L 11 KA 67/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 87/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 67/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 2/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Erledigt mit Urteil vom 06.05.09
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 15.08.2002 verurteilt, die Widersprüche der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 07.07.1999, 16.09.1999, 18.10.1999 und 20.03.2000 zurückzuweisen. Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) und 2) tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Regress wegen Sprechstundenbedarf (SSB) wegen koaxialer Interventionssets in Höhe von 144.301,03 Euro für die Quartale IV/1997 bis III/1998.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind als Fachärzte für diagnostische Radiologie bzw. Nuklearmedizin Inhaber einer von ihnen in E betriebenen Gemeinschaftsarztpraxis. Sie erbrachten in den streitbefangenen Quartalen Leistungen der sogenannten periradikulären Schmerztherapie (PRT), bei der Schmerzmittel unter computertomographischer Kontrolle verabreicht wurden. Das Einbringen der Arzneimittel erfolgte mit Hilfe sogenannter koaxialer Interventionssets, die als SSB zu Lasten der Krankenkassen verordnet wurden.

Im Dezember 1998 beantragte die Klägerin u.a. wegen der koaxialen Interventionssets die Prüfung der Verordnungsweise für das Quartal IV/1997. Als Ergebnis der Prüfung machte sie einen Regress i. H. v. 70.072,03 DM geltend, da es sich bei den Interventionssets nicht um SSB handele, vielmehr eine Abrechnung über den Behandlungsschein erforderlich gewesen sei. Hierüber verhält sich der Bescheid des Prüfungsausschusses vom 16.09.1999. Die für die übrigen streitigen Quartale gestellten Prüfanträge endeten mit Regressforderungen i. H. v. 106.151,41 DM (Quartal I/98, Bescheid vom 07.07.1999), 99.208,64 DM (Quartal II/98, Bescheid vom 18.10.1999) und 9.130,07 DM (Quartal III/98, Bescheid vom 20.03.2000).

Die Beigeladenen zu 1) und 2) als Inhaber der Gemeinschaftspraxis erhoben gegen die jeweiligen Bescheide Widerspruch und vertraten die Auffassung, bei den koaxialen Interventionssets handele es sich um Einmalinfusionsbestecke im Sinne der SSB-Vereinbarung. Darüber hinaus sei ihnen in den streitigen Quartalen nicht bekannt gewesen, dass die Sets keinen SSB darstellten. Eine eindeutige Aussage der Beigeladenen zu 3) hierüber sei nicht zu erhalten gewesen. Ihnen seien Schreiben der Beigeladenen zu 3) vom 24.11.1998 und 04.03.1999 durch den Prüfungsausschuss zugeleitet worden, die die Angabe enthalten hätten, die PRT-Nadeln seien über SSB zu beziehen. Erst mit weiterem Schreiben vom 12.07.1999 habe die Beigeladene zu 3) mitgeteilt, die vorherige Auskunft sei unzutreffend gewesen und PRT-Nadeln seien in den Praxiskosten enthalten gewesen.

Der Beklagte half den Widersprüchen bzgl. der koaxialen Interventionssets mit Bescheid vom 15.08.2002 ab und hob die jeweiligen Regressforderungen auf. Zwar seien die Interventionssets seiner Ansicht nach nicht als SSB verordnungsfähig, da sie gem. der Produktbeschreibung nicht als Infusions- oder Punktionsbesteck i. S. d. SSB-Vereinbarung eingeordnet werden könnten, aufgrund der fehlerhaften Auskünfte von Seiten der Beigeladenen zu 3) sei jedoch Vertrauensschutz entstanden, der der Geltendmachung eines Regresses entgegen stünde.

Hiergegen richtete sich am 09.09.2002 erhobene Klage. Ein Vertrauenstatbestand sei nicht gesetzt worden. Die Auskunft der Kreisstelle E der Beigeladenen zu 3) zur rechtmäßigen Verordnungsfähigkeit der PRT-Nadeln datiere vom 04.03.1999, der Widerruf dieser Auskunft vom 12.07.1999. Streitig seien jedoch die Quartale IV/97 bis III/98, in denen die Verordnungen ausgestellt worden seien. Bereits aus diesem Grunde habe im streitgegenständlichen Zeitraum kein schützenswertes Vertrauen entstehen können.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15.08.2002 zu verurteilen, die Widersprüche der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 07.07.1999, 16.09.1999, 18.10.1999 und 20.03.2000 zurückzuweisen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es sei zutreffend, dass die Auskunft der Beigeladenen zu 3) fehlerhaft gewesen und auch nicht mit der Auskunft des Ausschusses übereingestimmt habe. Den Beigeladenen zu 1) und 2) könne jedoch daraus kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie im Vertrauen auf diese Auskünfte die Interventionssets als SSB verordnet hätten. Wenn die Beigeladene zu 3) diese Auskunft noch im November 1998 nach Außen getragen habe, könne erst Recht davon ausgegangen werden, dass auch in der davor liegenden Zeit gleichlautende Auskünfte erteilt worden seien.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 31.05.2006 abgewiesen. Aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20.10.2004 (Az. B 6 KA 41/03 R) sei zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig, dass die von den Beigeladenen zu1) und 2) vorgenommene Verordnung der koaxialen Interventionssets über den SSB unzulässig gewesen sei. Der Beklagte habe aber den Beigeladenen zu 1) und 2) zu Recht Vertrauensschutz zugebilligt und demgemäß von der Festsetzung entsprechender Regresse abgesehen. Dies ergebe sich daraus, dass der Beklagte auf ein Schreiben der Beigeladenen zu 3) vom 24.11.1998 verwiesen habe, in dem diese ihre Auffassung gegenüber dem Prüfreferenten des Prüfungsausschusses E dahingehend zum Ausdruck gebracht habe, es handele sich bei intravenösen Kontrastmitteleinbringungen mittels Hochdruckinjektion um Einmalinfusionsbestecke im Sinne der SSB-Vereinbarung. Darüber hinaus habe die Beigeladene zu 3) mit Schreiben vom 05.03.1999 den Beigeladenen zu 1) und 2) mitgeteilt, PRT-Nadeln seien über SSB zu beziehen. Erst mit Schreiben vom 12.07.1999 sei die gegenteilige Auffassung vertreten worden. Es sei daher nicht zu beanstanden, unter diesem Gesichtspunkt Vertrauensschutz anzunehmen, der einer Regressforderung entgegenstehe. Auf den Umstand, dass diese Schreiben erst nach den streitgegenständlichen Quartalen verfasst worden seien, komme es nicht an, denn es könne den Beigeladenen zu 1) und 2) nicht unterstellt werden, dass sie gegen besseres Wissen die Interventionssets über SSB bezogen hätten. Mit dem Schreiben vom 05.03.1999 habe die Beigeladene zu 3) dies bestätigt, so dass das Schreiben auch für den zurückliegenden Zeitraum Geltung erlange.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 24.07.2006. Ein Vertrauenstatbestand könne aus den genannten Schreiben schon deshalb nicht abgeleitet werden, weil sie erst nach dem streitgegenständlichen Quartalen verfasst worden seien. Den Inhalt müsse sich die Klägerin nicht zurechnen lassen. Im übrigen habe die 2. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf zur gleichen Problematik eine gegenteilige Entscheidung getroffen (Urteil vom 06.09.2006, Az. S 2 KA 97/05). Darüber hinaus habe die Beigeladene zu 3) in der KV NO Aktuell 5/97 darüber informiert, es sei notwendig, die SSB-Vereinbarung in der Verordnungspraxis zu beachten und deshalb empfohlen, zukünftig SSB nur noch entsprechend dieser Vereinbarung zu beziehen.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.08.2002 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, die Widersprüche der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu entscheiden.

Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Entscheidung des Sozialgerichts sei zutreffend, da schützenswertes Vertrauen entstanden sei. Die Beigeladenen zu 1) und 2) hätten sich, nachdem die Abrechnungspraxis toleriert und ein Prüfantrag im Dezember 1998 gestellt worden sei, nochmals erkundigt und die Auskunft erhalten, die Abrechnung sei korrekt erfolgt. Gegen die Annahme von Vertrauensschutz spreche nicht der Umstand, dass die zitierten Schreiben erst nach dem streitgegenständlichen Quartalen verfasst worden seien, denn die Auskunftsersuchen der Beigeladenen zu 1) und 2) hätten sich ja gerade auf die zurückliegenden Quartale bezogen.

Der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1) und 2) schließt sich dem Antrag des Beklagten an.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind der Ansicht, es sei bereits fraglich, ob die Klägerin einen hinreichend konkretisierten Prüfantrag gestellt habe, denn in diesem sei die Höhe des Schadens zu beziffern, das sei aber nicht erfolgt. Im übrigen komme es auf den Zeitpunkt der Schreiben nicht an, da sie die bisherige Rechtmäßigkeit der Verordnungsweise bestätigten. Das gelte auch für das Schreiben vom 05.03.1999. Wenn dieses auch an den Prüfungsausschuss gerichtet sei, müsse die Klägerin es sich dennoch zurechnen lassen, da sie an dem gemeinsamen Gremium des Prüfungsausschusses beteiligt sei und hätte tätig werden müssen, wenn sie die Information der Beigeladenen zu 3) nicht hätte akzeptieren wollen. Vertrauen sei hier auch deshalb schützenswert, weil in der neueren Rechtsprechung des BSG dem Vertrauensschutzgesichtspunkt größere Bedeutung beigemessen worden sei (Urteile vom 12.12.2001 - Az. B 6 KA 2/01 R - und 08.02.2006, - Az. B 6 KA 12/05 R -). Bis September bzw. Dezember 1998 habe die Klägerin im übrigen auch die Abrechnung in der vorgenommenen Weise geduldet, auch daraus ergebe sich ein Vertrauensschutztatbestand.

Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die der Senat beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, sowie den Vortrag der Beteiligten im übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 15.08.2002 beschwert i. S. d. § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da der Beklagte die Widersprüche der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 07.07.1999, 16.09.1999, 18.10.1999 und 20.03.2000 wegen der Verordnung koaxialer Interventionssets als SSB nicht zurückweisen und von der Regressfestsetzung absehen durfte. Bei unzulässiger Verordnung als SSB besteht weder ein Beurteilungsspielraum noch ist für Ermessenserwägungen Raum. Wenn der Tatbestand einer unzulässigen SSB-Verordnung festgestellt ist, besteht für die Prüfgremien zur Festsetzung eines Regresses keine Handlungsalternative. Aus diesem Grunde war der Beklagte auch bereits entsprechend dem als Hauptantrag gestellten Klagebegehren zu verurteilen.

Ziffer III.1 der maßgeblichen SSB-Vereinbarung in der Fassung ab 01.07.1995 (Rheinisches Ärzteblatt 1/96, 68ff) schränkt die Verordnungsfähigkeit von Mitteln als SSB u.a. dahingehend ein, dass nur diejenigen Mittel als SSB verordnungsfähig sind, die ausdrücklich unter Ziffer IV der Vereinbarung aufgeführt sind (Satz 3). Unter Ziffer IV.5 sind koaxiale Interventionssets nicht aufgeführt. Insbesondere handelt es sich bei ihnen nicht um Einmalinfusionsbestecke, sondern um Einmalkanülen. Aus diesem Grunde steht auch Bundesrecht der Verordnung der Sets entgegen, da nach Bestimmung A I (Allgemeine Bestimmung), Teil A, Nr. II EBM u.a. die Kosten für Einmalkanülen bereits in den berechnungsfähigen Leistungen enthalten sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 20.10.2004, B 6 KA 41/03 B). Damit scheidet eine Verordnungfähigkeit der Sets - das ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig - über SSB aus und führt, da die Sets dennoch als SSB verordnet worden sind, zu dem festgesetzten Regress.

Ein abweichendes Ergebnis lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der ausnahmsweise ein Absehen von Regressen rechtfertigen könnte, ableiten. Vertrauensschutz setzt einen gegenüber dem betroffenen Arzt gesetzten besonderen Vertrauenstatbestand voraus (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, § 106 Randnr. 356), der nicht geschaffen wurde.

In der neuen Judikatur des BSG ist der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Zusammenhang mit der rückwirkenden Korrektur von Honorarbescheiden thematisiert worden. Dabei wurden fünf Sachverhaltsgestaltungen angenommen, in denen ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Vertrags(zahn)ärzte anzunehmen ist: (1) Ablauf der Vierjahresfrist seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides; (2) Verbrauch der Befugnis der K(Z)ÄV zu sachlich rechnerischen Richtigstellungen nach dem Bundesmantelverträgen durch vorbehaltslose Überprüfung und Bestätigung der Honoraranforderung des Vertrags(zahn)arztes; (3) Unterlassener Hinweis der K(Z)ÄV bei Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung; (4) Duldung der Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände über einen längeren Zeitraum und spätere Beurteilung als fachfremd; (5) Herrühren der Fehlerhaftigkeit des Bescheides aus Umständen, die außerhalb des eigentlichen Bereichs einer sachlich und rechnerisch korrekten Honorarabrechnung und -verteilung liegen und deshalb die fehlende konkrete Berührung der besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertrags(zahn)ärztlicher Honorierung belegen (vgl. hierzu BSG Urteile vom 14.12.2005, Az. B 6 KA 17/05 R und vom 08.02.2006, Az. B 6 KA 12/05 R).

Werden die dargestellten Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, lässt sich ein schützenswertes Vertrauen der Beigeladenen zu 1) und 2) weder gegenüber der Beklagten noch der Klägerin begründen.

(1)

Die Prüfantragsfrist, deren Ablauf im Vertragsarztrecht Vertrauensschutz begründen kann, ist gewahrt, denn entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) und 2) hat die Klägerin ab 18.12.1998 für das Quartal IV/97 einen wirksamen Prüfantrag gestellt, auch wenn die Höhe des Schadens nicht konkret beziffert wurde. Zwar sieht § 15 Abs. 2 der Prüfvereinbarung vor, dass Anträge nach Absatz 1, also u.a. der Krankenkassen, zu begründen sind und die Höhe der als unwirtschaftlich abgerechnet bzw. ungerechtfertigt veranlassten Kosten anzugeben haben, jedoch enthält diese Vorschrift keine Regelung dahingehend, dass Angaben zur Höhe der Kosten gleich mit der Antragstellung zu machen sind. Die Regelung sieht nur vor, dass die Anträge nach Abs. 1 Nr. 1 bis 4 innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Abschluss des Quartals gestellt werden können, in der der vom Antrag erfasste Sachverhalt angefallen ist. Diese Voraussetzung ist für das genannte Quartal im Dezember 1998 erfüllt. Wenn auch die Spezifizierung des Schadens erst im Januar 1999 erfolgte, muss diese in Verbindung mit dem Antrag von Dezember 1998 gesehen werden, in dem die Klägerin bereits darauf hingewiesen hatte, schnellstmöglich eine genaue Aufstellung der Artikel mit den ermittelten DM-Beträgen und den dazugehörigen Verordnungen nachzureichen. Solange aber noch ein Prüfantrag gestellt werden kann und wirksam gestellt worden ist, kann kein Vertrauen dahingehend entstehen, dass bestimmte Leistungen nicht - mehr - regressiert werden können.

(2)

Für einen Verbrauch der Prüfbefugnis unter dem Gesichtspunkt einer vorbehaltlosen Überprüfung und Bestätigung gibt es keine Anhaltspunkte. Diese können insbesondere nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass für die vor den streitgegenständlichen Quartalen liegenden 4 Quartale kein Prüfantrag gestellt worden ist, denn bei einer solchen Annahme würde die in der Prüfvereinbarung festgeschriebene Frist, innerhalb deren ein Prüfantrag überhaupt gestellt werden kann, ad absurdum geführt. Jede weitere Prüfung wäre in diesem Fall obsolet. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass diese Rechtsfolge nicht gewünscht ist.

(3)

Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte für ein Unterlassen aus bekannten der Ungewissheiten bei der Abrechnung der Interventionssets als SSB. Die von der Beigeladenen zu 3) zunächst vertretene Auffassung, die Interventionssets seien als SSB abzurechnen, stellt keine "bekannte Ungewissheit" in diesem Sinne dar, denn sie ist lediglich als Diskussionsbeitrag eines Beteiligten zu qualifizieren, abgesehen davon, dass die Schreiben, in denen die Beigeladene zu 3) ihre diesbezügliche Auffassung vertreten hat, im November 1998 bzw. März 1999 verfasst worden sind und damit erst nach Ablauf der streitgegenständlichen Quartale. In dem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass sich aus derartigen Schreiben nur dann ein Vertrauenstatbestand ableiten ließe, wenn sie kausal für das spätere Verhalten werden, was begriffsnotwendig nur dann möglich ist, wenn sie vor dem zu beurteilendem Verhalten abgefasst werden.

(4)

Da weder die Klägerin noch der Beklagte die Abrechnung der Interventionssets als Sprechstundenbedarf geduldet haben, obwohl sie der Auffassung gewesen sind, es handele sich gerade nicht um SSB, bedarf die Entstehung von Vertrauensschutz unter diesem Gesichtspunkt keiner weiteren Vertiefung.

(5)

Gleiches gilt für die 5. Alternative der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien, die Vertrauenstatbestände nach sich ziehen können, denn hier mangelt es bereits an der Voraussetzung, dass die besonderen Funktionsbedingungen des Systems nicht konkret tangiert sein dürfen. Die Geltendmachung von Regressen bei unzulässigen Verordnungen trägt gerade dazu bei, die besonderen Funktionsbedingungen des Systems aufrecht zu erhalten. Abschließend weist der Senat, ohne das es darauf streitentscheidend ankommt, darauf hin, dass entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ein etwaiges Vertrauen nicht durch die Veröffentlichung der Beigeladenen zu 3) in ihrem Mitteilungsblatt KV NO Aktuell 5/97 zerstört worden ist, denn die hier erteile Information ist zu allgemein gehalten, um einen Bezug zu der streitgegenständlichen Verordnung koaxialer Interventionssets herzustellen. In der entsprechenden Mitteilung hatte die Beigeladene zu 3) lediglich darauf hingewiesen, dass seit Inkrafttreten der SSB-Vereinbarung ab 01.07.1995 abweichende Absprachen und Vereinbarungen zwar nicht rückwirkend, aber für die Zukunft obsolet seien und daher empfohlen werde, SSB vom 01.07.1995 an nur noch entsprechend der SSB-Vereinbarung zu beziehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 162 Abs. 3 VwGO.

Der Senat hat wegen der Prüfung und Gewichtung, insbesondere der Voraussetzungen des Entstehens von Vertrauenstatbeständen bei Verordnungsregressen die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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