L 5 KA 3492/07 W-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 6083/06 W-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3492/07 W-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Gegen die vorläufige Festsetzung des Streitwerts nach § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG besteht im Verfahren vor den Sozialgerichten kein Beschwederecht und zwar weder für die betroffenen Beteiligten noch für den Rechtsanwalt selbst, auch nicht nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG.
Die Beschwerde des Klägerbevollmächtigten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. August 2006 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Stuttgart (S 5 KA 6082/06) steht die von den Klägern begehrte Erhöhung der Fallpunktzahlen für das Teilradiologiebudget im Streit.

Die Kläger, die in Gemeinschaftspraxis als Fachärzte für Innere Medizin -Rheumatologie- in K. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind, beantragten am 11. Mai 2005 mit Schreiben vom 7. Mai 2005 bei der Beklagten eine Erhöhung der Fallpunktzahlen für das Teilradiologiebudget auf 283 Punkte.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da die vom Vorstand beschlossenen Kriterien nicht erfüllt seien. Den Klägern wurde in dem Zusammenhang nach Auswertung auf der Basis des Zeitraumes 3/03 bis 2/04, Transcodierung und unter Berücksichtigung des Faktors 0,7 eine durchschnittliche praxisindividuelle Fallpunktzahl von 200,07 mitgeteilt.

Der dagegen erhobene Widerspruch der Kläger wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2006 zurückgewiesen.

Hiergegen haben die Kläger, die damals nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten waren, am 14. August 2006 Klage vor dem SG erhoben.

Mit Beschluss vom 15. August 2006 hat das SG den Streitwert für das Klageverfahren vorläufig festgesetzt. Das SG hat hierbei die Auffassung vertreten, dass hier vorläufig der Streitwert in Höhe des Regelstreitwertes von 5.000 EUR (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG - in der hier maßgeblichen Fassung) festzusetzen sei. Ein Streitwert von 5.000 EUR sei anzusetzen, sofern der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkt biete.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2006 legitimierte sich der Klägerbevollmächtigte, Rechtsanwalt Dr. A., für die Kläger.

Am 13. April 2007 hat der Klägerbevollmächtigte im eigenem Namen gegen die vorläufige Festsetzung des Streitwertes auf 5.000 EUR im Beschluss des SG vom 15. August 2006 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, als Streitwert sei entsprechend dem "Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 2006" der finanzielle Vorteil zu bemessen, den die Kläger über einen Zeitraum von zwei Jahren bei Gewährung der beantragten Budgeterhöhung erreichen würden. Die Kläger hätten mit Antrag vom 7. Mai 2005 eine Erhöhung der Fallpunktzahl um 117 Punkte auf 283 Punkte begehrt. Als Berechnungspunktwert sei der Punktwert des letzten Quartals vor Antragstellung zugrunde zu legen. Im Quartal 2/05 habe im Bereich der Primärkassen der Punktwert 3,77 Cent, im Bereich der Ersatzkassen 3,59 Cent, also im Durchschnitt 3,68 Cent betragen. Die Fallzahl in dem zu betrachtenden zweijährigen Zeitraum liege bei ca. 1.400 pro Quartal. Hieraus ergäbe sich folgende Berechnung: 3,68 Cent x 117 Punkte x 1.400 Fälle = 6.027,84 EUR. In 8 Quartalen ergebe dies einen Betrag in Höhe von 48.222,72 EUR, also einem Streitwert bis zu 50.000 EUR. Der Klägerbevollmächtigte hat geltend gemacht, dass ein Beschwerderecht gemäß § 32 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) bestehe. Er hat insbesondere darauf verwiesen, dass seiner Auffassung nach § 32 Abs. 2 RVG lex specialis gegenüber § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG darstelle, der generell ein Beschwerderecht gegen die vorläufige Festsetzung des Streitwertes ausschließe.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt (Beschluss vom 13. Juli 2007).

Der Klägerbevollmächtigte hält an seiner Rechtsauffassung fest und beantragt,

in Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. August 2006 den vorläufigen Streitwert auf 50.000 EUR festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung führt die Beklagte aus, der Beschluss vom 15. August 2006, in dem der vorläufige Streitwert auf 5.000 EUR festgesetzt worden sei, sei gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG unanfechtbar. Dies gelte nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ebenfalls für den Rechtsanwalt (mit Hinweis auf E. Schneider in Anwaltkommentar RVG, § 32 Rdnr. 77 mit Hinweis auf OLG Frankfurt, OLG Hamm, OLG Bremen sowie auf weitere Kommentierungen zum GKG). Dem Rechtsanwalt stehe deshalb kein Beschwerderecht gegen eine vorläufige Wertfestsetzung durch das Gericht zu. Durch diese vorläufige Wertfestsetzung werde der Rechtsanwalt zunächst nicht beschwert. So habe das OLG Hamm z. B. ausgeführt, das Insolvenzrisiko stelle keinen ausreichenden Grund für die Eröffnung einer vom Gesetz nicht vorgesehenen Beschwerdemöglichkeit dar. Dem sei zuzustimmen, weshalb mit dem SG auch nach Auffassung der Beklagten davon auszugehen sei, dass der Beschluss über die vorläufige Festsetzung des Streitwertes auch für den Rechtsanwalt unanfechtbar sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG (S 5 KA 6082/06 und S 5 KA 6083/06 W-A) sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und die Senatsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Klägerbevollmächtigten ist unzulässig.

Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist (§ 63 Abs. 1 Satz 1 GKG). Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts auf Grund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden (§ 63 Abs. 1 Satz 2 GKG).

Wie sich aus den Regelungen in § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG i. V. m. § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG ergibt, sind "Einwendungen", ist also mit anderen Worten eine Beschwerde gegen die Höhe des festgesetzten Werts nur in den Fällen zulässig, in denen die Tätigkeit des Gerichts von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird (siehe etwa § 10 i. V. m. §§ 12, 13 GKG hinsichtlich bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bzw. Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtrechtlichen Verteilungsordnung oder auch §§ 15, 16 GKG bzgl. Zwangsversteigerungsverfahren bzw. Privatklage/Nebenklage). Da es sich aber bei den Verfahren vor den Sozialgerichten um Verfahren nach dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 Sozialgerichtsgesetz - SGG-) handelt und diese auch nicht in den Regelungen über Vorschuss/Vorauszahlung nach den §§ 10 ff GKG genannt sind, kann hier das Tätigwerden des Gerichtes nicht von der Zahlung von Kosten abhängig gemacht werden und sind damit konsequenterweise auch Einwendungen im Sinne von § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht möglich. Daraus folgt im weiteren, dass der Beschluss über die vorläufige Festsetzung des Streitwertes unanfechtbar ist und damit die Beschwerde unzulässig ist.

Diese Beschwerde kann gerade aus den oben genannten Gründen auch nicht in eine Beschwerde nach § 67 Abs. 1 Satz 1 GKG umgedeutet werden, da es sich - wie oben bereits angesprochen - hier nicht um ein Verfahren handelt, bei dem die Tätigkeit des Gerichts von der vorherigen Zahlung von Gerichtskosten abhängig gemacht wird. Soweit möglicherweise die Auffassung vertreten werden sollte, aus den (normalerweise üblichen - hier aber den Akten nicht zu entnehmenden -) Schreiben des SG, mit dem die Kläger zur Zahlung einer (vorläufigen) Gebühr auf der Grundlage des vorläufigen Streitwertes aufgefordert werden, ergebe sich diese Abhängigkeit der Tätigkeit von der Zahlung von Kosten, trifft dies nicht zu. Gem. § 6 Abs. 1 GKG wird die Gebühr mit der Einreichung der Klageschrift fällig, es wird aber an keiner Stelle im Gesetz das Tätigwerden des Gerichts in den Verfahren vor den Sozialgerichten von der Zahlung der Gebühr abhängig gemacht.

In diesem Sinne hat der Senat bereits mit Beschluss vom 31. Januar 2007 (L 5 KA 6444/06 W-B) festgestellt, dass ein Beschwerderecht des jeweils betroffenen Klägers gegen die vorläufige Festsetzung des Streitwertes nicht besteht. Nichts anderes gilt aber auch für den Klägerbevollmächtigten. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG begründet zwar ein eigenes Recht des Rechtsanwaltes im Wege der Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes vorzugehen. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Höhe des Streitwertes auch für die Höhe der Gebühren maßgeblich ist, die der Anwalt seinem Mandanten gegenüber (letzlich) in Rechnung stellen kann (siehe § 32 Abs. 1 RVG). § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG trifft aber auf der anderen Seite die eindeutige Regelung, dass bezüglich der vorläufigen Festsetzung des Streitwertes grundsätzlich kein Beschwerderecht gegeben ist. Die oben dargestellte Ausnahme gilt aber gerade, wie schon ausgeführt, in Verfahren vor den Sozialgerichten nicht, da es sich hier um Verfahren nach den Amtsermittlungsgrundsatz handelt und auch nicht die Regelungen über Vorschuss/Vorauszahlung nach den §§ 10 ff GKG hier Anwendung finden. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten stellt § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG auch keine Regelung lex specialis gegenüber § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG dar. Es ist für den Senat nicht erkennbar, aus welchen Gründen die in § 63 Abs.1 Satz 2 GKG getroffene gesetzgeberische Entscheidung, dass nämlich grundsätzlich die vorläufige Festsetzung des Streitwertes nicht beschwerdefähig ist, nun ausgerechnet für die Rechtsanwälte nicht gelten sollte. Wenn dies der Gesetzgeber so gewollt hätte, hätte er dies in § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG ausdrücklich erwähnen müssen. Im Hinblick auf die Formulierung in § 32 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 RVG und unter Berücksichtigung des Zusammenspiels zwischen RVG und GKG, ist davon auszugehen, dass dieses Beschwerderecht nur die endgültige Festsetzung des Streitwertes betrifft, was im Ergebnis auch richtig und ausreichend ist. Denn § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG bestimmt lediglich, dass der Rechtsanwalt aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen kann. Dass er ein über das für den betroffenen Kläger bestehende "Rechtsmittelrecht" hinausgehendes Rechtsmittel haben sollte, ist dieser Vorschrift an keiner Stelle zu entnehmen. Da die Streitwertfestsetzung im GKG geregelt ist, stellt dieser Verweis nach Auffassung des Senates auch nur einen Verweis auf die im GKG eingeräumten Rechtsmittel ab. Wenn aber wie bereits oben ausgeführt ein Beschwerderecht gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG (mit Ausnahme der hier aber - wie oben bereits dargestellt - nicht einschlägigen Regelung in § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG) nicht gegeben ist, kann ein Rechtsanwalt unter Berufung auf die Verweisungsnorm § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG keine weitergehenden Rechte haben (siehe OLG Hamm MDR 2005, 1309; OLG Bremen MDR 2006, 418; s. a. Madert in Gerold/Schmidt u. a. RVG 16. Aufl. § 32 Rdnr. 149).

Mit anderen Worten: In § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG wird dem Anwalt das Recht eingeräumt auch in seinem eigenen Namen dieses grundsätzlich an sich nur den betroffenen Klägern zustehende Beschwerderecht bezüglich der endgültigen Festsetzung des Streitwertes auszuüben, und zwar weil der Streitwert gem. § 32 Abs. 1 RVG auch für die (endgültige) Berechnung der Gebühren maßgeblich ist. Der vorläufig festgesetzte Streitwert stellt aber, wie schon der Begriff zeigt, gerade nicht den endgültigen und damit auch nicht endgültig für den Anwalt maßgeblichen Streitwert zur Berechnung seiner Gebühren dar. Wollte man hier in Abweichung zu der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers in § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG ein Beschwerderecht des Rechtsanwaltes bejahen, würde letztlich die Regelung in § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG mit dem Ausschluss eines Beschwerderechtes in der großen Mehrzahl der Fälle ins Leere gehen. Vielmehr wäre im Hinblick auch auf den Umstand, dass die vorläufige Festsetzung des Streitwerts unter Umständen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sein kann, die Anlass für eine mehrfache Änderung der Entscheidung im laufenden Verfahren bieten könnten, zu berücksichtigen, dass dann im Ergebnis die Möglichkeit bestünde das Verfahren durch ständige Überprüfungsanträge unnötig zu verzögern (in diesem Sinne auch OLG Hamm mit Beschluss vom 11. März 2005 in MDR 2005, 1309). Nach der gesetzgeberischen Entscheidung ist es damit jedem Kläger grundsätzlich zunächst zuzumuten, den vom Gericht festgesetzten vorläufigen Streitwert bis zum Abschluss des Verfahrens und die dann zu erfolgende endgültige Festsetzung des Streitwertes hinzunehmen. Der Gesetzgeber räumt dann dem betroffenen Kläger das Recht ein, die Streitwertfestsetzung gegebenenfalls durch Beschwerde überprüfen zu lassen. Gründe für eine Privilegierung der Anwälte in diesem Zusammenhang sind an keiner Stelle der gesetzlichen Regelung auch nur im Ansatz zu entnehmen.

Dass die Auffassung des Klägerbevollmächtigten auch im übrigen nicht durchgreifen kann, zeigt noch folgende Kontrollüberlegung: Wenn man nämlich dem Klägerbevollmächtigten das Recht zugestehen wollte, bei einem seiner Meinung nach zu niedrig festgesetzten vorläufigen Streitwert im Wege der Beschwerde eine Erhöhung zu erreichen, um etwa ein Insolvenzrisiko auszuschließen, müsste man umgekehrt mit derselben Begründung einem betroffenen Kläger das Recht geben, den vorläufigen Streitwert ebenfalls im Wege der Beschwerde angreifen zu dürfen und auf eine mögliche Herabsetzung des Streitwertes und der damit vorläufig fälligen Gebühren hinzuwirken, da er andernfalls in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen belastet werde. Dies sind aber alles Kriterien, die bei der Festsetzung des Streitwertes, und zwar der endgültigen Festsetzung des Streitwertes, keine Bedeutung haben. Bei der Frage, wie hoch der Streitwert letztlich festzusetzen ist, ist allein das tatsächlich festzustellende wirtschaftliche Interesse des Klägers von Bedeutung. Welche Konsequenzen die daraus resultierenden Anwalts- und Gerichtskosten möglicherweise haben, sind hierbei nicht zu berücksichtigen.

Im Zusammenhang mit dem bereits angesprochenen Insolvenzrisiko hat zutreffend auch das OLG Hamm in seinem Beschluss vom 11. März 2005 (MDR 2005, 1309) darauf hingewiesen, dass § 32 Abs. 2 RVG keine über die Regelungen nach dem GKG hinausgehende Beschwerdemöglichkeit schafft (ebenso OLG Bremen im Beschluss vom 19. September 2005 in MDR 2006, 418). Es hat ebenso wie bereits oben der Senat ausgeführt, dass dies bereits aus dem Wortlaut des § 32 Abs. 2 Satz 2 RVG folgt, der im Falle einer unterbliebenen Streitwertfestsetzung auf nach anderen Rechtsvorschriften gegebene Rechtsbehelfe verweist und dass das Beschwerderecht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 RVG nicht weitergehen kann als dasjenige, das dem Klägervertreter in dem Fall zugestanden hätte, dass das Gericht etwa eine vorläufige Streitwertfestsetzung unterlassen hätte (im dortigen Fall bezog sich dies auf Verfahren vor den Familiengerichten).

Der Senat erlaubt sich an dieser Stelle schließlich den Hinweis, dass ein Rechtsanwalt schon ein erstes Tätigwerden (Klageerhebung) von einem Vorschuss abhängig machen kann. Das bedeutet aber, für diesen Vorschuss muss er ohnehin zunächst (bis dahin liegt mangels Klageerhebung noch überhaupt keine wie auch immer geartete Entscheidung des Gerichts über die Höhe des Streitwertes vor) den Streitwert selbst gegenüber seinem Mandanten "vorläufig" festsetzen bzw. eine entsprechende Honorarvereinbarung treffen. Außerdem ist es wohl nicht ganz unüblich und auch durchaus rechtens, dass Anwälte schon zu Beginn eines Verfahrens einen Vorschuss in einer Größenordnung der voraussichtlich insgesamt anfallenden Gebühren geltend machen, um sich gerade hinsichtlich möglicher Insolvenzrisiken bzw. nachträglicher Streitigkeiten über die Höhe des Honorars abzusichern (siehe etwa Hartmann Kostengesetze 36. Aufl., § 9 RVG Rdnr. 13; Madert in Gerold/Schmidt u.a. RVG 16. Aufl. § 9 Rdnrn. 18, 22/23).

So weit in dem Zusammenhang der Klägerbevollmächtigte noch die Auffassung vertritt, er müsse ein Beschwerderecht auch gegen den vorläufigen Streitwert haben, da er gem. § 32 Abs. 1 RVG an den vorläufigen Streitwert bezüglich der Berechnung des Vorschusses gebunden sei, kann der Senat diese nicht teilen. In § 32 Abs. 1 RVG ist nur die Rede vom "gerichtlich festgesetzten" Streitwert. Damit kann offensichtlich im Hinblick auf die in § 32 Abs. 2 RVG vorgenommene Verweisung auf die zulässigen Rechtsmittel nach dem GKG nur der endgültig festgesetzte gemeint sein, nicht aber der vorläufige, denn es gibt weder ein Antragsrecht auf Festsetzung des vorläufigen Streitwertes noch - wie bereits ausgeführt - ein Beschwerderecht bei Festsetzung des vorläufigen Streitwertes.

Der Senat erlaubt sich allerdings an dieser Stelle noch den weiteren Hinweis, dass in der Zukunft Streitigkeiten dieser Art auch vermieden werden könnten, wenn das SG anstelle der wohl bislang praktizierten schematischen sofortigen Festsetzung des vorläufigen Streitwertes in Höhe des Regelstreitwertes von 5.000 EUR entweder den Beteiligten unter einer kurzen Fristsetzung Gelegenheit geben würde, sich zur Höhe des Streitwertes aus ihrer Sicht zu äußern, oder gegebenenfalls zumindest die Vorlage der Verwaltungsakten abwarten würde, denen nicht selten auch schon Anhaltspunkte zur Höhe des Streitwertes etwa in den Verfahren aus dem Vertragsarztrecht zu entnehmen sind. Eine solche Vorgehensweise dürfte nach Einschätzung des Senates auch nicht im Widerspruch zu der Regelung in § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG stehen. Denn die gesetzliche Regelung verlangt zwar die unverzügliche Festsetzung des vorläufigen Streitwertes, aber man wird wohl zwischen den Zeilen auch mitlesen dürfen, dass dieser aber auch schon möglichst dem tatsächlichen (richtigen) Streitwert nahekommen sollte. Ganz abgesehen davon, dass dann auch die Beteiligten schon besser die voraussichtlichen im Falle einer für sie negativen Gerichtsentscheidung endgültig auf sie zukommenden Gerichtskosten abschätzen können und im Hinblick darauf auch ihr weiteres Vorgehen im Verfahren prüfen können (z. B. Rücknahme, Vergleich etc.).

Aus diesen Gründen ist daher die Beschwerde des Klägerbevollmächtigten als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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