S 12 KA 465/07 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 465/07 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 79/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) muss am Vertragsarztsitz alle ärztlichen Leistungen erbringen, um fachübergreifend tätig zu sein. Leistungen eines Fachgebiets können nicht ausschließlich in einer Zweigpraxis erbracht werden.
2. Für die Präsenzpflicht am Vertragsarztsitz im Verhältnis zur Zweigpraxis gilt für ein MVZ die Maßgabe, dass die angegebenen Mindestzeiten für den Versorgungsauftrag des MVZ insgesamt unabhängig von der Zahl der beschäftigten Ärzte anzuwenden sind (§ 17 Abs. 1a Satz 4 BMV-Ä/EKV-Ä). Es reicht aus, dass die Summe der Tätigkeitszeiten aller am Vertragsarztsitz tätigen Ärzte alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen.
3. Übernimmt ein MVZ eine bestehende Praxis als Praxisnachfolgerin, dann steht fest, dass ein Versorgungsauftrag im Rahmen der Praxisnachfolge besteht. Insoweit besteht auch grundsätzlich ein Anspruch auf Genehmigung einer Zweigpraxis.
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig die Tätigkeit in den Fachgebieten Radiologie und Gynäkologie an einem weiteren Ort in der X-Straße in X-Stadt, längstens bis einen Monat nach Zustellung einer Entscheidung der Antragsgegnerin über den Widerspruch der Antragstellerin mit Datum vom 20. und 27.08.2007, zu gestatten. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin und die Gerichtskosten jeweils zu 5/6 zu tragen. 1/6 der Gerichtskosten hat die Antragstellerin zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens, um die vorläufige Genehmigung der vertragsärztlichen Tätigkeit an einem weiteren Ort.

Die Antragstellerin ist als medizinisches Versorgungszentrum mit Praxissitz in der A Straße, A-Stadt, zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. In ihr waren zunächst ein Facharzt für Nuklearmedizin und ein Facharzt für Radiologie angestellt.

Mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 30.01.2007 gab dieser dem Antrag der Antragstellerin auf Übernahme gemäß des § 103 Abs. 4 SGB V ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes des Frauenarztes C., A-Straße, A-Stadt, AA-Kreis statt. Ferner stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die vertragsärztliche Tätigkeit durch die ab 01.02.2007 in Vollzeit bei der Antragstellerin mit einer wöchentlichen Regelarbeitszeit von 38 Stunden beschäftigte angestellte Frauenärztin D. weitergeführt werde. Ferner wurde Frau D. mit Wirkung zum 01.02.2007 zur ärztlichen Leiterin des Medizinischen Versorgungszentrum A-Kreis bestellt.

Die Antragstellerin beantragte unter Datum vom 06.03.2007 die Genehmigung der vertragsärztlichen Tätigkeit an einem weiteren Ort mit den Fachgebieten Radiologie und Gynäkologie am Sitz der übernommenen gynäkologischen Praxis. Zur Begründung führte sie aus, die Praxis Dr. E. sei mit etwa 1 000 Patienten im Quartal und einer belegärztlichen Tätigkeit an den JB.Kliniken, Krankenhaus U-Stadt, für die bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten in U-Stadt und im U-Land – dem Land des ehemaligen Landkreises AA./U-Stadt mit 7 Städten und Gemeinden und ca. 70 000 Einwohnern – wesentlich und notwendig. Eine Fortführung der Tätigkeit in den Räumen der Praxis würde daher die Versorgung der Versicherten an dem Ort des Praxissitzes verbessern bzw. aufrechterhalten. Neben der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung sei die belegärztliche bzw. konsiliarische Tätigkeit am Krankenhaus U-Stadt vorgesehen. Ein Verlust des gynäkologischen Angebots an diesem Ort würde nicht nur zu einer Unterversorgung, sondern auch zu einer erheblichen Erschwerung der Erfüllung des Versorgungsauftrages des Krankenhauses als Notfallstandort führen. Durch das Angebot des MVZ werde die Versorgung innerhalb der sprechstundenfreien Zeiten und die gynäkologische Notdienstversorgung sichergestellt. Die Situation im Fachgebiet Radiologie stelle sich im AA-Kreis so dar, dass von den sieben im AA-Kreis vorhandenen vertragsärztlichen Zulassungen sechs bei der Gemeinschaftspraxis Q. und Koll. in A-Stadt und eine in ihrem MVZ betrieben werde. Das gesamte U-Land verfüge damit nicht über ein adäquates Angebot der ambulanten radiologischen Versorgung. Langfristig plane sie, in U-Stadt die radiologische Versorgung zu verbessern. Sie wäre auch bereit, ein nuklearmedizinisches Angebot zu etablieren. Die Versorgung in A-Stadt selbst sehe sie als ausreichend an, weshalb durch eine Verlegung des gynäkologischen Sitzes dort nur ein zusätzliches Angebot geschaffen werde. Ergänzend führte sie unter Datum vom 23.03.2007 aus, dass sie ihr Leistungsangebot im Bereich der Gynäkologie am Standort U-Stadt auch auf die ambulante Chemotherapie (Biphosphonatinfusionen, Portpflege etc.) erweitern würde. Niedergelassene Gynäkologen hätten sie darauf aufmerksam gemacht, dass es hierfür einen erheblichen Bedarf, aber im U-Land keinerlei Angebot gäbe.

Unter Datum vom 12.07.2007 wandte sich die Frauenärztin Frau F sowie zwei weitere Frauenärztinnen und ein weiterer Frauenarzt an die Antragsgegnerin. Sie trugen vor, für das MVZ bestehe keine Notwendigkeit. Alle vom MVZ angebotenen Leistungen könnten auch in Zukunft von den niedergelassenen Kollegen erbracht werden. Bedarf bestehe lediglich im Bereich ambulanter gynäkologischer Operationen und Abort-Curettagen. Ein separater gynäkologischer Notdienst sei nicht notwendig. Echte Notfälle seien in der Regel geburtshilflich und müssten wie bisher in A-Stadt betreut werden. Wenn es aus rechtlichen Gründen aber keine Möglichkeit mehr gebe, das MVZ in eine reguläre Praxis eines ambulant tätigen Gynäkologen umzuwandeln, beantragten sie eine Leistungsbegrenzung auf die Tätigkeit, die der Praxisvorgänger bisher auch ambulant erbracht habe.

Mit Bescheid vom 02.08.2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, eine Umfrage bei den niedergelassenen Frauenärzten im AA Kreis habe ergeben, dass die Versorgung der Versicherten mit der von der Antragstellerin angebotenen Leistungen nicht verbessert werde. Mit weiterem Bescheid vom 20.08.2007 lehnte sie die Genehmigung erneut ab und führte zur Begründung aus, eine Umfrage bei dem niedergelassenen Radiologen im AA-Kreis habe ergeben, dass die Versorgung der Versicherten mit den von der Antragstellerin angebotenen Leistungen nicht verbessert werde.

Hiergegen legte die Antragstellerin mit Datum vom 17. und 27.08.2007 jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Antragsgegnerin habe den Sachverhalt unvollständig ermittelt und für die Entscheidung wesentliche Tatsachenfragen nicht berücksichtigt. Die Fortführung des Betriebs der etablierten und übernommenen gynäkologischen Praxis stehe der Verbesserung der Versorgung gleich. Die ambulante Chemotherapie führe generell zu einer Versorgungsverbesserung. Sie gehe davon aus, dass alle Fachgebiete an allen Standorten angeboten werden müssten. Hierzu habe sich die Verwaltung mit keiner Silbe geäußert. Die Bezugnahme auf die angebliche Umfrage reiche nicht aus, zumal weder die Umfrage noch deren Ergebnis ihr mitgeteilt worden seien. Eine Versorgungsverbesserung sei nach der Verwaltungsübung der Antragsgegnerin immer anzunehmen, wenn ein Versorgungsengpass beseitigt werde oder am Ort der Zweigpraxis spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen neu angeboten würden.

Am 14.11.2007 hat die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingereicht. Zur Begründung trägt sie ergänzend zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, der zuständige Notdienstobmann habe sie aufgefordert, auch an der allgemeinen Notdienstversorgung teilzunehmen. Durch die Aufrechterhaltung des gynäkologischen Angebots werde die Versorgung sichergestellt. Gerade im ländlichen Bereich bestehe ein besonders hoher Bedarf auf dem Gebiet der Geburtshilfe. Die verbesserte Versorgungssituation ergebe sich auch aus einer nachhaltigen Verbesserung der Erreichbarkeit durch die wohnortnahe Versorgung und die Ausweitung des medizinischen Leistungsangebotes. Chemotherapien würden bisher im U-Land nicht angeboten werden. Gleiches gelte für radiologische Leistungen. Die Interessen anderer, bereits niedergelassener Vertragsärzte seien bei der Beurteilung der Verbesserung der Versorgung nicht zu berücksichtigen. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund, da ihr nicht zuzumuten sei, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Es müsse mit einer Abwanderung des von der Vorgängerpraxis betreuten Patientengutes gerechnet werden. Der immaterielle Wert einer Praxis verflüchtige sich innerhalb eines Jahres, wenn diese nicht weiter betrieben werde. Die Antragsgegnerin habe ihr untersagt, gynäkologische Leistungen zu erbringen, außerdem stehe demnächst die Kündigung der vom Vorgänger übernommenen Räume an. Eine Interessenabwägung sei nicht erforderlich, da die Klage in der Hauptsache offensichtlich zulässig und begründet sei. Im Übrigen würden ihre Interessen überwiegen. Sie habe auch nicht beantragt, gynäkologische Leistungen ausschließlich in der Zweigpraxis zu erbringen. Sie habe beantragt, ebenfalls mit Radiologie und Gynäkologie tätig zu werden. Die Antragsgegnerin verwechsle offenkundig verschiedene, bei ihr anhängige Verfahren. Als sich abgezeichnet habe, dass die Antragsgegnerin die Genehmigung nicht erteilen werde, habe sie versucht, vertragsärztlich zumindest im Rahmen von ausgelagerten Behandlungsräumen einen eingeschränkten Betrieb aufzunehmen und wenigstens die übernommene Privatpraxis weiterzubetreiben, letztlich mit dem Ziel, die sich abzeichnende Zerstörung des gesamten Praxiswertes infolge der Verweigerungshaltung der Antragsgegnerin zu verhindern. Dies habe sie ordnungsgemäß angezeigt. Es habe sich nur um eine vorübergehende und noch dazu sehr eingeschränkte Problemlösung bis zum Abschluss des unverändert von ihr weiterbetriebenen Genehmigungsverfahrens gehandelt. Die Antragsgegnerin habe das Genehmigungsverfahren verzögert. Wenn die Antragsgegnerin der Auffassung sei, dass gemäß § 17 Abs. 2 BMV-Ä eine Tätigkeit von 20 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden am Vertragsarztsitz erforderlich sei, stehe es ihr frei, dies im Rahmen der Genehmigung festzulegen und dann selbstverständlich auch zu begründen. Die Regelung sei aber erst nach Antragsstellung in Kraft getreten. Von daher sei fraglich, ob sie auf sie anzuwenden sei. Auch stehe sie mit § 24 Abs. 3 Ziffer 2 Ärzte-ZV nicht in Einklang. Hätte der Zulassungsausschuss eine Verlegung der Praxis gewollt, so hätte er eine genehmigungsbedürftige Vorlage zur Auflage machen müssen oder die Verlegung des Vertragsarztsitzes anordnen müssen. Im Rahmen ihrer privatärztlichen Tätigkeit in U-Stadt könne sie auch Sprechstunden anbieten und Anzeigen schalten.

Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig die vertragsärztliche Tätigkeit an einem weiteren Ort in der U Straße, in U-Stadt bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache zu gestatten.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

Sie trägt vor, es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Da ein Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen sei, sei der Antrag zumindest teilweise unzulässig. Die Antragstellerin sei als MVZ an eine konkrete Praxisanschrift gebunden. Die Antragstellerin habe dabei beabsichtigt, ihre gynäkologischen Leistungen ausschließlich in den ausgelagerten Behandlungsräumen bzw. in der Zweigpraxis in U Stadt zu erbringen. Ein MVZ sei eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung. Die vertragsärztlichen Leistungen seien " aus einer Hand" am Ort des Vertragsarztsitzes des MVZ zu erbringen. Der Vertragsarzt müsse an seinem Vertragsarztsitz persönlich mindestens 20 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung stehen. Seine Tätigkeit müsse alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen. Werde die Gynäkologin lediglich in U-Stadt tätig, würden am Vertragsarztsitz keinerlei Sprechstunden mehr von ihr abgehalten werden. Es liege auch keine Versorgungsverbesserung vor. Der Planungsbereich AA-Kreis sei in Bezug auf die Arztgruppe der Fachfrauenärzte mit einem Versorgungsgrad von 157,26 % überversorgt und daher gesperrt. Bezüglich der Radiologen weise der Planungsbereich einen Versorgungsgrad in Höhe von 191,26 % und damit gleichfalls eine Sperrung auf. Die ambulante gynäkologische Versorgung werde von Gynäkologen vor Ort sichergestellt. Es könne nicht von einer Bedarfslücke und damit einer Verbesserung der Patientenversorgung ausgegangen werden. Eine Bedarfslücke bestehe auch nicht für die radiologischen Leistungen. Aufgrund der Entfernung von U-Stadt nach A-Stadt, dem Vertragsarztsitz der großen radiologischen Gemeinschaftspraxis, könne den Versicherten ein Weg von 16,6 km zugemutet werden. Es bestehe auch eine gute Nahverkehrsverbindung. Folge man dem Vortrag der Antragstellerin, jede Praxisübernahme führe zu einer Versorgungsverbesserung, so wäre jeder Vertragsarzt in der Lage, durch Verlegen seines Vertragsarztsitzes innerhalb des Planungsbereiches eine Zweigpraxisgenehmigung an seinem früheren Vertragsarztsitz durchzusetzen. Es werde auch die ordnungsgemäße Versorgung des Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes in A-Stadt beeinträchtigt, da dort gynäkologische Leistungen nicht erbracht werden sollen. Es fehle auch an einem Anordnungsgrund. Die ambulante gynäkologische Versorgung werde nach Angaben von Kollegen in den Räumen des Praxisvorgängers seit dem 01.02.2007 fortgeführt. Insofern verflüchtige sich nicht der immaterielle Wert der Praxis.

Die Kammer hat mit den Beteiligten am 21. November 2007 einen Erörterungstermin durchgeführt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 14.11.2007 ist grundsätzlich zulässig.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag einen Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 1 u. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Es müssen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden (§ 920 Zivilprozessordnung i. V. m. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG).

Der Antrag ist auch weitgehend begründet. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war im tenorierten Umfang stattzugeben. Im Übrigen war er abzuweisen.

Ein Anordnungsanspruch liegt nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen kursorischen Überprüfung vor. Die Antragsgegnerin war im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig die Tätigkeit an einem weiteren Ort in der in der U-Straße in U-Stadt zu gestatten. Die Dauer der Gestattung war aber längstens bis einen Monat nach Zustellung einer Entscheidung der Antragsgegnerin über den Widerspruch der Antragstellerin mit Datum vom 20.08.2007 zu begrenzen; insoweit war der Antrag abzuweisen.

Ein Anordnungsanspruch liegt vor.

Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). Der Vertragsarzt muss am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten. Er hat seine Wohnung so zu wählen, dass er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht. Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit 1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und 2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt wird.

Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung (§ 24 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1 u. 2 Ärzte-ZV i.d.F. d. VÄndG).

Vorliegend handelt es sich um eine Zweigpraxis, nicht um ausgelagerte Praxisräume.

Begrifflich werden unter dem Begriff der "weiteren Orte" alle Tätigkeitsorte außerhalb des Vertragsarztsitzes verstanden (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV), für die eine Genehmigung verlangt wird (§ 24 Abs. 3 Sätze 2 und 3 Ärzte-ZV). Hiervon ausgenommen sind spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen an weiteren Orten in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz, die der Verordnungsgeber selbst als ausgelagerte Praxisräume definiert (§ 24 Abs. 5 Ärzte-ZV). Damit greift der Verordnungsgeber die bereits bisher geltenden Unterscheidungskriterien auf und ist weiterhin nur die Zweigpraxis genehmigungs- und die ausgelagerte Praxisstätte anmeldepflichtig. Hieran anknüpfend verwenden die Bundesmantelverträge-Ärzte den Oberbegriff "Tätigkeitsort" für den Ort des Vertragsarztsitzes ("Betriebsstätte") und die weiteren Orte ("Nebenbetriebsstätten"); unter "Nebenbetriebsstätte" werden die "Zweigpraxis" und die "ausgelagerten Praxisräume" bzw. jetzt "ausgelagerten Praxisstätten" verstanden. Als Zweigpraxis wird ein genehmigter weiterer Tätigkeitsort des Vertragsarztes oder die Nebenbetriebsstätte eines MVZ (§ 1a Nr. 19 BMV-Ä/EKV-Ä), als ausgelagerte Praxisstätte ein zulässiger nicht genehmigungsbedürftiger, aber anzeigepflichtiger Tätigkeitsort des Vertragsarztes, Vertragspsychotherapeuten oder eines Medizinischen Versorgungszentrums in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz (vgl. § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV) definiert; ausgelagerte Praxisstätte in diesem Sinne ist auch ein Operationszentrum, in welchem ambulante Operationen bei Versicherten ausgeführt werden, welche den Vertragsarzt an seiner Praxisstätte in Anspruch genommen haben (§ 1a Nr. 20 BMV-Ä/EKV-Ä). Damit greifen die Bundesmantelvertragsparteien die bereits bisher geltenden Unterscheidungskriterien auf. Die Abgrenzung ist damit weiterhin anhand des Kriteriums der – vollständigen oder teilweisen – Leistungsidentität und des Abhaltens von Sprechstunden, dann handelt es sich um eine Zweigpraxis, vorzunehmen (vgl. im Einzelnen Pawlita in: juris-PK SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 01.08.2007, § 95 Rdnr. 295 ff.).

Mit der Übernahme der Praxis am Standort U-Stadt will die Antragstellerin die Praxis im Wesentlichen fortführen, nicht Teilleistungen ausschließlich dort durchführen. Dies gilt auch für radiologische Leistungen, die ergänzend zum Standort A-Stadt erbracht werden sollen.

Die Genehmigungsvoraussetzungen für eine Zweigpraxis liegen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor.

Anzuwenden sind auch die Regelungen der Bundesmantelverträge, da die Vertragspartner vom Verordnungsgeber zur Ausgestaltung ermächtigt wurden. Insofern ist auch nicht ersichtlich, dass vor Ergänzung der Bundesmantelverträge eine bessere Rechtsposition der Antragstellerin bestanden hätte. Im Rahmen eines Verpflichtungsbegehrens ist im Übrigen auf den aktuellen Zeitpunkt abzustellen.

Die Einzelheiten hierzu, insbesondere in welchem Umfang der Vertragsarzt zur Erfüllung seiner Leistungspflichten am Vertragsarztsitz und an dem weiteren Ort angestellte Ärzte unter Berücksichtigung seiner Leitungs- und Überwachungspflicht einsetzen kann, ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln (vgl. § 24 Abs. 4 Satz 2 Ärzte-ZV). Diese Subdelegation, die § 98 SGB V nicht ausdrücklich vorsieht, ist aber auf der Grundlage der allgemeinen Kompetenz der Partner der Bundesmantelverträge zur vertraglichen Regelung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 72 Abs. 2 i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB V zulässig. Gleiches gilt für die ergänzenden Regelungen über den zahlenmäßigen Umfang der Beschäftigung angestellter Ärzte unter Berücksichtigung der Versorgungspflicht des anstellenden Vertragsarztes (§ 32b Satz 2 Ärzte-ZV).

Die Bundesmantelverträge haben ebenso wie das SGB V und die Ärzte-ZV eine bestimmte Höchstzahl der weiteren Betriebsstätten nicht unmittelbar bzw. absolut festgelegt (§ 15a Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä/EKV-Ä), aber auf der Grundlage der Ermächtigung in § 24 Abs. 4 Satz 2 Ärzte-ZV Beschränkungen in zeitlicher Hinsicht für die Aufteilung der Tätigkeit am Vertragsarztsitz und den Nebenbetriebsstätten aufgestellt, die im Ergebnis zu einer Limitierung der Zahl der Nebenbetriebsstätten führen. In allen Fällen der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an einem weiteren oder mehreren Tätigkeitsorten außerhalb des Vertragsarztsitzes gilt danach, dass die – persönliche, und somit nicht delegierbare – Tätigkeit am Vertragsarztsitz alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen muss. Zur Sicherung der Versorgungspräsenz am Vertragsarztsitz und den weiteren Orten sollen Mindest- und/oder Höchstzeiten an den weiteren Orten festgelegt werden (§ 17 Abs. 1a Sätze 3-6 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Sätze 3-6 EKV-Ä). Der Vertragsarzt muss dabei an seinem Vertragsarztsitz persönlich mindestens 20 Stunden (für einen Teilversorgungsauftrag nach § 19a Ärzte-ZV zehn Stunden) wöchentlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung stehen (§ 17 Abs. 1a Sätze 1 und 2 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Sätze 1 und 2 EKV Ä). Die Delegation der Leistung an andere Ärzte ist im Rahmen der Anstellung zulässig. Auch ist die Beschäftigung eines Assistenten (angestellter Arzt) allein zur Durchführung der Behandlung an dieser Nebenbetriebsstätte gestattet, wenn dies von der Genehmigung der Tätigkeit an diesem Ort umfasst ist (§ 15a Abs. 6 Satz 2 BMV-Ä/EKV-Ä). Für MVZ gelten die Regelungen entsprechend (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-ZV). Die Bundesmantelverträge sehen deshalb ebenfalls die Geltung der Ausführungsbestimmungen vor (§ 1 Abs. 8, § 15a Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä/EKV-Ä). Für die Präsenzpflicht am Vertragsarztsitz gilt die Maßgabe, dass die angegebenen Mindestzeiten für den Versorgungsauftrag des MVZ insgesamt unabhängig von der Zahl der beschäftigten Ärzte anzuwenden sind (§ 17 Abs. 1a Satz 4 BMV-Ä/EKV-Ä). Damit genügt es, dass ein Arzt des MVZ die Mindestpräsenz von 20 Wochensprechstunden gewährleistet. § 17 Abs. 1a Satz 5 BMV-Ä/EKV-Ä ordnet nochmals ausdrücklich die entsprechende Geltung des Satzes 3 in § 17 Abs. 1a BMV-Ä/EKV-Ä an. So muss auch in einem MVZ die Gesamttätigkeitszeit am Vertragsarztsitz, also die Summe der Tätigkeitszeiten aller am Vertragsarztsitz tätigen Ärzte, alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen (vgl. Pawlita, aaO., Rdnr. 231 f. u. 248).

Ausgehend hiervon ist der Antragsgegnerin zunächst zuzugestehen, dass grundsätzlich am Vertragsarztsitz eines MVZ alle ärztlichen Leistungen erbracht werden müssen, um fachübergreifend tätig zu sein. Dies gilt anhand der genannten Regelungen aber nicht für die Zweigpraxis selbst, die vom Versorgungstyp her bereits auf einzelne Leistungsbereiche der Praxis selbst beschränkt sein kann. Die Kammer ist ferner der Auffassung, dass nicht jeder Arzt eines MVZ nach den Bestimmungen der Bundesmantelverträge selbst überwiegend am Vertragsarztsitz tätig sein muss. Es muss nur der Umfang der Tätigkeit aller Ärzte am Vertragsarztsitz gegenüber der Tätigkeit der Ärzte an den weiteren Orten überwiegen. Die Antragstellerin hat insofern dargelegt, dass sie gynäkologische Leistungen auch am Vertragsarztsitz in A-Stadt erbringen will. Soweit sie im Erörterungstermin dies nicht mit gleicher Bestimmtheit dargelegt hat, hat sie es aber auch nicht ausgeschlossen. Von daher kann ihr nicht von Vornherein eine Genehmigung versagt werden. Allenfalls ist von der Antragsgegnerin zu überlegen, ob ihr eine Auflage erteilt wird oder ob gegebenenfalls die Genehmigung wieder zu entziehen ist. Die radiologische Tätigkeit soll demgegenüber am Standort U-Stadt nur in eingeschränktem Umfang angeboten werden. Insofern ist insgesamt davon auszugehen, dass, soweit drei Behandler im MVZ tätig sind, in jedem Fall gewährleistet ist, dass die drei Behandler zusammen überwiegend am Vertragsarztsitz selbst tätig sind. Soweit im Erörterungstermin angeklungen hat, dass sich hierbei insofern Veränderungen ergeben könnten, als der Nuklearmediziner aus dem MVZ ausscheiden oder den Umfang reduzieren könnte, so ist dies kein Genehmigungshindernis, sondern allenfalls ein Grund, die Genehmigung gegebenenfalls wieder zu entziehen, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen wegfallen sollten, oder aber die Genehmigung gegebenenfalls mit Nebenbestimmungen zu erteilen. Im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens kann dies aber auf der Grundlage von gegenwärtig drei Behandlern mit der genannten Aufteilung der Tätigkeiten dahinstehen.

Auch die übrigen Voraussetzungen für die Genehmigung einer Zweigpraxis liegen vor, insbesondere dient die Zweigpraxis der Versorgungsverbesserung.

Mit der Versorgungsverbesserung werden geringere Bedarfsanforderungen als nach § 15a BMV-Ä/§ 15a EKV-Ä a. F., nach dem die Genehmigung zur Sicherung einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sein musste, gestellt. Statt einer "Erforderlichkeit" reicht nunmehr eine "Verbesserung" aus. Damit scheiden auch Sicherstellungsanforderungen i. S. d. § 116 SGB V aus. "Verbesserung" ist wenigstens in dem Sinne zu verstehen, dass eine "Bedarfslücke" besteht, die zwar nicht unbedingt ("Erforderlichkeit") geschlossen werden muss, die aber nachhaltig eine durch Angebot oder Erreichbarkeit veränderte und im Sinne der vertragsärztlichen Versorgung verbesserte Versorgungssituation am Ort der Zweigpraxis herbeiführt (vgl. SG Marburg v. 07.03.2007 - S 12 KA 7001/06 – juris Rdnr. 55). Bereits im Antrag hat der Vertragsarzt, der eine Zweigpraxis begehrt, anzugeben, welche Leistungen er in der Zweigpraxis erbringen will (vgl. Schirmer, Anmerkungen der KBV zum VÄndG, 2007, S. 27). Die Interessen anderer, bereits niedergelassener Vertragsärzte sind nicht zu berücksichtigen. Sie sind nur mittelbar über die Prüfung der "Bedarfslücke" von Bedeutung, da eine Versorgungsverbesserung nur eintreten kann, wenn die örtlichen Leistungserbringer das Leistungsangebot des Zweigpraxisbewerbers nicht oder nicht im erwünschten Umfang erbringen können.

Ob eine Versorgungsverbesserung vorliegt, hängt ähnlich der weiteren Bedarfsdeckung durch eine Ermächtigung oder Sonderbedarfszulassung von verschiedenen Faktoren ab (z. B. der Anzahl der Ärzte, dem Stand der Krankenhausversorgung, der Bevölkerungsdichte, von Art und Umfang der Nachfrage und von der räumlichen Zuordnung aufgrund der vorhandenen Verkehrsverbindungen), die für sich und in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind. Das Bundessozialgericht (BSG) hat deshalb bereits der nach altem Recht allein zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung einen gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BSG v. 20.12.1995 - 6 RKa 55/94 - juris Rn. 17 f. - BSGE 77, 188 = SozR 3-2500 § 75 Nr. 7). Dies gilt auch für die nach § 24 Abs. 3 Satz 2 u. 3 Ärzte-ZV zuständigen Gremien. Im Fall einer Unterversorgung dürfte eine Zweigpraxis regelmäßig zur Versorgungsverbesserung beitragen, es sei denn, dass gerade am Sitz der Zweigpraxis eine ausreichende Versorgung besteht.

Es kann aber nicht darauf abgestellt werden, dass jede weitere Eröffnung einer Praxis bzw. Zweigpraxis das Versorgungsangebot unter dem Gesichtspunkt der Freiheit der Arztwahl "verbessert". Hätte der Gesetzgeber dies unterstellt bzw. gewollt, so hätte er von weiteren Bedarfsgesichtspunkten abgesehen. Der Gesetzgeber hat es ferner bei der Grundentscheidung für die Bedarfsplanung belassen, dass maßgebend die Versorgung im Planungsbereich ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass, soweit es auf Entfernungen ankommt, den Versicherten jedenfalls Wege von mehreren Kilometern zumutbar sind. In überversorgten großstädtischen Planungsbereichen ist von einer ausreichenden Versorgung auszugehen. Auch in den Randbezirken einer Großstadt besteht eine hinreichende Verdichtung und Verkehrsvernetzung, die das Aufsuchen eines Vertragsarztes in benachbarten Stadtteilen ermöglicht. Es kann nicht auf die Anhaltszahlen nach den BedarfsplRL-Ä, die z.B. von Verhältniszahlen unter 2.000 Bewohnern für einen Vertragsarztsitz im hausärztlichen Bereich ausgehen (vgl. Anlagen 4.1 bis 4.3 BedarfsplRL-Ä), abgestellt werden, da diese Anhaltszahlen lediglich für die Bedarfsdeckung eines gesamten Planungsbereiches heranzuziehen sind (vgl. SG Marburg v. 07.03.2007 - S 12 KA 7001/06 – juris Rn. 55 f.).

Für die Beurteilung, welche Entfernungen für die Versicherten noch zumutbar sind, kann auf die Rechtsprechung zu Ermächtigungen – bei überversorgten Planungsbereichen insb. zu einem sog. qualitativ-speziellen Bedarf - und Sonderbedarfszulassungen zurückgegriffen werden. Je spezieller das Leistungsangebot ist, desto größere Entfernungen sind den Versicherten zumutbar; bei normalerweise ortsnaher Leistungserbringung ist von geringeren Entfernungen auszugehen. So begründen nach Auffassung des BSG für Leistungen, die üblicherweise ortsnah erbracht werden, wie dies bei MRT-Leistungen der Fall sei, seitdem diese zum Standard radiologischer Diagnostik gehörten, Entfernungen von im konkreten Fall mehr als 25 km zu anderen Standorten benachbarter Planungsbereiche einen Ermächtigungsbedarf (vgl. BSG v. BSG v. 19.07.2006 - B 6 KA 14/05 R – juris Rn. 19 - GesR 2007, 71 = MedR 2007, 127). Allerdings liegt gerade in der ortsnäheren Leistungserbringung spezieller Leistungen eine Verbesserung der Versorgung. Liegen die Voraussetzungen für eine Ermächtigung oder Sonderbedarfszulassung vor, so dient die Zweigpraxis immer einer Verbesserung der Versorgung. Im Umkehrschluss kann aber die Genehmigung nicht versagt werden, da die Anspruchsvoraussetzungen geringer sind (vgl. bereits SG Marburg, Beschl. v. 27.08.2007 - S 12 KA 374/07 ER – juris Rdnr. 24 ff.; Pawlita, aaO., Rdnr. 236 ff.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen weist die Antragsgegnerin zunächst zutreffend darauf hin, dass auch in U-Stadt Fachärzte für Gynäkologie tätig sind. Von daher führt die Fortführung der übernommenen Praxis vom Leistungsangebot her nicht zu einer Versorgungsverbesserung. Zu berücksichtigen ist aber, dass es sich um eine bestehende Praxis handelt, die die Antragstellerin als Praxisnachfolgerin übernommen hat und für die sie durch den Beschluss des Zulassungsausschusses als Praxisnachfolgerin eingesetzt wurde. Von daher steht zunächst fest, dass ein Versorgungsauftrag im Rahmen der Praxisnachfolge besteht, dem die Antragstellerin auch aufgrund des Beschlusses des Zulassungsausschusses nachzukommen hat. An diesen Beschluss ist die Antragsgegnerin gebunden

Auch wenn Grundlage der Praxisnachfolge insbesondere der Eigentumsschutz des die Praxis aufgebenden Arztes ist, so besteht doch durch die Praxisnachfolge bereits von Gesetzes wegen ein Versorgungsbedarf im Umfang der bestehenden Praxis. Von daher kann die Antragsgegnerin einen solchen Bedarf nicht mehr verneinen und kommt es für den gynäkologischen Bereich auch nicht darauf an, ob die Antragstellerin das Leistungsangebot im Einzelnen verbessern bzw. erweitern wird. Für den radiologischen Bereich besteht aber keinerlei Versorgung am Standort U-Stadt. Insofern ist das Angebot, radiologische Leistungen auch in U-Stadt selbst zu erbringen, eine Verbesserung der ortsnahen Versorgung in einem räumlich und kommunalrechtlich abgegrenzten Bereich gegenüber den übrigen Standorten, insbesondere der Stadt A Stadt, in der die nächstgelegene Praxis in einer Entfernung von ca. 17 km liegt. Werden den Versicherten in U-Stadt und Umgebung diese Wege erspart, so ist von einer Versorgungsverbesserung auszugehen. Eventuelle konkurrenzschutzrechtliche Gründe für die anderen niedergelassenen Vertragsärzte sind im Rahmen der Bedarfsprüfung darüber hinaus nicht gesondert zu berücksichtigen.

Die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes in A Stadt wird nicht beeinträchtigt.

Werden die Vorgaben in den Bundesmantelverträgen eingehalten, so scheidet eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung am Vertragsarztsitz aus. Zur Sicherung der Versorgungspräsenz am Vertragsarztsitz und den weiteren Orten sollen Mindest- und/oder Höchstzeiten an den weiteren Orten festgelegt werden (§ 17 Abs. 1a Satz 6 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Satz 6 EKV-Ä), die deshalb bereits im Genehmigungsantrag anzugeben sind (vgl. Pawlita, aaO., Rdnr. 247). Dies kann aber im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden und steht insofern einer vorläufigen einstweiligen Anordnung nicht entgegen, da grundsätzlich, wie bereits ausgeführt, davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin den zeitlichen Vorgaben der Bundesmantelverträge nachkommt.

Residenzpflichten stehen der Genehmigung angesichts der Entfernung von ca. 17 km zwischen den beiden Standorten nicht entgegen.

Von daher hat die Antragstellerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf Genehmigung der Zweigpraxis in U-Stadt.

Im Hinblick auf den Anspruch auf Genehmigung der Zweigpraxis kommt es auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht an. Die Antragstellerin hat eine offensichtlich rechtswidrige Entscheidung auch nicht bis zu einer Entscheidung des Gerichts im Hauptsacheverfahren hinzunehmen. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin keine besonderen öffentlichen Interessen dargelegt, die einer vorläufigen Entscheidung zugunsten des Antragstellers entgegenstünden. Insofern hat diese zu Recht darauf hingewiesen, dass der Verlust des ideellen Wertes der übernommenen Praxis droht. Auch sind im öffentlichen Interesse die Patienten der übernommenen Praxis zu versorgen.

Der Antrag war aber im Übrigen abzuweisen.

Die zeitliche Begrenzung der einstweiligen Antwort folgt aus dem Umstand, dass sich die Kammer als nicht befugt ansieht, der Widerspruchsentscheidung der Antragsgegnerin vorzugreifen. Die mit einem Monat darüber hinausgehende Befristung soll einen möglichst lückenlosen Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) gewährleisten. Der Antrag war daher im Übrigen abzuweisen.

Nach allem war dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im tenorierten Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Bei der Quotelung war zu berücksichtigen, dass in der Sache selbst die Antragstellerin im Wesentlichen obsiegt hat.

Der Streitwertbeschluss beruht auf dem Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718).

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Nach dem Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit für das Jahr 2007 (www.justiz.rlp.de), dem die Kammer hier folgt, ist für Genehmigungen vom dreifachen Regelstreitwert auszugehen. Im Hinblick auf das einstweilige Anordnungsverfahren war dieser Wert zu dritteln. Dies ergab den festgesetzten Wert.
Rechtskraft
Aus
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