Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 649/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 59/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ber-lin vom 03. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenteilrente.
Der 1947 geborene Kläger wurde am 25. Juli 1986 während seiner Tätigkeit als Schlosser bei Aufräumarbeiten in der Werkstatt durch eine auf ihn zu rutschende, nach seinen Angaben zirka sieben Zentner schwere Richtplatte eingeklemmt, wodurch es zu einer Kompressionsfraktur des dritten Lendenwirbelkörpers kam.
Mit einem am 14. Dezember 2000 eingegangenen Schreiben beantragte der Kläger unter Be-zugnahme auf den Unfall die Gewährung einer Unfallrente. Die Beklagte ermittelte u. a. durch Fragen an den Kläger, Beiziehung des Sozialversicherungsausweises sowie medizinischer Un-terlagen und Einholung eines Krankheitsberichtes des behandelnden Arztes für Orthopädie Dr. E. Die Beklagte holte sodann ein Zusammenhangsgutachten durch den Facharzt für Chi-rurgie Dr. Z vom 26. April 2001 ein, der zu dem Ergebnis kam, dass als Unfallfolge die Kom-pressionsfraktur des 3. Lendenwirbelkörpers im Zustand abgeschlossener knöcherner Aushei-lung und mäßiggradigen unfallbedingten Residuen im Sinne einer Keilwirbelbildung bestehe. Die Bandscheibenvorwölbungen im Bereich des 4. und 5. Lendenwirbelkörpers sowie ganz eindeutig zwischen L5 und S1 seien jedoch nur schwer dem Unfall zuzuordnen. Denn in keiner Untersuchung und keinem Untersuchungsbefund unmittelbar nach dem Unfall und in der Zeit danach sei auf eine Bandscheibensymptomatik in dieser Region Bezug genommen worden. Die ersten Äußerungen auf Bandscheibenvorfälle fänden sich in MRTs der 90 er Jahre. Hier sei eine generelle vorzeitige Verschleißerscheinung der gesamten Wirbelsäule (WS) zugrunde zu legen. Die Blasenentleerungsstörungen, welche über chronische Entzündungen letztendlich seit März dieses Jahres zum Tragen eines Dauerkatheters geführt hätten, seien keine Unfallfolgen. Als wesentliche Unfallfolge bestünde jetzt noch die knöchern ausgeheilte Kompressionsfrak-tur. Eine durch die Kompressionsfraktur bedingte vorzeitige Alterung und damit Verschleiß der angrenzenden Bandscheiben L2 und L4 könnten nicht sicher ausgeschlossen werden. Mit Si-cherheit lägen aber keine neurologischen Störungen aus dieser Ursache vor. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 15 v. H.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme erkannte die Beklagte daraufhin durch Bescheid vom 29. Juni 2001 einen knöchern stabil ausgeheilten Bruch des 3. Lendenwirbelkörpers ohne Störung des Wirbelsäulenaufbaus bei eingeschränkter Segment-beweglichkeit an der oberen Lendenwirbelsäule als Unfallfolge an; ein Anspruch auf Rente bestehe jedoch nicht, da eine MdE in messbarem Grade nicht verblieben sei.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er ausführte, dass eine neurogene Blasen-entleerungsstörung als Folgeschaden berücksichtigt werden müsse. Vor dem Unfall seien Kno-chen, Bandscheiben und Blase in Ordnung gewesen. Er sei nur knapp einer Querschnittsläh-mung entgangen. Nachweislich litten Querschnittsgelähmte an Blasen- und Darmlähmungen, bei ihm handele es sich auch um eine solche Störung. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 27. August 2001 unter Bezugnahme auf das Gutachten des Dr. Z zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt und Entlassungsberichte des Krankenhauses F vom 11. Juli 1997, 02. Januar 1998, 16. Dezember 1996, 16. Juni 1997, 11. Juli 1997, 02. Januar 1998 und 16. Dezember 1996 beigezogen. Das Sozialgericht hat sodann durch den Arzt für Orthopädie Dr. E ein Sachverständigengutachten vom 06. März 2004 eingeholt. Dr. E kam zu dem Ergeb-nis, dass die unfallbedingte MdE mit unter 10 v. H. zu bemessen sei. Die Fraktur sei völlig reaktionslos verheilt. Es sei im Laufe von immerhin 18 Jahren zu keiner Verknöcherung im Bereich der Längsbänder im Sinne einer Abstützreaktion gekommen, was nur dann zu erklären sei, wenn es sich um eine sehr geringe Verletzung gehandelt habe. Da es bei dem Wirbelkör-perbruch nachweislich nicht zu einer Verletzung der Wirbelkörperhinterkante gekommen sei, könnten hierdurch ausgelöste Nervenwurzelirritationen ausgeschlossen werden. Eine wirbel-säulenbedingte Veränderung als Grund für die Blasenstörung hätte ebenfalls ausgeschlossen werden können. Die urologische Erkrankung sei ohne Zusammenhang mit dem Unfall des Klägers.
Durch Urteil vom 03. Juni 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Unfallfol-gen hätten über den anerkannten knöchern stabil ausgeheilten Bruch des 3. Lendenwirbelkörpers hinaus nicht festgestellt werden können. Es beständen bereits Zweifel, ob die Blasenentleerungsstörungen überhaupt auf neurologische Ursachen zurückgeführt wer-den könnten. Denn den Entlassungsberichten des Krankenhauses F hätten keine eindeutigen Hinweise auf eine neurogen bedingte Blasenentleerungsstörung entnommen werden können. Auch der behandelnde Urologe Dr. K gehe davon aus, dass die veranlasste neurologische Dia-gnostik keinen sicheren Anhalt für die Ursache der Blasenentleerungsstörung gegeben habe. Selbst wenn jedoch die Blasenentleerungsstörung auf neurologische Ursachen zurückgehen sollte, sei ein Ursachenzusammenhang mit dem Unfall unwahrscheinlich. Die benannten Stel-lungnahmen und Entlassungsberichte ließen eher einen Zusammenhang mit einer beim Kläger bestehenden Polyneuropathie vermuten. Den Entlassungsberichten der C über die stationären Aufenthalte vom 25. Juli bis 08. August 1986 und 03. bis 14. November 1986 sei zu entneh-men, dass in Anbetracht der Kompressionsfraktur des 3. Lendenwirbelkörpers gerade keine neurologischen Auffälligkeiten beobachtet werden konnten. Dass der Unfall erstmals zirka acht Jahre später zu neurologischen Beschwerden in Form einer Blasenentleerungsstörung geführt haben soll, sei auch in Anbetracht der diesbezüglichen Ausführungen des Dr. Z in dessen Gut-achten nicht nachvollziehbar.
Gegen dieses am 16. August 2004 zugegangene Urteil richtet sich die am 16. September 2004 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger begehrt weiterhin die Anerkennung der Bla-senentleerungsstörungen sowie der degenerativen Veränderungen als Folgen des Unfalls. Trotz Verheilens des 3. Lendenwirbelkörpers seien bei ihm Folgeschäden in Form von Nervenbahn-entzündungen, ständigen starken Rückenschmerzen sowie Entleerungsstörungen der Blase auf-getreten. Es sei nicht selten, dass Folgeschäden eines Unfalls erst Jahre später in Erscheinung träten. Der Kläger verweist im Übrigen auf das nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einge-holte Gutachten des Facharztes für Urologie und Allgemeinmedizin Dr. V vom 13. März 2006.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 03. Juni 2004 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die bei ihm bestehenden Blasenentleerungs-störungen sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule als wei-tere Folgen des Unfalls vom 25. Juli 1986 anzuerkennen und eine Ver-letztenteilrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass die medizinischen Ermittlungen eine MdE in ren-tenberechtigendem Grade nicht ergeben hätten.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein Gutachten des Facharztes für Urologie und Allgemeinmedizin Dr. V vom 13. März 2006 und auf Einwände der Beklagten hierzu eine Rückäußerung des Arztes vom 16. Juli 2006 eingeholt. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine chronische Blasenentleerungsstörung, vermutlich neurogener Genese und in geringerem Maße auch mit myogener Komponente, be-stehe, aufgrund derer der Kläger mindestens zweimal täglich einen Selbstkatherismus durch-führen müsse. Die Blasenentleerungsstörung sei mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall am 25. Juli 1986 zurückzuführen, die chronische Vorsteherdrüsenentzündung und die Neigung zu Harnwegsentzündungen dürften Folge der chronischen Blasenentleerungsstörung sein; die Vergrößerung der Vorsteherdrüse stehe mit den Unfall in keinem Zusammenhang und sei als schicksalsbedingt anzusehen. Für die Blasenentleerungsstörung lasse sich zurzeit keine andere Ursache finden als der Unfall mit Lendenwirbelbruch und vermutlicher Bandscheibenschädi-gung. Entgegen Dr. E nehme er an, dass es durch die Gewalteinwirkung bei dem Unfall auch zu einer Bandscheibenschädigung gekommen sei, die zu Nervenwurzelirritationen geführt ha-be. Darauf wiesen eine Höhenminderung einer Bandscheibe im Bereich der Lendenwirbelsäule wenige Monate nach dem Unfall und die später festgestellten Bandscheibenvorwölbungen mit Einengung des Duralsackes hin. Insofern müsse auch eine vorzeitige Alterung der Bandschei-ben im Bereich der Lendenwirbelsäule als Folge der Wirbelkompressionsfraktur angenommen werden. Um alle Möglichkeiten der ursächlichen Klärung einer Blasenentleerungsstörung aus-zuschöpfen, habe er u. a. mit Prof. B, Prof. M, Prof. S und Priv. Doz. Dr. D korrespondiert, die als besondere Spezialisten auf dem Gebiet der neurogenen Blasenentleerungsstörungen gelten würden. Die MdE auf urologischem Fachgebiet bewerte er zusammenfassend mit 60 v. H. seit 1997. Dabei sei eine massive Schädigung der Blasenfunktion mit regelmäßigem Katherismus mit zirka 50 v. H. und eine ebenfalls als unfallursächlich einzustufende Impotenz mit zirka 30 v. H. enthalten.
In seiner Rückäußerung führt er weiter aus, dass das Blasenleiden mit großer Wahrscheinlich-keit auf eine Schädigung der den Detrusor (Harnblasenmuskulatur) versorgenden Nerven durch Druck und Zerrung im Bauchraum und den Nervenwurzeln verursacht worden sei. Es liege auf der Hand, dass 20 Jahre nach dem Unfall nur sehr schwer und selten noch eine eindeutige Ur-sache eines Unfallleidens nachgewiesen werden könne, allerdings genüge für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges die Wahrscheinlichkeit. Zurzeit lasse sich keine andere Ursache für die Blasenentleerungsstörung als der Unfall mit Lendenwirbelbruch und "vermut-licher Bandscheibenschädigung" finden. Selbst wenn das nicht anerkannt werden sollte, sei mit großer Wahrscheinlichkeit der Unfall mit dem Lendenwirbeldeckplattenbruch als Ursache des Blasenleidens anzusehen. Der zeitliche Abstand zwischen Unfall und Erstbehandlung werde durch so genannte Brückensymptome in Gestalt der bereits kurz nach dem Unfall aufgetretenen Miktionsveränderungen und der Abschwächung sowie der völligen Aufhebung der Libido bald nach dem Unfall deutlich überbrückt. Der Kläger habe seit dem Unfall häufiger als vorher Urin lassen müssen, und die Miktion sei erschwert gewesen. Erste Anzeichen der Störung der Bla-senfunktion seien nach dem Unfall 1986 aufgetreten; diese seien zwar nicht so erheblich gewe-sen, dass sie den Kläger zum Arzt geführt hätten, es handele sich aber unzweideutig um einen Hinweis auf ein krankhaftes Geschehen bei der Blasenentleerung.
Das Gericht hat sodann gemäß § 106 SGG ein urologisches Gutachten des Dr. D, Direktor der Klinik für Urologie und Neuro Urologie des Unfallkrankenhauses B, vom 02. Januar 2007 ein-geholt. Dieser führte aus, dass er einen Zusammenhang zwischen der Gesundheitsstörung auf urologischem Fachgebiet und dem Unfallgeschehen nicht sehe. Grundsätzlich könne es zwar bei einer unfallbedingten Verletzung der WS zu Schädigungen von Nerven kommen, die die Harnblase und den Penis innervierten im Sinne einer so genannten neurogenen Blasenentlee-rungsstörung als auch einer neurogen bedingten erektilen Dysfunktion. Voraussetzung hierfür sei eine Nervenschädigung. Vom zeitlichen Aspekt her lasse sich eine Nervenschädigung nicht direkt dem Unfallereignis zuordnen. Nach den anamnestischen Angaben des Klägers seien Bla-senbeschwerden erstmals zirka 1994 und Beschwerden im Bereich des Gliedes zirka 1997 auf-getreten. Weder von chirurgisch-unfallchirurgischer, neurologischer noch orthopädischer Seite hätte es im Rahmen des primären Unfallgeschehens bzw. in nachfolgenden Untersuchungen Hinweise auf einen neurogenen Schaden gegeben. Hierbei sei insbesondere auf den neurologi-schen Befundbericht aus dem Krankenhaus im F vom 16. Juni 1997 und die N. pudendus SEP Untersuchung vom 15. Dezember 2005 zu verweisen. Allein aus den Unter-suchungen der Harnstromkurven ließe sich nicht eindeutig auf eine neurogene Blasenentlee-rungsstörung schließen. Da Brückensymptome zwischen dem Unfallgeschehen und den ersten Zeichen der acht Jahre später auftretenden Blasenentleerungsstörungen fehlten, schließe er sich den Ausführungen von Dr. E in vollem Umfang an, da auch als Spätreaktion in der Bildgebung keine Hinweise auf eine Druckschädigung von spinalen Strukturen bestanden hätten. Den Aus-führungen des Dr. V könne er sich nicht anschließen. Die von ihm als mögliche Ursache ange-gebene Bandscheibenschädigung habe bildmorphologisch zu keinen Bandscheibenvorfällen geführt. Die so genannte mediale Protrusion bei LWK 4/5 und SWK 1 würde im Gutachten des Dr. Eals schicksalsgemäßer Verschleiß gewertet. Somit fehle eine Verbindung zwischen dem primären Trauma des 3. Lendenwirbels bzw. seiner Folgen und der aufgetretenen Blasenentlee-rungsstörung. Auch diskutiere Dr. V andere Ursachen für die aufgetretenen urologischen Er-krankungen nicht (z. B. "Lazy voider", welches zu einer myogenen Schädigung der Harnblase führen könne, oder die fehlende Ejakulation nach transurethraler Prostataresektion oder das erhöhte Risiko von Rauchern, an einer erektiven Dysfunktion zu erkranken).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide und das erst-instanzliche Urteil sind rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf die Feststellung, dass die weiteren degenerativen Veränderungen der WS und die Blasenentleerungsstörung Folgen des Unfalles vom 25. Juli 1986 sind, noch hat er Anspruch auf die Gewährung einer Verletz-tenteilrente.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung, ha-ben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versiche-rungsfalles über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Versicherungsfäl-le sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII u.a. Arbeitsunfälle. Voraussetzung für die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Unfallfolge ist, dass zwischen dem Unfallereignis und der vorliegen-den Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Dieser Zusammenhang muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hinreichend wahrscheinlich sein (BSGE 58, 76). Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Überge-wicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gestützt werden kann (BSGE 45, 285).
Degenerative Veränderungen der WS waren über den im angefochtenen Bescheid hinaus aner-kannten Zustand nach Lendenwirbelkörperbruch nicht als Unfallfolge anzuerkennen. Das Ge-richt folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des Dr. E in dessen Gutachten vom 06. März 2004, der ausführt, dass die Fraktur völlig reaktionslos verheilt sei und dass es im Laufe von immerhin 18 Jahren zu keiner Verknöcherung im Bereich der Längsbänder im Sinne einer Abstützreaktion gekommen sei. Die Veränderungen in den angrenzenden Lendenwirbel-säulenbereichen führt Dr. E auf die Übergangsstörung im Sinne einer Hemisakralisation von L5 rechts sowie auf einen schicksalsmäßigen Verschleiß zurück und führt weiter aus, dass die-se keinesfalls unfallbedingt seien. Ergänzend wird gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen gefolgt wird.
Die abweichende Beurteilung des Arztes für Urologie und Allgemeinmedizin Dr. V, die sich nicht auf Erkrankungen auf seinem Fachgebiet bezog, vermochte hingegen nicht zu überzeu-gen. Dieser äußerte zur orthopädischen Problematik lediglich Vermutungen in Anlehnung an allgemeine Ausführungen der medizinischen Fachliteratur, wenn er z. B. unter Bezugnahme auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, ausführte, dass Band-scheibenschäden lange Zeit unerkannt bleiben "können". Die Feststellungen des Dr. E hält er für nicht überzeugend, weil man bedenken müsse, wie schwer die LWS beim Abgleiten der Stahlplatte insgesamt belastet worden sein müsse; es sei daher "durchaus möglich", dass ein vorzeitiger Alterungsprozess auch anderer Bandscheiben in unmittelbarer Nähe des Wirbelbru-ches eingeleitet worden sei, um dann nach Jahren zumindest zu einer Bandscheibenvorwölbung zu führen (Seite 13 des Gutachtens). Derartige Vermutungen vermögen die notwendigen tat-sächlichen Feststellungen einer entsprechenden Schädigung jedoch bereits grundsätzlich nicht zu ersetzen, was umso mehr gilt, wenn das Erscheinungsbild der Schädigung gegen eine Ver-ursachung durch den Unfall spricht, wie die übrigen Sachverständigen überzeugend begründet haben.
Der Kläger hat vorliegend auch keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die bei ihm beste-hende Blasenentleerungsstörung Folge des erlittenen Unfalles ist. Das Gericht schließt sich hierbei den Feststellungen der Gutachter Dr. Z, Dr. E und Dr. D an, die übereinstimmend zu dem Ergebnis kamen, dass die Blasenentleerungsstörung nicht Unfallfolge ist. Insbesondere Dr. D führte nachvollziehbar unter Auswertung der von Dr. E für das orthopädische Gebiet getroffenen Feststellungen aus, dass zunächst einmal eine neurogene Blasenentleerungsstörung nicht eindeutig festgestellt werden könne. Abgesehen davon setze dies die Feststellung einer Nervenschädigung voraus, die jedoch vorliegend weder im Rahmen des primären Unfallge-schehens noch in nachfolgenden Untersuchungen nachgewiesen worden sei. Hierauf hat auch Dr. Ehingewiesen, der ausführte, dass neurologische Probleme nach dem Unfall weder anam-nestisch noch in den medizinischen Unterlagen über Untersuchungen nach dem Unfall berich-tet worden seien. Im Arztbrief des Facharztes für Orthopädie Dr. G vom 21. August 1987 wur-de lediglich ein Zustand nach stabiler Kompressionsfraktur beschrieben. In der Epikrise zum stationären Aufenthalt vom 03. bis 14. November 1986, Prof. Dr. Z/ Dipl. Med. W, ist aus-drücklich vermerkt, dass neurologische Störungen nicht bestanden haben.
Dr. D führt ferner aus, dass nach umfangreichem Aktenstudium Brückensymptome zwischen dem Unfallgeschehen und den ersten Zeichen der erst acht Jahre später aufgetretenen Blasen-entleerungsstörungen fehlten. Auch hierbei schließe er sich den Ausführungen des Dr. E in vollem Umfange an, da auch als Spätreaktion in der Bildgebung keine Hinweise auf eine Druckschädigung von spinalen Strukturen nachzuweisen gewesen seien. Dieser Einschätzung wird vorliegend gefolgt. Dr. V geht zwar aufgrund von Angaben des Klägers davon aus, dass Brückensymtome aufgrund von zeitnah nach dem Unfall verspürten ersten Miktionsstörungen bestanden hätten. Derartige Brückensymptome konnten jedoch nicht durch Arztkontakte bes-tätigt werden und widersprechen zudem anders lautenden Angaben in den vorhandenen ärztli-chen Unterlagen. Erst 1994 kam es danach zum Auftreten von Blasenentleerungsstörungen, die so erheblich waren, dass der Kläger sich deswegen in ärztliche Behandlung begab. So ist im Entlassungsbericht des Krankenhauses im F vom 16. Juni 1997 ausgeführt, dass der Kläger 1994 "Steine" im Urin bemerkt habe; er habe keine Miktionsbeschwerden gehabt. Es sei eine medikamentöse Behandlung begonnen worden, im weiteren Verlauf aber aufgrund subjektiver Beschwerdefreiheit abgebrochen worden. 1996 habe er erneut kristalline Substanzen beim Wasserlassen bemerkt. Diese Zeitangaben stimmen überein mit den Angaben des Klägers ge-genüber Dr. Z, wo Entleerungsstörungen der Blase seit 1996 angegeben wurden. Dementspre-chend ging Dr. D zu Recht trotz Kenntnis und Auswertung des Gutachtens des Dr. V vom Auf-treten von Miktionsbeschwerden seit 1994 aus und verneinte das Bestehen von Brückensym-ptomen.
Den Ausführungen des Dr. V zu einer wahrscheinlichen Verursachung der Blasenentleerungs-störung durch den Unfall konnte nach allem nicht gefolgt werden. Dr. V hält zwar eine neuro-gene Entleerungsstörung für "vermutlich" gegeben, wodurch er den unterschiedlichen Bewer-tungen nach den stationären Aufenthalten des Klägers Rechnung trägt. Dies ist jedoch nicht ausreichend. Denn Dr. D hat hierzu unter Auswertung der Entlassungsberichte des Kranken-hauses im F ausgeführt, dass eine neurogene Schädigung gerade nicht nachgewiesen ist. Jeden-falls aber wurden zeitnah zum Unfall keine neurologischen Störungen festgestellt, wie bereits ausgeführt wurde und worauf zu Recht bereits im erstinstanzlichen Urteil hingewiesen wurde. Nach allem konnte daher insoweit nur der Einschätzung des Dr. D gefolgt werden, dass eine unfallbedingte neurogene Störung nicht besteht.
Zu den seitens des Klägers gegen die Bestellung des Dr. D als Sachverständigen erhobenen Einwänden ist anzumerken, dass Dr. V diesen in seinem Gutachten (Seite 16) als besonderen Spezialisten auf dem Gebiet der neurogenen Blasenentleerungsstörung bezeichnet hatte; zudem hatte sich Dr. D in seiner Stellungnahme gegenüber Dr. V vom 23. Januar 2006 der Problema-tik gegenüber aufgeschlossen gezeigt und Ratschläge zur Darlegung der Kausalkette gegeben, so dass Bedenken gegenüber dessen Unvoreingenommenheit jedenfalls nicht von Klägerseite in Betracht kamen.
Die Gewährung einer Verletztenteilrente kommt nicht in Betracht, da der allein als Unfallfolge anzuerkennende knöchern stabil ausgeheilte Bruch des 3. Lendenwirbelkörpers nicht zu einer MdE in messbarem Grade geführt hat.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG bestanden nicht.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenteilrente.
Der 1947 geborene Kläger wurde am 25. Juli 1986 während seiner Tätigkeit als Schlosser bei Aufräumarbeiten in der Werkstatt durch eine auf ihn zu rutschende, nach seinen Angaben zirka sieben Zentner schwere Richtplatte eingeklemmt, wodurch es zu einer Kompressionsfraktur des dritten Lendenwirbelkörpers kam.
Mit einem am 14. Dezember 2000 eingegangenen Schreiben beantragte der Kläger unter Be-zugnahme auf den Unfall die Gewährung einer Unfallrente. Die Beklagte ermittelte u. a. durch Fragen an den Kläger, Beiziehung des Sozialversicherungsausweises sowie medizinischer Un-terlagen und Einholung eines Krankheitsberichtes des behandelnden Arztes für Orthopädie Dr. E. Die Beklagte holte sodann ein Zusammenhangsgutachten durch den Facharzt für Chi-rurgie Dr. Z vom 26. April 2001 ein, der zu dem Ergebnis kam, dass als Unfallfolge die Kom-pressionsfraktur des 3. Lendenwirbelkörpers im Zustand abgeschlossener knöcherner Aushei-lung und mäßiggradigen unfallbedingten Residuen im Sinne einer Keilwirbelbildung bestehe. Die Bandscheibenvorwölbungen im Bereich des 4. und 5. Lendenwirbelkörpers sowie ganz eindeutig zwischen L5 und S1 seien jedoch nur schwer dem Unfall zuzuordnen. Denn in keiner Untersuchung und keinem Untersuchungsbefund unmittelbar nach dem Unfall und in der Zeit danach sei auf eine Bandscheibensymptomatik in dieser Region Bezug genommen worden. Die ersten Äußerungen auf Bandscheibenvorfälle fänden sich in MRTs der 90 er Jahre. Hier sei eine generelle vorzeitige Verschleißerscheinung der gesamten Wirbelsäule (WS) zugrunde zu legen. Die Blasenentleerungsstörungen, welche über chronische Entzündungen letztendlich seit März dieses Jahres zum Tragen eines Dauerkatheters geführt hätten, seien keine Unfallfolgen. Als wesentliche Unfallfolge bestünde jetzt noch die knöchern ausgeheilte Kompressionsfrak-tur. Eine durch die Kompressionsfraktur bedingte vorzeitige Alterung und damit Verschleiß der angrenzenden Bandscheiben L2 und L4 könnten nicht sicher ausgeschlossen werden. Mit Si-cherheit lägen aber keine neurologischen Störungen aus dieser Ursache vor. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 15 v. H.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme erkannte die Beklagte daraufhin durch Bescheid vom 29. Juni 2001 einen knöchern stabil ausgeheilten Bruch des 3. Lendenwirbelkörpers ohne Störung des Wirbelsäulenaufbaus bei eingeschränkter Segment-beweglichkeit an der oberen Lendenwirbelsäule als Unfallfolge an; ein Anspruch auf Rente bestehe jedoch nicht, da eine MdE in messbarem Grade nicht verblieben sei.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er ausführte, dass eine neurogene Blasen-entleerungsstörung als Folgeschaden berücksichtigt werden müsse. Vor dem Unfall seien Kno-chen, Bandscheiben und Blase in Ordnung gewesen. Er sei nur knapp einer Querschnittsläh-mung entgangen. Nachweislich litten Querschnittsgelähmte an Blasen- und Darmlähmungen, bei ihm handele es sich auch um eine solche Störung. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 27. August 2001 unter Bezugnahme auf das Gutachten des Dr. Z zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt und Entlassungsberichte des Krankenhauses F vom 11. Juli 1997, 02. Januar 1998, 16. Dezember 1996, 16. Juni 1997, 11. Juli 1997, 02. Januar 1998 und 16. Dezember 1996 beigezogen. Das Sozialgericht hat sodann durch den Arzt für Orthopädie Dr. E ein Sachverständigengutachten vom 06. März 2004 eingeholt. Dr. E kam zu dem Ergeb-nis, dass die unfallbedingte MdE mit unter 10 v. H. zu bemessen sei. Die Fraktur sei völlig reaktionslos verheilt. Es sei im Laufe von immerhin 18 Jahren zu keiner Verknöcherung im Bereich der Längsbänder im Sinne einer Abstützreaktion gekommen, was nur dann zu erklären sei, wenn es sich um eine sehr geringe Verletzung gehandelt habe. Da es bei dem Wirbelkör-perbruch nachweislich nicht zu einer Verletzung der Wirbelkörperhinterkante gekommen sei, könnten hierdurch ausgelöste Nervenwurzelirritationen ausgeschlossen werden. Eine wirbel-säulenbedingte Veränderung als Grund für die Blasenstörung hätte ebenfalls ausgeschlossen werden können. Die urologische Erkrankung sei ohne Zusammenhang mit dem Unfall des Klägers.
Durch Urteil vom 03. Juni 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Unfallfol-gen hätten über den anerkannten knöchern stabil ausgeheilten Bruch des 3. Lendenwirbelkörpers hinaus nicht festgestellt werden können. Es beständen bereits Zweifel, ob die Blasenentleerungsstörungen überhaupt auf neurologische Ursachen zurückgeführt wer-den könnten. Denn den Entlassungsberichten des Krankenhauses F hätten keine eindeutigen Hinweise auf eine neurogen bedingte Blasenentleerungsstörung entnommen werden können. Auch der behandelnde Urologe Dr. K gehe davon aus, dass die veranlasste neurologische Dia-gnostik keinen sicheren Anhalt für die Ursache der Blasenentleerungsstörung gegeben habe. Selbst wenn jedoch die Blasenentleerungsstörung auf neurologische Ursachen zurückgehen sollte, sei ein Ursachenzusammenhang mit dem Unfall unwahrscheinlich. Die benannten Stel-lungnahmen und Entlassungsberichte ließen eher einen Zusammenhang mit einer beim Kläger bestehenden Polyneuropathie vermuten. Den Entlassungsberichten der C über die stationären Aufenthalte vom 25. Juli bis 08. August 1986 und 03. bis 14. November 1986 sei zu entneh-men, dass in Anbetracht der Kompressionsfraktur des 3. Lendenwirbelkörpers gerade keine neurologischen Auffälligkeiten beobachtet werden konnten. Dass der Unfall erstmals zirka acht Jahre später zu neurologischen Beschwerden in Form einer Blasenentleerungsstörung geführt haben soll, sei auch in Anbetracht der diesbezüglichen Ausführungen des Dr. Z in dessen Gut-achten nicht nachvollziehbar.
Gegen dieses am 16. August 2004 zugegangene Urteil richtet sich die am 16. September 2004 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger begehrt weiterhin die Anerkennung der Bla-senentleerungsstörungen sowie der degenerativen Veränderungen als Folgen des Unfalls. Trotz Verheilens des 3. Lendenwirbelkörpers seien bei ihm Folgeschäden in Form von Nervenbahn-entzündungen, ständigen starken Rückenschmerzen sowie Entleerungsstörungen der Blase auf-getreten. Es sei nicht selten, dass Folgeschäden eines Unfalls erst Jahre später in Erscheinung träten. Der Kläger verweist im Übrigen auf das nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einge-holte Gutachten des Facharztes für Urologie und Allgemeinmedizin Dr. V vom 13. März 2006.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 03. Juni 2004 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die bei ihm bestehenden Blasenentleerungs-störungen sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule als wei-tere Folgen des Unfalls vom 25. Juli 1986 anzuerkennen und eine Ver-letztenteilrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass die medizinischen Ermittlungen eine MdE in ren-tenberechtigendem Grade nicht ergeben hätten.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein Gutachten des Facharztes für Urologie und Allgemeinmedizin Dr. V vom 13. März 2006 und auf Einwände der Beklagten hierzu eine Rückäußerung des Arztes vom 16. Juli 2006 eingeholt. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine chronische Blasenentleerungsstörung, vermutlich neurogener Genese und in geringerem Maße auch mit myogener Komponente, be-stehe, aufgrund derer der Kläger mindestens zweimal täglich einen Selbstkatherismus durch-führen müsse. Die Blasenentleerungsstörung sei mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall am 25. Juli 1986 zurückzuführen, die chronische Vorsteherdrüsenentzündung und die Neigung zu Harnwegsentzündungen dürften Folge der chronischen Blasenentleerungsstörung sein; die Vergrößerung der Vorsteherdrüse stehe mit den Unfall in keinem Zusammenhang und sei als schicksalsbedingt anzusehen. Für die Blasenentleerungsstörung lasse sich zurzeit keine andere Ursache finden als der Unfall mit Lendenwirbelbruch und vermutlicher Bandscheibenschädi-gung. Entgegen Dr. E nehme er an, dass es durch die Gewalteinwirkung bei dem Unfall auch zu einer Bandscheibenschädigung gekommen sei, die zu Nervenwurzelirritationen geführt ha-be. Darauf wiesen eine Höhenminderung einer Bandscheibe im Bereich der Lendenwirbelsäule wenige Monate nach dem Unfall und die später festgestellten Bandscheibenvorwölbungen mit Einengung des Duralsackes hin. Insofern müsse auch eine vorzeitige Alterung der Bandschei-ben im Bereich der Lendenwirbelsäule als Folge der Wirbelkompressionsfraktur angenommen werden. Um alle Möglichkeiten der ursächlichen Klärung einer Blasenentleerungsstörung aus-zuschöpfen, habe er u. a. mit Prof. B, Prof. M, Prof. S und Priv. Doz. Dr. D korrespondiert, die als besondere Spezialisten auf dem Gebiet der neurogenen Blasenentleerungsstörungen gelten würden. Die MdE auf urologischem Fachgebiet bewerte er zusammenfassend mit 60 v. H. seit 1997. Dabei sei eine massive Schädigung der Blasenfunktion mit regelmäßigem Katherismus mit zirka 50 v. H. und eine ebenfalls als unfallursächlich einzustufende Impotenz mit zirka 30 v. H. enthalten.
In seiner Rückäußerung führt er weiter aus, dass das Blasenleiden mit großer Wahrscheinlich-keit auf eine Schädigung der den Detrusor (Harnblasenmuskulatur) versorgenden Nerven durch Druck und Zerrung im Bauchraum und den Nervenwurzeln verursacht worden sei. Es liege auf der Hand, dass 20 Jahre nach dem Unfall nur sehr schwer und selten noch eine eindeutige Ur-sache eines Unfallleidens nachgewiesen werden könne, allerdings genüge für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges die Wahrscheinlichkeit. Zurzeit lasse sich keine andere Ursache für die Blasenentleerungsstörung als der Unfall mit Lendenwirbelbruch und "vermut-licher Bandscheibenschädigung" finden. Selbst wenn das nicht anerkannt werden sollte, sei mit großer Wahrscheinlichkeit der Unfall mit dem Lendenwirbeldeckplattenbruch als Ursache des Blasenleidens anzusehen. Der zeitliche Abstand zwischen Unfall und Erstbehandlung werde durch so genannte Brückensymptome in Gestalt der bereits kurz nach dem Unfall aufgetretenen Miktionsveränderungen und der Abschwächung sowie der völligen Aufhebung der Libido bald nach dem Unfall deutlich überbrückt. Der Kläger habe seit dem Unfall häufiger als vorher Urin lassen müssen, und die Miktion sei erschwert gewesen. Erste Anzeichen der Störung der Bla-senfunktion seien nach dem Unfall 1986 aufgetreten; diese seien zwar nicht so erheblich gewe-sen, dass sie den Kläger zum Arzt geführt hätten, es handele sich aber unzweideutig um einen Hinweis auf ein krankhaftes Geschehen bei der Blasenentleerung.
Das Gericht hat sodann gemäß § 106 SGG ein urologisches Gutachten des Dr. D, Direktor der Klinik für Urologie und Neuro Urologie des Unfallkrankenhauses B, vom 02. Januar 2007 ein-geholt. Dieser führte aus, dass er einen Zusammenhang zwischen der Gesundheitsstörung auf urologischem Fachgebiet und dem Unfallgeschehen nicht sehe. Grundsätzlich könne es zwar bei einer unfallbedingten Verletzung der WS zu Schädigungen von Nerven kommen, die die Harnblase und den Penis innervierten im Sinne einer so genannten neurogenen Blasenentlee-rungsstörung als auch einer neurogen bedingten erektilen Dysfunktion. Voraussetzung hierfür sei eine Nervenschädigung. Vom zeitlichen Aspekt her lasse sich eine Nervenschädigung nicht direkt dem Unfallereignis zuordnen. Nach den anamnestischen Angaben des Klägers seien Bla-senbeschwerden erstmals zirka 1994 und Beschwerden im Bereich des Gliedes zirka 1997 auf-getreten. Weder von chirurgisch-unfallchirurgischer, neurologischer noch orthopädischer Seite hätte es im Rahmen des primären Unfallgeschehens bzw. in nachfolgenden Untersuchungen Hinweise auf einen neurogenen Schaden gegeben. Hierbei sei insbesondere auf den neurologi-schen Befundbericht aus dem Krankenhaus im F vom 16. Juni 1997 und die N. pudendus SEP Untersuchung vom 15. Dezember 2005 zu verweisen. Allein aus den Unter-suchungen der Harnstromkurven ließe sich nicht eindeutig auf eine neurogene Blasenentlee-rungsstörung schließen. Da Brückensymptome zwischen dem Unfallgeschehen und den ersten Zeichen der acht Jahre später auftretenden Blasenentleerungsstörungen fehlten, schließe er sich den Ausführungen von Dr. E in vollem Umfang an, da auch als Spätreaktion in der Bildgebung keine Hinweise auf eine Druckschädigung von spinalen Strukturen bestanden hätten. Den Aus-führungen des Dr. V könne er sich nicht anschließen. Die von ihm als mögliche Ursache ange-gebene Bandscheibenschädigung habe bildmorphologisch zu keinen Bandscheibenvorfällen geführt. Die so genannte mediale Protrusion bei LWK 4/5 und SWK 1 würde im Gutachten des Dr. Eals schicksalsgemäßer Verschleiß gewertet. Somit fehle eine Verbindung zwischen dem primären Trauma des 3. Lendenwirbels bzw. seiner Folgen und der aufgetretenen Blasenentlee-rungsstörung. Auch diskutiere Dr. V andere Ursachen für die aufgetretenen urologischen Er-krankungen nicht (z. B. "Lazy voider", welches zu einer myogenen Schädigung der Harnblase führen könne, oder die fehlende Ejakulation nach transurethraler Prostataresektion oder das erhöhte Risiko von Rauchern, an einer erektiven Dysfunktion zu erkranken).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide und das erst-instanzliche Urteil sind rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf die Feststellung, dass die weiteren degenerativen Veränderungen der WS und die Blasenentleerungsstörung Folgen des Unfalles vom 25. Juli 1986 sind, noch hat er Anspruch auf die Gewährung einer Verletz-tenteilrente.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung, ha-ben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versiche-rungsfalles über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Versicherungsfäl-le sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII u.a. Arbeitsunfälle. Voraussetzung für die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Unfallfolge ist, dass zwischen dem Unfallereignis und der vorliegen-den Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Dieser Zusammenhang muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hinreichend wahrscheinlich sein (BSGE 58, 76). Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Überge-wicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gestützt werden kann (BSGE 45, 285).
Degenerative Veränderungen der WS waren über den im angefochtenen Bescheid hinaus aner-kannten Zustand nach Lendenwirbelkörperbruch nicht als Unfallfolge anzuerkennen. Das Ge-richt folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des Dr. E in dessen Gutachten vom 06. März 2004, der ausführt, dass die Fraktur völlig reaktionslos verheilt sei und dass es im Laufe von immerhin 18 Jahren zu keiner Verknöcherung im Bereich der Längsbänder im Sinne einer Abstützreaktion gekommen sei. Die Veränderungen in den angrenzenden Lendenwirbel-säulenbereichen führt Dr. E auf die Übergangsstörung im Sinne einer Hemisakralisation von L5 rechts sowie auf einen schicksalsmäßigen Verschleiß zurück und führt weiter aus, dass die-se keinesfalls unfallbedingt seien. Ergänzend wird gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen gefolgt wird.
Die abweichende Beurteilung des Arztes für Urologie und Allgemeinmedizin Dr. V, die sich nicht auf Erkrankungen auf seinem Fachgebiet bezog, vermochte hingegen nicht zu überzeu-gen. Dieser äußerte zur orthopädischen Problematik lediglich Vermutungen in Anlehnung an allgemeine Ausführungen der medizinischen Fachliteratur, wenn er z. B. unter Bezugnahme auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, ausführte, dass Band-scheibenschäden lange Zeit unerkannt bleiben "können". Die Feststellungen des Dr. E hält er für nicht überzeugend, weil man bedenken müsse, wie schwer die LWS beim Abgleiten der Stahlplatte insgesamt belastet worden sein müsse; es sei daher "durchaus möglich", dass ein vorzeitiger Alterungsprozess auch anderer Bandscheiben in unmittelbarer Nähe des Wirbelbru-ches eingeleitet worden sei, um dann nach Jahren zumindest zu einer Bandscheibenvorwölbung zu führen (Seite 13 des Gutachtens). Derartige Vermutungen vermögen die notwendigen tat-sächlichen Feststellungen einer entsprechenden Schädigung jedoch bereits grundsätzlich nicht zu ersetzen, was umso mehr gilt, wenn das Erscheinungsbild der Schädigung gegen eine Ver-ursachung durch den Unfall spricht, wie die übrigen Sachverständigen überzeugend begründet haben.
Der Kläger hat vorliegend auch keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die bei ihm beste-hende Blasenentleerungsstörung Folge des erlittenen Unfalles ist. Das Gericht schließt sich hierbei den Feststellungen der Gutachter Dr. Z, Dr. E und Dr. D an, die übereinstimmend zu dem Ergebnis kamen, dass die Blasenentleerungsstörung nicht Unfallfolge ist. Insbesondere Dr. D führte nachvollziehbar unter Auswertung der von Dr. E für das orthopädische Gebiet getroffenen Feststellungen aus, dass zunächst einmal eine neurogene Blasenentleerungsstörung nicht eindeutig festgestellt werden könne. Abgesehen davon setze dies die Feststellung einer Nervenschädigung voraus, die jedoch vorliegend weder im Rahmen des primären Unfallge-schehens noch in nachfolgenden Untersuchungen nachgewiesen worden sei. Hierauf hat auch Dr. Ehingewiesen, der ausführte, dass neurologische Probleme nach dem Unfall weder anam-nestisch noch in den medizinischen Unterlagen über Untersuchungen nach dem Unfall berich-tet worden seien. Im Arztbrief des Facharztes für Orthopädie Dr. G vom 21. August 1987 wur-de lediglich ein Zustand nach stabiler Kompressionsfraktur beschrieben. In der Epikrise zum stationären Aufenthalt vom 03. bis 14. November 1986, Prof. Dr. Z/ Dipl. Med. W, ist aus-drücklich vermerkt, dass neurologische Störungen nicht bestanden haben.
Dr. D führt ferner aus, dass nach umfangreichem Aktenstudium Brückensymptome zwischen dem Unfallgeschehen und den ersten Zeichen der erst acht Jahre später aufgetretenen Blasen-entleerungsstörungen fehlten. Auch hierbei schließe er sich den Ausführungen des Dr. E in vollem Umfange an, da auch als Spätreaktion in der Bildgebung keine Hinweise auf eine Druckschädigung von spinalen Strukturen nachzuweisen gewesen seien. Dieser Einschätzung wird vorliegend gefolgt. Dr. V geht zwar aufgrund von Angaben des Klägers davon aus, dass Brückensymtome aufgrund von zeitnah nach dem Unfall verspürten ersten Miktionsstörungen bestanden hätten. Derartige Brückensymptome konnten jedoch nicht durch Arztkontakte bes-tätigt werden und widersprechen zudem anders lautenden Angaben in den vorhandenen ärztli-chen Unterlagen. Erst 1994 kam es danach zum Auftreten von Blasenentleerungsstörungen, die so erheblich waren, dass der Kläger sich deswegen in ärztliche Behandlung begab. So ist im Entlassungsbericht des Krankenhauses im F vom 16. Juni 1997 ausgeführt, dass der Kläger 1994 "Steine" im Urin bemerkt habe; er habe keine Miktionsbeschwerden gehabt. Es sei eine medikamentöse Behandlung begonnen worden, im weiteren Verlauf aber aufgrund subjektiver Beschwerdefreiheit abgebrochen worden. 1996 habe er erneut kristalline Substanzen beim Wasserlassen bemerkt. Diese Zeitangaben stimmen überein mit den Angaben des Klägers ge-genüber Dr. Z, wo Entleerungsstörungen der Blase seit 1996 angegeben wurden. Dementspre-chend ging Dr. D zu Recht trotz Kenntnis und Auswertung des Gutachtens des Dr. V vom Auf-treten von Miktionsbeschwerden seit 1994 aus und verneinte das Bestehen von Brückensym-ptomen.
Den Ausführungen des Dr. V zu einer wahrscheinlichen Verursachung der Blasenentleerungs-störung durch den Unfall konnte nach allem nicht gefolgt werden. Dr. V hält zwar eine neuro-gene Entleerungsstörung für "vermutlich" gegeben, wodurch er den unterschiedlichen Bewer-tungen nach den stationären Aufenthalten des Klägers Rechnung trägt. Dies ist jedoch nicht ausreichend. Denn Dr. D hat hierzu unter Auswertung der Entlassungsberichte des Kranken-hauses im F ausgeführt, dass eine neurogene Schädigung gerade nicht nachgewiesen ist. Jeden-falls aber wurden zeitnah zum Unfall keine neurologischen Störungen festgestellt, wie bereits ausgeführt wurde und worauf zu Recht bereits im erstinstanzlichen Urteil hingewiesen wurde. Nach allem konnte daher insoweit nur der Einschätzung des Dr. D gefolgt werden, dass eine unfallbedingte neurogene Störung nicht besteht.
Zu den seitens des Klägers gegen die Bestellung des Dr. D als Sachverständigen erhobenen Einwänden ist anzumerken, dass Dr. V diesen in seinem Gutachten (Seite 16) als besonderen Spezialisten auf dem Gebiet der neurogenen Blasenentleerungsstörung bezeichnet hatte; zudem hatte sich Dr. D in seiner Stellungnahme gegenüber Dr. V vom 23. Januar 2006 der Problema-tik gegenüber aufgeschlossen gezeigt und Ratschläge zur Darlegung der Kausalkette gegeben, so dass Bedenken gegenüber dessen Unvoreingenommenheit jedenfalls nicht von Klägerseite in Betracht kamen.
Die Gewährung einer Verletztenteilrente kommt nicht in Betracht, da der allein als Unfallfolge anzuerkennende knöchern stabil ausgeheilte Bruch des 3. Lendenwirbelkörpers nicht zu einer MdE in messbarem Grade geführt hat.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG bestanden nicht.
Rechtskraft
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