antrag vom 07.11.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Beklagtenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), sie erweist sich aber nicht als begründet.

Zutreffend hat das Erstgericht für den von ihm zu beurteilenden Zeitraum bis zum Gerichtsbescheid im August 2003 entschieden, dass ein Rentenanspruch des Klägers weder nach den in Zeitpunkt der Antragstellung noch anzuwendenden Vorschriften der §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) a.F. noch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach §§ 43, 240 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung gegeben war. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen dieser vom SG im einzelnen dargelegten Vorschriften auch nach Auffassung des Senats nicht. Die seiner Entscheidung zu Grunde liegenden Begutachtungen durch Dr.Z. und Dres.P./S. vom 02. und 03.07.2003 sind auch für ihn schlüssig und nachvollziehbar. Sie werden letztlich durch die weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren bestätigt bzw. nicht in Frage gestellt. Der Kläger konnte danach jedenfalls bis August 2003 trotz seiner gesundheitlichen Beschwerden noch leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den vom SG aufgeführten qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Ein Berufsschutz kam dem Kläger aus den vom SG aufgeführten Gründen nicht zu. Bei fehlender vorangegangener Ausbildung und mangels ausreichender anderweitiger Unterlagen wurde zu Recht von einer einfach angelernten Tätigkeit in Deutschland ausgegangen.

Im Berufungsverfahren hat sich gegenüber diesen zutreffenden Feststellungen des Erstgerichts keine rechtlich relevante wesentliche Änderung ergeben.

Zwar war nach den Feststellungen des vom Senat im Wege der erneuten Beweisaufnahme beauftragten Gutachters Dr.P. im Jahre 2005 im Gesundheitszustand des Klägers eine Verschlechterung eingetreten, die dieser auf Grund seiner Untersuchungen (Echokardiogramm, Langzeit-EKG und standardisierter 6-Minuten-Gehtest) annahm. Dabei schloss er auf Grund der persönlichen Angaben des Klägers zum kardialen Befinden in den letzten Monaten auf eine nunmehr instabile Angina pectoris und ging insoweit - gegen erhebliche Einwände des Ärztlichen Dienstes der Beklagten - von einem auf drei bis unter vier Stunden täglich gesunkenen Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten und darüber hinaus auch von einer eingeschränkten Wegefähigkeit auf unter viermal 500 m in angemessener Zeit aus. Der Gutachter empfahl dem Kläger dringend eine weitere Herzkatheteruntersuchung und den Versuch einer Revaskularisierung in seiner Heimat sowie eine Nachuntersuchung nach ca. einem Jahr.

Zu entsprechenden Untersuchungen/Kontrollen kam es in der Folgezeit aus unbekannten Gründen jedoch nicht, darüber hinaus fanden sich in den vom Kläger regelmäßig übersandten ärztlichen Unterlagen nichts mehr über notwendige entsprechende Untersuchungen und diese indizierende Befunde. Die Nachuntersuchung durch Dr.P. am 09.01.2007 ergab erstaunlicherweise einen eindeutig besseren Befund gegenüber dem Vorgutachten von Mai 2005, so dass auch Dr.P. beim Kläger nunmehr von einer stabilen Angina pectoris ausging und ein zeitlich nicht mehr eingeschränktes Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Ausgangslage mit weiteren qualitativen Einschränkungen bei erhaltener ausreichender Wegefähigkeit annahm.

Der Senat hält bei Würdigung dieses Sachverhalts und in Auswertung der aktenkundigen Befundunterlagen trotz der gründlichen und sorgfältigen Erhebungen des Dr.P. im Gutachten vom 30.05.2005 ein nicht nur vorübergehend abgesunkenes zeitliches Leistungsvermögen auf Grund einer länger andauernden instabilen Angina pectoris für nicht nachgewiesen, zumal die Annahme des Dr.P. über das Vorliegen einer solchen im Wesentlichen auch auf den subjektiven Angaben des Klägers zum Eintritt und Verlauf einer Verschlechterung seiner kardialen Erkrankung beruhte. Zu Recht verwies der Ärztliche Dienst der Beklagten auf die weitgehend beibehaltenen häuslichen und sonstigen Aktivitäten des Klägers, auf die nicht verminderte Pumpfunktion des Herzens und den weitgehend unauffälligen echokardiographischen Befund, ferner darauf, dass der Leidensdruck des Klägers offensichtlich nie so groß war, dass er sich zu einer operativen Revaskularisierung entschlossen hätte. Es erscheint vielmehr angemessen, entgegen Dr.P. und mit dem Ärztlichen Dienst der Beklagten auch für die Zeit der von Dr.P. angenommenen vorübergehenden Verschlechterung etwa ab April 2005 noch von einem lediglich durch qualitative Einschränkungen, nicht aber zeitlich begrenztem Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten allenfalls bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Mai 2005 auszugehen, wie sie auch zuvor von Dr.Z. und auf Grund der neuerlichen Untersuchung im Januar 2007 von Dr.P. angenommen wurden.

Die übrigen auf Grund der Untersuchungen durch Dr.L. und Dr.P. im Januar 2007 erhobenen Gesundheitsstörungen des Klägers auf internistischem bzw. allgemeinärztlichem und auf orthopädischem Fachgebiet sind nur teilweise für das verbliebene Leistungsvermögen des Klägers von sozialmedizinischer Bedeutung, teilweise führen sie zu weiteren qualitativen Einschränkungen. In Würdigung der von Dr.P. im Gutachten vom 30.03.2007 zusammengefassten sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung, die auch der Senat für schlüssig und überzeugend hält, ist nach allem für die Zeit nach August 2003 bis heute davon auszugehen, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte körperliche Arbeiten vollschichtig (mehr als sechs Stunden täglich) in wechselnder Körperhaltung ohne ständiges Stehen und Sitzen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne häufiges Bücken und Zwangshaltungen, ohne erhöhte Anforderungen an das Hörvermögen und das exakte Verstehen von Sprache, ohne häufige Lärmbelastung, ohne Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit und hohe Stressbelastung sowie ohne Einfluss von Kälte und Nässe verrichten kann; ferner ist von einer ausreichenden Wegefähigkeit sowie von ausreichender Umstellungsfähigkeit auf andere einfache Tätigkeiten mit den genannten Einschränkungen auszugehen. An diesen Feststellungen vermögen die vom Kläger zuletzt noch übersandten ärztlichen Unterlagen nichts mehr zu ändern. Insbesondere ergibt sich aus ihnen keine Notwendigkeit zu weiteren medizinischen Ermittlungen des Senats.

Mit diesem Leistungsvermögen war und ist der Kläger weiterhin (mangels eines Berufsschutzes) nicht berufsunfähig und darüber hinaus weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Insoweit hat der Gesetzgeber in § 43 Abs.3 SGB VI n.F. ausdrücklich festgelegt, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Eine noch in Betracht kommende zumutbare Tätigkeit muss dem Kläger nicht benannt werden. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die den Zugang zum Arbeitsmarkt über die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeiten hinaus zusätzlich besonders einschränken würden, liegen nicht vor. Unerheblich ist auch, ob dem Kläger ein noch in Betracht kommender Arbeitsplatz auf dem deutschen Arbeitsmarkt auch tatsächlich vermittelt werden könnte, da das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung getragen wird.

Bei dieser Sachlage war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved