L 4 KR 1071/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1898/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1071/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 08. Dezember 2005 abgeändert. Die Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. Mai 2005 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 688,14 EUR zu erstatten.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger Beiträge für eine freiwillige Versicherung bei der Beklagten für die Monate August bis Oktober 2002 zu entrichten hat und ob die Beklagte dem Kläger gezahlte Beiträge zu erstatten hat.

Der am 1964 geborene Kläger war vom 01. Dezember 1999 bis 29. Februar 2000 freiwillig bei der BKK M. und H., der Rechtsvorgängerin der Beklagten, versichert. Von 01. März 2000 bis 31. August 2000 schloss sich eine Pflichtversicherung wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld an. Am 01. September 2000 nahm der Kläger eine selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt auf. Er war ab diesem Tag wieder freiwillig versichertes Mitglied derselben Krankenkasse mit Krankengeldanspruch ab der siebten Woche. Vom 25. März bis 31. Juli 2002 bestand ebenfalls bei der Beklagten eine versicherungspflichtige Mitgliedschaft des Klägers nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), weil der Kläger wieder Arbeitslosengeld bezog. Noch während des Arbeitslosengeldbezugs meldete er ab 01. August 2002 die (Wieder ) Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Handelsvertreter (Vermittlung von Bausparverträgen und Versicherungen) an (Gewerbeanmeldung vom 25. Juli 2002).

Mit E-Mail vom 17. September 2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe sich nach der Arbeitslosigkeit selbstständig gemacht und wolle als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten versichert bleiben. Er bitte um Festsetzung des Mindestbeitrags. Die Beklagte übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 17. September 2002 einen Aufnahmeantrag sowie zwei unterschiedliche Angebote über eine "freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung", wobei das eine Angebot eine Versicherung mit Krankengeldanspruch ab der siebten Woche und das andere Angebot eine Versicherung ohne Anspruch auf Krankengeld umfasste. Die Beklagte teilte mit einer E-Mail vom 24. September 2002 dem Kläger mit, Frau N. (die bis dahin zuständige Sachbearbeiterin) sei bis zum 27. September 2002 nicht im Haus, seine Nachricht erhalte Frau Ö ... Mit einer weiteren E-Mail vom 12. Oktober 2002 fragte der Kläger bei der Beklagten nach; da er immer noch keinen Versicherungsschutz habe, wäre er für eine baldige Rückmeldung dankbar. Mit E-Mail vom 24. Oktober 2002 teilte die Sachbearbeiterin N. dem Kläger mit, für ihn bestehe weiterhin Versicherungsschutz über das Arbeitsamt. Diese E-Mail enthielt eine Aufstellung mit Versicherungszeiten bis 10. Juli 2002.

Mit Fernkopie vom 01. November 2002 beantragte der Kläger wegen der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit die freiwillige Weiterversicherung mit sofortiger Wirkung. Er übersandte den ihm zuvor übermittelten, jetzt unter dem 01. November 2002 ausgefüllten Aufnahmeantrag.

Mit Bescheid vom 13. November 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er werde ab 01. November 2002 als freiwilliges Mitglied geführt. Auf der Basis einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 1.758,75 EUR sei ein Beitrag für die Krankenversicherung in Höhe von monatlich 226,88 EUR und für die Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 29,90 EUR, insgesamt "233,92 EUR" (richtiger Betrag 256,78 EUR) monatlich zu entrichten. Der Beitrag für die freiwillige Mitgliedschaft bei ihr umfasse einen Krankengeldanspruch ab der siebten Woche.

In der Folgezeit traten zwischen den Beteiligten Unstimmigkeiten auf, weil die Beklagte Beitragsrückstände anmahnte. Da sich die unterschiedlichen Auffassungen zwischen den Beteiligten trotz Schriftwechsel nicht klären ließen, kündigte der Kläger mit Schreiben vom 25. April 2003 die freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten mit Ablauf zum 30. Juni 2003. Mit der Bescheinigung vom 30. Oktober 2003 bestätigte die Beklagte das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers zum 30. Juni 2003, wobei sie als Beginn den 01. August 2002 nannte. Noch mit Schreiben vom 02. Oktober 2003 mahnte die Beklagte beim Kläger die Beiträge für die Monate Juli und August 2003 an mit dem Hinweis, dass die Mitgliedschaft zum 15. Oktober 2003 ende, wenn der rückständige Beitrag nicht bis 12. Oktober 2003 überwiesen werde.

Der Kläger legte nach einer telefonischen Anforderung durch die Beklagte vom 20. Oktober 2003 seine Gewerbeanmeldung vom 25. Juli 2002 vor. Die Beklagte vertrat daraufhin ihm gegenüber die Auffassung, es sei von Gesetzes wegen nicht zulässig, dass er in der Zeit vom 01. August 2002 bis 31. Oktober 2002 ohne Versicherungsschutz gewesen sei, weshalb auch die Beiträge für diesen Zeitraum zu entrichten seien (E-Mail vom 21. Oktober 2003). Mit Bescheid vom 30. Oktober 2003, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, machte die Beklagte dann einen noch bestehenden Beitragsrückstand für die Zeit vom 01. August 2002 bis 31. Oktober 2002 in Höhe von 770,34 EUR (3 x 256,78 EUR) geltend. Aus der erst am 20. Oktober 2003 vorgelegten Gewerbeanmeldung gehe hervor, dass er seit dem 01. August 2002 selbstständig tätig sei. Aufgrund dieses Tatbestandes habe sie ihn für den Zeitraum vom 01. August bis 31. Oktober 2002 freiwillig versichert. Mit Schreiben vom 11. November 2003 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Ihm sei per E-Mail vom 24. Oktober 2002 bestätigt worden, er sei weiterhin über das Arbeitsamt versichert. Gleichzeitig machte er geltend, seine freiwillige Versicherung habe wegen Nichtzahlung der Beiträge im August und September 2002 bereits am 15. Oktober 2002 geendet. Die von ihm nach diesem Zeitraum gezahlten Beiträge seien deshalb zu Unrecht bezahlt worden, weshalb er sie zurückfordern könne.

Mit Schreiben vom 13. November 2003, das eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, erläuterte die Beklagte ihre Auffassung, auch im Zeitraum vom 01. August bis 31. Oktober 2002 habe eine Mitgliedschaft des Klägers als freiwilliges Mitglied bestanden. Die freiwillige Versicherung beginne mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht. Der Kläger sei vom Arbeitsamt zum 31. Juli 2002 abgemeldet worden. Er habe die Gewerbeanmeldung erst am 20. Oktober 2003 vorgelegt statt bereits mit dem Antrag auf freiwillige Versicherung. Erst aus dieser sei jedoch hervorgegangen, dass er seit 01. August 2002 selbstständig tätig sei. Deshalb sei er rückwirkend ab 01. August 2002 als freiwilliges Mitglied zu führen gewesen. Aufgrund des monatlichen Einkommens von 1.785,00 EUR habe der monatliche Beitrag für die Krankenversicherung 226,88 EUR und für die Pflegeversicherung 29,90 EUR betragen, insgesamt 256,78 EUR. Hieraus errechne sich für die Zeit bis 31. Oktober 2002 ein Rückstand in Höhe von 770,34 EUR. Beiträge für die Monate Juli und August 2003 würden dagegen nicht mehr gefordert. Infolge der Kündigung des Klägers zum 30. Juni 2003 sei für die Zeit danach ein Beitragsanspruch nicht mehr entstanden. Der Kläger legte auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04. Mai 2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Oktober 2003 zurück. Der Kläger sei auch im Zeitraum August bis Oktober 2002 aufgrund einer freiwilligen Versicherung Mitglied der Beklagten gewesen. Da er aus der Versicherungspflicht mit Abmeldung durch das Arbeitsamt zum 31. Juli 2002 ausgeschieden sei, habe die Frist, innerhalb derer der Beitritt zur freiwilligen Versicherung zu erklären gewesen sei, am 31. Oktober 2002 geendet. Tatsächlich habe der Kläger den Beitritt erst durch Fax vom 01. November 2002, also einen Tag nach Fristende, erklärt. Die Beitrittsfrist beginne jedoch in den Fällen, in denen der Versicherte von der Beendigung seiner Mitgliedschaft oder seiner Versicherung verspätet Kenntnis erhalten habe, erst mit dieser Kenntnis. Die Anzeige des Beitritts wirke dann auf den Tag der Beendigung der Mitgliedschaft oder der Versicherung zurück (Hinweis auf BSG SozR 2200 § 205 Nr. 59). Wegen ihrer (der Beklagten) falschen Mitteilung habe der Kläger noch bis zum 24. Oktober 2002 nichts von der Beendigung der Pflichtmitgliedschaft zum "30." (richtig 31.) Juli 2002 gewusst. Die Beitrittserklärung am 01. November 2002 sei damit noch fristgerecht erfolgt. Die freiwillige Mitgliedschaft sei deshalb noch rechtzeitig erklärt worden. Der Beginn wirke auf das Ende der Versicherungspflicht zurück. Die rückwirkende Mitgliedschaft stelle einen lückenlosen Versicherungsschutz sicher. Ab dem zwingend vorgeschriebenen rückwirkenden Beginn (der Versicherung) seien Beiträge zu zahlen. Ein Rückzahlungsanspruch für nach dem 15. Oktober 2002 entrichtete Beiträge stehe dem Kläger nicht zu. Wegen Nichtzahlung der Beiträge habe die freiwillige Mitgliedschaft nicht zum 15. Oktober 2002 geendet, weil der entsprechende Hinweis nach § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V (in der bis 31. März 2007 geltenden Fassung) nicht erteilt worden sei.

Gegen den am 14. Mai 2005 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 13. Juni 2005 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zwischen ihm und der Beklagten sei in dem streitigen Zeitraum kein Versicherungsverhältnis zustande gekommen. Einen Antrag auf Mitgliedschaft für diesen Zeitraum habe er nicht gestellt. Er hab sich zunächst lediglich darüber erkundigt, ob er sich selbst zu versichern habe und wie hoch im Falle der Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses bei der Beklagten der Beitrag sein würde. Erst am 01. November 2002 habe er einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Wegen des Fristablaufs habe dieser Antrag keine Wirkung mehr entfalten können, sodass ihm alle vom 01. November 2002 bis 30. Juni 2003 gezahlten Beiträge zurückzuzahlen seien. Die Beklagte habe anlässlich mehrerer Telefonate ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er noch über das Arbeitsamt versichert sei. Eine Versicherungspflicht sei stets verneint worden. Er habe deshalb noch im Oktober 2002 auf eine schriftliche Bestätigung des Inhalts, dass Versicherungsschutz über das Arbeitsamt bestehe, gedrängt. Dies habe die Mitarbeiterin N. per E-Mail am 24. Oktober 2002 auch ausdrücklich so bestätigt. Auf diese Aussage habe er sich verlassen. Dass er sich ab dem 01. November 2002 durch die Beitrittserklärung wieder um einen Versicherungsschutz bemüht habe, sei darin begründet, dass ein Mitarbeiter der Beklagten die Auskunft erteilt habe, während des Bezugs von Überbrückungsgeld sei nur weitere drei Monate eine Versicherung über das Arbeitsamt möglich. Auch dies sei in der E-Mail der Beklagten vom 24. Oktober 2002 bestätigt worden. Er habe mit seinem Antrag vom 01. November 2002 auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen, sondern einen neuen Vertrag ab dem 01. November 2002 schließen wollen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.

Nachdem die Beklagte die Zahlung von 777,84 EUR (770,34 EUR rückständige Beiträge zuzüglich 7,50 EUR Säumniszuschlag) angemahnt hat (Schreiben vom 27. Mai 2005), hat der Kläger diesen Betrag zur Vermeidung einer Zwangsvollstreckung gezahlt und einen beim SG gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurückgenommen.

Mit Urteil vom 08. Dezember 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragt habe, dass ihm Beiträge für den Zeitraum vom 01. August 2002 bis 30. Juni 2003 in Höhe von 2.914,26 EUR zu erstatten seien, sei die Klage unzulässig. Insoweit fehle es an einer Verwaltungsentscheidung durch die Beklagte. Im Übrigen fordere die Beklagte zu Recht Beiträge für die Monate August bis Oktober 2002. Der Kläger selbst hätte erkennen müssen, dass sich während des Bezugs von Überbrückungsgeld eine Versicherungspflicht nicht ergebe. Das Überbrückungsgeld setze sich aus einem Betrag zusammen, den der Arbeitslose bisher als Arbeitslosengeld bezogen habe, sowie auf den darauf entfallenden pauschalierten Sozialversicherungsbeitrag. Die Annahme des Klägers, von der Bundesagentur für Arbeit könnten doch Beiträge an die Beklagte für die Monate August bis Oktober 2002 geflossen sein, sei unzutreffend. Eine Beitrittsanzeige enthalte bereits die E-Mail des Klägers vom 17. September 2002, in der er eindeutig erklärt habe, dass er weiterhin bei der Beklagten versichert bleiben möchte. Diese E-Mail genüge freilich nicht dem Schrifterfordernis. Erst am 01. November 2002 und damit einen Tag nach Ablauf der Anzeigefrist sei der schriftliche Aufnahmeantrag bei der Beklagten eingegangen. Der Kläger habe unmissverständlich erklärt, eine freiwillige Mitgliedschaft beginnen zu wollen. Den Zeitpunkt, zu dem diese freiwillige Mitgliedschaft beginne, habe er sich nicht aussuchen können, weil er im Gesetz (§ 188 SGB V) eindeutig vorgegeben sei. Die Überschreitung der Anzeigefrist sei jedoch ohne Konsequenzen geblieben, denn dem Kläger, der eindeutig den Beginn einer freiwilligen Mitgliedschaft gewollt habe, sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zu gewähren. Der Kläger sei ohne sein Verschulden gehindert gewesen, die gesetzliche Frist einzuhalten. Der Wiedereinsetzungsantrag sei schlüssig in der am 01. November 2002 erfolgten Beitrittsanzeige zu sehen. Wiedereinsetzung könne auch bei Überschreitung der Anzeigefrist nach § 9 Abs. 2 SGB V gewährt werden. Soweit der Kläger vortrage, er habe für die Monate August bis Oktober 2002 keinen Versicherungsschutz haben bzw. bei Kenntnis des Verstreichens der Anzeigefrist gar keine freiwillige Krankenversicherung mehr beantragen wollen, sei dies unglaubwürdig. Es handle sich um Schutzbehauptungen, um eine Beitragserstattung zu erreichen. Ein Ende der freiwilligen Mitgliedschaft im Oktober 2002 wegen der nicht gezahlten Beiträge komme nicht in Betracht, da auf dieses Ende bei Zahlungsverzug nicht ausdrücklich schriftlich hingewiesen worden sei.

Gegen das ihm am 21. Januar 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 17. Februar 2006 per Fernkopie eingelegte Berufung des Klägers. Er ist weiterhin der Auffassung, mangels einer Mitgliedschaft stünden der Beklagten Beiträge für die Monate August bis Oktober 2002 nicht zu. Seine schriftlicher Beitrittsanzeige sei nicht innerhalb der Anzeigefrist bei der Beklagten eingegangen. Er habe sich nicht widersprüchlich verhalten. Mit der Berufung hat er des Weiteren nur noch die Erstattung der entrichteten Beiträge für die Monate August bis Oktober 2002 sowie des Säumniszuschlags in Höhe von insgesamt 777,84 EUR begehrt.

In der mündlichen Verhandlung des Senats am 18. Januar 2008 hat die Beklagte den Bescheid vom 30. Oktober 2003 insoweit zurückgenommen, als Beiträge zur Pflegeversicherung (3 x 29,90 EUR = 89,70 EUR) gefordert worden sind und sich bereit erklärt, diesen Betrag zu erstatten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 08. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. Mai 2005, soweit die Beiträge zur Krankenversicherung betroffen sind, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 688,14 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich bezüglich der Beiträge zur Krankenversicherung auf ihre bisherigen Ausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG und die Akten des Senats, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2003 in der Ge¬stalt des Widerspruchsbescheids vom 04. Mai 2004, mit welchem die Beklagte Beiträge für die Monate August bis Oktober 2002 in Höhe von 777,34 EUR verlangt. Allein über den Widerspruch gegen diesen Bescheid hat der Widerspruchsausschuss entschieden. Nachdem die Beklagte bezüglich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung den Bescheid vom 30. Oktober 2003 teilweise zurückgenommen hat, ist nur noch über den Anspruch auf die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu entscheiden.

Bezüglich des Widerspruchs gegen den weiteren Bescheid vom 13. November 2003 liegt eine Entscheidung des Widerspruchsausschuss nicht vor. Der Bescheid vom 13. November 2003 ist zudem nicht mehr wirksam, weil er auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X)). Denn der Kläger und die Beklagte gehen entsprechend der in der mündlichen Verhandlung des Senats abgegebenen Erklärung davon aus, dass die Frage, ob der Kläger Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für die Monate August bis Oktober 2002 entrichten hat, durch den Bescheid vom 30. Oktober 2003 abschließend geregelt wird. Die Steuerungsfunktion des Verwaltungsakts geht auch verloren, wenn die an einem Verwaltungsakt Beteiligten - sei es als Behörde, als Adressat oder als unmittelbar oder nur mittelbar Betroffener - übereinstimmend dem ursprünglichen Verwaltungsakt keinerlei tatsächliche oder rechtliche Bedeutung mehr beimessen. Das setzt keinen Verzichtswillen voraus, sondern nur "konsensuales" Verhalten. Ähnlich dem Verlust der Wirksamkeit durch Zeitablauf, stellen sich die Beteiligten bewusst auf eine neue, veränderte Sachlage ein, die sie ihrem weiteren Verhalten nunmehr zugrunde legen. Sie verändern übereinstimmend gleichsam die "Geschäftsgrundlage" (BVerwG NVwZ 1998, 729).

Gegenstand des Rechtsstreits ist weiter das Begehren des Klägers auf Erstattung der für die Monate August bis Oktober 2002 (vorläufig) gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und des Säumniszuschlags in Höhe von 688,14 EUR.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet, soweit sich der Kläger gegen die mit Bescheid vom 30. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 04. Mai 2005 festgesetzte Beitragsforderung der Beklagten zur gesetzlichen Krankenversicherung für die Monate August bis Oktober 2002 wendet sowie die Erstattung der vorläufig gezahlten Beiträge und des Säumniszuschlags begehrt. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 30. Oktober 2003 zu Unrecht die Zahlung von Beiträgen für die Monate August bis Oktober 2002 geltend gemacht.

Eine Verpflichtung zur Beitragszahlung setzt voraus, dass in diesem Zeitraum eine Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten bestand. Eine Mitgliedschaft aufgrund einer Versicherungspflicht nach § 5 SGB V bestand nicht, insbesondere nicht nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB V. Ab 01. August 2002 war der Kläger nicht versicherungspflichtig beschäftigt, sondern selbstständig tätig und bezog auch kein Arbeitslosengeld mehr.

Es bestand aber auch keine freiwillige Versicherung. Nach § 250 Abs. 2 SGB V tragen freiwillige Mitglieder den Beitrag allein. Nach § 252 SGB V sind Beiträge von demjenigen zu bezahlen, der sie zu tragen hat. Voraussetzung des Zahlungsanspruchs ist deshalb, dass eine freiwillige Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten in den Monaten August bis Oktober 2002 bestand.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V können der Versicherung beitreten Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V ist der Beitritt der Krankenkasse innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft anzuzeigen. Nach § 188 Abs. 2 SGB V beginnt die Mitgliedschaft der in § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V genannten Versicherungsberechtigten mit dem Tag nach dem Ausscheiden der Versicherungspflicht. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift ist der Beitritt schriftlich zu erklären.

Der Kläger hat innerhalb der dreimonatigen Erklärungsfrist seinen Beitritt als Mitglied der Beklagten im Rahmen einer freiwilligen Versicherung nicht schriftlich angezeigt. Die Anzeigefrist des § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V begann nach Beendigung der Versicherungspflichtmitgliedschaft des Klägers am 01. August 2002. Die auf einer Versicherungspflicht des Klägers beruhende Mitgliedschaft infolge des Bezugs von Arbeitslosengeld endete am 31. Juli 2002. Nach § 190 Abs. 12 SGB V endet die Pflichtmitgliedschaft der Bezieher von Arbeitslosengeld mit dem Ablauf des letzten Tages, für den Leistungen bezogen wurden, hier also mit Ablauf des 31. Juli 2002. Die Frist zur Erklärung des Beitritts zur freiwilligen Versicherung begann dementsprechend gemäß § 26 SGB X am 01. August 2002. Da es sich um eine Frist handelt, die nach Monaten bestimmt ist, endet sie mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tag entspricht, in dem das Ereignis - hier Ende der versicherungspflichtigen Mitgliedschaft - fällt. Das Fristende war deshalb mit Ablauf des 31. Oktober 2002 (Donnerstag) erreicht.

Innerhalb dieser Frist hat der Kläger eine dem Formerfordernis des § 188 Abs. 3 SGB V entsprechende schriftliche Beitrittserklärung nicht vorgelegt. Die E-Mail des Klägers vom 17. September 2002 bringt zwar zum Ausdruck, dass er eine freiwillige Versicherung wünscht, diese E-Mail entspricht jedoch nicht dem Formerfordernis des § 188 Abs. 3 SGB V. Denn sie genügt nicht dem Schriftformerfordernis. Nach § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) muss, wenn durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben ist, die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Die E-Mail des Klägers vom 17. September 2002 enthält weder eine eigenhändige Unterschrift noch ein notariell beglaubigtes Handzeichen. Die schriftliche Form ist auch nicht durch die elektronische Form ersetzt (§ 126 Abs. 3 BGB). Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss nach § 126a Abs. 1 BGB der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen. Letzteres ist nicht der Fall.

Eine dem Schriftformerfordernis genügende Beitrittsanzeige des Klägers kann frühestens in der Fernkopie des Klägers vom 01. November 2002 - eingegangen bei der Beklagten am selben Tag - gesehen werden. Diese ging der Beklagten jedoch einen Tag nach Ablauf der Erklärungsfrist zu und konnte deshalb keine Wirkung mehr entfalten. Ein wirksamer Beitritt des Klägers als freiwilliges Mitglied der Beklagten wurde deshalb durch die Fernkopie vom 01. November 2002 nicht bewirkt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten begann die dreimonatige Erklärungsfrist, innerhalb der ein Beitritt zur freiwilligen Versicherung anzuzeigen war, bereits am 01. August 2002 und nicht etwa zu einem späteren Zeitpunkt, insbesondere nicht erst nach dem 24. Oktober 2002. Zwar kann die Beitrittsfrist in Fällen, in denen der Versicherte von der Beendigung seiner Mitgliedschaft oder seiner Versicherung verspätet Kenntnis erlangt, erst mit der Kenntnisnahme beginnen, so dass in diesen Fällen die verspätete Anzeige eines Beitritts trotz Fristüberschreitung noch den rechtswirksamen Beitritt zur freiwilligen Versicherung begründen kann (vgl. Kasseler Kommentar-Peters, Stand: September 2007, § 8 SGB V Rdnr. 33), jedoch ist Voraussetzung, dass der Beitrittswillige tatsächlich unverschuldet keine Kenntnis von der früheren Beendigung seiner Mitgliedschaft hatte. Dies vermag der Senat nicht festzustellen. Richtig ist zwar, dass die Beklagte dem Kläger in der E-Mail vom 24. Oktober 2002 in fälschlicher Weise mitteilte, es bestehe immer noch ein Krankenversicherungsschutz über das Arbeitsamt. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der Kläger ohne Verschulden gehindert war, das Ende seiner Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung der Arbeitslosen bei der Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt zu erkennen. Der Kläger hatte nämlich bereits mit Schreiben vom 17. September 2002 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich nach seiner Arbeitslosigkeit selbstständig gemacht habe und er als freiwilliges Mitglied versichert sein wolle. Hieraus wird deutlich, dass es dem Kläger durchaus klar war, dass seine auf dem Bezug von Arbeitslosengeld beruhende Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten mit dem Ende des Bezugs dieser Leistung am 31. Juli 2002 nicht mehr bestand. Dass der Kläger über die versicherungsrechtlichen Konsequenzen der Beendigung des Arbeitslosengeldbezugs im Bild war, ergibt sich auch aus der Vorgeschichte. Bereits mit Schreiben vom 30. August 2000 teilte er der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der damaligen BKK Mann und Hummel, mit, er mache sich zum 01. September 2000 als Rechtsanwalt selbstständig, wolle jedoch der BKK weiterhin als freiwilliges Mitglied angehören. Infolge dieser Beitrittserklärung wurde der Kläger, der vom 01. März 2000 bis 31. August 2000 wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld pflichtversichert war, ab 01. September 2000 freiwilliges Mitglied der BKK M. und H ... Daraus entnimmt der Senat, dass dem Kläger die krankenversicherungsrechtlichen Konsequenzen der Beendigung des Bezugs von Arbeitslosengeld bekannt waren.

Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. Nach § 27 Abs. 1 SGB X ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Nach Abs. 4 der Vorschrift entscheidet über den Antrag auf Wiedereinsetzung die Behörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat. Die Beklagte entschied im Bescheid vom 30. Oktober 2003 und im Widerspruchsbescheid vom 04. Mai 2005 - und auch im nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 13. November 2003 - nicht über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil sie von der Rechtsauffassung ausging, die Anzeigefrist habe wegen der unverschuldeten Kenntnis des Klägers erst nach dem 01. August 2002 begonnen. Dementsprechend enthalten diese Bescheide keinerlei Ausführungen hierzu. Auch der Bescheid vom 13. November 2002, mit welchem die Beklagte dem Kläger mitteilte, ihn ab dem 01. November 2002 als freiwilliges Mitglied zu führen, enthält eine Entscheidung über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht. Unabhängig davon liegen auch die Voraussetzungen, dem Kläger wegen der Überschreitung der Beitrittserklärungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, so er dies beantragt hätte, nicht vor. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nur zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Richtig ist zwar, dass unter den Be¬griff "gesetzliche Frist" nicht nur Verfahrensfristen, sondern auch materiell-rechtliche Fristen, insbesondere auch Ausschlussfristen (BSG SozR 5070 § 10 Nr. 22; BSG SozR 3-4100 § 72 Nr. 2) fallen. Allerdings kann die Versäumung einer solchen Frist nur bei fehlendem Verschulden zu einer Wiedereinsetzung führen. Verschulden liegt nicht vor, wenn der Beteiligte die Sorgfalt beachtet, die einem im Verwaltungsverfahren gewissenhaft Handelnden nach den gesamten Umständen des jeweiligen Falls zuzumuten ist. Zwar dürfen insoweit keine überspitzten Anforderungen gestellt werden, jedoch führt Rechtsunkenntnis oder ein Rechtsirrtum in der Regel noch nicht zu der Annahme, die Frist sei ohne Verschulden versäumt worden (BSG SozR 3-1300 § 27 Nr. 3). Nach diesen Maßgaben hat der Kläger die Beitrittserklärungsfrist - wie oben ausgeführt - nicht ohne Verschulden versäumt.

Demnach bleibt festzuhalten, dass die Beklagte mit Bescheid vom 13. November 2002 weder ausdrücklich noch schlüssig dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Beitrittserklärungsfrist gewährt hat. Auch die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lagen zum damaligen Zeitpunkt nicht vor. Demnach entfaltet der Bescheid vom 13. November 2002 über seinen ausdrücklichen Regelungsgehalt, nämlich eine Mitgliedschaft des Klägers als freiwilliges Mitglied ab 01. November 2002, keine weitergehenden Wirkungen.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass nach § 188 Abs. 2 SGB V die Mitgliedschaft der in § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V genannten Versicherungsberechtigten mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Versicherung nach § 10 SGB V beginnt. Nach der Konzeption des Gesetzes begründet ein wirksamer, form- und fristgerechter Beitritt die freiwillige Versicherung mit allen Leistungsansprüchen und Beitragspflichten. Die Rechtsfolge der freiwilligen Mitgliedschaft ist lediglich an die wirksame Beitrittserklärung geknüpft. Eine Entscheidung der Beklagten über die freiwillige Mitgliedschaft hat deshalb grundsätzlich nur deklaratorische Bedeutung. Der Bescheid vom 13. November 2002 stellt sich deshalb als Bescheid dar, der mit der materiellen Rechtslage nicht übereinstimmt. Zu Unrecht hat die Beklagte nämlich eine freiwillige Mitgliedschaft des Klägers für die Zeit ab 01. November 2002 festgestellt. Diese Feststellung stimmt mit der materiellen Rechtslage, nach der gerade keine freiwillige Versicherung des Klägers wegen Versäumens der Anzeigefrist eingetreten ist, nicht überein. Der Bescheid ist deshalb rechtswidrig, aber nach § 39 Abs. 2 SGB X wirksam. Nichtigkeitsgründe im Sinne des § 40 Abs. 2 SGB X liegen nicht vor. Der Verwaltungsakt leidet auch nicht an einem besonders schwerwiegenden Fehler, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich wäre, sodass auch keine Nichtigkeit nach § 40 Abs. 1 SGB X vorliegt. Der Bescheid der Beklagten vom 13. November 2002 ist deshalb, da er bestandskräftig wurde, Grundlage für die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers und die darauf beruhende Beitragspflicht für die Zeit ab 01. November 2003, weshalb auch eine Erstattung der ab 01. November 2003 gezahlten Beiträge nicht erfolgen könnte. Der Bescheid bietet aber keine Grundlage für eine freiwillige Versicherung und eine Beitragspflicht des Klägers in den davorliegenden Monaten von August bis Oktober 2002.

Da für die Monate August bis Oktober 2002 keine Beitragspflicht des Klägers bestand, hat er Anspruch auf die Erstattung der vorläufig zur Abwendung der Vollstreckung gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für die Monate August bis Oktober 2002 in Höhe von 680,64 EUR sowie des gezahlten Säumniszuschlags in Höhe von 7,50 EUR (insgesamt 688,14 EUR), nicht jedoch für von November 2002 bis Juni 2003 gezahlter Beiträge. Nach § 26 Abs. 2 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Für die Monate August bis Oktober 2002 zahlte der Kläger zu Unrecht die Beiträge in Höhe von 770,34 EUR, weil in diesem Zeitraum eine Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht bestand. Leistungen nahm der Kläger nicht in Anspruch. Da ein Anspruch auf Zahlung von Beiträgen für diesen Zeitraum nicht bestand, waren sie auch nicht fällig, sodass auch kein Säumniszuschlag nach § 24 Abs. 1 SGB IV zu zahlen war.

Für die Zeit von November 2002 bis Juni 2003 sind demgegenüber die Beiträge zu Recht gezahlt. Denn der Kläger war in diesem Zeitraum freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten. Dies ergibt sich schon aus dem Bescheid vom 13. November 2002, der - wie dargelegt - bestandskräftig und wirksam ist. Damit steht die freiwillige Versicherung des Klägers zwischen den Beteiligten bindend (§ 77 SGG) fest.

Für den vom Kläger geltend gemachten Zinsanspruch fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Vollzieht die Verwaltung einen Erstattungsbescheid, bevor dieser bestandskräftig geworden ist, hat der Betroffene auch nach Aufhebung des Bescheides keinen Anspruch darauf, dass ihm der Zinsschaden ersetzt wird, der durch einen Kredit für den Erstattungsbetrag entstanden ist; §§ 717 Abs. 2, 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) finden insoweit keine entsprechende Anwendung (BSG, Urteil vom 10. August 1995 - 11 RAR 91/94 -). Die im Sozialrecht verankerten Zinsvorschriften des § 44 SGB I und des § 27 SGB IV finden hier keine Anwendung, da sie jeweils andere Sachverhaltskonstellationen betreffen. Die §§ 288, 293 BGB, die die Zahlung von Verzugs- bzw. Prozesszinsen vorsehen, sind im Sozialrecht nicht entsprechend anwendbar (z.B. BSG, Urteil vom 16. April 1985 - 12 RK 19/83 -). Ausnahmen bestehen nur für das Recht der Leistungserbringer (z.B. BSG, Urteil vom 19. April 2007 - B 3 KR 10/06 R -).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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