L 4 KR 2492/01

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 1344/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2492/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufungen der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Mai 2001 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger wegen Einkünften aus Gewerbebetrieb für die Zeit vom 01. Juni 1995 bis 31. Januar 2000 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten hat.

Der am 1937 geborene (verheiratete) Kläger war selbstständiger Landwirt; bis zum 31. Mai 1995 betrieb er daneben auch eine Gastwirtschaft (vgl. Gewerbe-Abmeldung vom 31. Mai 1995); diesen Gewerbebetrieb verpachtete der Kläger dann an seine Ehefrau (vgl. Mietvertrag über Geschäftsräume vom 31. Mai 1995). Aufgrund des Bescheids der Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) Baden (ab 01. September 2000 LAK Baden-Württemberg) vom 30. Oktober 1995 bezieht der Kläger seit 01. Juni 1995 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) an Landwirte. Die monatliche Bruttoleistung betrug ab 01. Juni 1995 DM 1.208,19 (ab 01. Juli 1995 DM 1.214,45); es wurden Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und zur entsprechenden Pflegeversicherung einbehalten. Insoweit hatten die Badische Landwirtschaftliche Krankenkasse (seit 01. September 2000 Landwirtschaftliche Krankenkasse [LKK] Baden-Württemberg) und die Badische Landwirtschaftliche Pflegekasse (ab 01. September 2000 Landwirtschaftliche Pflegekasse [LPK] Baden-Württemberg), nachdem ihnen der Rentenbezug unter dem 31. Oktober 1995 gemeldet worden war, dem Kläger mit Bescheid vom 10. November 1995 die Aufnahme in das Mitgliedsverzeichnis ab 01. Juni 1995 mitgeteilt. Dieser Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von der LAK einbehalten und abgeführt würden. Die Höhe der Beiträge sei aus dem Bescheid der LAK zu ersehen. Soweit der Kläger weitere Versorgungsbezüge, beispielsweise eine Betriebsrente, beziehe, sei dies, sofern noch nicht geschehen, unverzüglich mitzuteilen, da hieraus ebenfalls Beiträge zu zahlen seien. Ferner wurde der Kläger auf Meldepflichten hingewiesen. Er sei verpflichtet, Änderungen in seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen innerhalb von zwei Wochen zu melden; dazu gehörten insbesondere die Aufnahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, der Bezug von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen sowie Änderungen der Höhe dieser Bezüge, der Bezug von Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und deren Höhe sowie der Bezug von Versorgungsbezügen, deren Höhe und die Zahlstelle dieser Versorgungsbezüge. Dem Bescheid war eine Vordruckerklärung MB 801 mit Erläuterungen zum Ausfüllen beigefügt. Unter dem 21. Dezember 1995 verneinte der Kläger in der erst nach der zweiten Aufforderung abgegebenen Vordruckerklärung MB 801 unter 3. außerlandwirtschaftliches Arbeitseinkommen. Auf der Rückseite der Vordruckerklärung wurde darauf hingewiesen, dass in der Krankenversicherung der Landwirte (KVdL) versicherungspflichtige Personen beitragspflichtig aufgrund von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen seien. Die Versicherten seien verpflichtet, ihrer Krankenkasse diese Einkünfte zu melden. Ferner enthielt die Vordruckerklärung auf der Rückseite noch "Erläuterungen zum Fragebogen". Zu 3. wurde ausgeführt, Arbeitskommen seien insbesondere Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen (z.B. Fabrikationsbetriebe, Handelsunternehmen, Handwerksbetriebe, Gaststätten), Gewinnanteile als Mitunternehmer einer Personengesellschaft (auch Vergütungen aus Rechtsgeschäften und Arbeitsverhältnissen zwischen Gesellschaftern und Personengesellschaft), Einkünfte aus freiberuflicher Arbeit (darunter verstehe man eine selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder "erziehbare" Tätigkeit) sowie Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit (z.B. Einkünfte als Testamentsvollstrecker, Vermögensverwalter sowie Aufsichtsratsvergütungen). Nicht anzugeben seien Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft. Erst am 24. September 1999 ging bei der LKK und LPK Baden im Rahmen der Beitragssache der Ehefrau des Klägers der Bescheid des Finanzamts (FA) K. für 1997 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 10. Mai 1999, den Kläger und seine Ehefrau betreffend, ein. Dieser wies neben Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft als Einzelunternehmer auch beim Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM 10.095,00 aus. Die daraufhin vom Kläger weiter angeforderten und bei der LKK am 20. Oktober 1999 eingegangenen entsprechenden Bescheide des FA für 1994 (vom 11. Januar 1996), für 1995 (vom 20. August 1997) und für 1996 (vom 21. August 1998) wiesen beim Kläger gleichfalls Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus, nämlich für 1994 DM 74.409,00, für 1995 DM 27.025,00 und für 1996 DM 9.260,00. Mit Bescheid vom 28. Oktober 1999 setzten die LKK und die LPK Baden hinsichtlich der gewerblichen Einkünfte im Jahre 1995 von monatlich DM 2.252,08, im Jahre 1996 von monatlich DM 771,67 und im Jahre 1997 von monatlich DM 841,25 für die Zeit ab 01. Juni 1995 die zu zahlenden Beiträge zur Krankenversicherung sowie zur Pflegeversicherung fest; dabei wurde auch für 1998 sowie für 1999 ein monatliches Einkommen von DM 841,25 zugrunde gelegt. Dies ergab eine Nachforderung für die Zeit bis 31. Oktober 1999 in Höhe von DM 4.302,64 und ab 01. November 1999 eine laufende Beitragsforderung von monatlich DM 71,51 (Krankenversicherungsbeitrag DM 57,21 und Pflegeversicherungsbeitrag DM 14,30). Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein; er trug unter Vorlage des Pachtvertrags vom 31. Mai 1995 vor, der Gewerbebetrieb (Gaststätte) sei seit 01. Juni 1995 an seine Ehefrau verpachtet. Die Pachteinnahmen seien im Rahmen der Einkunftsart "Gewerbebetrieb" erzielt worden. Arbeitseinkommen habe er jedoch ab 01. Juni 1995 nicht mehr bezogen, weshalb eine Beitragsnachforderung nicht geltend gemacht werden könne. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung handele es sich nicht um beitragspflichtiges Arbeitseinkommen. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 24. März 2000 wurde ausgeführt, der Kläger sei seit 01. Juni 1995 versicherungspflichtig, weshalb neben Beiträgen aus der Altersrente solche auch aus Arbeitseinkommen zu entrichten seien. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) in der ab 01. Januar 1995 geltenden Fassung sei die materiell-rechtliche Maßgeblichkeit des Einkommensteuerrechts für die Abgrenzung des Arbeitseinkommens entscheidend verstärkt worden. Die Vorschrift schreibe jetzt ausdrücklich fest, dass Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten sei, wenn es nach dem Einkommensteuerrecht als solches zu bewerten sei. Damit folge aus dieser Vorschrift, dass nunmehr das Einkommensteuerrecht uneingeschränkt maßgeblich sei - sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei dessen Höhe. Dies bedeute, dass, solange die steuerrechtliche Betriebsaufgabe noch nicht geklärt worden sei, die Pachterlöse als Betriebseinnahmen eingeordnet würden, wie es sich aus den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden ergebe.

Am 25. April 2000 erhob der Kläger deswegen Klage beim Sozialgericht (SG) Freiburg. Er machte geltend, hinsichtlich der streitigen Beitragsforderung sei bereits im Oktober 1999 Verwirkung eingetreten gewesen, denn der LKK und LPK Baden sei bereits seit langem bekannt gewesen, dass er nach dem Gesetz eigentlich auch Beiträge aus dem Arbeitseinkommen zu entrichten gehabt hätte. Es könne nicht angehen, dass nach einem Zeitablauf von nahezu fünf Jahren noch für eine zurückliegende Zeit Beiträge in sehr erheblichem Umfang gefordert würden. Infolge Zeitablaufs und Untätigbleiben der Beklagten habe er sich darauf einstellen können, dass keine Beiträge nacherhoben würden. Da er seinen Betrieb ab 01. Juni 1995 verpachtet und seitdem auch Rente bezogen habe, habe er darauf vertrauen können, dass er nicht zu weiteren Beiträgen herangezogen würde. Als Laie habe er keine Kenntnis davon gehabt, dass sich die Beitragspflicht am Einkommensteuerrecht orientiere und deshalb bei ihm die steuerrechtlich als Betriebseinnahmen anzusehenden Pachterlöse auch beitragspflichtig gewesen seien. Er habe sich auch nicht danach erkundigen müssen, ob hinsichtlich der Pachterlöse ebenfalls Beiträge zu entrichten gewesen seien. Er habe sich auch darauf eingerichtet, dass in Zukunft keine entsprechenden Beiträge erhoben würden. Der Verwirkung stehe kein öffentliches Interesse entgegen. Er habe auch nicht gegen seine Meldepflichten verstoßen, denn diese hätten sich nur auf Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen bezogen, nicht aber auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Beklagte zu 1), zugleich für die Beklagte zu 2) handelnd, trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Der Kläger habe, obwohl er ausdrücklich auf seine Meldeverpflichtungen hingewiesen worden sei, versäumt, Angaben über sein außerlandwirtschaftliches Arbeitseinkommen zu machen, obwohl ihm seine Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb für die Jahre 1995 bis 1997 aus den jeweiligen Einkommensteuererklärungen und Einkommensteuerbescheiden bekannt gewesen seien. Erst im Rahmen einer Einkommensüberprüfung seiner Ehefrau, die als freiwilliges Mitglied geführt worden sei, hätten sie durch die Vorlage eines Einkommensteuerbescheids von den weiteren Einkünften des Klägers erfahren. Die Nachforderung von Beiträgen sei auch nicht treuwidrig oder verwirkt. Sie hätten in keiner Weise dem Kläger gegenüber zu erkennen gegeben, dass sie die Beiträge nicht mehr fordern würden. Das Schweigen über eine längere Zeit hinweg reiche allein nicht aus, um die berechtigte Erwartung zu begründen, die Beiträge brauchten nicht gezahlt zu werden. Insoweit könne auch die Verwirkungsfrist nicht kürzer sein als die Fristen der Verjährung, die hier noch nicht eingetreten sei. Mehrfach habe der Kläger auf Anfrage außerlandwirtschaftliches Arbeitseinkommen verneint. Die Nacherhebung der Beiträge aus dem Arbeitseinkommen nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) unterliege auch nicht den Einschränkungen des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) hinsichtlich der Rücknahme oder Änderung von rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakten; es gehe hier nicht um die rückwirkende Veränderung des bereits angeforderten Beitrags aus Versorgungsbezügen, sondern um eine Erhebung von Beiträgen aus dem nachträglich festgestellten Arbeitseinkommen. Mit der nachträglichen Feststellung der Beiträge aus dem Arbeitseinkommen sei keine Änderung der Beiträge aus der Rente verbunden. Diese seien vielmehr unberührt geblieben. Da nach dem vom Kläger vorgelegten weiteren Einkommensteuerbescheid vom 13. Januar 2000 keine Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb vorlägen, habe sie dem Kläger im Übrigen mit Bescheid vom 13. November 2000 mitgeteilt, dass ab 01. Februar 2000 vorerst keine Beiträge aus Arbeitseinkommen mehr zu entrichten seien. Mit Gerichtsbescheid vom 16. Mai 2001, den Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 22. Mai 2001 zugestellt, hob das SG den Bescheid vom 28. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2000 auf. Es führte aus, zwar könne sich der Kläger nicht auf Verwirkung berufen. Die streitbefangenen Bescheide seien jedoch aufzuheben, weil ihnen der bindende Verwaltungsakt vom 07. November 1995 entgegenstehe; aus der Sicht eines vernünftigen Empfängers sei in diesem Bescheid eine bindende Entscheidung über die Höhe der Beiträge insgesamt getroffen worden vorbehaltlich einer zusätzlichen Beitragserhebung aus weiteren Versorgungsbezügen. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Am 12. Juni 2001 haben die Beklagten gegen den Gerichtsbescheid schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Begründung der Entscheidung des SG könnten sie sich nicht anschließen. Der Kläger habe durch den Hinweis auf der Rückseite der von ihm am 22. Dezember 1995 unterschriebenen Vordruckerklärung, welche schon dem Bescheid vom 07. November 1995 beigefügt gewesen sei, von der bestehenden Beitragspflicht bei außerlandwirtschaftlichem Arbeitseinkommen gewusst. Bei der Erhebung von Beiträgen aus nachträglich festgestelltem Arbeitseinkommen handle es sich nicht um die rückwirkende Veränderung der bereits geforderten Beiträge aus der Rente, so dass die Nacherhebung nicht den Einschränkungen der §§ 45, 48 SGB X unterliege. Der Kläger habe im Übrigen bezüglich der Frage nach solchem Arbeitseinkommen falsche Angaben gemacht, obwohl ihm seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch die jeweiligen Einkommensteuererklärungen und Einkommensteuerbescheide bekannt gewesen seien.

Die Beklagten beantragen sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Mai 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er hält den Gerichtsbescheid für zutreffend und erhebt erneut den Verwirkungseinwand. Die Beklagten könnten ihm auch nicht den Hinweis auf der Rückseite der Vordruckerklärung entgegenhalten. Solche Hinweise auf der Rückseite einer Vordruckerklärung seien nicht geeignet, ihn hinreichend und vor allem deutlich aufzuklären. Entscheidend sei die Formulierung im Bescheid selbst, dass sich die Höhe der Beiträge aus dem Bescheid der LAK ergebe. Danach habe er nicht mehr auf Hinweise auf der Rückseite einer Vordruckerklärung achten müssen. Im Übrigen sei der Bescheid vom 07. November 1995 bindend geworden, was der Nachforderung von Beiträgen entgegenstehe. Ihm könne auch nicht entgegengehalten werden, falsche Angaben gemacht zu haben. Nach Einkünften aus Gewerbebetrieb sei er nicht gefragt worden.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, sind statthaft und zulässig; sie sind auch begründet. Der Kläger ist zu Recht zur Zahlung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 01. Juni 1995 - jedenfalls bis 31. Januar 2000 (vgl. Bescheid vom 13. November 2000) - hinsichtlich der aus den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden für die Jahre ab 1995 ausgewiesenen Einkünfte aus (außerlandwirtschaftlichem) Gewerbebetrieb herangezogen worden. Insoweit ist der Bescheid vom 28. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2000 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Zu Unrecht hat das SG entschieden, dass dieser nachträglichen Feststellung der weitergehenden Beitragspflicht der bindend gewordene Bescheid vom 10. November 1995 "über die Aufnahme in das Mitgliederverzeichnis" entgegenstehen soll und dass dessen Aufhebung nach den §§ 45, 48 SGB X nicht möglich sei. Der Kläger bezog seit 01. Juni 1995 Rente wegen EU an Landwirte. Er ist, wie auch dem Bescheid vom 10. November 1995 entnommen werden kann, seitdem nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 KVLG 1989 bei der Beklagten zu 1) als Rentner pflichtversichert. Dem steht kein Ausschlussgrund entgegen, der vom Kläger auch nicht geltend gemacht wird. Die Pflichtversicherung ab 01. Juni 1995 in der Pflegeversicherung bei der Beklagten zu 2) folgt aus § 20 Abs. 1 Nr. 3 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Die Beitragspflicht zur Beklagten zu 1) bezog sich nach § 45 KVLG 1989 auch auf das Arbeitseinkommen mit Ausnahme von Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft (Abs. 1 Nr. 3). Entsprechendes gilt für die Beitragspflicht zur Beklagten zu 2), wie sich aus § 57 Abs. 3 Satz 5 SGB XI i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3 KVLG 1989 ergibt. Für die Bestimmung des "Arbeitseinkommens" gilt § 15 Abs. 1 SGB IV in der ab 01. Januar 1995 maßgebenden Fassung, der bestimmt: Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Ermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkünfte sind als Arbeitseinkommen zu werten, wenn sie als solche nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten sind. § 15 Abs. 2 SGB IV ist hier nicht anwendbar. Aus der vom Gesetzgeber gewollten vollen Parallelität zum Einkommensteuerrecht ist sowohl hinsichtlich der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch hinsichtlich dessen Höhe maßgebend, ob solche Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit dem Steuerbescheid zu entnehmen sind. Die Sozialversicherungsträger wie die Beklagten sind von der inhaltlichen Nachprüfung des unanfechtbar gewordenen Steuerbescheids befreit. Zu Recht haben danach die Beklagten als beitragspflichtiges Arbeitseinkommen das ab 01. Juni 1995 in den Einkommensteuerbescheiden steuerrechtlich ausgewiesene Einkommen aus außerlandwirtschaftlichem Gewerbebetrieb berücksichtigt. Aufgrund der vorgelegten Steuerbescheide kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass er seinen Gewerbebetrieb bereits zum 31. Mai 1995 abgemeldet und die Gaststätte an seine Ehefrau verpachtet hat. Die Beklagten haben die Beiträge auch der Höhe nach richtig berechnet. Der Nacherhebung der Beiträge stand auch nicht der Bescheid vom 10. November 1995 entgegen. Dies hat das SG verkannt. Denn darin ist - auch aus der Sicht des verständigen Empfängerhorizonts - nicht die Beitragshöhe als Verfügungssatz schlechthin bindend geregelt. Bei einem Bescheid erwächst in Bindungswirkung nur der Verfügungssatz. Der Bescheid vom 10. November 1995 ist nur ein solcher "über die Aufnahme in das Mitgliedsverzeichnis". Dieser Bescheid kann hinsichtlich des Verfügungssatzes nur dahin ausgelegt werden, dass dem Kläger mit allenfalls deklaratorischer Wirkung die Aufnahme in das Mitgliederverzeichnis als Rentenbezieher ab 01. Juni 1995 mit dem Hinweis des gleichzeitigen Endes der Mitgliedschaft als Rentenantragsteller mitgeteilt worden ist. Der Beginn der Mitgliedschaft nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 KVLG 1989 wurde nicht konstitutiv mit der Eintragung in das Mitgliederverzeichnis begründet (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 4 KVLG 1989). Einen weiteren selbstständigen Verfügungssatz zur Beitragshöhe enthält der Bescheid nicht. Dies gilt nicht für die Höhe der Beiträge hinsichtlich der Rente, denn darüber ist schon mit dem Rentenbescheid der LAK Baden vom 31. Oktober 1995 entschieden worden. Dies gilt ferner nicht dafür, dass eine weitergehende Beitragspflicht ab 01. Juni 1995 sich nur noch auf unverzüglich mitzuteilende "weitere Versorgungsbezüge (z.B. Betriebsrente)" beziehen sollte. Denn sowohl nach dem Bescheid selbst mit den aufgeführten "Meldepflichten", die sich auch aus § 31 KVLG 1989 ergaben, als auch aus der beigefügten Vordruckerklärung MB 801 ("Fragebogen") im Hinblick auf die Anrede und die "Erläuterungen zum Fragebogen" war für den Kläger eindeutig erkennbar, dass sich die Beitragspflicht auch auf noch mitzuteilendes außerlandwirtschaftliches "Arbeitseinkommen" bezog. Der Kläger konnte nicht darauf vertrauen, dass im Bescheid vom 10. November 1995 die Höhe der Beiträge ab 01. Juni 1995 abschließend geregelt sein sollte. Im Übrigen ist den Beklagten damals der Bezug von "Einkünften aus Gewerbebetrieb" beim Kläger nicht bekannt gewesen ist. Danach enthielt der Bescheid vom 10. November 1995 keine bindende Regelung über vom Kläger zu zahlende Beiträge aus Arbeitseinkommen. Dies gilt sowohl für die Beiträge zur Krankenversicherung als auch für die Beiträge zur Pflegeversicherung. Die Beklagten waren danach berechtigt, ohne Bindung an die Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X mit Rückwirkung die entsprechenden weiteren Beiträge ab 01. Juni 1995 festzusetzen. Bei Bescheiderlass, der die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV unterbrochen hat, waren die hier streitigen Beiträge noch nicht verjährt. Der Kläger kann sich auch nicht auf durch bloßen Zeitablauf eingetretene Verwirkung berufen, was insoweit auch das SG zutreffend festgestellt hat. Im Hinblick auf die Mitteilung der Meldepflichten und die Erläuterungen in der dem Kläger mit dem Bescheid vom 10. November 1995 übersandten Vordruckerklärung vermag er nicht geltend zu machen, es lägen über den bloßen Zeitablauf hinaus besondere Umstände vor, die den Einwand der Verwirkung rechtfertigen könnten. Schon mit der erst unter dem 21. Dezember 1995 - aufgrund einer zweiten Aufforderung - abgegebenen Vordruckerklärung hat der Kläger außerlandwirtschaftliches Arbeitseinkommen verneint, obwohl ihm jedenfalls der Erhalt von Pachteinkünften bekannt gewesen ist. Der ihm bekannten Meldepflicht hinsichtlich des Arbeitseinkommens ist der Kläger dann auch jeweils nicht nach Erhalt der entsprechenden Bescheide des FA K. für die Jahre 1995 bis 1997 nachgekommen, obwohl darin - wie offensichtlich auch in den Einkommensteuererklärungen - bei ihm erkennbar Einkünfte aus Gewerbebetrieb außerhalb der Landwirtschaft jeweils ausgewiesen waren. Die Beklagten haben Ermittlungen zum Vorliegen von beitragspflichtigem Arbeitseinkommen erst in dem Augenblick angestellt, als ihnen am 24. September 1999 der Bescheid des FA K. vom 10. Mai 1999 in der Beitragssache der Ehefrau des Klägers bekannt geworden ist. Als die Verwirkung rechtfertigenden Umstand vermag der Kläger den Beklagten nicht entgegenzuhalten, dass sie bei ihm nach seiner wahrheitswidrigen Auskunft vom 21. Dezember 1995 nicht schon vor Ablauf von vier Jahren (vgl. § 33 KVLG 1989) ihrerseits nochmals hinsichtlich des Vorliegens von beitragspflichtigem Arbeitseinkommen nachgefragt haben. Danach war der Gerichtsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved