Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
39
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 39 AS 8936/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 31. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2006 verurteilt, die Kosten des Widerspruchsverfahrens gemäß des Antrages vom 24. Mai 2006 unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr nach VV 2005 von 280,00 Euro zu erstatten. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu erstattenden notwendigen Aufwendungen für ein Widerspruchsverfahren.
Der 1981 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er befindet sich seit 2005 im Leistungsbezug seitens der Beklagten. Mit Bescheid vom 9. Februar 2006 stellte die Beklagte den Wegfall des Arbeitslosengelds II gemäß § 31 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai 2006 wegen Arbeitsablehnung fest. Gegen diesen Bescheid erhob der anwaltlich vertretene Kläger mit Schreiben vom 2. März 2006 Widerspruch und beantragte die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Widerspruchs gemäß § 86 a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zur Begründung führte er insbesondere aus, dass die rechtlichen Anforderungen an ein Stellenangebot nicht eingehalten worden seien und belegte seine Ausführungen mit zahlreichen Fußnoten. Aufgrund des Widerspruchs hob die Beklagte den Bescheid vom 9. Februar 2006 mit Bescheid vom 2. Mai 2006 auf und half damit dem Widerspruch in vollem Umfang ab.
Mit Kostennote vom 24. Mai 2006 beantragte darauf hin der Rechtsanwalt des Klägers die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 348,00 Euro unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2500 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Höhe von 280,00 Euro. Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 31. Mai 2006 setzte die Beklagte an zu erstattenden Kosten 301,60 Euro fest und berücksichtigte hierbei als Geschäftsgebühr lediglich einen Betrag von 240,00 Euro, der so genannten Schwellengebühr.
Den Widerspruch hiergegen vom 2. Juni 2006 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Geschäftsgebühr nach VV 2500, welche über die Schwellengebühr in Höhe von 240 Euro hinaus gehe, käme nur in Betracht, wenn die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten entweder umfangreich oder schwierig war. Beides liege nicht vor.
Gegen diesen am 15. Juni 2006 eingegangenen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 17. Juli 2006 Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Er behauptet, die Tätigkeit sei sowohl schwierig als auch umfangreich gewesen. Bei der Beurteilung der Rechtsfrage habe es sich um eine schwierige Frage gehandelt und es sei eine umfangreiche, erheblich länger als üblich dauernde Besprechung mit dem Kläger notwendig gewesen, da diese erhebliche Schwierigkeiten bereitet habe. Die Besprechung habe insgesamt 1 ½ Stunden gedauert. Im Übrigen sei die Mittelgebühr in Höhe von 280,00 Euro die Regel und nur im Ausnahmefall 240,00 Euro anzusetzen. Denn Ziel des RVG sei insbesondere gewesen, eine Erhöhung der Gebühren herbei zu führen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid des Beklagten vom 2. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten des Widerspruchsverfahrens gemäß Antrag vom 24. Mai 2006 in voller Höhe zu erstatten.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihren Widerspruchsbescheid.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgemäß nach § 87 SGG erhoben. Denn die Monatsfrist endete erst am 17. Juli 2006, da der 15. Juli 2006 auf einen Sonnabend fiel (§ 64 Abs. 3 SGG).
Die Klage ist auch begründet.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, soweit ein Widerspruch erfolgreich ist demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entsteht in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) beträgt die Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) 40 bis 520 Euro. Eine Gebühr von mehr als 240 Euro kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (Nr. 2500 VV/heute 2400 VV). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren der Rechtsanwalt schließlich die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen.
Nach diesen Regelungen steht eine Kostenerstattung unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr in Höhe von 280 Euro zu.
Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass nach dem Wortlaut der Nr. 2500 (2400) VV davon ausgegangen werden könnte, dass die so genannte Schwellengebühr in Höhe von 240 Euro grundsätzlich anstelle der so genannten Mittelgebühr (280 Euro) tritt und nur dann überschritten werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.
Hierbei bliebe jedoch sowohl die Gesetzessystematik, die Entstehungsgeschichte als auch der Zweck der Regelung unberücksichtigt.
Nach der Gesetzessystematik bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 RVG die Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände. Entgegen der Nr. 2500 (2400) VV zählen zu den maßgeblichen Umständen nicht nur die Schwierigkeit und der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sondern insbesondere die Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Diese Systematik würde bei Anwendung der Nr. 2500 VV missachtet, wenn allein auf den Umfang oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit abgestellt würde und beispielsweise eine Angelegenheit mit großer Bedeutung nicht zu einer Gebühr über der Schwellengebühr führen könnte. Die Kriterien der Regelung des § 14 RVG würden damit nicht ausreichend Beachtung finden.
Auch die Entstehungsgeschichte spricht gegen ein Verständnis der Regelung im Sinne der Beklagten. Mit der Einführung der Geschäftsgebühr mit einem Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 sollten künftig alle anfallenden Tätigkeiten in Form des Betreibens des Geschäfts einschließlich der Information und Teilnahme an Besprechungen sowie das Mitwirken an der Gestaltung eines Vertrages abgegolten werden (BT-Drucksache 15/1971 Seite 205). Eine Besprechungsgebühr ist nicht mehr vorgesehen. Aufgrund des erweiterten Abgeltungsbereichs der Geschäftsgebühr wurde eine andere Einordnung der unterschiedlichen außergerichtlichen Vertretungsfälle in den zu Verfügung stehenden größeren Gebührenrahmen erforderlich. Dies führte zwangsläufig zu einer neuen Definition des "Normalfalls". In durchschnittlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich von der Mittelgebühr (1,5) auszugehen (vgl. Madert in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltvergütungsgesetz, 17. Auflage, 2006, VV 2400 Rn. 1, VV 2300 Rn. 2 m.w.N.). Demgegenüber würde eine nach Abwägung der unterschiedlichen Kriterien des § 14 in der Summe gänzlich durchschnittliche Angelegenheit nur dann einen Gebührenansatz von mehr als 1,3 (etwa in Höhe der Mittelgebühr 1,5) rechtfertigen, wenn die Tätigkeit des Anwalts im Hinblick auf Umfang oder Schwierigkeit über dem Durchschnitt liegt, dies jedoch allein in der Gesamtschau nach § 14 Abs. 1 unberücksichtigt bleiben müsste, weil andere Merkmale vergleichsweise unterdurchschnittlich ins Gewicht fallen (BT-Drucksache a.a.O.).
Nach dieser aus der Bundestagsdrucksache ersichtlichen Entstehungsgeschichte sollte Ziel der so genannten Schwellengebühr in Höhe von 240 Euro mithin nicht sein, dass diese bei durchschnittlichen Angelegenheiten anstelle der Mittelgebühr tritt oder gar die unterschiedlichen Kriterien des § 14 RVG ersetzt. Ziel sollte vielmehr sein, dass bei einer gänzlich durchschnittlichen Angelegenheit ein Gebührensatz von mehr als 1,3 (Schwellengebühr) nur dann in Betracht kommen soll, wenn zumindest der Umfang oder die Schwierigkeit der Tätigkeit überdurchschnittlich waren. Liegen demgegenüber nach Abwägung der unterschiedlichen Kriterien gemäß § 14 Indizien für eine nicht gänzlich durchschnittliche Angelegenheit vor, so kann dementsprechend die Schwellengebühr nicht zum Ansatz kommen.
Gegen ein Verständnis der Regelung im Sinne der Beklagten spricht schließlich auch der Zweck der Geschäftsgebühr als Rahmengebühr zwischen 40 und 520 Euro.
Wie bereits dargestellt, sind bei Rahmengebühren alle Umstände des Einzelfalles gemäß § 14 RVG zu berücksichtigen. Damit soll eine angemessene Vergütung sichergestellt werden. Dieser Zweck würde vereitelt, wenn immer 240 Euro zu erstatten wären, sobald die Tätigkeit nicht umfangreich oder schwierig war. Der berechenbare Wert einer anwaltlichen Leistung bestimmt sich nach § 14 RVG auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit. Ist diese als sehr hoch anzusehen, so ist dies bei der Ermittlung der Gebühr entsprechend zu berücksichtigen. Selbst wenn die Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig war, kann daher schon allein die Bedeutung der Angelegenheit zu einer Einstufung über der Schwellengebühr führen, um eine angemessene Vergütung zu erreichen.
Nach Ansicht des Gerichts ist deshalb im Rahmen einer Kostenfestsetzung Nr. 2500(alt) bzw. aktuell 2400 VV dahin gehend zu verstehen, dass allenfalls bei einer gänzlich durchschnittlichen Angelegenheit auf die so genannte Schwellengebühr in Höhe von 240 Euro zurückgegriffen werden kann.
Eine gänzlich durchschnittliche Angelegenheit ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Hierbei kann dahinstehen, ob die anwaltliche Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Zumindest eine umfangreiche Tätigkeit liegt im Hinblick auf das Beratungsgespräch nach den glaubhaften Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers nahe.
Selbst wenn jedoch die Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig sondern nur durchschnittlich gewesen wäre, kann vorliegend auf die Schwellengebühr in Höhe von 240 Euro nicht zurückgegriffen werden, weil die Bedeutung der Angelegenheit dann entgegen § 14 RVG keine ausreichende Berücksichtigung finden würde. Vorliegend ist die Bedeutung der Angelegenheit als überdurchschnittlich zu bezeichnen, da es für den Kläger um den kompletten Wegfall der Regelleistung für 3 Monate ging. Im Streit war mithin eine Existenz sichernde Leistung des Klägers für mehrere Monate und damit eine Angelegenheit für ihn von mehr als nur durchschnittlicher Bedeutung. Insgesamt erscheint daher der Ansatz zumindest einer Mittelgebühr in Höhe von 280 Euro im vorliegenden Fall als gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Berufung bedarf der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die auf eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 SGG). Vorliegend ist der Wert des Beschwerdegegenstandes 46,40 Euro (40 Euro zuzüglich Steuern) und damit unter der Berufungsgrenze von 500 Euro. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu erstattenden notwendigen Aufwendungen für ein Widerspruchsverfahren.
Der 1981 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er befindet sich seit 2005 im Leistungsbezug seitens der Beklagten. Mit Bescheid vom 9. Februar 2006 stellte die Beklagte den Wegfall des Arbeitslosengelds II gemäß § 31 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai 2006 wegen Arbeitsablehnung fest. Gegen diesen Bescheid erhob der anwaltlich vertretene Kläger mit Schreiben vom 2. März 2006 Widerspruch und beantragte die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Widerspruchs gemäß § 86 a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zur Begründung führte er insbesondere aus, dass die rechtlichen Anforderungen an ein Stellenangebot nicht eingehalten worden seien und belegte seine Ausführungen mit zahlreichen Fußnoten. Aufgrund des Widerspruchs hob die Beklagte den Bescheid vom 9. Februar 2006 mit Bescheid vom 2. Mai 2006 auf und half damit dem Widerspruch in vollem Umfang ab.
Mit Kostennote vom 24. Mai 2006 beantragte darauf hin der Rechtsanwalt des Klägers die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 348,00 Euro unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2500 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Höhe von 280,00 Euro. Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 31. Mai 2006 setzte die Beklagte an zu erstattenden Kosten 301,60 Euro fest und berücksichtigte hierbei als Geschäftsgebühr lediglich einen Betrag von 240,00 Euro, der so genannten Schwellengebühr.
Den Widerspruch hiergegen vom 2. Juni 2006 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Geschäftsgebühr nach VV 2500, welche über die Schwellengebühr in Höhe von 240 Euro hinaus gehe, käme nur in Betracht, wenn die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten entweder umfangreich oder schwierig war. Beides liege nicht vor.
Gegen diesen am 15. Juni 2006 eingegangenen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 17. Juli 2006 Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Er behauptet, die Tätigkeit sei sowohl schwierig als auch umfangreich gewesen. Bei der Beurteilung der Rechtsfrage habe es sich um eine schwierige Frage gehandelt und es sei eine umfangreiche, erheblich länger als üblich dauernde Besprechung mit dem Kläger notwendig gewesen, da diese erhebliche Schwierigkeiten bereitet habe. Die Besprechung habe insgesamt 1 ½ Stunden gedauert. Im Übrigen sei die Mittelgebühr in Höhe von 280,00 Euro die Regel und nur im Ausnahmefall 240,00 Euro anzusetzen. Denn Ziel des RVG sei insbesondere gewesen, eine Erhöhung der Gebühren herbei zu führen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid des Beklagten vom 2. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten des Widerspruchsverfahrens gemäß Antrag vom 24. Mai 2006 in voller Höhe zu erstatten.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihren Widerspruchsbescheid.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgemäß nach § 87 SGG erhoben. Denn die Monatsfrist endete erst am 17. Juli 2006, da der 15. Juli 2006 auf einen Sonnabend fiel (§ 64 Abs. 3 SGG).
Die Klage ist auch begründet.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, soweit ein Widerspruch erfolgreich ist demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entsteht in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) beträgt die Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) 40 bis 520 Euro. Eine Gebühr von mehr als 240 Euro kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (Nr. 2500 VV/heute 2400 VV). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren der Rechtsanwalt schließlich die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen.
Nach diesen Regelungen steht eine Kostenerstattung unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr in Höhe von 280 Euro zu.
Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass nach dem Wortlaut der Nr. 2500 (2400) VV davon ausgegangen werden könnte, dass die so genannte Schwellengebühr in Höhe von 240 Euro grundsätzlich anstelle der so genannten Mittelgebühr (280 Euro) tritt und nur dann überschritten werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.
Hierbei bliebe jedoch sowohl die Gesetzessystematik, die Entstehungsgeschichte als auch der Zweck der Regelung unberücksichtigt.
Nach der Gesetzessystematik bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 RVG die Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände. Entgegen der Nr. 2500 (2400) VV zählen zu den maßgeblichen Umständen nicht nur die Schwierigkeit und der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sondern insbesondere die Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Diese Systematik würde bei Anwendung der Nr. 2500 VV missachtet, wenn allein auf den Umfang oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit abgestellt würde und beispielsweise eine Angelegenheit mit großer Bedeutung nicht zu einer Gebühr über der Schwellengebühr führen könnte. Die Kriterien der Regelung des § 14 RVG würden damit nicht ausreichend Beachtung finden.
Auch die Entstehungsgeschichte spricht gegen ein Verständnis der Regelung im Sinne der Beklagten. Mit der Einführung der Geschäftsgebühr mit einem Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 sollten künftig alle anfallenden Tätigkeiten in Form des Betreibens des Geschäfts einschließlich der Information und Teilnahme an Besprechungen sowie das Mitwirken an der Gestaltung eines Vertrages abgegolten werden (BT-Drucksache 15/1971 Seite 205). Eine Besprechungsgebühr ist nicht mehr vorgesehen. Aufgrund des erweiterten Abgeltungsbereichs der Geschäftsgebühr wurde eine andere Einordnung der unterschiedlichen außergerichtlichen Vertretungsfälle in den zu Verfügung stehenden größeren Gebührenrahmen erforderlich. Dies führte zwangsläufig zu einer neuen Definition des "Normalfalls". In durchschnittlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich von der Mittelgebühr (1,5) auszugehen (vgl. Madert in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltvergütungsgesetz, 17. Auflage, 2006, VV 2400 Rn. 1, VV 2300 Rn. 2 m.w.N.). Demgegenüber würde eine nach Abwägung der unterschiedlichen Kriterien des § 14 in der Summe gänzlich durchschnittliche Angelegenheit nur dann einen Gebührenansatz von mehr als 1,3 (etwa in Höhe der Mittelgebühr 1,5) rechtfertigen, wenn die Tätigkeit des Anwalts im Hinblick auf Umfang oder Schwierigkeit über dem Durchschnitt liegt, dies jedoch allein in der Gesamtschau nach § 14 Abs. 1 unberücksichtigt bleiben müsste, weil andere Merkmale vergleichsweise unterdurchschnittlich ins Gewicht fallen (BT-Drucksache a.a.O.).
Nach dieser aus der Bundestagsdrucksache ersichtlichen Entstehungsgeschichte sollte Ziel der so genannten Schwellengebühr in Höhe von 240 Euro mithin nicht sein, dass diese bei durchschnittlichen Angelegenheiten anstelle der Mittelgebühr tritt oder gar die unterschiedlichen Kriterien des § 14 RVG ersetzt. Ziel sollte vielmehr sein, dass bei einer gänzlich durchschnittlichen Angelegenheit ein Gebührensatz von mehr als 1,3 (Schwellengebühr) nur dann in Betracht kommen soll, wenn zumindest der Umfang oder die Schwierigkeit der Tätigkeit überdurchschnittlich waren. Liegen demgegenüber nach Abwägung der unterschiedlichen Kriterien gemäß § 14 Indizien für eine nicht gänzlich durchschnittliche Angelegenheit vor, so kann dementsprechend die Schwellengebühr nicht zum Ansatz kommen.
Gegen ein Verständnis der Regelung im Sinne der Beklagten spricht schließlich auch der Zweck der Geschäftsgebühr als Rahmengebühr zwischen 40 und 520 Euro.
Wie bereits dargestellt, sind bei Rahmengebühren alle Umstände des Einzelfalles gemäß § 14 RVG zu berücksichtigen. Damit soll eine angemessene Vergütung sichergestellt werden. Dieser Zweck würde vereitelt, wenn immer 240 Euro zu erstatten wären, sobald die Tätigkeit nicht umfangreich oder schwierig war. Der berechenbare Wert einer anwaltlichen Leistung bestimmt sich nach § 14 RVG auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit. Ist diese als sehr hoch anzusehen, so ist dies bei der Ermittlung der Gebühr entsprechend zu berücksichtigen. Selbst wenn die Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig war, kann daher schon allein die Bedeutung der Angelegenheit zu einer Einstufung über der Schwellengebühr führen, um eine angemessene Vergütung zu erreichen.
Nach Ansicht des Gerichts ist deshalb im Rahmen einer Kostenfestsetzung Nr. 2500(alt) bzw. aktuell 2400 VV dahin gehend zu verstehen, dass allenfalls bei einer gänzlich durchschnittlichen Angelegenheit auf die so genannte Schwellengebühr in Höhe von 240 Euro zurückgegriffen werden kann.
Eine gänzlich durchschnittliche Angelegenheit ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Hierbei kann dahinstehen, ob die anwaltliche Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Zumindest eine umfangreiche Tätigkeit liegt im Hinblick auf das Beratungsgespräch nach den glaubhaften Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers nahe.
Selbst wenn jedoch die Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig sondern nur durchschnittlich gewesen wäre, kann vorliegend auf die Schwellengebühr in Höhe von 240 Euro nicht zurückgegriffen werden, weil die Bedeutung der Angelegenheit dann entgegen § 14 RVG keine ausreichende Berücksichtigung finden würde. Vorliegend ist die Bedeutung der Angelegenheit als überdurchschnittlich zu bezeichnen, da es für den Kläger um den kompletten Wegfall der Regelleistung für 3 Monate ging. Im Streit war mithin eine Existenz sichernde Leistung des Klägers für mehrere Monate und damit eine Angelegenheit für ihn von mehr als nur durchschnittlicher Bedeutung. Insgesamt erscheint daher der Ansatz zumindest einer Mittelgebühr in Höhe von 280 Euro im vorliegenden Fall als gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Berufung bedarf der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die auf eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 SGG). Vorliegend ist der Wert des Beschwerdegegenstandes 46,40 Euro (40 Euro zuzüglich Steuern) und damit unter der Berufungsgrenze von 500 Euro. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht.
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