L 4 R 2218/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 6284/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2218/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. April 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 20. August 2004 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Gerichtskosten beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 3.977,00 festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob das klagende Land (im Folgenden: Kläger) Säumniszuschläge in Höhe von EUR 3.977,00 wegen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen für die Beigeladene zu entrichten hat.

Die am 1965 geborene Beigeladene war vom 01. Februar 1995 bis 24. Juli 1996 als Realschullehreranwärterin als Beamtin auf Zeit beim Kläger beschäftigt. Am 24. Juli 1996 bestand sie die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen. Der Vorbereitungsdienst und das Beamtenverhältnis endeten mit Bekanntgabe des Bestehens der Prüfung am 24. Juli 1996. Nach dem Ende des Anwärterverhältnisses schied sie ohne Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung aus den Diensten des Klägers aus. Unter Hinweis hierauf wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 25. Juli 1996 an sie und führte aus, er sei verpflichtet zu prüfen, ob für die bei ihm zurückgelegten versicherungsfreien Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung Nachversicherungsbeiträge an den zuständigen Versicherungsträger entrichtet werden müssten. Ein Nachversicherungsangebot an den Versicherungsträger könne nur erfolgen, wenn Aufschubgründe nach § 184 Abs. 2 bis 4 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) nicht entgegenstünden. Sie (die Beigeladene) werde deshalb gebeten, einen beiliegenden Vordruck vollständig auszufüllen und zurückzusenden. Den ihr übersandten Vordruck füllte die Beigeladene am 31. Juli 1996 aus und übersandte ihn dem Kläger (Eingang bei Landesamt für Besoldung und Versorgung am 01. August 1996). Die Beigeladene gab an, sie habe die feste Absicht, innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis zum Kläger eine andere versicherungsfreie Beschäftigung aufzunehmen, die beabsichtigte Aufnahme einer anderen versicherungsfreien Beschäftigung sei objektiv nicht zu erwarten. Ergänzend führte sie aus, sie wünsche eine Beschäftigung als Realschullehrerin in Baden-Württemberg. Angesichts der momentanen Beschäftigungssituation sei eine solche Beschäftigung objektiv nicht sicher. Mit Schreiben vom 06. August 1996 übersandte der Kläger der Beigeladenen eine Arbeitsbescheinigung. Eine weitere Bearbeitung der Abführung von Nachversicherungsbeiträgen für die Beigeladene unterblieb zunächst. Erst mit Schreiben vom 23. Juli 2003 übersandte der Kläger der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte), eine Nachversicherungsbescheinigung für die Beigeladene. Er berechnete die Nachversicherungsbeiträge ausgehend von der Gesamtsumme der dynamisierten Entgelte in Höhe von EUR 28.361,15 und einem Beitragssatz zum Zeitpunkt der Zahlung von 19,5 vom Hundert (v.H.) auf EUR 5.530,42. Diesen Betrag überwies er an die Beklagte (Wertstellung 28. Juli 2003).

Mit Bescheid vom 20. August 2004 erhob die Beklagte vom Kläger Säumniszuschläge auf Nachversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 3.977,00. Die Beigeladene sei ohne Anspruch und Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung am 24. Juli 1996 ausgeschieden. Die Nachversicherungsbeiträge seien am 25. Juli 1996 fällig geworden. Die Nachversicherungsbeiträge seien tatsächlich mit Wertstellung am 28. Juli 2003 eingegangen. Unter Berücksichtigung des Rundschreibens des Bundesministers des Inneren vom 27. April 1999, wonach der Nachversicherungsschuldner spätestens drei Monate nach dem Ausscheiden aus der Beschäftigung über den Aufschub oder die Durchführung der Nachversicherung entscheiden solle, sei im vorliegenden Fall der Fälligkeitstag im Sinne des § 24 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) der 25. Oktober 1996. Es ergebe sich eine Säumnis von 82 Monaten. Der Säumniszuschlag errechne sich, indem die Nachversicherungsschuld zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge abgerundet auf EUR 50,00 mit den Monaten der Säumnis und 1 v.H. vervielfältigt werde. Die Nachversicherungsschuld habe am Fälligkeitstag des 25. Juli 1996 DM 9.524,74 betragen.

Mit Schreiben vom 08. September 2004 erhob der Kläger gegenüber der Beklagten die Einrede der Verjährung. Für Nebenforderungen, wozu auch der Säumniszuschlag gehöre, würden die gleichen Verjährungsfristen wie für die Hauptforderung gelten. Dies bedeute, dass die Nebenforderungen vier Jahre nach Beginn der Fälligkeit der Hauptforderung verjährt gewesen seien. Der Anspruch auf die Säumniszuschläge sei deshalb mit Ablauf des "31. Dezember 2003" verjährt.

Am 21. September 2004 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Säumniszuschlag hätte seitens der Beklagten nicht erhoben werden dürfen, da der Anspruch verjährt sei. Der Einwand der Verjährung sei mit Schreiben vom 08. September 2004 geltend gemacht worden. Die Verjährung ergebe sich aus § 25 Abs. 1 SGB IV, wonach Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien, verjährten. Zu den Beitragsansprüchen gehörten auch die auf die Pflichtbeiträge entfallenden Nebenforderungen, wie der Anspruch auf Säumniszuschläge. Für die Nebenforderungen gelte dieselbe Verjährungsfrist wie für die Hauptforderung. Die Verjährungsfrist habe, nachdem die Nachversicherungsbeiträge am 25. Juli 1996 fällig geworden seien, am 01. Januar 1997 begonnen und am 31. Dezember 2000 geendet. Die Säumniszuschläge seien erst nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht worden. Eine längere Verjährungsfrist von 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Ansprüche fällig geworden seien, greife nicht. Eine vorsätzliche Vorenthaltung der Beiträge liege nicht vor. Die Entscheidung, ob eine unbewusste Fahrlässigkeit oder bedingter Vorsatz vorliege, richte sich nach den Umständen des Einzelfalles. Vorliegend habe sein zuständiger Bediensteter unbewusst fahrlässig gehandelt. Zwar hätte er bemerken können, dass nach dem Ausscheiden der Beigeladenen zeitnah eine Nachversicherung durchzuführen gewesen wäre. Hätte er aber dabei die Sorgfalt, zu der er an und für sich verpflichtet und imstande gewesen wäre, beachtet, hätte er die Nachversicherung zeitnah durchgeführt oder zumindest eine Aufschubbescheinigung erteilt. Dies sei versehentlich jedoch unterblieben.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Säumniszuschläge teilten als Annex zum Beitragsanspruch als Hauptforderung dessen Schicksal. Die Ansprüche auf Nachversicherungsbeiträge seien nicht verjährt, weil gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine 30-jährige Verjährungsfrist anzuwenden sei. Hierfür reiche auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 21. Mai 1990, 12 RK 13/89 R) der bedingte Vorsatz aus. Die Beigeladene sei mit Ablauf des 24. Juli 1996 aus der versicherungsfreien Beschäftigung ausgeschieden. Einen Aufschubgrund habe der Kläger nicht geltend gemacht. Ein solcher Grund habe offensichtlich auch nicht vorgelegen. Der Kläger sei seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Nachversicherung nicht nachgekommen. Die 30-jährige Verjährungsfrist sei grundsätzlich anzuwenden, da er als öffentlicher Dienstherr stets Kenntnis von der Verpflichtung zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge habe (Verweis auf Sozialgericht für das Saarland, Urteil vom 16. Februar 2001, S 9 RA 323/99). Durch Urteil vom 29. April 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Säumniszuschläge seien nicht verjährt. Auf den Anspruch auf Zahlung von Säumniszuschlägen sei nicht die vierjährige, sondern die 30-jährige Verjährungsfrist anzuwenden, weil der Kläger mit bedingtem Vorsatz die Nachversicherungsbeiträge nicht gezahlt habe. Aufgrund des Schreibens des Klägers vom 25. Juli 1996 an die Beigeladene stehe fest, dass er positive Kenntnis von seiner Verpflichtung zur Durchführung der Nachversicherung für die Beigeladene gehabt habe und beabsichtigt gehabt habe, diese Nachversicherung auch durchzuführen, sofern keine Aufschubgründe gemäß § 184 Abs. 2 bis 4 SGB VI bestünden. Er habe deshalb gewusst, dass er grundsätzlich beim Ausscheiden von Lehramtswärtern aus dem Vorbereitungsdienst zur Durchführung der Nachversicherung verpflichtet gewesen sei. Von dieser Kenntnis sei auch auszugehen, weil die Nachversicherung der Beigeladenen eine typische und ständig wiederkehrende Folge der Beendigung des Vorbereitungsdienstes für Lehramtsanwärter gewesen sei und immer noch sei. Damit sei auch allen mit diesen Vorgängen befassten Mitarbeitern, deren Handeln er sich wie eigenes Handeln zurechnen lassen müsse, die Verpflichtung zur Nachversicherung bekannt gewesen. Aus dem bereits am 01. August 1996 eingegangenen Antwortbogen der Beigeladenen hätten sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Aufschubgrundes gegeben. Damit hätten der Kläger bzw. seine Bediensteten gewusst, dass ein Aufschubgrund für die Durchführung der Nachversicherung mit Wahrscheinlichkeit nicht vorliege und die Nachversicherung zeitnah durchzuführen sei. Wenn er in Kenntnis dieser Sach- und Rechtslage gleichwohl die Nachversicherung erst im Jahr 2003 durchgeführt habe, habe er die Nachversicherungsbeiträge bedingt vorsätzlich vorenthalten.

Gegen das dem Kläger am 09. Mai 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 01. Juni 2005 eingelegte Berufung des Klägers. Ergänzend führt er aus, für die Beurteilung der Frage, ob das Vorenthalten von Beiträgen vorsätzlich erfolgt sei, komme es entscheidend auf die subjektive Seite der auf Seiten des jeweiligen Arbeitgebers handelnden Personen an. Sowohl er als auch sein Landesamt für Besoldung und Versorgung seien lediglich rechtliche Konstruktionen, die aus sich heraus selbst nicht handeln könnten. Es bedürfe deshalb für die Feststellung der subjektiven Seite der Zurechnung von Wissen, Wollen, Kenntnissen und Fähigkeiten der jeweils für ihn handelnden Mitarbeiter. Im Detail sei nicht mehr festzustellen, wie es im vorliegenden Fall zu der fehlerhaften Sachbearbeitung gekommen sei. Eine pauschale Vorsatzzuweisung an ihn bzw. sein Landesamt für Besoldung und Versorgung könne nicht erfolgen. Die Nachversicherung von unversorgt ausgeschiedenen Beamten sei bei seinem Landesamt für Besoldung und Versorgung nicht der Regelfall. Im Vergleich zum Einbehalt und zu der Abführung von Beiträgen etwa bei Angestellten knüpfe es an besondere rechtliche Vorschriften an. Um ein billigendes "Inkauf nehmen" feststellen zu können, müsste entweder eine Dienstanweisung oder sonstige allgemeine Anweisung an den Mitarbeiter ergangen sein oder eine stillschweigende Vereinbarung, dass Nachversicherungsbeiträge nicht gezahlt würden bzw. die Nachversicherung nicht durchgeführt werde. Eine solche Anweisung habe nicht vorgelegen und liege nicht vor. Vielmehr müsse tatsächlich auf die mit den jeweils streitigen Fällen befassten Mitarbeiter und deren Kenntnis-, Wissens- und Wollenszustand abgestellt werden. Allein aus der Erfüllung des objektiven Tatbestands der Nichtabführung von Beiträgen könne nicht darauf geschlossen werden, dass die zuständigen Bearbeiter die entsprechenden Beiträge hätten vorenthalten bzw. vorsätzlich nicht abführen wollen. Dementsprechend sei, um Vorsatz annehmen zu können, die Feststellung eines inneren, subjektiven Tatbestands erforderlich. Dies richte sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner. Das SG habe seine Auffassung vom Vorsatz lediglich unter Zugrundelegung allgemeiner Erwägungen begründet. Eine derartige Schlussfolgerung lasse sich nicht rechtfertigen. Dass beim Ausscheiden von Lehramtsanwärtern grundsätzlich eine Nachversicherung durchzuführen sei, wenn keine Aufschubgründe vorlägen, reiche allein für die Annahme eines Kenntniselementes nicht aus. In Fällen wie dem vorliegenden liege die Zuständigkeit für die Nachversicherung im besoldungsrechtlichen Fachbereich. Sei sich der zuständige Bearbeiter des Fachbereichs im Ungewissen, ob Lehramtsanwärter nachzuversichern bzw. eine Aufschubbescheinigung zu erteilen sei, gebe er den Fall an die speziellen Arbeitsgebiete zu deren Zuständigkeit ab. Auch der vorliegende Fall dürfte zu einer solchen Vorgehensweise geführt haben. Die Beigeladene habe im Fragebogen unter Punkt 4 einerseits erklärt, die feste Absicht zu haben, innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis eine andere versicherungsfreie Beschäftigung aufzunehmen und dass zu erwarten sei, dass sie eine solche Beschäftigung tatsächlich aufnehmen könne. Andererseits habe sie angegeben, dass die Aufnahme einer anderen versicherungsfreien Beschäftigung objektiv nicht zu erwarten sei. Hätte die Beigeladene beide Fragen mit nein beantwortet, hätte der Bearbeiter des Fachbereichs selbst die Nachversicherung durchgeführt. Wären beide Fragen mit ja beantwortet worden, hätte er eine Aufschubbescheinigung erteilen müssen. In Fällen, wie dem vorliegenden, sei anzunehmen, dass sich dem Bearbeiter Zweifel hinsichtlich einer eventuellen Aufschubbescheinigung aufgedrängt hätten. Für die Erteilung einer solchen Bescheinigung sei nach § 184 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI eine prognostizierende Betrachtungsweise anzulegen, ob voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden eine versicherungsfreie Tätigkeit aufgenommen werde. Die durch die Ausfüllung des Erklärungsvordrucks aufgeworfene Frage, ob allein die "momentane Beschäftigungssituation" ausreichend sei, die hinreichende Erwartung auf eine beabsichtigte andere versicherungsfreie Beschäftigung auszuschließen, würden Zweifel bei dem Bearbeiter wahrscheinlich machen. Ausgehend hiervon hätte der zuständige Bearbeiter den Fall an die spezielle Nachversicherungsstelle übergeben müssen. Aus welchen Gründen die Akte dort nicht angekommen sei und wo die Akte in der Folgezeit verblieben sei, lasse sich heute nicht mehr vollständig aufklären. Unterstelle man den so beschriebenen Ablauf, liege eine Kenntnis, wie sie der Vorsatz erfordere, nicht vor. Ein "Für-möglich-Halten" könne aus dem hier angenommenen Ablauf nicht unterstellt werden. Es mangele auch an dem erforderlichen Willenselement. Zwar reiche es aus, wenn der Beitragspflichtige die Verletzung seiner Entrichtungspflicht billigend in Kauf nehme, Fahrlässigkeit genüge jedoch nicht. Es reiche nicht aus, wenn der Erfolgseintritt als nicht ganz fernliegend erkannt und aus Bedenkenlosigkeit in Kauf genommen werde. Billigendes Inkaufnehmen könne nicht mit Bedenkenlosigkeit gleichgesetzt werden. Aber auch ein bedenkenloses Inkaufnehmen könne nicht festgestellt werden. Dies berücksichtige das SG bei seiner Entscheidung nicht. Eine Begründung, worin ein billigendes Inkaufnehmen durch ihn zu sehen sei, fehle. Der Hinweis, dass er in Kenntnis der Sach- und Rechtslage die Nachversicherung gleichwohl erst im Jahr 2003 durchgeführt habe, beinhalte keine Begründung, weshalb hier Vorsatz anzunehmen sei. Im Gegensatz zu der Entscheidung des Sozialgerichts für das Saarland, auf das sich das SG beziehe, sei im vorliegenden Fall eine bewusste Entscheidung gegen die Nachversicherung nicht getroffen worden. Die Nachversicherung sei vielmehr lediglich versehentlich unterblieben. Das Landesozialgericht (LSG) für das Saarland (Urteil vom 11. November 2004, L 1 R 64/02) habe in einem solchen Fall kein vorsätzliches Handeln zu erkennen vermocht. Es habe auch keine Dienstanweisung, dass eine Nachversicherung nicht oder erst ein Jahr nach dem Ausscheiden auf Antrag durchzuführen sei, gegeben. Die Durchführung der Nachversicherung sei nicht ohne Kontrolle auf den ausscheidenden Beamten selbst verlagert worden. Aus dem Verfahrensablauf folge, dass bis zum Eingang des von der Beigeladenen ausgefüllten Fragebogens die Angelegenheit ordnungsgemäß bearbeitet worden sei. Der Kläger hat auf Anforderung des Berichterstatters eine Stellungnahme zum Umfang der angewandten Kontrollmaßnahmen der Abteilung 3 vom 13. August 2007, eine Arbeitsanweisung im Hinblick auf die Durchführung der Nachversicherung bzw. die Erteilung einer Aufschubbescheinigung vom 26. November 1993 und eine weitere Arbeitsanweisung betreffend die Nachversicherung von Beamten auf Widerruf vom 05. Februar 1996 vorgelegt. In der Stellungnahme hat die Fachabteilung ausgeführt, generell sei die Verfahrenskontrolle so geregelt gewesen, dass für die Durchführung der Nachversicherung bzw. die Erteilung einer Aufschubbescheinigung bis zum Jahr 1995 die Zuständigkeit eines zentralen Arbeitsbereichs gegeben gewesen sei. Die Besoldungsakten der in Frage kommenden Fälle seien an diese Stelle abgegeben worden. Das Verfahren sei maschinell unterstützt und abgesichert gewesen, indem anhand der Wegfallschlüssel für die Nachversicherungsarbeitsgebiete Wegfallmitteilungen und Erhebungsunterlagen erstellt worden seien. Ab dem Jahr 1996 sei die Nachversicherung von Beamten auf Widerruf in die Zuständigkeit der Besoldungsarbeitsgebiete übertragen worden. Deshalb seien in den Monaten Juni und Juli 1995 umfangreiche Schulungsmaßnahmen durchgeführt und jedem Bearbeiter eine umfangreiche "Arbeitshilfe Nachversicherung" an die Hand gegeben worden. Diese Arbeitshilfe habe u.a. auch Verfahrensbeschreibungen darüber, wann und wer welche Arbeitsschritte durchzuführen habe, enthalten. So sei dort geregelt, dass der Kontenführer (Bearbeiter) die Nachsicherungs- bzw. Aufschubdaten ermittle und in das EDV-Verfahren eingebe sowie dass die maschinelle Überweisung der Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger nur nach Überprüfung und Freigabe durch die Sachbearbeiter erfolgen könne. Außerdem sei es sowohl dem Arbeitsbereich "Vorgangsprüfung zur Qualitätssicherung und internes Kontrollsystem" beim Landesamt für Besoldung und Versorgung als auch dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Stuttgart anhand von Stichproben- und Schwerpunktkontrollen jederzeit möglich, die ordnungsgemäße Durchführung der Nachversicherung zu überprüfen. Im Übrigen werde gerade im Hinblick auf die Erhebung von Säumniszuschlägen die fristgerechte Abarbeitung der Nachversicherungsfälle durch den Fachbereich zusätzlich durch die Nachversicherungsarbeitsgebiete überwacht. Hierzu würden durch die EDV-Abteilung Überwachungslisten über die Fälle erstellt, in denen nach dem unversorgten Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis innerhalb eines bestimmten Zeitraums noch keine Eingabe in das Nachversicherungsprogramm (Aufschub oder Nachversicherung) getätigt worden sei. Die Listen gingen an die Nachversicherungsarbeitsgebiete, die den Sachverhalt überprüften und gegebenenfalls die betroffenen Arbeitsgebiete dazu anhielten, die Nachversicherung bzw. den Aufschub fristgerecht durchzuführen. Den Nachversicherungsarbeitsgebieten sei es jetzt möglich, bei der EDV-Abteilung selektiv Fallgestaltungen abzufragen, bei denen nach der Beendigung des Dienstverhältnisses keine Nachversicherung erfolgt sei. Ein seit Herbst 2006 im Einsatz befindliches EDV-System enthalte auch eine Anwendung zur Terminüberwachung, die für die Überwachung des fristgerechten Rücklaufs der versandten Erklärungsvordrucke zur Nachversicherung genutzt werde, und biete wegen der Erfassung der eingehenden und ausgehenden Post hinsichtlich der Nachversicherung auch den Vorteil, dass die Nachversicherungsarbeitsgebiete jederzeit Einblick in den Bearbeitungsstand des Fachbereichs nehmen könnten, ohne hierzu dort Akten anfordern zu müssen. Wegen der weiteren beruflichen Verwendung der Studienreferendare und Lehreranwärter nach Ende der Ausbildung würden vom Landesamt für Besoldung und Versorgung jährlich im April bei den Regierungspräsidien so genannte Einstellungslisten angefordert. Durch die Einführung eines Personalverwaltungssystems auch im Lehrerbereich habe sich hinsichtlich der nachversicherungsrechtlichen Behandlung des vorgenannten Personenkreises eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung ergeben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Stuttgart vom 29. April 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 20. August 2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Die Bediensteten des Klägers und die in den Organisationsablauf eingeschalteten Dienststellen seien zur Sorgfalt verpflichtet. Da nach dem eigenen Vortrag des Klägers kein Aufschubgrund vorgelegen habe, hätte die Nachversicherung erfolgen müssen. Es habe sich um eine typische und ständig wiederkehrende Folge bei Beendigung des Vorbereitungsdienstes gehandelt. Die Nachversicherungspflicht sei klar ersichtlich gewesen, sodass der Vortrag des Klägers zur fehlenden Kenntnis des damals zuständigen Bearbeiters nicht zu überzeugen vermöge. Der Kläger stütze sich auch lediglich auf einen unterstellten Geschehensablauf, der nicht zu erhärten sei. Seine Darlegungen würden vielmehr den Schluss zulassen, dass hier nicht nur ein individuelles, sondern auch ein Organisationsverschulden vorgelegen habe. Dass der Bearbeiter mutmaßlich darauf vertraut haben solle, dass eine nachfolgende Stelle entscheiden werde, sei nicht nachzuvollziehen.

Die mit Beschluss vom 01. Februar 2006 Beigeladene hat sich nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Senats, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte (vom SG zugelassene) Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20. August 2004 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat keine Säumniszuschläge zu zahlen. Dem mit Bescheid vom 20. August 2004 geltend gemachten Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 3.977,00 kann der Kläger mit Erfolg die Einrede der Verjährung entgegengehalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Bescheid vom 20. August 2004 deshalb rechtswidrig ist, weil ein Verstoß gegen die sich aus § 24 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) ergebenden Verpflichtung, den Kläger vor Erlass des Bescheides anzuhören, vorliegt sowie ob die Beklagte berechtigt war, die Säumniszuschläge durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins v.H. des rückständigen, auf EUR 50,00 nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Da der Kläger die Nachversicherungsbeiträge für die Beigeladene erst im Jahre 2003 und damit nach Fälligkeit zahlte, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruch der Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung von Säumniszuschlägen gegeben, was zwischen den Beteiligten - auch was die Höhe der erhobenen Säumniszuschläge angeht - nicht streitig ist. Der Anspruch auf die Säumniszuschläge war zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 20.August 2004 jedoch bereits verjährt.

Hinsichtlich der Verjährung von Beitragsforderungen und entsprechend akzessorischen Nebenforderungen wie Säumniszuschläge unterscheidet § 25 Abs. 1 SGB IV zwischen einer kurzen vierjährigen Verjährungsfrist und einer langen 30-jährigen Verjährungsfrist. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren dagegen nach Satz 2 der Vorschrift in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind.

Da die sich aus der Verpflichtung, die Beigeladene nachzuversichern, ergebende Beitragsforderung jedenfalls im Laufe des Jahres 1996 fällig wurde, begann die Verjährungsfrist am 01. Januar 1997 zu laufen, die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV endete am 31. Dezember 2000. Innerhalb des Laufs dieser Verjährungsfrist trat eine Unterbrechung oder Hemmung des Fristenlaufs nicht ein. Die Beklagte hat die Forderung auf Säumniszuschläge vielmehr erst mit Bescheid vom 20. August 2004 geltend gemacht. Zum Zeitpunkt der Festsetzung der Säumniszuschläge hat sich der Kläger zwar auf Verjährung nicht berufen, er hat dies aber im unmittelbaren Anschluss daran mit Schreiben vom 08. September 2004 getan. Der Bescheid der Beklagten vom 20. August 2004 wurde deshalb mit Erhebung der Einrede durch den Kläger rechtswidrig. Die Beklagte wäre, da ein Widerspruchsverfahren nicht erforderlich war (§ 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG), gehalten gewesen, den Bescheid auf die Einrede der Verjährung hin aufzuheben.

Die 30-jährige Verjährungsfrist greift nicht ein. Der Kläger hat die Nachversicherungsbeiträge nicht entsprechend § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV vorsätzlich vorenthalten. Zum Vorsatz gehört nach der allgemeinen Begriffsdefinition das "Wissen und Wollen" der zum gesetzlichen Tatbestand gehörenden objektiven Merkmale. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, werden Beiträge im Sinn des § 25 Abs. 1 SGB IV vorsätzlich vorenthalten, wenn der Zahlungspflichtige in Kenntnis seiner Beitragspflicht bewusst und gewollt keine Beiträge an den Versicherungsträger abführt. Dabei genügt es, dass der Beitragspflichtige die Verletzung seiner Beitragspflicht für möglich hält, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf nimmt (BSG, SozR 3-2400 § 25 Nr. 6; BSG SozR 4-2400 § 23a Nr. 3; vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Oktober 2006, L 2 R 129/05, veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erforderlich ist deshalb zwar nicht die Absicht zur Hinterziehung von Beiträgen, allerdings ein gewisses volontatives Element. Dieser subjektive, innere Tatbestand, der sich im billigenden Inkaufnehmen einer für möglich erkannten Rechtsverletzung äußern muss, ist dabei individuell zu ermitteln. Allgemein gehaltene Aussagen zum Vorliegen des subjektiven, inneren Tatbestandes reichen dagegen nicht aus (BSG, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Das BSG hat in der genannten Entscheidung beispielhaft Fallgruppen genannt, in denen regelmäßig vom Vorsatz auszugehen ist. Auf das Vorliegen des inneren, subjektiven Tatbestandes kann in diesen Konstellationen regelmäßig geschlossen werden. Das BSG hat insoweit angenommen, dass, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt, z.B. bei Schwarzarbeit, überhaupt keine Beiträge entrichtet wurden, Vorsatz auch dann naheliege, wenn Beiträge für verbreitete Nebenleistungen zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt würden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte und ohne Weiteres erkennbare Übereinstimmung bestehe. Demgegenüber müsse Vorsatz bei wenig verbreiteten Nebenleistungen, bei denen die Steuer- und Beitragspflicht in komplizierten Vorschriften geregelt seien und nicht voll übereinstimmten, eingehend geprüft und festgestellt werden. Fehler bei der Beitragsentrichtung dürften in diesen Fällen nicht selten auf fahrlässiger Rechtsunkenntnis beruhen. Eine vorsätzliche Vorenthaltung der Beiträge hat das BSG weiter angenommen, wenn sich der in seiner Liquidität eingeschränkte Beitragsschuldner in Kenntnis der Beitragspflicht für die teilweise Erfüllung von Ansprüchen der Arbeitnehmer und gegen eine Zahlung fälliger Beiträge entscheidet (Urteil vom 21. März 2007, B 11a AL 15/06 R).

Ausgehend hiervon lässt sich Vorsatz des Klägers bzw. seines Mitarbeiters, der für die Bearbeitung des die Beigeladene betreffenden Vorgangs zuständig war, zur Vorenthaltung der Nachversicherungsbeiträge nicht feststellen. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass der zuständige Mitarbeiter die Möglichkeit der Nachversicherungspflicht und damit die Möglichkeit, Nachversicherungsbeiträge zu bezahlen, erkannte oder zumindest ernstlich für möglich hielt. Dies folgt aus dem Schreiben des Landesamts für Besoldung und Versorgung vom 25. Juli 1996 an die Beigeladene. In diesem Schreiben führte dieses aus, dass die Beigeladene ohne Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung aus dem Dienstverhältnis beim Kläger ausgeschieden ist und dass die Verpflichtung bestehe, zu prüfen, ob für die beim Kläger zurückgelegten versicherungsfreien Zeiten Nachversicherungsbeiträge zu entrichten seien. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass ein Nachversicherungsangebot an die Beklagte nur erfolgen könne, wenn dem Aufschubgründe nicht entgegenstünden. Allerdings kann der Senat den ebenso erforderlichen inneren, subjektiven Tatbestand nicht feststellen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass im konkreten Fall der Kläger die Nichtabführung von Nachversicherungsbeiträgen trotz bestehender Rechtspflicht billigend in Kauf nahm, sind nicht erkennbar. Aus dem Umstand, dass eine Nachversicherung in einer Vielzahl von Fällen, typischerweise durchzuführen ist, kann nicht gefolgert werden, dass dies jedenfalls im speziellen Fall der Beigeladenen ebenso erkannt, die notwendige Bearbeitung gleichwohl unterlassen und damit die Nichtabführung von Nachversicherungsbeiträgen billigend in Kauf genommen wurde. Allgemeine Erwägungen sind nicht geeignet, Vorsatz im Einzelfall belegen zu können. Eine typische, vom BSG genannte Fallkonstellation, in der ohne Weiteres aufgrund äußerer Umstände auch auf das Vorliegen eines inneren subjektiven Tatbestandselements geschlossen werden kann, liegt hier nicht vor. Dem steht bereits entgegen, dass das Landesamt für Besoldung und Versorgung, wie dargelegt, erkannt hatte, dass möglicherweise eine Verpflichtung zur Nachversicherung der Beigeladenen bestand und es zur Feststellung dieser Verpflichtung ein Verwaltungsverfahren in Gang gebracht hatte. Aus welchen Gründen dieses Verwaltungsverfahren dann nach Eingang der Stellungnahme der Beigeladenen nicht zu Ende gebracht wurde, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Allein hieraus auf das Vorliegen auch eines inneren subjektiven Willens im Sinne eines billigenden Inkaufnehmens zu schließen, ist indessen nicht möglich.

Ein Organisationsverschulden des Klägers, aufgrund dessen von einer billigenden Inkaufnahme der Nichtabführung von Nachversicherungsbeiträgen auszugehen wäre, lag nicht vor. Der Kläger hat glaubhaft geschildert, dass das zuständige Landesamt für Besoldung und Versorgung ausreichende Vorkehrungen traf, deren Zweck es war, die vollständige Abarbeitung aller Fälle zu gewährleisten. Insbesondere mit den Hinweisen an die Bediensteten vom 26. November 1993 und 05. Februar 1996 wurde auch gegenüber seinen Mitarbeitern und Bediensteten deutlich gemacht, dass entsprechende Fälle wegen der drohenden Verpflichtung, Säumniszuschläge zu zahlen, zügig, möglichst innerhalb einer dreimonatigen Frist nach Ausscheiden des ehemaligen Anwärters zum Abschluss zu bringen seien. Weiter war die Bearbeitung dieser Verfahren maschinell unterstützt. Bis zur Organisationsreform im Jahre 1996 wurden für die Nachversicherungsarbeitsgebiete Wegfallmitteilungen und Erhebungsunterlagen erstellt. Anhand der Wegfallmitteilungen wurden Besoldungsakten im Fachbereich angefordert und nach durchgeführter Nachversicherung bzw. nach Aufschub mit einem Arbeitsvermerk an den Fachbereich zurückgesandt. Wegen der Organisationsänderung im Jahr 1996 wurden die Mitarbeiter im Juni und Juli 1995 umfangreich geschult. Dem jeweiligen Bearbeiter wurde eine "Arbeitshilfe Nachversicherung" an die Hand gegeben. Darin enthalten waren u.a. auch Verfahrensbeschreibungen, die darlegten, wann wer welche Arbeitsschritte durchzuführen habe. Mit dieser Organisationsregelung war zwar nicht zu gewährleisten, dass alle Fälle zwingend erledigt wurden, jedoch bestand eine nicht unerhebliche Kontrolldichte. Aus welchen Gründen der Fall der Beigeladenen trotzdem nicht entschieden wurde, bleibt deshalb nach wie vor im Dunkeln. Die näheren Umstände sind nicht mehr aufzuklären. Allein deshalb kann allerdings nicht darauf geschlossen werden, dass eine vorsätzliche Vorenthaltung von Nachversicherungsbeiträgen vorgelegen hat. Ein billigendes Inkaufnehmen kann deshalb nicht, auch vor allem nicht mit lediglich allgemeinen Erwägungen, unterstellt werden.

Schließlich spricht auch der Umstand, dass der Kläger noch im Jahr 2003 die Nachversicherungsbeiträge entrichtet hat, gegen die billigende Inkaufnahme der Vorenthaltung der Beiträge. Auch diese Beiträge dürften nämlich entsprechend § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zum Zeitpunkt der Zahlung durch den Kläger bereits verjährt gewesen sein.

Die Berufung des Klägers auf die Verjährung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung kann nur gegenüber einem wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen (vgl. BSG SozR 3-2400 § 25 Nr. 6). Dieser lässt sich nach dem zuvor Dargelegten nicht feststellen. Er kann sich auch nicht daraus ergeben, dass zahlreiche Bescheide der Rentenversicherungsträger über Säumniszuschläge wegen nicht rechtzeitig entrichteter Nachversicherungsbeiträge ergangen sind. Nach den Angaben der Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats, die für den Senat glaubhaft sind und auch vor Bevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht angezweifelt wurden, liegen den jeweiligen Bescheiden unterschiedliche Fallgestaltungen zu Grunde. Bei dieser Sachlage ist nicht erkennbar, dass das Landesamt für Besoldung und Versorgung des Klägers regelmäßig die Nachversicherung von ausgeschiedenen Lehramtsanwärtern oder anderen Personen nicht bearbeitet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a SGG, 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe zur Zulassung der Revision bestehen nicht.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 1 Nr. 4, 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Für die Festsetzung des Streitwerts war maßgebend die Höhe der geltend gemachten Forderung von EUR 3.977,00.
Rechtskraft
Aus
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