L 10 B 2217/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 99 AS 18723/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 2217/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. November 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist nicht begründet. Im Ergebnis hat das Sozialgericht Berlin den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.

Soweit die Antragsteller Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende für die Monate Juni bis September 2007 begehren, die über die ihnen bereits mit Änderungsbescheid vom 15. November 2007 bewilligten Leistungen hinausgehen, richtet sich der einstweilige Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach dieser Vorschrift kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Ein Anordnungsanspruch - die materielle Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der begehrten sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der jeweiligen Instanz; im Beschwerdeverfahren kommt es hiernach auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an.

Für das so verstandene Rechtsschutzbegehren besteht jedoch kein Anordnungsgrund, weil die Ansprüche, die sich auf einen Zeitraum beziehen, der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats bereits abgelaufen ist, nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nur in einem Hauptsacheverfahren zu klären sind. Denn Aufgabe einstweiligen Rechtsschutzes der vorliegenden Art ist es, eine akute Notlage zu beseitigen, denn nur dann kann von einem wesentlichen Nachteil gesprochen werden, den es abzuwenden gilt und bei dem ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten wäre. Nur ausnahmsweise kann eine Fallgestaltung gegeben sein, in der die sofortige Verfügbarkeit von Geldleistungen für die Vergangenheit zur Abwendung eines gegenwärtigen drohenden Nachteils erforderlich ist. Ein solcher besonderer Nachholbedarf ist vom Antragsteller nicht glaubhaft gemacht worden.

Soweit die Antragsteller Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende für die Monate Oktober und November 2007 begehrt, richtet sich der einstweilige Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG. Mit dem Änderungsbescheid vom 15. November 2007, welcher Gegenstand des zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendeten Widerspruchsverfahren gegen den Bewilligungsbescheid vom 25. Mai 2007 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 30. Mai 2007, 04. Juni 2007, 05. Juni 2007, 06. Juli 2007, 16. August 2007 und 02. Oktober 2007 geworden ist, wird die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen teilweise zurückgenommen, und zwar für den Monat Oktober von 639,54 Euro auf 592,07 Euro und für den Monat November von 630,54 Euro auf 592,07 Euro. Das bereits erstinstanzlich von den Antragstellern verfolgte Begehren (§ 123 SGG) ist insoweit auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den (für die Monate Oktober und November 2007 absenkend wirkende) Bescheid vom 15. November 2007 und Aufhebung (Rückgängigmachung) der Vollziehung nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGG gerichtet. Nach dieser Regelung kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; sofern der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung – wie im vorliegenden Rechtsstreit - schon vollzogen oder befolgt worden ist, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Ausgangsposition ist hier gegeben, denn nach § 39 Nr. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), der eine Regelung im Sinne von § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG trifft, haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Jedoch liegen die sonstigen Voraussetzungen des § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGG nicht vor. Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, wobei das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Um eine Entscheidung zugunsten des Bescheidadressaten zu treffen, ist zumindest erforderlich, dass bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen (vgl. zum Meinungsstand: Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2005, Rdnr 197 ff). Ist in diesem Sinne eine Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens zu bejahen, ist weiterhin Voraussetzung, dass dem Betroffenen das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann, also ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit besteht. Dies ist zu bejahen, wenn die Vollziehung des Aufhebungsbescheides eine für den Antragsteller unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, dh er durch die Vorenthaltung der Leistung bis zur rechtskräftigen Klärung des Rechtsstreites in der Hauptsache in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geriete oder sogar in seiner Existenz gefährdet wäre.

Vorliegend kann die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens offen blieben, da es jedenfalls an dem weiteren Erfordernis, der besonderen Eilbedürftigkeit, fehlt. So liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats wie auch bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des SG die Rückgängigmachung der Vollziehung des Absenkungsbescheides wegen bestehender ernsthafter wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder einer Existenzgefährdung der Antragsteller geboten ist bzw. war, zumal vorliegend das für die beiden ersten Tagespflegekinder gewährte Pflegegeld , welches nach § 11 Abs. 4 SGB II nicht der Einkommensanrechnung unterliegt, der Bedarfsgemeinschaft als bereite Mittel zur Verfügung stehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwen¬dung.

Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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