L 1 KR 76/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 3741/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 76/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 01. August 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten noch höheres Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 15. August 2004 bis zum 09. Oktober 2004.

Die 1969 geborene Klägerin ist hauptberuflich als Rechtsanwältin selbständig tätig. Sie ist bei der Beklagten freiwillig krankenversichert.

Am 02. Juli 2004 beantragte die Klägerin die Geburt erfolgte am 07. August 2004 bei der Beklagten die Zahlung von Mutterschaftsgeld. Sie vertrat die Auffassung, dieses sei auf der Grundlage ihrer Einnahmen im Jahre 2004 zu berechnen, und brachte zum Nachweis dieser Einnahmen eine betriebswirtschaftliche Auswertung ihrer Kanzlei bei.

Mit Bescheid vom 03. August 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin Mutterschaftsgeld, berechnete dieses jedoch entsprechend der von der Klägerin gezahlten Beiträge. Deren Berechnung jedoch war der 40. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze diese betrug im Jahre 2004 1 811,25 EUR kalendertäglich zugrunde gelegt. Daraus errechnete sich ein Mutterschaftsgeld in Höhe von 42,27 EUR pro Kalendertag, das laut des Bescheides vom 03. August 2004 vom 03. Juli 2004 bis zum 14. August 2004 gezahlt wurde. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Bescheid vom 31. August 2004 bewillige die Beklagte der Klägerin Mutterschaftsgeld in der genannten Höhe pro Kalendertag auch für die Zeit vom 15. August 2004 bis zum 09. Oktober 2004.

Gegen letzteren Bescheid erhob die Klägerin am 14. September 2004 Widerspruch mit dem Begehren, das Mutterschaftsgeld auf der Grundlage der tatsächlichen Einnahmen zu berechnen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen hat sich die am 29. November 2004 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet: Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG ergebe sich, dass Mutterschaftsgeld nach den tatsächlichen Einnahmen zu gewähren sei.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Mutterschaftsgeld auf der Grundlage ihres tatsächlichen Arbeitseinkommens von 4 000,00 EUR monatlich zu zahlen, ohne die Höhe des Mutterschaftsgeldes an der tatsächlichen Beitragszahlung zu orientieren.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich hierzu auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.

Mit Urteil vom 01. August 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Regelentgelt sei der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung maßgeblich war. Dem von der Klägerin zitierten Urteil des BSG B 1 KR 32/02 R könne nicht entnommen werden, dass der Berechnung des Krankengeldes ein Arbeitseinkommen zugrunde zu legen sei, das höher als der Betrag sei, der Grundlage der Beitragsbemessung, mithin versichert, gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 11. August 2006, mit der sie die Auffassung vertritt, aus dem zitierten Urteil des BSG ergebe sich, dass bei selbständigen Erwerbstätigen das Mutterschaftsgeld nach dem tatsächlichen Arbeitseinkommen zu berechnen sei und nicht nach den Beträgen, die Grundlage der Beitragsbemessung waren.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 01. August 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2004 zu ändern und an die Klägerin 2 910,42 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.

Nach § 179 Nr. 3 Reichsversicherungsordnung RVO i. V. m. §§ 195 Nr. 6 und 200 Abs. 2 Satz 7 RVO erhalten weibliche Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung während der Schutzfristen der §§ 3 Abs. 2 und 6 Abs. 1 RVO Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes, wenn sie bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben.

Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin grundsätzlich vor.

Bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens begehrt die Klägerin weitere 2 910,42 EUR Mutterschaftsgeld von der Beklagten. Die Beklagte hat ein Berechnungsentgelt von 1 811,25 EUR zugrunde gelegt, was zu einem täglichen Mutterschaftsgeld von 42,27 EUR führte (1 811,25 EUR dividiert durch 30 und davon 70 %).

Die Klägerin begehrt, den Betrag von 4 000,00 EUR als Grundlage der Berechnung heranzuziehen, was zu einer täglichen Leistung von 93,33 EUR führte. Die kalendertäglich Differenz beträgt demnach 51,06 EUR.

Gestritten wird noch für den Zeitraum vom 15. August 2004 bis zum 09. Oktober 2004, mithin um höheres Mutterschaftsgeld für 57 Tage, so dass sich das Begehren ergibt, 2 910,42 EUR an die Klägerin zu zahlen.

Dieser Anspruch ist jedoch nicht begründet. Das Mutterschaftsgeld wird so wie das Krankengeld berechnet.

Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch SGB V beträgt das Krankengeld 70 v. H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Das Regelentgelt wird nach § 47 Abs. 2, 4 und 6 SGB V berechnet (§ 47 Abs. 1 Satz 5 SGB V), wobei nach § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung maßgebend war, als Regelentgelt gilt. Das Regelentgelt wird bis zur Höhe des Betrages der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt (§ 47 Abs. 6 SGB V). Das Krankengeld wird für Kalendertage gezahlt (§ 47 Abs. 1 Satz 6 SGB V).

Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder wird durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 SGB V). Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, gilt (allerdings) als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen, wie im Fall der Klägerin, jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V).

Die maßgebende Bezugsgrenze (§ 309 Abs. 1 Nr. 1 SGB V i. V. m. § 18 Abs. 1 SGB IV) beträgt für das Jahr 2004 2 415,00 EUR monatlich (§ 2 Abs. 1 Rechengrößenverordnung 2004; BGBl. I 2003 Seite 2497). Es errechnet sich somit für das Jahr 2004 eine monatliche Mindestbeitragsbemessungsgrenze von 1 811,25 EUR (2 415,00 EUR dividiert durch 40 multipliziert mit 30 Tagen).

Die Klägerin hatte tatsächlich ein höheres Einkommen, so dass die Beitragseinstufung durch die Beklagte zum Zeitpunkt des Beginns der Schwangerschaftsschutzfristen unzutreffend, nämlich rechtswidrig begünstigend war. Wenn die Klägerin der Beklagten ordnungsgemäß eine Mitteilung darüber erbracht hätte, dass sich ihre Einnahmen erhöht hätten und nicht mehr der 40., sondern der 30. Teil der Berechnung ihres Beitrages zugrunde zu legen war, hätte diese eine entsprechende Beitragserhöhung vornehmen müssen und der Leistungsanspruch der Klägerin hätte sich dementsprechend erhöht. Zwar nicht, wie die Klägerin dem Urteil des BSG entnehmen zu können glaubt, auf das tatsächliche Entgelt, sondern auf ein Dreißigstel statt ein Vierzigstel pro Kalendertag. Dies wären 56,35 EUR gewesen (2 415,00 EUR dividiert durch 30). Denn Leistungen können nur nach dem tatsächlich versicherten Entgelt gewährt werden, oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze werden keine Beiträge erhoben und dementsprechend keine Leistungen gewährt. Mit dieser eigentlich selbstverständlichen Regelung befasst sich das zitierte Urteil des BSG nicht, hierzu finden sich dort keinerlei Ausführungen.

Der Klägerin steht jedoch auch die kalendertägliche Differenz zwischen 42,26 EUR und 56,35 EUR, mithin 14,08 EUR kalendertäglich, auf die sie grundsätzlich Anspruch hätte, nicht zu.

Dies ergibt sich aus § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V. Danach führen Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 SGB V erst ab dem ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats zu Beitrags- und Leistungserhöhungen. Den Nachweis nach § 240 Abs. 4 Satz 2 über die Änderung der Einnahmen jedoch hat die Klägerin erst am 22. April 2005 eingereicht, so dass die Beiträge erst ab dem 01. Mai 2005 neu zu berechnen waren und höhere tägliche Leistungen bei Krankheit oder Mutterschaft auch erst ab diesem Tag zu leisten sind.

Die Berufung hat somit keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved