Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 5 SB 177/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 169/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. August 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Zuerkennung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) sowie des Nachteilsausgleiches "G" (erhebliche Gehbehinderung).
Bei der 1947 geborenen Klägerin war im Juli 1996 aufgrund der Diagnose eines metastasierenden Ovarialkarzinoms eine abdominale Hysterektomie mit Adnexentfernung beidseits erfolgt. Auf einen im Oktober 2000 gestellten Antrag hin hatte der Beklagte durch Bescheid vom 8. Februar 2001 einen Gesamt-GdB von 90 wegen folgender Behinderungen zuerkannt, deren verwaltungsintern festgesetzte Einzel-GdB sich aus den Zusätzen in Klammern ergeben:
- Geschwulstleiden des Unterleibes im Stadium der Heilungsbewährung (80) - Diabetes mellitus (20) - Funktionsminderung der linken unteren Gliedmaße (20)
Die Voraussetzungen für das beantragte Merkzeichen "G" lägen nicht vor.
Im Rahmen einer von Amts wegen eingeleiteten Nachprüfung holte der Beklagte Befundberichte der Dr. W/W des P-Krankenhaus R, Gynäkologische Klinik, ein, die am 10. August 2001 ausführten, dass bisher keine Wiedervorstellung wegen Verdachtes eines Rezidivs erfolgt sei, Tumormarker seien ohne Befund gewesen. Der Beklagte holte ferner Befundberichte des Arztes für Orthopädie Dipl. med. K vom 6. September 2001 und der Frauenärztin Dipl. K vom 1. Februar 2002 ein, die eine Vollremission des Tumors beschrieb, und setzte sodann nach Anhörung der Klägerin durch Bescheid vom 6. August 2002, erneut abgesandt am 12. November 2002, den Gesamt-GdB auf 30 herab, da eine Heilungsbewährung eingetreten sei und nur noch die Beeinträchtigungen Diabetes mellitus (20), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und der Kniegelenke, Funktionsstörung durch Fußfehlform (20) sowie Verlust der Gebärmutter, Verlust der Eierstöcke (10) vorlägen. Der GdB betrage ab 6. August 2002 daher 30. Im Termin vom 13. November 2007 hat der Beklagte das Datum, zu dem die Änderung gelte, wegen der erneuten Zustellung auf den 15. November 2002 korrigiert.
Auf den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese ausführte, dass die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule, der Knie-, Fuß- und Handgelenke deutlich zugenommen hätten, holte der Beklagte Befundberichte der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M vom 30. Dezember 2002 sowie des Facharztes für Innere Medizin G T vom 29. Januar 2003 ein und erließ nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme hierzu einen Abhilfebe-scheid vom 26. März 2003, mit dem er den Gesamt-GdB auf 40 wegen folgender Beeinträchtigungen festsetzte:
- Psychische Störung (30) - Diabetes mellitus (20) - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung der Kniegelenke, Funktionsstörung durch Fußfehlform (20) - Verlust der Gebärmutter, Verlust der Eierstöcke (10).
Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem die Klägerin einen GdB von mindestens 50 begehrte, wies der Beklagte nach Beiziehung eines ärztlichen Gutachtens der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), erstellt durch den Arzt für Orthopädie Dr. H am 13. September 2002, der eine vollschichtige Einsatzfähigkeit für eine Tätigkeit als Verkäuferin ohne Beschränkung der Wegefähigkeit feststellte, sowie nach Einholung von Befundberichten des Facharztes für Orthopädie Dipl. med. P vom 11. November 2003, dem ein Entlassungsbericht der Klinik L über ein stationäres Rehabilitationsverfahren in der Zeit vom 27. Februar bis 10. April 2003 beigefügt war, sowie der Dr. M vom 4. März 2004 durch Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2004 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Befundberichte der Dipl. Psych. P vom 5. November 2004, des Facharztes für Orthopädie Dr. Me vom 13. November 2004, der Dr. M vom 8. November 2004, des Dr. T vom 12. Dezember 2004 und sodann ein Gutachten durch den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Neurologie Dr. L vom 11. Novem-ber 2005 eingeholt, der zu dem Ergebnis kam, dass der Gesamtgrad der Behinderung 40 betrage aufgrund der Gesundheitsstörungen Diabetes mellitus (medikamentös eingestellt), Einzel-GdB 20, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und der Kniegelenke, Einzel-GdB 20, und einer psychischen Störung (depressive Störung), die mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten sei. Die depressive Störung sei differenzialdiagnostisch nicht eindeutig zuzuordnen, vorrangig wäre jedoch eine Dysthymie (Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision ICD-10: F 34.1) zu erwägen. Es beständen wesentliche Überschneidungen der Behinderungen durch die psychische Gesundheitsstörung mit denen der degenerativen Veränderung des Bewegungsapparates. Hier würden identische Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betroffen. Die Funktionsstörungen wirkten sich hingegen nicht besonders auf andere Funktionsbeeinträchtigungen aus.
Durch Urteil vom 29. August 2006 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zu Recht den GdB gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) herabgesetzt, da der Ablauf der Heilungsbewährung in der Zeit von August 1997 bis August 2002 eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen darstelle. Der Ge-samt-GdB von 40 sei, auch unter Berücksichtigung der Darlegungen des Dr. L, sachgerecht und angemessen.
Gegen dieses ihr am 22. September 2006 zugegangene Urteil richtet sich die am 18. Oktober 2006 eingegangene Berufung der Klägerin, mit der diese die Höherbewertung ihres GdB sowie erstmalig die Zuordnung des Merkzeichens "G" begehrt. Die Situation ihrer Leiden auf orthopädischem Gebiet sei nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. August 2006 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 6. August 2002 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 26. März 2003, insgesamt in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2004 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr einen Grad der Behinderung von mindestens 50 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass der Nachteilsausgleich "G" bisher nicht Verfahrensgegenstand gewesen sei, sodass die Berufung diesbezüglich unzulässig sei. Im Übrigen verweist er auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie auf versorgungsärztliche Stellungnahmen der Dr. W, u.a. vom 10. April 2007, wonach ein höherer GdB nicht in Betracht komme.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes einen Befundbericht des behandelnden Facharztes für Orthopädie Dr. Me vom 3. März 2007 sowie ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Chirurgie Dr. T vom 6. Juli 2007 eingeholt. Letzterer kam zu dem Ergebnis, dass der Gesamt-GdB 40 betrage. Ein höherer GdB als 20 für die Wirbelsäule sei nicht
angemessen, da die Funktionsstörungen geringgradiger Natur seien und allenfalls zu leichten Fähigkeitsstörungen führten. Einen GdB von mindestens 10 sehe er bei einer eventuellen Coxalgie/Coxarthrose nicht; hier fehle eine nennenswerte Symptomatik. Den von Dr. L festgestellten Einzel-GdB von 30 für den psychosomatischen Komplex halte er für einen maximalen Wert, da eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nach der ausführlichen Anamnese nicht vorliege.
Die Klägerin trägt hierzu vor, dass durch das Gutachten Einzel-GdB von insgesamt 110 ermittelt worden seien, die nicht durch rechnerische Vorgänge auf einen Gesamt-GdB von weniger als 50 zusammengezogen werden dürften. Die Zeit der Heilungsbewährung sei nicht abgewartet worden. Ihre behandelnden Ärzte seien der Auffassung, dass ihr mindestens ein GdB von 50 zustehe. Auch der Verlust von Gebärmutter und Eierstöcken sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, da dieser jedenfalls zu Ängsten führe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unzulässig, soweit die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches "G" geltend macht. Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden hierüber keine Entscheidung getroffen, da die Klägerin entsprechende Ansprüche auch nicht geltend gemacht hatte. Eine derartige Entscheidung des Beklagten wäre jedoch gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nötig, da durch Klage lediglich die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden kann und da Klagen ohne dieses erforderliche Vorverfahren nicht zulässig sind.
Soweit sich die Klägerin gegen die Herabsetzung ihres GdB auf 40 wendet, ist die Berufung zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Beklagte hat mit den angegriffenen Bescheiden den GdB der Klägerin nach § 48 Abs. 1 SGB X wegen einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse herabgesetzt. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Herabsetzungsbescheides sind die Verhältnisse bei Erlass des
Ausgangsbescheides, hier des Bescheides vom 8. Februar 2001, zu vergleichen mit denen, die bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens über die Herabsetzung, hier also bei Erlass des Widerspruchsbescheides am 9. Juli 2004, vorlegen haben. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X war vorliegend durch den Ablauf der sogenannten Heilungsbewährung eingetreten. Zur Begründung wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen das Gericht folgt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin meint, dass die Zeit der Heilungsbewährung nicht abgelaufen gewesen sei. Die Zeit der Heilungsbewährung beginnt nach den ausdrücklichen Vorgaben der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) (AHP) in der jeweils maßgeblichen Fassung (derzeit 2005) "nach Entfernung" eines malignen Eierstocktumors (Nr. 26.14, Seite 96 der AHP 2005). Die Entfernung erfolgte bei der Klägerin im Juli 1996, sodass die Zeit der Heilungsbewährung bereits im Juli 2001 abgelaufen war. Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch der Verlust von Gebärmutter und/oder Eierstöcken nach den Vorgaben der Anhaltspunkte (a.a.O.) vorliegend zu keinem GdB. Die AHP sehen bei Verlust eines Eierstockes einen GdB von 0 und bei Verlust der Gebärmutter ebenfalls einen GdB von 0 vor; lediglich bei Verlust der Gebärmutter in jüngerem Lebensalter bei noch bestehendem Kinderwunsch ist ein GdB von 20 festzustellen.
Der Beklagte hat den bei der Klägerin noch fortbestehenden Gesamt-GdB zu Recht lediglich mit 40 bewertet. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am
Leben in der Gesellschaft sind gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 und 4 und Abs. 3 SGB IX abgestuft als Grad der Behinderung in 10er Graden von 20 bis 100 entsprechend den Maßstäben des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz in Verbindung mit den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil II SGB IX)" in ihrer jeweils geltenden Fassung (derzeit Ausgabe 2005 – AHP 2005, im Wesentlichen gleich lautend mit Ausgabe 2004), die als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind, festzustellen. Liegen mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, so sind zunächst die Einzel-GdB in Graden zu bewerten. Für die Bildung des Gesamt-GdB bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen sind dann nach § 69 Abs. 3 SGB IX die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Be-ziehungen zueinander zu ermitteln, wobei sich nach Nr. 19 AHP 2005 (Seite 24 ff.) die Anwendung jeglicher Rechenmethode verbietet. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken. Dabei ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB-Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen. Lediglich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen, führen hierbei regelmäßig nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (AHP 2005 Nr. 19, Abs. 1, 3 und 4, Seite 24 ff.).
Unter Beachtung dieser Vorgaben war der Gesamt-GdB mit 40 festzustellen. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des Gutachters Dr. T in dessen Gutachten vom 6.Juli 2007. Das Gutachten wurde nach einer umfassenden Anamnese und Berücksichtigung der von der Kläge-rin angegebenen Beschwerden erstellt und ausführlich und nachvollziehbar begründet. Dr. T ist zwar - ebenso wie Dr. L - in seinem Gutachten auf den zur Zeit der Begutachtung bestehenden Gesundheitszustand eingegangen und hat nicht gesondert zum Gesundheitszustand im Zeit-punkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides im Juli 2004 Stellung genommen. Die
Feststellungen der Gutachter konnten dennoch uneingeschränkt verwendet werden, da der behandelnde Facharzt für Orthopädie Dr. Me, der die Klägerin seit November 2003, also bereits vor Erlass des Widerspruchbescheides behandelt hat, in seinem Befundbericht vom 3. März 2007 die Fra-ge nach einer erheblichen Verschlechterung oder deutlichen Besserung der Befunde dahin beantwortet hat, dass diese sich im Laufe der Behandlung verschlechtert haben. Damit war aus-geschlossen, dass sich im Zeitpunkt der Herabsetzung des Gesamt-GdB für die Klägerin ein höherer Gesamt-GdB als der im Zeitpunkt der Begutachtung feststellbare ergeben hat. Auch eine Besserung der psychischen Beschwerden war weder geltend gemacht worden noch war diese sonst ersichtlich.
Bei lediglich geringgradigen Funktionsstörungen der Wirbelsäule und mäßigen degenerativen Veränderungen kam danach ein höherer GdB als 20 für die Leiden auf orthopädischem Gebiet nicht in Betracht. Die durch Dr. T festgestellten Einzel-GdB sind auch nicht zu einem höheren Gesamt-GdB zusammenzufassen. Nach den dargelegten Vorgaben der Anhaltspunkte ist eine Addition der Einzel-GdB unzulässig. Die AHP sehen zudem vor, dass die Einzel-GdB zusammenfassend nach Funktionssystemen beurteilt werden, wobei Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz- Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut einschließlich blutbildendes Gewebe und Immunsystem; innere Sekretion und Stoffwech-sel; Arme; Beine und Rumpf jeweils ein Funktionssystem darstellen (AHP Nr. 18 Abs. 4, Seite 22, AHP 2005), sodass die getrennte Angabe für einzelne Erkrankungen innerhalb eines der so definierten Funktionssysteme wie beispielsweise der Gonarthrose und des Senk-/Spreizfußes nicht zulässig ist; diese hätten zu einem Einzel-GdB hätte zusammengefasst werden müssen, wobei sich eine Addition auch hier verbietet. Jedenfalls aber führen, wie bereits ausgeführt, leichte Beeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von 10 grundsätzlich nicht zu einer Erhö-hung des Gesamt-GdB, auch GdB von 20 führen oftmals nicht zu einer Erhöhung, so dass die bei der Klägerin bestehenden zahlreichen leichten Einschränkungen sich nicht auf den Gesamt-GdB auswirken. Zu den Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen untereinander hat Dr. T ausgeführt, dass sich im Hinblick auf die Wirbelsäule die Funktionsstörungen auf orthopädi-schem Gebiet überschneiden, aber auch gegenseitig kompensieren könnten, was nicht zu einer Erhöhung des höchstens Einzel-GdB führt. Dr. L hat in seinem Gutachten vom 11. November 2005 zur Frage der Überschneidung bzw. gegenseitigen Verstärkung aufgeführt, dass wesentliche Überschneidungen der Behinderungen durch die psychische Gesundheitsstörungen und die der degenerativen Veränderung des Bewegungsapparates bestehen; es würden identische Be-reiche im Ablauf des täglichen Lebens betroffen. Folge hiervon ist, dass keine oder allenfalls eine geringe Erhöhung des höchstens Einzel-GdB durch die Beeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet anzunehmen sind. Ein höherer GdB als 40 kam daher nach allem nicht in Betracht.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Zuerkennung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) sowie des Nachteilsausgleiches "G" (erhebliche Gehbehinderung).
Bei der 1947 geborenen Klägerin war im Juli 1996 aufgrund der Diagnose eines metastasierenden Ovarialkarzinoms eine abdominale Hysterektomie mit Adnexentfernung beidseits erfolgt. Auf einen im Oktober 2000 gestellten Antrag hin hatte der Beklagte durch Bescheid vom 8. Februar 2001 einen Gesamt-GdB von 90 wegen folgender Behinderungen zuerkannt, deren verwaltungsintern festgesetzte Einzel-GdB sich aus den Zusätzen in Klammern ergeben:
- Geschwulstleiden des Unterleibes im Stadium der Heilungsbewährung (80) - Diabetes mellitus (20) - Funktionsminderung der linken unteren Gliedmaße (20)
Die Voraussetzungen für das beantragte Merkzeichen "G" lägen nicht vor.
Im Rahmen einer von Amts wegen eingeleiteten Nachprüfung holte der Beklagte Befundberichte der Dr. W/W des P-Krankenhaus R, Gynäkologische Klinik, ein, die am 10. August 2001 ausführten, dass bisher keine Wiedervorstellung wegen Verdachtes eines Rezidivs erfolgt sei, Tumormarker seien ohne Befund gewesen. Der Beklagte holte ferner Befundberichte des Arztes für Orthopädie Dipl. med. K vom 6. September 2001 und der Frauenärztin Dipl. K vom 1. Februar 2002 ein, die eine Vollremission des Tumors beschrieb, und setzte sodann nach Anhörung der Klägerin durch Bescheid vom 6. August 2002, erneut abgesandt am 12. November 2002, den Gesamt-GdB auf 30 herab, da eine Heilungsbewährung eingetreten sei und nur noch die Beeinträchtigungen Diabetes mellitus (20), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und der Kniegelenke, Funktionsstörung durch Fußfehlform (20) sowie Verlust der Gebärmutter, Verlust der Eierstöcke (10) vorlägen. Der GdB betrage ab 6. August 2002 daher 30. Im Termin vom 13. November 2007 hat der Beklagte das Datum, zu dem die Änderung gelte, wegen der erneuten Zustellung auf den 15. November 2002 korrigiert.
Auf den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese ausführte, dass die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule, der Knie-, Fuß- und Handgelenke deutlich zugenommen hätten, holte der Beklagte Befundberichte der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M vom 30. Dezember 2002 sowie des Facharztes für Innere Medizin G T vom 29. Januar 2003 ein und erließ nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme hierzu einen Abhilfebe-scheid vom 26. März 2003, mit dem er den Gesamt-GdB auf 40 wegen folgender Beeinträchtigungen festsetzte:
- Psychische Störung (30) - Diabetes mellitus (20) - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung der Kniegelenke, Funktionsstörung durch Fußfehlform (20) - Verlust der Gebärmutter, Verlust der Eierstöcke (10).
Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem die Klägerin einen GdB von mindestens 50 begehrte, wies der Beklagte nach Beiziehung eines ärztlichen Gutachtens der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), erstellt durch den Arzt für Orthopädie Dr. H am 13. September 2002, der eine vollschichtige Einsatzfähigkeit für eine Tätigkeit als Verkäuferin ohne Beschränkung der Wegefähigkeit feststellte, sowie nach Einholung von Befundberichten des Facharztes für Orthopädie Dipl. med. P vom 11. November 2003, dem ein Entlassungsbericht der Klinik L über ein stationäres Rehabilitationsverfahren in der Zeit vom 27. Februar bis 10. April 2003 beigefügt war, sowie der Dr. M vom 4. März 2004 durch Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2004 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Befundberichte der Dipl. Psych. P vom 5. November 2004, des Facharztes für Orthopädie Dr. Me vom 13. November 2004, der Dr. M vom 8. November 2004, des Dr. T vom 12. Dezember 2004 und sodann ein Gutachten durch den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Neurologie Dr. L vom 11. Novem-ber 2005 eingeholt, der zu dem Ergebnis kam, dass der Gesamtgrad der Behinderung 40 betrage aufgrund der Gesundheitsstörungen Diabetes mellitus (medikamentös eingestellt), Einzel-GdB 20, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und der Kniegelenke, Einzel-GdB 20, und einer psychischen Störung (depressive Störung), die mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten sei. Die depressive Störung sei differenzialdiagnostisch nicht eindeutig zuzuordnen, vorrangig wäre jedoch eine Dysthymie (Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision ICD-10: F 34.1) zu erwägen. Es beständen wesentliche Überschneidungen der Behinderungen durch die psychische Gesundheitsstörung mit denen der degenerativen Veränderung des Bewegungsapparates. Hier würden identische Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betroffen. Die Funktionsstörungen wirkten sich hingegen nicht besonders auf andere Funktionsbeeinträchtigungen aus.
Durch Urteil vom 29. August 2006 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zu Recht den GdB gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) herabgesetzt, da der Ablauf der Heilungsbewährung in der Zeit von August 1997 bis August 2002 eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen darstelle. Der Ge-samt-GdB von 40 sei, auch unter Berücksichtigung der Darlegungen des Dr. L, sachgerecht und angemessen.
Gegen dieses ihr am 22. September 2006 zugegangene Urteil richtet sich die am 18. Oktober 2006 eingegangene Berufung der Klägerin, mit der diese die Höherbewertung ihres GdB sowie erstmalig die Zuordnung des Merkzeichens "G" begehrt. Die Situation ihrer Leiden auf orthopädischem Gebiet sei nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. August 2006 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 6. August 2002 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 26. März 2003, insgesamt in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2004 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr einen Grad der Behinderung von mindestens 50 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass der Nachteilsausgleich "G" bisher nicht Verfahrensgegenstand gewesen sei, sodass die Berufung diesbezüglich unzulässig sei. Im Übrigen verweist er auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie auf versorgungsärztliche Stellungnahmen der Dr. W, u.a. vom 10. April 2007, wonach ein höherer GdB nicht in Betracht komme.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes einen Befundbericht des behandelnden Facharztes für Orthopädie Dr. Me vom 3. März 2007 sowie ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Chirurgie Dr. T vom 6. Juli 2007 eingeholt. Letzterer kam zu dem Ergebnis, dass der Gesamt-GdB 40 betrage. Ein höherer GdB als 20 für die Wirbelsäule sei nicht
angemessen, da die Funktionsstörungen geringgradiger Natur seien und allenfalls zu leichten Fähigkeitsstörungen führten. Einen GdB von mindestens 10 sehe er bei einer eventuellen Coxalgie/Coxarthrose nicht; hier fehle eine nennenswerte Symptomatik. Den von Dr. L festgestellten Einzel-GdB von 30 für den psychosomatischen Komplex halte er für einen maximalen Wert, da eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nach der ausführlichen Anamnese nicht vorliege.
Die Klägerin trägt hierzu vor, dass durch das Gutachten Einzel-GdB von insgesamt 110 ermittelt worden seien, die nicht durch rechnerische Vorgänge auf einen Gesamt-GdB von weniger als 50 zusammengezogen werden dürften. Die Zeit der Heilungsbewährung sei nicht abgewartet worden. Ihre behandelnden Ärzte seien der Auffassung, dass ihr mindestens ein GdB von 50 zustehe. Auch der Verlust von Gebärmutter und Eierstöcken sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, da dieser jedenfalls zu Ängsten führe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unzulässig, soweit die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches "G" geltend macht. Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden hierüber keine Entscheidung getroffen, da die Klägerin entsprechende Ansprüche auch nicht geltend gemacht hatte. Eine derartige Entscheidung des Beklagten wäre jedoch gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nötig, da durch Klage lediglich die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden kann und da Klagen ohne dieses erforderliche Vorverfahren nicht zulässig sind.
Soweit sich die Klägerin gegen die Herabsetzung ihres GdB auf 40 wendet, ist die Berufung zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Beklagte hat mit den angegriffenen Bescheiden den GdB der Klägerin nach § 48 Abs. 1 SGB X wegen einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse herabgesetzt. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Herabsetzungsbescheides sind die Verhältnisse bei Erlass des
Ausgangsbescheides, hier des Bescheides vom 8. Februar 2001, zu vergleichen mit denen, die bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens über die Herabsetzung, hier also bei Erlass des Widerspruchsbescheides am 9. Juli 2004, vorlegen haben. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X war vorliegend durch den Ablauf der sogenannten Heilungsbewährung eingetreten. Zur Begründung wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen das Gericht folgt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin meint, dass die Zeit der Heilungsbewährung nicht abgelaufen gewesen sei. Die Zeit der Heilungsbewährung beginnt nach den ausdrücklichen Vorgaben der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) (AHP) in der jeweils maßgeblichen Fassung (derzeit 2005) "nach Entfernung" eines malignen Eierstocktumors (Nr. 26.14, Seite 96 der AHP 2005). Die Entfernung erfolgte bei der Klägerin im Juli 1996, sodass die Zeit der Heilungsbewährung bereits im Juli 2001 abgelaufen war. Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch der Verlust von Gebärmutter und/oder Eierstöcken nach den Vorgaben der Anhaltspunkte (a.a.O.) vorliegend zu keinem GdB. Die AHP sehen bei Verlust eines Eierstockes einen GdB von 0 und bei Verlust der Gebärmutter ebenfalls einen GdB von 0 vor; lediglich bei Verlust der Gebärmutter in jüngerem Lebensalter bei noch bestehendem Kinderwunsch ist ein GdB von 20 festzustellen.
Der Beklagte hat den bei der Klägerin noch fortbestehenden Gesamt-GdB zu Recht lediglich mit 40 bewertet. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am
Leben in der Gesellschaft sind gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 und 4 und Abs. 3 SGB IX abgestuft als Grad der Behinderung in 10er Graden von 20 bis 100 entsprechend den Maßstäben des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz in Verbindung mit den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil II SGB IX)" in ihrer jeweils geltenden Fassung (derzeit Ausgabe 2005 – AHP 2005, im Wesentlichen gleich lautend mit Ausgabe 2004), die als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind, festzustellen. Liegen mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, so sind zunächst die Einzel-GdB in Graden zu bewerten. Für die Bildung des Gesamt-GdB bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen sind dann nach § 69 Abs. 3 SGB IX die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Be-ziehungen zueinander zu ermitteln, wobei sich nach Nr. 19 AHP 2005 (Seite 24 ff.) die Anwendung jeglicher Rechenmethode verbietet. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken. Dabei ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB-Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen. Lediglich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen, führen hierbei regelmäßig nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (AHP 2005 Nr. 19, Abs. 1, 3 und 4, Seite 24 ff.).
Unter Beachtung dieser Vorgaben war der Gesamt-GdB mit 40 festzustellen. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des Gutachters Dr. T in dessen Gutachten vom 6.Juli 2007. Das Gutachten wurde nach einer umfassenden Anamnese und Berücksichtigung der von der Kläge-rin angegebenen Beschwerden erstellt und ausführlich und nachvollziehbar begründet. Dr. T ist zwar - ebenso wie Dr. L - in seinem Gutachten auf den zur Zeit der Begutachtung bestehenden Gesundheitszustand eingegangen und hat nicht gesondert zum Gesundheitszustand im Zeit-punkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides im Juli 2004 Stellung genommen. Die
Feststellungen der Gutachter konnten dennoch uneingeschränkt verwendet werden, da der behandelnde Facharzt für Orthopädie Dr. Me, der die Klägerin seit November 2003, also bereits vor Erlass des Widerspruchbescheides behandelt hat, in seinem Befundbericht vom 3. März 2007 die Fra-ge nach einer erheblichen Verschlechterung oder deutlichen Besserung der Befunde dahin beantwortet hat, dass diese sich im Laufe der Behandlung verschlechtert haben. Damit war aus-geschlossen, dass sich im Zeitpunkt der Herabsetzung des Gesamt-GdB für die Klägerin ein höherer Gesamt-GdB als der im Zeitpunkt der Begutachtung feststellbare ergeben hat. Auch eine Besserung der psychischen Beschwerden war weder geltend gemacht worden noch war diese sonst ersichtlich.
Bei lediglich geringgradigen Funktionsstörungen der Wirbelsäule und mäßigen degenerativen Veränderungen kam danach ein höherer GdB als 20 für die Leiden auf orthopädischem Gebiet nicht in Betracht. Die durch Dr. T festgestellten Einzel-GdB sind auch nicht zu einem höheren Gesamt-GdB zusammenzufassen. Nach den dargelegten Vorgaben der Anhaltspunkte ist eine Addition der Einzel-GdB unzulässig. Die AHP sehen zudem vor, dass die Einzel-GdB zusammenfassend nach Funktionssystemen beurteilt werden, wobei Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz- Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut einschließlich blutbildendes Gewebe und Immunsystem; innere Sekretion und Stoffwech-sel; Arme; Beine und Rumpf jeweils ein Funktionssystem darstellen (AHP Nr. 18 Abs. 4, Seite 22, AHP 2005), sodass die getrennte Angabe für einzelne Erkrankungen innerhalb eines der so definierten Funktionssysteme wie beispielsweise der Gonarthrose und des Senk-/Spreizfußes nicht zulässig ist; diese hätten zu einem Einzel-GdB hätte zusammengefasst werden müssen, wobei sich eine Addition auch hier verbietet. Jedenfalls aber führen, wie bereits ausgeführt, leichte Beeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von 10 grundsätzlich nicht zu einer Erhö-hung des Gesamt-GdB, auch GdB von 20 führen oftmals nicht zu einer Erhöhung, so dass die bei der Klägerin bestehenden zahlreichen leichten Einschränkungen sich nicht auf den Gesamt-GdB auswirken. Zu den Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen untereinander hat Dr. T ausgeführt, dass sich im Hinblick auf die Wirbelsäule die Funktionsstörungen auf orthopädi-schem Gebiet überschneiden, aber auch gegenseitig kompensieren könnten, was nicht zu einer Erhöhung des höchstens Einzel-GdB führt. Dr. L hat in seinem Gutachten vom 11. November 2005 zur Frage der Überschneidung bzw. gegenseitigen Verstärkung aufgeführt, dass wesentliche Überschneidungen der Behinderungen durch die psychische Gesundheitsstörungen und die der degenerativen Veränderung des Bewegungsapparates bestehen; es würden identische Be-reiche im Ablauf des täglichen Lebens betroffen. Folge hiervon ist, dass keine oder allenfalls eine geringe Erhöhung des höchstens Einzel-GdB durch die Beeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet anzunehmen sind. Ein höherer GdB als 40 kam daher nach allem nicht in Betracht.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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