L 7 Ka 931/94

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 28 Ka 3161/91
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 Ka 931/94
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
6 RKa 45/96
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 1994 abgeändert und festgestellt, daß der Beschluss des Beklagten vom 25. September 1991 rechtswidrig war. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger die ihm zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu 1/3 zu erstatten. Im übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Es geht in dem Rechtsstreit um die Art der Ermächtigung/Beteiligung des Klägers an der vertragsärztlichen Versorgung sowie deren Befristung.

Der 1938 geborene Kläger ist Frauenarzt und seit 1977 Chefarzt der geburtshilflich/gynäkologischen Abteilung des. Er betreibt ein privates zytologisches Einsendelabor in gemieteten Räumen des Krankenhauses mit von ihm beschäftigten Assistentinnen. Er war von 1989 bis Ende 1992 und sodann von 1993 bis Dezember 1995 Vorsitzender der Zytologiekommission der Beigeladenen zu 1) und gehört seither als sonstiges Mitglied der Zytologie-Kommission an und ist damit auch im Rahmen der Qualitätskontrolle tätig.

Zuletzt mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Beigeladenen zu 1) vom 13. September 1988 wurde der Kläger für längstens die Dauer der – Tätigkeit am an der ambulanten kassenärztlichen Versorgung beteiligt u.a. für zytologische Untersuchungen bei eigenen und Einsendefällen.

Mit Beschluss vom 25. September 1990 wandelte der Zulassungsausschuß die Beteiligung in eine Ermächtigung um und befristete diese zum 31. März 1993.

Hiergegen hat der Kläger am 15. Januar 1991 Widerspruch erhoben, "und zwar nur gegen die Befristung bis zum 31.03.93.” In der mündlichen Verhandlung vor dem Beklagten beantragte er, die vom Zulassungsausschuß ausgesprochene Befristung seiner Ermächtigung aufzuheben.

Mit Beschluss vom 25. September 1991 hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen im wesentlichen mit der Begründung, das System des SGB V gehe von dem Vorrang der niedergelassenen Ärzte aus, so daß eine Ermächtigung für Krankenhausärzte nur dann und nur soweit und so lange zu erteilen sei, wenn anders die kassenärztliche Versorgung durch niedergelassene Ärzte nicht sichergestellt sei, §§ 72, 73, 98, 116 SGB V. Dem entspreche die Regelung der §§ 31, 31 a Ärzte-ZV, die eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage hätten. Die vom Kläger gewünschte unbefristete Ermächtigung bzw. Befristung entsprechend der Dauer der Tätigkeit am Krankenhaus widerspräche den zwingenden Vorgaben des Gesetzgebers.

Gegen den ihm am 21. November 1991 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 18. Dezember 1991 Klage erhoben, mit der er die Aufhebung der Beschlüsse vom 25. September 1990, vom 25. September 1991 und vom 24. November 1992 (neue Befristung bis 31. März 1995) begehrt hat, hilfsweise Fristverlängerung bis zum 65. Lebensjahr bzw. bis zur Beendigung der Chefarzttätigkeit, hilfsweise Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung, hilfsweise Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 25. September 1990 und vom 25. September 1991. Der Kläger hat u.a. vorgetragen, in seinem Zytologielabor bearbeite er jährlich mindestens 25.000 Fälle und beschäftige hochqualifiziertes Personal, u.a. 4 Zytologieassistentinnen. Er sei in der fachärztlichen Aus- und Weiterbildung aktiv und das Labor sei ein Weiterbildungslabor i.S. § 135 Abs. 2 SGB V, § 10 Abs. 1 BMV, § 27 Abs. 1 Arzt-Ersatzkassen-Vertrag. Er sei in der Facharztprüfung als Prüfer im Bereich der Zytologie beteiligt. Seit 1989 sei er Vorsitzender der Zytologiekommission der Beigeladenen zu 1) und müsse deshalb zur Qualitätssicherung auch Prüfungen im kassenärztlichen ambulanten Bereich und im ambulanten Bereich der Krankenhäuser durchführen. Diesem Vorsitz, der 4 Jahre umfasse, werde durch eine kürzere Befristung der Boden entzogen.

Mit Urteil vom 15. Juni 1994 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, zulässig sei lediglich der Feststellungsantrag; hinsichtlich einer Aufhebung der Beschlüsse vom 25. September 1990 und 25. September 1991 fehle ein Rechtsschutzbedürfnis, da sie sich durch Zeitablauf (31. März 1993) erledigt hätten. Der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24. November 1992 sei nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden, da er den ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakt weder abändere noch ersetze; er betreffe einen neuen Gegenstand (Urteil des BSG vom 27. Januar 1993 – 6 RKa 41/90). Der Feststellungsantrag sei unbegründet, da die Bescheide vom 25. September 1990 und 25. September 1991 rechtmäßig seien. Die Rechtsgrundlage finde sich in Art. 65 Gesundheitsreformgesetz, da dort eine Befugnis zur Umwandlung einer bestehenden Beteiligung in eine Ermächtigung zwar nicht geregelt sei, jedoch vorausgesetzt werde (Urteil des BSG vom 27. Februar 1992 – 6 RKa 15/91). Die vom Beklagten zu treffende Prognoseentscheidung hinsichtlich des Bestehens einer Versorgungslücke sei vom Gericht nur beschränkt überprüfbar und im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Schutzwürdiges Vertrauen des Klägers sei nicht verletzt, da die Beteiligung alten Rechts zwar nicht befristet gewesen sei, aber doch unter Widerrufsvorbehalt bei Änderung der Versorgungslage gestanden habe. Der Aufbau des Labors sei deshalb auf eigenes Risiko erfolgt. § 5 Abs. 2 BMV-Ärzte führe zu keinem anderen Ergebnis, denn selbst, wenn der Kläger die Voraussetzungen erfülle, ergäbe sich daraus kein Anspruch auf eine längere Befristung oder eine abweichende Bestandsgarantie.

Gegen das ihm am 15. September 1994 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. Oktober 1994 Berufung eingelegt. Der Kläger trägt vor, die Umwandlung einer unbefristeten Beteiligung in eine befristete Ermächtigung sei nicht rechtens. Doch selbst, wenn die Umwandlung rechtens sei, dürfe sie unter Berücksichtigung der vorliegenden Besonderheiten nicht schematisch auf einen beliebigen Zeitraum festgelegt werden. Es sei nicht richtig, daß er sich ausschließlich gegen die Befristung wende. Es fehle insbesondere an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Umwandlung bestehender Beteiligungen gem. § 368 a Abs. 8 RVO a.F. Da das Zytologielabor einen nicht unerheblichen Teil seiner Berufsausübung ausmache, stelle die Umwandlung und Befristung einen Eingriff in den durch Art. 14 GG geschützten Bereich gewerblicher Betätigung wie in den durch Art. 12 GG geschützten Bereich der Berufsausübung dar. Für den Fall des Wegfalls des angefochtenen Beschlusses vom 25. September 1990 verbliebe es bei dem in Art. 65 Satz 1 GRG beschriebenen Zustand, nämlich der Fortgeltung der Beteiligung als Ermächtigung. Das Rechtsschutzbedürfnis habe sich durch Zeitablauf nicht erledigt, sondern nur der Inhalt einer Nebenbestimmung, nämlich die zeitliche Befristung. Darüber hinaus hätten die Zulassungsinstanzen einen Ermessensspielraum, bei dem besondere Bedingungen zu berücksichtigen seien, wie sich aus dem Urteil des BSG vom 27. Februar 1992 (NJW 1992, S. 2981) ergäbe. Neben den bereits in erster Instanz vorgetragenen Gründen sei auch zu berücksichtigen, daß er nur noch bis 1. März 2003 als Chefarzt tätig werde und sich bis dahin die Versorgungslage in seinem hoch spezialisierten Tätigkeitsgebiet nicht ändern werde. § 116 SGB V müsse auch im Zusammenhang mit den Erfordernissen der Qualitätssicherung nach §§ 135 ff. SGB V gesehen werden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen müßten sich gerade im Bereich der Qualitätssicherung in die Verantwortung nehmen lassen. In der Anlage zum BMV seien unter den Weiterbildungs- und Fortbildungsvoraussetzungen für Zytologie unter B umfassende Beschreibungen für die Anforderung an die Fortbildungseinrichtungen niedergelegt. Solche Einrichtungen, wie seine, seien demnach zu fördern. In diesem Zusammenhang erlange auch § 5 Abs. 2 des BMV Bedeutung für den vorliegenden Fall, da dort eine eigene Ermächtigungsmöglichkeit ohne Bedürfnisprüfung vorgesehen sei. Es frage sich, wie er und die Beigeladene zu 1) ihrer Verpflichtung zur Qualitätssicherung gerecht werden sollten, wenn alle zwei Jahre nur unter dem Aspekt des Bedarfs der Sicherstellung vertragsärztlicher Tätigkeit Ermächtigungen ausgesprochen wurden und er andererseits eine Ermächtigung zur Weiterbildung auf dem Gebiet der Frauenheilkunde für vier Jahre habe und ein anerkanntes Weiterbildungslabor leite, in dem der Fachkundenachweis Zytologie für Ärzte erworben werden könne.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 1994 wird abgeändert und

1) der Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Beigeladenen zu 1) vom 25. September 1990 in der Gestalt des Beschlusses des Beklagten vom 25. September 1991 sowie der Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Beigeladenen zu 1) vom 24. November 1992 werden aufgehoben,

2) hilfsweise, die Befristung in den unter 1) genannten Beschlüssen wird dem früheren Rechtszustand entsprechend dahingehend wieder hergestellt, daß die Ermächtigung längstens für die Dauer der Tätigkeit (als Chefarzt) an der , ehemals , in gilt,

3) hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, ihn unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts zur zeitlichen Bestimmung einer Ermächtigung nach § 31 a Abs. 3 i.V. § 30 Abs. 7 Satz 1 der Zulassungsordnung für Ärzte 1989 neu zu bescheiden,

4) hilfsweise festzustellen, daß der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25. September 1990 und der Beschluss des Beklagten vom 25. September 1991 rechtswidrig waren.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1), 2), 5) und 7) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, die Berufung sei unzulässig, weil der Klage und der Berufung das Rechtsschutzinteresse fehlten. Dem Kläger sei mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24. November 1992 eine neue Ermächtigung erteilt worden, die zum 31. März 1995 befristet worden sei. Dabei handele es sich entsprechend der Auffassung des Bundessozialgerichts (27. Januar 1993 – 6 RKa 41/90) nicht um eine Verlängerung der bisherigen Ermächtigung, sondern um eine neue eigenständige Ermächtigung, die ihrerseits rechtlich überprüfbar sei. § 96 SGG liege nicht vor, es komme nur eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht, wie das erstinstanzliche Gericht zutreffend festgestellt habe. Es fehle jedoch bereits das für die Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Es seien keine Gründe erkennbar, woraus der Kläger eine bedarfsunabhängige Ermächtigung herleiten könne. Die Klage sei aber auch unbegründet. Die Befristung von Ermächtigungen sei rechtens, wie das Bundessozialgericht festgestellt habe. Seit nunmehr 5 1/2 Jahren seien vom Beklagten Ermächtigungen jeweils höchstens auf den Zeitraum von 2 Jahren erteilt worden. Weder der Investitionsaufwand noch die Weiterbildungsaktivitäten des Klägers seien relevant für die Dauer der Befristung. § 5 Abs. 2 BMV stelle lediglich eine Öffnungsklausel in Bezug auf § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV dar und diene der Flexibilität zugunsten der Versicherten; auf die zeitliche, räumliche und umfangsbezogene Begrenzung einer Ermächtigung wirke sich diese Vorschrift nicht aus.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt, § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Senat konnte auch in Abwesenheit von Beteiligten verhandeln und entscheiden, da alle Beteiligten rechtzeitig und ordnungsgemäß zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. März 1996 geladen und dabei darauf hingewiesen worden waren, daß auch im Falle der Abwesenheit verhandelt und entschieden werden könne. Die Berufung ist auch zulässig und zum Teil begründet, soweit es den hilfsweisen Feststellungsantrag zu 4) und dort den Beschluss des Beklagten vom 25. September 1991 betrifft. Im übrigen ist die Berufung unbegründet.

Das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil vom 15. Juni 1994 zutreffend die Anträge von 1) bis 3) als unzulässig angesehen. Der erkennende Senat hat im Rahmen des § 106 SGG dahin gewirkt, daß der Antrag zu 2) zur Klarstellung so formuliert wurde, daß deutlich wird, daß der Kläger die dem früheren Rechtszustand entsprechende längere Befristung wieder hergestellt haben möchte. Eine inhaltliche Änderung des Klageziels ist damit nicht verbunden. Den Anträgen zu 1) bis 3) fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Soweit der Kläger im Rechtsstreit auch die Beschlüsse des Zulassungsausschusses angreift, ist die Klage bereits deshalb unzulässig, da diese nicht Gegenstand des Rechtsstreites geworden sind. Allein die Beschlüsse des Beklagten werden Gegenstand des Rechtsstreites und nur der Beklagte ist prozeßführungsbefugt (Urteil des BSG vom 22. Juni 1994 – 6 RKa 21/92). Im übrigen ist der spätere Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24. November 1992, den der Kläger ebenfalls angreift, auch deshalb nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits geworden, weil kein Fall des § 96 SGG vorliegt. Dieser Bescheid hat den vorhergehenden vom 25. September 1990 weder verändert noch ersetzt, sondern hat aufgrund einer neuen Bedarfsprüfung eine eigenständige Entscheidung über einen separaten Zeitraum getroffen (vgl. Urteil des BSG vom 22. Juni 1994 s.o.).

Ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich des allein streitbefangenen Bescheides des Beklagten vom 25. September 1991 bezüglich der Anträge zu 1) bis 3) fehlt bereits deshalb, da die darin ausgesprochene Befristung zum 31. März 1993 durch Zeitablauf keine Wirksamkeit mehr entfaltet (vgl. Urteil des BSG vom 22. Juni 1994 s.o.) und der Kläger zwischenzeitlich mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24. November 1992 bis zum 31. März 1995 und mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 21. Februar 1995 bis zum 31. März 1997 weiter befristet ermächtigt wurde.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage des Antrages zu 4) ist zulässig. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat und sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat. Der Beschluss des Beklagten vom 25. September 1991 hat sich durch Zeitablauf (wie oben gezeigt) auf andere Weise erledigt. In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil geht auch der erkennende Senat davon aus, daß der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Beklagten vom 25. September 1991 hat. In den beiden bereits genannten Folgebescheiden hat der Zulassungsausschuß die Ermächtigung jeweils auf zwei Jahre begrenzt und sich den Argumenten des Klägers hinsichtlich der nach seiner Ansicht gegebenen Voraussetzungen für eine längere Befristung verschlossen. Es ist davon auszugehen, daß bei einer gerichtlichen Entscheidung bezüglich der sonst auch in künftigen Ermächtigungsbeschlüssen strittigen Fragen künftige Prozesse vermeidbar werden (vgl. Urteil des BSG vom 22. Juni 1994 s.o.). Schließlich verlangt die Forderung nach effektivem Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG), daß der Kläger zur möglichen Gewinnung der von ihm erstrebten längerfristigen Perspektive der Ermächtigung auch die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung haben muß, ohne daß der jeweilige Fristablauf zu einem Ende der gerichtlichen Überprüfung führt. Anderenfalls könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß unter Berücksichtigung der üblichen Dauer des verwaltungsmäßigen Vorverfahrens sowie des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens jede künftige zweijährige Ermächtigung niemals abschließend gerichtlich überprüft werden kann.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Allerdings gilt auch hier, daß der Beschluss des Zulassungsausschusses nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sein konnte (s.o.).

Der Beschluss des Beklagten vom 25. September 1991 ist rechtswidrig. Dabei geht der erkennende Senat davon aus, daß lediglich die Frage der Befristung der gerichtlichen Überprüfung unterfiel, während die vom Kläger – wie aus den Anträgen 1) bis 3) und seinem Vortrag ersichtlich – ebenfalls begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Umwandlung der früheren Beteiligung in eine Ermächtigung zulässigerweise vom Gericht nicht zu prüfen war. Insoweit hatte der Kläger, wie sich aus dem Widerspruchsschreiben vom 14. Januar 1991 ("lege ich Widerspruch ein gegen den oben genannten Beschluss und zwar nur gegen die Befristung bis zum 31. März 1993”) und dem Antrag des Klägers vor dem Beklagten ("die vom Zulassungsausschuß ausgesprochene Befristung seiner Ermächtigung aufzuheben”) seinen Widerspruch begrenzt und der Beklagte auch nur hierüber entschieden hat.

Nach Auffassung des erkennenden Senats hat der Beklagte den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum mangelhaft ausgefüllt. Daß die vom Kläger bekämpfte (kürzere) Befristung vom Gesetzgeber zugelassen wurde und damit im Grundsatz nicht zu beanstanden ist, folgt aus § 116 Satz 2 SGB V i.V. §§ 31 Abs. 1, 7, 31 a Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV (vgl. Urteil des BSG vom 27. Februar 1992 – 6 RKa 15/91). Grundlage ist der Vorrang der niedergelassenen Ärzte bei der ambulanten Versorgung der Versicherten, der unbefriedigende frühere Rechtszustand bei Widerruf von Beteiligungen (aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage) und die Möglichkeit der Zulassungsgremien, auf veränderte Versorgungssituationen in angemessener Zeit reagieren zu können. Die aus früherem Verwaltungshandeln der zweijährigen Überprüfungen der Beteiligungen übernommene übliche Befristung der Ermächtigung auf zwei Jahre ist auch nach Auffassung des erkennenden Senats nicht zu beanstanden, wenn keine Besonderheiten vorliegen, die für eine längere Ermächtigung sprechen (vgl. Urteil des BSG vom 27. Februar 1992 s.o.). Dabei entspricht ein Verwaltungshandeln, das von der üblichen zweijährigen Frist über Jahre hinaus nicht abweicht, kaum der Rechtsfigur des Beurteilungsspielraums. So begegnet es bereits grundsätzlichen Bedenken, wenn der Beklagte über einen Zeitraum von 5 1/2 Jahren Ermächtigungen lediglich für höchstens zwei Jahre ausgesprochen hat, wie der Vorsitzende des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 1996 berichtet. Im vorliegenden Fall liegen Besonderheiten vor, die vom Beklagten bei seiner Entscheidung hätten berücksichtigt werden müssen, mit der Folge, daß eine kurze Befristung – von hier 2 1/2 Jahren (25. September 1990 bis 31. März 1993) – nur unter Verletzung des Beurteilungsspielraumes zustande kommen konnte.

Soweit es das Zytologielabor des Klägers betrifft, hat der Beklagte die vertragliche Vereinbarung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä nicht berücksichtigt. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob der Kläger einen ausdrücklichen Antrag insoweit gestellt hat, da bei Verwaltungsentscheidungen auch ohne ausdrücklichen Hinweis alle einschlägigen Normen zu berücksichtigen sind, zumal die Zulassungsausschüsse (und damit auch der Beklagte) auch die zuständigen Stellen i.S. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä sind, und über die Ermächtigung des Klägers zu entscheiden war. Die Vertragsparteien haben die Ermächtigung nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä auch ausdrücklich unabhängig von der Prüfung eines Bedürfnisses ausgestaltet und damit zu erkennen gegeben, daß insoweit eine weitergehende Ermächtigung erwünscht ist (vgl. zu § 5 Abs. 3 BMV-Ä Urteil des BSG vom 22. Juni 1994 – 6 RKa 22/93 = SozR 3-2500 § 116 SGB V Nr. 8). Das Labor des Klägers hat auch die erforderliche Größe von mindestens 6.000 Untersuchungen jährlich und vermittelt als Weiterbildungseinrichtung auch die notwendigen eingehenden Kenntnisse und Erfahrungen (vgl. Qualifikationsvoraussetzungen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V in der gynäkologischen Zytologie, B, 4.3). Die Wichtigkeit einer qualifizierten Zytologie und der Erhaltung leistungsfähiger Labors wird bestätigt durch die gegenwärtige Situation des Auslaufens der bisherigen Genehmigungen zur Zytologie am 31. Dezember 1996, wenn nicht besondere Kenntnisse oder Ausbildungsnachweise erbracht werden (D, 13 der genannten Qualifikationsvoraussetzungen). Bei einer bereits nach anderen Voraussetzungen erteilten Ermächtigung ist die Erweiterung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä als Besonderheit anzusehen, die zu einer längeren Frist führt, da die Gefahr einer sich verändernden Versorgungssituation mit Auswirkung auf die Grundlage der Ermächtigung entfällt (vgl. Urteil des BSG vom 27. Februar 1992 s.o.).

Eine weitere zu berücksichtigende Besonderheit ist, daß der Kläger als Mitglied der Zytologiekommission an der Qualitätssicherung mitwirkt, die in §§ 135, 135 a SGB V gesetzlich verlangt wird. Wirkt ein Arzt im Rahmen der Qualitätssicherung mit, dann muß dies nach Auffassung des erkennenden Senats im Rahmen einer Ermächtigung Berücksichtigung finden. Die ärztliche Tätigkeit muß gerade im Bereich der Ermächtigung als Einheit gesehen werden und kann nicht getrennt für verschiedene Sektoren betrachtet werden. Wie auf der einen Seite jegliche berufliche Kenntnis und Fähigkeit (z.B. als Krankenhausarzt, in Lehre und Forschung) und Zugang zu technischen Möglichkeiten (z.B. Großgeräte und Labors des Krankenhauses oder auch selbst angeschaffte) Anknüpfungspunkte für eine Ermächtigung sein können – jeweils unter Berücksichtigung der Gesamt-Versorgungssituation – müssen nach Auffassung des erkennenden Senats auch Tätigkeiten im Bereich der Beigeladenen zu 1), wie etwa hier des Klägers in der Zytologiekommission, aber auch im Prüfwesen oder in anderen Gremien als Beitrag zur Sicherstellung des Versorgungsauftrages gesehen und im Rahmen des Beurteilungsspielraumes in die Entscheidung einbezogen werden. Es liegt eine vergleichbare Situation vor, wie sie in VII Abs. 1 a der Ausführungsbestimmungen zum ärztlichen Notfalldienst der Beigeladenen zu 1) geregelt ist, daß dort z.B. eine Befreiung in Frage kommt, wenn berufspolitische oder wissenschaftliche Tätigkeiten des Arztes vorliegen. Auch dort hat ein solches Engagement Auswirkungen in dem ganz anderen Bereich des Notfalldienstes. Führt die Ermächtigung dazu, daß ein erheblicher Teil der beruflichen Arbeit in dem Gebiet verrichtet wird, in dem der Arzt auch an der Qualitätssicherung mitwirkt, dann stellt dies ebenfalls eine Besonderheit dar, die bei der Länge der Frist ihren Niederschlag finden muß. Bei Betrachtung des Bescheides vom 25. September 1991 läßt sich daraus jedoch nichts für den Kläger herleiten, da seine Tätigkeit in der Kommission bis Ende 1992 befristet war und die Ermächtigung über diesen Zeitpunkt hinausreichte.

Nicht unberücksichtigt bleiben durch den Beklagten konnte jedoch die Tatsache, daß der Kläger nicht ein Krankenhauslabor, sondern ein privates Labor mit von ihm beschäftigten Arbeitskräften betreibt und er das volle finanzielle Risiko trägt, wenn die Ermächtigung nicht erneuert wird. Im Vergleich mit anderen ermächtigten Krankenhausärzten, denen ohne eigenes Risiko Einrichtungen und Personal des Krankenhauses zur Verfügung stehen, ist für den Kläger jeder Fristablauf mit einem hohen zusätzlichen finanziellen Risiko verbunden, da er in der kurzen Zeit zwischen der Beschlussfassung des Zulassungsausschusses und (für den Fall, daß die Ermächtigung nicht erneuert wird) dem Ende der Frist nicht die Arbeitsverhältnisse abwickeln kann und auch die Investitionen von ihm nicht so getätigt werden können, daß sie dann jeweils überwiegend abgeschrieben sind. Bei dem Interesse der Beigeladenen zu 1) an der Aufrechterhaltung des Zytologielabors des Klägers, wie es sich in der Regelung der Qualifikationsvoraussetzungen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V in der gynäkologischen Zytologie für die Zeit ab 1. Juli 1992 manifestiert hat, aber für die streitbefangene Zeit auch als vorhanden angesehen werden muß, ist wiederum die Betrachtungsweise von der Einheit der ärztlichen Tätigkeit wichtig und hat in den Beurteilungsspielraum einzufließen. Auch unter Berücksichtigung dieser bei dem Kläger vorliegenden Besonderheit könnt im angefochtenen Beschluss des Beklagten vom 25. September 1991 eine Ermächtigung des Klägers nur dann in richtiger Ausfüllung des Beurteilungsspielraumes ergehen, wenn eine deutlich längere Frist als bis zum 31. März 1993 ausgesprochen worden wäre. Ohne in die Kompetenz des Beklagten eingreifen zu wollen, hält der erkennende Senat bei der hier erforderlichen rückschauenden Feststellung der Rechtswidrigkeit auch im Sinne der zu erwartenden Entbehrlichkeit künftiger Streitigkeiten für angebracht, eine Frist im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der Besonderheiten als nicht mehr rechtswidrig anzusehen, wenn sie sich etwa im Bereich des doppelten der üblichen Frist von zwei Jahren hält.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved