Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 4 U 204/02
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 204/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Annahme einer ausreichenden beruflichen Exposition für eine Berufskrankheit nach Nr. 3101 BKV bei einem an Hepatitis B erkrankten Auslandsmonteur ist der Nachweis einer konkreten Gefähhrdungssituation erforderlich, in der eine Übertragung der Krankheit erfolgt sein kann.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 02. September 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin ihres am. 2005 verstorbenen Ehemannes. (Versicherter) die Feststellung der Hepatitis-B-Erkrankung des Versicherten als Berufskrankheit (BK) im Sinne der Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrank-heitenverordnung (BK-Nr. 3101 BKV).
Der am. 1939 geborene Versicherte war nach einer Ausbildung zum Montageschlosser und anschließender Tätigkeit in diesem Beruf (1953 bis 1958) sowie nachfolgender Ableistung von Militärdienst (1958 bis 1960) von 1960 bis 1995 in einem metallverarbeitenden Betrieb als Schlosser, Monteur, Musterbauschlosser und Abteilungsleiter be-schäftigt. In der Zeit von 1963 bis 1978 war er als Auslandsmonteur mit der Montage, Reparatur und Inbetriebnahme von Fertigungsanlagen für Konservendosen befasst und hielt sich in dieser Zeit in Bulgarien, der CSSR, Ungarn, Rumänien, Polen, China, der UdSSR, im Iran und insbesondere vom 21. Februar bis 17. Mai 1969 in Vietnam auf. Von 1995 bis 1998 übte er im Rahmen einer ABM Abriss- und Aufräumarbeiten aus und war anschließend bis zum Bezug von Altersrente arbeitslos. Am 24. April 2001 zeigte die Krankenkasse des Versicherten der Beklagten den Verdacht einer Berufskrankheit in Gestalt der Erkrankung des Versicherten an einer Virushepatitis an.
Im Rahmen der von der Beklagte eingeleiteten Ermittlungen hinsichtlich des Vorliegens einer Berufskrankheit wurde unter anderem einen Untersuchungsbogen für Tropenreisende vom 24. Januar 1969 beigezogen, in welchem dem Versicherten nach einer Untersuchung und unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde Tropentauglichkeit für einen geplanten dreimonatigen Aufenthalt in Vietnam bescheinigt wurde. In einem weiteren Untersuchungsbogen für Tropenreisende für Zwischen und Nachuntersuchungen vom 08. Juli 1969, ist vermerkt, dass der Versicherte an zehn Tagen im Februar/März 1969 an einer starken Durchfallerkrankung gelitten habe. Nach Blutbildnormalisierung bestehe wieder Tropentauglichkeit. Die Leber sei bei normaler Konsistenz zwei bis drei Querfinger unter dem rechten Rippenbogen tastbar gewesen. Der Versicherte gab gegenüber der Beklagten in einem Fragebogen am 25. Juni 2001 an, seine Rückkehr aus Vietnam sei im Mai/Juni 1969 erfolgt, er sei somit mit dem Aufbau von Maschinen und Anlagen in das Kriegsgeschehen eingebunden gewesen, mit ständigen Angriffen bemannter und unbemannter Flugzeuge und der Zerstörung des Landes und der daraus resultierenden Hungersnot.
Der Beklagten lag weiterhin ein Arztbrief der Kliniken E. (Dr. Z1 ) vom 01. September 2000 vor, wo der Versicherte vom 08. bis 25. August 2000 stationär behandelt worden war. Dort wurden als Diagnosen genannt: akute Hepatitis B mit infekttoxischer Knochenmarkdepression und Panzytopenie, anamnestisch Zustand nach Borreliose, anamnestisch Zustand nach Morbus Boeck, solitäre flache Ulceration im Oesophagus (ventral), Refluxoe-sophagitis (Stadium 1) und axiale Hiatusgleithernie. Der Versicherte sei initial wegen des Verdachtes auf eine Borreliose mit Akrodermatitis chronica atrophicans am rechten Bein stationär eingewiesen worden. Er habe eine Gewichtsabnahme von ca. 4 kg in den letzten neun Monaten, Ekel vor Wurst und Fleisch, insgesamt Appetitlosigkeit, vor allem nächtliche Krämpfe in den Beinen und Oberbauchschmerzen beschrieben. Eine Gelbfärbung der Haut habe er nicht bemerkt. Im August 1999 habe er in Ungarn mutmaßlich einen Zeckenbiss durchgemacht. Aus der Eigenanamnese sei ein Morbus Boeck seit einem Vietnam Aufenthalt Ende der 60er Jahre bekannt. Dort sei der Versicherte fünf Monate als Monteur tätig gewesen, nach seiner Rückkehr sei eine Lungensarkoidose festgestellt worden. Die umfangreiche Diagnostik habe eine akute Hepatitis B ergeben. Die Hepatitisserologie ergab unter anderem ein positives HBe-Antigen.
Im Bericht des H Klinikums. vom 01. März 2001, wo sich der Versicherte vom 23. Januar 2001 bis 23. Februar 2001 zur stationären Behandlung befand, wurde als Diagnose insbesondere eine portal dekompensierte posthepatitische (Hepatitis B) Leberzirrhose genannt. Die stationäre Aufnahme sei wegen zunehmender Schmerzen im gesamten Oberbauch mit Schmerzverstärkung nach dem Essen erfolgt. Außerdem habe der Versicherte seit etwa vier Wochen Fußrückenödeme und eine zunehmende Belastungsdyspnoe beo-bachtet. Die Laparoskopie vom 29. Januar 2001 habe den Befund einer mittelknotigen Leberzirrhose mit beginnenden Zeichen der portalen Hypertension ohne Nachweis von Aszites ergeben. Der Versicherte sei zur Lebertransplantation angemeldet worden.
Durch das Klinikum der F ... Universität. wurde nach einem stationären Aufenthalt des Versicherten dort vom 15. bis 22. März 2001 im Arztbrief vom 27. März 2001 als Diagnose eine Leberzirrhose auf dem Boden einer chronisch replikativen Hepatitis-B Infektion genannt.
In einer von der Beklagten angeforderten gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 12. November 2001 führte die Fachärztin für Arbeitsmedizin D1 aus, dass bei Montagetätigkeiten wie sie der Versicherte als Auslandsmonteur im Ausland ausgeführt habe kein erhöhtes Infektionsrisiko gegenüber Hepatitis B Viren vorliege, da normalerweise kein berufsbedingter Kontakt zu Blut oder anderen Körperflüssigkeiten infizierter Menschen bestehe. Der Versicherte sei erst im August 2000 an einer akuten Hepatitis B erkrankt, die in eine chronische Form der Leberzirrhose übergegangen sei. Die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr. 3101 der Berufskrankheitenverordnung könne nicht vorgeschlagen werden, da zwischen der beruflichen Tätigkeit und dem Infektionszeitpunkt bzw. Erkrankungsbeginn kein zeitlicher Zusammenhang bestehe.
Mit Bescheid vom 04. Februar 2002 verneinte die Beklagte einen Anspruch des Versicherten auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass bei Montagetätigkeiten im Ausland kein erhöhtes Infektionsrisiko für Hepatitis B vorliege, da zum einen normalerweise kein berufsbedingter Kontakt zu Blut oder anderen Körperflüssigkeiten infizierter Menschen bestehe und zum anderen auch in Mitteleuropa eine geringgradige Durchseuchung der Bevölkerung mit He-patitis B vorliege. Hepatitis B sei die zweithäufigste Infektionskrankheit in der BRD. Weiterhin fehle es an der zeitlichen Verbindung zwischen den angeschuldigten Auslandseinsätzen und der Erkrankung. Die Inkubationszeit der Hepatitis B betrage 30 bis 180 Tage. Der Versicherte sei im August 2000 an einer akuten Hepatitis B erkrankt, also erst 22 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit als Auslandsmonteur. Eine BK Nr. 3101 BKV könne daher nicht vorliegen. Für das Vorliegen einer anderen Berufskrankheit ergäben sich keine Anhaltspunkte.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch führte der Versicherte aus, im August 2000 sei eine vorschnelle Diagnose einer akuten Hepatitis B gestellt worden. Bereits im Januar 2001 sei eine posthepatitische Leberzirrhose gesichert worden. Eine solche entwickle sich nicht in vier Monaten. Zudem könne die Epidemiologie der Hepatitis B in Deutschland nicht mit der Epidemiologie der asiatischen Länder verglichen werden, die er in seiner Tätigkeit als Auslandsmonteur besucht habe.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2002 den Widerspruch zurück. Der Versicherte sei bei seiner Tätigkeit einer Infektionsgefahr nicht in einem einer Tätigkeit im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium ähnlichen Maße ausgesetzt gewesen. Ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung an Hepatitis B und den beruflichen Tätigkeiten mit Auslandsaufenthalt sei nicht hinreichend wahrscheinlich.
Mit der hiergegen am 14. August 2002 erhobenen Klage zum Sozialgericht Chemnitz (SG) hat der Versicherte sein Begehren weiter verfolgt. Es sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass er bei seinen Auslandsaufenthalten in den Unterkünften, Fabriken, im Dschungel und in Krankenhäusern sowie überall und bei jedem Händedruck mit Blut, Schmutz, Kot und Erbrochenem konfrontiert worden sei. Um zu überleben, habe er mutmaßlich verseuchte Lebensmittel zu sich nehmen müssen. Ob das Trinkwasser abgekocht gewesen sei, habe nicht geprüft werden können, ebenso wenig, ob die Labors der aufzubauenden Konservenfabriken verseucht gewesen seien. Seine deutsch-vietnamesischen Arbeitsgruppe habe blutbesudelte Menschen ins Krankenhaus gebracht. Bei Bombenangriffen habe er sich in jedes Loch oder Versteck geworfen, egal ob dort vorher Vietnamesen ihre große und kleine Notduft verrichtet hätten. Er sei halbverhungert heimgekehrt und wegen seiner Gelbfärbung im Gesicht von allen "Onkel Ho" genannt worden. Weiterhin legte der Versicherte ein Schreiben des ehemaligen Betriebsleiters H. an den behandelnden Arzt Dr. H1 vom 18. Februar 1993 vor, wonach der Versicherte die Montageaufgaben in Vietnam "unter schwierigen Bedingungen der Verpflegung und Unterbringung sowie komplizierten Arbeitsbedingungen" erfolgreich gelöst habe.
Auf Veranlassung des SG hat am 30. März 2004 der Chefarzt der 2. Klinik für Innere Medizin des Klinikums S. Prof. Dr. R1 nach einer Untersuchung des Versicherten ein Gutachten erstellt.
Hepatitis B sei eine der häufigsten Infektionskrankheiten. Ca. fünf bis sieben Prozent der Weltbevölkerung seien chronisch mit Hepatitis B infiziert Bereits innerhalb von Europa finde man eine ausgeprägte regionale Verbreitung. In Nordwesteuropa seien 0, 1 Prozent, in Ost und Südeuropa bis 8 Prozent chronisch mit Hepatitis B infiziert. Die Übertragung erfolge durch kleinste Mengen Blut, über winzige Verletzungen der Haut oder Schleimhaut. In geringerer Konzentration sei das Virus im Speichel, Tränenflüssigkeit, Sperma oder Vaginalsekret nachweisbar, so dass sexuelle Kontakte zu Übertragung führen könnten. In ca. dreißig Prozent der Infektionen lasse sich der Infektionsweg anamnestisch nicht eindeutig klären. Bei ca. 10 Prozent der Infizierten entwickle sich eine chronische Verlaufsform. Hier unterscheide man die chronisch persistierende Hepatitis B mit relativ gutartigem Verlauf von der chronisch aktiven Hepatitis B, die mit entzündlichen Schüben einhergehe und in eine Leberzirrhose übergehen könne. Die Entwicklung einer Leberzirrhose könne relativ rasch ablaufen, aber auch Jahrzehnte dauern. Ein Einflussfaktor sei auch der Alkoholkonsum, der die Prognose deutlich verschlechtern könne.
Es müsse festgestellt werden, dass es sich beim Versicherten im August 2000 nicht um eine akute Virushepatitis B Infektion gehandelt haben könne. Sehr wahrscheinlich habe es sich um einen dystrophen Schub einer bereits bestehenden Leberzirrhose auf dem Boden einer chronischen Virushepatitis B gehandelt. Die Ausbildung der schweren Leberzirrhose könne nicht von August 2000 bis Januar 2001 erfolgt seien. Da der Versicherte nie an einer Gelbsucht erkrankt gewesen sei, könne der genaue Infektionszeitpunkt nicht bestimmt werden. Hier müssten infektionsepidemiologische Aspekte berücksichtigt werden. Die Lebensverhältnisse des Versicherten während des Vietnamkrieges seien ausgesprochen schlecht gewesen. Es sei anzunehmen, dass der Versicherte während dieses Aufenthaltes einem erhöhten Infektionsrisiko gegenüber Hepatitis B ausgesetzt gewesen sei (intensive Blutkontakte über möglicherweise nichtintakte Haut, ärztliche Behandlung unter schlechtesten hygienischen Verhältnissen). Hierbei sei unerheblich, dass die Infektionsgefahr nicht im direkten Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit als Monteur gestanden habe, da der Versicherte während des Auslandeinsatzes auch in seiner Freizeit einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen sei. Der Versicherte gehöre keiner Risikogruppe an. Auch ein Infektionsweg über Blut oder Blutprodukte während der 70er Jahre in Deutschland sei nicht sehr wahrscheinlich, da der Versicherte niemals operiert worden sei und keine Bluttransfusion erhalten habe. Eine Infektion durch Intimkontakte oder durch nicht zuverlässig sterilisierte Instrumente könne jedoch nicht sicher ausgeschlossen werden. Da die Entwicklung einer Leberzirrhose in Folge einer Virushepatitis B von wenigen Jahren bis zu Jahrzehnten dauern könne, sei eine Infektion im Zeitraum von 1963 bis 1978 durchaus möglich. Ein genauerer Infektionszeitpunkt könne jedoch nicht benannt werden. Aufgrund der hohen HBsAg Prävalenz (Vorkommen unter der Bevölkerung) von heute ca. 12 Prozent, damals möglicherweise noch höher, müsse von einem quantitativ und statistisch erhöhten lnfektionsrisiko (vergleichbar mit einer Tätigkeit im Gesundheitsdienst) ausgegangen werden. Andere Infektionsrisiken im Inland hätten aufgrund der Anamnese nicht erhoben werden können.
In ihrer Stellungnahme zum Gutachten hat die Beklagte darauf hingewiesen, den Unterlagen des ehemaligen Arbeitgebers des Versicherten sei nicht zu entnehmen, dass der Montageeinsatz im Kriegsgebiet stattgefunden habe. Es sei lediglich dargelegt worden, dass der Montageeinsatz unter schwierigen Bedingungen der Verpflegung und Unterbringung in verschiedenen Orten Nordvietnams sowie komplizierten Arbeitsbedingungen stattgefunden habe. Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte verletzte Kollegen ins Krankenhaus gebracht und oft verletzten Vietnamesen geholfen habe, ergäben sich aus den Unterlagen nicht und seien anlässlich der Begutachtung erstmals vorgetragen worden. Selbst wenn man unterstelle, dass der Versicherte während seines Auslandseinsatzes als Monteur in Vietnam einer gegenüber der allgemeinen Bevölkerung wesentlich größeren Infektionsgefahr hinsichtlich Hepatitis B Viren ausgesetzt gewesen sei, sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Erkrankung rechtlich wesentlich durch die mit Vollbeweis nachzuwei-sende schädigende Einwirkung verursacht worden sei. So seien andere Infektionsrisiken im Inland nicht ausgeschlossen worden. Auch sei nicht ausreichend belegt, dass es sich im August 2000 nicht doch um eine akute Virushepatitis B gehandelt habe. Anlässlich der medizinischen Behandlung habe eine umfangreiche Diagnostik stattgefunden, die eine akute Hepatitis B ergeben habe. Im März 2001 sei die akute Hepatitis B in eine chronische Verlaufsform übergegangen. Hinzu komme, dass der zeitliche Zusammenhang zwischen der unterstellten Gefährdung im Beruf und dem Auftreten der ersten Symptome bzw. dem Zeitpunkt der Diagnosestellung nicht gewahrt sei. Die Inkubationszeit der Hepatitis betrage zwei bis sechs Monate. Anhaltspunkte dafür, dass beim Versicherten nach dem Aufenthalt in Vietnam im Jahr 1969 eine akute Hepatitis B bestanden habe, lägen nicht vor. Selbst wenn man unterstelle, dass der Versicherte im August 2000 nicht aufgrund einer akuten, sondern einer chronischen Hepatitis B erkrankt gewesen sei, sei ein zeitlicher Zusammenhang nicht gegeben. Der Gutachter habe selbst ausgeführt, dass die Entwicklung einer Zirrhose bei einer chronischen Verlaufsform relativ rasch ablaufe, aber durchaus auch Jahrzehnte dauern könne. Bei etwa 50 Prozent der chronisch infizierten Patienten entwickle sich eine Zirrhose ohne Therapie einer chronischen Hepatitis B nach fünf Jahren. Damit fehle auch bei Annahme einer chronischen Hepatitis B ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der beruflichen Tätigkeit.
Der Versicherte hat ergänzend vorgetragen, er habe sich in N. aufgehalten, wo täglich und stündlich Angriffe stattgefunden hätten. Er habe regelmäßig Verletzte verbunden, da es durch die ständigen Bombenangriffe mit Granaten zu Verletzten und Toten gekommen sei. Es habe ohne Schutzmittel wie Handschuhe gearbeitet worden und sei mit dem Blut der Betroffenen in Kontakt gekommen.
Hierauf erwidernd hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass in dem vom Kläger genannten Gebiet seit der Tet-Offensive im Jahr 1968 die Bombenangriffe eingestellt worden seien, so dass erhebliche Zweifel daran bestünden, dass der Versicherte im noch laufenden Kriegsgeschehen eingesetzt gewesen sei.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 02. September 2005 die Klage abgewiesen. Eine Feststellung der Erkrankung als BK Nr. 3101 BKV komme nicht in Betracht, da die Voraussetzungen dieser Berufskrankheit nicht gegeben seien. Zwar sei der Versicherte an einer Infektionskrankheit i. S. der BK Nr. 3101 BKV erkrankt; auch könne mit dem gerichtlicherseits bestellten Gutachter davon ausgegangen werden, dass der Versicherte im Jahr 2000 nicht an einer akuten Hepatitis B erkrankt gewesen sei, sondern dass es sich um eine Erkrankung aufgrund einer bereits bestehenden chronischen Hepatitis B gehandelt habe.
Angesichts der beruflichen Tätigkeit des Versicherten und dem von ihm vermuteten und geltend gemachten Ansteckungszeitraum Januar bis Mai 1969 komme als mögliche Berufskrankheit nur die 4. Alternative der BK Nr. 3101 BKV in Betracht. Es könne jedoch nicht im Sinne des Vollbeweises davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Tätigkeit des Versicherten als Auslandsmonteur um eine Tätigkeit gehandelt habe, bei welcher er der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße wie ein im Gesundheitsdienst bzw. der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium Tätiger ausgesetzt gewesen sei. Hierfür sei Vor-aussetzung, dass die Infektionsquelle im Bereich der Berufstätigkeit nachgewiesen sei. Weiter müsse im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sein, dass die Berufstätigkeit mit besonderen, über das verkehrsübliche Maß hinaus gehenden Infektionsgefahren verbunden war, d. h., dass während der Inkubationszeit mittelbarer oder unmittelbarer Kontakt mit erkrankten Personen bestanden haben muss. Vorliegend existierten keine Anhaltspunkte dafür, dass einer der vom Versicherten versorgten Verletzten mit Hepatitis B Viren infiziert war; entsprechende Erkenntnisse können auch nicht mehr gewonnen werden. Auch im Ubrigen gebe es keine konkreten Hinweise auf eine mögliche Ansteckungsquelle. Ohne den Nachweis eines unmittelbaren oder mittelbaren beruflichen Kontaktes mit einer entsprechend erkrankten Person während der Ansteckungszeit könne aber eine besondere, über das normale Maß hinausgehende Gefährdung nur dann angenommen werden, wenn davon ausgegangen werden könne, dass jedenfalls regelmäßig ein gewisser Prozentsatz der Personen, mit denen der Erkrankte beruflich in Kontakt war, unerkannt an der jeweiligen Krankheit erkrankt gewesen sei und dass es sich deshalb um eine besonders gefährdende Tätigkeit gehandelt habe. Da vorliegend keinerlei Erkenntnisse dazu existierten, in welchem Maße ein Durchseuchungsgrad hinsichtlich Hepatitis B bei den Menschen bestand, mit denen der Versicherte 1969 in Vietnam in Kontakt war, könne vorliegend nicht im Sinne des Vollbeweises festgestellt werden, dass der Versicherte einer Infektionsgefahr in besonderem Maße ausgesetzt gewesen sei. Selbst wenn jedoch wegen eines ggf. grundsätzlich höheren Durchseuchungsgrades in der damaligen Bevölkerung in Vietnam angenommen werde, dass der Versicherte der Infektionsgefahr in besonders hohem Maße ausgesetzt gewesen sei, wäre nicht wahrscheinlich im oben dargelegten Sinne, dass eine Infektion tatsächlich im ersten Halbjahr 1969 erfolgt sei. Insoweit wäre mindestens erforderlich, dass der Versicherte unter Berücksichtigung des Beginns der Erkrankung während der Inkubationszeit in einem unmittelbaren oder mittelbaren beruflichen Kontakt zu ansteckungsfähi-gen Personen gestanden habe, die an der jeweiligen Infektionskrankheit litten. Auch ein allgemein höherer Durchseuchungsgrad in der vietnamesischen Bevölkerung mit Hepatitis B Viren begründe allein noch keine Wahrscheinlichkeit für eine Ansteckung des Versicherten z. B. als Folge des Versorgens von verletzten Virusträgern. Angesichts dessen, dass sich der Versicherte 1963 bis 1978 regelmäßig in Gebieten aufgehalten habe, in wel-chen von einem höheren Durchseuchungsgrad hinsichtlich Hepatitis B Erkrankungen aus-gegangen werden könne, könne sich der Versicherte auch bei außerberuflichen, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehenden Kontakten zu einem anderen Zeitpunkt während eines Aufenthaltes in einem Land mit einem hohen Durchseuchungsgrad an Hepatitis B infiziert haben. Wegen des Fehlens konkreter Anhaltspunkte für eine Infektion im geltend gemachten Zeitraum könne auch unter Zugrundelegung des Wahr-scheinlichkeitsmaßstabes jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich bei einer dem Schutzbereich der versicherten Tätigkeit unterfallenden Tätigkeit die Infektion zugezogen habe. Insoweit sei auch der lange und für eine Hepatitis B-Erkrankung untypische Zeitraum von ca. 20 Jahren zwischen geltend gemachtem Infektionszeitpunkt und Erkrankung zu beachten. Eine Anerkennung der Hepatitis B Erkrankung des Versicherten als Folge eines Arbeitsunfalles sei nicht Gegenstand des Verfahrens, hätte aber auch nicht für einen für die Klägerin günstigen Ausgang des Verfahrens führen können. Auch insoweit hätte im Sinne des Vollbeweises festgestellt werden müssen, dass ein vom Versicherten versorgter Verletzter Virusträger oder an Hepatitis B erkrankt gewesen wäre bzw. dass sich der Versicherte die Erkrankung in Ausübung einer dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallenden Tätigkeit zuzog.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29. September 2005 zugestellte Urteil hat diese am 26. Oktober 2005 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Aus dem Gutachten von Prof. Dr. R1 ergebe sich, dass eine Ansteckung des Ver-sicherten in Vietnam sehr wahrscheinlich sei. Zwar möge der Versicherte als Auslandsmonteur keiner Tätigkeit nachgegangen sei, bei welcher er der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße wie bei Tätigkeiten im Gesundheitsdienst, der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium ausgesetzt gewesen sei, in Betracht komme jedoch eine Versicherteneigenschaft nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII. Der Versicherte habe mehrfach geschildert, dass er bei Unglücksfällen bzw. gemeiner Gefahr oder Not Hilfe geleistet habe, wobei ange-sichts des Versterbens des Versicherten der Klägerin Beweiserleichterungen einzuräumen seien. Es stelle sich auch die Frage, ob keine Erkenntnisse zum Durchseuchungsgrad mehr gewonnen werden könnten. Auch sei es wahrscheinlicher, dass sich der Kläger eine Infek-tion in dem Zeitraum zugezogen habe, in welcher er vermehrt mit blutenden Personen habe umgehen müssen, wobei auch nach der Tet-Offensive noch Bombardements in Nordvietnam stattgefunden hätten. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei auch zu prüfen gewesen, ob die Voraussetzungen des § 1150 Abs. 2 RVO vorlägen. Unzutreffend sei auch, dass die Anerkennung einer Hepatitis-B-Erkrankung des Versicherten als Folge eines Arbeitsunfalls nicht Gegenstand des Verfahrens sei. Die von der Klägerin dargelegten Geschehensabläufe seien von Amts wegen zu würdigen.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 02. September 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 04. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2002 aufzuheben und festzustellen, dass die Hepatitis-B-Erkrankung des verstorbenen Ehegatten der Klägerin eine Berufskrankheit ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Be-scheid der Beklagten vom 04. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG daher die Klage zutreffend mit dem angefochtenen Urteil vom 02. September 2005 abge-wiesen.
1. Zu entscheiden hatte der Senat entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung durch die Klägerin gestellten Antrag nur über die Frage, ob die Virushepatitis B des Versicherten eine Berufskrankheit darstellt. Nicht mehr verfahrensgegenständlich war hingegen die Feststellung der Erkrankung als Folge eines Arbeitsunfalls.
2. Das SG und die Beklagte sind zu Recht davon ausgegangen, dass bei dem Versicherten der Versicherungsfall einer BK-Nr. 3101 BKV nicht vorliegt.
a) Vorliegend ist die BK-Nr. 3101 BKV i.V.m. § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) maßgeblich, weil der Versicherungsfall nicht vor dem 01. Januar 1997 eingetreten ist (§ 212 SGB VII). Nach § 9 Abs. 5 SGB VII ist nämlich zur Bestimmung des Zeitpunktes des Versicherungsfalles bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen. Vorliegend sind erstmalig anlässlich des Krankenhausaufenthalts vom 08. bis 25. August 2000 beim Versicherten Befunde erhoben worden, aufgrund derer eine Hepatitis B diagnostiziert wurde. Anhaltspunkte für eine vorherige Ar-beitsunfähigkeit, Behandlungsbedürftigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund dieser Erkrankung bestehen nicht und wurden vom Versicherten auch nicht geltend gemacht. Aus diesem Grunde sind für die Feststellung einer Berufskrankheit auch nicht die an einen vor dem 01. Januar 1992 eingetretenen Versicherungsfall anknüpfenden Sondervorschriften des § 1150 Abs. 2 und 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. § 215 Abs. 1 SGB VII maßgeblich.
b) Der Versicherungsfall einer BK-Nr. 3101 BKV liegt beim Versicherten nicht vor.
Die BK-Nr. 3101 BKV erfasst "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war".
Vorliegend war der Versicherte an einer Infektionskrankheit im Sinne der BK-Nr. 3101 BKV, nämlich einer Virushepatitis B, erkrankt. Es fehlt allerdings daran, dass nicht im Sinne des Vollbeweises eine ausreichende berufliche Exposition nachgewiesen ist.
Für das Vorliegen des Tatbestandes der Berufskrankheit ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (so genannte haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Tätigkeit und der Erkrankung andererseits (so genannte haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädi-genden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (vgl. etwa BSG, Urteil vom 22. August 2000 - B 2 U 34/99 R).
Die zumindest erforderliche Wahrscheinlichkeit eines solchen ursächlichen Zusammen-hangs ist bei einer BK Nr 3101 gegeben, wenn nachgewiesen ist, dass der (im Gesund-heitsdienst beschäftigte) Versicherte bei der Berufstätigkeit - sei es durch einen Patienten, einen Mitarbeiter oder auf sonstige Weise - einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen ist. Bei diesem Nachweis kann dann in der Regel auch davon ausgegangen werden, dass sich der Versicherte die bei ihm aufge-tretene Infektionskrankheit durch seine besondere berufliche Exposition zugezogen hat. Die Annahme, dass ein Versicherter bei seiner Tätigkeit einer Hepatitis-B-Exposition besonders ausgeliefert war, erfordert unter Berücksichtigung des Beginns der Erkrankung den Nachweis, dass entweder (a) ein unmittelbarer oder mittelbarer beruflicher Kontakt mit an Hepatitis B erkrankten Personen bestanden hat oder (b) der prozentuale Anteil Hepati-tis-B-infektiöser Patienten in den Einrichtungen, in denen der Versicherte tätig war, deutlich höher war als in der Normalbevölkerung oder (c) die Art der Tätigkeit als solche be-sonders hepatitisgefährdend war (BSG, Urteil vom 24. Februar 2004 – B 2 U 13/03 R – SozR 4-2700 § 9 Nr. 3 m.w.N.).
Vorliegend kommt aufgrund der Erwerbsbiografie des Versicherten nur die vierte Alterna-tive der BK-Nr. 3101 BKV ("durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnli-chem Maße besonders ausgesetzt") in Betracht. Die vorgenannten – für Bedienstete im Gesundheitswesen entwickelten - Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität bedürfen für diese Fallkonstellation weiterer Modifikation. Diese Alternative beinhaltet nämlich keinen Auffangtatbestand für jene Fälle, die nicht unter die ersten drei Alternativen einzuordnen sind. Die Gefährdungstatbestände stehen vielmehr in einem von der sozialen Schutzwürdigkeit bestimmten Zusammenhang, so dass auch hier eine der versicherten Tätigkeit innewohnende besondere Infektionsgefährdung vorhanden sein muss; die Tätigkeit muss indessen nicht den Alternativen 1 bis 3 wesensgleich sein. Maßgebend für die Anerkennung ist vielmehr, dass der Versicherte im Einzelfall durch eine gleich wie geartete versicherte Tätigkeit unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten, bekanntermaßen mit Infektionsgefahren verbundenen Unternehmen der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße ausgesetzt war wie die im Gesundheitsdienst Tätigen, die bei ihrer Arbeit erfahrungsgemäß in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung gefährdet sind. Das bloße Vorhandensein einer Gefährdung reicht anders als bei den Alternativen 1 bis 3 nicht aus und die zufällige Ansteckung durch einen erkrankten Mitarbeiter ist nicht geschützt (dazu Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung (BKV), Stand 01/2007, Anm. 6.1, 6.2 und 6.3 zu M 3101 m.w.N.). Voraussetzung ist also, dass im Rahmen einer versicherten Tätigkeit das Infektionsrisiko ebenso hoch ist wie dasjenige von Versicherten im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium, deren erhöhtes Risiko sich aus dem Umstand ergibt, dass von der BK-Nr. 3101 BKV von Mensch zu Mensch übertragbare Krankheiten erfasst werden. In ähnlichem Maße der Infektionsgefahr ausgesetzt wie die typischerweise mit engem Kontakt zum Körper oder zu Körperflüssigkeiten einhergehenden Tätigkeiten im Gesundheitsdienst, der Wohlfahrtspflege oder einem Laboratorium sind daher z. B. Wartungs-, Instandsetzungs- oder Entsorgungsarbeiten in medizinischen, wohlfahrtspflegerischen Einrichtungen oder Laboratorien (vgl. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK-Nr. 3101 BKV unter I., abgedruckt bei Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 3101). Ein Risiko in ähnlichem Maße kann auch bei Tätigkeiten in der Gentechnik, Biotechnologie, in Abwasser- und Kläranlagen bestehen (a.a.O.). Erfasst werden von der vierten Alternative der BK-Nr. 3101 BKV auch Versicherte, für ein andere Unternehmen, etwa einen Handwerksbetrieb, Arbeiten in Infektionsabteilungen eines Krankenhauses verrichten, oder Versicherte, die durch ihre Tätigkeit außerhalb der genannten Bereiche mit Kranken oder mit Krankheitserregern in Berührung kommen und dadurch der Erkrankungsgefahr in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., Anm. 6.3 zu M 3101).
Der Kläger war während seiner beruflichen Tätigkeit als Montageschlosser, Monteur, Musterbauschlosser und Abteilungsleiter in einem Betrieb zur Herstellung von Fertigungsanlagen tätig. Als mit einem besonderen Infektionsrisiko behaftet wurden vom Versicherten seine Auslandsmontagetätigkeiten in den Jahren 1963 bis 1978 geltend gemacht und hierbei insbesondere ein Aufenthalt in Vietnam von Februar bis Mai 1969. Die Tätigkeit als Monteur von Fertigungsanlagen gehen als solche – unabhängig von der Frage der Prävalenz der Erkrankung in der jeweiligen Region – nicht mit einem erhöhten Risiko einer Hepatitisinfektion einher. Insbesondere bestand die Tätigkeit des Klägers in Vietnam darin, eine Fertigungsanlage für die Herstellung von Konservendosen aufzubauen; es handelte sich also nicht um eine Montagetätigkeit beispielsweise gerade in medizinischen Einrichtungen oder Laboratorien.
Allerdings ist anerkannt, dass die erhöhte Ansteckungsgefahr auch in den klimatischen, hygienischen, sozialen und sonstigen Verhältnissen des Tätigkeitsortes begründet sein kann, an dem der Versicherte arbeiten und seine Freizeit verbringen muss (Mehr-tens/Brandenburg, a.a.O., Anm. 6.5 zu M 3101). Aber auch dabei muss das Risiko einer Infektion im Ausland höher sein als dasjenige der Gesamtbevölkerung in der BRD und ebenso hoch wie das des Pflegepersonals in Deutschen Krankenhäusern (Mehr-tens/Brandenburg, a.a.O., Anm. 6.5 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 16. Januar 1983, Rdschr. HVBG VB 81/83). Die vom Versicherten hierzu mehrfach ins Feld geführten schlechten Hygiene- und Versorgungsverhältnisse, insbesondere während seines Aufenthaltes in Vietnam, stellen kein erhöhtes Risiko zur Erkrankung an einer Virushepatitis B dar. Denn die Übertragung der Hepatitis B erfolgt – anders als bei der Hepatitis A - nicht durch Schmierinfektion bzw. fäkaloral, sondern parenteral durch Kontakt mit Blut, Blutprodukten, über Sekrete oder Exsudate. Außerberuflich erfolgt die Infektion hauptsächlich über Sexualkontakte oder intravenösem Drogenkonsum und beruflich vorwiegend über Stich- und Schnittverletzungen (vgl. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung unter III. 1.1. und 1.2., a.a.O.). Derartige Risikokontakte haben nach der Einlassung des Versicherten allenfalls bei der Versorgung von nach Bombenangriffen verwundeten Kollegen und Vietnamesen stattgefunden.
Hierzu ist allerdings – worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat - kritisch anzumerken, dass derartige Kontakte durch den Versicherten erstmals in der Klageschrift angedeutet und sodann anlässlich der ärztlichen Begutachtung durch Prof. Dr. R1 näher ausgeführt wurden. Im Schreiben des vormaligen Betriebsleiters H. an den behandelnden Arzt Dr. H1 vom 18. Februar 1993 war hingegen ebenso nur von schwierigen Bedingungen der Verpflegung und Unterbringung in verschiedenen Orten Nordvietnams sowie komplizierten Arbeitsbedingungen die Rede wie in den Schilderungen des Klägers im Verwaltungsverfahren. Auch ist der Einwand der Beklagten nicht von der Hand zu weisen, dass nach der Tet-Offensive, genauer gesagt auf Weisung des US-Präsidenten Johnson vom 31. Oktober 1968 (vgl. etwa: http://www.zeit.de/2004/17/Dossier Kasten?page=all), das Bom-bardement Nordvietnams völlig eingestellt wurde, so dass die vom Versicherten behauptete Einbeziehung in derartige Bombardements Anfang 1969 zumindest sehr fragwürdig erscheint.
Selbst wenn man all diese Gesichtspunkte außer Betracht lässt und zugunsten des Versicherten davon ausgeht, dass er auch in der Zeit zwischen Februar und Mai 1969 bei einem beruflichen Einsatz in Nordvietnam durch Kampfhandlungen verwundete Menschen erst-versorgt hat und weiter zugunsten des Versicherten unterstellt, dass im genannten Zeitraum in Vietnam ein signifikant erhöhter Durchseuchungsgrad mit Hepatitis B vorlag, kann doch nicht im Sinne des Vollbeweises festgestellt werden, dass die Berufstätigkeit mit besonderen, über das übliche Maß hinausgehenden Infektionsgefahren verbunden war. Wie bereits oben ausgeführt reicht hierfür anders als bei den ersten drei Alternativen der BK Nr. 3101 BKV bei der vierten Alternative das bloße Vorhandensein einer Gefährdung nicht aus, wenn nicht zugleich eine ähnlich risikobehaftete Tätigkeit ausgeübt wurde, wie sie für die Versicherten der drei ersten Alternativen kennzeichnend ist. Der – zu Gunsten des Klägers unterstellte – gelegentliche (sicher nicht ständige) Kontakt zu Blut oder Körperflüssigkei-ten verletzter Vietnamesen stellt keine derartig vergleichbare Tätigkeit dar. Denn zum einen ist ungewiss und nicht mehr aufzuklären, ob einer der Vietnamesen Hepatitis-B-Träger war, zum anderen, ob der Versicherte selbst gerade zu diesem Zeitpunkt eine Verletzung aufgewiesen hat, so dass ein parenterale Übertragung überhaupt denkbar erscheint (so auch für den Fall eines sich beruflich in Indien aufhaltenden und dort einem Inder Erste Hilfe leistenden Messebauleiters: HessLSG, Urteil vom 23. Juli 2002 – L 3 U 1145/00, zitiert nach Juris).
Gegen eine entsprechende Expositon und Ansteckung Anfang 1969 spricht auch der fehlende zeitliche Zusammenhang zu der im August 2000 erstdiagnostizierten Hepatitis-B-Erkrankung, die eine Inkubationszeit von 2 bis 6 Monaten aufweist (Anhang zum ärztlichen Merkblatt zur BK 3101, a.a.O.). Im Untersuchungsbogen für Tropenreisende vom 08. Juli 1969 wurde nach Abschluss des Vietnamaufenthalts eine ein bis zwei Querfinger unter dem rechten Rippenbogen tastbare Leber normaler Konsistenz beschrieben, eine – nach Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. R1 seit 1965 mit dem HBsAg technisch grundsätzlich nachweisbare - Hepatitis B indes nicht festgestellt. Zwar weist Prof. Dr. R1 unter Bezugnahme auf die medizinische Fachliteratur darauf hin, dass eine Hepatitis-B-Infektion über Jahrzehnte unerkannt bleiben könne und erst im Stadium der Leberzirrhose Beschwerden auftreten könnten. Soweit der Sachverständige hieraus folgert, es sei wahrscheinlich, dass die Infektion 1978 oder eher erfolgte, steht dies im Widerspruch dazu, dass das Risiko einer Leberzirrhose bei HBeAg-Positiven (vgl. die im Arztbrief der Kliniken E. vom 01. September 2000 wiedergegebene Hepatitisserologie: "HBE-Antigen postitiv") auf 8 bis 10 % pro Jahr geschätzt wird (Ratgeber Infektionskrankheiten – Merkblätter für Ärz-te (Stand August 2004) des Robert-Koch-Institutes Berlin (http://www.rki. de/ cln 049/nn 468102/DE/ Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber Mbl Hepati-tisB.html). Ein mehr als 30-jähriger blander Verlauf der Erkrankung ist danach eher unwahrscheinlich, was zusätzlich gegen die vom Versicherten angeschuldigte Genese spricht.
Letztlich kann daher eine besondere Gefährdung im Sinne der vierten Alternative der BK-Nr. 3101 BKV beim Versicherten unter Berücksichtigung seiner beruflichen Tätigkeit, des Übertragungsmechanismus, der Inkubationszeit und des Verlaufs der Hepatitis B sowie der konkreten Gefährdungssituation in Vietnam (oder in anderen Ländern) nicht bejaht werden.
3. Die Berufung war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin ihres am. 2005 verstorbenen Ehemannes. (Versicherter) die Feststellung der Hepatitis-B-Erkrankung des Versicherten als Berufskrankheit (BK) im Sinne der Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrank-heitenverordnung (BK-Nr. 3101 BKV).
Der am. 1939 geborene Versicherte war nach einer Ausbildung zum Montageschlosser und anschließender Tätigkeit in diesem Beruf (1953 bis 1958) sowie nachfolgender Ableistung von Militärdienst (1958 bis 1960) von 1960 bis 1995 in einem metallverarbeitenden Betrieb als Schlosser, Monteur, Musterbauschlosser und Abteilungsleiter be-schäftigt. In der Zeit von 1963 bis 1978 war er als Auslandsmonteur mit der Montage, Reparatur und Inbetriebnahme von Fertigungsanlagen für Konservendosen befasst und hielt sich in dieser Zeit in Bulgarien, der CSSR, Ungarn, Rumänien, Polen, China, der UdSSR, im Iran und insbesondere vom 21. Februar bis 17. Mai 1969 in Vietnam auf. Von 1995 bis 1998 übte er im Rahmen einer ABM Abriss- und Aufräumarbeiten aus und war anschließend bis zum Bezug von Altersrente arbeitslos. Am 24. April 2001 zeigte die Krankenkasse des Versicherten der Beklagten den Verdacht einer Berufskrankheit in Gestalt der Erkrankung des Versicherten an einer Virushepatitis an.
Im Rahmen der von der Beklagte eingeleiteten Ermittlungen hinsichtlich des Vorliegens einer Berufskrankheit wurde unter anderem einen Untersuchungsbogen für Tropenreisende vom 24. Januar 1969 beigezogen, in welchem dem Versicherten nach einer Untersuchung und unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde Tropentauglichkeit für einen geplanten dreimonatigen Aufenthalt in Vietnam bescheinigt wurde. In einem weiteren Untersuchungsbogen für Tropenreisende für Zwischen und Nachuntersuchungen vom 08. Juli 1969, ist vermerkt, dass der Versicherte an zehn Tagen im Februar/März 1969 an einer starken Durchfallerkrankung gelitten habe. Nach Blutbildnormalisierung bestehe wieder Tropentauglichkeit. Die Leber sei bei normaler Konsistenz zwei bis drei Querfinger unter dem rechten Rippenbogen tastbar gewesen. Der Versicherte gab gegenüber der Beklagten in einem Fragebogen am 25. Juni 2001 an, seine Rückkehr aus Vietnam sei im Mai/Juni 1969 erfolgt, er sei somit mit dem Aufbau von Maschinen und Anlagen in das Kriegsgeschehen eingebunden gewesen, mit ständigen Angriffen bemannter und unbemannter Flugzeuge und der Zerstörung des Landes und der daraus resultierenden Hungersnot.
Der Beklagten lag weiterhin ein Arztbrief der Kliniken E. (Dr. Z1 ) vom 01. September 2000 vor, wo der Versicherte vom 08. bis 25. August 2000 stationär behandelt worden war. Dort wurden als Diagnosen genannt: akute Hepatitis B mit infekttoxischer Knochenmarkdepression und Panzytopenie, anamnestisch Zustand nach Borreliose, anamnestisch Zustand nach Morbus Boeck, solitäre flache Ulceration im Oesophagus (ventral), Refluxoe-sophagitis (Stadium 1) und axiale Hiatusgleithernie. Der Versicherte sei initial wegen des Verdachtes auf eine Borreliose mit Akrodermatitis chronica atrophicans am rechten Bein stationär eingewiesen worden. Er habe eine Gewichtsabnahme von ca. 4 kg in den letzten neun Monaten, Ekel vor Wurst und Fleisch, insgesamt Appetitlosigkeit, vor allem nächtliche Krämpfe in den Beinen und Oberbauchschmerzen beschrieben. Eine Gelbfärbung der Haut habe er nicht bemerkt. Im August 1999 habe er in Ungarn mutmaßlich einen Zeckenbiss durchgemacht. Aus der Eigenanamnese sei ein Morbus Boeck seit einem Vietnam Aufenthalt Ende der 60er Jahre bekannt. Dort sei der Versicherte fünf Monate als Monteur tätig gewesen, nach seiner Rückkehr sei eine Lungensarkoidose festgestellt worden. Die umfangreiche Diagnostik habe eine akute Hepatitis B ergeben. Die Hepatitisserologie ergab unter anderem ein positives HBe-Antigen.
Im Bericht des H Klinikums. vom 01. März 2001, wo sich der Versicherte vom 23. Januar 2001 bis 23. Februar 2001 zur stationären Behandlung befand, wurde als Diagnose insbesondere eine portal dekompensierte posthepatitische (Hepatitis B) Leberzirrhose genannt. Die stationäre Aufnahme sei wegen zunehmender Schmerzen im gesamten Oberbauch mit Schmerzverstärkung nach dem Essen erfolgt. Außerdem habe der Versicherte seit etwa vier Wochen Fußrückenödeme und eine zunehmende Belastungsdyspnoe beo-bachtet. Die Laparoskopie vom 29. Januar 2001 habe den Befund einer mittelknotigen Leberzirrhose mit beginnenden Zeichen der portalen Hypertension ohne Nachweis von Aszites ergeben. Der Versicherte sei zur Lebertransplantation angemeldet worden.
Durch das Klinikum der F ... Universität. wurde nach einem stationären Aufenthalt des Versicherten dort vom 15. bis 22. März 2001 im Arztbrief vom 27. März 2001 als Diagnose eine Leberzirrhose auf dem Boden einer chronisch replikativen Hepatitis-B Infektion genannt.
In einer von der Beklagten angeforderten gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 12. November 2001 führte die Fachärztin für Arbeitsmedizin D1 aus, dass bei Montagetätigkeiten wie sie der Versicherte als Auslandsmonteur im Ausland ausgeführt habe kein erhöhtes Infektionsrisiko gegenüber Hepatitis B Viren vorliege, da normalerweise kein berufsbedingter Kontakt zu Blut oder anderen Körperflüssigkeiten infizierter Menschen bestehe. Der Versicherte sei erst im August 2000 an einer akuten Hepatitis B erkrankt, die in eine chronische Form der Leberzirrhose übergegangen sei. Die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr. 3101 der Berufskrankheitenverordnung könne nicht vorgeschlagen werden, da zwischen der beruflichen Tätigkeit und dem Infektionszeitpunkt bzw. Erkrankungsbeginn kein zeitlicher Zusammenhang bestehe.
Mit Bescheid vom 04. Februar 2002 verneinte die Beklagte einen Anspruch des Versicherten auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass bei Montagetätigkeiten im Ausland kein erhöhtes Infektionsrisiko für Hepatitis B vorliege, da zum einen normalerweise kein berufsbedingter Kontakt zu Blut oder anderen Körperflüssigkeiten infizierter Menschen bestehe und zum anderen auch in Mitteleuropa eine geringgradige Durchseuchung der Bevölkerung mit He-patitis B vorliege. Hepatitis B sei die zweithäufigste Infektionskrankheit in der BRD. Weiterhin fehle es an der zeitlichen Verbindung zwischen den angeschuldigten Auslandseinsätzen und der Erkrankung. Die Inkubationszeit der Hepatitis B betrage 30 bis 180 Tage. Der Versicherte sei im August 2000 an einer akuten Hepatitis B erkrankt, also erst 22 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit als Auslandsmonteur. Eine BK Nr. 3101 BKV könne daher nicht vorliegen. Für das Vorliegen einer anderen Berufskrankheit ergäben sich keine Anhaltspunkte.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch führte der Versicherte aus, im August 2000 sei eine vorschnelle Diagnose einer akuten Hepatitis B gestellt worden. Bereits im Januar 2001 sei eine posthepatitische Leberzirrhose gesichert worden. Eine solche entwickle sich nicht in vier Monaten. Zudem könne die Epidemiologie der Hepatitis B in Deutschland nicht mit der Epidemiologie der asiatischen Länder verglichen werden, die er in seiner Tätigkeit als Auslandsmonteur besucht habe.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2002 den Widerspruch zurück. Der Versicherte sei bei seiner Tätigkeit einer Infektionsgefahr nicht in einem einer Tätigkeit im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium ähnlichen Maße ausgesetzt gewesen. Ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung an Hepatitis B und den beruflichen Tätigkeiten mit Auslandsaufenthalt sei nicht hinreichend wahrscheinlich.
Mit der hiergegen am 14. August 2002 erhobenen Klage zum Sozialgericht Chemnitz (SG) hat der Versicherte sein Begehren weiter verfolgt. Es sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass er bei seinen Auslandsaufenthalten in den Unterkünften, Fabriken, im Dschungel und in Krankenhäusern sowie überall und bei jedem Händedruck mit Blut, Schmutz, Kot und Erbrochenem konfrontiert worden sei. Um zu überleben, habe er mutmaßlich verseuchte Lebensmittel zu sich nehmen müssen. Ob das Trinkwasser abgekocht gewesen sei, habe nicht geprüft werden können, ebenso wenig, ob die Labors der aufzubauenden Konservenfabriken verseucht gewesen seien. Seine deutsch-vietnamesischen Arbeitsgruppe habe blutbesudelte Menschen ins Krankenhaus gebracht. Bei Bombenangriffen habe er sich in jedes Loch oder Versteck geworfen, egal ob dort vorher Vietnamesen ihre große und kleine Notduft verrichtet hätten. Er sei halbverhungert heimgekehrt und wegen seiner Gelbfärbung im Gesicht von allen "Onkel Ho" genannt worden. Weiterhin legte der Versicherte ein Schreiben des ehemaligen Betriebsleiters H. an den behandelnden Arzt Dr. H1 vom 18. Februar 1993 vor, wonach der Versicherte die Montageaufgaben in Vietnam "unter schwierigen Bedingungen der Verpflegung und Unterbringung sowie komplizierten Arbeitsbedingungen" erfolgreich gelöst habe.
Auf Veranlassung des SG hat am 30. März 2004 der Chefarzt der 2. Klinik für Innere Medizin des Klinikums S. Prof. Dr. R1 nach einer Untersuchung des Versicherten ein Gutachten erstellt.
Hepatitis B sei eine der häufigsten Infektionskrankheiten. Ca. fünf bis sieben Prozent der Weltbevölkerung seien chronisch mit Hepatitis B infiziert Bereits innerhalb von Europa finde man eine ausgeprägte regionale Verbreitung. In Nordwesteuropa seien 0, 1 Prozent, in Ost und Südeuropa bis 8 Prozent chronisch mit Hepatitis B infiziert. Die Übertragung erfolge durch kleinste Mengen Blut, über winzige Verletzungen der Haut oder Schleimhaut. In geringerer Konzentration sei das Virus im Speichel, Tränenflüssigkeit, Sperma oder Vaginalsekret nachweisbar, so dass sexuelle Kontakte zu Übertragung führen könnten. In ca. dreißig Prozent der Infektionen lasse sich der Infektionsweg anamnestisch nicht eindeutig klären. Bei ca. 10 Prozent der Infizierten entwickle sich eine chronische Verlaufsform. Hier unterscheide man die chronisch persistierende Hepatitis B mit relativ gutartigem Verlauf von der chronisch aktiven Hepatitis B, die mit entzündlichen Schüben einhergehe und in eine Leberzirrhose übergehen könne. Die Entwicklung einer Leberzirrhose könne relativ rasch ablaufen, aber auch Jahrzehnte dauern. Ein Einflussfaktor sei auch der Alkoholkonsum, der die Prognose deutlich verschlechtern könne.
Es müsse festgestellt werden, dass es sich beim Versicherten im August 2000 nicht um eine akute Virushepatitis B Infektion gehandelt haben könne. Sehr wahrscheinlich habe es sich um einen dystrophen Schub einer bereits bestehenden Leberzirrhose auf dem Boden einer chronischen Virushepatitis B gehandelt. Die Ausbildung der schweren Leberzirrhose könne nicht von August 2000 bis Januar 2001 erfolgt seien. Da der Versicherte nie an einer Gelbsucht erkrankt gewesen sei, könne der genaue Infektionszeitpunkt nicht bestimmt werden. Hier müssten infektionsepidemiologische Aspekte berücksichtigt werden. Die Lebensverhältnisse des Versicherten während des Vietnamkrieges seien ausgesprochen schlecht gewesen. Es sei anzunehmen, dass der Versicherte während dieses Aufenthaltes einem erhöhten Infektionsrisiko gegenüber Hepatitis B ausgesetzt gewesen sei (intensive Blutkontakte über möglicherweise nichtintakte Haut, ärztliche Behandlung unter schlechtesten hygienischen Verhältnissen). Hierbei sei unerheblich, dass die Infektionsgefahr nicht im direkten Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit als Monteur gestanden habe, da der Versicherte während des Auslandeinsatzes auch in seiner Freizeit einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen sei. Der Versicherte gehöre keiner Risikogruppe an. Auch ein Infektionsweg über Blut oder Blutprodukte während der 70er Jahre in Deutschland sei nicht sehr wahrscheinlich, da der Versicherte niemals operiert worden sei und keine Bluttransfusion erhalten habe. Eine Infektion durch Intimkontakte oder durch nicht zuverlässig sterilisierte Instrumente könne jedoch nicht sicher ausgeschlossen werden. Da die Entwicklung einer Leberzirrhose in Folge einer Virushepatitis B von wenigen Jahren bis zu Jahrzehnten dauern könne, sei eine Infektion im Zeitraum von 1963 bis 1978 durchaus möglich. Ein genauerer Infektionszeitpunkt könne jedoch nicht benannt werden. Aufgrund der hohen HBsAg Prävalenz (Vorkommen unter der Bevölkerung) von heute ca. 12 Prozent, damals möglicherweise noch höher, müsse von einem quantitativ und statistisch erhöhten lnfektionsrisiko (vergleichbar mit einer Tätigkeit im Gesundheitsdienst) ausgegangen werden. Andere Infektionsrisiken im Inland hätten aufgrund der Anamnese nicht erhoben werden können.
In ihrer Stellungnahme zum Gutachten hat die Beklagte darauf hingewiesen, den Unterlagen des ehemaligen Arbeitgebers des Versicherten sei nicht zu entnehmen, dass der Montageeinsatz im Kriegsgebiet stattgefunden habe. Es sei lediglich dargelegt worden, dass der Montageeinsatz unter schwierigen Bedingungen der Verpflegung und Unterbringung in verschiedenen Orten Nordvietnams sowie komplizierten Arbeitsbedingungen stattgefunden habe. Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte verletzte Kollegen ins Krankenhaus gebracht und oft verletzten Vietnamesen geholfen habe, ergäben sich aus den Unterlagen nicht und seien anlässlich der Begutachtung erstmals vorgetragen worden. Selbst wenn man unterstelle, dass der Versicherte während seines Auslandseinsatzes als Monteur in Vietnam einer gegenüber der allgemeinen Bevölkerung wesentlich größeren Infektionsgefahr hinsichtlich Hepatitis B Viren ausgesetzt gewesen sei, sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Erkrankung rechtlich wesentlich durch die mit Vollbeweis nachzuwei-sende schädigende Einwirkung verursacht worden sei. So seien andere Infektionsrisiken im Inland nicht ausgeschlossen worden. Auch sei nicht ausreichend belegt, dass es sich im August 2000 nicht doch um eine akute Virushepatitis B gehandelt habe. Anlässlich der medizinischen Behandlung habe eine umfangreiche Diagnostik stattgefunden, die eine akute Hepatitis B ergeben habe. Im März 2001 sei die akute Hepatitis B in eine chronische Verlaufsform übergegangen. Hinzu komme, dass der zeitliche Zusammenhang zwischen der unterstellten Gefährdung im Beruf und dem Auftreten der ersten Symptome bzw. dem Zeitpunkt der Diagnosestellung nicht gewahrt sei. Die Inkubationszeit der Hepatitis betrage zwei bis sechs Monate. Anhaltspunkte dafür, dass beim Versicherten nach dem Aufenthalt in Vietnam im Jahr 1969 eine akute Hepatitis B bestanden habe, lägen nicht vor. Selbst wenn man unterstelle, dass der Versicherte im August 2000 nicht aufgrund einer akuten, sondern einer chronischen Hepatitis B erkrankt gewesen sei, sei ein zeitlicher Zusammenhang nicht gegeben. Der Gutachter habe selbst ausgeführt, dass die Entwicklung einer Zirrhose bei einer chronischen Verlaufsform relativ rasch ablaufe, aber durchaus auch Jahrzehnte dauern könne. Bei etwa 50 Prozent der chronisch infizierten Patienten entwickle sich eine Zirrhose ohne Therapie einer chronischen Hepatitis B nach fünf Jahren. Damit fehle auch bei Annahme einer chronischen Hepatitis B ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der beruflichen Tätigkeit.
Der Versicherte hat ergänzend vorgetragen, er habe sich in N. aufgehalten, wo täglich und stündlich Angriffe stattgefunden hätten. Er habe regelmäßig Verletzte verbunden, da es durch die ständigen Bombenangriffe mit Granaten zu Verletzten und Toten gekommen sei. Es habe ohne Schutzmittel wie Handschuhe gearbeitet worden und sei mit dem Blut der Betroffenen in Kontakt gekommen.
Hierauf erwidernd hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass in dem vom Kläger genannten Gebiet seit der Tet-Offensive im Jahr 1968 die Bombenangriffe eingestellt worden seien, so dass erhebliche Zweifel daran bestünden, dass der Versicherte im noch laufenden Kriegsgeschehen eingesetzt gewesen sei.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 02. September 2005 die Klage abgewiesen. Eine Feststellung der Erkrankung als BK Nr. 3101 BKV komme nicht in Betracht, da die Voraussetzungen dieser Berufskrankheit nicht gegeben seien. Zwar sei der Versicherte an einer Infektionskrankheit i. S. der BK Nr. 3101 BKV erkrankt; auch könne mit dem gerichtlicherseits bestellten Gutachter davon ausgegangen werden, dass der Versicherte im Jahr 2000 nicht an einer akuten Hepatitis B erkrankt gewesen sei, sondern dass es sich um eine Erkrankung aufgrund einer bereits bestehenden chronischen Hepatitis B gehandelt habe.
Angesichts der beruflichen Tätigkeit des Versicherten und dem von ihm vermuteten und geltend gemachten Ansteckungszeitraum Januar bis Mai 1969 komme als mögliche Berufskrankheit nur die 4. Alternative der BK Nr. 3101 BKV in Betracht. Es könne jedoch nicht im Sinne des Vollbeweises davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Tätigkeit des Versicherten als Auslandsmonteur um eine Tätigkeit gehandelt habe, bei welcher er der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße wie ein im Gesundheitsdienst bzw. der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium Tätiger ausgesetzt gewesen sei. Hierfür sei Vor-aussetzung, dass die Infektionsquelle im Bereich der Berufstätigkeit nachgewiesen sei. Weiter müsse im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sein, dass die Berufstätigkeit mit besonderen, über das verkehrsübliche Maß hinaus gehenden Infektionsgefahren verbunden war, d. h., dass während der Inkubationszeit mittelbarer oder unmittelbarer Kontakt mit erkrankten Personen bestanden haben muss. Vorliegend existierten keine Anhaltspunkte dafür, dass einer der vom Versicherten versorgten Verletzten mit Hepatitis B Viren infiziert war; entsprechende Erkenntnisse können auch nicht mehr gewonnen werden. Auch im Ubrigen gebe es keine konkreten Hinweise auf eine mögliche Ansteckungsquelle. Ohne den Nachweis eines unmittelbaren oder mittelbaren beruflichen Kontaktes mit einer entsprechend erkrankten Person während der Ansteckungszeit könne aber eine besondere, über das normale Maß hinausgehende Gefährdung nur dann angenommen werden, wenn davon ausgegangen werden könne, dass jedenfalls regelmäßig ein gewisser Prozentsatz der Personen, mit denen der Erkrankte beruflich in Kontakt war, unerkannt an der jeweiligen Krankheit erkrankt gewesen sei und dass es sich deshalb um eine besonders gefährdende Tätigkeit gehandelt habe. Da vorliegend keinerlei Erkenntnisse dazu existierten, in welchem Maße ein Durchseuchungsgrad hinsichtlich Hepatitis B bei den Menschen bestand, mit denen der Versicherte 1969 in Vietnam in Kontakt war, könne vorliegend nicht im Sinne des Vollbeweises festgestellt werden, dass der Versicherte einer Infektionsgefahr in besonderem Maße ausgesetzt gewesen sei. Selbst wenn jedoch wegen eines ggf. grundsätzlich höheren Durchseuchungsgrades in der damaligen Bevölkerung in Vietnam angenommen werde, dass der Versicherte der Infektionsgefahr in besonders hohem Maße ausgesetzt gewesen sei, wäre nicht wahrscheinlich im oben dargelegten Sinne, dass eine Infektion tatsächlich im ersten Halbjahr 1969 erfolgt sei. Insoweit wäre mindestens erforderlich, dass der Versicherte unter Berücksichtigung des Beginns der Erkrankung während der Inkubationszeit in einem unmittelbaren oder mittelbaren beruflichen Kontakt zu ansteckungsfähi-gen Personen gestanden habe, die an der jeweiligen Infektionskrankheit litten. Auch ein allgemein höherer Durchseuchungsgrad in der vietnamesischen Bevölkerung mit Hepatitis B Viren begründe allein noch keine Wahrscheinlichkeit für eine Ansteckung des Versicherten z. B. als Folge des Versorgens von verletzten Virusträgern. Angesichts dessen, dass sich der Versicherte 1963 bis 1978 regelmäßig in Gebieten aufgehalten habe, in wel-chen von einem höheren Durchseuchungsgrad hinsichtlich Hepatitis B Erkrankungen aus-gegangen werden könne, könne sich der Versicherte auch bei außerberuflichen, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehenden Kontakten zu einem anderen Zeitpunkt während eines Aufenthaltes in einem Land mit einem hohen Durchseuchungsgrad an Hepatitis B infiziert haben. Wegen des Fehlens konkreter Anhaltspunkte für eine Infektion im geltend gemachten Zeitraum könne auch unter Zugrundelegung des Wahr-scheinlichkeitsmaßstabes jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich bei einer dem Schutzbereich der versicherten Tätigkeit unterfallenden Tätigkeit die Infektion zugezogen habe. Insoweit sei auch der lange und für eine Hepatitis B-Erkrankung untypische Zeitraum von ca. 20 Jahren zwischen geltend gemachtem Infektionszeitpunkt und Erkrankung zu beachten. Eine Anerkennung der Hepatitis B Erkrankung des Versicherten als Folge eines Arbeitsunfalles sei nicht Gegenstand des Verfahrens, hätte aber auch nicht für einen für die Klägerin günstigen Ausgang des Verfahrens führen können. Auch insoweit hätte im Sinne des Vollbeweises festgestellt werden müssen, dass ein vom Versicherten versorgter Verletzter Virusträger oder an Hepatitis B erkrankt gewesen wäre bzw. dass sich der Versicherte die Erkrankung in Ausübung einer dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallenden Tätigkeit zuzog.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29. September 2005 zugestellte Urteil hat diese am 26. Oktober 2005 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Aus dem Gutachten von Prof. Dr. R1 ergebe sich, dass eine Ansteckung des Ver-sicherten in Vietnam sehr wahrscheinlich sei. Zwar möge der Versicherte als Auslandsmonteur keiner Tätigkeit nachgegangen sei, bei welcher er der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße wie bei Tätigkeiten im Gesundheitsdienst, der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium ausgesetzt gewesen sei, in Betracht komme jedoch eine Versicherteneigenschaft nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII. Der Versicherte habe mehrfach geschildert, dass er bei Unglücksfällen bzw. gemeiner Gefahr oder Not Hilfe geleistet habe, wobei ange-sichts des Versterbens des Versicherten der Klägerin Beweiserleichterungen einzuräumen seien. Es stelle sich auch die Frage, ob keine Erkenntnisse zum Durchseuchungsgrad mehr gewonnen werden könnten. Auch sei es wahrscheinlicher, dass sich der Kläger eine Infek-tion in dem Zeitraum zugezogen habe, in welcher er vermehrt mit blutenden Personen habe umgehen müssen, wobei auch nach der Tet-Offensive noch Bombardements in Nordvietnam stattgefunden hätten. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei auch zu prüfen gewesen, ob die Voraussetzungen des § 1150 Abs. 2 RVO vorlägen. Unzutreffend sei auch, dass die Anerkennung einer Hepatitis-B-Erkrankung des Versicherten als Folge eines Arbeitsunfalls nicht Gegenstand des Verfahrens sei. Die von der Klägerin dargelegten Geschehensabläufe seien von Amts wegen zu würdigen.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 02. September 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 04. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2002 aufzuheben und festzustellen, dass die Hepatitis-B-Erkrankung des verstorbenen Ehegatten der Klägerin eine Berufskrankheit ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Be-scheid der Beklagten vom 04. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG daher die Klage zutreffend mit dem angefochtenen Urteil vom 02. September 2005 abge-wiesen.
1. Zu entscheiden hatte der Senat entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung durch die Klägerin gestellten Antrag nur über die Frage, ob die Virushepatitis B des Versicherten eine Berufskrankheit darstellt. Nicht mehr verfahrensgegenständlich war hingegen die Feststellung der Erkrankung als Folge eines Arbeitsunfalls.
2. Das SG und die Beklagte sind zu Recht davon ausgegangen, dass bei dem Versicherten der Versicherungsfall einer BK-Nr. 3101 BKV nicht vorliegt.
a) Vorliegend ist die BK-Nr. 3101 BKV i.V.m. § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) maßgeblich, weil der Versicherungsfall nicht vor dem 01. Januar 1997 eingetreten ist (§ 212 SGB VII). Nach § 9 Abs. 5 SGB VII ist nämlich zur Bestimmung des Zeitpunktes des Versicherungsfalles bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen. Vorliegend sind erstmalig anlässlich des Krankenhausaufenthalts vom 08. bis 25. August 2000 beim Versicherten Befunde erhoben worden, aufgrund derer eine Hepatitis B diagnostiziert wurde. Anhaltspunkte für eine vorherige Ar-beitsunfähigkeit, Behandlungsbedürftigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund dieser Erkrankung bestehen nicht und wurden vom Versicherten auch nicht geltend gemacht. Aus diesem Grunde sind für die Feststellung einer Berufskrankheit auch nicht die an einen vor dem 01. Januar 1992 eingetretenen Versicherungsfall anknüpfenden Sondervorschriften des § 1150 Abs. 2 und 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. § 215 Abs. 1 SGB VII maßgeblich.
b) Der Versicherungsfall einer BK-Nr. 3101 BKV liegt beim Versicherten nicht vor.
Die BK-Nr. 3101 BKV erfasst "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war".
Vorliegend war der Versicherte an einer Infektionskrankheit im Sinne der BK-Nr. 3101 BKV, nämlich einer Virushepatitis B, erkrankt. Es fehlt allerdings daran, dass nicht im Sinne des Vollbeweises eine ausreichende berufliche Exposition nachgewiesen ist.
Für das Vorliegen des Tatbestandes der Berufskrankheit ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (so genannte haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Tätigkeit und der Erkrankung andererseits (so genannte haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädi-genden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (vgl. etwa BSG, Urteil vom 22. August 2000 - B 2 U 34/99 R).
Die zumindest erforderliche Wahrscheinlichkeit eines solchen ursächlichen Zusammen-hangs ist bei einer BK Nr 3101 gegeben, wenn nachgewiesen ist, dass der (im Gesund-heitsdienst beschäftigte) Versicherte bei der Berufstätigkeit - sei es durch einen Patienten, einen Mitarbeiter oder auf sonstige Weise - einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen ist. Bei diesem Nachweis kann dann in der Regel auch davon ausgegangen werden, dass sich der Versicherte die bei ihm aufge-tretene Infektionskrankheit durch seine besondere berufliche Exposition zugezogen hat. Die Annahme, dass ein Versicherter bei seiner Tätigkeit einer Hepatitis-B-Exposition besonders ausgeliefert war, erfordert unter Berücksichtigung des Beginns der Erkrankung den Nachweis, dass entweder (a) ein unmittelbarer oder mittelbarer beruflicher Kontakt mit an Hepatitis B erkrankten Personen bestanden hat oder (b) der prozentuale Anteil Hepati-tis-B-infektiöser Patienten in den Einrichtungen, in denen der Versicherte tätig war, deutlich höher war als in der Normalbevölkerung oder (c) die Art der Tätigkeit als solche be-sonders hepatitisgefährdend war (BSG, Urteil vom 24. Februar 2004 – B 2 U 13/03 R – SozR 4-2700 § 9 Nr. 3 m.w.N.).
Vorliegend kommt aufgrund der Erwerbsbiografie des Versicherten nur die vierte Alterna-tive der BK-Nr. 3101 BKV ("durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnli-chem Maße besonders ausgesetzt") in Betracht. Die vorgenannten – für Bedienstete im Gesundheitswesen entwickelten - Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität bedürfen für diese Fallkonstellation weiterer Modifikation. Diese Alternative beinhaltet nämlich keinen Auffangtatbestand für jene Fälle, die nicht unter die ersten drei Alternativen einzuordnen sind. Die Gefährdungstatbestände stehen vielmehr in einem von der sozialen Schutzwürdigkeit bestimmten Zusammenhang, so dass auch hier eine der versicherten Tätigkeit innewohnende besondere Infektionsgefährdung vorhanden sein muss; die Tätigkeit muss indessen nicht den Alternativen 1 bis 3 wesensgleich sein. Maßgebend für die Anerkennung ist vielmehr, dass der Versicherte im Einzelfall durch eine gleich wie geartete versicherte Tätigkeit unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten, bekanntermaßen mit Infektionsgefahren verbundenen Unternehmen der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße ausgesetzt war wie die im Gesundheitsdienst Tätigen, die bei ihrer Arbeit erfahrungsgemäß in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung gefährdet sind. Das bloße Vorhandensein einer Gefährdung reicht anders als bei den Alternativen 1 bis 3 nicht aus und die zufällige Ansteckung durch einen erkrankten Mitarbeiter ist nicht geschützt (dazu Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung (BKV), Stand 01/2007, Anm. 6.1, 6.2 und 6.3 zu M 3101 m.w.N.). Voraussetzung ist also, dass im Rahmen einer versicherten Tätigkeit das Infektionsrisiko ebenso hoch ist wie dasjenige von Versicherten im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium, deren erhöhtes Risiko sich aus dem Umstand ergibt, dass von der BK-Nr. 3101 BKV von Mensch zu Mensch übertragbare Krankheiten erfasst werden. In ähnlichem Maße der Infektionsgefahr ausgesetzt wie die typischerweise mit engem Kontakt zum Körper oder zu Körperflüssigkeiten einhergehenden Tätigkeiten im Gesundheitsdienst, der Wohlfahrtspflege oder einem Laboratorium sind daher z. B. Wartungs-, Instandsetzungs- oder Entsorgungsarbeiten in medizinischen, wohlfahrtspflegerischen Einrichtungen oder Laboratorien (vgl. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK-Nr. 3101 BKV unter I., abgedruckt bei Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 3101). Ein Risiko in ähnlichem Maße kann auch bei Tätigkeiten in der Gentechnik, Biotechnologie, in Abwasser- und Kläranlagen bestehen (a.a.O.). Erfasst werden von der vierten Alternative der BK-Nr. 3101 BKV auch Versicherte, für ein andere Unternehmen, etwa einen Handwerksbetrieb, Arbeiten in Infektionsabteilungen eines Krankenhauses verrichten, oder Versicherte, die durch ihre Tätigkeit außerhalb der genannten Bereiche mit Kranken oder mit Krankheitserregern in Berührung kommen und dadurch der Erkrankungsgefahr in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., Anm. 6.3 zu M 3101).
Der Kläger war während seiner beruflichen Tätigkeit als Montageschlosser, Monteur, Musterbauschlosser und Abteilungsleiter in einem Betrieb zur Herstellung von Fertigungsanlagen tätig. Als mit einem besonderen Infektionsrisiko behaftet wurden vom Versicherten seine Auslandsmontagetätigkeiten in den Jahren 1963 bis 1978 geltend gemacht und hierbei insbesondere ein Aufenthalt in Vietnam von Februar bis Mai 1969. Die Tätigkeit als Monteur von Fertigungsanlagen gehen als solche – unabhängig von der Frage der Prävalenz der Erkrankung in der jeweiligen Region – nicht mit einem erhöhten Risiko einer Hepatitisinfektion einher. Insbesondere bestand die Tätigkeit des Klägers in Vietnam darin, eine Fertigungsanlage für die Herstellung von Konservendosen aufzubauen; es handelte sich also nicht um eine Montagetätigkeit beispielsweise gerade in medizinischen Einrichtungen oder Laboratorien.
Allerdings ist anerkannt, dass die erhöhte Ansteckungsgefahr auch in den klimatischen, hygienischen, sozialen und sonstigen Verhältnissen des Tätigkeitsortes begründet sein kann, an dem der Versicherte arbeiten und seine Freizeit verbringen muss (Mehr-tens/Brandenburg, a.a.O., Anm. 6.5 zu M 3101). Aber auch dabei muss das Risiko einer Infektion im Ausland höher sein als dasjenige der Gesamtbevölkerung in der BRD und ebenso hoch wie das des Pflegepersonals in Deutschen Krankenhäusern (Mehr-tens/Brandenburg, a.a.O., Anm. 6.5 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 16. Januar 1983, Rdschr. HVBG VB 81/83). Die vom Versicherten hierzu mehrfach ins Feld geführten schlechten Hygiene- und Versorgungsverhältnisse, insbesondere während seines Aufenthaltes in Vietnam, stellen kein erhöhtes Risiko zur Erkrankung an einer Virushepatitis B dar. Denn die Übertragung der Hepatitis B erfolgt – anders als bei der Hepatitis A - nicht durch Schmierinfektion bzw. fäkaloral, sondern parenteral durch Kontakt mit Blut, Blutprodukten, über Sekrete oder Exsudate. Außerberuflich erfolgt die Infektion hauptsächlich über Sexualkontakte oder intravenösem Drogenkonsum und beruflich vorwiegend über Stich- und Schnittverletzungen (vgl. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung unter III. 1.1. und 1.2., a.a.O.). Derartige Risikokontakte haben nach der Einlassung des Versicherten allenfalls bei der Versorgung von nach Bombenangriffen verwundeten Kollegen und Vietnamesen stattgefunden.
Hierzu ist allerdings – worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat - kritisch anzumerken, dass derartige Kontakte durch den Versicherten erstmals in der Klageschrift angedeutet und sodann anlässlich der ärztlichen Begutachtung durch Prof. Dr. R1 näher ausgeführt wurden. Im Schreiben des vormaligen Betriebsleiters H. an den behandelnden Arzt Dr. H1 vom 18. Februar 1993 war hingegen ebenso nur von schwierigen Bedingungen der Verpflegung und Unterbringung in verschiedenen Orten Nordvietnams sowie komplizierten Arbeitsbedingungen die Rede wie in den Schilderungen des Klägers im Verwaltungsverfahren. Auch ist der Einwand der Beklagten nicht von der Hand zu weisen, dass nach der Tet-Offensive, genauer gesagt auf Weisung des US-Präsidenten Johnson vom 31. Oktober 1968 (vgl. etwa: http://www.zeit.de/2004/17/Dossier Kasten?page=all), das Bom-bardement Nordvietnams völlig eingestellt wurde, so dass die vom Versicherten behauptete Einbeziehung in derartige Bombardements Anfang 1969 zumindest sehr fragwürdig erscheint.
Selbst wenn man all diese Gesichtspunkte außer Betracht lässt und zugunsten des Versicherten davon ausgeht, dass er auch in der Zeit zwischen Februar und Mai 1969 bei einem beruflichen Einsatz in Nordvietnam durch Kampfhandlungen verwundete Menschen erst-versorgt hat und weiter zugunsten des Versicherten unterstellt, dass im genannten Zeitraum in Vietnam ein signifikant erhöhter Durchseuchungsgrad mit Hepatitis B vorlag, kann doch nicht im Sinne des Vollbeweises festgestellt werden, dass die Berufstätigkeit mit besonderen, über das übliche Maß hinausgehenden Infektionsgefahren verbunden war. Wie bereits oben ausgeführt reicht hierfür anders als bei den ersten drei Alternativen der BK Nr. 3101 BKV bei der vierten Alternative das bloße Vorhandensein einer Gefährdung nicht aus, wenn nicht zugleich eine ähnlich risikobehaftete Tätigkeit ausgeübt wurde, wie sie für die Versicherten der drei ersten Alternativen kennzeichnend ist. Der – zu Gunsten des Klägers unterstellte – gelegentliche (sicher nicht ständige) Kontakt zu Blut oder Körperflüssigkei-ten verletzter Vietnamesen stellt keine derartig vergleichbare Tätigkeit dar. Denn zum einen ist ungewiss und nicht mehr aufzuklären, ob einer der Vietnamesen Hepatitis-B-Träger war, zum anderen, ob der Versicherte selbst gerade zu diesem Zeitpunkt eine Verletzung aufgewiesen hat, so dass ein parenterale Übertragung überhaupt denkbar erscheint (so auch für den Fall eines sich beruflich in Indien aufhaltenden und dort einem Inder Erste Hilfe leistenden Messebauleiters: HessLSG, Urteil vom 23. Juli 2002 – L 3 U 1145/00, zitiert nach Juris).
Gegen eine entsprechende Expositon und Ansteckung Anfang 1969 spricht auch der fehlende zeitliche Zusammenhang zu der im August 2000 erstdiagnostizierten Hepatitis-B-Erkrankung, die eine Inkubationszeit von 2 bis 6 Monaten aufweist (Anhang zum ärztlichen Merkblatt zur BK 3101, a.a.O.). Im Untersuchungsbogen für Tropenreisende vom 08. Juli 1969 wurde nach Abschluss des Vietnamaufenthalts eine ein bis zwei Querfinger unter dem rechten Rippenbogen tastbare Leber normaler Konsistenz beschrieben, eine – nach Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. R1 seit 1965 mit dem HBsAg technisch grundsätzlich nachweisbare - Hepatitis B indes nicht festgestellt. Zwar weist Prof. Dr. R1 unter Bezugnahme auf die medizinische Fachliteratur darauf hin, dass eine Hepatitis-B-Infektion über Jahrzehnte unerkannt bleiben könne und erst im Stadium der Leberzirrhose Beschwerden auftreten könnten. Soweit der Sachverständige hieraus folgert, es sei wahrscheinlich, dass die Infektion 1978 oder eher erfolgte, steht dies im Widerspruch dazu, dass das Risiko einer Leberzirrhose bei HBeAg-Positiven (vgl. die im Arztbrief der Kliniken E. vom 01. September 2000 wiedergegebene Hepatitisserologie: "HBE-Antigen postitiv") auf 8 bis 10 % pro Jahr geschätzt wird (Ratgeber Infektionskrankheiten – Merkblätter für Ärz-te (Stand August 2004) des Robert-Koch-Institutes Berlin (http://www.rki. de/ cln 049/nn 468102/DE/ Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber Mbl Hepati-tisB.html). Ein mehr als 30-jähriger blander Verlauf der Erkrankung ist danach eher unwahrscheinlich, was zusätzlich gegen die vom Versicherten angeschuldigte Genese spricht.
Letztlich kann daher eine besondere Gefährdung im Sinne der vierten Alternative der BK-Nr. 3101 BKV beim Versicherten unter Berücksichtigung seiner beruflichen Tätigkeit, des Übertragungsmechanismus, der Inkubationszeit und des Verlaufs der Hepatitis B sowie der konkreten Gefährdungssituation in Vietnam (oder in anderen Ländern) nicht bejaht werden.
3. Die Berufung war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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