L 8 AL 78/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 64 AL 557/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 78/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. September 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 27. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 und des Teilanerkenntnisses vom 25. Januar 2007 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auch für die Zeit vom 20. Oktober 1999 bis 05. Januar 2000 Insolvenzgeld nach einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 10.000,00 DM zu gewähren, zahlbar an die Rechtsanwälte Alexander Schulz und André Specht, Schwaansche Straße 1, 18055 Rostock, als Gesamtgläubiger.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Insolvenzgeld. Der Kläger ist 1960 geboren worden. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung der Firma S und T GmbH, Seebad H (im Folgenden: S-GmbH) vom 9. Januar 1998 wurde er zum Geschäftsführer der GmbH berufen und der bisherige Alleingeschäftsführer L, der gleichzeitig auch einer der beiden Gesellschafter der GmbH war, abberufen. Zwischen dem Kläger und der S-GmbH, welche durch ihren Gesellschafter B gegenzeichnete, wurde am 10. Januar 1998 mit Wirkung ab dem 9. Januar 1998 ein schriftlicher "Anstellungsvertrag" geschlossen, in dem unter anderem eine in zwölf gleichen monatlichen Raten zahlbare Vergütung von 120.000,- DM je Kalenderjahr, die Stellung eines auch zu privaten Zwecken nutzbaren Firmenwagens, sowie ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen je Kalenderjahr vereinbart waren. Die Berufung wie die Abberufung der Geschäftsführer auf Grund der Gesellschafterversammlung vom 9. Januar 1998 wurden am 21. Juli 1998 in das Handelsregister des Amtsgerichts Stralsund eingetragen. Durch Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 24. Juli 1998 (bestätigt durch Urteil des selben Gerichts vom 18. August 1998) wurde dem Kläger auf Antrag der S-GmbH, für die der Gesellschafter L handelte, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes untersagt, als Geschäftsführer der GmbH tätig zu werden. In der Hauptsache unterlag die S-GmbH, für die auch insoweit der Gesellschafter L handelte, vor dem Oberlandesgericht Rostock (Urteil vom 29. September 1999 – Aktenzeichen 6 U 398/98 – verkündet am 20. Oktober 1999, durch welches das klagestattgebende Urteil des Landgerichts Stralsund vom 28. Oktober 1998 - Aktenzeichen 3 O 94/98 – aufgehoben wurde). Auf Antrag der S-GmbH erließ das Amtsgericht Wolgast mit Beschluss vom 20. Oktober 1999 (Aktenzeichen 1 C 687/99) erneut eine einstweilige Verfügung, durch die es dem Kläger untersagt wurde, als Geschäftsführer für die S-GmbH tätig zu werden. Der Beschluss wurde durch Urteil des Landgerichts Stralsund vom 25. November 1999 aufgehoben (Aktenzeichen 8 O 107/99). Gegen das ihr am 1. Dezember 1999 zugestellte Urteil legte die S-GmbH am 3. Januar 2000 beim Oberlandesgericht Rostock Berufung ein (Aktenzeichen 6 U 1/00); dieses Verfahren ist wegen der Insolvenz der S-GmbH, über deren Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Stralsund vom 6. Januar 2000 (Az. 52 IN 362/99) am selben Tag das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, unterbrochen. Der Beigeladene erstellte im Insolvenzverfahren einen Bericht vom 3. März 2000, in dem es unter A II (Wirtschaftliche Lage/Ursache der Insolvenz) unter anderem heißt: "Zum Zeitpunkt der Antragstellung war rechtmäßig bestellter Geschäftsführer der Kaufmann T S aus Berlin. Ob der Geschäftsführer M L rechtmäßig abberufen wurde oder nicht, ist streitig und wurde bislang nicht rechtsverbindlich festgestellt ... Die Ursachen der Insolvenz sind in einem Rechtsstreit zwischen den Gesellschaftern L und B zu suchen ... Im Jahre 1998 wurde ein externer Geschäftsführer, Herr T S, bestellt. Auch um die Person dieses Geschäftsführers wurden verschiedene Rechtsstreitigkeiten ausgetragen. Herr S war aus diesem Grund weitestgehend an der Ausübung seines Geschäftsführeramtes gehindert. Die mir bekannt gewordenen Tätigkeiten, die der Geschäftsführer S entfaltet hat, sind auf die Ausstellung von Wechseln an den Gesellschafter B sowie auf die Freigabe von im Auftrag der (S-GmbH) beschlagnahmten Pfandgutes und die Entlassung einiger Mitarbeiter zu beschränken ..." Mit Schreiben vom 4. Februar 2000 sprach der Insolvenzverwalter dem Kläger die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung zum 31. März 2000, höchst hilfsweise zum 31. Mai 2000, aus und stellte ihn sofort unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Am 17. Februar 2000 beantragte der Kläger Insolvenzgeld. Auf Anforderung der Beklagten reichte er einen Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Fremdgeschäftsführers einer GmbH vom 20. März 2000 ein und gab mit Schreiben vom 26. April 2000 an, dass der Gesellschafter L ständig vor Ort gewesen sei und der Gesellschafter B ihn täglich telefonisch kontrolliert habe. Ferner reichte er einen Darlehensvertrag vom 17. Juli 2000 ein, ausweislich dessen § 5 der Kläger als Darlehensnehmer seine Ansprüche bzw. Forderungen auf Zahlung des Insolvenzgeldes an Frau CP, S, als Darlehensgegberin abtrat. Die Darlehenssumme von 30.000,- DM habe er zur Bestreitung seines Lebensunterhalts benötigt. Von Seiten des Beigeladenen war der Beklagten am 21. August 2000 mitgeteilt worden, dass die Echtheit des Arbeitsvertrages angezweifelt werde. Mit Schreiben vom 14. August 2001 führte der Beigeladene aus, dass nach Prüfung sämtlicher Unterlagen eine Arbeitnehmer-Eigenschaft des Klägers für ihn nicht erkennbar sei, ohne sich nochmals zur Echtheit des Arbeitsvertrages zu äußern. Unter Bezug auf die Angaben des Beigeladenen lehnte die Beklagte den Antrag auf Insolvenzgeld durch Bescheid vom 27. September 2001 ab. Nach Erlass des Bescheides ging bei der Beklagten ein an den Beigeladenen gerichtetes Schreiben der damaligen Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg vom 8. Oktober 2001 ein. Diese führte aus, dass für eine Beschäftigung des Klägers bei der S-GmbH keine Meldedaten vorlägen und eine entgeltliche Beschäftigung nach den vorhandenen Unterlagen der S-GmbH auch nicht erkennbar sei. Seinen Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, dass er als reiner Fremdgeschäftsführer Arbeitnehmer gewesen sei, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2002 zurück. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. In seinem Antrag auf Insolvenzgeld habe er nicht einmal selbst angegeben, dass ihm die S-GmbH noch Entgelte schulde. Er habe zudem sein Beschäftigungsverhältnis nicht der Einzugsstelle gemeldet und Lohnunterlagen geführt, obwohl er alleiniger Geschäftsführer der S-GmbH gewesen sei. Mit seiner Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei tatsächlich nie in der Lage gewesen, als Geschäftsführer tätig zu werden und sein Beschäftigungsverhältnis der Einzugsstelle zu melden oder Lohnunterlagen anzulegen. Der Arbeitgeber sei in Annahmeverzug gewesen, so dass auch der Umstand, dass er nicht für die S-GmbH habe arbeiten können, dem begehrten Anspruch nicht entgegenstehe. Offenkundig gehe auch der Beigeladene von einem Arbeitsverhältnis aus, da er dem Kläger die Kündigung ausgesprochen habe. Auf Anfrage des Sozialgerichts hat der Beigeladene mit Datum des 9. September 2003 mitgeteilt, dass ein Schriftgutachten zur Echtheit des Arbeitsvertrages nicht erstellt worden sei. Durch Urteil vom 29. September 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger als Arbeitnehmer versicherungspflichtig tätig gewesen sei. Ein Direktionsrecht seitens der Gesellschaft sei nicht ausgeübt worden. Hierin liege kein Annahmeverzug. Der Kläger habe selbst vorgetragen, dass die Wirksamkeit seiner Bestellung zum Geschäftsführer umstritten gewesen und seine Tätigkeit seitens des Gesellschafters L verhindert worden sei. Das lasse den Schluss zu, dass, die S-GmbH als Gläubigerin eines vermeintlichen Anspruchs auf Arbeitsleistung weder aufgetreten sei noch habe auftreten wollen. Entscheidend seien die tatsächlichen Verhältnisse und nicht rechtliche Vereinbarungen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Um Annahmeverzug zu begründen sei unbeachtlich, ob sich jemand subjektiv als Gläubiger einer Leistung fühle. Gegenüber dem Beigeladenen habe er seine Entgeltansprüche bisher aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht weiterverfolgt. Soweit der Kläger auch Geschäftsführer anderer Gesellschaften gewesen sei, hätten diese keine nennenswerten Geschäftstätigkeiten mehr entfaltet. Er sei für diese "nebenbei" und unentgeltlich tätig gewesen. Nachdem die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts Wolgast aufgehoben worden sei, sei er auch wieder für die S-GmbH tätig geworden. Zum Beleg dafür, dass er wirksam zum Geschäftsführer bestellt worden war, hat er einen Beschluss des Amtsgerichts Stralsund vom 1. September 2004 betreffend die beabsichtigte Löschung der Eintragung des Geschäftsführers L von Amts wegen und einen Auszug aus dem Handeslregister des Amtsgerichts Stralsund zu HRB 585 vorgelegt, zum Beleg für seine Tätigkeit als Geschäftsführer in der Zeit nach dem 25. November 1999 mehrere von ihm unterzeichnete Schriftstücke. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. Januar 2007 hat der Kläger den Anspruch auf Insolvenzgeld namens und in Vollmacht der Frau C P an sich zurück-abgetreten. Am 26. Januar 2007 hat er den Anspruch auf Insolvenzgeld an seine Bevollmächtigten zur Begleichung anwaltlicher Gebührenforderungen abgetreten. Die Beklagte ihrerseits hat einen Anspruch auf Insolvenzgeld nach einem monatlichen Brutto-Arbeitsentgelt von 10.000,- DM für die Zeit vom 6. bis zum 19. Oktober 1999 anerkannt; dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen und seine Ansprüche im übrigen weiter verfolgt. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. September 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über das Teilanerkenntnis vom 25. Januar 2007 hinaus Insolvenzgeld nach einem Bruttoarbeitsentgelt von monatlich 10.000,- DM auch vom 20. Oktober 1999 bis zum 5. Januar 2000 zu gewähren, zahlbar an die Rechtsanwälte A S und A S, S Straße , R, als Gesamtgläubiger. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält, soweit sie den geltend gemachten Anspruch nicht bereits anerkannt hat, die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er vertritt die Auffassung, dass auch die Auskunft der Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg bestätige, dass kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten des Landgerichts Stralsund zum Aktenzeichen 8 O 107/99 lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist, soweit sich der Rechtsstreit nicht bereits durch das angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten vom 25. Januar 2007 erledigt hat (§ 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), begründet. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Durch die am 25. Januar 2007 von ihm abgegebene Erklärung ist er wieder Inhaber des von ihm im Jahr 2000 an Frau C P abgetretenen Anspruchs geworden, so dass offen bleiben kann, ob diese Abtretung überhaupt wirksam war. Durch die am darauf folgenden Tag, dem 26. Januar 2007, erfolgte Abtretung des Anspruchs an seine Prozessbevollmächtigten ändert sich seine Stellung als Beteiligter nicht (§ 202 SGG i.V. mit § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO; s. dazu BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 17). Anzupassen war lediglich der Klageantrag in Bezug auf die in der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) enthaltene Leistungsklage, die auf Zahlung an die Abtretungsempfänger zu richten war (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 26. Auflage 2004, § 265 Rz. 13). Der geltend gemachte Anspruch ist an die Bevollmächtigten des Klägers wirksam abgetreten worden. Insolvenzgeld kann nach Antragstellung wie Arbeitseinkommen übertragen werden (§ 189 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Wegen § 400 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) führt das grundsätzlich dazu, dass es nur bis zu seinem nach den §§ 850a ff. Zivilprozessordnung (ZPO) unpfändbaren Teil übertragbar ist (s. Peters-Lange in Gagel, SGB III, § 189 Rz. 10 i.V.mit § 188 Rz. 7 ff.). § 400 BGB ist aber dann nicht anwendbar, wenn der Zedent vom Zessionar eine wirtschaftlich gleichwertige Leistung erhält (Peters-Lange a.a.O. § 188 Rz. 9 mit weiteren Nachweisen; Roeder in Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005, § 188 Rz. 9). Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Bevollmächtigten des Klägers als Abtretungsempfänger dem Kläger derartige Leistungen erbracht haben. Ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht in dem noch streitigen Umfang. Gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, die im Zeitpunkt des Insolvenzereignisses für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Die in dieser Vorschrift aufgestellten Voraussetzungen sind erfüllt. Ein Insolvenzereignis ist am 6. Januar 2000 eingetreten, da an diesem Tag das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet worden ist (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Der Kläger war auch Arbeitnehmer. Weil dieser Begriff in den Vorschriften über das Insolvenzgeld nicht geregelt ist, dienen für die Abgrenzung zu den Selbständigen die in den Vorschriften über die Versicherungspflicht in der Arbeitsförderung in Verbindung mit den allgemeinen Vorschriften über die Sozialversicherung verwendeten Merkmale (ständige Rechtsprechung des BSG, siehe statt vieler BSG SozR 3-4100 § 141b Nr. 17 mit weiteren Nachweisen). Arbeitnehmer sind danach Personen, die gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (§ 25 SGB III). Unter den Begriff "Beschäftigung" fällt die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch). Arbeitnehmer im Sinne der Vorschriften über das Insolvenzgeld ist in der Folge, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist (siehe, auch zum folgenden, BSG a.a.O.; im gleichen Sinn zum arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff statt vieler BAG AP Nr. 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist es mithin derjenige, der in den Betrieb eingegliedert ist und einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, das Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung umfasst. Eine selbständige Tätigkeit ist dagegen durch das Unternehmerrisiko und durch die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen. In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Vordergrund steht, die allerdings zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend davon abweichen. Diese Grundsätze sind auch bei Organen juristischer Personen anzuwenden (zusammenfassend BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). Bei den Organen juristischer Personen, zu denen auch Geschäftsführer einer GmbH gehören, ist abhängige Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil sie gemäß § 5 Abs 1 Satz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer der Gesellschaft gelten. Diese Regelung hat keine Bedeutung für das Sozialversicherungsrecht. Ebensowenig steht der Zugehörigkeit von Geschäftsführern oder Vorständen einer juristischen Person zu ihren Beschäftigten entgegen, dass sie im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen und dass sie in der Regel keinen Weisungen Dritter bezüglich Zeit, Art und Ort ihrer Arbeitsleistung unterliegen. Die Ausnahmevorschriften über die Versicherungsfreiheit der Vorstände von Aktiengesellschaften (für die Arbeitsförderung in § 27 Abs 1 Nr 5 Satz 1 SGB III geregelt) bestätigen zusätzlich, daß auch die geschäftsführenden Organe juristischer Personen im Regelfall abhängig beschäftigt sind, wenn sie an deren Kapital nicht beteiligt sind. Demgemäß ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH nur unter besonderen Umständen keine abhängige Beschäftigung anzunehmen, insbesondere wenn sie mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren und die Geschäfte faktisch wie Alleininhaber nach eigenem Gutdünken führten (siehe BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 1 mit weiteren Nachweisen), Der Kläger war – wie aus dem Urteil des Oberlandesgerichtes Rostock vom 29. September 1999 deutlich hervorgeht – durch die Gesellschafterversammlung der S-GmbH am 9. Januar 1998 wirksam zum Geschäftsführer berufen worden. Seine Tätigkeit als Geschäftsführer konnte deshalb – unabhängig davon, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden war – grundsätzlich nur auf einer in der Arbeitsförderung versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung beruhen. Anhaltspunkte dafür, dass besondere Umstände ausnahmsweise dagegen sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Im besonderen spricht dafür nicht, dass der Kläger im streitigen Zeitraum wenigstens formal Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften war. Die Eigenschaft als Arbeitnehmer wird nicht dadurch beseitigt, dass weitere vertragliche Bindungen zu anderen Arbeitgebern bestehen. Ihr steht auch nicht entgegen, dass der Kläger weder bei der Einzugsstelle gemeldet war noch Unterlagen über seine Beschäftigung von der LVA Freie und Hansestadt Hamburg anlässlich einer Betriebsprüfung bei der S-GmbH vorgefunden worden waren. Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass er angesichts des sich praktisch bis zum Insolvenzantrag hinziehenden Streites um seine Bestellung selbst nicht dafür sorgen konnte, dass etwas Derartiges geschah. Aus dem Arbeitsvertrag hatte der Kläger im für ihn maßgeblichen Insolvenzgeldzeitraum auch Entgeltansprüche, jedoch nur in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang. Der Insolvenzgeldzeitraum reichte, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers im Zeitpunkt des Insolvenzereignisses noch ungekündigt war, vom 6. Oktober 1999 bis zum 5. Januar 2000. Über das Teilanerkenntnis vom 25. Januar 2007 hinaus ergibt sich ein Anspruch auf Arbeitsentgelt, welcher durch Insolvenzgeld auszugleichen ist, auch für die Zeit vom 20. Oktober bis zum 5. Januar 2000. Da der Kläger im gesamten möglichen Insolvenzgeldzeitraum keine Arbeitsleistung erbracht hat, kann der Entgeltanspruch grundsätzlich nur bei Annahmeverzug des Arbeitgebers bestehen (§ 615 Satz 1 BGB). Annahmeverzug erfordert, dass ein erfüllbares Arbeitsverhältnis besteht, die Arbeitsleistung vom Arbeitnehmer angeboten worden ist, der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat und willens ist, die Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber die Arbeitsleistung tatsächlich nicht annimmt (zusammenfassend Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Auflage 2005, § 95 Rz. 5 ff.). Diese Voraussetzungen sind erfüllt: Zwischen dem Kläger und der S-GmbH bestand, wie bereits ausgeführt wurde, ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger hat seine Arbeitsleistung auch angeboten. Für die Zeit vom 20. Oktober bis zum 25. November 1999, in der die S-GmbH diese Arbeitsleistung im streitigen Zeitraum angesichts der von ihr beantragten einstweiligen Anordnung ersichtlich nicht annehmen wollte, reichte es dabei aus, dass er mündlich seinen Willen zur Arbeitsleistung bekundete (§ 296 Bürgerliches Gesetzbuch). Dies hat er jedenfalls dadurch getan, dass er sich gegen die vom Amtsgericht Wolgast erlassene einstweilige Anordnung zur Wehr gesetzt hat. Dadurch hat der Kläger ferner bekundet, dass er willens und in der Lage war, die von ihm geschuldete Arbeit zu verrichten. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dieser Zeit Einkünfte erzielt hat, die nach § 615 Satz 2 BGB auf den Entgeltanspruch anrechenbar wären, ergeben sich nicht. Dem Annahmeverzug steht in diesem Zeitraum nicht entgegen, dass der Kläger durch die vom Amtsgericht Wolgast erlassene einstweilige Anordnung zunächst rechtlich daran gehindert war, sein Amt als Geschäftsführer der S-GmbH auszuüben und damit auch seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen. Diese Anordnung ist vom Landgericht Stralsund aufgehoben und damit in ihren Wirkungen beseitigt worden; dessen Entscheidung hat bis heute Bestand. Damit ist eine zu Gunsten des Klägers bestehende Rechtslage gerichtlich festgestellt. Die rechtswidrige Nichtannahme der Arbeitsleistung begründet ohne Weiteres den Annahmeverzug (Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Auflage 2008, § 615 BGB Rz. 55, 58 ff.). Für die Zeit nach dem 25. November 1999 reichte ein wörtliches Angebot dagegen nicht aus, um den Annahmeverzog fortbestehen zu lassen. Weil das Arbeitsverhältnis ungekündigt war, musste der Kläger dafür vielmehr seine Arbeitskraft tatsächlich anbieten (§ 294 BGB; siehe BAG AP Nr. 114 zu § 615 BGB und EzA § 615 BGB Nr. 77). Dies hat er indessen getan. Die von ihm vorgelegten Schreiben aus dem noch streitigen Zeitraum belegen, dass er für die S-GmbH entsprechend seinem Anstellungsvertrag tätig war, was wiederum indiziert, dass er seine Arbeitskraft der S-GmbH tatsächlich zur Verfügung gestellt hat. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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